Entschädigung für Reinigung und Sicherheit als Nebenleistung zur Einräumung einer Dienstbarkeit (Tunnelservitut)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***RI*** in der Beschwerdesache ***BF***, ***BF-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Gebühren 2019, Steuernummer ***BF-StNr***, Erfassungsnummer ***ErfNr-S***, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang und Parteienvorbringen
In Zusammenhang mit der Errichtung des neuen ***Bahn***, im Folgenden nur mehr Bahn genannt, hat die ***BF***, nunmehrige Beschwerdeführerin, =Bf., als Errichterin der Bahn mit betroffenen Liegenschaftseigentümern entlang der Strecke zivilrechtliche Vereinbarungen geschlossen.
Diesen Umstand hat die Bf. mit Schreiben vom dem Finanzamt für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel bekannt gegeben und dabei eine Liste mit 16 Vereinbarungen und einem Sideletter übermittelt. Eine Pflicht zur Selbstberechnung bestehe nicht, weil die Leistungen von einem erst in Zukunft ermittelbaren Betrag abhängen.
Die Liste der zur Gebührenbemessung angezeigten Urkunden hat unter anderem auch zwei Vereinbarungen zwischen der Bf. und der Liegenschaftseigentümerin ***GmbH***, enthalten:
eine Vereinbarung vom über temporäre baubegleitende Maßnahmen (im Folgenden kurz als VEREINBARUNG bezeichnet) gegen Leistung eines Pauschalentgeltes und
einen Sideletter zur VEREINBARUNG vom gleichen Tag, in dem die Vertragsparteien außerdem aufgrund der besonderen Nutzung der Liegenschaft als Kindergarten eine weitere Entschädigung von 3.400 €/Monat für Sicherungs- bzw. Überwachungsmaßnahmen (Reinigung, Begehung und Security) vereinbart haben.
Sowohl betreffend die VEREINBARUNG als auch für den Sideletter hat das Finanzamt mit Bescheiden vom jeweils eine Gebühr gemäß § 33 TP 9 GebG (Dienstbarkeiten) festgesetzt.
Beschwerde vom
Betreffend die Gebührenvorschreibung für den Sideletter hat die Bf. das hier gegenständliche Rechtsmittel erhoben, weil der Sideletter keine Vereinbarung über Dienstbarkeiten sei und auch kein Entgelt iSd. § 33 TP 9 GebG vorliege.
Ein Entgelt sei nur in Punkt F.2 der VEREINBARUNG vereinbart, in der im 4. Absatz ausdrücklich festgehalten sei, dass "mit vollständiger Auszahlung der Pauschalentgelte sämtliche Ansprüche im Zusammenhang mit den vereinbarungsgegenständlichen Maßnahme(n) vollständig und endgültig abgegolten sind." Das in dieser VEREINBARUNG vereinbarte Entgelt sei somit jenes, um welches die Dienstbarkeit eingeräumt worden sei; ausschließlich dieses Entgelt sei als Bemessungsgrundlage iSd. § 33 TP 9 GebG anzusehen.
Der Sideletter sehe kein (weiteres) Entgelt für die eingeräumten Dienstbarkeiten vor, sondern habe eindeutig einen anderen Zweck. Der objektiv erkennbare Zweck des Sideletters sei ein Ersatz für besondere Sicherungs- und Überwachungsmaßnahmen und die Reinigung der verunreinigten Allgemeinflächen, welche die Liegenschaftseigentümerin während der Bauarbeiten veranlassen wird müssen, um den Kindergartenbetrieb auf ihrer Liegenschaft zu führen. Diesen Schadenersatz bzw. Aufwandersatz auf Grundlage gesonderter Rechtsgeschäfte müsste die Bf. auch leisten, wenn ihr die Liegenschaftseigentümerin keine Dienstbarkeit eingeräumt hätte.
"Dass der im Sideletter angeführte Betrag kein weiteres Entgelt iSd. § 33 TP 9 darstellt und der Sideletter somit keinen Bestandteil des Entgelts für die eingeräumten Dienstbarkeiten enthält, folgt auch aus der Präambel des Sideletters, derzufolge die Bf. und die Liegenschaftseigentümerin "mit heutigem Tag eine VEREINBARUNG über Maßnahmen … abgeschlossen" haben. Somit wurde der Dienstbarkeitsvertrag und das für dessen Abschluss bedungene Entgelt bereits vor Abschluss der Vereinbarungen im Sideletter vereinbart, weswegen der in Punkt F des Sideletters vereinbarte Betrag keine Voraussetzung der Einräumung der Dienstbarkeit bilden kann. Der im Sideletter vereinbarte Betrag ist somit eigenständig zu beurteilen."
Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom
Das Finanzamt hat die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und führt in einer gesonderten Bescheidbegründung aus, dass lt. Präambel des Sidletters die Vertragsparteien übereinkämen, dass auf Grund der besonderen Nutzung der Liegenschaft und insbesondere des Kindergartens besondere Sensibilität gefordert sei und aus diesem Grund Ergänzungen zur VEREINBARUNG getroffen würden. Unter Punkt "F. Entgelt und Kosten" des Sidletters werde in Ergänzung zu Punkt F.1. der VEREINBARUNG eine zusätzliche Entschädigung vereinbart. Die Gebühr nach § 33 TP 9 GebG berechne sich nach dem Wert des bedungenen Entgeltes. Entgelt sei alles, was der Dienstbarkeitsberechtigte aufwenden müsse, um in den Genuss der Sache zu kommen.
"Zur Auslegung des Begriffes des Wertes des Entgeltes gelten grundsätzlich die Ausführungen zum § 33 TP 5 GebG sinngemäß. Zum Entgelt iSd. § 33 TP 5 GebG zählen nach der Rechtsprechung des VwGH auch atypische Leistungen, zu deren Erbringung sich der Bestandnehmer im Zusammenhang mit der Inbestandnahme verpflichtet hat und die der Sicherung und Erhaltung der Bestandsache und deren störungsfreien Gebrauches dienen (; , 93/16/0160). Zum Entgelt zählen auch Leistungen, zu deren Erbringung sich der Bestandnehmer zur Erlangung der Bestandsache verpflichtet hat, auch wenn sie in anderen Schriften als dem Bestandvertrag vereinbart sind. Der Sideletter stellt eine Ergänzung zur VEREINBARUNG dar und verpflichtet sich die Bf. zusätzlich zum in der VEREINBARUNG vereinbarten Entgelt eine weitere Entschädigung zu leisten. Diese steht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der VEREINBARUNG und somit mit der Einräumung der Dienstbarkeit."
