Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.03.2022, RV/6100100/2021

Eintritt der dauernden Erwerbsunfähigkeit während einer Berufsausbildung vor vollendetem 25. Lebensjahr

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinIBV in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Abweisungsbescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Familienbeihilfe für das Kind TO ab Februar 2015 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (kurz: Bf) stellte am , beim Finanzamt (kurz: FA) eingelangt am , einen Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung für seine Tochter TO (kurz: T) wegen paranoider Schizophrenie ab .

Mit Ergänzungsersuchen vom wendete sich das FA an den Bf und führte aus, dass der Antrag auf "normale" Familienbeihilfe mit der Verzichtserklärung der Ehegattin und ein Einkommensnachweis von T (Pflegegeldbescheid, Mindestsicherung etc) benötigt werde. Der Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe allein sei zu wenig.

Der Bf übermittelte die benötigten Unterlagen (Beih 100-PDF, Bescheid des Sozialamtes vom , 123) mit Schriftsatz vom und hielt fest, dass seine Tochter außer der Mindestsicherung kein Einkommen habe.

Mit Bescheid vom wies das FA den Antrag des Bf vom auf Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe für das Kind T ab Februar 2015 ab und führte dazu unter Hinweis auf § 8 Abs 5 ff FLAG 1967 und § 2 Abs 1 lit c FLAG 1967 begründend aus:
Aufgrund des Gutachtens vom ärztlichen Sachverständigen des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom sei bei T ein Behinderungsgrad von 60% ab und eine dauernde Erwerbsunfähigkeit festgestellt worden.
Da die dauernde Erwerbsunfähigkeit nicht vor dem 21. Lebensjahr und nicht während einer Berufsausbildung bis zum 25. Lebensjahr eingetreten sei, bestehe kein Anspruch auf die Familienbeihilfe und den Erhöhungsbetrag.

Mit Schriftsatz vom brachte der Bf Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom ein und führte begründend im Wesentlichen Folgendes aus:
Bei der Anamnese der Amtsärztin seien dieser ein paar Datumsfehler unterlaufen: Gymnasium Ursulinen 2006 beendet und nicht 2016, anschließend Abendgymnasium mit erfolgreich angelegter Matura, Beginn 2010 POWI Studium Universität U, 2011 Jus Studium Universität U, exmatrikuliert aufgrund ihrer Erkrankung 2019. Weiters werde darin angeführt, dass T seit ihrem 13. Lebensjahr psychische Probleme gehabt habe, die sich im Laufe der Jahre arg verschlimmert hätten. Seit ihrem 14. Lebensjahr sei sie in psychiatrischer Behandlung. Anhand der Anträge des Bf auf Kostenersatz bei der Gesundheitskasse sei dies auch ersichtlich. Nach Ansicht des Bf sei die Tochter also sehr wohl bereits vor dem 21. Lebensjahr nicht in der Lage gewesen, ihren Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit zu finanzieren. Exmatrikuliert im November 2019, da es T aufgrund ihrer langjährigen Erkrankung nicht möglich gewesen sei Vorlesungen zu besuchen, ua wegen Angst und Panikattacken.
Zu Absatz 1 der Begründung des Abweisungsbescheides werde festgehalten, dass gegen diese Ausführungen der Amtsärztin keine Beschwerde eingelegt werde, da in diesem der psychische Zustand der Tochter großteils richtig angeführt werde und eine dauernde Erwerbsunfähigkeit bestätigt werde und vom FA übernommen worden sei.
Zu Absatz 2 der Begründung des Abweisungsbescheides sei Folgendes auszuführen:
Die dauernde Erwerbsunfähigkeit von T sei sehr wohl bereits vor dem 21. Lebensjahr - 2010 - gegeben gewesen, sei aber nicht von Bedeutung gewesen, da T zum damaligen Zeitpunkt als immatrikulierte Studentin an der Universität U ihre Berufsausbildung begonnen habe und eine Erwerbstätigkeit noch nicht in Betracht gekommen sei. Ihr psychischer Gesundheitszustand habe sich jedoch rapide verschlechtert und sie an einer Teilnahme an Vorlesungen (Angst und Panikattacken) gehindert. Ohne Vorlesungen zu belegen sei ein erfolgreiches Studium nicht möglich. Die Universität U sei keine Fernuniversität.
Ab 2011 seien angeblich beim FA keine weiteren Informationen über T vorgelegen. Das könne so jedoch nicht zutreffend sein, da der Bf für T eine Verlängerung der Familienbeihilfe bis zum 24. Lebensjahr beantragt und Studienbelege eingereicht habe und die Verlängerung auch gewährt worden sei. Dem FA seien also sehr wohl auch nach 2011 Unterlagen über das Studium der Tochter vorgelegen.
Aufgrund ihrer schweren psychischen Erkrankung sei an einen erfolgreichen Studienabschluss nicht zu denken gewesen. T habe seit ihrer Jugend unter psychischen Problemen gelitten, die sich im Laufe der Zeit stark verschlechtert hätten.
Die Amtsärztin irre, wenn sie auf S 2 ihres Befundes anmerke, dass T keine psychotischen Elemente aufweise, wo doch die Amtsärztin ebenfalls auf S 1 anmerke, dass T unter wahnhaften Ideen und Verfolgungsängsten leide, welches beide charakteristische Elemente einer Psychose seien. Daran könne man erkennen, dass die Amtsärztin keine graduierte Psychiaterin, sondern Allgemeinmedizinerin sei.
Das FA erwähne seinen zusätzlichen Antrag für die Rückzahlung der Beihilfen für die letzten fünf Jahre nicht. Falls dies in seinem Antrag nicht hervorgegangen sei, hole er dies hiermit nach.

Das FA wies mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde mit nachstehender Begründung ab:
Aufgrund der ärztlichen Gutachten vom und vom des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen sei bei der Tochter des Bf ein Behinderungsgrad von 70% ab und eine dauernde Erwerbsunfähigkeit nicht vor dem 21. Lebensjahr und nicht während einer Berufsausbildung zwischen dem 21. und 25. Lebensjahr, sondern erst im 27. Lebensjahr (= ) festgestellt worden. Es spiele keine Rolle, dass sich T in dieser Zeit in Berufsausbildung befunden habe.

