Zinsen aus Privatdarlehen als Einkünfte aus Kapitalvermögen gem § 27 Abs 2 Z 2 EStG im Zusammenhang mit einem betrügerischen "Veranlagungskonzept", kein besonderer Steuersatz gem § 27a Abs 2 EStG, Zufluss, kein Fremdvergleich, kein Glücksvertrag, Anspruchszinsen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Martin Christoph Wittmann in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Glatzhofer & Matschek Steuerberatungsgesellschaft mbH, Bahnhofstraße 45, 9020 Klagenfurt/Wörthersee, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) jeweils vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens ESt 2012, ESt 2012 bis 2015 und Anspruchszinsen 2012 bis 2015, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend ESt 2012 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer der Jahre 2012 bis 2015 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerde gegen die Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2012 bis 2015 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Bisheriger Verfahrensgang
Mit ESt-Bescheid 2012 vom , in welchem zur Berechnung der ESt lediglich die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit herangezogen wurden, erhielt die Beschwerdeführerin ***Bf1*** (in Folgenden Bf) eine Abgabengutschrift iHv 203,- Euro. Nach Erlassung dieses Bescheides habe das Finanzamt im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung festgestellt, dass die Bf auch mit Einkünften aus Kapitalvermögen der ESt zu unterwerfen hätte werden müssen. Laut AP-Bericht Tz 1 vom habe die Bf nämlich am einen Geldbetrag iHv 200.000,- Euro in bar "zur Veranlagung" an Herrn ***1*** (im Folgenden Täter) übergeben. Vereinbarungsgemäß hätte der Täter das Geld mit einer Verzinsung von 40% veranlagen und mit Ablauf eines Jahres am an die Bf zurückzahlen müssen. Nach Ablauf der mündlich vereinbarten Jahresfrist habe der Täter der Bf 80.000,- Euro in bar samt einem Kassaausgangsbeleg vom mit dem Vermerk "Anlage aus " übergeben. Da der Täter noch auf ein Geld aus einem Projekt gewartet habe, dessen Finanzierung sich hinausschob, sei mit der Bf im Beisein der Vermögensberaterin ***2*** (im Folgenden Vermögensberaterin), eine Veranlagung iHv 200.000,- Euro für ein weiteres Jahr vereinbart worden. Auch für diese Veranlagung sei kein schriftlicher Vertrag abgeschlossen worden. Mangels Rückzahlung durch den Täter sei im Jahr 2013 klagsweise durch den Rechtsanwalt der Bf versucht worden, das Geld zurück zu erlangen. Das gerichtliche Verfahren wurde mit einem Vergleich abgeschlossen, wonach sich der Täter dazu verpflichtete, einen Betrag von nunmehr 160.000,- samt 15% Zinsen an die Bf ratenweise zu bezahlen. Im Zeitraum vom bis habe die Bf auf Grundlage dieses Vergleichs insgesamt 61.000,- erhalten. Der aushaftende Restbetrag habe bis dato nicht beglichen werden können, da der Täter zu einer Haftstrafe verurteilt worden sei. Die ggst Inhaftierung schließe laut der belangten Behörde spätere Einbringungsmaßnahmen in keiner Weise aus.
Auf Grund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung nahm das Finanzamt mit Bescheid vom das Verfahren betreffend ESt 2012wieder auf und setzte mit Bescheiden gleichen Datums die ESt für die Jahre 2012 bis 2015 dahingehend fest, dass es die Zinszahlungen des Täters an die Bf aus der obgenannten Veranlagung als Einkünfte aus Kapitalvermögen qualifizierte, was zu einer Abgabennachforderung geführt habe.
Daraufhin erhob die Bf - nach Fristverlängerung - am Beschwerde sowohl gegen den Wiederaufnahmebescheid als auch gegen den entsprechend geänderten ESt-Bescheid 2012 und die ESt-Bescheide 2013 bis 2015 sowie die dazu ergangenen Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2012 bis 2015, mit der - auf das Wesentlichste zusammengefassten - Begründung, dass von der Bf die der Besteuerung unterworfene Veranlagung weder beabsichtigt worden sei noch stattgefunden habe. ISd wahren wirtschaftlichen Gehalte gem § 21 BAO sei eine mündliche Vereinbarung mit einer Verzinsung von 40% bei solchen Beträgen als äußerst realitätsfremd zu qualifizieren. Für eine Veranlagung von solchen Beträgen sei diesbzgl eine Fremdüblichkeit bei Weitem nicht gegeben bzw sei das eher einem Glücksgeschäft mit aleatorischem Charakter ähnlich. Aus ihrer Sicht sei vielmehr von einer irrtümlichen Hingabe einer Geldsumme und deren ratenweise Rückzahlung durch den Täter auszugehen. Die Rückzahlung der 80.000,- Euro sei nur unter Androhung der Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden bzw eines Rechtsanwaltes möglich gewesen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sei es offensichtlich gewesen, dass der eingesetzte Betrag vom Täter nicht einmal annähernd habe rückerstattet werden können. Der gerichtliche Vergleich habe einen verzweifelten Versuch des Täters dargestellt, Zeit zu gewinnen, um seiner strafrechtlichen Verantwortung entkommen zu können. Am wurde der Täter rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 4,5 Jahren verurteilt. Laut den Informationen der Bf betrage dessen Schuldenberg mehrere Millionen Euro, sodass von ihm "keinerlei wirtschaftlich vernünftige Beträge" mehr zu erwarten seien. Als wahrer wirtschaftlicher Gehalt sei herauszufiltern, dass der Täter nie die Absicht gehabt habe, eine Veranlagung des Geldes durchzuführen, sondern es der Bf mit abstrusen und dem Fremdvergleich nicht standhaltenden Versprechungen und Vorgangsweisen herauszulocken. Es liege deshalb keinesfalls ein steuerlich relevanter Sachverhalt vor bzw seien keine Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt worden. Durch den Täter sei keinerlei verwendungsgemäße Investition des hingegebenen Kapitals durchgeführt worden. Die hier im Sachverhalt bzw auch in den Gerichtsverhandlungen verwendete Bezeichnungen "Zinsen" entspreche nicht dem wahren wirtschaftlichen Gehalt bzw hätten diese Zahlungen, wenn überhaupt dann nur als Tilgung der bestehenden Schuld bewertet werden können. Sämtliche Zahlungen seien erst nach intensiver Aufforderung zur Rückzahlung bzw nach gerichtlicher Unterstützung erfolgt. Zur Wiederaufnahme führt die Bf aus, dass diese nicht zuzulassen sei, da keine neu hervorgekommenen Tatsachen iSd der "wirtschaftlichen Betrachtungsweise" bestünden. Alle Zahlungen des Täters an die Bf seien entsprechend dem wahren wirtschaftlichen Gehalt als Teilrückzahlungen des von ihr übergebenen Kapitals zu qualifizieren. Es liege offensichtlich ein Glücksgeschäft vor. Es sei durchaus verständlich, dass die Bf zum Zeitpunkt des Realisierens des Verlustes des beachtlichen Geldbetrages und der Tatsache, dass sie Opfer eines Betruges geworden sei sowie während der Gerichtsverhandlungen die Terminologien, die von Rechtsanwalt und Richter verwendet worden seien, keine Rolle gespielt hätten, da sie zu diesem Zeitpunkt versucht habe, einen möglichst hohen Betrag ihres übergebenen Kapitals zurück zu erhalten. Es sei ihr bereits bewusst gewesen, dass sie einen Teilverlust des eingesetzten Kapitals erleiden werde, darüber hinaus habe sie idZ weitere Aufwendungen wie zB die Kosten für den beauftragten Rechtsanwalt tragen müssen. Die Bf beantragte daher, sämtliche von der belangten Behörde festgesetzten steuerpflichtigen Zinsen der bezughabenden Jahre mit Null festzusetzen.
