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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.03.2022, RV/7101186/2018

Keine gebührenpflichtige Bürgschaft bei Haftungserklärung mit Erfolgszusage nach § 880a ABGB

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/7101186/2018-RS1
wie RV/7103299/2019-RS2
Gesetzesauslegung des § 33 TP 7 GebG: § 33 TP 7 Abs. 1 GebG enthält keine Definition der Bürgschaft, es heißt nur „Bürgschaftserklärungen“. Aus der Fassung von § 33 TP 7 GebG und dem Hinweis auf die Bestimmungen des § 1347 ABGB im Zusammenhang mit der höchstgerichtlichen Judikatur ergibt sich, dass die persönliche Befestigung von Rechten bzw. Verbindlichkeiten einer Gebühr unterliegen soll, d.h. die „lupenreinen Rechtsbefestigungen“ unterliegen der Gebühr.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Harisch & Partner Rechtsanwälte GmbH, Otto-Holzbauer-Straße 1, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Rechtsgeschäftsgebühr, ErfNr. ***123***, Steuernummer ***BfStNr***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Schreiben vom wurde der Pachtvertrag vom , abgeschlossen zwischen der ***Bf*** als Verpächterin und der ***1*** in Gründung als Pächterin zur Gebührenbemessung angezeigt. Für das Bestandverhältnis wurde mit Bescheid vom die Gebühr gemäß § 33 TP 5 GebG festgesetzt.

Im Punkt 13 des Vertrages treten ***2*** und ***3*** dem Pachtvertrag als Garanten bei. Das Finanzamt wertete diese Vertragsbestimmung als Bürgschaft und setzte am mit einem nach § 200 Abs. 1 BAO vorläufigen Bescheid eine Gebühr in Höhe von 2.966,40 Euro nach § 33 TP 7 Abs. 1 GebG fest.

Gegen den Bescheid wurde Beschwerde erhoben. Die in Teil B Punkt 13. des Pachtvertrages geregelte Garantieerklärung sei fälschlicherweise als gebührenpflichtige Vereinbarung ausgelegt worden. Für die Beantwortung der Frage, welches Rechtsgeschäft nach dem Inhalt der Urkunde vorliege, sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dessen zivilrechtliche Einordnung maßgebend, da das Gesetz die Gebührentatbestände im Allgemeinen mit Begriffen des Zivilrechtes umschreibe. Die Frage, ob in der Haftungserklärung eine vom Grundgeschäft losgelöste Garantiezusage zu erblicken sei, sei im Wege der Vertragsauslegung zu klären. Aufgrund der unmissverständlichen Wortwahl sei im gegenständlichen Fall von einer abstrakten, nicht akzessorischen Garantie auszugehen. Die Bezugnahme zum gegenständlichen Pachtverhältnis und die Garantieerklärung, dass der Garant ab dem ersten Tag des Verzugs bzw. der Leistungsstörung in Anspruch genommen werden könne, stelle eine notwendige Rechtsmissbrauchsschranke einer Garantie dar, wie sie im Geschäftsverkehr üblicherweise vereinbart werde. Die Inanspruchnahme der Garanten könne sohin ab dem ersten Tag des Verzuges bzw. der Leistungsstörung - aus welchem Grund auch immer und ohne jegliche Einschränkung - erfolgen. Für eine Garantie spreche auch die Befristung der gegenständlichen Garantieerklärung auf die Dauer von 5 Jahren entsprechend einer Bankgarantie, die auch im Geschäftsverkehr üblicherweise befristet sei.

Gegenständlich sei auch kein Schuldbeitritt erfolgt. Dieser scheide bereits deshalb aus, weil dieser bedeuten würde, dass neben den bisherigen Schuldner ein weiterer Schuldner hinzutrete (kumulativ); sodass sodann der Gläubiger wählen könne, von welchem Schuldner er die Leistung verlangen wolle. Eine solche solidarische Mitschuldnerhaftung würde dem Inhalt der gegenständlichen Garantieerklärung klar zuwiderlaufen, noch entspräche eine solche dem Wille der Parteien.

