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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.05.2022, RV/2100517/2018

Übernahme von Kreditverbindlichkeiten iZm Liegenschaftserwerb anlässlich Scheidung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Lindner & Rock Rechtsanwälte OG, Mariatrosterstraße 87a, 8043 Graz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Grunderwerbsteuer, ErfNr. ***1***, Steuernummer ***BfStNr***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid wird zugunsten des Beschwerdeführers abgeändert.

Die Grunderwerbsteuer wird von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von 91.601,87 Euro gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987 idF BGBl I Nr. 112/2011 mit 2%, dh mit 1.832,04 Euro festgesetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Zuge eines Scheidungsverfahrens wurde am zwischen dem Beschwerdeführer (Bf.) und seiner Ehegattin ein gerichtlicher Vergleich geschlossen, wonach das im Alleineigentum der Ehegattin stehende Grundstück mit der Ehewohnung an den Bf. übertragen wurde. Der Vertreter des Bf. führte - ausgehend vom dreifachen Einheitswert der als unbebautes Grundstück bewerteten Liegenschaft - am die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer durch und gab eine Abgabe von 84 Euro bekannt.

Nach einer Kontrollmitteilung des Finanzamtes Oststeiermark vom kam es zu einer Überprüfung der Abgabenberechnung durch das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel und wurde der Bf. mit Vorhalt vom um Übermittlung der Ehescheidungsfolgenvereinbarung ersucht.

Am gingen Kopien der Vergleichsausfertigung des Bezirksgerichtes ***6*** und des Beschlusses über die einvernehmliche Scheidung, jeweils vom , beim Finanzamt ein. Mit Vorhalt vom begehrte das Finanzamt Auskunft über die Höhe der zum Zeitpunkt der Scheidung aushaftenden Darlehen bei der Bausparkasse Wüstenrot AG und wurde um Übermittlung des Tilgungsplanes für das Darlehen beim Land Steiermark ersucht.

Mit Antwortschreiben vom wurden die von der Bank bekanntgegebenen, zum bestehenden offenen Schuldsalden dem Finanzamt zur Kenntnis gebracht. Am wurde der Tilgungsplan des Annuitätenzuschusses vorgelegt.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gemäß § 201 BAO die Grunderwerbsteuer mit 3.543,03 Euro fest, weil es eine Gegenleistung nach § 5 GrEStG in Höhe von 177.151,29 Euro vorliegen sah, die die Bemessungsgrundlage bilde. Diese wurde wie folgt aufgeschlüsselt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Sonstige Leistungen
6.052,44 Euro
Übernommene Verbindlichkeiten (abgezinst)
16.394,97 Euro
Übernommene Verbindlichkeiten (aushaftend)
154.703,88 Euro

Gegen die Festsetzung wurde mit Schriftsatz vom Beschwerde erhoben und die ersatzlose Aufhebung des Bescheides begehrt. Die Liegenschaft sei im Zuge des Scheidungsverfahrens in das Alleineigentum des Bf. übergegangen und hätten die Ehegatten im Zuge der Anschaffung der Liegenschaft und Errichtung des darauf befindlichen Gebäudes die damit verbundenen Finanzierungskredite gemeinsam aufgenommen, sodass sie in Solidarhaftung gegenüber der Bausparkasse Wüstenrot und dem Land Steiermark zur ungeteilten Hand gehaftet hätten. Der Bf. habe daher von sämtlichen Kreditgebern bereits als Solidarschuldner, insbesondere auch als Bürge und Zahler für diese Verbindlichkeiten in Anspruch genommen werden können. Die sonstigen Leistungen bestünden aus Rückständen bei der Gemeinde in Höhe von 6.052,44 Euro und habe der Bf., der ständig auf diesem Liegenschaftsobjekt wohnhaft gewesen sei, im Innenverhältnis ebenfalls solidarisch gehaftet. Es sei keine gesonderte Übernahme dieser Verbindlichkeiten gegeben und seien die Verbindlichkeiten bei der Bemessung der Grunderwerbsteuer daher nicht zu berücksichtigen.

