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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.03.2022, RV/5101362/2020

Vorliegen von Abgabenhinterziehung gem. § 33 Abs 2 lit b FinStrG aufgrund der wissentlichen Nichtversteuerung von zu Unrecht ausbezahlten Kilometergeldern und eines Sachbezuges für private PKW-Nutzung

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/15/0047. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Günter Narat über die Beschwerde vom des Beschwerdeführers ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** Steuernummer ***BF1StNr1***, vertreten durch den mit Zustellvollmacht ausgewiesenen ****, Adresse, gegen den Bescheid des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Haftung für Lohnsteuer 2011 zu Recht:

I)

Der Bescheid betreffend Haftung für Lohnsteuer 2011 wird abgeändert. Gem. § 82 EStG 1988 werden Sie als Arbeitgeber für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden Lohnsteuer in Anspruch genommen. Lohnsteuer, für deren Einbehaltung und Abfuhr Sie als Arbeitgeber haften: € 9.523,34

II)
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gem. Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Nach einer beim Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz BF) durchgeführten Außenprüfung wurden vom Finanzamt am Bescheide betreffend Haftung für Lohnsteuer, Festsetzung von Dienstgeberbeiträgen und Festsetzung von Zuschlägen zu den Dienstgeberbeiträgen für die Jahre 2011 - 2017 erlassen.

Hinsichtlich des beschwerdegegenständlichen Haftungsbescheides für Lohnsteuer 2011 relevante Feststellungen betreffen die Nachversteuerung von an die Söhne des BF, BL und GL, im Jahr 2011 ausbezahlten Kilometergeldern und den Ansatz eines Sachbezuges für die private PKW- Nutzung durch BL.

Der BF brachte mit Schreiben vom eine Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid beim Finanzamt ein. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen. Der BF brachte mit Schreiben vom einen Vorlageantrag beim Finanzamt ein. Das Finanzamt legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Das Bundesfinanzgericht trug dem BF mit Mängelbehebungsauftrag vom auf, die Mängel der Beschwerde ("Fehlen einer Begründung") vom binnen einer Frist von 8 Wochen ab Zustellung des Beschlusses zu beheben.

Mit Schreiben vom wurde vom BF eine "Verbesserung" der Beschwerde vom beim Bundesfinanzgericht eingereicht. Für den angefochtenen Bescheid relevante Ausführungen sind, dass auf den BF zusätzlich zu seinem Firmen-PKW ein privater PKW (Fiat Panda) angemeldet gewesen sei. Diesen privaten PKW hätten die Söhne des BF zu jeder Zeit, in der er von ihm ungenutzt gewesen war, nutzen können. Ebenso hätten sie das Kfz ihrer Mutter nutzen können. Die Vermietung des PKW Volvo XC 60 mit dem Kennzeichen K1 sei lückenlos dem Mieter P zuzuordnen. Die Vermietung des Volvo XC 60 mit dem Kennzeichen K2 sei durch zahlreichen Fakturen für Vermietung ebenfalls eindeutig nachzuvollziehen. Aus der Vermietung dieser Kfz seien in den Jahren 2010 - 2017 rund € 150.000,00 Erlöse erzielt worden. Die Sachbezug-Hinzurechnung sei nicht gerechtfertigt.

Zum Punkt Kilometergelder BL wurde ausgeführt, dass die EKIS-Abfragen hinsichtlich des Ergebnisses falsch seien. Die Weiterleitung der Information betreffend die periodisch verrechneten Reisekosten an die Bank durch BL sei notwendig gewesen, da sein Gesamteinkommen den Tatsachen entsprechend dargestellt worden sei. Im Zuge der Gründungsphase des Geschäftszweiges H habe der BF seinem Bruder ES für eine kurze Zeit unentgeltlich Kfz zur Verfügung gestellt. ES habe aber dann einen eigenen PKW angeschafft und die Fahrzeuge (BMW X5 und Volvo V50) nicht mehr benötigt. Die Kilometergeldverrechnung des ES sei daher korrekt.

GL sei bei Fahrten für das Unternehmen des BF mit privaten Kfz (Fahrzeuge seiner Freundin bzw. seiner Mutter) unterwegs gewesen. Darüber hinaus sei ua der angefochtene Bescheid nicht nachvollziehbar und schon deshalb rechtswidrig.

Mit Schreiben vom wurde vom Finanzamt eine Stellungnahme zum Vorbringen des BF erstattet. Im Rahmen der Prüfung sei festgestellt worden, dass den Söhnen sowie der Schwiegertochter des BF ein arbeitgebereigener PKW für alle betrieblichen und privaten Fahrten zur Verfügung gestellt worden sei. Aus der bloßen Existenz eines Privatfahrzeuges könne nicht zwingend auf das Unterbleiben jeglicher privaten Nutzung des arbeitgebereigenen Fahrzeuges geschlossen werden. Betreffend den Punkt "Kilometergelder" wurde in der Stellungnahme auf die Abfragen aus dem Zentralen Zulassungsregister für Kraftfahrzeuge verwiesen. Mit einer weiteren Stellungnahme seitens des Finanzamtes vom wurde der Sachverhalt hinsichtlich der für den angefochtenen Bescheid relevanten Punkte zusammengefasst und nochmals detailliert geschildert.