Vorlageantrag vom
Die Bf. hat die Entscheidung über ihre Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (BFG) und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt und betreffend die Bescheidbegründung des Finanzamtes zur BVE ergänzt:
Entgegen den Ausführungen des Finanzamtes könnten im Sinne der zitierten Entscheidung nicht atypische Leistungen zu deren Erbringung sich der Bestandnehmer im Zusammenhang mit der Inbestandnahme verpflichte, sondern nur solche, zu deren Übernahme sich der Bestandgeber verpflichte, zum Entgelt gehören. Mit Leistungen, die der Sicherung und Erhaltung der Bestandsache und deren störungsfreiem Gebrauch dienen, könnten nur solche gemeint sein, die sich auf die störungsfreie Nutzung der Bestandsache durch den Bestandnehmer beziehen. Um dies gehe es aber bei den im Sideletter vereinbarten Zahlungen gerade nicht!
"Wie ausgeführt, dienen die Leistungen dazu, den störungsfreien Gebrauch der Bestandgeberin für deren Nutzung der Liegenschaft als Kindergarten sicherzustellen. Diese Nutzung erfolgt jedoch nicht durch die Bf. als "Bestandnehmerin", sondern durch die Liegenschaftseigentümerin. Der störungsfreie Gebrauch der Liegenschaft für die Bahn-Arbeiten der Bf. steht hingegen in keinem Zusammenhang mit den Leistungen, für die die Entschädigung gemäß dem Sideletter zu entrichten ist; maW sind die Leistungen weder dazu geeignet, den Gebrauch der Liegenschaft für die Bf. zu erleichtern noch diesen zu verbessern. Sie dienen daher ausschließlich als Entschädigung (wie die belangte Behörde selbst in der BVE ausführt!), welche für Reinigungs- und Beaufsichtigungsaufwand zu ersetzen ist, aber nicht als Gegenleistung."
Wie in der Beschwerde bereits dargelegt, hätte die Liegenschaftseigentümerin auch ohne die Vereinbarung im Sideletter Anspruch auf den vereinbarten Betrag als Schaden- bzw. Aufwandersatz gehabt, sodass dieser nicht aufgewendet werden musste, um in den Genuss der Liegenschaft zu kommen. Somit sei die im Sideletter als pauschale Ersatzleistung für Schäden und entstehenden Aufwand vereinbarte Abgeltung gebührenfrei.
Im Zusammenhang mit der Gebührenvorschreibung für den Sideletter stelle sich jedoch auch noch die Frage, ob dieser - falls man ihn als Entgeltvereinbarung - ansehen wollte, überhaupt zutreffend als Dienstbarkeitsvertrag anzusehen sei. Das Finanzamt habe die Gebühr auf der Grundlage vorgeschrieben, dass es sich um eine zusätzliche Entgeltvereinbarung zu einem Dienstbarkeitsvertrag handle. Im Hinblick auf die mangelnde Verbücherung der VEREINBARUNG vom fehle es aber an einem dinglichen, gegen jeden Besitzer der dienstbaren Sache wirksamen Recht. … Aus diesen Gründen könne die VEREINBARUNG nach ihrem überwiegenden rechtlichen und wirtschaftlichen Zweck nicht als Dienstbarkeitsvertrag iSd. § 33 TP 9 GebG qualifiziert werden, weshalb auch der Sideletter nicht als Dienstbarkeitsvertrag zu vergebühren gewesen sei.
Wenn für den Sideletter eine Gebühr nach dem GebG überhaupt festzusetzen sei, so wäre diese nach § 33 TP 5 zu bemessen gewesen, wenn man die Einrichtung des Kontrollsystems im Zuge der Bauarbeiten als Miete ansehen wollte.
Am hat das Finanzamt die Beschwerde dem BFG zur Entscheidung vorgelegt. Zwecks Vervollständigung des Sachverhaltes hat das BFG den Vertrag über die Einräumung von Dienstbarkeitsrechten vom , auf den in der Vereinbarung Bezug genommen wird, von der Bf. angefordert und am erhalten.
Mündliche Verhandlung am
In der mündlichen Verhandlung führt der Vertreter der Bf. im Wesentlichen aus, dass als Dienstbarkeitsvertrag ausschließlich die Einräumung der Tunnelservitut am anzusehen sei, die Vergebührung des Sideletters sei, wenn überhaupt als Mietvertrag vorzunehmen, weil die Bf. lediglich für die Mitbenutzung von Kellerräumlichkeiten und des Eingangsbereiches im Erdgeschoss, wo sich der Kindergarten befinde, ein Entgelt vereinbart habe. Dies stelle einen pauschalen Schadenersatz oder allenfalls eine zusätzliche Gegenleistung zu dem Bestandvertrag, wie er in der VEREINBARUNG geschlossen wurde, dar. Für die Herstellung der Fundamentverbreiterung sei kein Entgelt angefallen, weil dem Liegenschaftseigentümer hierfür nach dem EisbEG keine Entschädigung zustehe, da die Verbesserung seiner Liegenschaft auf Dauer keine Servitut sei.
Dem hält das Finanzamt (nunmehr Finanzamt Österreich) entgegen, dass ein einheitlicher Vertrag vorliege, welcher der Bf. unter anderem auch das Recht einräume, Substanzveränderungen am Gebäude vorzunehmen, sodass kein bloßer Bestandvertrag anzunehmen sei. Die Tatsache, dass die Umbaumaßnahmen dem Eigentümer zu Gute kommen, ändere daran nichts. Auch Schadenersatzleistungen zählten zur Gegenleistung, wenn sich der Dienstbarkeitsnehmer zu ihrer Erbringung verpflichtet habe (unter Hinweis auf ).
Darauf erwidert der Vertreter der Bf., nach der Rechtsprechung zählten atypische Leistungen, die nicht der Sicherung und Erhaltung der Bestandsache oder deren störungsfreiem Gebrauch dienen, nicht zum Entgelt. Im vorliegenden Fall dienten die Leistungen lediglich der störungsfreien Abwicklung des Kindergartenbetriebes und seien daher nicht entgeltlich (VwGH 86/15/0138 und 93/16/0160).
