Haftung, Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung, Vorsteuerabzug nicht anerkannt
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***31*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Grant Thornton IBD Austria GmbH & Co KG StBG, Gertrude-Fröhlich-Sandner-Straße 1 Tür 13, 1100 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Haftungsbescheid vom wurde ***Bf1*** (Bf.) als Haftungspflichtiger gemäß § 9 i.V.m. § 80 Bundesabgabenordnung (BAO) für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma ***2*** (FN ***32***) im Ausmaß von € 1.308.716,71 in Anspruch genommen und aufgefordert, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.
Die Haftung wurde hinsichtlich folgender Abgabenschuldigkeiten geltend gemacht
Abgabenart Zeitraum Betrag
Umsatzsteuer 2011 615.585,81
Umsatzsteuer 2012 432.363,27
Umsatzsteuer 2013 260.767,63
Summe: € 1.308.716,71Zur Begründung wurde ausgeführt:
Die Geltendmachung der Haftung (§§ 224 i.V.m. § 9 Bundesabgabenordnung) gründet sich auf folgende Umstände:
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Herr ***Bf1*** fungierte ab bis als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma ***2***. In diesem Zeitraum oblag ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft, sohin auch die Erfüllung der Abgabenzahlungspflichten.
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien AZ ***4*** erfolgte gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit die Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch. Der Rückstand ist daher bei der Primärschuldnerin uneinbringlich.
Zur Frage einer schuldhaften Pflichtverletzung und der dadurch bewirkten Uneinbringlichkeit von Abgabenschuldigkeiten ist auszuführen:
Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis. Daraus ist abzuleiten, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.
Bei Selbstbemessungsabgaben wie der Umsatzsteuer ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (); maßgebend ist daher ausschließlich der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit (). Gemäß der im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommenden Bestimmung des § 21 Abs. 5 UStG 1994 wird durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung keine von Abs. 1 und 3 abweichende Fälligkeit begründet. Das bedeutet, dass nicht der Zeitpunkt der bescheidmäßigen Festsetzung der Umsatzsteuernachzahlung für die Fälligkeit relevant ist, sondern die entsprechende gesetzliche Bestimmung, die besagt, dass sich im Fall rückständiger Vorauszahlungen der 15. des auf den betreffenden Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonates als Fälligkeitstag ergibt.
Die Beurteilung der Haftungsvoraussetzungen (insb. Kausalität der vorzuwerfenden Pflichtverletzung für den Abgabenausfall) ist darauf abzustellen, wann die Abgabe bei pflichtgemäßem Handeln fällig geworden wäre (vgl. etwa ). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. E vom , 2001/14/0006, mwN) gehört es auch zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters, dafür zu sorgen, dass die gesetzlich vorgesehenen Abgabenerklärungen rechtzeitig und richtig eingereicht werden. Die haftungsgegenständlichen Umsatzsteuern wären bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung (spätestens) bis , bzw. abzuführen gewesen (Aufgliederung der Abgaben samt Fälligkeiten siehe Vorhalt vom ). Entscheidend ist daher, ob im Zeitraum bis Mittel zur Entrichtung der Abgaben vorhanden gewesen sind.
Dem Vorbringen in der Vorhaltbeantwortung vom "In keiner Phase der Gesellschaft standen Mittel zur Verfügung, die Finanzamtsschulden in dieser Größenordnung bedienen hätten können" ist Folgendes entgegen zu halten: Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter (vgl. ). Auf ihn lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (). In die rechnerische Darstellung des Nachweises (Verhältnisrechnung) ist einzubeziehen:
■ die gesamte Einnahmensituation (),
■ die gesamte Liquiditätssituation ()
■ die freiwillig geleisteten Zahlungen (),
■ die im Wege der Exekution entrichteten Beträge (),
■ die Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind (etwa sog. Zug-um-Zug-Geschäfte: )
■ die von der Gesellschaft getätigten "systemerhaltenden" Ausgaben (zB Barzahlung neuer Materialien) zu umfassen ().
Vermag der Vertreter nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung ().
Diese Darlegungspflicht trifft auch solche Haftungspflichtige, die im Zeitpunkt der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft nicht mehr deren Vertreter sind.
Vorliegend hat der Vertreter den Nachweis, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, nicht (ausreichend) angetreten. Die uneinbringliche Abgabe kann ihm daher zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl. dazu auch ).
Ergänzend dazu ist auszuführen, dass in der späteren Nichtentrichtung der Abgabe durch den nachfolgend bestellten Geschäftsführer lediglich eine weitere Ursache für den eingetretenen Abgabenausfall zu sehen ist. An der Kausalität der dem Haftenden vorzuwerfenden Pflichtverletzungen, die sich bei den Selbstbemessungsabgaben immer auf deren Fälligkeitstermin beziehen, ändert dies nichts.
Zum Vorbringen in der Eingabe vom , das erkennbar darauf hinzielt, die Abgabenfestsetzung zu bekämpfen, ist auszuführen, dass Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenvorschreibung im Haftungsverfahren nicht zu erörtern sind (vgl. ). Die an die Firma ***2*** gerichteten Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2011, 2013 und 2013 waren dem (an den Haftenden gerichteten) Vorhalt vom beigeschlossen. Damit wurde der zur Haftung Herangezogene darüber aufgeklärt, dass die nunmehr haftungegenständlichen Abgaben gegenüber der Primärschuldnerin schon bescheidmäßig festgesetzt worden sind. Geht - wie hier - einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Abgabenbehörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten (z.B. ; ).
Ermessen
Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd. § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalls. Die Geltendmachung der Haftung stellt im vorliegenden Fall die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar, zumal der haftungsgegenständliche Rückstand bei der Primärschuldnerin nicht mehr eingebracht werden kann. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist (vgl. ). Letzteres steht hier fest.
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Dagegen richtet sich die Beschwerde vom mit folgenden Ausführungen:
"Als Begründung führen wir an:
1. Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff. BAO bezeichneten Vertreter, neben den durch sie vertretenen Abgabenpflichtigen, für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben in Folge schuldhafter Verletzung, der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist es Aufgabe des Geschäftsführers, dar zu tun, weshalb er nicht dafür habe Sorge tragen können, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat (Vgl. ).
Im Namen und Auftrag des Geschäftsführers der ***1*** (***2***) Herrn ***Bf1*** wird dargelegt, weshalb er nicht dafür habe Sorge tragen können, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat.
a) Bilanz der ***1*** zum
Addiert man zu den dort ausgewiesenen Verbindlichkeiten die Umsatzsteuer 2011 so erhält man Gesamtverbindlichkeiten von € 698.284,73. Die Umsatzsteuerverbindlichkeiten betragen dabei 88,16 % dieser Gesamtverbindlichkeiten. Der Geschäftsführer konnte daher nur für diesen Prozentsatz der liquiden Mittel für die Abgabenverbindlichkeiten Sorge tragen, was bei € 76.400,27 Kassenbestand und Guthaben bei Kreditinstituten einen Betrag von € 67.352,07 ausmacht.
b) Bilanz der ***1*** zum
Hier betragen die Verbindlichkeiten € 96.903,68 mit den Verbindlichkeiten aus der Betriebsprüfung von € 432.363,27 ergeben sich Gesamtverbindlichkeiten von € 529.266,95. Der Anteil der Finanzamtsverbindlichkeiten beträgt 80,69 %. Auf die vorhandenen liquiden Mittel von € 60.055,98 ergibt dies einen Betrag von € 49.060,31.
c) Bilanz der ***1*** zum
Aus der Bilanz ergeben sich Verbindlichkeiten von € 195.146,19 mit den Finanzamt Verbindlichkeiten von € 260.767,63 ergeben sich Gesamtverbindlichkeiten von € 455.913,82 was einen Anteil der Finanzamtsverbindlichkeiten von 57,2 % ergibt. Bei vorhandenen liquiden Mitteln von € 730,11 ergibt dies einen Betrag von € 417,60.