Mit Schreiben vom wurde vom BF ergänzend vorgebracht, dass es sich beim Lohnsteuerhaftungsbescheid 2011 um einen Jahresbescheid handle, der nicht für jeden "Lohnzahlungszeitraum" (Abrechnungszeitraum) gesondert ergangen sei. Weder aus dem Prüfungsbericht noch aus der Niederschrift anlässlich der Schlussbesprechung noch aus dem Schlussbesprechungsprogramm ließen sich die einzelnen Lohnzahlungs- bzw Abrechnungszeiträume ableiten. Der angefochtene Bescheid sei daher schon wegen der fehlenden Individualisierungen ersatzlos aufzuheben.

Dazu komme, dass im Bescheid keine Feststellungen zu den angewandten Steuersätzen enthalten seien. Die herangezogenen Steuersätze von 43 % bei BL und 36,5 % bei GL seien nicht begründet worden.

Schlussendlich wurden die Anträge auf Senatszuständigkeit und Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts basiert auf folgendem Sachverhalt, der in den Akten der Abgabenbehörde sowie des Gerichtes abgebildet und soweit nicht gesondert angeführt unbestritten ist.

BL und GL sind die Söhne des BF. IL ist die Mutter von BL und GL. ES ist der Bruder des BF.

BL war von bis beim BF vollbeschäftigt.

GL war von bis beim BF vollbeschäftigt sowie von bis bzw. von bis geringfügig beschäftigt.

Der BF erwarb mit Rechnung vom einen PKW Volvo XC 60 mit der Fahrgestellnummer XX um € 40.887,50 zuzüglich € 8.177,50 Umsatzsteuer (= Anschaffungskosten daher € 49.065,00). Der gegenständliche PKW war vom 28.02. bis mit dem Kennzeichen W1 auf die T GmbH und ab mit dem Kennzeichen K2 auf den BF zuglassen. Der BF nahm den PKW mit ins Anlagenverzeichnis auf.

Die gewerbliche Vermietung des PKW Volvo XC 60 (Kennzeichen W1 bzw K2) ab erfolgte nur zum Schein.

Der BF stellte den Volvo XC 60 mit der Fahrgestellnummer XX (in weiterer Folge kurz Volvo XC 60) seinem Sohn BL vom - für alle betrieblichen und privaten Fahrten zur Verfügung. BL nutzte den PKW ab auch privat. Ein Fahrtenbuch oder andere Aufzeichnungen, aus denen das Ausmaß der privaten Nutzung ersichtlich wäre, wurden von BL nicht geführt. Im Jahr 2011 war auf BL kein Fahrzeug angemeldet. Ein Sachbezug für die private Nutzung des PKW Volvo XC 60 ab durch BL wurde vom BF nicht versteuert.

Der BF bezahlte im Jahr 2011 für die Monate Jänner - März, Mai - August und Oktober - November unter dem Titel "Kilometergelder" einen Betrag von € 10.888,16 an BL aus. Am bezahlte der BF unter dem Titel "Kilometergelder" einen Betrag von € 946,68 für den Dezember 2011 und am Beträge in Höhe von € 1.100,88 für April 2011 sowie € 1.204,35 für September 2011 an BL aus.

Die ausbezahlten Beträge wurde nicht auf dem Lohnkonto des BL ausgewiesen.

Auf den vorgelegten Reisekostenabrechnungen scheinen in einer Auflistung die Anzahl an Kilometer pro Monat und die daraus resultierenden Gesamtkosten sowie in einer weiteren Auflistung das Reisedatum, Abfahrtsort und Ankunftsort, Zweck der Reise und die Anzahl der Kilometer je Fahrt auf. Auf den Reisekostenabrechnungen fehlen die Angaben, mit welchem Fahrzeug (inklusive Kennzeichen) die Fahrten durchgeführt wurden, Abfahrts- und Ankunftszeiten und die Kilometerstände (Anfangs- und Endkilometer je Fahrt). Es handelt sich bei den Abrechnungen um keine händisch geführten Abrechnungen, sondern um EDV-mäßig geführte Aufzeichnungen.

Laut der vorgelegten Auflistungen wurde etwa für den Monat Jänner 2011 an allen Tagen, mit Ausnahme des 09.01., 16.01., 23.01 und 30.01., des Monates Kilometergelder verrechnet. Im Februar 2011 wurden an allen 28 Tagen des Monates Kilometergelder verrechnet. Im März 2011 wurden bis auf den 20.03. und den 27.03. für alle Tage des Monates Kilometergelder verrechnet. Im Juni 2011 wurden an allen Tagen, mit Ausnahme des 26.06., des Monates Kilometergelder verrechnet. Im Juli 2011 wurden allen Tagen, mit Ausnahme des 10.07., 17.07. und 24.07., des Monates Kilometergelder verrechnet. Mit den vorgelegten Reisekostenabrechnungen des BL wurden nahezu ausschließlich Kilometergelder für die Fahrtstrecke von der Betriebsstätte K nach W (KA) verrechnet. An der Adresse der Betriebsstätte K befindet sich auch der Wohnsitz des BL.

BL verrechnete im Jahr 2011 laut den Kilometergeldabrechnungen 42 Cent pro Kilometer.

Die von BL im Jahr 2011 unter dem Titel "Kilometergelder" verrechneten Kosten sind diesem nicht erwachsen. BL hat diese Fahrten nicht mit privaten Fahrzeugen getätigt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Jahr 2011 den im Buchhaltungskonto "7345" ausgewiesenen Betrag von € 12.524,82 (Kilometergelder "ES") an BL ausbezahlt hat.