Dagegen brachte der Bf fristgerecht einen Vorlageantrag ein und führte darin ua ergänzend aus:
Eine Allgemeinmedizinerin habe ein Sachverständigengutachten über den psychischen Zustand seiner Tochter ausgestellt. Laut dem Hausarzt des Bf und dem behandelnden Psychiater der Tochter habe diese jedoch keine fachärztliche Berechtigung zur Ausstellung eines derartigen psychiatrischen Gutachtens. Die Dame habe keine Ausbildung als Psychiaterin. Wäre dieses Sachverständigengutachten von einem Psychiater erstellt worden, so hätte dieser bei der Untersuchung von T feststellen können, dass sie ihre Arbeitsunfähigkeit bereits lange vor ihrem 25. Lebensjahr gehabt habe. So geschehen bei Dr. A. Er habe aufgrund der Anamnese bei T erkannt, dass T weit vor ihrem 25. Lebensjahr bereits arbeitsunfähig gewesen sei (siehe Bestätigung). Außerdem bestätige Dr. A, dass T seit langem, also weit vor ihrem 25. Lebensjahr nicht bloß eine 60 bzw 70%ige Arbeitsunfähigkeit habe, sondern eine 100%ige. Diese Aussage eines weithin bekannten Psychiaters sei den Meinungen von zwei Allgemeinmedizinerinnen weit überlegen.
Auch die zweite amtsärztliche Untersuchung, durchgeführt im September 2020 von einer Allgemeinmedizinerin, sei nicht von einer Psychiaterin durchgeführt worden und könne daher auch sie kein psychiatrischen Sachverständigengutachten ausstellen.
Des Weiteren seien in diesen Schreiben - könne kein Sachverständigengutachten sein - sehr viele formale Fehler vorzufinden, insbesondere in der Biographie der Tochter. Zahlenangaben seien völlig falsch. In dieser angeblich chronologischen Auflistung würden so gut wie keine Daten stimmen. So habe T habe ihr Jusstudium nicht im März 2019 begonnen, sondern bereits im Oktober 2011.
All dies diene jedoch dem FA als Basis für die abweisenden Entscheidungen.
Auf S 3 letzter Absatz des Sachverständigengutachtens vom erkenne aber die Allgemeinmedizinerin selbst als psychiatrisch nicht ausgebildete Ärztin, dass aufgrund der Schwere der Erkrankung von T keine Arbeitsfähigkeit vor ihrem 25. Lebensjahr gegeben gewesen sei und auch kein Studium mehr möglich gewesen sei.
Das Gutachten sei dem Bf noch nicht zugestellt worden.
Mit der Beschwerdevorentscheidung sei die Beschwerde mit der Begründung abgelehnt worden, dass diese erhöhte Familienbeihilfe und deren Nachzahlung nur dann gewährt werde, wenn T bereits vor ihrem 25. Lebensjahr arbeitsunfähig gewesen sei, was hiermit bewiesen werde.
Wäre das erfolgt, hätten erfahrene Psychiater erkannt, dass alleine schon vom Krankheitsverlauf her zu erkennen gewesen sei, dass die Schwere der psychiatrischen Erkrankung der Tochter nicht über Nacht gekommen sei, sondern ein jahrelang schleichender Prozess gewesen sei, der schon in ihrer Jugend eingesetzt habe und sich immer mehr verschlechtert habe. T sei bereit seit ihrem 14. Lebensjahr in psychiatrischer Behandlung, nur lägen darüber wegen des lange zurückliegenden Zeitraumes keine Unterlagen mehr auf. Weder bei der Gesundheitskasse noch beim Bf. Damals habe der Bf geglaubt und gehofft, es sei eine vorübergehende Erkrankung der Tochter. Das habe sich leider nicht erfüllt. Im Gegenteil.
Die Arbeitsunfähigkeit der Tochter habe bereits weit vor dem 25. Lebensjahr bestanden. Laut dem die Tochter behandelnden Psychiater werde sich ihr Zustand auch nicht mehr bessern.
Auf den Originalrechnungen, die bei der Gebietskrankenkasse eingereicht worden seien, seien auch die Diagnosen in Kürzeln angeführt worden. Die Kasse habe dies jedoch aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht angeführt.
Falls es zu einer gerichtlichen Entscheidung komme, ersuche der Bf das Gericht bei der Entscheidung anwesend sein zu dürfen, um etwaige Fragen zu beantworten.

Diesem Vorlageantrag sind beigelegt: acht Bestätigungen der Gesundheitskasse U über Teilrefundierungen von Psychiater Honoraren für die Jahre 2012 bis 2014, die beweisen würden, dass T lange vor ihrem 25. Lebensjahr dringendst die Hilfe von Psychiatern benötigt habe und nicht arbeitsfähig gewesen sei; der Arztbrief von Dr. B vom (da sei T 25 + 1 Monat alt gewesen und schon lange vorher erkrankt gewesen. Dies ergebe sich schon aus der Logik, dass sie nicht in den letzten zwei Monaten psychisch erkrankt sei. Bereits vor diesem Zeitpunkt sei an ein ordentliches Studium nicht mehr zu denken gewesen. Sie habe damals schon nicht allein das Haus verlassen können, geschweige denn allein - ohne elterliche Begleitung - an den Vorlesungen teilnehmen können); Dauerdiagnose Paranoide Schizophrenie, Psychiater Dr. C ; Dauerdiagnose Paranoide Schizophrenie, Psychiater Dr. C (rückwirkender langjähriger Verlauf der Erkrankung werde bestätigt, allein mit diesen zwei Bestätigungen werde fachärztlich bestätigt, das T weit vor ihrem 25. Lebensjahr nicht arbeitsfähig gewesen sei); Befundbericht Dr. A (Diese Bestätigung beweise die Arbeitsunfähigkeit der Tochter vor ihrem 25. Lebensjahr).

Mit Bericht vom erfolgte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (kurz: BFG). In der Stellungnahme wurde ua ausgeführt, dass eine erneute Begutachtung beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen mit dem Hinweis auf eine fachärztliche Untersuchung angefordert worden sei. Jedoch sei die Untersuchung verweigert worden, da das Kind derzeit nicht ausreichend belastbar für eine Untersuchung sei.

Über telefonisches Ersuchen des BFG übermittelte das FA am den Studienerfolgsnachweis vom und die Studienbestätigung betreffend das Wintersemester 2012/13. Gleichzeitig hielt das FA fest, dass die Familienbeihilfe mangels Vorlage des Zeugnisses des ersten Studienabschnittes eingestellt worden sei.

Mit Schriftsatz vom ersuchte das BFG die Österreichische Gesundheitskasse unter Hinweis auf die Beistandspflicht gemäß § 158 BAO, die den jeweiligen Kostenerstattungen zugrundeliegenden Rechnungen, die laut den beiliegenden Bestätigungen bei der Österreichischen Gesundheitskasse verbleiben seien, in Ablichtung dem BFG zu übermitteln.

Am teilte die Österreichische Gesundheitskasse dem BFG mit, dass die Rechnungen nur für die Dauer von sieben Jahren aufbewahrt würden.

Am erfolgte eine Anforderung eines fachärztlichen Sachverständigengutachtens durch das BFG. In diesem an das FA zur Weiterleitung an das Sozialministeriumservice adressierten Schriftsatz hielt das BFG Folgendes fest:
Das angeforderte Sachverständigengutachten habe sich insbesondere auch darauf zu erstrecken, ob die auf einer körperlichen oder geistigen Behinderung beruhende Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, bei T bereits vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten sei bzw zu welchem genauen Zeitpunkt sich der Eintritt der Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, feststellen lasse. Sofern T aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sein sollte, sich einer persönlichen Untersuchung unterziehen zu lassen, werde um die Erstellung eines reinen "Aktengutachtens" durch einen Facharzt bzw eine Fachärztin ersucht (vgl Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 8 Rz 31, ). Dem Finanzamt werde schon jetzt die Möglichkeit eingeräumt, nach Ergehen des fachärztlichen Gutachtens dazu eine Stellungnahme abzugeben. Anschließend sei das Sachverständigengutachten sowie die Stellungnahme dem BFG vorzulegen.