Mit abweisenden Beschwerdevorentscheidungen vom verwies das Finanzamt auf die Ausführungen des AP-Berichtes Tz 1 vom . Darin wird ausgeführt, dass die Sachverhaltsermittlung von der AP mit Hilfe der von der StA bereitgestellten Unterlagen vorgenommen worden sei. Die Bf habe bei der Geldübergabe am lediglich einen Beleg ohne Nummer erhalten, auf dem ein Betrag von 200.000,- Euro sowie "Anlage +40% p.a." angeführt gewesen sei. Weitere Details zu dieser Vereinbarung seien der AP nicht bekannt gegeben worden. Auch über die Vereinbarung vom liege der AP kein schriftlicher Vertrag vor. Dieser Sachverhalt sei dem Schreiben des Täters vom zu entnehmen. Das Finanzamt habe das Verfahren betreffend ESt 2012 gem § 303 Abs 1 BAO wiederaufzunehmen gehabt, da die Kenntnis der im AP-Bericht in Tz 1 bezeichneten Feststellungen bzw in der Begründung angeführten Wiederaufnahmetatbestände iVm "dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens" im Spruch anders lautende Bescheide herbeigeführt hätten. Die Wiederaufnahme erfolge unter Bedachtnahme der abgabenbehördlichen Prüfung und der sich daraus ergebenen Gesamtauswirkung. Im ggst Fall hätten die steuerlichen Auswirkungen nicht als geringfügig angesehen werden können. Bei der iSd § 20 BAO vorgenommenen Ermessensausübung sei der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit einzuräumen gewesen. Im Schreiben des Rechtsanwalts der Bf, Dr. ***10***, vom sei der Täter darauf hingewiesen worden, dass lediglich 80.000,- Euro an Zinsen bezahlt worden seien. Der Täter schulde nach Berechnungen des RA 286.222,22 Euro (200.000,- Kapital + 86.222,22 Zinsen). Die Zinsen berechneten sich mit 40% von 200.000,- Euro (von bis ). Diesem RA-Schreiben sei kein Erfolg beschieden gewesen, sodass der RA Klage beim LG Klagenfurt einbrachte. Im Rahmen der Tagsatzung vom sei zwischen der Bf als Klägerin und dem Täter als Beklagten ein Vergleich geschlossen worden. Darin habe sich der Täter ua verpflichtet, der Bf einen Betrag iHv 160.000,- Euro samt 15% Zinsen seit und zwar in vierteljährlichen Raten à 9.000,- am 10.1., 10.4., 10.7., usw zu bezahlen. Am habe der Täter 16.000,- Euro an die Bf bezahlt. Diesem Vergleich sei der Täter jedoch lediglich teilweise nachgekommen. Im Zeitraum bis seien auf Basis des Vergleiches insgesamt 61.000,- an die Bf bezahlt worden. Uneinbringliche private Darlehensforderungen stellten negative Einkünfte iSd § 27 Abs 3 EStG dar, deren Substanzanteil jedoch nicht unter den besonderen Steuersatz von 27,5% (vor von 25%) falle (Verweis auf Rz 6225a EStR). Ein (Teil-)Nachlass einer Darlehensforderung führe nicht zu positiven Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen beim Darlehensnehmer und umgekehrt nicht zu negativen Einkünften beim Darlehensgeber (Verweis auf Rz 6143 EStR). Daraus zog die AP die Schlussfolgerung, dass der Bf nach Ablauf der Jahresfrist am durch die Ausbezahlung von 80.000,- Euro die vereinbarten Zinsen von 40% des eingesetzten Kapitals zugeflossen seien. Das am von der Bf übergebene Kapital iHv 200.000,- Euro sei am mit einer neuen Vereinbarung dem Täter auf ein weiteres Jahr zur Verfügung gestellt worden. Dieser Sachverhalt sei aus dem Schreiben des RA der Bf, Dr. ***11***, vom an den Täter sowie aus dem Schreiben des Täters an die Bf vom ableitbar. Die endgültige Uneinbringlichkeit der Forderungen sei vom AP-Berichtszeitpunkt nicht feststellbar. Die damalige Inhaftierung des Täters schließe spätere Einbringungsmaßnahmen nicht aus. In einer tabellarischen Übersicht zeichnet der AP-Bericht die chronologische Entwicklung der Kapitalveranlagung aus Sicht der belangten Behörde nach.
In dem daraufhin erhobenen Vorlageantrag vom wiederholte die Bf den Inhalt aus der Beschwerde vom ohne neues Vorbringen zu erstatten.