Der BF bezahlte im Jahr 2011 in den Monaten Februar - Dezember an GL unter dem Titel "Kilometergelder" einen Betrag von € 4.292,34 aus und machte diesen Betrag als Betriebsausgabe geltend. Diese Zahlungen wurden nicht auf dem Lohnkonto des GL ausgewiesen.

Im Jahr 2011 war auf GL kein Fahrzeug angemeldet.

Laut den vorgelegten Reisekostenabrechnungen verwendete GL einen PKW Renault Clio mit dem Kennzeichen K3. In den Reisekostenabrechnungen wurde dieser PKW beispielsweise bereits am 16.04., 23.06 und sowie am 02.07. und angeführt.

Beim Fahrzeug mit dem Kennzeichen K3 und der Fahrgestellnummer ZZ handelt es sich um einen "FIAT 500". Dieser "Fiat 500" wurde erstmalig am zum Verkehr in Österreich zugelassen. Am wurde dieses Fahrzeug auf eine Frau JH mit dem Kennzeichen K3 zugelassen.

Laut den vorgelegten Reisekostenabrechnungen verwendete GL weiters einen Mazda 323 mit dem Kennzeichen K4. Für diesen Mazda 323 scheint im Jahr 2011 keine Zulassung in Österreich auf. Das Fahrzeug wurde am mit dem Kennzeichen K4 auf IL zugelassen. GL führte den PKW Mazda 323 mit dem Kennzeichen K4 in Reisekostenabrechnungen für den und an.

Bei den Reisekostenabrechnungen des GL fehlen die Kilometerstände (Anfangs- und Endkilometer je Fahrt). Es handelt sich bei den Abrechnungen um keine händisch geführten Abrechnungen, sondern um EDV-mäßig geführte Aufzeichnungen. GL verrechnete im Jahr 2011 laut den Kilometergeldabrechnungen 36 Cent pro Kilometer.

Bei den von GL im Jahr 2011 verrechneten "Kilometergeldern" handelt es sich um gefälschte Abrechnungen. GL hat diese Fahrten nicht mit den in den Reisekostenabrechnungen angeführten Fahrzeugen getätigt.

Der BF hat wissentlich unter dem Titel "Kilometergelder" in den angeführten Monaten im Jahr 2011 € 10.888,16 an BL und € 4.292,34 an GL bzw im Jänner 2012 € 3.251,91 an BL ausbezahlt, obwohl die entsprechenden Kosten bei BL und GL nicht angefallen sind.

Der BF hat wissentlich die Versteuerung eines Sachbezuges für die private Verwendung des PKW Volvo XC 60 von 01.03. bis durch seinen Sohn BL unterlassen.

2. Beweiswürdigung

Gem. § 167 Abs 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. In Befolgung dieser Grundsätze ist der oben dargestellte Sachverhalt deshalb wie folgt zu würdigen:

Dass auf BL und GL im Jahr 2011 keine Kraftfahrzeuge angemeldet waren, ergibt sich zweifelsfrei aus den vom Finanzamt vorgelegten Abfragen aus dem KFZ-Zentralregister des Bundesministeriums für Inneres. Das gegenteilige Vorbringen des BF im Schreiben vom , wonach die EKIS-Abfragen betreffend BL hinsichtlich des Ergebnisses falsch seien, stellt eine bloße Behauptung dar, deren Unrichtigkeit durch die vorgelegten Abfragen aus dem Zentralen Zulassungsregister für Kraftfahrzeuge (§ 47 KFG 1967) erwiesen ist.

Die Feststellung, wonach die gewerbliche Vermietung des PKW Volvo XC 60 nur zum Schein erfolgt ist, gründet sich auf die im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. RV/5101308/2020 vom Bundesfinanzgericht getroffenen diesbezüglichen Feststellungen. Das Bundesfinanzgericht hat in dieser Entscheidung schlüssig dargelegt, dass der BF lediglich versucht hat, eine gewerbliche Vermietung zu konstruieren, das gegenständliche Fahrzeug in Wirklichkeit aber von BL im Rahmen seines Dienstverhältnisses genutzt worden ist.

Dass das gegenständliche Fahrzeug Volvo XC 60 ab Anschaffung durch den BF () von BL genutzt worden ist, ergibt sich neben den angeführten Feststellungen in der Entscheidung RV/5101308/2020 vor allem aus dem von der belangten Behörde diesbezüglich vorgelegten Schriftverkehr (zB Email von Herrn R an den BF vom : "Kurz zur Lieferung der beiden XC60: Der für ihren Sohn sollte im Laufe der nächsten Woche angeliefert werden…"; Email des BF an Herrn G vom : "Folgende Felgen gefallen meinem Sohn: Delta 9x20 W1 schwarz / Poliert…."; Email des BF an Herrn P vom : "Hinsichtlich FELGENGRÖSSE warten wir noch den Test mit BL Auto ab…"). Auch aus den Tankabrechnungen mit der Firma M lässt sich ableiten, dass der Volvo XC 60 von BL verwendet worden ist. Aus diesen Abrechnungen geht hervor, dass die Tankkarte 1 BL zuzuordnen ist (zB Rechnung vom ) und mit dieser Tankkarte der Volvo XC 60 betankt wurde (zB Rechnung vom ).