Im Übrigen sei eine doppelte Vergebührung gesetzeswidrig und überschreite das Finanzamt bei einer gesamten Gebührenbelastung vom 20-fachen Jahreswert die Höchstgrenze vom Achtzehnfachen des Jahreswertes. Diese Rechtswidrigkeit könne auch nicht durch die Aufteilung auf zwei Bescheide beseitigt werden. Der Bescheid sei auch unrichtigerweise an die Verpächterin, die Bf., ergangen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, es sei für die Beurteilung der abgabenrechtlichen Fragen der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Es sei nicht die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Vertragswerkes, sondern der wahre wirtschaftliche Gehalt zu erfassen. Gebührenrechtlich komme es auf die Art des Vertrages an. Die Vereinbarung im Punkt 13 des Vertrages stelle gebührenrechtlich eine Bürgschaft und keine Garantie dar. Die Inanspruchnahme des Bürgen könne nur bei erfolgter Vertragsverletzung durch den Pächter erfolgen. Die beiden "Garanten" würden der Verpächterin für die volle Genugtuung haften, aber nur, wenn die Leistung der Pächterin ausbleibe. Im Übrigen liege keine Doppelvergebührung vor. Die Urkunde enthalte zwei verschiedene Rechtsgeschäfte - zum einen den Pachtvertrag, zum anderen die Bürgschaft. Jedes der beiden Rechtsgeschäfte sei für sich gebührenrechtlich zu würdigen. Die Bf. sei als Verpächterin nach § 28 Abs. 1 Z 2 GebG zur Entrichtung der Gebühr verpflichtet, weil die Urkunde bzgl. der Bürgschaft in ihrem Interesse ausgestellt worden sei und sei ihr deswegen der Bescheid zugestellt worden.

Mit Vorlageantrag vom wurde ohne weiteres Vorbringen neuerlich die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Pachtvertrag wurde am zwischen der ***Bf*** als Verpächterin und der ***1*** in Gründung als Pächterin abgeschlossen. Die Pächterin ist eine GmbH, die in weiterer Folge am ins Firmenbuch eingetragen wurde (FN ***4***). ***2*** war zu dieser Zeit Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer, ***3*** war ein weiterer Gesellschafter.

Im Teil A "Besondere Vertragsbestimmungen" lautet der Punkt 13 "Weitere Vereinbarungen" folgendermaßen: "***2***, geb. (…), und ***3***, geb. (…), treten als natürliche Personen dem gegenständlichen Pachtvertrag jeweils als echter Garant im Sinne des § 880a 2. Fall ABGB hinsichtlich der ersten fünf Jahre dieses Pachtvertrages bei. Dieser Beitritt als echter Garant gemäß § 880a 2. Fall ABGB hat zur Folge, dass es dem Verpächter freisteht, im Falle einer Vertragsverletzung durch den Pächter den Garanten auch wiederholt zu belangen. Der Garant haftet gemäß § 880a 2. Fall ABGB für volle Genugtuung, wenn die Leistung des Pächters ausbleibt. Der Garant kann ab dem ersten Tag des Verzugs bzw. der Leistungsstörung in Anspruch genommen werden. Wie vorangeführt gilt diese Garantie nur für die ersten fünf Jahre des gegenständlichen Pachtvertrages."

Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Akt des Finanzamtes, ErfNr. ***123***, und einer Einsicht der Richterin in das Firmenbuch und werden gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen angenommen. Der Vertragstext ist nicht strittig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Der im Teil A Punkt 13 enthaltene Vertragstext wird von beiden Parteien in rechtlicher Hinsicht unterschiedlich ausgelegt. Das Finanzamt sieht eine gebührenpflichtige Bürgschaftserklärung vorliegen. Die Bf. spricht von einer nicht steuerbaren Garantieerklärung.

Gemäß § 15 Abs. 1 GebG 1957 sind nur Rechtsgeschäfte gebührenpflichtig, über die eine Urkunde errichtet wird, es sei denn, dass im Gebührengesetz etwas Abweichendes bestimmt ist.