Im Vorlagebericht vom beantragte das Finanzamt die Abweisung sowohl der Beschwerde gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die ESt 2012 als auch gegen die ESt-Bescheide 2012 bis 2015 sowie gegen die Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2012 bis 2015. Bei deutlicher Fixierung der wesentlichen Vertragsbestandteile (wie Veranlagungsbetrag, Prozentsatz, Höhe der Rückzahlung, Rückzahlungstermin) und ausreichendem Beweis des Abschlusses sowie der tatsächlichen Durchführung der Vereinbarung stehe einer steuerrechtlichen Anerkennung mündlich getroffener Vereinbarungen nichts entgegen, sodass für Veranlagungen von solchen Beträgen die Vereinbarungen nicht unbedingt schriftlich abgeschlossen werden müssten (Verweis auf die Zeugenvernehmung der Bf vom sowie auf das Schreiben des Täters vom ). Der im Zuge der Geldübergabe am ausgestellte Beleg sei zur zusätzlichen Sicherheit der Bf ua auch von der Vermögensberaterin unterzeichnet worden. Aus dem Beleg vom sowie aus dem Vorbringen der Bf in der Zeugenvernehmung und der schriftlichen Stellungnahme des Täters gehe hervor, dass die Bf im Jahr 2012 die vereinbarte 40%-Verzinsung (80.000,- Euro) vom Täter in bar erhalten habe. Aus der Zeugeneinvernahme der Bf vor der Polizei vom ergebe sich weiters, dass die Bf bereits mehrere Veranlagungen und auch bei anderen Firmen und Banken getätigt habe, im Rahmen derer sie über die Risiken einer Veranlagung informiert worden sei. Eine solche Beratung sei vom Täter zwar nicht durchgeführt worden, allerdings hätten ihr der Täter und die Vermögensberaterin die Veranlagungsform als zu 100% sicher versprochen, was dazu geführt habe, dass sie auch die Veranlagung tatsächlich vorgenommen habe (Verweis auf die obgenannte Zeugeneinvernahme, Seite 4). Aus dem Schreiben des Schuldners vom gehe zweifelsfrei hervor, dass mit der Bf im Beisein der Vermögensberaterin die Veranlagung der 200.000,- Euro für ein weiteres Jahr vereinbart worden sei, diesmal mit der Möglichkeit einer vorzeitigen Auszahlung des Betrages mit entsprechendem Zinsabzug. Dass es sich um eine Veranlagung mit Verzinsung und nicht - wie von der Bf behauptet - um die Hingabe einer Geldsumme handle, gehe auch aus dem Schreiben vom des RA der Bf hervor, worin der Täter darauf hingewiesen worden sei, dass nur 80.000,- an Zinsen bezahlt worden seien und 286.222,22 Euro (200.000,- + Zinsen 86.222,22) zur sofortigen Zahlung eingefordert werde. Die Zinsen berechneten sich mit 40% von 200.000,- vom bis , was ebenfalls auf eine weitere Veranlagung und keine Stundung hindeute. Angesichts der obigen Ausführungen seien im Beschwerdefall der Bf nach Übergabe von 200.000,- am und nach Ablauf der vertraglichen einjährigen Veranlagung am durch die Ausbezahlung von 80.000,- Euro die vereinbarten Zinsen von 40% des eingesetzten Kapitals zugeflossen. Das eingesetzte Kapital von 200.000,- sei mit der neuen Vereinbarung vom mit dem Täter auf ein weiteres Jahr zur Verfügung gestellt und seien im Zeitraum vom bis weitere Zahlungen an die Bf geleistet worden. Dementsprechend habe eine Versteuerung der Beträge von 80.000,- Euro im Jahr 2012; 16.000,- im Jahr 2013; 4.400,- im Jahr 2014 und 4.600,- im Jahr 2015 unter Einkünften aus Kapitalvermögen zu erfolgen. Die Anspruchzinsenbescheide teilten das Schicksal des jeweiligen Abgabenbescheides.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Sachverhalt und Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ist wie im Verfahrensgang aktenkundig, wurde von keiner Partei bestritten und kann daher als erwiesen angenommen werden. Die unten angeführten Belege, außergerichtliche Schreiben zwischen den Streitparteien, Zeugenaussagen vor Gericht bzw vor der Polizei, der gerichtliche Vergleich, das Strafurteil sowie das Protokoll über die Hauptverhandlung gegen den Täter bilden für das erkennende Gericht allesamt die Grundlage für dessen Sachverhaltsfeststellungen.
Die Bf ist gelernte Buchhalterin (siehe Zeugenvernehmung bei der PI Steinfeld vom ) und war in den Streitjahren im "Finanzmanagement" eines Unternehmens, das sich auf Tourismuswerbung, Tourismusberatung, Werbeagentur, Reisebüroleistungen sowie auf den Betrieb eines Seminarzentrums spezialisiert hat, unselbstständig erwerbstätig.
Zwischen den Parteien ist insb strittig, ob die vom Täter an die Bf in den Jahren 2012 bis 2015 zurückgezahlten Beträge (auch) als Zinsen aufgrund eines Darlehens und damit als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu qualifizieren sind.
Beiden Streitparteien liegt ein Beleg vom vor, wonach der Täter an jenem Tag von der Bf einen Betrag iHv 200.000,- Euro empfangen hat. Auf dieser Bestätigung findet sich weiters der Vermerk "Anlage +40% p.a.".
Darüber hinaus liegt dem Verwaltungsakt ein Beleg ein, auf welchem die Bf mit ihrer Unterschrift bestätigt, vom Täter am einen Betrag von 80.000,- Euro für "Anlage aus " erhalten zu haben.
Im den Streitparteien vorliegenden Schreiben vom an den Täter hielt der RA der Bf, Dr. ***10***, fest, dass ihr bislang lediglich ein Betrag iHv 80.000,- an Zinsen zurückbezahlt wurde. Bis zum schuldet er ihr daher noch an Kapital 200.000,- Euro und an Zinsen (40% von bis ) noch einen Betrag iHv 86.222,22 Euro.
Im Schreiben vom bestätigt der Täter, dass die Vermögensberaterin für jeden an ihn vermittelten Klienten von ihm eine Provision erhält. Darunter war auch der Kontakt mit der Bf ab Jänner 2011, wobei es in der Folge bis zur Geldübergabe am zu einigen Vorgesprächen zu Dritt im Büro des Täters kam. Er bestätigte darin auch die Übergabe von 80.000,- Euro an die Bf in dessen Büro am und, dass die Bf, die Vermögensberaterin und er "die Anlage der € 200.000,- für ein weiteres Jahr" vereinbarten. Die beiden wussten ebenso, dass die Bf das Geld zum Hausbau dringend brauchte.
Laut der Zeugenvernehmung vom , GZ: ***7***, bei der PI Steinfeld, BPK Spittal/Drau, LPD Kärnten, bei der die Bf auch wahrheitserinnert und auf die strafrechtlichen Konsequenzen einer falschen Aussage gem § 288 StGB hingewiesen wurde, hat die Vermögensberaterin die Bf im Jahr 2011 an den Täter vermittelt, wobei ihr dieser bereits länger bekannt war. Die Bf war selbst in der Vergangenheit bei der ***3*** (im Folgenden E&S), FN ***4***, tätig, wo sie den Täter kennen gelernt hat. Über das Vermögen der E&S wurde am das Konkursverfahren, LGZ Graz, ***5***, eröffnet. Am ordnete das Insolvenzgericht die Schließung des Unternehmens an. Am hob das Insolvenzgericht den Konkurs auf und genehmigte nach dem vorliegenden Verteilungsentwurf eine Verteilungsquote, wonach die Insolvenzgläubiger mit ca 4,28% ihrer Forderungen bedient werden können. Die Treffen zwischen der Bf und dem Täter fanden immer in seinem Büro in ***6*** statt, wobei auch stets die Vermögensberaterin anwesend war. Diese sagte zur Bf, dass sie "eine klasse Sache" kennt, bei der die Bf "tolle Zinsen" für ihr Geld erhalten wird, wenn sie es "dort anlegen sollte". Die Vermögensberaterin hat der Bf auch angeboten, wenn sie weitere Kunden anwerben sollte, dass die Bf von den 20% der veranlagten Summe, die die Vermögensberaterin als Abschlussprovision erhält, 10% erhalten wird. Bei der Geldhingabe am an den Täter wurde kein konkreter Zweck vereinbart, sondern lediglich "Anlage +40% p.a." am Beleg vermerkt. Die Bf hatte bereits mehrere Veranlagungen bei der E&S und auch bei anderen Firmen bzw Banken, bei denen sie über die Risiken einer Veranlagung informiert wurde. Der Täter hat eine solche Beratung im ggst Fall nicht durchgeführt, jedoch haben dieser und die Vermögensberaterin der Bf "die Veranlagungsform als zu 100% sicher glaubhaft gemacht". Ansonsten hätte sie auch nicht beim Täter veranlagt, da sie den beiden auch gesagt hat, dass sie "das Geld nach einem Jahr wieder für [ihren] geplanten Hausbau benötigen" wird. Bei der Zeugeneinvernahme am gab die Bf an, dass am eine Laufzeit von einem Jahr mit einer Verzinsung von 40% p.a. vereinbart wurde und verwies auf den bereits oben erwähnten Beleg mit selbigem Datum. Bei der Polizei gab die Bf ebenso an, nach dem am vor dem LG Klagenfurt, ***13***, mit dem Täter geschlossenen Vergleich "16.000,- Euro am ; 13.000,- am ; 9.000,- am ; 8.000,- am ; 5.000,- am sowie je 5.000,- am und am erhalten" zu haben. In Summe hat die Bf - unter Hinzuzählung der bereits erfolgten Rückzahlung von 80.000,- Euro am - 141.000,- Euro vom Täter zurückerhalten.