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Vor Errichtung der Bahn war es notwendig, dass sich die Bf. von allen Eigentümern der vom Tunnelbau betroffenen Grundstücke die hierfür notwendigen Dienstbarkeiten hat einräumen lassen. Da die Tunnelröhre teilweise auch in 10 m Tiefe unterhalb des der ***GmbH*** gehörigen Grundstückes Nr. ***EZ-DG*** (im Gesamtausmaß von 471 m²) geplant war, haben die Bf. und die Liegenschaftseigentümerin die folgenden drei Vereinbarungen getroffen:
… abgeschlossen zwischen
***BF***, im Folgenden "WL" genannt, und
***GmbH***, im Folgenden "LE" genannt …
Dienstbarkeitsvertrag vom
Präambel
Die LE ist grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft Nr. ***EZ-DG***.
Im Zusammenhang mit der Errichtung, dem Bestand und dem Betrieb der neuen Bahn ist es erforderlich, dass die WL an der Liegenschaft (eine) Dienstbarkeit (en) erwirbt; diese werden in diesem Vertrag näher beschrieben.
Grundbuchstand
Rechtseinräumung
B. 1 Auf der Grundlage des, einen integrierenden Bestandteil dieses Vertrages bildenden Dienstbarkeitsbestellungsplans vom räumt die LE als Eigentümerin des dienenden Grundstückes Nr. ***EZ-DG***, jeweils für sich und ihre Rechtsnachfolger zugunsten des herrschenden Grundstücks Nr. ***EZ-HG***, das derzeit im grundbücherlichen Eigentum der WL steht, nachstehende Dienstbarkeit(en) ein:
… auf Dauer die Dienstbarkeit der Duldung der Errichtung, des Bestandes und des Betriebes einer Verkehrs(tunnel)anlage samt aller damit im Zusammenhang stehenden Einrichtungen und Maßnahmen, im flächenmäßigen Gesamtausmaß von ca. 160 m².
B. 2 Die vertragsgegenständliche Grundinanspruchnahme beginnt frühestens im November des Jahre 2020.Entgelt und Kosten
[Pauschalentgelt]Aufsandungserklärung
Die Vertragsparteien erteilen die Einwilligung zur Einverleibung der Dienstbarkeit(en) auf Dauer.
Für den Dienstbarkeitsvertrag hat die Bf. die Rechtsgeschäftsgebühr im Wege der Selbstberechnung entrichtet.
Darüber hinaus war vorgestaffelt und zeitlich begrenzt auf die Bauphase auch die Durchführung von bautechnischen Hilfsmaßnahmen im Umkreis von ca. 4 m um die Tunnelröhre herum und die Vertiefung des auf dem dienenden Grundstück bestehenden Gebäudes notwendig, sodass die Vertragsparteien ergänzend die folgende VEREINBARUNG geschlossen haben:
VEREINBARUNG über Maßnahmen vom
Präambel
Die LE ist grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft ***EZ-DG***.
Im Zusammenhang mit der Errichtung, dem Bestand und dem Betrieb der neuen Bahn müssen auch Maßnahmen gesetzt werden, die diese Liegenschaft betreffen und in dieser VEREINBARUNG näher beschrieben werden. Die Einräumung de(s/r) erforderlichen Dienstbarkeitsrecht(s/e) ist in einem gesonderten Vertrag geregelt.
A. Grundbuchstand
B. Baubegleitende Maßnahmen
Um das vereinbarungsgegenständliche Bahnprojekt realisieren zu können sind baubedingt eine Reihe von technischen Hilfsmaßnahmen erforderlich. LE stimmt nachfolgenden, im Plan über die baubegleitenden Maßnahmen für temporäre Zwecke vom (***Zahl1***, Beilage ./1) dargestellten Maßnahmen auf ihrer Liegenschaft zu:
B.1. Durchführung allenfalls bautechnisch punktuell erforderlicher Hilfsmaßnahmen (z.B. Vereisung, Spieße, Dielen, Rohrschirme, DSV, Kalottenfüße) im Umkreis von bis zu ca. 4 m von der Außenkante der Außenschale des Bauwerks (Dienstbarkeitsbereich) im Zusammenhang mit den Tunnelvortriebsarbeiten …
C. Verbesserungs- und Sicherungsmaßnahmen
Bei der Realisierung des vereinbarungsgegenständlichen Bahnprojektes kommen höchste Sicherheitsstandards zum Tragen und werden folglich auch eine Vielzahl von Präventivmaßnahmen gesetzt werden. LE stimmt nachfolgenden, im Plan über Verbesserungs- und Sicherungsmaßnahmen für temporäre Zwecke vom (***Zahl2***, Beilage ./2) dargestellten Maßnahmen auf ihrer Liegenschaft zu:
C.1.a) Nutzung zur Herstellung einer Fundamentverbreiterung (violett-schraffiert dargestellt), samt aller damit im Zusammenhang stehenden Einrichtungen und Maßnahmen zur nachhaltigen Verbesserung der Hausstatik für einen Zeitraum von 9 Monaten, innerhalb des Arbeitsbereiches, welcher im Lage- und Querschnittsplan der Beilage ./2 violett-gewellt dargestellt ist und ein flächenmäßiges Gesamtausmaß von ca. 62 m² ausweist sowie
C.1.b) Mitbenützung als Zugangs-/Zufahrtsbereich zum unter Punkt C.1.a) dieser Vereinbarung geregelten Bereich und für den dort vereinbarten Zeitraum, innerhalb des Bereiches, welcher im Lage- und Querschnittsplan der Beilage ./2 grün-schraffiert dargestellt ist.
C.2. Anbringung, Servicierung und Demontage von Messmarken und einer zentralen Messeinheit an tragenden Elementen der Bebauung als Teile eines Monitoringsystems samt aller damit im Zusammenhang stehenden Einrichtungen und Maßnahmen (wie z.B. Kabelkanal), um allfällige Bewegungstendenzen im Zuge des Tunnelvortriebes zu beobachten. Die Maßnahme findet über einen Zeitraum von 18 Monaten statt.