Am übermittelte die Österreichische Gesundheitskasse noch vorhandene Unterlagen, welche am dem FA zur Weiterleitung an das Sozialministeriumservice übermittelt wurden.

Am legte das FA dem BFG ein Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom 08./ vor und hielt in einer dazu ergangenen Stellungnahme fest, dass das Gutachten aus seiner Sicht schlüssig sei und daher keine Einwendungen dagegen erhoben würden.

Mit Vorhalt vom räumte das BFG dem Bf die Möglichkeit zur Stellungnahme zum ärztlichen Sachverständigengutachten vom / ein und wies nach Rechtsausführungen darauf hin, dass sich die Tochter T im Wintersemester 2012/13, welches von bis Ende Februar 2013 gedauert habe, nicht in einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 befunden habe: T habe im Wintersemester 2011/12 das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, welches laut Curriculum in drei Abschnitte gegliedert sei, begonnen, wobei der erste Abschnitt ein Semester umfasse, sodass nach Ablauf des Sommersemesters 2012 der Nachweis erforderlich gewesen wäre, dass der erste Studienabschnitt erfolgreich abgeschlossen worden sei.

In der Vorhaltsbeantwortung vom bestätigte der Bf, dass T den ersten Studienabschnitt im Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Universität U nicht in den dafür vorgesehenen Semestern habe abschließen können. Dies sei jedoch nicht auf mangelnde Motivation zurückzuführen, sondern vielmehr auf ihre psychische Erkrankung, die sich bereits in den frühen Jugendjahren manifestiert habe. Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis, insbesondere die schizoaffektive Störung, worunter die Tochter leide, würden zumeist nicht plötzlich ausbrechen, sondern sich sehr langsam über viele Jahre ankündigen. Man spreche laut Psychiater von präpsychotischen Symptomen. So sei dies auch bei T geschehen. Bereits im Wintersemester 2011 habe T unter akustischen Halluzinationen in Form von kommentierenden Stimmen zu leiden gehabt. Sie habe damals aus Angst niemanden davon erzählt. Sie habe begonnen einen Verfolgungswahn zu entwickeln und habe sich unter Menschen immer unwohler gefühlt. Dazu hätten sich dann noch depressive Symptome gesellt. Obwohl ein großer Leidensdruck vorhanden gewesen sei, habe sie bis Dezember 2012 keinen Facharzt oder ähnliches aufgesucht. Es habe ihr in dieser Phase ihrer Krankheit die Krankheitseinsicht gefehlt, wie das häufig geschehe bei Menschen, die von Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis betroffen seien. Deshalb habe sie sich auch viel zu spät professionelle Hilfe geholt. Hätte sie sich diese früher geholt, hätte sie ihr Studium auch bestimmt erfolgreicher betreiben können.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1 Gesetzliche Grundlagen

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannten Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. .……..

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Gemäß § 2 Abs 1 lit h FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljäirige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs 5), das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. § 2 Abs 1 lit b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden.

Die Höhe der Familienbeihilfe für den jeweiligen Anspruchszeitraum ist in § 8 Abs. 2 FLAG 1967 normiert; nach § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe für erheblich behinderte Kinder.

Als erheblich behindert gilt nach § 8 Abs. 5 FLAG 1967 ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend näherer Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

Der Grad der Behinderung oder die voraussichtliche dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die diesbezüglichen Kosten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe zu ersetzen.

Die Familienbeihilfe wird gemäß § 10 Abs 1 FLAG 1967, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs 4) ist besonders zu beantragen.

Die Familienbeihilfe wird gemäß § 10 Abs 2 FLAG 1967 vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem ein Aufschiebungsgrund oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Gemäß § 10 Abs 3 S 1 FLAG 1967 werden die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs 4) höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt.

Nach § 52 Abs 1 S 1 UG beginnt das Studienjahr am 1. Oktober und endet am 30. September des Folgejahres.

2 Sachverhalt

T, die Tochter des Bf, kam am 89 zur Welt, vollendete am 10 das 21. Lebensjahr und am 14 das 25. Lebensjahr.

Im Kalenderjahr 2006 wechselte die Tochter des Bf vom Gym zum Abendgymnasium und legte dort mit 20 Jahren im Sommersemester 2010 erfolgreich die Reifeprüfung ab.

Nach dem Beginn des Studiums der Politikwissenschaften im Wintersemester 2010/2011 (für zwei Semester) wurde T am laut Studienerfolgsnachweis vom an der Universität U zum Diplomstudium der Rechtswissenschaften, Studienkennzahl UD 101, als ordentlich Studierende zugelassen und legte im Studienjahr 2011/12 Prüfungen im Ausmaß von 20 ECTS ab. Laut der Abgangsbescheinigung der Universität U vom schloss die Tochter des Bf am den 1. Abschnitt des Studiums der Rechtswissenschaften ab; das Studium wurde mit abgemeldet.

Laut der Bestätigung des Studienerfolges der Universität U legte sie folgende Prüfungen erfolgreich ab:


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Lehrveranstaltung
ECTS
Datum
Beurteilung
Grundkurs: Grundlagen und Methoden des Bürgerlichen Rechts
7
genügend
Grundkurs: Grundlagen und Methoden des Verfassungs- und Verwaltungsrechts
7
genügend
Vorlesung: Zwischenmenschliche Beziehungen
3
befriedigend
Vorlesung: Einführung in die Rechtsphilosophie
3
gut
Kurs: Internationale Dimensionen des Rechts: Grundlagen und Methoden
5
gut
Kurs: Grundlagen und Methoden des Strafrechts
5
befriedigend
Fach: römisches Recht
6
sehr gut
Kurs: Juristische Arbeitstechniken und EDV
4
gut
Fach: Zivilverfahrensrecht
9
genügend
Vorlesung: Psychosoziologie des Rechts und des Rechtslebens (Rechtspsychologie)
3
gut
Fach: Arbeitsrecht und Sozialrecht
10,50
befriedigend
Kurs: Datenbankrecherche für Fortgeschrittene
4
befriedigend
Fach: Europarecht
6
genügend
Vorlesung: Grundzüge der Rechtsgeschichte
4,50
sehr gut

Nach § 2 des Curriculums für das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität U dauert das Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Universität U acht Semester und gliedert sich in drei Studienabschnitte, wobei jeder Abschnitt mit einer Diplomprüfung abgeschlossen wird. Der erste Abschnitt dauert ein Semester und umfasst 27 ECTS-Anrechnungspunkte, der zweite Abschnitt fünf Semester mit 153 ECTS-Anrechnungspunkten und der dritte Abschnitt zwei Semester mit 60 ECTS-Anrechnungspunkten.

Es wurden vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, BASB Landesstelle U, am durch Frau Dr D (vidiert am von Dr. E) und am durch Frau Dr F (vidiert am von Dr. E) nach Untersuchung der Tochter des Bf Sachverständigengutachten erstellt. Am erstellte Dr. G (vidiert am von Dr. E) ein Sachverständigengutachten aufgrund der Aktenlage. Bei den begutachtenden Ärztinnen und dem begutachtenden Arzt handelt es sich um Allgemeinmediziner/innen.