Am fand am LG Klagenfurt eine Hauptverhandlung zu ***12*** gegen den Täter statt, bei der er wegen gewerbsmäßig schweren Betruges (bei mehr als 60 Geschädigten/Opfern abgesehen von der Bf) nach §§ 146, 147 Abs 1, Abs 2 und 3 sowie nach § 148 2. Fall StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 4,5 Jahren verurteilt wurde. Der vom Täter verursachte Schaden belief sich insgesamt auf mehr als 6,6 Mio Euro, wobei er insgesamt Rückzahlungen iHv 1,72 Mio leistete. Weiters wurde der Täter ua vom Strafgericht verpflichtet, der Bf den Privatbeteiligtenanspruch iHv 142.855,07 Euro binnen 14 Tagen zu bezahlen. In dieser Verhandlung sagte die Bf ua aus, dass sie ihr Geld vor dem Geschäft mit dem Täter 2011 bei einer Bank mit einem Investmentfonds angelegt hat. Als ihr Hausbau anstand hob sie das Geld ab, "damit ich das Geld im Sicheren hatte, weil ja auch derartige Fonds verlieren können. Frau ***9*** hat das mitbekommen und hat mich dann gemeinsam mit dem Angeklagten, die mir eine sehr sichere Variante und Rendite von 40% zugesagt haben, so weit gebracht, dass sich letztlich nach mehreren Monaten des Überredens zugesagt habe. Befragt, was der Angeklagte besser hätte können sollen, als der Investmentbanker, gebe ich an: Das weiß ich nicht, jedenfalls konnte er besser reden. Der Angeklagte hat dann gemeinsam mit Frau ***9*** schon geschildert, was er alles an Geldern hereingebracht habe, was er für andere Leute schon für Gewinne erzielt habe […] Das wirkte dann letztlich sehr überzeugend auf mich. […] Es ist mir bewusst, dass ich überall, auch seinerzeit bei meiner Investmentbank über die erfolgte ordnungsgemäße Aufklärung eine Unterschrift leisten musste, beim Angeklagten war dies nicht der Fall. […] Aus der Schulungszeit bei E&S weiß ich, dass bei den dortigen Investmentfonds, insbesondere bei Rückschau in die vergangenen Jahre, immer Renditen von 7 bis maximal 10% plausibel waren. Freilich war ich anfänglich skeptisch und habe bei ***9*** immer wieder gefragt, ob sie sich eingehend informiert habe und wisse, warum der Angeklagte dann plötzlich eine Rendite von 40% versprechen konnte, aber sie versicherte mir, dass sie das jeweils gemacht habe" (HV-Protokoll Seite 15 f).
2. Rechtslage
Das Bundesgesetz vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), idF BGBl I 2015/118 (betreffend § 27 EStG) bzw idF BGBl I 2015/163 (betreffend § 27a EStG), lautet auszugsweise:
"Einkünfte aus Kapitalvermögen
§ 27
(1) Einkünfte aus Kapitalvermögen sind Einkünfte aus der Überlassung von Kapital (Abs 2), […]
(2) Zu den Einkünften aus der Überlassung von Kapital gehören:
[…]
2. Zinsen, und andere Erträgnisse aus Kapitalforderungen jeder Art, beispielsweise aus Darlehen, Anleihen, Hypotheken, Einlagen, […]
[…]
(8) Der Verlustausgleich ist nur nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zulässig:
[…]
3. Einkünfte aus Kapitalvermögen, auf die ein besonderer Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 anwendbar ist, können nicht mit Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden, für die diese besonderen Steuersätze gemäß § 27a Abs. 2 nicht gelten.
4. Nicht ausgeglichene Verluste aus Kapitalvermögen dürfen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden.
Die vorstehenden Regelungen über den Verlustausgleich gelten auch im Falle der Regelbesteuerung gemäß § 27a Abs. 5.
[…]
Besonderer Steuersatz und Bemessungsgrundlage für Einkünfte aus Kapitalvermögen
§ 27a
(1) Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen
1. im Fall von Geldeinlagen und nicht verbrieften sonstigen Forderungen bei Kreditinstituten, ausgenommen Ausgleichzahlungen und Leihgebühren gemäß § 27 Abs. 5 Z 4, einem besonderen Steuersatz von 25%,
2. in allen anderen Fällen einem besonderen Steuersatz von 27,5%
und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs. 5) anzuwenden ist.
[…]
(2) Abs. 1 gilt nicht für
1.Einkünfte aus Darlehen und nicht verbrieften sonstigen Forderungen, denen kein Bankgeschäft zu Grunde liegt;
[…]
(3) Als Einkünfte anzusetzen sind:
1.Bei der Überlassung von Kapital (§ 27 Abs. 2) die bezogenen Kapitalerträge."
Das Bundesgesetz über allgemeine Bestimmungen und das Verfahren für die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder und Gemeinden verwalteten Abgaben (Bundesabgabenordnung - BAO), idF BGBl 1961/194, lautet auszugsweise:
"Wirtschaftliche Betrachtungsweise.
§ 21
(1) Für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
(2) Vom Abs. 1 abweichende Grundsätze der Abgabenvorschriften bleiben unberührt."
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Die Bf vertritt die Ansicht - da der Täter keinerlei Aufklärung über etwaige Veranlagungen vorgenommen hat - es zudem keine schriftliche vertragliche Grundlage gibt und lediglich mündlich eine Verzinsung von 40% versprochen wurde, dass für die Veranlagung solcher Beträge eine Fremdüblichkeitnicht gegeben bzw eine solche Vereinbarung einem Glücksgeschäft mit aleatorischem Charakter ähnlich sei. Spätestens seit dem sei es offensichtlich, dass eine entsprechende Rückführung unter solchen unüblichen Bedingungen nicht durchführbar und realistisch gewesen sei. Nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt betrachtet habe der Täter keinerlei verwendungsgemäße Investition des von der Bf hingegebenen Kapitals durchgeführt. Diese Teilrückzahlungen an die Bf könnten - wenn überhaupt - nur als Tilgung der bestehenden Schuld als des von ihr übergebenen Kapitals (am übergebener Barbetrag) gewertet werden.
zum Bescheid betreffend Wiederaufnahme des ESt-Verfahrens 2012
Für die Wiederaufnahme eines Verfahrens gem § 303 Abs 1 BAO genügt nicht allein das Hervorkommen von Wiederaufnahmegründen, vielmehr muss zu dieser Voraussetzung die Gewissheit treten, dass die Kenntnis der Wiederaufnahmegründe tatsächlich zu einem anders lautenden Bescheid im Abgabenverfahren führt (). Nach § 303 BAO führt eine neu hervorgekommene Tatsache nur dann zur Wiederaufnahme, wenn die Kenntnis dieses Umstandes seinerzeit einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Nicht jedes Neuhervorkommen einer Tatsache, sondern erst der Zusammenhang mit einem sonst anders lautenden Bescheid rechtfertigt die Wiederaufnahme des Verfahrens. Daher ist die materiellrechtliche Frage der möglichen Auswirkung auf den Sachbescheid schon im Wiederaufnahmeverfahren zu prüfen (vgl ). Für die Beurteilung, ob die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte, ergibt sich daher die Notwendigkeit, bereits im Wiederaufnahmeverfahren auch in die Prüfung der materiell-rechtlichen Streitfrage einzutreten (vgl ).