Mit beigelegten Bilanzen als Beweis hat der Geschäftsführer dargetan, weshalb er maximal für einen Betrag von € 116.829,98 Sorge hätte tragen können, die nachträglich festgesetzten angefallenen Abgaben zu entrichten.
2. Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht bezüglich der Beschwerdevorentscheidung vom Im vollem Bewusstsein, dass im Verfahren über die Geltendmachung der Haftung Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgaben nicht mit Erfolg erhoben werden können, geben wir trotzdem zu bedenken, dass das zitierte Rechtsmittel aus unserer Sicht sehr erfolgversprechend zu sein scheint, was allein mit der Argumentation der Verhältnismäßigkeit der festgesetzten Abgaben, auf die die Berufungsvorentscheidung gar nicht eingegangen ist, begründet werden kann. Eine weitere Senkung der Abgabenschuld und damit auch eine Haftungsinanspruchnahme ist aus diesem Titel daher zu erwarten.
Wir stellen daher den Antrag, die Haftung hinsichtlich der Abgabenschuldigkeiten des Herrn ***Bf1*** auf die maximale Höhe von € 116.829,98 zu reduzieren, da er nachgewiesen hat, dass er in den Jahren 2011 -2013 nicht für mehr habe Sorge tragen können, die bei der Gesellschaft ***1*** (***2***) angefallenen Abgaben zu entrichten.
Wir stellen weiters den Antrag gemäß § 20 BAO das Ermessen der Abgabenbehörde dahingehend auszuüben, die Haftung auf 10 % dieses Betrages, das sind € 11.683,00 zu reduzieren, da Herr ***Bf1*** nicht in der Lage ist, auf Grund seiner finanziellen und familiären Situation mehr Geld für die anstehende Haftung aufzubringen.
Darüber hinaus stellen wir den Antrag auf Aussetzung der Einhebung des Haftungsbetrages in Höhe von € 1,308.716,71 gemäß § 212 a BAO bis zur Erledigung dieses Rechtsmittels."
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Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen und die Entscheidung so begründet:
"Die Firma ***2***, FN ***32***, schuldet dem Finanzamt Österreich unter der Abgabenkontonummer ***3*** die im Spruch des bekämpften Haftungsbescheides angeführten Abgaben in Höhe von EUR 1.308.716,71.
Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien AZ ***4*** erfolgte die amtswegige Löschung der
GmbH im Firmenbuch (gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit). Damit steht die Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin fest.
Mit Bescheid vom zog das Finanzamt den Beschwerdeführer (Bf.) gemäß § 9 BAO in Verbindung mit § 80 BAO zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der Firma ***2*** in Höhe von EUR 1.308.716,71 heran. Gegen diesen Haftungsbescheid richtet sich die mit datierte und am eingebrachte Beschwerde.
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (vgl. ). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (vgl. ). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären (vgl. ).
Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit fest, da die Primärgesellschaft wegen Vermögenslosigkeit bereits von Amts wegen im Firmenbuch gelöscht wurde.
Unbestritten ist, dass dem Bf. in der Zeit vom bis als Geschäftsführer der Firma ***2*** die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag.
Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Vertreters (Geschäftsführer, Vorstand), darzutun, weshalb er den auferlegten Pflichten nicht entsprochen hat, insbesondere nicht Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf.
Nach § 9 BAO haftet der Vertreter in dem Umfang, in dem eine Kausalität zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters und dem Entgang von Abgaben besteht. Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter (vgl. ).
Sofern die Firma ***2*** zu den jeweiligen Fälligkeiten der haftungsgegenständlichen Abgaben nicht mehr über ausreichende liquide Mittel zur (vollen) Bezahlung aller Verbindlichkeiten verfügte, ist für die Befreiung von der Haftung der Nachweis zu erbringen, dass innerhalb des Beurteilungszeitraums (zur Zeitraumbetrachtung siehe z.B. ; , RV/1907-W/07; , RV/1409-L/07; ) die Abgabenbehörde nicht schlechter behandelt wurde als andere Gläubiger. Der Nachweis gilt als erbracht, wenn im periodenübergreifenden Beurteilungszeitraum das Verhältnis aller Zahlungen auf die insgesamt fälligen Verbindlichkeiten ("allgemeine Zahlungsquote") dem Verhältnis der Zahlungen auf die insgesamt fälligen Zahlungsverbindlichkeiten des Finanzamtes ("FinanzamtZahlungsquote") entsprochen hat.
Hat der Vertreter (Geschäftsführer, Vorstand) schuldhaft seine Pflicht, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, verletzt, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. ). Der Vertreter haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden sind, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten (vgl. ). Darüber hinaus lastet auf dem Vertreter auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (vgl. ).Dem Vorbringen aus der Vorhaltebeantwortung vom , die Firma ***2*** (früher ***1***) hätte keine anderen Gläubiger als den Abgabengläubiger gehabt ist entgegen zu halten, dass der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung sich auch auf Zahlungen bezieht, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung bzw. logischen Denkgesetzen erscheint es der belangten Abgabenbehörde unglaubwürdig, dass die Primärschuldnerin keine zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlichen Zahlungen zu leisten hatte, zumal sich in der im Rahmen der Vorhaltebeantwortung übermittelten Gewinn- und Verlustrechnung ua. ein Mietaufwand wiederfindet. Eine Privilegierung von Gläubigern kann daher etwa auch in der Barzahlung von Wirtschaftsgütern (Zug-um-ZugGeschäfte) bestehen. Der vom Vertreter zu erbringende Nachweis der Gleichbehandlung aller Gläubiger hat daher ua. auch die von der Gesellschaft getätigten Zug-um-Zug-Geschäfte zu umfassen (vgl. ). Dazu gehören beispielsweise Zahlungen für Miete (vgl. ), Strom (vgl. ) oder Sozialversicherungsbeiträge (vgl. ).
In die rechnerische Darstellung des Nachweises (Verhältnisrechnung) ist daher einzubeziehen:
• die gesamte Einnahmensituation (),
• die gesamte Liquiditätssituation ()
• die freiwillig geleisteten Zahlungen (),
• die im Wege der Exekution entrichteten Beträge (),
• die Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind (etwa sog. Zug-um-Zug-Geschäfte: )
• die von der Gesellschaft getätigten "systemerhaltenden" Ausgaben (zB Barzahlung neuer Materialien: ).
Vermag der Vertreter nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung (vgl. ). Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl. ). Dem Vertreter obliegt es auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch das Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken - zu treffen (vgl. ).
Dem Beschwerdevorbringen ist lediglich zu entnehmen, dass der Bf. nur für einen gewissen Prozentsatz der liquiden Mittel für die Abgabenverbindlichkeiten Sorge habe tragen können.
Insgesamt habe daher der Bf. höchstens einen Betrag in Höhe von EUR 116.829,98 der nachträglich festgesetzten angefallenen Abgaben zu entrichten. Die in der Beschwerde angestellten Berechnungen und angeführten Unterlagen reichen allerdings nicht aus, um den erforderlichen Nachweis zu erbringen. Der Bf. hätte vielmehr die bereits im Haftungsbescheid vom und oben nochmals angeführte rechnerische Darstellung (Verhältnisrechnung) samt dazugehöriger Aufstellungen, Berechnungen und Unterlagen zum Nachweis Vorbringen müssen. Die uneinbringliche Abgabe kann ihm daher zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl. ).
Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war (vgl. ).