Das ärztliche Sachverständigengutachten vom 11./ nach der Einschätzverordnung BGBl II 261/2010 (kurz: Erstgutachten) enthält folgendes Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkung, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Rahmensätze
Pos.Nr
GdB %
Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis, mittelschwere Verlaufsform, Richtsatzposition 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz auf Grund des Bedarfs der Mehrfachtherapie, durchgängige Belastung im Alltag, soziale Isolation, geringe ökonomische Selbständigkeit
60

Der Gesamtgrad der Behinderung von 60% liegt demnach seit 06/2016 vor. Die rückwirkende Anerkennung mit 06/2016 erfolgt aufgrund der Anamnese und des Vermerks im Arztbrief der Klinik K (27. Geburtstag am 07/16).
T ist laut diesem Sachverständigengutachten dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist nicht vor vollendetem 18. Lebensjahr und nicht vor vollendetem 21. Lebensjahr eingetreten. Begründend wird dazu angemerkt: "Es liegen keine Unterlagen oder Befunde vor, die die Schwere der Erkrankung vor Vollendung des 21. Lebensjahres dokumentieren und bestätigen. Jedoch konnte keine Arbeitsfähigkeit erlangt werden. Ein Studienfortschritt war nicht möglich, dieses musste abgebrochen werden."

Als relevante Befunde werden im Erstgutachten angeführt:
- Klinik, Dr. O, vom : rezidivierende depressive Störung, bipolare affektive Störung, Zwangsgedanken, Depersonalisation, Derealisationssxyndrom, Sozialphobie, stationäre Aufnahme vom bis
- Arztbrief von Dr. I vom
- Klinikum K vom :DD Schizoaffektive Störung, kurz vor 27. Geburtstag dauerhafte Psychose. Beginn der Symptome bereits in der Jugend.

In der Anamnese des Erstgutachtens wurde ua festgehalten, dass seit dem 13. Lebensjahr kommentierende Stimmen, Depersonalisation, Zwänge und Stimmungsschwankungen aufgetreten sind. Mit 14 Jahren erfolgte der soziale Rückzug, ein Jahr befand sich T in Psychotherapie und war auch an der Klinik1.

Das ärztliche Sachverständigengutachten vom 24./ nach der Einschätzverordnung BGBl II 261/2010 (kurz: Zweitgutachten) enthält als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung einen Gesamtgrad der Behinderung von 70%. Laut Stellungnahme zum Vorgutachten erfolgte die Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung um eine Stufe aufgrund der schweren, durchgängigen sozialen Beeinträchtigung, Beeinträchtigung der beruflichen Entwicklung durch die psychische Erkrankung. Seit Jahren erfolgen laufende Therapien und mehrfach medikamentöse Therapieumstellungen wegen unzureichender Besserung der Beschwerdesymptomatik. Der festgestellte Gesamtgrad der Behinderung liegt seit 06/2016 vor. Zur Einschätzung auf 70% ab 06/2016 wurde begründend festgehalten, anamnestisch wurde glaubhaft berichtet und im Arztbrief der Klinik K vom dokumentiert, dass kurz vor dem 27. Geburtstag (07/16) ein Zusammenbruch mit Ausbruch der Erkrankung erfolgte; die Verdachtsdiagnose Schizophrenie wurde gestellt.
Für den Zeitraum nach 02/2013 ist ein Gesamtgrad der Behinderung von 50% anzunehmen, da nach Abschluss des 1. Studienabschnitts 02/2013 aufgrund der Erkrankung anzunehmen ist, dass kein ausreichender Studienerfolg mehr erreichbar war.
Für den Zeitraum vor 02/2013 ist aus der Anamnese und in den vorgelegten ärztlichen Befundunterlagen von einer bereits sich in der Jugend manifestierten Erkrankung festzustellen, dass bereits seit dem Jugendalter das Bestehen einer psychischen Krankheitsentwicklung anzunehmen ist. Der Schweregrad der Erkrankung für den Zeitraum vor 02/2013 ist jedoch zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens nicht mit Sicherheit einschätzbar.
Laut diesem Sachverständigengutachten ist T voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen ist nicht vor vollendetem 18. Lebensjahr und nicht vor vollendetem 21. Lebensjahr eingetreten. Begründend wurde dazu angemerkt: "Aufgrund der psychischen Erkrankung besteht eine voraussichtlich dauernde Unfähigkeit sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Schulabschluss mit Matura im Alter von 20 Jahren möglich gewesen, danach Hochschulstudium mit erfolgreich abgelegtem 1. Studienabschnitt 02/2013."

In der Anamnese des Zweitgutachtes wurde im Wesentlichen festgehalten, dass sich die Tochter des Bf erstmals im Alter von 14 Jahren und ab dem Alter von 17 Jahren regelmäßig in psychiatrischer Behandlung befand. Im Alter von 15 Jahren erfolgte bei N in Behandlung /Psychotherapie für die Dauer von ca einem Jahr. Die Gespräche empfand die Tochter als entlastend, aber es kam zu keiner wesentlichen Verbesserung, im Alter von 16 Jahren kam es zu Verschlechterungen im Sinne von Depressionen, Abbruch der sozialen Kontakte/Rückzug, Verschlechterung der schulischen Leistungen. Sie hat das Gefühl gehabt beobachtet und ausgelacht zu werden. Nach erfolgreicher Ablegung der Matura im Sommersemester 2010 wurde im Oktober 2010 das Studium der Politikwissenschaften für zwei Semester begonnen, dann wurde versucht Psychologie zu inskribieren, was an der nichtbestandenen Aufnahmeprüfung scheiterte, deshalb Beginn des Studiums der Rechtswissenschaften 2011. Kurz vor dem 27. Geburtstag trat die erste Psychose auf. Kurz davor schaffte sie eine große Prüfung nicht, über den Sommer besserten sich die psychischen Beschwerden nicht und es kam zur stationären Aufnahme in der Psychiatrie. Bis 04/2017 war sie bei Frau L in Behandlung, dann Wechsel zu Frau M, mangels erfolgversprechender Behandlungen kam es zu weiteren Arztwechsel zu Herrn Dr. C, dann zu Frau Dr I und aktuell zu Herrn Dr. A. Von 11/2018 bis 07/2019 erfolgte eine Psychotherapie bei Frau J, 01/2019 wurde die Tochter stationär in der Allgemeinpsychiatrie der SP und 07/2018 stationär in K Klinik aufgenommen.