D. Beginn, Dauer und Teilflächen
D.1. Die vereinbarungsgegenständlichen Maßnahmen beginnen frühestens im August 2018. Der genaue Zeitpunkt der Inanspruchnahme wird von der WL (jeweils) mindestens 14 Tage im Vorhinein schriftlich der LE an die (jeweils) zuletzt bekannt gegebene Zustelladresse angezeigt. Die geplante Dauer der Maßnahme(n) ist (jeweils) in den Punkten B. und C. dieser VEREINBARUNG geregelt.
D.2. Die WL ist berechtigt die vereinbarte Dauer einer Maßnahme (auch hinsichtlich Teilflächen) zu verkürzen bzw. um (jeweils) bis zu 12 Monaten zu verlängern. Dies unter der Voraussetzung, dass die WL (jeweils) mindestens 14 Tage vorab die Verkürzung bzw. Verlängerung der Inanspruchnahmedauer schriftlich anzeigen.
E. Zutritt
Zur Durchführung der vereinbarungsgegenständliche(n) Maßnahme(n) ist der WL bzw. den von dieser beauftragten Dritten mit Beginn des Tages (je)der angezeigten Grundinanspruchnahme der ungehinderte Zutritt zu den vereinbarungsgegenständlichen Liegenschaftsbereichen zu ermöglichen.
F. Entgelt und Kosten
F.1. Die WL haben auf der Grundlage der einschlägigen Gesetze einen sich durch die vereinbarungsgegenständlichen Maßnahmen unmittelbar verbundenen Vermögensnachteil zu ersetzen.
In diesem Zusammenhang leisten die WL an die LE ein Pauschalentgelt (siehe Berechnungsblatt Beilage ./3) auf Basis der gutachterlich ermittelten Berechnungsansätze: Fundamentverbreiterung gem. Punkt C.1 - 2 €/m²/Monat
Kontrollsystem gem. Punkt C.2 - 45 € netto/Monat
F.2. … Mit vollständiger Auszahlung der Pauschalentgelte sind sämtliche Ansprüche im Zusammenhang mit den vereinbarungsgegenständlichen Maßnahmen vollständig und endgültig abgegolten.
F.4. Die Kosten … der vereinbarten Maßnahmen trägt die WL selbst.
G. Schlussbestimmungen
G.2. Es bestehen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keine schriftlichen oder mündlichen Nebenabreden zu diesem Vertrag. Nebenabreden zu diesem Vertrag und allfällige Ergänzungen desselben bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform.
G.3. Die Vertragsparteien verpflichten sich, die in diesem Vertrag übernommenen Verpflichtungen auf ihre Rechtsnachfolger vertraglich zu überbinden und auch diese zu verpflichten, für die Überbindung der Vertragspflichten auf alle weiteren Rechtsnachfolger jeweils vertraglich vorzusorgen.
Für diese VEREINBARUNG hat das Finanzamt unter der ErfNr. ***ErfNr-V*** mit Bescheid vom die Gebühr gemäß § 33 TP 9 GebG festgesetzt; dieser Bescheid ist aufgrund des geringen Vorschreibungsbetrages unbekämpft geblieben ist.
Da die Liegenschaftseigentümerin auf dem betreffenden Grundstück einen Kindergarten betreibt, waren während der Bauarbeiten zum Schutz der Kinder ergänzend besondere Sicherungsmaßnahmen und eine intensivere Reinigung notwendig; die diesbezüglich getroffenen Regelungen haben die Vertragsparteien in dem folgenden Sideletter festgelegt:
Sideletter vom
Präambel
WL und LE haben mit heutigem Tag eine VEREINBARUNG über Maßnahmen im Zusammenhang mit der neuen Bahn abgeschlossen. Darin sind für die Liegenschaft ***EZ-DG*** unter Punkt B. diverse baubegleitende Maßnahmen und unter Punkt C. diverse Verbesserungs- und Sicherungsmaßnahmen beschrieben.
Die Vertragsparteien kommen überein, dass aufgrund der besonderen Nutzung der Liegenschaft und insbesondere des bestehenden Kindergartens besondere Sensibilität gefordert ist. Aus diesem Grund werden nachstehend folgende Ergänzungen zur oben genannten VEREINBARUNG getroffen.
C. Verbesserungs- und Sicherungsmaßnahmen
Ergänzend zu den unter Punkt C. der mit heutigem Tag abgeschlossenen VEREINBARUNG werden folgende zusätzliche Verbesserungs- und Sicherungsmaßnahmen vereinbart:
C.3.a) Beweissicherung des Objektes durch die WL unter Beiziehung von Sachverständigen sowohl vor als auch nach Baubeginn in Abstimmung mit der LE;
b) Übergabe eines für die Liegenschaft relevanten Bauzeitenplanes an die LE spätestens 6 Wochen vor Beginn der Arbeiten;
c) aufgrund der bekannten Nutzung als Kindergarten sind auf Dauer der Bauarbeiten sowohl der Eingangsbereich als auch die in Anspruch genommenen Gang- und Allgemeinbereiche aber auch die Baustelle besonders ("kindersicher") abzusichern und allfällige Gefahrenquellen entsprechend zu beschildern und für Kinder bzw. Unbefugte unzugänglich zu machen;
d) im Zuge der Bauarbeiten sind auf Kosten der WL Baustrom und Wasser von einem Provisorium außerhalb des Gebäudes zu entnehmen;
e) sämtliche Ein- und Ausgänge sowie Notausgänge sind während der Bauarbeiten freizuhalten;
f) sämtliche zugängliche Bereiche sind entsprechend sauber (besenrein) zu halten;
g) die Benutzung des Aufzuges für Bauarbeiter bzw. für Materialtransporte ist verboten - im Falle der Zuwiderhandlung haftet die WL für sämtliche entstandene Schäden;
h) die WL haftet für sämtliche entstandene Schäden im Zuge der Bauarbeiten;
g) sämtliche Aufwendungen im Zusammenhang mit der beabsichtigten Durchführung der Ertüchtigung der Fundamente sind von der WL zu tragen, konkret insbesondere das Entfernen und anschließende Wiederrichten der Kellerabteile, die Sicherung und Verwahrung der in den Kellerabteilen lagernden Gegenstände, eine allfällige Zurverfügungstellung von Ersatzlagerflächen in unmittelbarer Nähe, etc.