Zum Ermessen:
Die Haftung ist einem zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch nachgebildet (vgl. ). Die Geltendmachung einer Haftung ist in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt (vgl. Ritz, BAO, § 7 Rz 5). Wesentliches Ermessenskriterium für den Haftungsausspruch ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Berücksichtigt man die Tatsache, dass der Bf. im Zeitraum zu den jeweiligen Fälligkeiten der Abgaben (siehe Aufgliederung) als einziger Vertreter der Primärschuldnerin für die Entrichtung der im Spruch des angefochtenen Haftungsbescheides angeführten Abgabenschuldigkeiten verantwortlich war, so erweist sich die Haftungsinanspruchnahme in Ausübung des freien Ermessens im öffentlichen Interesse jedenfalls als notwendig und zweckmäßig, sodass Billigkeitserwägungen zu seinen Gunsten in den Hintergrund treten.
Die vom pot. Haftenden vorgebrachte finanzielle und familiäre Situation steht nach der hg. Rsp. (vgl. ) in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung, zumal eine allfällige (zur Zeit der Erlassung des Haftungsbescheides bestehende) Uneinbringlichkeit beim Haftenden nicht ausschließt, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben führen können (s. dazu auch )."
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Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom :
"Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde (Vorlageantrag vom ) durch das Bundesfinanzgericht und begründen dies wie folgt:
1. Auf Grund des Vorlageantrages gegen die materiellen Bescheide ist noch nicht abschließend entschieden, ob Herr ***Bf1*** überhaupt für € 1.308.716,71 haftet. Im Zuge der Rechtsmittel könnte eine deutliche Reduzierung, und davon gehen wir aus, ergeben, sodass das Rechtsmittel insbesondere gegen die Höhe der Haftung eingebracht wird.
2. Verhältnismäßigkeit
Im Vorlageantrag vom wurden alle Bilanzen zum Stichtag , 2012 und 2013 vorgelegt, die beweisen, dass Herr ***Bf1*** in der Größenordnung von € 1,3 Mio. niemals in der Lage war, aliquot die Abgaben der Betriebsprüfung zu entrichten.
In der Beschwerdevorentscheidung wird nun diesem Nachweis entgegengehalten, dass die Gleichbehandlung aller Gläubigern, die sogenannten Zug um Zug Geschäfte, nicht umfassen würden. Als Beispiele werden die Zahlungen für Miete (2011 € 1.277,80, 2012 € 0,00, 2013 € 612,00), Strom (2011, 2012 und 2013 € 0,00) oder Sozialversicherungsbeiträge (2011, 2012 und 2013 € 0,00) angeführt. Wir sehen daher überhaupt keine Veranlassung, dass die beigelegten Bilanzen zu den jeweiligen Stichtagen nicht genügend Aussage darüber geben, dass Herr ***Bf1*** zu keinem Zeitpunkt in der Lage war auch nur annähernd € 1,3 Mio. Steuern zu begleichen.
3. Auf den Punkt der Verhältnismäßigkeit geht die Berufungsvorentscheidung überhaupt nicht ein, obwohl in 13 Jahren des Bestehens der Gesellschaft die ***1*** so häufig geprüft worden ist wie keine andere Gesellschaft in unserer Mandantschaft. Die Streichung der UID-Nummer eines Kunden als Verdachtsmoment heranzuziehen, um alle Vorsteuern von innergemeinschaftlichen Erwerben zu streichen, kann nicht die Bezeichnung objektiv erlangen. Auch die Verhältnismäßigkeit der, bei der Beschwerdevorentscheidung ins Treffen geführten Zug um Zug Geschäfte zeigen, dass alle Maßnahmen der Finanzverwaltung im Verhältnis zum eingeforderten Betrag von € 1.308.716,71 Bagatellen ausmachen oder in der Gewinn- und Verlustrechnung der vorgelegten Bilanzen gar nicht vorkommen.
Wir stellen daher, wie in unserer Beschwerde vom beantragt, den Antrag die Haftung hinsichtlich der Abgabenschuldigkeiten des Herrn ***Bf1*** auf die maximale Höhe von € 116.829,98 zu reduzieren, da trotz der Berücksichtigung von Zug um Zug Geschäften nachgewiesen wurde, dass Herr ***Bf1*** in den Jahren 2011 bis 2013 nicht für mehr habe Sorge tragen können, die bei der Gesellschaft ***1*** (***2***) angefallenen Abgaben zu entrichten.
Wir wiederholen auch den Antrag gemäß § 20 BAO das Ermessen der Abgabenbehörde dahingehend auszuüben die Haftung auf 10 % dieses Betrages, d.s. € 11.683,00 zu reduzieren, da Herr ***Bf1*** nicht in der Lage ist, auf Grund seiner finanziellen und familiären Situation mehr Geld für die ausstehende Haftung aufzubringen. Auf diesen Antrag wird in der Berufungsvorentscheidung gar nicht eingegangen.
Darüber hinaus stellen wir nochmals den Antrag auf Aussetzung der Einhebung des Haftungsbetrages in Höhe von€ 1,308.761,71 gemäß § 212 a BAO bis zur Erledigung des Rechtmittels.
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Dass Beschwerdeverfahren wurde erst mit Vorlagebericht vom an das BFG zur Entscheidung vorgelegt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in § 80 Abs. 1 BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Voraussetzungen für die Geltendmachung einer Haftung gemäß § 9 BAO sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die objektive Uneinbringlichkeit der entsprechenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (), die Stellung als Vertreter, dessen schuldhafte Pflichtverletzung sowie die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Uneinbringlichkeit ().
Da es sich bei der Vertreterhaftung nach § 9 Abs. 1 BAO um eine Ausfallshaftung handelt, ist zunächst als Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Haftenden die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben bei der Primärschuldnerin im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Bf. festzustellen.
Die ***1*** wurde mit Gesellschaftsvertrag vom **.07.2004 gegründet. Der Bf. fungierte ab Gründung bis als handelsrechtlicher Geschäftsführer.
Am wurde die Gesellschaft in ***2*** umbenannt und ***5*** wurde alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer.
Am **.10.2017 wurde die Firma gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht.
Somit ist ein Zugriff auf Geldmittel der Gesellschaft nicht mehr möglich und folglich die Voraussetzung der Uneinbringlichkeit der gegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin jedenfalls gegeben.
Der Bf. war im Zeitraum seiner Geschäftsführung grundsätzlich verpflichtet war, für die Einhaltung der abgabenrechtlichen Vorschriften und die Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten der von ihm vertretenen Gesellschaft Sorge zu tragen.
Zur Frage, ob nun eine schuldhafte Pflichtverletzung, welche eine Uneinbringlichkeit von Abgabenschuldigkeiten bewirkt hat, vorliegt ist zunächst Folgendes auszuführen:
Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.
Daraus ist abzuleiten, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.
Nur schuldhafte Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen zur Haftungsinanspruchnahme. Eine bestimmte Schuldform ist jedoch nicht gefordert, weshalb auch leichte Fahrlässigkeit genügt (z. B. , , 95/15/0137). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinn des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Unterbleibt der Nachweis, kann die Behörde die uneinbringlichen Abgaben dem Vertreter zur Gänze vorschreiben (). Dem Vertreter obliegt dabei kein negativer Beweis, sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die zB. der gebotenen rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegenstanden ().
Hinsichtlich der sogenannten Gleichbehandlungsabgaben, wozu auch die Umsatzsteuer gehört, obliegt es gegebenenfalls dem Bf. einen Nachweis zu erbringen, dass er mit deren Nichtentrichtung, bzw. anteiligen Nichtentrichtung die Abgabenbehörde als Gläubigerin nicht schlechter gestellt habe als die anderen Gläubiger.
Dem Vertreter obliegt es auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch Erstellung und Aufbewahrung von Ausdrucken - zu treffen. Es ist dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten kann, schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften - jene Informationen zu sichern, die ihm im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen (vgl. ).
Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 94 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.