In einem Eventualbegehren machte der Bf. geltend, dass im Falle einer Einbeziehung der Kreditsummen in die Bemessungsgrundlage auch nur von 50% der aushaftenden Gesamtverbindlichkeiten auszugehen sei, weil der Bf. bereits mit 50% der aushaftenden Gesamtverbindlichkeiten gehaftet habe.

Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt um Übermittlung der Darlehensurkunden in Kopie. Mit Schreiben vom wurden Auszüge der drei Schuldscheine für Kredite bei der Wüstenrot AG und ein Schuldschein für einen Kredit beim Land Steiermark vorgelegt.

Daraufhin erging am eine teilweise stattgebende Beschwerdevorentscheidung mit einer Festsetzung der Grunderwerbsteuer in Höhe von 1.832,04 Euro. Die Berechnung der Gegenleistung als Bemessungsgrundlage ergab sich dabei wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Sonstige Leistungen
6.052,44 Euro
Übernommene Verbindlichkeiten (abgezinst)
8.197,49 Euro
Übernommene Verbindlichkeiten (aushaftend)
77.351,94 Euro

Damit wurden die Kreditverbindlichkeiten - wie im Eventualbegehren ausgeführt - nur zur Hälfte, die sonstigen Leistungen aber zu 100% in Ansatz gebracht.

Am wurde ein Vorlageantrag eingebracht und weiterhin die Ansicht vertreten, dass durch die Tatsache, dass der Bf. von Anfang an für diese Verbindlichkeiten persönlich und solidarisch gehaftet habe, bei der Bemessung der Grunderwerbsteuer die Verbindlichkeiten nicht zu berücksichtigen seien.

Mit Bescheid vom wurde die Beschwerdevorentscheidung vom gemäß § 299 BAO aufgehoben, weil "von einer unrichtigen Bemessungsgrundlage ausgegangen worden sei". Am wurde eine neue Beschwerdevorentscheidung erlassen und die Grunderwerbsteuer mit 1.771,51 Euro festgesetzt. Die Berechnung der Gegenleistung (= Bemessungsgrundlage) ergab:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Sonstige Leistungen
3.026,21 Euro
Übernommene Verbindlichkeiten (abgezinst)
8.197,49 Euro
Übernommene Verbindlichkeiten (aushaftend)
77.351,94 Euro

Damit wurden alle übernommenen Verbindlichkeiten nur zur Hälfte als Bemessungsgrundlage angesetzt.

Mit Schriftsatz vom wurde ein Vorlageantrag gestellt und neuerlich ausgeführt, dass die Übernahme der Schuldverhältnisse im Scheidungsvergleich keine weiteren steuerlichen Folgen auslösen könne. Der Bf. habe bereits persönlich für die Verbindlichkeiten gehaftet und sei durch die Erklärung iSd § 98 Abs. 3 EheG keine Änderung der Verhältnisse eingetreten, zumal die Erklärung nur eine Veränderung der Haftungsverhältnisse zwischen den (ehemaligen) Ehepartnern auslöse.

Die Beschwerde mit dem Akt wurde dem Bundesfinanzgericht vom Finanzamt zur Entscheidung vorgelegt. Im Vorlagebericht des Finanzamtes vom , der auch dem Bf. zugekommen ist, wurde eine Abweisung der Beschwerde und eine Festsetzung der Grunderwerbsteuer in Höhe von 1.832,04 Euro (Anm: = 1. BVE) beantragt. Nach Ansicht des Finanzamtes, seien die sonstigen Leistungen zur Gänze in Ansatz zu bringen, weil die Ehegattin Alleinschuldnerin dieser Verbindlichkeit gewesen sei und der Bf. diese zur Gänze übernommen habe.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Ehe des Beschwerdeführers (im Folgenden kurz Bf. genannt) wurde am im Einvernehmen (§ 55a EheG) geschieden, nachdem die Ehepartner am gleichen Tag einen gerichtlichen Vergleich nach § 55a Abs. 2 EheG abgeschlossen hatten.