Die Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 303 BAO gegeben sind oder nicht, umfasst somit
die Überprüfung, ob ein Wiederaufnahmetatbestand (Erschleichungs-, Neuerungs-, oder Vorfragentatbestand) vorliegt, und
die Überprüfung der Entscheidungswesentlichkeit des herangezogenen Wiederaufnahmegrundes. Kann dies für den vorgebrachten Wiederaufnahmegrund aus materiellrechtlichen Gründen ausgeschlossen werden, erweist sich die Wiederaufnahme schon deswegen als rechtswidrig und muss der Wiederaufnahmegrund erst gar nicht näher verfahrensrechtlich geprüft werden (vgl zB ).
Im Beschwerdefall verweist das Finanzamt im angefochtenen Wiederaufnahmebescheid betreffend ESt 2012 vom auf die Feststellungen der Außenprüfung laut Prüfungsbericht bzw Niederschrift. Im AP-Bericht gem § 150 BAO vom betreffend ESt 2012 bis 2017 wird auf Seite 6 hinsichtlich der Wiederaufnahme des Verfahrens auf die Tz 1 verwiesen. Wie aus dem oben angeführten Verfahrensgang ersichtlich, sind in der Tz 1 jene Ausführungen enthalten, die das Prüfungsorgan dazu veranlasste die Rückzahlungen an die Bf teilweise als nicht endbesteuerungsfähige Einkünfte aus Kapitalvermögen einzustufen. Den Feststellungen der AP folgend, erließ das Finanzamt den angefochtenen Wiederaufnahmebescheid 2012.
Nach der Rsp des VwGH lässt der in einem AP-Bericht - wie in casu - gegebene Hinweis auf einzelne Textziffern iZm der Wiederaufnahme eines Verfahrens gemäß § 303 BAO im Regelfall den Schluss zu, dass die belangte Behörde die Wiederaufnahme auf den Neuerungstatbestand gestützt hat und die in den einzelnen Textziffern getroffenen Prüfungsfeststellungen jenen Tatsachenkomplex bilden, der nach Ansicht des Finanzamtes im Zuge der Prüfung neu hervorgekommen ist (vgl ; , 2012/15/0172).
Im Beschwerdefall entspricht die Verweiskette und die in der Tz 1 getroffenen Feststellungen der genannten Jud und ist der damit jeweils verbundene Tatsachenkomplex jener Wiederaufnahmegrund über den die Abgabenbehörde in den angefochtenen Bescheiden zu entscheiden hatte.
Diesen Feststellungen ist mit hinreichender Deutlichkeit ein in Bezug auf die Erzielung von Zinsen aus von der Bf gewährten Darlehen als neu hervorgekommenen Tatsachenkomplex zu entnehmen. Dieser Tatsachenkomplex war dem Finanzamt in dem mit ESt-Bescheid für das Jahr 2012 vom abgeschlossenen Verfahren, in welchem von der Bf ausschließlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit herangezogen wurden, nicht bekannt. Wie im AP-Bericht festgehalten, erlangte die belangte Behörde erst durch die abgabenbehördliche Prüfung Kenntnis vom maßgeblichen Sachverhalt. Der Umstand der Feststellung von ausbezahlten Erträgen aus den Rückzahlungen durch den Täter ist somit für die Frage des Vorliegens von Einkünften aus Kapitalvermögen ohne Zweifel maßgeblich und hätte die Kenntnis dieser Umstände (die hier die Sache der Wiederaufnahmeverfahren bilden) bei richtiger rechtlicher Subsumtion in den abgeschlossenen Verfahren einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt. Dass die vom Finanzamt als neu hervorgekommene Umstände gewerteten Sachverhaltselemente geeignet sind, einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen, ergibt sich aus den im AP-Bericht vom auf Seite 6 angeführten Gründen.
Zur Ermessensübung wird im AP-Bericht auf den Vorrang des Prinzips der Rechtsrichtigkeit vor dem der Rechtsbeständigkeit hingewiesen. Dieser Hinweis, dem die Bf auch nichts entgegengesetzt hat, begründet die Ermessensübung in ausreichender Weise. Zu ergänzen ist noch, dass die steuerlichen Auswirkungen auch nicht bloß geringfügig sind. Dass berechtigte Interessen der Bf gegen eine Verfügung der Wiederaufnahme sprechen würden, ist nicht ersichtlich und hat die Bf auch nicht behauptet (vgl dazu auch ).
Da die Voraussetzungen des § 303 BAO gegeben sind, war die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid 2012 abzuweisen.
ESt-Bescheide 2012 bis 2015
Nach § 167 Abs 2 iVm § 2a BAO haben die Verwaltungsgerichte unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (Grundsatz der freien Beweiswürdigung).
Gem § 27 Abs 2 Z 2 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung sind Zinsen und andere Erträgnisse aus Kapitalforderungen jeder Art, bspw aus Darlehen, Anleihen oder Einlagen Einkünfte aus der Überlassung von Kapital und damit Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Tatbestand des § 27 Abs 2 Z 2 EStG ist weit gefasst. Darunter werden die laufenden Kapitalerträge aus Fremdkapitalinstrumenten erfasst (vgl Kirchmayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, 2020, § 27, Tz 65). Die wichtigsten Kapitalfrüchte sind Zinsen. Dabei handelt es sich um das wirtschaftliche Nutzungsentgelt für die Kapitalüberlassung, egal wie es im Einzelfall bezeichnet wird ( mwN; Quantschnigg/Schuch, ESt-Handbuch, § 27 Tz 21). Hiezu zählen insb vertragliche oder gesetzliche Zinsen (Kirchmayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, 2020, § 27, Tz 70 mwH).
Zinsen sind von der Laufzeit abhängige Vergütungen für den Gebrauch eines auf Zeit überlassenen Kapitals. Es ist nicht begriffsnotwendig, dass die Zinsen laufend entrichtet werden (BFH, BStBl 1988 II 252; Kirchmayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, 2020, § 27, Tz 70). Es ist weiters nicht von Bedeutung, ob gleich bleibende Zinsen vereinbart sind oder ob die Zinszahlungen schwanken. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören somit alle Vermögensmehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für eine Kapitalnutzung darstellen. Dazu zählen vertragliche oder gesetzliche Zinsen oder eine laufend ausbezahlte Wertsicherung (vgl auch ). Zinsen gehören gem § 27 Abs 2 Z 2 EStG zu den Einkünften aus der Überlassung von Kapital ("Zinsen und andere Erträgnisse aus Kapitalforderungen"). § 27 Abs 2 Z 2 ist für Kapitalvermögen anzuwenden, die der Steuerpflichtige nach dem entgeltlich erwirbt ("Neubestand").