C.4 Die WL verpflichtet sich, ein Gutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen einzuholen, in dem nachgewiesen wird, dass es durch den Bahn-Betrieb unter der Liegenschaft aber auch bei den Liegenschaften *2* und *3* zu keiner Lärmbelästigung bzw. Erschütterungen entstehen. Im Falle einer festgestellten Beeinträchtigung verpflichtet sich die WL die erforderlichen Baumaßnahmen zu setzen, um Lärmbelästigungen bzw. Erschütterungen weitestgehend hintanzuhalten.
D. Beginn, Dauer und Teilflächen
Um der LE entsprechende Vorbereitungen bzw. erforderliche Abstimmungen zu ermöglichen wird in Abänderung zu den Punkten D.1. und D.2. die Frist von 14 Tagen auf 6 Wochen verlängert.
F. Entgelt und Kosten
In Ergänzung zu Punkt F.1 der mit heutigem Tag abgeschlossenen VEREINBARUNG wird Folgendes vereinbart:
Aufgrund der Nutzung der Liegenschaft als Kindergarten und der sich daraus ergebenden Sensibilität wird die LE auch selbst besondere Sicherungs- bzw. Überwachungsmaßnahmen treffen, aber auch eine allenfalls mehrmalige tägliche Reinigung der verunreinigten Allgemeinflächen veranlassen müssen. Aus diesem Grund wird folgende zusätzliche Entschädigung vereinbart:
€ 3.400,- netto pro Monat der tatsächlichen Inanspruchnahme des Gebäudes durch Bauarbeiten, welche die besondere Nutzung der Liegenschaft beinträchtigen.
Diese zusätzliche Entschädigung setzt sich wie folgt zusammen:
zusätzliche Reinigung im Ausmaß von 5 Stunden x 2 Mitarbeiter x 25 € pro Woche
Begehung der Baustelle: 1 x /Woche durch einen Sachverständigen, 2 Stunden x 200 €
zusätzliche Security: im Ausmaß von 10 Stunden/Woche x 23 €
Im Übrigen gelten die Bestimmungen der mit heutigem Tag abgeschlossenen VEREINBARUNG unverändert.
Gebührenbescheid vom
Betreffend den Sideletter hat das Finanzamt unter der ErfNr. ***ErfNr-S*** eine Gebühr von 2 % vom Wert des bedungenen Entgeltes von 122.400 € gemäß § 33 TP 9 GebG festgesetzt. Zur Berechnung der Bemessungsgrundlage hat das Finanzamt das vereinbarte monatliche Entgelt von 3.400 € zuzüglich USt für die Dauer von 30 Monaten (18 Monate + bedingte Vertragsverlängerung um 12 Monate) herangezogen, sodass die Gebühr 2.448 € betragen hat.
Dagegen richtet sich die hier gegenständliche Beschwerde.
Rechtsgrundlagen
Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend (Urkundenprinzip). Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.
Hat eine der Gebühr nach der Größe des Geldwertes unterliegende Schrift (Urkunde) mehrere einzelne Leistungen zum Inhalt oder werden in einem und demselben Rechtsgeschäfte verschiedene Leistungen oder eine Hauptleistung und Nebenleistungen bedungen, so ist nach § 19 Abs. 1 GebG die Gebühr in dem Betrage zu entrichten, der sich aus der Summe der Gebühren für alle einzelnen Leistungen ergibt. Als Nebenleistungen sind jene zusätzlichen Leistungen anzusehen, zu deren Gewährung ohne ausdrückliche Vereinbarung nach den allgemeinen Rechtsvorschriften keine Verpflichtung besteht.
Werden durch einen Zusatz oder Nachtrag zu einer bereits ausgefertigten Urkunde die darin beurkundeten Rechte oder Verbindlichkeiten ihrer Art oder ihrem Umfang nach geändert oder wird die vereinbarte Geltungsdauer des Rechtsgeschäftes verlängert, so ist dieser Zusatz oder Nachtrag gemäß § 21 GebG im Umfang der vereinbarten Änderung oder Verlängerung als selbständiges Rechtsgeschäft gebührenpflichtig.
Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 GebG unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert im Allgemeinen einer Rechtsgebühr von 1 v. H.
Nach § 33 TP 9 GebG 1957 idgF unterliegen Dienstbarkeiten, wenn jemandem der Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt oder die entgeltliche Erwerbung von dem Verpflichteten bestätigt wird, einer Rechtsgeschäftsgebühr von 2 v. H. von dem Werte des bedungenen Entgeltes.
Beweiswürdigung
Die unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die Einsicht in die vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Teile des Bemessungsaktes ErfNr. ***ErfNr-S*** und den von der Bf. ergänzend beigebrachten Dienstbarkeitsvertrag vom , wobei kein Hinweis dafür vorliegt, dass der Inhalt der bezughabenden Urkunden nicht dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien entspricht.
Rechtliche Beurteilung
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der daraus folgenden Gebühr wurden nicht bekämpft. Die wesentlichen Streitpunkte im Gegenstandsfall sind einerseits, ob der Sideletter als Dienstbarkeitsvertrag oder Bestandvertrag zu vergebühren ist, und andererseits, ob allenfalls für die Einräumung der Dienstbarkeit ein Entgelt vereinbart wurde.
A.) Dienstbarkeit
Die Bf. wendet ein, schon die VEREINBARUNG sei kein Dienstbarkeitsvertrag iSd. § 33 TP 9 GebG, weshalb auch der Sideletter nicht als Dienstbarkeitsvertrag zu vergebühren gewesen wäre.
Da der Begriff der Dienstbarkeit im GebG nicht umschrieben ist, muss er dem Zivilrecht entnommen werden. Gemäß § 472 ABGB wird durch das Recht der Dienstbarkeit ein Eigentümer (in der Regel einer Liegenschaft) verbunden, zum Vorteil eines anderen, nämlich des Berechtigten, in Rücksicht seiner Sache etwas zu dulden oder zu unterlassen.
