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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.04.2022, RV/3200006/2016

Altlastenbeitrag für Geländeanpassung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Eckart Söllner, Schmerlingstraße 2, 6020 Innsbruck, (vormals ***2***) über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Innsbruck vom , GZ. 800000/03008/3/2014, betreffend Altlastenbeitrag zu Recht erkannt:

Der Spruch der angefochtenen Entscheidung wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) dahingehend geändert, dass die Festsetzung des Altlastenbeitrages gemäß § 201 Abs. 1 und Abs. 2 Z 3 BAO iVm § 3 Abs. 1 Z 1. lit. c Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) erfolgt.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid des Zollamtes Innsbruck vom , GZ. 800/000/03008/3/2014, wurde für die Beschwerdeführerin (Bf.) ein Altlastenbeitrag samt Säumniszuschlag für das 3. Quartal 2012 in Höhe von insgesamt € 40.207,50 gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 lit. a ALSAG mit der Begründung festgesetzt, die Bf. habe 4.306 Tonnen Bodenaushubmaterial in einen näher bezeichneten Deponiekörper eingebracht.

Mit Eingabe vom hat die Bf. durch ihren ausgewiesenen Vertreter gegen den vorgenannten Bescheid Beschwerde erhoben und begründen ausgeführt, die nachträgliche abfallrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Deponie zur Ablagerung von mineralischen Abfällen (Bodenaushub) nach dem Abfallwirtschaftsrecht sei irrtümlich erteilt worden. Es sei lediglich ein Geländeausgleich für die Errichtung bzw. Erweiterung einer Photovoltaikanlage geschaffen worden. Eine Altlastenbeitragspflicht bestehe daher nicht.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , GZ. 800000/02200/2015, hat das Zollamt Innsbruck die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bescheid der ***3***, mit welchem unter anderem die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer Deponie zur Ablagerung von Bodenaushub auf näher bezeichneten Grundstücken erteilt wurde, mittlerweile in Rechtskraft erwachen sei.

Mit Eingabe vom wurde die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt. Der Vorlageantrag ist rechtzeitig eingebracht, da die Beschwerdevorentscheidung trotz ausgewiesener Zustellvollmacht der Bf. selbst zugestellt worden war.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Mit Bescheid der ***3***, wurde der Bf. die abfall- und naturschutzrechtliche Bewilligung für die Erweiterung eines Solarparks erteilt. Abfallrechtlich wurde dabei für den im 3. Quartal des Kalenderjahres 2012 mit dem verfahrensgegenständlichen Bodenaushubmaterial vorgenommenen Geländeausgleich, eine nachträgliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Bodenaushubdeponie erteilt. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 6 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG) hat die ***4*** mit Bescheid vom , GZ. ***5***, ausgesprochen, dass es sich bei dem aufgeschütteten Bodenaushubmaterial nicht um Abfall iSd AWG handelt.

Dieser Bescheid ist in der Folge hinsichtlich des vorgenannten Spruchpunktes vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde mit Bescheid vom , GZ. ***6***, aufgehoben worden. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die ***4*** mit der Erteilung der rechtskräftigen Deponiegenehmigung das gegenständliche Bodenaushubmaterial als Abfall qualifiziert hat, andernfalls sie keine solche Genehmigung erteilt hätte, und damit bei Erlassung des Feststellungsbescheides an diese Rechtsansicht gebunden gewesen wäre.

Der zur Erweiterung des Solarparks vorgenommene Geländeausgleich wurde von einem aktenkundigen Unternehmen mit 2.392 m² (4.306 Tonnen) Bodenaushubmaterial im August 2012 vorgenommen.

Die unter anderem dafür notwendige naturschutzrechtliche Bewilligung wurde der Bf. nachträglich mit Bescheid der ***3***, erteilt.

Beweiswürdigung

Gemäß § 167 Abs.1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.

Gemäß § 167 Abs.2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ; , 2006/15/0301; , 2011/16/0011; , 2009/17/0132).

Die getroffenen Feststellungen sind unstrittig und stützen sich auf den Ermittlungsakt des Zollamtes Innsbruck sowie die genannten Bescheide der ***4*** und des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.

Rechtliche Beurteilung

Der gegenständliche Rechtsstreit reduziert sich auf die Frage, ob die im August 2012 mit Bodenaushubmaterial erfolgte Geländeanpassung zur Errichtung bzw. Erweiterung des gemeindeeigenen Solarparks dem Altlastenbeitrag unterliegt, oder ob die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs. 1a Z 4 ALSAG zur Anwendung gelangt. Die Berechnung der Abgabenhöhe und des Säumniszuschlages sind unstrittig, weshalb diesbezüglich auf den Abgabenbescheid und die dazu ergangene Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde verwiesen wird.

Gemäß § 201 Abs. 1 BAO kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3, wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen anordnen oder gestatten, auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Gemäß Abs. 2 Z 3 leg.cit. kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbst berechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 Abs. 4 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vom Amts wegen vorliegen würden.

Gemäß § 3 Abs. 1 ALSAG unterliegen dem Altlastenbeitrag

1. das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh unter Tage) der Erde; als Ablagern im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch

a) das Einbringen von Abfällen in einen Deponiekörper, auch wenn damit deponiebautechnische oder andere Zwecke verbunden sind (zB Fahrstraßen, Rand- oder Stützwälle, Zwischen- oder Oberflächenabdeckungen einschließlich Methanoxidationsschichten und Rekultivierungsschichten),

b) das mehr als einjährige Lagern von Abfällen zur Beseitigung oder das mehr als dreijährige Lagern von Abfällen zur Verwertung,

c) das Verfüllen von Geländeunebenheiten (ua. das Verfüllen von Baugruben oder Künetten) oder das Vornehmen von Geländeanpassungen (ua. die Errichtung von Dämmen oder Unterbauten von Straßen, Gleisanlagen oder Fundamenten) oder der Bergversatz mit Abfällen.