Die Ehefrau des Bf. war Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ ***3***, mit dem darauf befindlichen Haus ***4*** (= Ehewohnung). Nach dem Einheitswertbescheid (Artfortschreibung) des Finanzamtes Oststeiermark vom , EW-AZ ***5***, wurde die Liegenschaft als Einfamilienhaus zum mit 22.100 Euro bewertet. Davor war die Liegenschaft als unbebautes Grundstück zum mit Bescheid vom mit einem Einheitswert von 1.400 Euro bewertet.

Durch die anlässlich der Scheidung getroffene Vereinbarung vom wurde dem Bf. das Alleineigentum an der Liegenschaft übertragen. Die sonstigen Vermögenswerte und der sonstige Hausrat waren bereits einvernehmlich aufgeteilt (Punkt 4 und 8 der Vereinbarung), eine Ausgleichszahlung wurde nicht vereinbart (Punkt 7).

Der Punkt 5. "Schulden" enthält folgende Vereinbarung:

"a) Die Antragsteller sind Solidarschuldner nachstehender Verbindlichkeiten:

aa) Auf Grund des Schuldscheins und der Pfandurkunde vom über € 52.000,-- bei der Bausparkasse Wüstenrot AG.

bb) Auf Grund des Schuldscheins und der Pfandurkunde vom über € 73.000,-- bei der Bausparkasse Wüstenrot AG.

cc) Auf Grund des Schuldscheins und der Pfandurkunde vom über € 30.000,-- bei der Bausparkasse Wüstenrot AG.

dd) Auf Grund des Schuldscheins vom beim Land Steiermark zu GZ 15-2324191 über € 46.842,76.

b) Der Zweitantragsteller (Anm: der Bf.) übernimmt die zu 5. a) genannten Verbindlichkeiten in sein alleiniges Zahlungsversprechen und hält die Erstantragstellerin (Anm: die Ehefrau) diesbezüglich schad- und klaglos.

c) Beide Parteien beantragen Beschlussfassung gemäß § 98 hinsichtlich sämtlicher zu Punkt 5. a) genannter Verbindlichkeiten.

d) Die Erstantragstellerin ist darüber hinaus Schuldnerin folgender Verbindlichkeiten:

ee) Auf Grund des Rückstandsausweises vom der Gemeinde ***2*** über vollstreckbar € 3.671,34 zuzüglich Antragskosten von € 247,80.

ff) Auf Grund des Rückstandsausweises vom über € 2.000,-- gegenüber der Gemeinde ***2*** zuzüglich Antragskosten von € 133,30.

g) Der Zweitantragsteller tritt sämtlichen zu Punkt 5 d) genannten Verbindlichkeiten als Bürge und Zahler bei (Schuldbeitritt), übernimmt diese Verbindlichkeiten in sein alleiniges Zahlungsversprechen und hält im Innenverhältnis die Erstantragstellerin ausdrücklich schad- und klaglos.

6. …"

Die drei Darlehen bei der Bausparkasse Wüstenrot AG (Punkt 5. aa) bis cc)) hafteten zum Stichtag am mit insgesamt 154.703, 88 Euro aus.

Das Darlehen des Landes Steiermark betraf die Rückzahlung der gewährten Annuitätenzuschüsse und haftete zum Stichtag in einem abgezinsten Betrag von 16.394,97 Euro aus. Alle vier Darlehen wurden von beiden Eheleuten gemeinsam als Darlehensnehmer aufgenommen und waren im Grundbuch intabuliert.

Bei der Gemeinde ***2*** bestanden zum Stichtag insgesamt 6.052,44 Euro an Schulden der Ehefrau, die ebenfalls im Grundbuch intabuliert waren.

Der selbstberechnete Abgabenbetrag betrug 84 Euro.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen hinsichtlich der Scheidungsfolgenvereinbarung und der Verbindlichkeiten ergeben sich aus den vorgelegten Urkunden und sind nicht strittig. Die Feststellungen bzgl. der Einheitswerte gründen sich auf die Einsichtnahme der Richterin in die Datenbank der Finanzverwaltung und ins Grundbuch.