Als relevante Befunde wurden herangezogen:
- Befundbericht des Dr. A, Facharzt für Psychiatrie, vom : Schizoaffektive Psychose.
- Arztbrief der Frau Dr. I, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, vom : "Seit dem 13. Lebensjahr kommentierende Stimmen, Depersonalisationen, Zwänge, Stimmungsschwankungen, Gymnasium abgebrochen, Matura in der Abendschule, Beginn des Jusstudiums bis 03/19 mit vielen Unterbrechungen. Nach Abbruch des Studiums Mindestsicherung. Derzeit wieder eher manische Stimmungslage mit Schlafverkürzung, Appetitlosigkeit, Verfolgungswahn kommentierende Stimmen. Seit der Jugend keine anhaltende Leistungsfähigkeit".
- Dauerdiagnose des Dr. C, Facharzt für Psychiatrie vom , F 20.0 Paranoide Schizophrenie. DD schizoaffektive Störung: "Die Erkrankung manifestierte sich bereits in der Jugend (14. LJ), seitdem besteht eine mehr oder weniger durchgehende psychiatrische Betreuung, sowohl stationär als auch ambulant. Bei mir steht die Patientin seit August 2017 in regelmäßiger Betreuung. Trotz laufender PT und psychiatrischer Therapie bestehen noch deutliche Symptome der Grunderkrankung. Es besteht keine AF! Angesichts des langjährigen Verlaufs und der Natur der Erkrankung erwarte ich eine solche momentan auch nicht als realistisches Ziel."
- Diagnose Klinik K vom : V.a. undifferenzierte Schizophrenie DD: schizoaffektive Psychose, depressiver Typ, V.a. Zwangserkrankungen, Agoraphobie: mit Panikstörung: Auszug: "..Sie habe kurz vor ihrem 27. Geburtstag gestanden und habe vorher noch viel erreichen wollen. Damals habe sie Jura studiert und hätte eine Prüfung vor sich gehabt, sich aber nur unzureichend vorbereitet. Dadurch sei sie in eine erhebliche Stresssituation geraten, was schließlich zu ihrem Zusammenbruch geführt habe. Die Verdachtsdiagnose einer Schizophrenie sei aufgrund von Hören imperativer Stimmen sowie verschiedener Halluzinationen (olfaktorisch, optisch, akustisch) gestellt worden. …"
- Abgangsbescheinigung der Universität U vom .

Das ärztliche Sachverständigengutachten vom 08./ (kurz: Letztgutachten) kommt im Ergebnis nach Neuaufrollung der Vorgeschichte zu einem Gesamtgrad der Behinderung von 70 % ab 06/2016, seit 02/2013 lag demnach (gegenüber dem Vorgutachten unverändert) ein Gesamtgrad der Behinderung von 50% vor. Begründend wurde dazu unter Bezugnahme auf die Befunde und Vorgutachten festgehalten, dass seit dem 14./15. Lebensjahr eine psychische behandlungsbedürftige Erkrankung vorlag, die bei noch möglichem Schul- und Universitätsbesuch in der Einstufung niedriger anzusetzen war; eine genaue Einschätzung ist bei fehlenden Befunden mit Beschreibung der Situation nicht möglich.
Laut diesem Sachverständigengutachten ist T voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Diese Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, besteht seit 02/2013. Begründend wird dazu angemerkt: "Rückwirkung mit Studienabbruch möglich, ab diesem Zeitpunkt keine weitere Ausbildung oder Arbeit möglich. Somit kann die Frage, ob die Arbeitsunfähigkeit vor Ende des 25. Lebensjahres eingetreten ist mit "JA" beantwortet werden."

Dem Letztgutachten wurden im Wesentlichen folgende relevante Befunde zugrunde gelegt:
- 04/14 Dr. H, Psychiater, 4x Kontakt, mittelgradige depressive Episode
- 08/14 Dr. B, Psychiater, rez. depressive Episoden, bereits mehrfach bei Psychiater gewesen
- 06/19 Dr. C, Psychiater: paranoide Schizophrenie, keine Arbeitsfähigkeit, diese auch in absehbarer Zeit nicht zu erwarten
- Erstgutachten
- Zweitgutachten
- 10/20 ÖGK: Bestätigung über Kostenrückerstattungen von Psychotherapie ab 10/2013
- 11/20: Dr. A, Psychiater: schizoaffektive Störung, angeborene Anlage, erster Ausbruch mit etwa 14 Jahren, bereits vor dem 25. Lebensjahr nicht arbeitsfähig
- Telefonat mit dem Bf über zeitlichen Verlauf: "Psychische Probleme ab 14./15. Lebensjahr mit Beginn der Behandlung, Besuch Abendgymnasium mit 16 J unter lfd psychiatrischer Behandlung, dort gemobbt worden, wenig Selbstkontrolle, Ängste etwas falsch zu machen, tiefste Depressionen, Ängste, wurde immer von der Abendschule abgeholt (Ängste), Matura im Abendgymnasium mit 20 J, danach Beginn des JUS Studiums, viele Probleme, nur teils Vorlesungsbesuch möglich, viel zu Hause, tageweise Aushilfsjob in Fastfood Restaurant. Ging sonst kaum außer Haus, immer seltener werdende UNI Besuche, diese wurden zur Qual, auf UNI kein sozialer Anschluss, dann nur mehr zu Prüfungen auf der UNI, kein Abschluss des ersten Abschnitts möglich (ca 23 Jahre alt) 1 x stationär auf der Klinik ca. 2016/17".

Dem als Befund angeführten und im Beschwerdeverfahren vorgelegtem Arztbrief des Dr. B vom ist folgende Anamnese zu entnehmen: "Seit einer Woche Ein- und Durchschlafstörungen, Konzentrationsstörung, Antriebslosigkeit, Beklemmungszustände, verstärkte Geräuschempfindlichkeit und reduzierte psycho-physische Belastbarkeit. Bis vor einer Woche Einnahme von Mutan. Die aufgezählten Beschwerden haben sich hauptsächlich nach Absetzen der Medikamente entwickelt. Bisher bereits mehrfach fachärztliche Behandlungen."

Den als Befund angeführten und im Beschwerdeverfahren vorgelegten Arztbriefen des Dr. C vom und vom ist konkret zu entnehmen, dass keine Arbeitsfähigkeit der Tochter des Bf besteht und angesichts des langjährigen Verlaufs und der Natur der Erkrankung eine solche momentan auch nicht als realistisches Ziel zu erwarten ist und dass T bei Dr. C seit August 2017 in regelmäßiger Betreuung steht.

In der als Befund angeführten und im Beschwerdeverfahren vorgelgten Bestätigung des Dr. A vom wird betont, dass T bereits vor ihrem 25. Lebensjahr nicht mehr arbeitsfähig gewesen ist. Aufgrund dieser Erkrankung ist es T nicht möglich einer geregelten Arbeit nachzugehen oder ein ebensolches Arbeitsverhältnis aufzunehmen. Die psychische Erkrankung der Tochter des Bf ist genetisch bedingt bereits bei der Geburt vorhanden gewesen, der Ausbruch der Erkrankung war typischerweise zum 14. Lebensjahr von T, hier kam es auch zu den ersten psychiatrischen Behandlungen.

Laut Vorhaltsbeantwortung des Bf vom hat T während des Studiums der Rechtswissenschaften bis Dezember 2012 keinen (Fach)Arzt aufgesucht.

Die vom Bf vorgelegten acht Bestätigungen über die Erstattung von Kosten der Krankenbehandlung umfassten folgende Zeiträume bzw Tage der Krankenbehandlung: , bis , bis , bis , bis , bis , bis und bis .

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Angaben des Bf, den angeführten Aktenteilen und Beweismitteln, die jeweils als unbedenklich anzusehen sind.

3 rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung

Gemäß § 10 Abs 1 FLAG 1967 wird Familienbeihilfe, soweit es sich nicht um einen Fall der Gewährung der Familienbeihilfe anlässlich der Geburt eines Kindes handelt, nur auf Antrag gewährt wird; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind ist dabei besonders zu beantragen.