§ 33 TP 7 Abs. 1 GebG 1957 lautet: "Bürgschaftserklärungen; der Bürgschaftserklärung steht die Erklärung gleich, durch die jemand einer Verbindlichkeit als Mitschuldner beitritt (§ 1347 ABGB), nach dem Werte der verbürgten Verbindlichkeit 1%."

Das Gebührengesetz umschreibt die Gebührentatbestände des § 33 GebG im Allgemeinen mit Begriffen des Zivilrechtes. Für die Abgrenzung unterschiedlich geregelter gebührenpflichtiger Rechtsgeschäfte voneinander ist daher im Allgemeinen deren zivilrechtliche Einordnung maßgebend. Enthält ein einheitlicher Vertrag verschiedenen Vertragstypen entnommene Elemente, ist er gebührenrechtlich nach seinem überwiegenden rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Zweck zu beurteilen. Für die Rechtsnatur eines Vertrages ist die nach § 914 ABGB ermittelte Absicht der Parteien hinsichtlich der Wirkungen des Vertrages maßgebend. Dabei kommt es vor allem auf den von den Parteien bei Abschluss des Vertrages verfolgten, objektiv erkennbaren Zweck des Vertrages an (). Dabei ist nicht der wahre wirtschaftliche Gehalt einer Vereinbarung maßgebend, sondern die äußere Erscheinungsform im Sinne der zivilrechtlichen Qualifikation (Frotz/Hügel/Popp, Kommentar zum GebG8, B 2).

Das ABGB bestimmt auszugsweise:

"a) Als Bürge;

§ 1346 ABGB: (1) Wer sich zur Befriedigung des Gläubigers auf den Fall verpflichtet, dass der erste Schuldner die Verbindlichkeit nicht erfülle, wird ein Bürge, und das zwischen ihm und dem Gläubiger getroffene Übereinkommen ein Bürgschaftsvertrag genannt. Hier bleibt der erste Schuldner noch immer der Hauptschuldner, und der Bürge kommt nur als Nachschuldner hinzu."

"b) Als Mitschuldner;

§ 1347 ABGB: Wenn jemand, ohne die den Bürgen zustatten kommende Bedingung, einer Verbindlichkeit als Mitschuldner beitritt; so entsteht eine Gemeinschaft mehrerer Mitschuldner, deren rechtliche Folgen nach den in dem Hauptstücke von Verträgen überhaupt gegebenen Vorschriften zu beurteilen sind (§§ 888 - 896)."

§ 880a ABGB lautet: "Hat jemand einem andern eine Leistung eines Dritten versprochen, so gilt dies als Zusage seiner Verwendung bei dem Dritten; ist er aber für den Erfolg eingestanden, so haftet er für volle Genugtuung, wenn die Leistung des Dritten ausbleibt."

Die im 2. Halbsatz angesprochene Erfolgszusage stellt einen Spezialfall des ansonsten im ABGB nicht ausdrücklich geregelten Garantievertrages dar. Der Garantievertrag ist ein einseitig verpflichtender Schuldvertrag, durch den der Garant einem anderen gegenüber (beschränkt oder unbeschränkt) die Haftung für den noch ungewissen Erfolg eines Unternehmens (in weitestem Sinn) oder für den Schaden, der durch ein Unternehmen entsteht, übernimmt. Handelt es sich beim garantierten Erfolg um die Leistung eines Dritten, so liegt der Fall des § 880a 2. Halbsatz ABGB vor. Ist der Dritte gegenüber dem Versprechensempfänger zur Leistung verpflichtet, entspricht eine derartige Garantie funktional der Bürgschaft (Graf in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 880a (Stand , rdb.at) Rz 6).