Der Sachverhalt wird als erwiesen angesehen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe)

Die Übertragung des Grundvermögens in einer Scheidungsfolgenvereinbarung unterliegt nach § 1 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall GrEStG 1987 der Grunderwerbsteuer. Dies ist unstrittig.

Strittig ist, ob die im Vergleich vereinbarte Übernahme von Verbindlichkeiten durch den Bf. eine Gegenleistung für den Liegenschaftserwerb darstellt oder nicht.

Im ersten Fall ist die Grunderwerbsteuer von der Gegenleistung, im zweiten Fall vom Dreifachen des Einheitswertes, der auf den dem Erwerbsvorgang unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist, zu berechnen.

Die gesetzlichen Grundlagen sind:

§ 4 GrEStG 1987 idF BGBl I Nr. 135/2009, lautet auszugsweise:

"Art der Berechnung

§ 4. (1) Die Steuer ist vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

(2) Die Steuer ist vom Wert des Grundstückes zu berechnen,

1. wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der Wert des Grundstückes,

…"

In den einzelnen Absätzen und Ziffern des § 5 GrEStG 1987 sind die Leistungen nach Art und Umfang aufgezählt, die zur Gegenleistung im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes gehören. Diese Aufzählung ist eine beispielsweise.

Der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuerrecht ist ein dem GrESt-Recht eigentümlicher Begriff und ist im wirtschaftlichen Sinn zu verstehen. Unter einer Gegenleistung ist daher jede geldwerte entgeltliche Leistung zu verstehen, die für den Erwerb des Grundstückes - in den Fällen der Abs. 2 und 3 des § 5 GrEStG auch nur mittelbar - zu entrichten ist (siehe Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, § 5 Rz 5 ff und die darin zitierte VwGH Rechtsprechung). Zur Gegenleistung gehört jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstückes gewährt, oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes empfängt.

§ 6 GrEStG 1987 idF BGBl I Nr. 112/2012 lautet auszugsweise:

"Wert des Grundstückes

§ 6. (1) Als Wert des Grundstückes ist

a) im Falle des § 4 Abs. 2 Z 2 der Einheitswert anzusetzen, wenn das Grundstück, das Gegenstand des Erwerbsvorganges ist, eine wirtschaftliche Einheit (Untereinheit) bildet. Maßgebend ist der Einheitswert, der auf den dem Erwerbsvorgang unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist, im Übrigen

b) das Dreifache des Einheitswertes (lit. a) anzusetzen. Wird von einem Steuerschuldner nachgewiesen, dass der gemeine Wert des Grundstückes im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer ist als das Dreifache des Einheitswertes, ist der nachgewiesene gemeine Wert maßgebend.

(2) …

(3) Haben sich in den Fällen der Abs. 1 und 2 die Verhältnisse zwischen dem unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt und dem Zeitpunkt des Erwerbsvorganges (Stichtag) dergestalt geändert, dass nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung oder eine Artfortschreibung oder spätestens durch den Erwerbsvorgang die Voraussetzungen für eine Nachfeststellung gegeben sind, so ist auf den Zeitpunkt des Erwerbsvorganges (Stichtag) ein besonderer Einheitswert unter sinngemäßer Anwendung der Grundsätze für Fortschreibungen oder Nachfeststellungen zu ermitteln;
….
Wird ein besonderer Einheitswert ermittelt, ist - abgesehen vom Fall des § 4 Abs. 2 Z 2 - das Dreifache des besonderen Einheitswertes (Teilbetrages des besonderen Einheitswertes) anzusetzen."

§ 55a Abs. 2 EheG lautet: "Die Ehe darf nur geschieden werden, wenn die Ehegatten eine schriftliche Vereinbarung über die Betreuung ihrer Kinder oder die Obsorge, die Ausübung des Rechtes auf persönliche Kontakte und die Unterhaltspflicht hinsichtlich ihrer gemeinsamen Kinder sowie ihre unterhaltsrechtlichen Beziehungen und die gesetzlichen vermögensrechtlichen Ansprüche im Verhältnis zueinander für den Fall der Scheidung vor Gericht schließen."