Dienstbarkeiten sind somit Rechte auf beschränkte Nutzung einer fremden Sache, denen die Pflicht ihres jeweiligen Eigentümers zur Duldung dieser Nutzung gegenübersteht. Servituten sind sowohl auf räumliche Grenzen beschränkbar, wie auch zeitlich zB auf die Dauer des Baustellenbetriebes. Für die Dienstbarkeit charakteristisch ist die Tatsache, dass der Eigentümer der Sache nicht zu einem aktiven Tun, sondern nur zu einem Dulden oder Unterlassen verpflichtet ist; positive Leistungen dürfen nicht Hauptpflicht sein, sondern allenfalls nur Mittel zum Zweck.
Für die Rechtsnatur eines Vertrages ist die nach § 914 ABGB ermittelte Absicht der Parteien hinsichtlich der Wirkungen des Vertrages maßgebend. Dabei kommt es vor allem auf den von den Parteien bei Abschluss des Vertrages verfolgten, objektiv erkennbaren Zweck des Vertrages an (vgl. ).
Zunächst gilt es zu bedenken, dass die Eigentümerin der dienenden Liegenschaft ***EZ-DG***, in dem zeitlich früheren Dienstbarkeitsvertrag vom , auf den in der Präambel der VEREINBARUNG ausdrücklich verwiesen wird, der Bf. auf Dauer die Dienstbarkeit der Duldung der Errichtung, des Bestandes und des Betriebes einer Verkehrs(tunnel)anlage eingeräumt hat.
Unmittelbar danach am wird zu Gunsten des vereinbarungsgegenständlichen Bahnprojektes zusätzlich, vorgestaffelt und zeitlich begrenzt auch das Zulassen von lt. Punkt B) erforderlichen baubegleitenden Maßnahmen vereinbart (punktuelle Hilfsmaßnahmen im Zusammenhang mit Tunnelvortriebsarbeiten zB Vereisung, Spieße, Dielen, Rohrschirme, Kalottenfüße "im Dienstbarkeitsbereich") und die Zustimmung zu Verbesserungs- und Sicherungsmaßnahmen lt. Punkt C) erteilt. Die Sicherungsmaßnahmen bestehen vor allem in einer Fundamentverbreiterung zur Verbesserung der Hausstatik und im Installieren eines Monitoringsystems, um allfällige Bewegungstendenzen zu beobachten. Zum Zwecke der Herstellung der Fundamentverbreiterung wird auch die Mitbenützung des Zugangs/Zufahrtsbereiches gestattet. Alle diese Maßnahmen sind alleine durch die Baumaßnahmen bedingt, liegen im Interesse der Bf. und dienen ausschließlich dem Zweck der Errichtung der Tunnelanlage.
Dies kann aber nach dem Gesamtbild der vertraglichen Regelungen - VEREINBARUNG in Zusammenschau mit dem Dienstbarkeitsvertrag vom - nur als ein insgesamt typischerweise mit Tunnelbauarbeiten verbundenes Dulden der Liegenschaftseigentümerin angesehen werden. Mit der VEREINBARUNG werden lediglich ergänzend notwendige Maßnahmen im Sinne des bereits im Dienstbarkeitsvertrag festgeschriebenen Duldens der Errichtung der Bahn konkretisiert. Indem die Liegenschaftseigentümerin somit verschiedenste Maßnahmen der Bf. auf und unter ihrer Liegenschaft für die Zeit der Errichtung des Bahn Tunnels zum Vorteil der Bf. duldet, ist zweifelsfrei auch die VEREINBARUNG als Einräumung einer Dienstbarkeit im Sinne des § 472 ABGB anzusehen.
Entgegen der Ansicht der Bf. kann die Nutzung von Flächen (als Arbeitsbereich zwecks Herstellung der Fundamentverbreiterung, als Zugangs-/Zufahrtsbereich, zum Anbringen des Monitoringsystems) nicht isoliert betrachtet werden; vor allem aufgrund des einheitlichen Regelungszweckes, welcher ausschließlich auf das Dulden der Errichtung der Bahn gerichtet ist, kann nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden, dass auch die VEREINBARUNG als Dienstbarkeitsvertrag iSd. § 33 TP 9 GebG zu qualifizieren ist.
In diesem Zusammenhang kann auf das Erkenntnis , hingewiesen werden, wonach der VwGH vergleichbare Fälle den Dienstbarkeitsverträgen zu ordnet: zB hat der VwGH einen Deponievertrag auf die Baudauer eines Tunnels als Dienstbarkeitsvertrag eingestuft (). Ebenso hat das Höchstgericht im Falle einer vorübergehenden Inanspruchnahme von weiteren Grundflächen zwecks Erneuerung einer Leitung eine weitere Dienstbarkeit im Sinne des § 33 TP 9 GebG angenommen ().
"Zwar war der Vertragswille vordergründig nicht auf die Einräumung dinglicher Rechte gerichtet, andererseits ergibt sich jedoch aus der Art des Rechtsgeschäftes und seines spezifischen Regelungsinhaltes, dass der wahre Vertragswille auf die Erzielung eines Erfolges gerichtet ist, der auch sonst typischerweise mit Verträgen über (Leitungs)Dienstbarkeiten verbunden ist."
Der Einwand der Bf., mangels Verbücherung liege kein dingliches Recht vor, ist nicht zielführend, da § 33 TP 9 GebG den Erwerb einer Dienstbarkeit durch die Partei nicht voraussetzt - vielmehr unterliegt nach dem Wortlaut der Bestimmung schon die entgeltliche Einräumung des Titels zum Erwerb der dort festgesetzten Rechtsgeschäftsgebühr - der Titel kann aber gemäß § 480 ABGB auch durch Vertrag begründet werden. Daraus folgt, dass es bei der gebührenrechtlichen Behandlung einer vertraglich eingeräumten Dienstbarkeit auf deren Verbücherung nicht ankommt (vgl. ).
Ein Rechtsgeschäft, aus dessen Regelungsinhalt sich ergibt, dass die Absicht der Parteien auf einen Erfolg gerichtet ist, der sonst typischerweise mit Verträgen über Dienstbarkeiten verbunden ist, unterliegt selbst dann der Gebühr des § 33 TP 9 GebG, wenn die Parteien eine Verbücherung des Vertrages abbedungen haben (vgl. ).