Bürge nach § 1346 ABGB ist, wer sich zur Befriedigung des Gläubigers eines anderen auf den Fall verpflichtet, dass der erste Schuldner nicht leistet. Der Bürge wird nicht Mitschuldner, sondern Nachschuldner, während der erste Schuldner noch immer der Hauptschuldner bleibt. Das Gesetz definiert damit nur die einfache Bürgschaft, für die der Grundsatz der Subsidiarität gilt; der Bürge hat idR erst zu leisten, wenn der Hauptschuldner vergeblich um die Leistung angegangen wurde. Für alle Bürgschaftsformen gilt der Grundsatz der Akzessorietät (Abhängigkeit) der Bürgschaft von der Hauptschuld: Der Bürge hat nur zu leisten, wenn der Hauptschuldner leisten müsste (EvBl 1954/312). Mit dem Untergang der Hauptforderung erlischt die Bürgschaft (EvBl 1991/25 = ecolex 1991, 242 = ÖBA 1991/263, 210 [P. Bydlinski] = RdW 1991, 44). Bestimmende Merkmale einer Bürgschaft sind also deren Subsidiarität und Akkzessorietät.

Für den Garantievertrag ist die selbständige, vom Bestehen der Hauptschuld unabhängige (nicht akzessorische) Haftung des Garanten für die Leistung eines Dritten kennzeichnend. Es liegt geradezu im Wesen der Garantiezusage, dass für sie eingestanden werden muss, selbst wenn der garantierte Erfolg durch Zufall nicht eingetreten wäre (, RdW 1997, 393). Durch diesen einseitig verpflichtenden Schuldvertrag wird gesichert, dass der begünstigte Gläubiger die Leistung oder sein vertraglich festgesetztes geldliches Interesse an ihr in jedem Fall erhält, also auch dann, wenn der Dritte die Leistung vertragswidrig unterlässt oder die Verbindlichkeit des Hauptschuldners nicht zum Entstehen kommt oder später wegfällt (). Eine derartige Haftung wird gerade dann schlagend, wenn kein wirksamer Vertrag zwischen dem Dritten und dem Begünstigten vorliegt. Davon unterscheidet sich die Haftung eines Bürgen, der für die fremde Schuld nur dann einstehen muss, wenn diese zu Recht besteht.

Der echte Garantievertrag bewirkt die Begründung einer selbständigen Schuld, welche von der Verbindlichkeit des ursprünglichen Schuldverhältnisses unabhängig ist ( SZ 47/138; SZ 53/164).

Beim echten Garantievertrag übernimmt der Garant gegenüber dem Begünstigten die Haftung für den noch ungewissen Erfolg eines Unternehmens im weitesten Sinn oder für den durch ein Unternehmen entstehenden Schaden (SZ 53/164; SZ 50/93; Koziol/Welser I 10, 315; Koziol, Der Garantievertrag 1). Ein Zweck dieses Vertrages ist also, dass der Garant dem Begünstigten für den Eintritt eines bestimmten Erfolges einzustehen hat; dabei soll der Garant nicht etwa den von ihm garantierten Erfolg selbst herbeiführen, sondern lediglich im Falle des Nichteintrittes den wirtschaftlichen Ausfall des Begünstigten decken, d.h. sein Interesse ersetzen (Canaris, Großkommentar HGB3 III/3 [2.Bearbeitung] Rz 1102; ).

Garantie für Leistung eines Dritten ist in der Regel ein materiell abstraktes Rechtsgeschäft: Garanten stehen gegen Begünstigten keine Einwendungen aus Grundverhältnissen zu. Aus dem Text der Garantieverpflichtung muss deren Selbständigkeit, Umfang und Inhalt zum Ausdruck kommen. Wesentlich ist dabei auch, dass in der Erklärung die Selbständigkeit in Form umfassenden Einwendungsverzichtes zum Ausdruck kommt. Bei nur teilweisem Einwendungsverzicht ist Bürgschaft anzunehmen (). Der Garant hat gemäß § 880a ABGB volle Genugtuung zu leisten, wenn der garantierte Erfolg nicht eintritt; grundsätzlich ist also gesamter Schaden inklusive dem entgangenen Gewinn nach der Definition des § 1323 ABGB zu ersetzen.

Ergibt die Vertragsauslegung, dass der Versprechende ohne Einschränkung für den Erfolgseintritt einstehen wollte (§ 880a zweiter Halbsatz ABGB), liegt eine Leistungsgarantie (Erfolgszusage) vor: Wird der Erfolg nicht durch die primär in Aussicht genommene Leistung des Dritten herbeigeführt, hat der Versprechende (Garant) dem Versprechensempfänger verschuldensunabhängig das Erfüllungsinteresse zu gewähren (; Koziol, Garantievertrag 44 f).