Abs. 3: Wenn der Unternehmer die Einreichung der Voranmeldung pflichtwidrig unterlässt oder wenn sich die Voranmeldung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist, so hat das Finanzamt die Steuer festzusetzen. Eine Festsetzung kann nur so lange erfolgen, als nicht ein den Voranmeldungszeitraum beinhaltender Veranlagungsbescheid erlassen wurde. Eine festgesetzte Vorauszahlung hat den im Abs. 1 genannten Fälligkeitstag. Die Gutschrift eines festgesetzten Überschusses wirkt bis zur Höhe des vorangemeldeten Überschussbetrages auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück. Führt eine Festsetzung zur Verminderung eines Überschusses, so gilt als Fälligkeitstag der Nachforderung der Zeitpunkt, in dem die Gutschrift des Überschusses wirksam war.
Abs. 5: Durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung wird keine von Abs. 1 und 3 abweichende Fälligkeit begründet.
Verfahrensgegenständlich geht es um die Haftungsinanspruchnahme für Umsatzsteuernachforderungen nach einer abgabenbehördlichen Prüfung, deren Ergebnisse im Prüfbericht vom wie folgt festgehalten sind:
Steuerliche Feststellungen
Tz. 1 Sitz und Ort der Geschäftsleitung
Am eingetragenen Firmensitz ***33***6 befindet sich die Anwaltskanzlei ***34***. Im Zuge einer Erhebung bei dieser Kanzlei war festzustellen:
Die ***1*** ist Mieterin eines Büros an der Kanzleiadresse. Dasselbe Büro wird auch an mehrere andere Firmen in gleicher Weise vermietet. Es handelt sich um einen ca. 10 m2 großen Raum im Kanzleiverband, der im Zeitpunkt der Erhebung offensichtlich bereits seit längerem nicht mehr benutzt wurde. Der Mietvertrag wurde nur mündlich vereinbart. Unterlagen der Fa. ***1*** waren dort nicht vorzufinden.
Nach Ansicht der BP handelt es sich um eine reine Domizilierung. Die geprüfte GmbH verfügt an diesem Standort über keine Einrichtungen und kein Personal.
Eine tatsächliche Geschäftstätigkeit an dieser Firmenadresse ist daher nach objektiven Maßstäben auszuschließen.
Herr ***Bf1*** verfügt über keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich.
Auch sonst konnte im Rahmen der BP kein konkreter lnlandsbezug, weder die Geschäftstätigkeit betreffend noch persönlicher Natur, festgestellt werden.
Im Zuge der Besprechung vom wurde vorgebracht, dass die Fa. ***1*** ab 02/2014 einen Autoabstellplatz in ***6*** angemietet habe.
Der vorgelegte Mietvertrag mit der ***7*** lautet jedoch nicht auf die ***1*** sondern auf einen Hrn. ***8***. Es handelt sich um einen "flexiblen AbsteIlplatz" für einen PKW, eingeschränkt auf das Fahrzeug BMW mit dem angeführten Kennzeichen lt. Vertrag. Das Abstellen von Fahrzeugen ist nur durch den Mieter, Hrn. ***9***, selbst gestattet. Eine Untervermietung ist vertraglich dezidiert ausgeschlossen.
Hr. ***Bf1*** gab an, Hr. ***9*** sei ein persönlicher Bekannter von ihm.
Lt. Melderegister stammt Hr. ***9*** ebenfalls aus ***10***, D.
Nach Ansicht der BP handelt es sich um einen Freundschaftsdienst des Hrn. ***9*** für Herrn ***Bf1***. Eine gewerbliche Nutzung scheint aufgrund der Vertragsbestimmungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen.
Letzter bekannter Wohnsitz des GF ***Bf1*** ist ***Bf1-Adr***.
Einer Mitteilung der hessischen Behörden zufolge hält sich Hr. ***11*** jedoch meistens nicht an dieser Adresse auf.
Mit dieser Mitteilung wurde Hr. ***11*** im Zuge einer Besprechung beim steuerlichen Vertreter konfrontiert und wurde dies von ihm in Abrede gestellt. Herr ***11*** gibt an, dort nach wie vor eine Wohnung innezuhaben und auch tatsächlich zu benutzen.
Seiner Angabe zufolge verfügt die Familie noch über einen weiteren Wohnsitz in Spanien in ***12***, ES. Es handle sich dabei um den Herkunftsort seiner Gattin (geb. ***13***). Herr ***11*** verwendet bei seinen Telefonaten regelmäßig ein spanisches Mobiltelefon.
Nach Ansicht der BP spricht daher einiges für die Annahme, dass Herr ***Bf1*** als Geschäftsführer der ***1*** seine Geschäfte eigentlich im Ausland tätigt, jedenfalls nicht von Osterreich aus. Die UID-Nummer wurde daher im Rahmen der BP gesperrt
Das Unternehmen ist an der angegebenen Betriebsadresse nicht existent.
Tz. 2 Berichtigungen Differenzbesteuerung
Die Gesellschaft tätigte im Zeitraum 2011-2013 zahlreiche Umsätze von Fahrzeugen, die der Differenzbesteuerung gem. § 24 UStG unterlagen.
Die Überprüfung dieser Geschäftsfälle führte zu folgenden erforderlichen Korrekturmaßnahmen (siehe Aufstellung).
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2011 | 2012 | 2013 | |
Umsätze gem. § 24 UstG lt. BP | 1.333,33 | 18.750,00 | 9.666,67 |
bisher versteuerte Umsätze § 24 UStG | 0 | 6.250,00 | 4.620,54 |
Korrektur It. BP | 1.333,33 | 12.500,00 | 5.046,13 |
Tz. 3 Fa. ***14*** ***17***
Die Gesellschaft stand von 2011 bis 2013 in Geschäftsbeziehung mit der portugiesischen Firma ***15*** (kurz ***14***), ***16***, ***17***.
Im Rahmen dieser Geschäftsbeziehung wurden 6 Fahrzeuge eingekauft und 3 Fahrzeuge verkauft.
Auf Anfrage an die portugiesischen Steuerbehörden wurde von diesen mitgeteilt:
"Die Firma hat ihren Sitz in ***18***. An dieser Adresse habe eine Anwaltskanzlei ihren Firmenstandort, die Fa. ***19***. , die einen Servicevertrag mit der Fa. ***14*** abgeschlossen habe.
Die Gesellschaft handle lt. Firmenregister mit Personenkraftwagen.
Als einziger Gesellschafter sei ein spanischer Staatsbürger eingetragen, Hr. ***20*** mit Adresse ***21***, ES.
Die Gesellschaft habe keine Beschäftigten oder Lagermöglichkeiten oder sonst Einrichtungen die auf eine Geschäftstätigkeit oder die Lieferung von Fahrzeugen in ***17*** schließen lassen.
Die Steuererklärungen der Gesellschaft beinhalten nicht die innergemeinschaftlichen Erwerbe welche die Gesellschaft seit 2011 getätigt habe.
Dem MIAS System zufolge habe ***14*** innergemeinschaftliche Erwerbe aus Deutschland, Belgien, Österreich, Italien und den Niederlanden im Ausmaß von 3.640.508 Euro getätigt.
Diese Länder wurden von den portugiesischen Behörden verständigt. Die Fahrzeuge seien aber in ***17*** weder geliefert noch angemeldet worden.
Es gäbe Anzeichen dafür, dass die Fahrzeuge möglicherweise in andere Mitgliedsstaaten wie Spanien oder Österreich gelangt wären.
Die Umsatzsteueridentifikationsnummer von ***14*** wurde daher mit im MIAS System gesperrt.
Bezugnehmend auf die übermittelten Rechnungen wird darauf hingewiesen, dass die Rechnungen den Vermerk "***22***" (Differenzbesteuerung) aufweisen. Dies sei nicht möglich, da die KFZ aus innergemeinschaftlichen Erwerben stammten.