Ergänzend zu der VEREINBARUNG verpflichtet sich die Bf. im Sideletter einerseits zu weiteren eigenen Verbesserungs- und Sicherungsmaßnahmen während der Bauarbeiten (Beweissicherung, Übergabe eines Bauzeitplanes, Absperrung von Gefahrenbereichen, Freihalten der Ein- und Ausgänge, Reinigung, Maßnahmen für den Fall von Lärmbelästigung bzw. Erschütterungen … ) und andererseits gewährt die Bf. der Liegenschaftseigentümerin ein weiteres Entgelt für zusätzliche Sicherungs- bzw. Überwachungsmaßnahmen (mehrmalige tägliche Reinigung der verunreinigten Allgemeinflächen, Begehung der Baustelle durch einen Sachverständigen, Security) durch die Liegenschaftseigentümerin selbst.
Dem Beschwerdevorbringen, auch der Sideletter sei nicht als Dienstbarkeitsvertrag iSd. § 33 TP 9 GebG zu vergebühren gewesen, da lediglich eine Bestandnahme von Flächen vereinbart worden sei, ist entgegen zu halten:
Nach dem Urkundenprinzip des § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift und auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird, maßgebend. Getrennt abgeschlossene Verträge sind als Einheit aufzufassen, wenn die Beteiligten trotz mehrerer getrennter Verträge eine einheitliche Regelung beabsichtigten und wenn zwischen den mehreren Verträgen ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht.
Der einheitliche Regelungszweck des Duldens der Errichtung der Tunnelanlage versteht sich, wie schon bisher dargelegt, von selbst. Der erforderliche enge sachliche Zusammenhang zwischen VEREINBARUNG und Sideletter ist schon allein aus den Formulierungen in Präambel und Schlusssatz des Sideletters, dass es sich um eine Ergänzung zur VEREINBARUNG handelt und im Übrigen die Bestimmungen der VEREINBARUNG unverändert gelten, ersichtlich. Mit dem Sideletter wurden somit ergänzende Nebenabreden im Sinne des Punktes G.2. der Vereinbarung getroffen. Der zeitliche Zusammenhang besteht zweifellos, da beide Urkunden am gleichen Tag errichtet wurden.
Überdies hat die Bf. im Vorfeld der Errichtung der Bahn mit anderen betroffenen Liegenschaftseigentümern vergleichbare Vereinbarungen geschlossen; offenbar war aber die VEREINBARUNG im gegenständlichen Einzelfall der ***GmbH*** in Hinblick auf die Nutzung des Grundstückes als Kindergarten nicht ausreichend, sondern waren weitergehendere Regelungen zum Schutz der betreuten Kinder notwendig. Wenn nun die Bf. nicht den Weg gewählt hat, die Anpassungen der grundlegenden vertraglichen VEREINBARUNG im Fall der ***GmbH*** in das ursprüngliche Vertragswerk einzuarbeiten, sondern diese getrennt mittels Sideletter zu vereinbaren (konkret ergänzt der Sideletter die VEREINBARUNG in deren Punkten C. und F. und ändert sie in den Punkten D.1 und D.2 ab), so kommt dem nach Ansicht des Gerichtes im Sinne des § 17 GebG keine Bedeutung zu. Stellt sich eine Zusatzvereinbarung nämlich nicht als weiterer Vertrag, sondern als eine Modifizierung und Konkretisierung des Verpflichtungsgeschäftes dar, so ist auch der Inhalt der Zusatzvereinbarung für die Festsetzung der Gebühr maßgeblich (vgl. ).
Im Gegenstandfall liegt somit im Ganzen betrachtet die umfangreiche Regelung wechselseitiger Rechte und Pflichten und die Aufzählung verschiedenster Leistungen und Gegenleistungen mittels drei sich ergänzender Schriften (Dienstbarkeitsvertrag, VEREINBARUNG, Sideletter) vor, deren einheitlicher Vertragswille auf die Erzielung eines typischerweise mit Verträgen über Dienstbarkeiten verbundenen Erfolges gerichtet ist, nämlich die Duldung der Errichtung, des Bestandes und des Betriebes einer Verkehrstunnelanlage unterhalb eines Teiles des Grundstückes der Liegenschaftseigentümerin samt aller damit in Zusammenhang stehenden, notwendigen Maßnahmen. VEREINBARUNG und Sideletter sind somit aufgrund des einheitlichen Regelungszweckes (Errichtung der Bahn) und ihres engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhanges zweifelsfrei als Einheit zu betrachten und fällt daher auch für das im Sideletter zusätzlich vereinbarte Entgelt grundsätzlich eine Dienstbarkeitsgebühr an (vgl. auch ).
Eine isolierte Betrachtung einzelner Teilaspekte als Bestandnahme (Nutzung von Flächen im Keller und Eingangsbereich), wie es der Vertreter der Bf. in der mündlichen Verhandlung darzustellen versucht hat, ist auch hier nicht angebracht.
B.) Entgelt
Dem weiteren Beschwerdevorbringen, mit dem Sideletter sei auf Basis gesonderter rechtsgeschäftlicher Grundlage lediglich Schadenersatz bzw. Aufwandersatz geregelt worden, weshalb mangels subjektiver Äquivalenz das hierfür bedungene Entgelt keine Gegenleistung zur Einräumung der Dienstbarkeit darstelle, ist entgegen zu halten:
Nach § 33 TP 9 GebG ist die Gebühr vom Wert des bedungenen Entgeltes zu bemessen. Zur Auslegung des Begriffes "Wert des bedungenen Entgeltes" gelten nach Lehre und Rechtsprechung dieselben Überlegungen wie für den Wert im Sinne der Rechtsgeschäftsgebühr für Bestandverträge gemäß § 33 TP 5 GebG. In diesem Sinn zählen zum Wert, von dem die Gebühr zu bemessen ist, alle Leistungen zu deren Erbringung sich der Dienstbarkeitsberechtigte verpflichtet hat, um in den Genuss der Dienstbarkeit zu kommen.