Bleibt die Haftungserklärung ihrem Wortlaut nach unklar, ist bei der Auslegung auf die konkreten Umstände, insbesondere auf den Geschäftszweck und die Interessenlage, Bedacht zu nehmen. Vor allem die Interessenlage ist für die Abgrenzung der Garantie von der Bürgschaft von wesentlicher Bedeutung. Forderte die Interessenlage erkennbar die Sicherung des Begünstigten gegen allfällige Einwendungen aus dem Valutaverhältnis oder sonst eine Verstärkung seiner Stellung im Vergleich zu bloßer Bürgenhaftung, dann spricht das auch ohne Verwendung des Ausdrucks "Garantie" - ja selbst bei Verwendung des Begriffs "Bürgschaft" - nachdrücklich für die Annahme einer Garantie; dagegen kann aus der - auch bei Garantien - allgemein üblichen Bezugnahme auf das Valutaverhältnis allein nicht auf eine akzessorische Haftung geschlossen werden, weil dadurch in erster Linie bloß umschrieben werden soll, welche Leistung eines bestimmten Dritten dem Begünstigten garantiert werden soll (, zitiert in Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, § 33 TP 7, Rz 16).

Ob eine selbständige Garantie oder ein akzessorisches Sicherungsgeschäft vorliegt, ist durch Auslegung der Haftungserklärung gemäß § 914 ABGB zu ermitteln. In der Praxis haben sich für Garantien bestimmte Formulierungen eingebürgert, wie zB "auf erstes Anfordern", "unter Verzicht auf alle Einwendungen", "ohne Prüfung des Rechtsgrundes"; diese sind jedoch nicht notwendige Voraussetzung für die Bejahung der Garantie. Maßgeblich insbesondere für die Abgrenzung zur Bürgschaft ist vielmehr die Interessenlage der Parteien; ist in einer für den Garanten erkennbaren Weise die Sicherung des Begünstigten gegen Einwendungen aus dem Valutaverhältnis angestrebt, spricht dies für Garantie(Graf in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 880a (Stand , rdb.at) Rz 25).

Enthält ein einheitlicher Vertrag verschiedenen Vertragstypen entnommene Elemente, ist er gebührenrechtlich nach seinem überwiegenden rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Zweck zu beurteilen (Hinweis E , 513/66, VwSlg 3502 F/1966). Für die Rechtsnatur eines Vertrages ist die nach § 914 ABGB ermittelte Absicht der Parteien hinsichtlich der Wirkungen des Vertrages maßgebend. Dabei kommt es vor allem auf den von den Parteien bei Abschluss des Vertrages verfolgten, objektiv erkennbaren Zweck des Vertrages an (). Unter der Absicht der Parteien im Sinne dieser Gesetzesstelle ist keineswegs etwa die Auffassung einer Partei oder ein nicht erklärter und nicht kontrollierbarer Parteiwille, sondern nichts anderes als der Geschäftszweck zu verstehen, den jeder der vertragschließenden Teile redlicherweise der Vereinbarung unterstellen muss. Es kommt also nicht darauf an, welchen subjektiven Willen die erklärende Partei hatte, sondern nur darauf, wie der andere Vertragsteil die Erklärung redlicherweise verstehen musste (Gschnitzer in Klang2 IV/1, 404; EvBl 1973/177; EvBl. 1974/220; , OGH 6 Ob 789-798/77 ua).

Angewandt auf den gegenständlichen Fall bedeutet dies:

So einfach die Grenze zwischen Garantie und Bürgschaft abstrakt zu ziehen ist, so schwierig kann dagegen die Einordnung eines konkreten Geschäftes sein, weil im Einzelfall mitunter nur schwer feststellbar ist, ob die Vertragsteile eine akzessorische oder eine selbständige Sicherheit schaffen wollten (vgl Koziol aaO 7 f; Canaris in GroßK HGB4, Bankvertragsrecht Rz 1124). Das trifft vor allem auf Fälle - wie den vorliegenden - zu, in denen auf Einwendungen in der Haftungserklärung nicht ausdrücklich verzichtet wurde (vgl Koziol aaO 10 ff). In solchen Fällen kann diese Frage nur durch Auslegung beantwortet werden.