Es ist daher davon auszugehen, dass es sich um einen Missbrauch des Differenzbesteuerungsregimes handelt.
Hinsichtlich der Abwicklung dieser Geschäfte war festzustellen, dass keine Frachtpapiere oder sonstigen Beförderungsdokumente vorliegen, obwohl die Rechnungen den Vermerk Lieferung per LKW (Transporte Camiao) aufweisen. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die räumliche Distanz zwischen ***16*** und Wien als äußerst ungewöhnlich anzusehen. Nach Ansicht der BP widerspricht es den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass Neu- oder Gebrauchtfahrzeuge im Rahmen von Selbstabholung über Distanzen von in diesem Fall bis zu 2.900 km bewegt werden. Dies würde einen erheblichen Einfluss auf den Fahrzeugwert haben und die Beschaffenheit des Fahrzeuges derart verändern, dass ein Wirtschaftsgut anderer Marktgängigkeit entstünde.
So wurde beispielsweise ein Fahrzeug (BMW X6) am von ***14*** an ***35*** fakturiert. Die Zahlungen zu dieser Rechnung erfolgten am 14.12. bzw. .
Dieses Fahrzeug wurde von einer italienischen Firma an die Fa. ***14*** jedoch erst mit Rechnung vom fakturiert. Die Zahlung von ***14*** an diese Firma erfolgte am .
Es erscheint daher in höchstem Ausmaß unwahrscheinlich, dass das Fahrzeug, welches sich zu diesem Zeitpunkt noch in Italien befand, hernach über ***16*** und Wien transportiert wurde. Es gibt auch keine Frachtpapiere, die dies belegen könnten. Dies würde auch keinen Sinn ergeben, da ja im Zeitpunkt des Verkaufs bereits festgestanden wäre, dass das Fahrzeug angeblich nach Wien gehen sollte.
Der BMW X6 wurde von der ***35*** am an einen deutschen Autohändler weiterfakturiert. Diese Zahlung wurde am bar quittiert. Dem Zahlungsbeleg ist als Transportart "Achse" zu entnehmen.
Es erscheint daher wesentlich wahrscheinlicher, dass das Fahrzeug vom Abnehmer direkt in Italien abgeholt wurde.
Dafür spricht auch, dass keinerlei sonstige Transportpapiere vorliegen. Die ***35*** selbst verfügt über keine entsprechenden Vorrichtungen (Anhänger, Achsauflieger,..) für solche Transporte.
Ein anderes Fahrzeug (BMW X6) wurde wiederum von einer italienischen Zulieferfirma am an die Fa. ***14*** fakturiert und am von einem Hrn. ***23*** überwiesen. Dieser Herr trat auch gegenüber der italienischen Firma als Bevollmächtigter der ***14*** auf, obwohl zumindest auf dem Papier kein Konnex zu der portugiesischen Firma feststellbar war.
Seinen Wohnsitz hat Hr. ***23*** It. Kopie der Dokumente jedoch in ***10***, D. Das ist dieselbe Gemeinde, in der auch Hr. ***Bf1***, der GF der ***1***, seinen Wohnsitz hat.
Das Fahrzeug sei von Hrn. ***23*** in Italien abgeholt worden. Wiederum gibt es jedoch keine Transportdokumente, die ein tatsächliches Verbringen nach ***16*** bzw. in späterer Folge nach Wien dokumentieren.
Das Fahrzeug wurde von der ***1*** am an einen Hrn. ***24***, D, fakturiert.
Dabei handelt es sich um eine unmittelbare Nachbargemeinde von ***10*** (ca. 10 km entfernt).
Es erscheint daher auch in diesem Fall wesentlich wahrscheinlicher, dass das Fahrzeug direkt von Italien nach Deutschland verbracht wurde.
Von der ***1*** wurden auch Ausgangsrechnungen an ***14*** gelegt. So wurde am ein PKW (BMW 523i) und am selben Tag ein weiterer PKW (BMW X6) an die Fa. ***14*** fakturiert.
Beide PKW wurden am von einer italienischen Zulieferfirma erworben.
Als Nachweis der Beförderung wurden für beide Fahrzeuge gleichlautende Bestätigungen eines Hrn. ***20*** vom vorgelegt. Dieser habe die Fahrzeuge persönlich übernommen und nach ***17*** verbracht.
Wie aus den Erhebungsunterlagen der portugiesischen Behörden hervorgeht, verfügt die (Schein-)gesellschaft in ***17*** über keinerlei Betriebsvermögen, demnach auch über keinen LKW oder ein entsprechendes Anhängerfahrzeug. Hr. ***20*** müsste demnach die Fahrzeuge selbst gefahren haben.
Es erscheint in höchstem Maße unwahrscheinlich, dass eine Person an ein und demselben Tag zwei Fahrzeuge persönlich abholen und nach ***17*** fahren konnte, eine Strecke von immerhin über 2.900 km.
Nach Ansicht der BP liegen daher ausreichend Anhaltspunkte vor, anhand derer das geprüfte Unternehmen im Rahmen der Geschäftsabwicklungen Verdacht hätte schöpfen müssen, dass das portugiesischen Unternehmen nicht seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen nachkam. Der Umstand, dass das geprüfte Unternehmen dennoch nicht von dieser Geschäftsbeziehung Abstand nahm, sondern an Geschäften unter Angabe falscher Tatsachen partizipierte, ist nach Ansicht der BP ein Indiz dafür, dass die geprüfte Gesellschaft von den Praktiken der ***14*** wusste oder wissen hätte müssen.
Die BP schließt sich daher der Ansicht der portugiesischen Behörde an, dass es sich bei den Eingangsfakturen der ***15*** um einen Missbrauch des Differenzbesteuerungsregimes handelt.
Die bisher der Differenzbesteuerung unterzogenen Verkäufe sind daher der Normalbesteuerung zu unterwerfen, wobei davon auszugehen war, dass keine Möglichkeit besteht, die USt von den Erwerbern nachzufordern.
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Jahr Re.Nr. | Betrag | BisherDiff. Best. | Lt. BP 20% | Erhöhung brutto | netto |
2011 AR 390 | 48.800 | 800 | 48.800 | 48.000 | 40.000 |
2012 AR 396 | 46.000 | 1.000 | 46.000 | 45.000 | |
AR 404 | 38.000 | 500 | 38.000 | 37.500 | |
AR 415 | 61.000 | 3.000 | 61.000 | 58.000 | |
AR 421 | 51.750 | 0 | 51.750 | 51.750 | |
AR 425 | 39.500 | 4.500 | 39.500 | 35.000 | |
9.000 | 235.750 | 226.750 | 188.958,33 |
Weiters wurden insgesamt 3 Fahrzeuge an die ***15***. fakturiert.
Diese Verkäufe wurden bisher als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen behandelt.
Wie oben dargestellt, handelt es sich um ein Scheinunternehmen, das am angeführten Firmensitz nicht tatsächlich existiert.
Die Fahrzeuge gelangten im Zuge der Lieferung nicht nachweisbar von Österreich nach ***17***. Die Steuerfreiheit der Lieferungen war daher zu versagen. Die Lieferungen unterliegen der Normalbesteuerung.
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Jahr Re.Nr. | Betrag | Bisher igt. 0% | Lt. Bp 20 % brutto | netto |
2011 AR 384 | 29.000 | |||
AR 385 | 48.500 | Summe 77.500 | 77.500 | 64.583,33 |
2012 AR 430 | 28.500 | 28.500 | 28.500 | 23.750 |
Tz. 4 Vorsteuer aus IG-Erwerben
Im Zuge der BP wurden zahlreiche Geschäfte stichprobenweise überprüft.