Gemäß § 3 Abs. 1a Z 4 ALSAG ist Bodenaushubmaterial, sofern dieses zulässigerweise für eine Tätigkeit gemäß Abs. 1 Z 1 lit. c verwendet wird, von der Beitragspflicht ausgenommen.

Gemäß § 2 Abs. 4 ALSAG sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes Abfälle gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG).

Gemäß § 2 Abs. 1 AWG sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes bewegliche Sachen,

1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

Nach ständiger Judikatur (vgl. etwa ; , 2008/07/0182; , Ra2016/05/0012) ist eine Sache als Abfall zu beurteilen, wenn bei irgendeinem Voreigentümer oder Vorinhaber die Entledigungsabsicht bestanden hat. Das verfahrensgegenständliche Bodenaushubmaterial stammt laut Aktenlage von verschiedenen Baustellen. Nach der Lebenserfahrung will sich ein Bauherr oder Bauführer bei der Realisierung von Bauvorhaben des angefallenen Aushubmaterials entledigen, um beim weiteren Bauvorhaben durch das Material nicht behindert zu werden (subjektiver Abfallbegriff).

Für die Feststellung, dass es sich bei der Sache um Abfall iSd § 2 Abs. 1 AWG handelt, genügt es, wenn entweder der subjektive Abfallbegriff oder der objektive Abfallbegriff als erfüllt anzusehen ist. Da im gegenständlichen Fall der subjektive Abfallbegriff zweifellos erfüllt ist, handelt es sich bei den verfahrensgegenständlichen Materialien um Abfall iSd § 2 Abs. 1 Z 1 AWG bzw. § 2 Abs. 4 ALSAG. Zum selben Ergebnis ist auch der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Bescheid vom , GZ. ***6***, gekommen.

Das verfahrensgegenständliche Bodenaushubmaterial wurde zur Geländeanpassung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 1 lit. c ALSAG verwendet und unterliegt daher grundsätzlich der Altlastenbeitragspflicht. Eine Ausnahme für Bodenaushubmaterial bestimmt § 3 Abs. 1a Z 4 ALSAG. Der Bestimmung ist immanent, dass es sich dabei um eine zulässige Verwendung handelt. Eine zulässige Verwendung nach dieser Bestimmung setzt unter anderem voraus, dass die für diese Verwendung allenfalls erforderlichen behördlichen Bewilligungen vorliegen (zB ; , 2013/07/0024).

Voraussetzung für die Errichtung bzw. Erweiterung des Solarparks und der damit verbundenen Geländeanpassung ist eine naturschutzrechtliche Bewilligung nach dem ***7***. Diese Bewilligung wurde der Bf. mit Bescheid der ***3***, nachträglich erteilt. Dem Bescheid bzw. den Stellungnahmen der der mündlichen Verhandlung am beigezogenen Amtssachverständigen (ASV für Kulturtechnik, ASV für Wildbach- und Lawinenverbauung, ASV für Naturkunde, Naturschutzbeauftragter, ASV für Forstwesen) ist zu entnehmen, dass sowohl die Rodung von Gehölzen als auch die Schüttung (Geländeanpassung) im Zeitpunkt des Lokalaugenscheins bereits vorgenommen worden war und auch mit der Baumaßnahme bereits begonnen wurde.

Daraus ist abzuleiten, dass im Zeitpunkt der Geländeanpassung bzw. dem Beginn der Baumaßnahme die dafür erforderliche naturschutzrechtliche Bewilligung nicht vorgelegen hatte.

Eine weitergehende Prüfung, ob die mit dem gegenständlichen Bodenaushubmaterial vorgenommene Geländeanpassung den abfallrechtlichen Anforderungen sowohl in qualitativer als auch formeller Hinsicht entsprochen hätte, konnte somit unterbleiben. Auf die Bestimmung des § 3 Abs. 1a letzter Satz ALSAG, wonach derjenige, der eine Ausnahme von der Beitragspflicht in Anspruch nimmt, nachzuweisen hat, dass die Voraussetzungen für die Ausnahme vorliegen, wird hingewiesen.

Die Zuordnung der von der Bf. veranlassten Aufschüttung mit Bodenaushubmaterial als Geländeanpassung i.S. des § 3 Abs. 1 Z 1 lit. c ALSAG und damit verbunden die Stellung als Beitragsschuldner i.S. des § 4 Z 3 ALSAG, als derjenige der die beitragspflichtige Tätigkeit veranlasst hat, ergibt sich aus der Tatsache, dass die Bf. im Zeitpunkt der Aufschüttungen im August 2012 noch über keine abfallrechtliche Bewilligung zum Betrieb einer Bodenaushubdeponie verfügt hatte.

Durch die Subsumtion unter einen anderen der im § 3 Abs. 1 Z 1 ALSAG genannten Ablagerungstatbestände erfährt die Entscheidung keine darüber hinaus gehende Änderung.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt und sich die Entscheidung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützt, ist eine Revision nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 3 Abs. 1 Z 1 lit. c ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3200006.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at