Garantie und Bürgschaft können dem gleichen wirtschaftlichen Zweck dienen, nämlich dem Begünstigten das Risiko einer Geschäftsverbindung mit einem Dritten abzunehmen (). Ein Garantievertrag dient in hohem Maße dem Interesse des Begünstigten, weil dieser zunächst einmal schadlos gestellt wird (ebendort). Insofern ist die Rechtsstellung des Begünstigten im Vergleich zur Bürgschaft stärker (Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II 13, S. 155).

Ein für die Selbständigkeit einer echten Garantie typischer Einwendungsverzicht wurde im Vertragstext nicht zum Ausdruck gebracht. Typische Formulierungen, wie zB "Zahlung ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses", "auf erstes Anfordern", "ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses", "unter Verzicht auf jede Einrede und Einwendung", finden sich wohl in einem dem Pachtvertrag als Beilage/7 vorgelegten Muster einer Bankgarantie für die Kaution (Punkt 15.1. des Vertrages), nicht aber in der Haftungserklärung der beiden Gesellschafter der pachtenden GmbH.

Die Tatsachen, dass einerseits kein Einwendungsverzicht ausgesprochen wurde und andererseits nach dem Wortlaut der Erklärung die Haftenden nur bei einer Vertragsverletzung durch den Pächter - wenn der Hauptschuldner also leisten müsste - in Anspruch genommen werden können, entsprechen den Merkmalen einer Bürgschaft als akzessorisches und subsidiäres Sicherungsgeschäft.

Die Bf. führt dagegen aus, dass die Vertragsabrede nur dazu diene, eine allenfalls ungerechtfertigte oder grundlose Inanspruchnahme der Garantie leicht nachweisen zu können, und dass sie die Möglichkeit eröffne, die Zahlung unter Berufung auf Rechtsmissbrauch zu verweigern. Richtig ist, dass es auch dem Zweck einer Garantie entspricht, wenn sie vom Bestehen bestimmter Tatsachen, die zu einem anderen Rechtsverhältnis zählen - so etwa vom Nachweis der Warenlieferung aus dem Vertragsverhältnis zwischen dem Begünstigten und dem Garantieauftraggeber -, abhängig ist (). Durch eine solche Abhängigkeit wird eine Akzessorietät der Verpflichtung des Garanten nicht begründet, weil der Garant seine Zahlungspflicht damit im Allgemeinen lediglich an die Erfüllung einer der Absicherung dem Auftraggeber gegenüber dienenden Bedingung knüpft (sog. "Effektivklausel"). Diese Rechtsmeinung setzt aber voraus, dass grundsätzlich
aus dem Vertragsinhalt bereits eine Selbständigkeit der eingegangenen Verpflichtung hervorgeht. Nur dann kann auch eine solcherart vereinbarte Bedingung nicht dazu führen, dass das Sicherungsgeschäft als akzessorisch angesehen wird.

Die Befristung der Haftungserklärung auf die Dauer von 5 Jahren bedeutet ebenfalls nicht, dass damit ein Indiz gegen die Annahme einer Bürgschaft und für das Vorliegen einer Garantie besteht, weil auch bei der Bürgschaft die vertragliche Haftungsbeschränkung auf eine bestimmte Zeit möglich ist. Bei der echten Zeitbürgschaft haftet der Bürge nur für einen bestimmten Zeitraum, mit dessen Ablauf die Verbindlichkeit des Bürgen endet (G. Neumayer/Th. Rabl in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 1353 (Stand , rdb.at) Rz 14).