Zurückkommend auf den Verfahrensgang ist dazu festzuhalten, dass der Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung der Tochter T vom März 2020 unter Berücksichtigung der in § 10 Abs 3 FLAG 1967 normierten Fünfjahresfrist für die Zeit ab Februar 2015 gestellt wurde. In dem über Aufforderung des Finanzamtes nachgereichten Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe (Grundbetrag) mittels Formblatt Beih 100-PDF wurde der Grundbetrag ab begehrt. Im Abweisungsbescheid vom sprach das FA über die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe ab Februar 2015 ab.

Gemäß § 8 Abs 4 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe monatlich für jedes Kind, das erheblich behindert ist, um einen im Gesetz genannten Betrag. Daraus folgt, dass der Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe, diese erhöht, jedoch niemals alleine gewährt werden kann. Der Anspruch auf den Erhöhungsbetrag nach § 8 Abs 4 FLAG 1967 setzt also den Anspruch auf den Grundbetrag nach § 8 Abs 1 FLAG 1967 voraus. (Vgl Lenneis in Lenneis Wanke (Hrsg), FLAG2, § 8 Rz 19, , , ).

Mit Ausnahme des § 2 Abs 1 lit c FLAG 1967 (vgl nachfolgende Ausführungen) sieht das FLAG 1967 die Gewährung der Familienbeihilfe (Grundbetrag) bis höchstens zur Vollendung des 24. bzw 25. Lebensjahres vor. Aufgrund des Alters der Tochter des Bf (diese befand sich im Februar 2015 bereits im 26. Lebensjahr) kommt im gegenständlichen Fall daher ausschließlich ein Antrag auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs 1 lit c FLAG 1967 in Betracht. In diesem Fall besteht - wie nachfolgend dargestellt - eine untrennbare Verknüpfung von Grund- und Erhöhungsbetrag. Angesichts dessen kann ein Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages auch als Antrag auf Gewährung des Grundbetrages gesehen werden. Das später vorgelegte Formblatt Beih 100-PDF ist lediglich als Ergänzung des ursprünglichen Antrages und nicht als eigener Antrag zu verstehen. Das FA sprach daher zu Recht über die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe ab Februar 2015 ab. (Vgl Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 8 Rz 19, , ).

Anzumerken ist an dieser Stelle, dass der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für Familienbeihilfe der Monat ist. (Vgl ).

§ 2 Abs 1 lit c FLAG 1967 regelt, unter welchen Voraussetzungen die Behinderungen als solche den Anspruch auf den Grundbetrag an Familienbeihilfe auslösen. Dabei normiert § 2 Abs 1 lit c FLAG 1967, dass für ein volljähriges Kind, das wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, der Grundbetrag an Familienbeihilfe ohne eine bestimmte Altersgrenze zu gewähren ist. Sind die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 lit c FLAG 1967 erfüllt, so steht auch der Erhöhungsbetrag nach § 8 Abs 4 FLAG 1967 zu (vgl Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 8 Rz 18 ff).

Der Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs 1 lit c FLAG 1967 verlangt also, dass das Kind aufgrund einer zu einem bestimmten Zeitpunkt eingetretenen Behinderung außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Eine derartige geistige oder körperliche Behinderung kann durchaus die Folge einer Krankheit sein, die schon seit längerem vorliegt (bei angeborenen Krankheiten oder genetischen Anomalien etwa seit Geburt), sich jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt manifestiert. Erst wenn diese Krankheit zu einer derart erheblichen Behinderung führt, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirkt, ist der Tatbestand des § 2 Abs 1 lit c FLAG 1967 erfüllt. Mithin kommt es weder auf den Zeitpunkt an, zu dem sich eine Krankheit als solche äußert, noch auf den Zeitpunkt, zu welchem diese Krankheit zu (irgend)einer Behinderung führt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem diejenige Behinderung (als Folge der allenfalls schon länger bestehenden Krankheit) eintritt, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirkt. (Vgl , , ).

Bei der Antwort auf die Frage, ob eine körperliche oder geistige Behinderung, die zur Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, führt, vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder allenfalls während einer Berufsausbildung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist, sind die Abgabenbehörden und das Bundesfinanzgericht gemäß § 8 Abs 6 FLAG 1967 an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrundeliegenden Gutachten gebunden und dürfen diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig sind und im Falle mehrerer Gutachten nicht einander widersprechen. (Vgl , ).

§ 8 Abs 6 FLAG 1967 sieht also als einzig zulässigen Beweis der Fähigkeit bzw Unfähigkeit, sich den Lebensunterhalt zu verschaffen, das (schlüssige) Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen vor. Die Beweisregel des § 8 Abs 6 FLAG 1967 geht als Spezialnorm den allgemeinen Bestimmungen des § 166 BAO betreffend Beweismittel und des § 177 betreffend den Sachverständigenbeweis vor. Eine andere Form der Beweisführung ist nicht zugelassen. Daraus folgt, dass der Entscheidungsfindung durch die Behörde bzw durch das BFG weder Bekundungen der Eltern über den Gesundheitszustand ihres Kindes noch andere Personen, mögen sie auch über fachärztliche Kenntnisse verfügen, zu Grunde zu legen sind. (Vgl , /13/0134, ).

Es liegt in der Natur der Sache, dass der begutachtende Arzt - sofern nicht entsprechende Befunde aus der Vergangenheit vorliegen - bei seiner Gutachtenserstellung nur den Krankheitszustand zum Untersuchungszeitpunkt feststellen kann. Geht es um die Feststellung des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit, so hat der Sachverständige nur die Möglichkeit, neben seinen ärztlichen Erfahrungen allenfalls vorhandene andere Hinweise wie Befunde, Krankenhausaufenthalte etc. heranzuziehen. Liegen keine Befunde vor einem bestimmten Zeitraum vor, ist es einem Gutachter nicht möglich, bereits davor eine voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, festzustellen. ().

Sachverständige haben bei Erstellung des Gutachtens fundierte und wissenschaftlich belegbare konkrete Aussagen zu treffen und dürfen ihre Beurteilung und Feststellungen nicht auf Spekulationen, sondern ausschließlich auf die festgestellten Tatsachen verbunden mit ihrem fachspezifischen Wissen stützen. Alleine die Möglichkeit, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmter Sachverhalt vorgelegen sein könnte, reicht dabei keinesfalls aus, diesen Sachverhalt gutachterlich als gegeben anzusehen und zu bestätigen. Einem Gutachten würde es an Schlüssigkeit fehlen, wenn die untersuchenden Sachverständigen den Eintritt einer dauernden Erwerbsunfähigkeit - ohne Dokumentation entsprechender Befunde - zu einem weit davor liegenden Zeitpunkt feststellen würden. (Vgl ).