Zum Umfang des Zinsbegriffs: Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören alle Vermögensvermehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für eine Kapitalnutzung darstellen. Bei Neubeständen ist der Zinsbegriff von geringerer Bedeutung, da die Substanz der Besteuerung gem § 27 Abs 3 EStG unterliegt. Es ist unerheblich, ob der Überlassung von Kapital ein Darlehensvertrag oder ein anderer Titel zugrunde liegt. So führen nach hM auch Zinsen aus einer gestundeten Kaufpreisforderung, die im Privatvermögen gehalten wird, zu Einkünften aus Kapitalvermögen (). Auch Zinsen im Rahmen einer Ratenzahlung stellen Einkünfte aus Kapitalvermögen und nicht einen Teil des Veräußerungserlöses dar (). Ohne andere Rückzahlungsvereinbarung gelten gem § 1416 ABGB zuerst Zinsen, dann fällige und zuletzt nicht fällige Forderungen als abgedeckt ().
Nach § 27a Abs 2 Z 1 EStG unterliegen Einkünfte aus Darlehen, denen kein Bankgeschäft zu Grunde liegt, nicht dem besonderen Steuersatz für Einkünfte aus Kapitalvermögen. Als Einkünfte anzusetzen sind gem § 27a Abs 3 Z 1 leg cit bei der Überlassung von Kapital (§ 27 Abs 2) die bezogenen Kapitalerträge. Durch die Verwendung des Begriffes der bezogenen Kapitalerträge verweist der Gesetzgeber auf die zeitliche Einordnung der Erträge iSd § 19 EStG, der den Bezug von Einnahmen in dem Kalenderjahr bestimmt, in dem diese zufließen. Die generelle Verwendung in § 27a Abs 3 EStG will zum Ausdruck bringen, dass die Bemessungsgrundlage auf sämtliche Einkünfte aus der Überlassung von Kapital, unabhängig davon, ob KESt abgezogen wurde oder nicht, anzuwenden ist (BBG 2011, EB zu § 27a, S 32; Vaishor/Cserny/Kleemann in Hofstätter/Reichel, § 27a EStG, 2014, Tz 12).
Darlehen fallen unter den progressiven ESt-Tarif (vgl ; Marschner in Jakom, EStG, 2022, § 27a, Rz 12). Der Begriff "Darlehen" ist im EStG nicht näher definiert. § 983 ABGB lautet: "Im Darlehensvertrag verpflichtet sich der Darlehensgeber, dem Darlehensnehmer vertretbare Sachen mit der Bestimmung zu übergeben, dass der Darlehensnehmer über die Sachen nach seinem Belieben verfügen kann. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, dem Darlehensgeber spätestens nach Vertragsende ebenso viele Sachen derselben Gattung und Güte zurückzugeben." Nach § 983 ABGB kommt ein Darlehensvertrag als Realvertrag mit der tatsächlichen Übergabe verbrauchbarer Sachen zustande; Schriftlichkeit ist nicht zwingend erforderlich (; Ebner/Marschner in Jakom, EStG, 2022, § 4, Rz 341). Gem § 984 ABGB können Gegenstand des Darlehens "Geld oder andere vertretbare Sachen" sein; wobei § 988 ABGB bestimmt, dass "der entgeltliche Darlehensvertrag über Geld Kreditvertrag heißt".
Gem § 19 Abs 1 1. S EStG werden Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.
Zufolge § 21 Abs 1 BAO ist für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Die Regelungen über die wirtschaftliche Betrachtungsweise dienen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, weil dadurch bewirkt wird, dass wirtschaftlich gleiches Geschehen trotz möglicherweise unterschiedlicher äußerer Erscheinungsform oder formal-rechtlicher Gestaltung zu gleichen abgabenrechtlichen Konsequenzen führt (; Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO § 21, Anm 3). Wer für eine Leistungsbeziehung eine rechtlich ungewöhnliche Konstruktion wählt, erweckt damit den Anschein, er wolle Rechtsfolgen vermeiden, die das Gesetz bei der Wahl einer im gesetzlichen Typenkatalog für die beabsichtigte Leistungsbeziehung enthaltenen Gestaltung vorsieht (, 0174). § 21 Abs 1 enthält keine Regel zur Auslegung von Steuergesetzen und auch keine Aussage über die Auslegung von Rechtsbegriffen (zB ; , 2283/70).
Bei Personen, die zueinander in einem nahen Verwandtschaftsverhältnis stehen, ist zu prüfen, ob das Rechtsgeschäft auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wäre (sog Fremdvergleich; ). Die Rsp über die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen ist auch auf Verträge zwischen interessenmäßig verflochtenen Beteiligten anzuwenden (). Auch für Rechtsbeziehungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern wird gefordert, dass die getroffene Vereinbarung den für Verträge zwischen nahen Angehörigen entwickelten Kriterien entspricht, insbes einem Fremdvergleich standhält ().
Für den konkreten Beschwerdefall bedeutet dies, dass sich die Bf in casu nicht - anders als sie wiederholt in ihrer Beschwerde anführt - auf eine mangelnde Fremdüblichkeit bzw auf "dem Fremdvergleich nicht standhaltende Versprechungen und Vorgangsweisen" (zB Beschwerde vom , Seite 3) berufen kann. Wie bereits erwähnt, ist ein Fremdvergleich nämlich nur in zwei Konstellationen überhaupt anzustellen bzw die Fremdüblichkeit zu prüfen:
1. bei Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen oder
2. bei Rechtsbeziehungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern
Evidentermaßen liegt im konkreten Fall weder das eine noch das andere vor, womit dieses Argument der Bf ins Leere geht.