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mit dem Erkenntnis vom , 92/16/0149, richtungsweisend entschieden, dass auch bei Scheidungsvergleichen, die üblicherweise "Pauschalcharakter" haben, Gegenleistungen für grunderwerbsteuerpflichtige Transaktionen ermittelt werden können (aus ). So verwies auch der Verwaltungsgerichtshof zB im Falle des Erkenntnisses vom , 98/16/0241, bei dem einerseits eine Liegenschaftshälfte übertragen wurde, andererseits der Erwerber alle Kredite und Verbindlichkeiten zur Alleinzahlung übernommen hat, darauf, dass im konkreten Einzelfall auch betreffend Scheidungsvergleiche sehr wohl Gegenleistungen ermittelbar sein können.

Auch im vorliegenden Fall handelt es sich nicht etwa um eine Globalvereinbarung, weil die vermögensrechtliche Seite dieses Vergleiches nur die gegenständliche Grundstücksübertragung betrifft. Anderes Vermögen ist nicht Gegenstand der Scheidungsfolgenvereinbarung. In diesem konkreten Fall ist der Wert der genau bezeichneten Gegenleistung ohne weiteres ermittelbar (vgl. ; ).

Im gegenständlichen Fall wird allerdings die Rechtsansicht vertreten, dass eine Gegenleistung deshalb nicht vorliegt, weil der Bf. bereits vor der Scheidungsfolgenvereinbarung für die angeführten Verbindlichkeiten als Solidarschuldner gehaftet habe.

Nach dem Inhalt des Vertragstextes vom hat der Bf. versprochen, die im Sachverhalt genannten grundbücherlich sichergestellten Verbindlichkeiten (Kredite und Verbindlichkeiten bei der Gemeinde) in sein alleiniges Zahlungsversprechen zu übernehmen und die Exgattin diesbezüglich schad- und klaglos zu halten. Dazu wurde eine gerichtliche Beschlussfassung nach § 98 EheG beantragt.

§ 98 EheG bietet eine gesetzliche Grundlage dafür, einer durch Vereinbarung oder gerichtliche Entscheidung getroffenen und zunächst nur im Innenverhältnis zwischen den Ehegatten wirksamen Regelung über die Tragung der Schulden durch Richterspruch auch - wenngleich nur mit Einschränkungen - Außenwirkung gegenüber dem Gläubiger zu verschaffen (Stabentheiner/Pierer in Rummel/Lukas, ABGB4 § 98 EheG (Stand , rdb.at). Durch eine solche Beschlussfassung wird derjenige Ehegatte, der im Innenverhältnis zur Zahlung verpflichtet ist, Hauptschuldner, der andere Ausfallsbürge.

In § 98 Abs. 2 EheG wurde der Eintritt der subsidiären Haftung des Ausfallsbürgen für einen Spezialbereich gesetzlich definiert. Ausfallsbürgschaft liegt bei der Einschränkung der Bürgschaft auf den Fall der Uneinbringlichkeit der Hauptschuld vor. Der Gläubiger kann - von den Ausnahmen des § 1356 ABGB abgesehen - erst dann auf den Bürgen greifen, wenn er gegen den Hauptschuldner geklagt und vergeblich Exekution geführt hat. Demnach kann der Ausfallsbürge - vorbehaltlich des § 1356 ABGB - nur wegen des Betrags belangt werden, der vom Hauptschuldner nicht in angemessener Frist hereingebracht werden kann, obwohl der Gläubiger gegen ihn nach Erwirkung eines Exekutionstitels 1. Fahrnis- oder Gehaltsexekution und 2. Exekution auf eine dem Gläubiger bekannte Liegenschaft des Hauptschuldners, die offensichtlich für die Forderung Deckung bietet, geführt, sowie Sicherheiten, die dem Gläubiger zur Verfügung stehen, verwertet hat (Gamerith in Rummel, ABGB3 § 1356 ABGB (Stand , rdb.at) Rz 5).