Angemerkt wird noch, dass weder das Behinderteneinstellungsgesetz noch das FLAG eine Regelung enthalten, aus der geschlossen werden kann, dass ein Anspruch auf die Beiziehung von Fachärzten bestimmter Richtung bestünde. Es besteht demnach kein Anspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes. Es kommt vielmehr auf die Schlüssigkeit des Gutachtens an. (Vgl Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 8 Rz 29, ). Achtung VwGH 2006/15/0122, 2002/10/0026

Eine Überprüfung der Schlüssigkeit, Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit der vorliegenden ärztlichen Sachverständigengutachten zur Frage der dauernden Erwerbsunfähigkeit führt zu folgender Beurteilung:

Im Letztgutachten kommt der ärztliche Sachverständige nach Neuaufrollung der Vorgeschichte zu dem Ergebnis, dass die dauernde Erwerbsunfähigkeit der Tochter T im Hinblick auf den Verlauf ihres Studiums seit Februar 2013 besteht, wobei das 21. Lebensjahr bereits am 10 vollendet wurde. Das Erst- und das Zweitgutachten lassen offen, wann die dauernde Erwerbsunfähigkeit nach Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten ist. Die Frage, in welchem Monat konkret es zur dauernden Erwerbsunfähigkeit der Tochter des Bf kam, wird somit erstmals durch das Letztgutachten explizit beantwortet. Da das Letztgutachten als erstes und einziges ausdrücklich den Monat festlegt, ab dem dauernde Erwerbsunfähigkeit besteht, und da dieser Monat nach Vollendung des 21. Lebensjahres liegt, steht das Letztgutachten bei Beantwortung dieser Frage jedenfalls nicht im Widerspruch zu den Vorgutachten und ist zusätzlich als einziges der drei Gutachten insoweit als vollständig zu bezeichnen. Die Vollständigkeit des Letztgutachtens ist darüber hinaus auch deshalb zu bejahen, da die Vorgutachten, die vom Bf vorgelegten Unterlagen und die Aussagen des Bf als relevante Befunde bei der Begutachtung mitberücksichtigt wurden. (Vgl Pkt 2 Sachverhalt).

Die Beurteilung im Letztgutachten, wonach im Hinblick auf den im Jahr 2010 möglichen Schulabschluss und den Verlauf des Studiums der Rechtswissenschaften (erst) ab Februar 2013 dauernde Erwerbsunfähigkeit anzunehmen ist, muss zudem als schlüssig angesehen werden. So zeigt der Verlauf des Studiums, dass T am durch positive Absolvierung von verschiedenen Lehrveranstaltungen den 1. Abschnitt nach drei Semestern erfolgreich abschließen konnte. Im Anschluss daran konnte sie aber nur mehr sporadisch einzelne Prüfungen ablegen bzw Lehrveranstaltungen abschließen (erstmals am das Fach: römisches Recht) und musste sich von diesem am endgültig abmelden. Für die Zeit vor Februar 2013 wurde zudem anlässlich der Festlegung des Grades der Behinderung im Letztgutachten ausdrücklich festgehalten, dass eine genaue Einschätzung bei fehlenden Befunden mit Beschreibung der Situation nicht möglich ist. Tatsächlich stammen sämtliche, in den drei Gutachten angeführte Befunden mit inhaltlichen Ausführungen aus der Zeit nach dem Februar 2013. Insoweit ist das Letztgutachten ebenfalls als schlüssig zu beurteilen. Es besteht auch kein Widerspruch zu den im Beschwerdeverfahren vom Bf vorgelegten Arztbriefen. So erfolgte die Aussage, dass T nicht arbeitsfähig ist, erst in den Arztbriefen des Dr. C vom und vom , also zu einem Zeitpunkt lange nach dem Monat Februar 2013; eine Vordatierung der Arbeitsunfähigkeit wird in diesen Arztbriefen von Seiten des behandelnden Arztes nicht vorgenommen. Dr. A hält im Arztbrief vom fest, das T bereits vor ihrem 25. Lebensjahr nicht mehr arbeitsfähig gewesen sei, ohne den Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit (unter Heranziehung geeigneter Unterlagen) näher zu konkretisieren. Im Letztgutachten wird der Eintritt der Erwerbsunfähigkeit im Einklang mit der Bestätigung des Dr A vor dem vollendeten 25. Lebensjahr festgestellt, wobei im Letztgutachten anhand der vorliegenden Befunde der Zeitpunkt mit 02/2013 konkretisiert werden konnte. Das BFG geht aufgrund der vorstehenden Überlegungen davon aus, dass das Letztgutachten unbedenklich ist. Von Seiten des FA wird die Schlüssigkeit des Letztgutachtens ebenfalls nicht in Frage gestellt. Auch der Bf brachte keine Bedenken gegen die Schlüssigkeit des Letztgutachtens vor. (Vgl Pkt 2 Sachverhalt und Verfahrensgang).

Dass die Krankheit der Tochter des Bf angeboren ist, erstmals mit etwa 14 Jahren ausbrach und schleichend verlauft, steht ohne Zweifel fest. Krankheiten können seit der Geburt vorliegen, auch wenn sie sich erst später manifestieren. Maßgebend ist aber der Zeitpunkt, zu dem Behinderungen (als Folge der bestehenden Krankheit) jenes Ausmaß erreichen, das eine Erwerbsunfähigkeit bewirkt. Dieser Zeitpunkt wurde im schlüssigen und vollständigen Letztgutachten (welches auch nicht im Widerspruch zu den Vorgutachten steht) mit Beginn des Monats Februar 2012 festgelegt. Das BFG ist somit an das Letztgutachten gebunden.

Da laut dem Letztgutachten die dauernde Erwerbsunfähigkeit von T, der Tochter des Bf, nach Vollendung des 21. Lebensjahres und vor Vollendung des 25. Lebensjahres (14) eingetreten ist, bleibt gemäß § 2 Abs 1 lit c FLAG 1967 zu prüfen, ob die dauernde Erwerbsunfähigkeit während einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 eingetreten ist.

Für die Verlängerung der Frist bis zum 25. Lebensjahres gemäß § 2 Abs 1 lit c FLAG 1967 ist entscheidend, dass eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 oder des § 2 Abs 1 lit h FLAG 1967 vorliegt. (Vgl Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 8 Rz 17).

Im gegenständlichen Fall ist zunächst das Vorliegen einer Berufsausbildung in Form eines Studiums im Sinne des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 zu prüfen.

Dabei ist bei Studienrichtungen mit mehreren Studienabschnitten jeder Studienabschnitt für sich zu betrachten. Eine Berufsausbildung ist nur dann anzunehmen, wenn die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester überschritten wird. Spätestens ein Semester nach Ablauf der vorgesehenen Studiendauer des Studienabschnittes (Mindeststudiendauer) ist somit der Nachweis erforderlich, dass der Studienabschnitt erfolgreich abgeschlossen wurde. (Vgl Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG2, § 2 Rz 76).