Sofern die Bf argumentiert, dass die den Geldhingabe- und Rückzahlungen zu Grunde liegenden Vereinbarungen mangels Schriftlichkeit sowie aufgrund exorbitant hoher Zinsen nicht "fremdüblich" sowie "unübliche Bedingungen" seien und es sich damit um keine Veranlagung, sondern um ein "Glücksgeschäft" handle, ist für sie auch aus folgenden Gründen nichts zu gewinnen: Zivilrechtlich sind Verträge nichtig, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen (§ 879 Abs 1 ABGB). Allerdings wird nach § 23 Abs 2 BAO die Erhebung von Abgaben nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Verhalten, das den abgabepflichtigen Tatbestand erfüllt, oder einen Teil des abgabepflichtigen Tatbestandes bildet, gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. Wie bereits ausgeführt, ist davon auszugehen, dass ein Zufluss dieser Beträge an die Bf stattgefunden hat, weshalb diese nach der angeführten rechtlichen Regelung, unabhängig von einer etwaigen zivilrechtlichen Gültigkeit der betreffenden Vereinbarungen, steuerpflichtig sind. Der Einwand der Bf, es habe sich nicht um eine steuerpflichtige Kapitalanlage, sondern um ein Glücksgeschäft gehandelt, führt auch deshalb nicht zum Erfolg, weil ein wichtiges Tatbestandsmerkmal aller Glücksverträge fehlt. Gem § 1267 ABGB ist ein Vertrag dann als Glücksvertrag zu bezeichnen, wenn darin die Hoffnung eines ungewissen Vorteils versprochen und angenommen wird, wobei nicht die Höhe bzw das sonstige Ausmaß des Vorteilsungewiss sein muss, sondern sein Eintritt. Glücksverträge sind somit auch durch ein aleatorisches Element gekennzeichnet, dh es geht um ein Wagnis oder Risiko. Ob das Erhoffte eintritt, hängt entweder vom Zufall allein oder doch von Unwägbarkeiten ab, die mit dem Versuch, eine Leistung zu erbringen, verbunden sind. Die Vereinbarungen zwischen der Bf und dem Täter hingegen, welche als Grundlage und Bestätigung für das Finanzgeschäft zu gelten haben, lassen keine Zweifel offen, dass der Eintritt des Erhofften, nämlich die Rückzahlung von 200.000,- Euro zzgl 40% Zinsen nach einem Jahr, keinesfalls ungewiss, sondern vielmehr genau terminisiert und beziffert wird (vgl dazu auch ). Die fixe Verzinsung ohne Rücksicht auf wirtschaftliche Rahmenbedingungen wie Gewinn und Vermögen sprechen vielmehr für ein darlehensähnliches Geschäft (so auch RV/0205-F/02). Dass letztlich das für eine Geldhingabe mit hohem Zinssatz nicht untypische Risiko, nämlich der Totalverlust eintrat, macht das Geschäft nicht ex post zum Glücksvertrag. Die als "Zinsen" bezeichnete Früchte des hingegebenen Kapitals sind im Beschwerdefall somit sehr wohl unter § 27 Abs 2 Z 2 EStG zu subsumieren (vgl dazu auch RV/0205-F/02).
Ferner geht das BFG in freier Beweiswürdigung davon aus, dass die Bf dem Täter 200.000,- Euro zur Veranlagung übergab und nach der summenmäßig gleichen Berechnung im AP-Bericht durch die belangte Behörde berechnet wurde. Von dieser Kapitalsubstanz wurden - wie sich aus der Zeugeneinvernahme der Bf vor der Polizei vom ebenso ersehen lässt - Beträge am , am , am , am , am sowie am zurückgezahlt. Ansonsten wurde von der Bf kein Nachweis von weiteren Kapitalrückzahlungen erbracht. Dies ergibt sich auch aus der Aufstellung im AP-Bericht vom , Seite 5 ("Chronologische Entwicklung der Kapitalveranlagung").
Der Täter war jedenfalls bis November 2015 zahlungswillig und zahlungsfähig, da Zahlungen an die Bf - wenn auch unter Androhung und Wahrmachung gerichtlicher Schritte - noch bis geleistet wurden. Angeführt seien hier die von der Bf im Zuge der polizeilichen Ermittlungen in ihrer Zeugenvernehmung vom von sich aus erwähnten Teilrückzahlungen "16.000,- Euro am ; 13.000,- am ; 9.000,- am ; 8.000,- am ; 5.000,- am sowie je 5.000,- am und am ". Woher der Täter die Mittel für die Auszahlung an die Bf hatte, ob er diese anderen Darlehensgebern zum Stopfen von Löchern entlockte und dadurch deren Befriedigung vereitelte - verwiesen wird dazu auf Seite 11 des Strafurteils vom , wonach der Täter immer wieder neue Geldgeber benötigt hat, um an bereits bestehende Anleger (teilweise) die übergebenen Beträge sowie die versprochenen Zinsen zurückzahlen zu können - ist für den Zufluss an die Bf unerheblich (s dazu auch ).
Selbst wenn man - wie die Bf behauptet - davon ausginge, dass für die Veranlagung solcher Beträge mit einem so hohen Zinssatz von 40% p.a. eine "Fremdüblichkeit nicht gegeben" bzw eine solche Vereinbarung ein "Glücksgeschäft mit aleatorischem Charakter" sei, also quasi reine "Phantasieprodukte" gewesen seien, bei denen die versprochenen Erträge nie erzielbar gewesen wären (vgl dazu ; ) und somit von Anfang an ein Anlagebetrug vorlag, ändert dies nichts daran, dass der Bf diese vom RA der Bf ausdrücklich als "Zinsen" bezeichneten Erträge im Zeitpunkt ihrer Gutschrift tatsächlich iSd § 19 Abs 1 EStG zugeflossen sind, solange der Täter leistungsbereit und leistungsfähig war (; siehe dazu bereits oben).
Der VwGH (vgl , mwN) hat zum Zufluss von Einnahmen aus einem darlehensähnlichen Geschäft zu Recht erkannt, dass Einnahmen dann als zugeflossen anzusehen sind, wenn der Empfänger rechtlich und wirtschaftlich über sie verfügen kann, sich der Zufluss also wirtschaftlich in einer Vermehrung des Vermögens des Steuerpflichtigen auswirkt. Ist eine Auszahlung grundsätzlich möglich, entscheidet sich der Gläubiger aber - wenn auch nach Überredung durch den Schuldner - die fälligen Erträge wieder zu veranlagen, so ist der Zufluss iSd § 19 EStG durch die Verfügung der Wiederveranlagung in diesem Zeitpunkt erfolgt. Der wiederveranlagte Ertrag bildet eine neue Einkunftsquelle, deren Untergang auf die Steuerpflicht früher zugeflossener Erträge steuerlich keine Auswirkung hat. Ein nachfolgender Verlust auch des neuerlich eingesetzten Kapitals ist steuerlich unbeachtlich ( mwN).
Auch wenn - wie das LG Klagenfurt im Urteil vom , ***12***, festgestellt hat - der Täter die Anleger über Art, Ertrag und Risiko der von ihnen vorzunehmenden Investitionen sowie über die Verwendung der Beträge zum vorgeblichen Zweck der ertragreichen Veranlagung sowie über seine Rückzahlungswilligkeit und -fähigkeit getäuscht hat, ändert dies nichts an der einkommensteuerlich maßgeblichen Tatsache, dass den Anlegern und so auch der Bf die zugesicherte, jährliche Verzinsung ihres hingegebenen Geldbetrages tatsächlich (wie aus den bereits zitierten Schreiben ersichtlich) gutgeschrieben worden und damit iSd § 19 EStG auch dann zugeflossen ist, wenn die Zinsen nicht ausbezahlt worden sind, sondern sich die Bf zB am zur Wiederveranlagung entschlossen hat.
Eingehende Zahlungen von Gläubigern wurden vom Täter dafür verwendet, andere seiner Kunden durch Rückzahlungen bzw Zinsauszahlungen zu befriedigen. Der Täter bezeichnet dieses Vorgehen bei seiner Angeklagtenvernehmung in der Hauptverhandlung vor dem LG Klagenfurt am , ***12***, als "Loch-auf-Loch-zu-Taktik". Sein "Veranlagungskonzept" beruhte aus der Kapitalabfolge, dass die Mehrheit der "Investoren" ihn mit Kapital versorgte und eine geringe Minderheit Kapital rückforderte und zB damit hingehalten wurde, dass der Täter noch auf Geld aus einem Projekt warte, dessen Finanzierung sich hinausgeschoben habe (s etwa das Schreiben des Täters vom ).