Demzufolge könnte die Ehegattin erst nach erfolgloser Exekution auf die Liegenschaft für die offenen Verbindlichkeiten von den Kreditgläubigern herangezogen werden und hätte dann noch einen Regressanspruch gegen den Bf. Durch die Vereinbarung wurde sie von ihrer Verpflichtung, Rückzahlungen an die Bank und das Land zu leisten, befreit und ist ihr durch die Schuldübernahme durch den Bf. jedenfalls ein Vermögensvorteil entstanden.

In diesem Sinne sieht der VwGH auch eine aus Anlass des Erwerbes einer Liegenschaft vom Erwerber übernommene Schuld - idR die Abstattung einer Hypothekarschuld - dann als Gegenleistung an, wenn sich der Erwerber vertraglich verpflichtet hat, den Veräußerer bezüglich dieser Verbindlichkeit schad- und klaglos zu halten (vgl. ; ; ). Ausschlaggebend ist dabei stets das Innenverhältnis. Entscheidend ist der Umstand, dass ein Vermögensvorteil für den Verkäufer geschaffen wird, indem er (sei es auch nur im Innenverhältnis mit dem Käufer) von seiner Belastung befreit wird ().

Die vereinbarte Befreiung der Ehegattin von der Solidarschuld im Zusammenhang mit der Übertragung der Liegenschaft stellt damit eine Gegenleistung im Sinne des § 5 GrEStG 1987 dar. Diese Rechtsansicht wurde bereits in zahlreichen Entscheidungen des UFS bzw. BFG vertreten: so zB ; ; ; ; RV/0410-I/02.

Die Ehegattin hat - neben dem Bf. - als Solidarschuldnerin für die gesamte Schuld gegenüber den Gläubigern gehaftet. Durch die Schuldübernahme des Bf. wurde sie an sich auch von der gesamten Schuld entlastet, allerdings kommt es bei der Schuldübernahme auf das Innenverhältnis an. Vereinbarungen über besondere Verhältnisse unter den Mitschuldnern liegen nicht vor, sodass im Sinne des § 896 ABGB von Gleichteiligkeit auszugehen ist und nur die Übernahme der Hälfte der gemeinsam aufgenommenen Darlehensschulden die Ehegattin wirtschaftlich entlastete (vgl. ).

Dem Eventualbegehren des Bf., nur die Hälfte aller aushaftenden Gesamtverbindlichkeiten als Bemessungsgrundlage in Ansatz zu bringen, konnte allerdings nur teilweise entsprochen werden, weil die Ehegattin - wie in dem Vergleich ausdrücklich ausgeführt - bzgl. der Verbindlichkeiten gegenüber der Gemeinde Alleinschuldnerin war und der Bf. diese zur Gänze übernommen hat.

Da die gegenständliche Vereinbarung keinen Globalcharakter aufweist und im konkreten Fall die Schuldübernahme die Gegenleistung für den Erwerb der Liegenschaft darstellt, ist die Selbstberechnung, die vom Einheitswert eines unbebauten Grundstückes ausging, nicht richtig erfolgt und konnte dem Begehren des Bf., den angefochtenen Bescheid aufzuheben, daher nicht gefolgt werden.

Hinsichtlich der Höhe der Bemessungsgrundlage war der Beschwerde - wie oben ausgeführt -teilweise stattzugeben. Bezüglich der Berechnung der Gegenleistung wird auf die Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hinsichtlich der Frage, wann die Übernahme von Schulden eine Gegenleistung für einen Liegenschaftserwerb darstellt, wird auf die zitierte, ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen. Dass auch bei Vergleichen im Zusammenhang mit einer Scheidung in bestimmten Fällen (kein "Globalcharakter") eine Gegenleistung für einen Liegenschaftserwerb feststellbar ist und daher bei der Festsetzung der Abgabe nicht generell vom Einheitswert auszugehen ist, ist ebenfalls ausjudiziert, weshalb eine Revision nicht zugelassen wurde.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100517.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at