Mangels einer zum Ausdruck gekommenen Selbständigkeit der Verpflichtung kann die gegenständliche Haftungsvereinbarung daher nicht als (echter) Garantievertrag angesehen werden, sondern entspricht sie in ihrer Ausgestaltung dem Wesen einer Bürgschaft. Es bleibt allerdings zu prüfen, ob sich die beiden Gesellschafter der Pächterin durch ihre Haftungserklärung, "dem Pachtvertrag als echter Garant im Sinne des § 880a 2. Fall ABGB beizutreten", und auch durch die weitere Verwendung der Worte "Garant" und "Garantie" zu einer Sicherung des Rechtsgeschäftes verpflichteten, die über eine im Zivilrecht definierte Bürgschaft (§ 1346 ABGB) hinausgeht.

Aufgrund des Verweises auf § 880a 2. Fall ABGB wurde eine Erfolgszusage vereinbart. Gegenstand des § 880a 2. Halbsatz ABGB ist das im eigenen Namen abgegebene Versprechen, ein Dritter werde an den Versprechensempfänger eine bestimmte Leistung erbringen. Die Haftung nach § 880a zweiter Halbsatz ABGB geht auf volle Genugtuung. Dies bedeutet, dass dem Vertragspartner der durch das Unterbleiben des Erfolgs herbeigeführte Schaden zu ersetzen ist. Der Schadenersatzanspruch richtet sich auf das Erfüllungsinteresse; auch der entgangene Gewinn ist erfasst (Graf in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 880a (Stand , rdb.at) Rz 19).

Die Auslegung des gesamten Pachtvertrages ergibt, dass die Garanten nicht nur für die monatlichen Zahlungen des Pachtzinses und anderer Nebenkosten haften, sondern dass sie durch ihren Beitritt zum Vertrag für alle Vertragsverpflichtungen der Pächterin einstehen (siehe auch Punkt 11. des Vertrages), worunter zB auch die Einholung von behördlichen Genehmigungen auf eigene Kosten und die Betriebspflicht für das Pachtobjekt fallen (siehe Präambel und Punkt 12 des Vertrages). Die Garanten sagen im Endeffekt den erfolgreichen Betrieb des Gastronomieunternehmens in den ersten fünf Jahren zu. Diese Art der Sicherung entspricht auch der Interessenslage der Bf. als Verpächterin, die nicht nur an der Leistung des Pachtzinses interessiert ist, sondern auch andere Verpflichtungen wie die Betriebspflicht abgesichert sehen will (siehe auch ). Das Einstehen der Garanten für die Pächterin geht damit weit über eine Bürgschaft hinaus. Die Bürgschaft geht lediglich auf Erfüllung, die Erfolgszusage nach § 880a 2. Halbsatz ABGB auf volle Genugtuung.

§ 33 TP 7 Abs. 1 GebG enthält keine Definition der Bürgschaft, es heißt nur "Bürgschaftserklärungen". Aus der Fassung von § 33 TP 7 GebG und dem Hinweis auf die Bestimmungen des § 1347 ABGB im Zusammenhang mit der höchstgerichtlichen Judikatur ergibt sich, dass die persönliche Befestigung von Rechten bzw. Verbindlichkeiten einer Gebühr unterliegen soll, d.h. die "lupenreinen Rechtsbefestigungen" unterliegen der Gebühr.

§ 33 TP 7 GebG 1957 erfasst weder den gesetzlich nicht geregelten Garantievertrag noch die Erfolgszusage gemäß § 880a 2. Halbsatz ABGB, sondern nur die Bürgschaft iSd § 1346f ABGB.

Die gegenständliche Haftungserklärung geht aus den dargestellten Gründen über eine Bürgschaft hinaus, weshalb sie den steuerpflichtigen Tatbestand nach § 33 TP 7 GebG 1957 nicht erfüllt. Der Beschwerde war daher stattzugeben und der vorläufige Bescheid aufzuheben.

Ausführungen zu den Beschwerdepunkten bezüglich der "nochmaligen Festsetzung der Rechtsgeschäftsgebühr" und der Inanspruchnahme der Bf. als Gebührenschuldnerin können daher unterbleiben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (OGH in RIS RS0042936). Die im Rahmen eines Pachtvertrages abgegebene Haftungserklärung unterliegt der Auslegungsregel des § 914 ABGB, sodass deren Interpretation regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage aufwirft.

Graz, am

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