Dabei war festzustellen, dass die Fahrzeuge immer wieder über die Internetplattform "mobile.de" inseriert wurden unter Angabe des deutschen Umsatzsteuersatzes iHv 19%. Als Standort der Fahrzeuge wird immer Deutschland angeführt.
Es gibt in den meisten Fällen keine Frachtpapiere und keinen objektiven Nachweis, dass die Fahrzeuge jemals in Osterreich waren.
Zumeist seien die Fahrzeuge direkt vom Erwerber oder von einem Vertreter des Erwerbers persönlich abgeholt und weggefahren worden. Als Nachweis dafür liegen in den meisten Fällen nur die kaum nachprüfbaren Bestätigungen der Abnehmer vor, von denen sich einige als nicht den Tatsachen entsprechend herausgestellt haben. Siehe dazu auch die Sachverhaltsdarstellung rund um die Fakturen der ***14*** (Tz 3). Solche und ähnliche Vorgänge, die den Erfahrungen des täglichen Lebens widersprechen, konnten aber auch bei zahlreichen anderen Geschäftsfällen festgestellt werden.
So wurde beispielsweise ein Porsche Cayenne D am mit AR408 um 67.000,- an eine bulgarische Firma ***25***, verkauft. Ermittlungen ergaben, dass der Geschäftsführer dieser Gesellschaft jeden geschäftlichen Kontakt mit der ***1*** in Abrede stellt und das Fahrzeug nicht erworben haben will. Tatsächlich wurde das Fahrzeug später auch wieder in Deutschland zum Verkehr zugelassen.
Mit AR426 vom wurde ein Porsche Cayenne D um 66.000,- an eine tschechische Firma ***26***, fakturiert. Auch in diesem Fall liegen sämtliche Bestätigungen über die Fahrzeugabholung vor. Die Gesellschaft bestreitet jedoch durch ihren Geschäftsführer, das Fahrzeug jemals erworben zu haben. Lt. tschechischen Behörden ist das Fahrzeug zwar in Tschechien zugelassen, jedoch nicht auf den angeblichen Erwerber ***27*** sondern auf eine gänzlich andere Firma, mit der die ***1*** keinerlei Geschäftskontakt hatte.
Weiters wäre da auch noch die oft beträchtliche räumliche Distanz zu den Empfängern sowie die Tatsache, dass das Zurücklegen dieser Entfernungen mit dem Fahrzeug selbst zu einer erheblichen Entwertung des Fahrzeuges führen würde. Es würde ein Wirtschaftsgut anderer Marktgängigkeit entstehen, zB. würde aus einem (fast) Neuwagen ein Gebrauchtwagen werden, insbesondere bei mehreren Empfängern in der Lieferkette.
Tatsächlich gibt es auch einige eklatant widersprüchliche km-Stände bei Ein- und Verkäufen It. Rechnung, bei denen angeblich Abholungsvorgänge erfolgt seien, wo die KFZ jedoch mit demselben oder unbedeutend höheren km-Stand weiterverkauft wurden, teilweise sogar mit niedrigerem.
Tz. 4 Vorsteuer aus IG-Erwerben
So wurde beispielweise 2011 ein Porsche Panamera von der Fa. ***29*** (D) erworben (ER 107 vom ) mit einem Kilometerstand von 5.000 km.
Dasselbe Fahrzeug wurde an die italienische Firma ***28*** weiterfakturiert mit einem Kilometerstand von 4.300 km. Es gibt keine Frachtpapiere und das Fahrzeuge wäre in beiden Fällen durch Selbstabholung befördert und gefahren worden.
Die Gesellschaft selbst verfügte an ihrem Firmensitz nur über eine Postadresse (Briefkasten), über kein bekanntes Betriebsvermögen, keine Angestellten und keine sonstigen Einrichtungen. Der Geschäftsführer hält sich für gewöhnlich nicht in Österreich auf und verfügt hier über keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt (siehe dazu auch die Ausführungen lt. Tz 1).
Nach Ansicht der BP spricht daher einiges dafür, dass die Fahrzeuge tatsächlich nie in Österreich waren, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit auf kurzem Wege, sprich direkt vom ersten Lieferer an den weiteren Abnehmer in der Kette gelangten.
Dennoch wurden von der geprüften Gesellschaft bisher alle innergemeinschaftlichen Erwerbe unter ihrer österreichischen UID-Nummer durchgeführt und die Erwerbsteuer in den Umsatzsteuererklärungen als Vorsteuer in Abzug gebracht.
Art. 3 Abs. 8 BMR normiert zum Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs, dass der Erwerb in dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt wird, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet.
Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, so gilt der Erwerb solange als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb durch den im ersten Satz bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist ("Doppelerwerb").
In diesem Fall ist der Erwerber jedoch nicht zum Abzug der auf den innergemeinschaftlichen Erwerb entrichteten Mehrwertsteuer als Vorsteuer berechtigt (UStR Rz 3777 ı vgl. RS-C536/08 und RS-C539/08, X und Facet BV/ Facet Trading BV)
Es waren daher die innergemeinschaftlichen Erwerbe des Prüfungszeitraumes der Erwerbsteuer in Höhe von 20% zu unterziehen. Ein Vorsteuerabzug aus diesen Erwerben hat jedoch aus o.a. Gründen zu unterbleiben.
Die Vorsteuer aus den ig-Erwerben der geprüften Jahre war daher in folgender Höhe nicht als abziehbare Vorsteuer anzuerkennen:
2011: 606.800,72
2012: 387.321,60
2013: 259.758,41"
****
Mit Schreiben der Abgabensicherungsstelle vom wurde der Bf. über die geplante Haftungsinanspruchnahme informiert und ihm persönlich der Betriebsprüfungsbericht und die bezughabenden Bescheide zugestellt. Dieses Schreiben enthielt auch den Hinweis, dass hinsichtlich einer Haftungsinanspruchnahme für Umsatzsteuernachforderungen die Möglichkeit bestehe einen Gleichbehandlungsnachweise aller Gläubiger zu den Fälligkeitstagen anzutreten und dazu eine rechnerische Darstellung, in welchem prozentuellen Ausmaß durch Zahlungen die jeweils fälligen Verbindlichkeiten gegenüber den einzelnen Gläubigern reduziert wurden, zu erstellen sei.
Dazu wurde mit Schreiben vom diese Stellungnahme abgegeben:
"Mit haben Sie unseren Mandaten darüber informiert, dass auf dem Abgabenkonto der Firma ***2*** € 1.308.716,71 aushaften.
In der Folge wird nachgewiesen, dass Herr ***Bf1*** in keiner Phase in der Lage war, für die volle rechtzeitige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen. In keiner Phase der Gesellschaft standen Mittel zur Verfügung, die Finanzamtsschulden in dieser Größenordnung bedienen hätten können. Herr ***Bf1*** war in Anbetracht der Tatsache, dass es keine anderen Gläubiger der Gesellschaft gegeben hat, darüber hinaus auch gar nicht in der Lage einen Abgabengläubiger in irgendeiner Weise zu benachteiligen (), Beweis: Jahresabschluss zum und alle davor erstellten Jahresabschlüsse.
Darüber hinaus ist das Konkursverfahren, das wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG zur Löschung der Gesellschaft geführt hat, nicht mehr in der Zeit der Verantwortung von Herrn ***Bf1*** erfolgt. Es trifft ihn daher kein Verschulden, nicht für die Entrichtung der Abgaben Sorge getragen zu haben.
In Ihrem Schreiben vom wird auf Seite 2 4. Absatz richtig ausgeführt, dass, wer die Vertretung einer GmbH neu übernimmt sich darüber zu informieren hat, in welchem Umfang die GmbH bisher ihre abgabenrechtlichen Verpflichtungen erfüllt hat. Aus diesem Erkenntnis des geht eindeutig hervor, dass Herr ***Bf1*** aus diesem Titel auch sicher keine Haftung treffen kann.