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ist jedenfalls davon auszugehen, dass BL den Volvo XC 60 auch privat verwendet hat und dies dem BF bewusst war. Alleine schon der Umstand, dass auf BL im Jahr 2011 kein privates Fahrzeug angemeldet war, lässt klar darauf schließen, dass er den Volvo XC 60 mit Wissen des BF auch privat genutzt hat. Keine andere Schlussfolgerung lässt auch der oben dargelegte Emailverkehr zu.

Dass von BL kein Fahrtenbuch oder andere Aufzeichnungen hinsichtlich der - sowohl betrieblichen als auch privaten - Verwendung des Volvo XC 60 geführt wurden, ist unstrittig.

Zum Vorbringen des BF, wonach der FIAT Panda mit dem Kennzeichen K5 ein Privat-PKW gewesen sei, die Betriebskosten für diesen PKW lediglich irrtümlich teilweise im Firmenaufwand verblieben seien und seine Söhne jederzeit die Erlaubnis gehabt hätten, diesen Privat-PKW zu nutzen, ist auszuführen, dass laut Abfragen aus dem KFZ-Zentralregister des Bundesministeriums für Inneres im Jahr 2011 kein FIAT Panda mit dem Kennzeichen K5 auf den BF angemeldet war. Im Übrigen ergibt sich aus den obigen Ausführungen zweifelsfrei, dass von BL ab der PKW Volvo XC 60 genutzt worden ist.

Hinsichtlich der von BL im Jahr 2011 verrechneten Kilometergelder steht es für das Bundesfinanzgericht alleine schon aufgrund des Umstandes, dass er den Volvo XC 60 ab für sämtliche betriebliche und private Fahrten nutzen konnte und im Jahr 2011 auf ihn auch kein privates Kraftfahrzeug angemeldet war, fest, dass BL die verrechneten Kosten nicht entstanden sind. Die von BL gelegten Abrechnungen sind insgesamt völlig unglaubwürdig. So wäre BL etwa im Februar 2011 an allen 28 Tagen des Monates von seinem Wohnsitz in K zur KA nach W gefahren, wobei sich auch in den anderen Monaten ein ähnliches Bild zeigt. Auch ergibt sich aus den Abrechnungen in keinster Weise, welche "privaten" Fahrzeuge BL für die verrechneten Fahrten verwendet hätte.

Für die Feststellung, dass die von BL verrechneten Kosten nicht angefallen sind, sprechen weiters die von BL in Emails vom an PA, Kundenbetreuer X-Bank, (Morgen PA, danke für die Information. Kilometergeld wird deswegen ausbezahlt, da sonst soviel Steuern zu zahlen wäre, ist aber inoffiziell, da es sonst Probleme mit dem Finanzamt und der GKK gibt) und an EL, Kundenbetreuer Y-Bank, ("ich verdiene 2.100,-- netto + 2.000,-- KM Geld (Lohnzettel ist vom Jahr 2012 und ohne KM Geld)") getätigten Aussagen.

Hinsichtlich der von GL verrechneten Kilometergelder geht aus den vorgelegten Abfragen aus dem KFZ-Zentralregister des Bundesministeriums für Inneres zweifelsfrei hervor, dass es sich bei dem Fahrzeug mit dem Kennzeichen K3 und der Fahrgestellnummer ZZ um einen "FIAT 500" handelt, der erstmalig am in Österreich zum Verkehr zugelassen wurde. Am wurde dieses Fahrzeug auf eine Frau JH mit dem Kennzeichen K3 zugelassen.

Laut den in der Buchhaltung des BF aufscheinenden Reisekostenabrechnungen des GL handelt es sich bei dem Fahrzeug mit dem Kennzeichen K3 um einen Renault Clio und hätte GL dieses Fahrzeug bereits am 16.4., 23.06. und sowie am 02.07. und verwendet, also zu einem Zeitpunkt, wo dieses Fahrzeug in Österreich noch gar nicht zugelassen war. Noch dazu wurde das von GL angegebene Kennzeichen erst am für Frau JH vergeben.

GL hat somit ein Fahrzeug (Renault Clio) mit einem Kennzeichen K3 in den Reisekostenabrechnungen angegeben, welches zu diesem Zeitpunkt in Österreich noch gar nicht zugelassen war, das angeführte Kennzeichen erst im Jahr 2012 vergeben wurde und es sich beim am mit dem Kennzeichen K3 zugelassenen Fahrzeug noch dazu um ein ganz anderes Fahrzeug, nämlich einen "FIAT 500" handelt.

Der laut Reisekostenabrechnungen von GL im Jahr 2011 ebenfalls verwendete Mazda 323 wurde laut Abfragen aus dem KFZ-Zentralregister des Bundesministeriums für Inneres am mit dem Kennzeichen K4 auf IL, die Mutter von GL, zugelassen. Im Jahr 2011 scheint unter dem Kennzeichen K4 im KFZ-Zentralregister keine Vormerkung auf. Laut den in der Buchhaltung des BF aufscheinenden Reisekostenabrechnungen des GL für das Jahr 2011 hätte dieser den Mazda 323 mit dem Kennzeichen K4 aber beispielsweise bereits am und am für dienstliche Fahrten verwendet.

Es ist daher für das Bundesfinanzgericht klar ersichtlich, dass es sich bei den von GL im Jahr 2011 verrechneten "Kilometergeldern" um gefälschte Abrechnungen handelt und GL diese Fahrten nicht mit den angeführten Fahrzeugen getätigt hat.