T, die Tochter des Bf, begann im Wintersemester 2011/12 das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, welches laut Curriculum in drei Abschnitte gegliedert ist. Der erste Abschnitt umfasst ein Semester. Nach Ablauf des Sommersemester 2012 wäre somit der Nachweis erforderlich gewesen, dass der erste Studienabschnitt erfolgreich abgeschlossen wurde. Tatsächlich konnte T den ersten Studienabschnitt erst gegen Ende des Wintersemesters 2012/13, nämlich am , erfolgreich beenden. Da T den ersten Abschnitt ihres Diplomstudiums der Rechtswissenschaften nicht im Sommersemester 2012 abschließen konnte, befand sie sich im Wintersemester 2012/13, welches am begann und bis Ende Februar 2013 dauerte, nicht in einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967. (Vgl Pkt 2 Sachverhalt)

Die nach Verbrauch des Toleranzsemesters abgelaufene Studienzeit kann durch eine Studienbehinderung zusätzlich verlängert werden, wenn der Behinderungsgrund noch während der Studienzeit eingetreten ist. Mit dem Verlängerungssemester soll der Familienbeihilfenanspruch erhalten bleiben, wenn ein Studierender einen Studienabschnitt infolge einer relevanten Studienbehinderung nicht in der Studienzeit (= ist laut Studienvorschriften vorgesehene Studienzeit inklusive Toleranzsemester) absolviert hat. (Vgl Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG22, § 2 Rz 85).

Nach § 2 Abs 1 lit b S 4. und 5 FLAG 1967 kann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis die Studienzeit verlängern. Eine Studienbehinderung von jeweils ununterbrochen drei Monaten bewirkt eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Eine krankheitsbedingte Studienbehinderung von ununterbrochen drei Monaten muss durch eine ärztliche Bestätigung dargelegt werden, aus welcher ersichtlich ist, durch welche konkrete Krankheit und zu welchen konkreten Zeiten das Kind derart beeinträchtigt war, dass es am Studium verhindert gewesen wäre. (Vgl Lenneis in Lernneis/Wanke #(Hrsg), FLAG2, § 2 Rz 86f, ).

Auch wenn das BFG den Ausführungen des Bf, wonach seine Tochter in ihrem Studienfortgang krankheitsbedingt stark eingeschränkt war, Glauben schenkt, lässt sich daraus eine vollständige Studienverhinderung (für einen ununterbrochen Zeitraum von drei Monaten) nicht ableiten. Wie aus den Ausführungen des Bf entnehmbar ist (vgl Verfahrensgang und Pkt 2 Sachverhalt), besuchte die Tochter während des Studiums bis Dezember 2012 keinen (Fach)Arzt. Diese Angaben des Bf werden dadurch erhärtet, dass der erste in den acht vorgelegten Bestätigungen über die Erstattung von Krankheitskosten der österreichischen Gesundheitskasse angeführte Behandlungszeitpunkt der ist. Eine durch eine ärztliche Bestätigung untermauerte krankheitsbedingte Studienunterbrechung von ununterbrochen drei Monaten ist für die Zeit ab Studienbeginn im Monat Oktober 2011 bis zum Ende des zweiten Semesters daher auszuschließen und dementsprechend konnte es nicht wegen einer Studienbehinderung zu einer Verlängerung der Studienzeit um ein Semester kommen.

§ 2 Abs 1 lit h FLAG 1967 besagt, dass die Sonderregelungen betreffend Studium (lit b 2. bis 14. Satz) nicht für erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 8 Abs 5 FLAG 1967 gelten. Voraussetzung hierfür ist ein Behinderungsgrad von zumindest 50%. Auch für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind, ist das Vorliegen einer tatsächlichen Berufsausbildung für die Gewährung der Familienbeihilfe notwendig. (Vgl Lenneis in Lenneis/Wanke, (Hrsg), FLAG2, § 2 Rz 31).

Hinsichtlich der Höhe des Grades der Behinderung ist die Abgabenbehörde und in der Folge das Bundesfinanzgericht ebenfalls an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrundeliegenden Gutachten gebunden und dürfen diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig sind und im Falle mehrerer Gutachten einander nicht widersprechen. (Vgl , )

Im gegenständlichen Fall ist laut dem Letztgutachten seit 02/2013 (gegenüber dem Zweitgutachten unverändert) ein Gesamtgrad der Behinderung von 50% gegeben. Bedenken hinsichtlich der Schlüssigkeit dieses Gutachtens bestehen im Hinblick auf die vorliegenden Befunde nicht. Da die Tochter des Bf im Februar 2013 23 Jahre alt war und somit noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hatte, stellt sich die Frage, ob sie sich zu Beginn des Monats Februar 2013 in Berufsausbildung befand, wobei die Sonderregelungen betreffend Studium außer Acht zu lassen sind.

Durch die Einführung dieser Ausnahmeregelung, wodurch behinderte Kinder ausdrücklich von der Erfüllung der strengen Anforderungen hinsichtlich des Studienerfolges ausgenommen wurden, wollte der Gesetzgeber den erschwerten Ausbildungs- bzw Studienbedingungen für behinderte Kinder Rechnung tragen. Er hat damit zum Ausdruck gebracht, dass bei der Beantwortung der Frage nach dem Vorliegen einer Berufsausbildung eines behinderten Kindes jedenfalls ein Maßstab anzulegen ist, der sich zwar an der Beurteilung dieses Umstandes nach dem Grundtatbestand des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 zu orientieren hat, darüber hinaus aber auch die für behinderte Kinder mit einem Studium verbundenen Schwierigkeiten zu berücksichtigen sind. Dabei hatte der Gesetzgeber wohl auch häufigere Unterbrechungen der Berufsausbildung wegen Krankheit im Auge. (Vgl Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 2 Rz 31, EB XX. GP RV 72, 295, )

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Ziel einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 (Grundtatbestand), die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation. Das Ablegen von Prüfungen, die in einem Hochschulstudium nach der jeweiligen Studienordnung vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil des Studiums und damit der Berufsausbildung selbst. Der laufende Besuch einer der Berufsausbildung dienenden schulischen Einrichtung reicht für sich allein noch nicht aus, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im hier maßgebenden Sinn anzunehmen. Hierzu muss vielmehr das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg treten, das sich im Antreten zu den erforderlichen Prüfungen bzw Vorprüfungen zu manifestieren hat. (Vgl ).

T begann im Wintersemester 2011/12 als ordentlich Studierende das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität U und schloss am den ersten Studienabschnitt erfolgreich ab. Dieser für den Monat Februar 2013 dokumentierte Studienerfolg spricht dafür, dass die Tochter des Bf im Monat Februar 2013 ihr Studium noch nicht abgebrochen hat, und auch für das ernstliche Bemühen der Tochter des Bf um den Ausbildungserfolg, welches durch das weitere Ablegen von Prüfungen in den nachfolgenden Semestern weiter erhärtet wird. Die Tochter des Bf befand sich somit im Monat Februar 2013 unter Berücksichtigung des § 2 Abs 1 lit h FLAG 1967 in einer Berufsausbildung im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. (Vgl Pkt 2 Sachverhalt).

Da bei der damals im 24. Lebensjahr stehende Tochter für den Monat Februar 2013 der Eintritt der dauernden Erwerbsunfähigkeit gutachterlich festgestellt wurde und sich die Tochter in diesem Monat gemäß § 2 Abs 1 lit h FLAG 1967 in einer Berufsausbildung befand, sind die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Abs 1 lit c FLAG 1967 erfüllt. Dementsprechend kann die Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages ab Februar 2015 gewährt werden.

Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

4 Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. (Art 133 Abs 4 B-VG)

Das Bundesfinanzgericht folgt der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Tatfragen sind einer Revision nicht zugänglich. Die Revision ist daher nicht zulässig.

Salzburg, am

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