Der Nachweis für die Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger wird dadurch erbracht, dass es außer der Finanzverwaltung bei der Gesellschaft keine anderen Gläubiger gegeben hat, zumindest solange als ***Bf1*** für diese Gesellschaft verantwortlich war.
Zum Zeitpunkt der Fälligkeit der einzelnen Abgaben hat, wie aus dem Jahresabschluss zum und davor eindeutig hervorgeht, die Gesellschaft keine anderen Verbindlichkeiten gehabt. Eine Gläubigerbevorzugung oder Benachteiligung ist schon aus diesem Grund unmöglich. Aus dem Jahresabschluss wird auch deutlich, dass die Vorschreibung der Steuer aus der Betriebsprüfung nahezu 1:1 den Verlust des Jahres 2015 zur Folge hatte.
Es ist im Rahmen der Betriebsprüfung auch einige Male offen ausgesprochen worden, dass die Maßnahme der Steuervorschreibung zur Folge haben soll, dass das Geschäftsmodell der ***1*** in Österreich unerwünscht ist und durch die Vorschreibung der entsprechenden Steuern verhindert werden soll. Diese Maßnahme ist in vollem Umfang geglückt, indem die Gesellschaft aus dem Firmenbuch gelöscht worden ist.
Wir dürfen auch bereits ankündigen, dass wir gemäß § 248 BAO innerhalb einer offen stehenden Frist gegen einen allfälligen Haftungsbescheid auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch durch Vorlageanträge gegen die Beschwerdevorentscheidungen der Umsatzsteuern 2011 bis 2013 vorgehen werden.
Es ist somit über die Rechtmäßigkeit der Abgabenansprüche auch noch nicht die letzte Rechtsmittelentscheidung getroffen. Deshalb ist es auch aus unserer Sicht verfrüht über die Haftung von Abgaben zu diskutieren."
Mit Schreiben der Vertretung des Bf. vom wurde weiters angekündigt, dass gegen die Beschwerdevorentscheidung vom im Abgabenfestsetzungsverfahren ein Vorlageantrag eingebracht werde.
Die Beschwerde gegen die Abgabenbescheide wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen.
Dazu wurde RZ 1506 der UStRL 2000 zitiert, ist die Leistung ausgeführt worden, scheint aber in der Rechnung als leistender Unternehmer eine Firma auf, die unter dieser Adresse nicht existiert, so fehlt es an der Angabe des leistenden Unternehmens. Es liegt daher keine Rechnung vor, die zum Vorsteuerabzug berechtigt. Bei Fehlen von Angaben über den Namen und die Adresse des leistenden Unternehmers steht der Vorsteuerabzug auch dann nicht zu, wenn dem Leistungsempfänger Name und Anschrift bekannt sind und die USt unstrittig an das Finanzamt abgeführt wurde.
Die Betriebsprüfung hat zu keiner Zeit die Unternehmereigenschaft der geprüften Gesellschaft in Abrede gestellt, oder die Behauptung aufgestellt, es handle sich um ein Scheinunternehmen. Die Feststellung der BP lautet, dass das geprüfte Unternehmen an der angegebenen Anschrift wirtschaftlich nicht existiert und hier auch keine Geschäftstätigkeit entfaltet, daher in Österreich eine Briefkastenfirma ist. Unzweifelhaft ist hingegen, dass das Unternehmen Lieferungen getätigt hat, nur eben nicht im Inland oder mit Bezug zum Inland. Nach Ansicht des Finanzamtes ist das Erkenntnis kein Freibrief dafür den Ort einer Lieferung oder sonstigen Leistung, die in Österreich nicht steuerbar ist, willkürlich durch Verwendung einer österreichischen UID ins Inland zu verlegen.
Zur ***14*** ***17*** bringt der Beschwerdeführer vor, dass in der Vergangenheit wiederholt Prüfung und Nachschaumaßnahmen stattgefunden haben, weshalb nun die beanstandeten Geschäftsfälle amtsbekannt sein mussten. Tatsächlich handelt es sich bei diesen Maßnahmen um Erhebungen zum Zweck der Besorgung von Unterlagen über Geschäftsfälle, etwa auch vereinzelt Geschäftsfälle im Zusammenhang mit dem Weiterverkauf von Fahrzeugen, die laut Rechnungen der Firma ***14*** ***17*** bezogen wurden. Zweck dieser Erhebung war jeweils eine Prüfung internationaler Unternehmerketten. Eine unmittelbare Nichtbeanstandung der lediglich beschafften Unterlagen durch das Erhebungsorgan lässt daher keineswegs den Umkehrschluss des steuerlichen Vertreters zu, es sei alles korrekt gewesen und durch die Behörde überprüft worden. Zu den konkreten Feststellungen (auch der portugiesischen Behörden) in Bezug auf die Firma ***14*** muss auf den BP Bericht TZ 3 verwiesen werden. Als letzten Punkt der Beschwerde führt der Beschwerdeführer an, dass die Vorsteuer aus innergemeinschaftlichen Erwerben nicht zu streichen sei, da bei allen Überprüfungen seitens der Behörde, alle Beweise geliefert worden seien, dass Fahrzeuge ordnungsgemäß ein und wiederverkauft worden seien und die daher nicht haltbaren Verdachtsmomente des Betriebsprüfers in keiner Weise beweiskräftig seien. Der Beschwerdeführer führt weiters aus, dass bei zutreffen der Behauptung seitens der BP, dass die Fahrzeuge nie nach Österreich gelangt seien, er den falschen Schluss ziehe, in dem die Behörde nämlich die Vorsteuer aus den Erwerben streiche und Erwerbe gleichzeitig der Besteuerung unterziehe obwohl kein Import stattgefunden habe. Dazu ist Folgendes auszuführen. Nach Ansicht der BP entspricht diese Rechtsauffassung nicht den Bestimmungen des Art. 3 Abs. 8 BMR sowie der damit in Zusammenhang stehenden Judikatur des EuGH. Diese Bestimmung soll, nicht zuletzt als Betrugsschutz, eine missbräuchliche und willkürliche Verwendung einer UID eines Staates, in dem ein innergemeinschaftlicher Erwerb (aufgrund der Bestimmungen über den Ort der Lieferung) nicht stattgefunden hat, durch Eintreten erheblicher Rechtsfolgen unterbinden. Als Konsequenz der zu Unrecht erfolgten Verwendung der österreichischen Bonität ist daher ein fiktiver innergemeinschaftlicher Erwerb solange als bewirkt anzusehen, bis vom Unternehmer nachgewiesen wird, dass der zugrundeliegende Erwerb durch den Mitgliedstaat besteuert wurde, in dem der Erwerb eigentlich stattgefunden hat. Im Fall des Nachweises gilt § 16 UStG 1994 sinngemäß. In diesem Fall ist der Erwerber jedoch nicht zum Abzug der auf den innergemeinschaftlichen Erwerb entrichteten Mehrwertsteuer als Vorsteuer berechtigt (UStR 3777, vergleiche RS-C536/08 und RS-C539/08, X und Facet BV/Facet Trading BV).
Der Vorlageantrag führte zu einem derzeit noch offenen Rechtsmittelverfahren zur Abgabenfestsetzung.
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Zusammenfassend ist somit zum Sachverhalt festzustellen, der der Haftungsinanspruchnahme zu Grunde liegt, dass im Rahmen der abgabenbehördlichen Prüfung die Umsätze mit Normalsteuersatz der Primärschuldnerin 2011, 2012 und 2013 erhöht und Vorsteuern aus innergemeinschaftlichen Erwerben nicht anerkannt wurden.
2011 verblieben letztlich nur anerkannte Vorsteuern in der Höhe von € 1.366,69, 2012 € 1.607,79, 2013 € 1.754,13.