Weiters führt der von der belangten Behörde sichergestellte Schriftverkehr, wie beispielsweise das Email des BF vom an MK ("….Meine Söhne akzeptieren die von Dir nicht akzeptable Situation und fahren sei Jahren ohne Schmerzen mit Autos spazieren, die auf mich angemeldet sind."), zur gleichen Schlussfolgerung, dass sowohl BL als auch GL "Kilometergelder" und somit Kosten verrechnet haben, die ihnen nicht erwachsen sind.

Zusammenfassend ist es für das Bundesfinanzgericht erwiesen, dass BL und GL im Zusammenwirken mit dem BF gefälschte Kilometergeldabrechnungen gelegt haben, der BF diese Beträge an BL und GL ausbezahlt und als Betriebsausgaben geltend gemacht hat.

Die Höhe der an BL und GL im Jahr 2011 ausbezahlten Kilometergelder ergibt sich zweifelsfrei aus dem Buchhaltungskonto "7345" des BF. Die Zahlungen an BL am 02.01. und ergeben sich gleichfalls aus dem Buchhaltungskonto "7345" des BF.

Dass BL und GL unterschiedliche Beträge pro Kilometer (42 Cent bzw 36 Cent) verrechnet haben, ergibt sich aus den vorliegenden Abrechnungen. Die sonstigen Feststellungen (Kilometerstände, verwendete Fahrzeuge, EDV-mäßig geführte Aufzeichnungen, etc.) hinsichtlich der von BL und GL gelegten Kilometergeldabrechnungen ergeben sich ebenfalls aus den vorgelegten Urkunden.

Dass die an BL und GL im Jahr 2011 ausbezahlten Kilometergelder nicht auf den jeweiligen Lohnkonten 2011 ausgewiesen sind, ist den betreffenden Lohnkonten zu entnehmen.

Dass das Finanzamt den Betrag von € 12.524,82, der auf diesem Konto "7345" als Kilometergelder "ES" ausgewiesen ist, zusätzlich zu den nachweislich an BL ausbezahlten Beträgen nur aufgrund von BL in Emails vom an PA, Kundenbetreuer X-Bank, ("Morgen PA, danke für die Information. Kilometergeld wird deswegen ausbezahlt, da sonst soviel Steuern zu zahlen wäre, ist aber inoffiziell, da es sonst Probleme mit dem Finanzamt und der GKK gibt") und an EL, Kundenbetreuer Y-Bank, ("ich verdiene 2.100,-- netto + 2.000,-- KM Geld (Lohnzettel ist vom Jahr 2012 und ohne KM Geld)") getätigten Aussagen, wonach er im Monat einen Betrag von € 2.000,00 unter dem Titel "Kilometergeld" ausbezahlt bekomme, auch BL zugerechnet hat, ist für das Bundesfinanzgericht nicht nachvollziehbar.

Außer den angeführten Emails gibt es keinerlei Hinweise, dass der Betrag von € 12.524,82 ("Kilometergelder ES") an BL ausbezahlt worden wäre. Nur aus dem Umstand, dass BL im Jahr 2014 in Emails gegenüber zwei Bankbeamten seine Einkommensverhältnisse so dargestellt hat, dass er € 2.000,-- monatlich an Kilometergeld beziehe, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass einerseits tatsächlich Beträge in dieser Größenordnung monatlich und zwar auch schon im Jahr 2011 vom BF an BL ausbezahlt worden und andererseits die am Buchhaltungskonto 7345 als "Kilometergelder ES" ausgewiesenen Beträge auch BL zugeflossen wären.

Vor diesem Hintergrund nimmt das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gem. § 167 Abs 2 BAO als erwiesen an.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Zunächst ist festzuhalten, dass das Finanzamt Österreich gem. § 323b Abs 1 BAO an die Stelle des den angefochtenen Bescheid erlassenden Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr getreten ist.

Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs 1 BAO).

Zu den verfahrensrechtlichen Einwendungen des BF:

§ 224 Abs 1 und 2 BAO lauten:

"(1) Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

(2) Die Bestimmungen des Einkommensteuerrechtes über die Geltendmachung der Haftung für Steuerabzugsbeträge bleiben unberührt."

Gem. § 202 Abs 1 BAO gilt § 201 sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt.

§ 201 BAO lautet auszugsweise wie folgt:

"(1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs 2 und muss nach Maßgabe des Abs 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

(2) Die Festsetzung kann erfolgen,

(…)

3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,

(…)

(4) Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen."

§ 201 BAO und ebenso § 202 BAO erfordern nicht, dass im Spruch des Bescheides zum Ausdruck gebracht wird, auf welchen Tatbestand des § 201 BAO der Bescheid gestützt ist ().

Die sinngemäße Anwendung des § 201 BAO erlaubt Haftungsinanspruchnahmen ua wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden; diesfalls ist die Haftungsinanspruchnahme innerhalb der Einhebungsverjährungsfrist zulässig. Bezogen auf den "Neuerungstatbestand" setzt die Haftungsinanspruchnahme voraus, dass entscheidungserhebliche Tatsachen oder Beweismittel der Abgabenbehörde nachträglich (somit nach Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages) bekannt werden. In der Begründung (§ 93 Abs 3 lit a) des Haftungsbescheides sind ua die Voraussetzungen für die Haftungsinanspruchnahme darzulegen. Dies erfordert (im Fall der sinngemäßen Anwendung des § 201 Abs 2 Z 3) beim Neuerungstatbestand die Darlegung, welche Tatsachen oder Beweismittel für die Abgabenbehörde neu hervorgekommen sind (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 202 Rz 5ff mit Verweis auf ; ).