Ob man nun dieses System der Geldveranlagung, bei dem die von Neukunden eingezahlten Beträge für die Begleichung der Forderungen der Altkunden verwendet werden, als "Schneeballsystem", "Pyramidensystem", "Loch-auf-Loch-zu-Taktik", etc bezeichnet, ist für die steuerliche Beurteilung des vorliegenden Falles nicht entscheidend (so auch ).
ImErgebnis erzielte die Bf sohin Einkünfte aus Kapitalvermögen iSd § 27 Abs 2 Z 2 EStG. Ob die diesen Einkünften zu Grunde liegenden Einlagen nun als darlehensähnlich (so die belangte Behörde) oder als gestundete Beträge (so die Bf) bezeichnet werden, ist für die einkommensteuerliche Beurteilung nicht von Bedeutung (vgl dazu ).
Wenn die Bf vermeint, die während der Gerichtsverhandlungen von Anwälten und Richtern verwendeten Terminologien (Kapital vs Zinsen) keine Rolle spielten und immer gemeint gewesen sei, einen möglichst hohen Betrag des von ihr übergebenen Kapitals zurück zu erhalten, so übersieht sie, dass der Rechtsvertreter der Bf, RA Dr. ***11***, selbst ohne Not, Hast, Drängen und Drohen dem Täter schriftlich am mitteilte, dass seiner Mandantin (also der Bf) bis zu diesem Zeitpunkt (als bis Mitte 2013) "ein Betrag von € 80.000,- an Zinsen bezahlt" wurde. Auch im analogen Schreiben vom selben Tag an die Vermögensberaterin verwendete er dieselbe Wortwahl. Es kann sich also auch nicht um ein offensichtliches Versehen des RA gehandelt haben. Berufsmäßigen Parteienvertretern ist zuzumuten, dass sie sich schriftlich korrekt und unmissverständlich ausdrücken und (in Schreiben) zwischen Kapital und Zinsenunterscheiden können.
Die Bf muss auch gegen sich gelten lassen, dass sie als gelernte Buchhalterin, die in den Streitjahren im "Finanzmanagement" eines Unternehmens beschäftigt war, kein gänzlicher "finanzieller Laie" ist und - obwohl sie vor der Hingabe der 200.000,- Euro ihre Gelder bei Banken-Investmentfonds angelegt hatte und dort hinsichtlich der ordnungsgemäßen Aufklärung über das Finanzinstrument eine Unterschrift leisten musste - dies beim Täter nicht tat, weil er ihr eine "sehr sichere Variante und Rendite von 40% zugesagt" hat (s HV-Protokoll vom ). Auf Seite 23 des Urteiles vom stellte selbst das Strafgericht ein (teilweises) Mitverschulden der Opfer fest.
Zu guter Letzt ist noch auf die von der Bf in ihren Schriftsätzen sowie vom ins Treffen geführte Information des BMF einzugehen. Selbst wenn man diese (ohne zunächst ihren tatsächlichen Inhalt rechtlich zu hinterfragen) berücksichtigte, wonach die Finanzverwaltung Fonds des Anlagebetrügers Madoff auch in steuerlicher Hinsicht nicht als Fonds qualifiziere und Zahlungen würden allenfalls als Einkünfte gem § 27 Abs 3 EStG - also als Einkünfte aus der Veräußerung, Einlösung oder sonstigen Abschichtung qualifiziert -, kann dieser kein Erfolg beschieden sein. Der VwGH hat nämlich bereits wiederholt ausgesprochen, dass aus derartigen Informationen (ja nicht einmal zB aus den ESt-Richtlinien) oder Erlässen den Parteien mangels Kundmachung im BGBl weder subjektive, vor dem VwGH verfolgbare Rechte erwachsen, noch ihnen Pflichten auferlegt werden, und es sich bei der beschwerdeggst Information somit um keine für das BFG bzw den VwGH beachtliche Rechtsquelle handelt (vgl zB , mwN).
Die belangte Behörde hat daher im Jahr 2012 einen Betrag iHv 80.000,- Euro; im Jahr 2013 16.000,- Euro; im Jahr 2014 4.400,- Euro sowie im Jahr 2015 iHv 4.600,- Euro zu Recht als Zinszahlungen qualifiziert und als nicht endbesteuerungsfähige Einkünfte aus Kapitalvermögen festgesetzt, weshalb die Beschwerde abzuweisen war.
Anspruchszinsenbescheide 2012 bis 2015
Differenzbeträge an ESt und KSt, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen, nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, sind für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide nach Maßgabe des § 205 BAO zu verzinsen (Anspruchszinsen). Anspruchszinsen iSd § 205 BAO sind eine objektive Rechtsfolge, um (mögliche) Zinsvorteile oder Zinsnachteile auszugleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben (). Sie sind an die Stammabgabenbescheide gebunden.
Die beschwerdeggst Anspruchszinsenbescheide sind damit an die in den ESt-Bescheiden 2012 bis 2015 ausgewiesenen Nachforderungsbeträge dem Grunde und der Höhe nach gebunden. Wegen dieser Bindung sind die Zinsenbescheide nicht mit Aussicht auf Erfolg mit der Begründung anfechtbar, die maßgebenden ESt-Bescheide seien inhaltlich rechtswidrig. Wenn sich diese nachträglich als rechtswidrig erweisen und abgeändert oder aufgehoben werden, sind (von Amts wegen) neue, an die geänderten Stammabgabenbescheide gebundene Anspruchszinsenbescheide zu erlassen ().
Da im Beschwerdefall keine eigenen Anfechtungspunkte zu den Anspruchszinsenbescheiden vorgebracht wurden, manifestiert sich für das BFG, dass sich die Beschwerde gegen die Anspruchszinsenbescheide auf die behauptete Rechtswidrigkeit der ESt-Bescheide 2012 bis 2015 stützt, weshalb die Beschwerde gegen diese Bescheide als unbegründet abzuweisen war.
Ergebnis
Aus den genannten Gründen war die Beschwerde sowohl gegen den Wiederaufnahmebescheid ESt 2012, als auch gegen die Sachbescheide ESt 2012 bis 2015 sowie gegen die Anspruchszinsenbescheide 2012 bis 2015 abzuweisen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständliche Entscheidung hing von einer im Rahmen der Beweiswürdigung vorgenommenen Beurteilung von Tatfragen ab, nämlich, ob und in welcher Höhe die Bf Zinsen aus den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnenden Darlehensgewährungen bezogen hat, mit denen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung in Zusammenhang steht. Im Übrigen folgt die ggst Entscheidung des BFG der oa st Rsp des VwGH. Die Revision war daher spruchgemäß nicht zuzulassen.
Die Entscheidung über die Beschwerde betreffend Anspruchszinsen ergibt sich aus dem Gesetz und der dazu ergangenen Jud des VwGH.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.4100230.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at