Für das Jahr 2011 wurden demnach unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht und mit einer unrichtigen Jahreserklärung eine zu niedrige Festsetzung mit Bescheid vom erwirkt.
Für das Jahr 2012 wurden demnach unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht und mit einer unrichtigen Jahreserklärung eine zu niedrige Festsetzung mit Bescheid vom erwirkt.
Für das Jahr 2013 wurden demnach unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht und mit einer unrichtigen Jahreserklärung eine zu niedrige Festsetzung mit Bescheid vom erwirkt.
Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären ().
Die Nichtentrichtung der Umsatzsteuern (infolge der ungerechtfertigten Geltendmachung von Vorsteuern aus innergemeinschaftlichen Erwerben bzw. der zu niedrigen Erfassung von erzielten Umsätzen) bei deren Fälligkeit jeweils am 15. des zweitfolgenden Monats stellt demnach eine schuldhafte Pflichtverletzung dar.
Bringt der Haftungspflichtige sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gegen den maßgeblichen Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerden ein, ist laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid abzusprechen, weil von der Erledigung dieses Rechtsmittels die Frage der Rechtsmittellegitimation gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhängig ist. (). Eine Verbindung der beiden Beschwerden gemäß § 267 BAO ist nicht zulässig (; , 2009/16/0260;).
Im Haftungsverfahren ist nicht die Richtigkeit vorliegender Abgabenbescheide zu überprüfen (). Ob ein Abgabenanspruch gegeben ist, ist als Vorfrage im Haftungsverfahren nach § 9 BAO nur dann zu beantworten, wenn kein eine Bindungswirkung auslösender Abgabenbescheid oder Haftungsbescheid vorangegangen ist. Gehen einem Haftungsbescheid Abgabenbescheide voran, entfalten diese Bindungswirkung und hat sich das Bundesfinanzgericht in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diese Bescheide zu halten. Gemäß § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Beschwerde erheben.
Einwendungen gegen den Abgabenanspruch sind erst - für den Fall der Bestätigung der Haftungsinanspruchnahme - in einem abgesonderten Verfahren nach § 248 BAO zu prüfen.
Im Haftungsverfahren ist demnach von dem Sachverhalt auszugehen auf dem basierend die Abgabennachforderungen bescheidmäßig festgesetzt wurden.
Diese Feststellungen sprechen wie dargestellt für schuldhafte Pflichtverletzung begangen durch den Bf. mittels Einreichung unrichtiger Erklärungen, die zu zu niedrigen Abgabenfestsetzungen geführt haben. Die Verschuldensbandbreite geht bei einer ungerechtfertigten Geltendmachung von Vorsteuern von Fahrlässigkeit bis zur Abgabenhinterziehung.
Zu einer Haftungsinanspruchnahme genügt jedoch bereits leichte Fahrlässigkeit, die im Zusammenhang mit den Feststellungen zur Empfängerfirma der Autolieferungen unzweifelhaft als gegeben anzusehen ist. Darüberhinausgehende detaillierte Feststellungen zu einer subjektiven Tatseite einer grob fahrlässigen Abgabenverkürzung oder einer Abgabenhinterziehung sind allenfalls in einem gesondert zu führenden Finanzstrafverfahren zu treffen.
Abgabenverkürzungen begangen durch Verletzungen einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht stehen naturgemäß in einem Spannungsfeld zur Möglichkeit durch Nachweis der Gleichbehandlung aller Gläubiger zu einem/mehreren Fälligkeitstag/Fälligkeitstagen eine Haftungseinschränkung zu erzielen, weil der Gläubiger Abgabenbehörde bei Fälligkeit der Abgabe gar nicht in Kenntnis seiner Forderung gesetzt wurde und der Abgabepflichtige somit naturgemäß bei deren Fälligkeit auch keine Forderung der Abgabenbehörde bei Einteilung liquider Mittel im Auge hatte.
Es wäre daher nur möglich gewesen eine "was wäre gewesen, wenn" Berechnung zu Fälligkeitstagen anzustellen.
Wenn die jeweiligen Vorsteuern aus den i.g. Erwerben eben nicht in die Berechnungen aufzunehmen waren und nach den Feststellungen der Betriebsprüfung auch etwas höhere Umsätze angefallen sind als erklärt wurden, hätten sich monatliche Zahllasten ergeben, die jeweils in einen Vergleich mit den zu diesen Terminen vorhandenen Geldmitteln und deren Verteilung gesetzt hätten werden müssen, was aber unterblieben ist.
Unzweifelhaft hatte das vom Bf. geleitete Unternehmen Geldmittel zur Anschaffung von Fahrzeugen, daher wären diese Mittel eben basierend auf den Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung auch für die Begleichung der Abgabenschuldigkeiten heranzuziehen gewesen.
Die in der Beschwerdeschrift vorgenommene Berechnung rein basierend auf offenen Verbindlichkeiten in den Jahresabschlüssen 2011, 2012 und 2013 erfüllt die Vorgaben einer Gleichbehandlungsberechnung nicht, wobei dem Bf. diese Vorgaben bereits mit Haftungsvorhalt und nochmals mit dem Haftungsbescheid mitgeteilt wurden.
Das Zahlenmaterial im Jahresabschluss 2015 ist hinsichtlich der Haftungsinanspruchnahme des Bf. irrelevant, da eben auf seine schuldhafte Pflichtverletzung bei Fälligkeit der Abgaben abgestellt wird und die letzte diesbezügliche Fälligkeit am eingetreten ist.
Der nachfolgende Geschäftsführer hätte bei einer Haftungsinanspruchnahme allenfalls argumentieren können, dass bei Kenntniserlangung von dem Abgabenrückstand bei Erlassung der Bescheide nach der abgabenbehördlichen Prüfung nur ein dem gegenüberstehender nicht zu dessen Abdeckung ausreichender Betrag an liquiden Mitteln vorhanden gewesen sei.
Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.
Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann.
Ist eine Einbringlichmachung beim Primärschuldner unzweifelhaft nicht gegeben, kann die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden von der Abgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden ().
Der Bf. fungierte im Zeitraum für den die Abgabennachforderungen angefallen sind als alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer, daher liegt bei ihm die schuldhafte Pflichtverletzung Umsätze der von ihm vertretenen Gesellschaft nicht vollständig erfasst und Vorsteuern ohne Erfüllung der zur Abzugsberechtigung erforderlichen Vorgaben geltend gemacht zu haben. Er ist erst ca. einen Monat vor Bescheiderlassung nach der Prüfung als Geschäftsführer ausgeschieden und war bereits in Kenntnis der bevorstehenden für das Unternehmen exorbitanten Nachforderung, die dazu führte, dass der neue Geschäftsführer keine weiteren geschäftlichen Aktivitäten mehr entwickelt hat und nach der Einbuchung des Rückstandes keine weiteren Zahlungen mehr an die Abgabenbehörde geleistet wurden.
Der dem Bf. nachgefolgte Geschäftsführer ***5*** ist nach dem Firmenbuch in ***30*** wohnhaft. Ein Rechtshilfeersuchen vom an Rumänien zu seiner Person war erfolglos.
Eine allfällige Einbringlichmachung der Haftungsinanspruchnahme ist daher lediglich beim Bf. möglich, wobei eben seine momentane wirtschaftliche Lage keine Berücksichtigung finden kann, da wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung zutreffend ausgeführt wird, die vom pot. Haftenden vorgebrachte finanzielle und familiäre Situation nach der hg. Rsp. (vgl. ) in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung steht, zumal eine allfällige (zur Zeit der Erlassung des Haftungsbescheides bestehende) Uneinbringlichkeit beim Haftenden nicht ausschließt, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben führen können (s. dazu auch ).
Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine solche Rechtsfrage lag in diesem Verfahren nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100214.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at