Laut Vorbringen des BF in den Schreiben vom bzw sei der angefochtene Bescheid nicht nachvollziehbar und schon deshalb rechtswidrig. Beim Lohnsteuerhaftungsbescheid 2011 handle es sich um einen Jahresbescheid, der nicht für jeden "Lohnzahlungszeitraum" (Abrechnungszeitraum) gesondert ergangen sei. Weder aus dem Prüfungsbericht noch aus der Niederschrift anlässlich der Schlussbesprechung noch aus dem Schlussbesprechungsprogramm ließen sich die einzelnen Lohnzahlungs- bzw Abrechnungszeiträume ableiten. Der angefochtene Bescheid sei daher schon wegen der fehlenden Individualisierungen ersatzlos aufzuheben.

Diesbezüglich ist auszuführen, dass bei einem Bescheid, mit dem eine persönliche Haftung ausgesprochen wird, die Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, durch den Tatbestand begrenzt wird, der für die geltend gemachte Haftung maßgebend ist (vgl. z.B. ; , 2009/15/0182, VwSlg. 8725/F; , 2004/13/0126, VwSlg. 8004/F; , 94/15/0218).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. , mwN) ist auch bei einer Nachforderung gemäß § 86 Abs 2 EStG 1988 grundsätzlich festzustellen, welche Arbeitnehmer welche unrichtig versteuerten Vorteile aus dem Dienstverhältnis bezogen haben. Lediglich bei der Berechnung der Lohnsteuer, die auf diese Vorteile entfällt, kann pauschal vorgegangen werden, indem anhand der Merkmale des § 86 Abs 2 zweiter Satz EStG 1988 eine Durchschnittsbelastung ermittelt wird, die auf die Vorteile der "durch die Nachforderung erfassten Arbeitnehmer" entfällt. Auch im Falle der pauschalen Nachforderung muss aber grundsätzlich für den Arbeitgeber ermittelbar sein, was auf den einzelnen Arbeitnehmer entfällt (vgl. ).

Im beschwerdegegenständlichen Sachverhalt hat das Finanzamt von der gesetzlichen Bestimmung des § 86 Abs 2 EStG 1988 keinen Gebrauch gemacht.

Der VwGH beurteilt die Vorschreibung von Lohnsteuer im Haftungswege in ständiger Rechtsprechung als Sammelbescheid, bei dem die einzelnen Abgaben durch die Anführung der Abgabenschuldner (Arbeitnehmer) und der betroffenen Monate klar individualisiert werden (; , 94/15/0218; , 97/15/0219).

Im Spruch des angefochtenen Bescheides hat das Finanzamt die Inanspruchnahme des BF zur Haftung für Lohnsteuer auf den Haftungstatbestand des § 82 EStG 1988 gestützt, wonach der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer hafte. Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung betreffend ua Lohnsteuer 2011 wird darauf hingewiesen, dass gem. den §§ 202 iVm 201 Abs 2 Z 3 BAO die Festsetzung einer Selbstberechnungsabgabe erfolgen könne, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben werde oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden. Betreffend die Tatsachen oder Beweismittel, die neu hervorgekommen seien, werde auf die Sachverhaltsdarstellungen laut dem Besprechungsprogramm vom und auf die Beilagen 1 und 2 zu diesem Besprechungsprogramm verwiesen.

Aus dem Besprechungsprogramm vom sowie den angeschlossenen Beilagen 1 und 2 lässt sich zweifelsfrei nachvollziehen, auf welche Arbeitnehmer, nämlich BL und GL, welche unversteuerten Vorteile aus dem Dienstverhältnis in welchem Zeitraum entfallen. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich somit detailliert, von welchem Sachverhalt das Finanzamt ausgegangen ist: Steuerfreie Ausbezahlung der angeführten Beträge unter dem Titel "Kilometergelder" durch den BF im Zeitraum von Jänner bis Dezember 2011 an seine Söhne BL und GL, obwohl die entsprechenden Kosten bei BL und GL nicht angefallen sind; Nichtversteuerung eines Sachbezuges durch den BF für die private Verwendung des PKW Volvo XC 60 von 01.03. bis durch seinem Sohn BL).

Im angefochtenen Bescheid ist daher die Vorschreibung der Lohnsteuer für 2011 im Haftungsweg durch die Anführung der betroffenen Arbeitnehmer (BL und GL) sowie der betroffenen Monate (Detaillierte Auflistung der an BL und GL im Jahr 2011 in den einzelnen Monaten ausbezahlten "Kilometergelder" bzw Nachversteuerung des Sachbezuges für die private PKW-Nutzung durch BL im Zeitraum 01.03. bis mit Angabe der Bemessungsgrundlagen) in der Bescheidbegründung entgegen dem Vorbringen des BF ausreichend klar individualisiert.

Die diesbezüglichen Einwendungen des BF, wonach der angefochtene Bescheid insgesamt nicht nachvollziehbar wäre, gehen somit ins Leere.

Betreffend die Ermessensübung ist auszuführen, dass eine Ermessenentscheidung grundsätzlich immer nach den Kriterien der Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu erfolgen hat. Insbesondere die Zweckmäßigkeit spricht auch im gegenständlichen Fall dafür, die Haftung des BF geltend zu machen. Der BF hat schuldhaft die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer unterlassen (siehe getroffenen Sachverhaltsfeststellungen), sodass auch der Grundsatz der Billigkeit einer solchen Vorgangsweise nicht entgegensteht.