Es kommt aber nicht darauf an, ob der Vertragsabschluss selbst von der entsprechenden Leistungszusage abhängig war. Das "Kausalitätskriterium" der älteren Rspr. hat der VwGH aufgegeben (vgl. Frotz/Hügel/Popp, Kommentar zum Gebührengesetz). Wesentlich für die Einbeziehung einer Leistung in die Bemessungsgrundlage ist, dass ein wirtschaftlicher Zusammenhang zur Einräumung der Dienstbarkeit besteht (vgl. und 2006/16/0112). Nebenleistungen untergeordneter Bedeutung, welche üblicherweise mit einer Dienstbarkeit verbunden sind, sind jedenfalls in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Typusfremde Leistungen sind dann einzubeziehen, wenn sie tatsächlich Nebenleistungen zur Einräumung der Dienstbarkeit darstellen und in Zusammenhang mit Dienstbarkeiten nicht unüblich sind.
Im gegebenen Fall besteht die Hauptpflicht der Liegenschaftseigentümerin vereinbarungsgemäß zunächst in einer Duldung der Errichtung der Bahn samt aller damit in Zusammenhang stehenden Maßnahmen. Die damit eindeutig in Zusammenhang stehenden weiteren Verpflichtungen lt. VEREINBARUNG und Sideletter stellen keine eigenständigen Rechtsgeschäfte dar, sondern sind nach dem gesamten Inhalt und Zweck aller zusammenhängenden Urkunden (Dienstbarkeitsvertrag, VEREINBARUNG, Sideletter) lediglich Nebenleistungen zur Einräumung der Dienstbarkeit. Dies auch deshalb, weil Maßnahmen für zB Reinigung und Sicherheit im Bereich einer Tunnel-Großbaustelle nach Ansicht des Gerichtes als durchaus üblich anzusehen sind.
Die Tatsache, dass auf der dienenden Liegenschaft ein Kindergarten betrieben wird, führt zu keiner anderen Beurteilung. Auch Nebenleistungen, die den störungsfreien Weiterbetrieb des Kindergartens sicherstellen sollen, sind durch die Errichtung der Bahn verursacht und müssen daher aufgrund ihres wirtschaftlichen Zusammenhanges entgegen der Auffassung der Bf. einbezogen werden. Offenkundig hat es die Liegenschaftseigentümerin zur Bedingung für die Einräumung der Dienstbarkeit gemacht, dass der Kindergarten während der Bauphase ungestört betrieben werden kann, weshalb die grundlegenden Regelungen der VEREINBARUNG im Sideletter adaptiert und modifiziert werden mussten. Der Sideletter begründet aber keine neuen, eigenständigen Verpflichtungen der Bf.
Diesbezüglich kann auch auf das Erkenntnis des , betreffend Flurschäden in Zusammenhang mit der Einräumung einer Dienstbarkeit, verwiesen werden, in welchem das Gericht ausführt:
"In kausalem Zusammenhang mit der Einräumung von Dienstbarkeiten an Grundeigentümer zu leistende einmalige Entschädigungen für Oberflächenbeeinträchtigung und Grundinanspruchnahme zählen jedenfalls (auch bei Bezeichnung als "Schadenersatz") zum "Wert des bedungenen Entgeltes" (vgl. ; unter Hinweis auf ).
In den den genannten Entscheidungen zugrunde liegenden Verträgen verpflichtete sich die Dienstbarkeitsberechtigte jeweils zur Leistung von Entschädigungen an die Liegenschaftseigentümer für bestimmte, zu erwartende Beeinträchtigungen und wurde auch die Höhe der Entschädigungszahlung bereits betraglich festgelegt."
Ebensowenig führt das Argument der Bf., die Liegenschaftseigentümerin hätte die strittigen Beträge auch ohne die Vereinbarung im Sideletter erhalten müssen, mit Hinweis auf das obige Erkenntnis zum Erfolg:
"Wenn die Bf. mit Verweis auf Arnold/Arnold, Rechtsgebühren, § 19 Rz 4a, meint, dass jene zusätzlichen Leistungen, zu deren Gewährung auch ohne ausdrückliche Vereinbarung nach den allgemeinen Rechtsvorschriften eine Verpflichtung besteht, keine Nebenleistungen im Sinne des § 19 GebG 1957 darstellen, ist auf die entgegenstehende Ansicht von Fellner (aaO § 19 Rz 6a) und die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes () zu verweisen. Da für die Beurteilung der Gebührenschuld bei einem eindeutigen Urkundeninhalt allein dieser Urkundeninhalt von Bedeutung ist, ist für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht von Bedeutung, dass sich die vertraglich vereinbarte Pflicht bereits aus dem Gesetz ergibt (im Erkenntnis eine Fütterungspflicht auf Grund § 46 TirJagdG 1983)."
Die vom Vertreter der Bf. geäußerte Ansicht, ein Entgelt für atypische Leistungen sei nicht in die Bemessung einzubeziehen, kann der Beschwerde ebensowenig zum Erfolg verhelfen, da im gegenständlichen Fall eben nicht von atypischen Leistungen auszugehen ist, vielmehr sind die Nebenleistungen für Reinigung, Sicherung der Baustelle, notwendige (Mit)Benützung von gewissen Bereichen des Gebäudes bzw. Anbringen des Monitoringsystems vereinbart worden und sind solche Maßnahmen bzw. Gestattungen nach der Lebenserfahrung üblicherweise mit der Errichtung eines Verkehrstunnels verbunden. Doch selbst typusfremde Leistungen wären einzubeziehen, wenn sie tatsächlich Nebenleistungen zur Einräumung der Dienstbarkeit darstellen und in Zusammenhang mit Dienstbarkeiten nicht unüblich sind, was wie bereits ausgeführt, gegenständlich der Fall ist.
Nicht zuletzt stützt auch das von der Bf. in der mündlichen Verhandlung besonders ins Treffen geführte Erkenntnis, , das Beschwerdevorbringen nicht, da der VwGH darin sinngemäß ausführt, dass es gebührenrechtlich keinen Unterschied macht, ob eine Leistung gegen Entgelt erbracht wird oder ob die Leistung auf eigene Kosten selbst übernommen wird.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
5. Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Der Beschwerdefall hing im Wesentlichen von der Lösung der Sachverhaltsfrage ab, ob das Entgelt lt. Sideletter eine Nebenleistung zur Einräumung der Dienstbarkeit darstellt, die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen hingegen war klar und existiert dazu auch eine ständige Rechtsprechung des VwGH, auf die in der Entscheidung hingewiesen wurde, sodass die Revision nicht zuzulassen war.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 17 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 19 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 21 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 9 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7105483.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at