Vorliegen einer Abgabenhinterziehung:

Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach § 207 Abs 1 BAO nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt gem. § 207 Abs 2 BAO im Allgemeinen fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist nach § 207 Abs 2 Satz 2 BAO zehn Jahre.

Ob eine Abgabe hinterzogen ist, ist eine Vorfrage nach § 116 Abs 1 BAO für die Frage, ob die längere Verjährungsfrist des § 207 Abs 2 zweiter Satz BAO anzuwenden ist. Der Tatbestand der hinterzogenen Abgaben im Sinne des § 207 Abs 2 BAO ist nach § 33 FinStrG zu beurteilen (zB ; , 0084; , 2009/13/0159; , 2009/16/0076 bis 0078; , Ra 2016/13/0007). Nicht erforderlich ist daher für die Annahme der zehn Jahre betragenden Verjährungsfrist ein rechtskräftiger Schuldausspruch im Finanzstrafverfahren (; , 96/17/0453; , 99/16/0110) oder die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens (; , 89/14/0149; , 98/16/0391; , 2002/14/0154).

Die Beurteilung der Vorfrage hat in der Begründung des Bescheides (bzw. Beschlusses oder Erkenntnisses) zu erfolgen. Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus (zB ; , 2007/15/0292; , 2009/16/0032), und zwar auch dann, wenn im Verwaltungsverfahren noch keine Verjährungseinrede erhoben wurde. Die maßgebenden Hinterziehungskriterien der Straftatbestände sind von der Abgabenbehörde nachzuweisen (; , 99/13/0036). Die längere Verjährungsfrist betrifft nur den vorsätzlich verkürzten Teil (arg "soweit").

Nach § 33 Abs 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Gem. § 33 Abs 2 lit. b FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung weiters schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 EStG 1988 entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer oder Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält. Eine Verkürzung gem. leg. cit. Ist bewirkt, wenn Abgaben, die selbst zu berechnen sind, ganz oder teilweise nicht entrichtet (abgeführt) wurden.

Die von § 33 Abs 2 lit. b FinStrG erfassten Abgaben sind Selbstbemessungsabgaben, für die deshalb keine Erklärungspflicht besteht. Da es sich bei der Führung von Lohnkonten um keine abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht handelt, kann der Tatbestand des § 33 Abs 1 FinStrG durch Defizite beim Lohnkonto nicht erfüllt werden. Diese Fälle sind daher ausschließlich nach § 33 Abs 2 lit. b FinStrG zu beurteilen, es sei denn ein Arbeitgeber wäre bescheidmäßig zur Abgabe von Lohnsteueranmeldungen verpflichtet worden (vgl. Kotschnigg in Tannert/Kotschnigg, FinStrG, 11. Lfg, § 33 Tz 280 f; ; ). Für die Pflichtverletzung in einem derartigen Fall genügt bedingter Vorsatz; der Verkürzungserfolg muss aber wissentlich bewirkt werden (vgl. Kotschnigg, aaO, Tz 283).

Für die subjektive Tatseite des § 33 Abs 2 lit. b FinStrG muss sich die Wissentlichkeit des Täters auf das Bewirken der Verkürzung der Abgaben (im Beschwerdefall Lohnsteuer) richten.

Gem. § 8 Abs 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Der bedingte Vorsatz liegt nur dann vor, wenn der Täter die Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet. Der Täter muss also einerseits den Eintritt des verpönten Erfolges als naheliegend ansehen (vgl. hiezu auch RIS-Justiz RS0088985) und anderseits bereit sein, diesen Erfolgseintritt in Kauf zu nehmen (vgl. ).

Eine Abgabenhinterziehung liegt nicht schon bei einer objektiven Abgabenverkürzung vor, sondern erfordert Vorsatz als Schuldform. Vorsätzlich handelt, wer ein Tatbild mit Wissen und Wollen verwirklicht. Vorsätzliches Handeln beruht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, ist aber aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten des Täters zu erschließen, wobei sich die diesbezüglichen Schlussfolgerungen als Ausfluss der freien Beweiswürdigung erweisen (vgl. , mwN).

Es wurde vom Bundesfinanzgericht unter Punkt 2 festgestellt, dass BL und GL im Zusammenwirken mit dem BF gefälschte Kilometergeldabrechnungen gelegt haben und der BF wissentlich diese Beträge an BL und GL ausbezahlt und nicht auf den jeweiligen Lohnkonten von BL und GL erfasst hat.

Der BF hat weiters wissentlich die Versteuerung eines Sachbezuges für die private Verwendung des PKW Volvo XC 60 durch seinen Sohn BL im Zeitraum von 01.03. bis unterlassen.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes kann sowohl von einer Erfüllung des objektiven als auch des subjektiven Tatbildes des § 33 Abs 2 lit. b FinStrG durch den BF ausgegangen werden. Es liegt somit Abgabenhinterziehung gem. § 33 Abs 2 lit b FinStrG vor, sodass die Verjährungsfrist gem. § 207 Abs 2 BAO zur Anwendung kommt.

Materiellrechtliche Erwägungen:

Gem. § 78 Abs 1 EStG 1988 hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten. Als Lohnzahlungen gelten auch Vorschuss- oder Abschlagszahlungen, sonstige vorläufige Zahlungen auf erst später fällig werdenden Arbeitslohn, Bezüge aus einer gesetzlichen Krankenversorgung sowie im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten geleistete Vergütungen, wenn der Arbeitgeber weiß oder wissen muss, dass derartige Vergütungen geleistet werden.

Bezüglich des Beschwerdepunktes "Kilometergelder" ist auszuführen, dass § 78 Abs 1 EStG 1988 den Arbeitgeber verpflichtet, bei jeder Lohnzahlung, also im Zeitpunkt des Zuflusses an den Arbeitnehmer, Lohnsteuer einzubehalten ().

Nachdem, wie oben unter Punkt 2 festgestellt wurde, die vom BF an BL und GL im Jahr 2011 unversteuert ausbezahlten "Kilometergelder" auf Grund des Nichtvorliegens der Voraussetzungen für eine nicht steuerbare Behandlung der Kilometergelder bereits zum Zeitpunkt der Auszahlung steuerpflichtigen Arbeitslohn dargestellt haben, sind die Folgen der Arbeitslohnauszahlung durch den Arbeitgeber bereits bei Auszahlung eingetreten. Das bedeutet, dass der BF bereits zum Zeitpunkt der Auszahlung der Kilometergelder im Jahr 2011 die strittigen Lohnabgaben, im gegenständlichen Fall die Lohnsteuer, abführen hätte müssen.

Gem. § 19 Abs 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Abweichend davon gilt, dass regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, als in diesem Kalenderjahr bezogen gelten.

Für regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben kurze Zeit vor oder nach Beginn des Kalenderjahres ist also nicht der tatsächliche Zeitpunkt der Einnahme bzw Ausgabe maßgeblich; sie sind vielmehr dem Kalenderjahr zuzurechnen, zu dem sie wirtschaftlich gehören ("Kurze-Zeit-Regel").

Wiederkehrende Einnahmen sind solche, die nicht nur einmal, sondern mehrmals hintereinander anfallen. Regelmäßig wiederkehrend bedeutet, dass zwischen den einzelnen Einnahmen gleiche bzw zumindest annähernd gleiche Zeiträume liegen müssen (ein Jahr, ein Monat). Regelmäßig wiederkehrende Zahlungen müssen nicht gleich hoch sei, sie müssen lediglich Gleichartigkeit aufweisen (zB Löhne).

Darüber hinaus versteht die Rechtsprechung unter dem Begriff "kurze Zeit" einen Zeitraum von bis zu zehn Tagen (Jakom/Peyerl, EStG, 2020, § 19 Rz. 17, 1033; vgl. auch ; ; Doralt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 19 Tz 46).

Seitens der belangten Behörde wurden betreffend der an BL ausbezahlten Kilometergelder nur die bis ausbezahlten Beträge erfasst. Der am ausbezahlte Betrag von € 946,68 für den Dezember 2011 und die am ausbezahlten Beträge für April 2011 in Höhe von € 1.100,88 und September 2011 in Höhe von € 1.204,35 sind aufgrund der vorhin angeführten "Kurze-Zeit-Regel" ebenfalls dem Kalenderjahr 2011 zuzurechnen. Bei den erfolgten Zahlungen handelt es sich jedenfalls um wiederkehrende Einnahmen im Sinne des § 19 EStG 1988, da das Bundesfinanzgericht davon ausgeht, dass es sich bei den verrechneten Kilometergeldern um verdeckte Lohnzahlungen handelt.

Gem. § 4 der VO zu § 15 Abs 2 EStG 1988 (Sachbezugswerteverordnung) in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung ist ein monatlicher Sachbezug von 1,5 % der Brutto-AK des Fahrzeugs (einschließlich Sonderausstattungen, USt und NoVA), höchstens aber 600 € monatlich anzusetzen (Abs 1).

Ein Sachbezugswert ist jedenfalls dann zuzurechnen, wenn nach der Lebenserfahrung auf Grund des Gesamtbildes der Verhältnisse anzunehmen ist, dass der Arbeitnehmer die eingeräumte Möglichkeit, das arbeitgebereigene Kraftfahrzeug privat zu verwenden - wenn auch nur fallweise - nützt ( mwN).

Aufgrund der unter Punkt 2 getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, wonach BL ab den PKW Volvo XC 60 auch privat genutzt hat, wurde von der belangten Behörde der Sachbezug entsprechend der für den Beschwerdezeitraum anzuwendenden Fassung der Sachbezugswerteverordnung ermittelt. Der Ansatz eines halben Sachbezugswertes kommt schon aufgrund des Umstandes, dass weder ein Fahrtenbuch noch andere Aufzeichnungen hinsichtlich der getätigten Privatfahrten geführt wurden, nicht in Betracht.

Zum Einwand des BF, wonach die herangezogenen Steuersätze von 43 % bei BL und 36,5 % bei GL nicht begründet worden seien, ist zu erwidern, dass der Grenzsteuersatz der Steuersatz ist, mit dem die jeweils nächste Einheit der Steuerbemessungsgrundlage belastet wird.

Gem. § 33 Abs 1 EStG 1988 in der im Streitjahr 2011 anzuwendenden Fassung ist die Einkommensteuer bei einem Einkommen von mehr als € 11.000 wie folgt zu berechnen:

Der Grenzsteuersatz für die € 11.000,00 übersteigenden Einkommensteile beträgt 36,5%, im Bereich von über € 25.000 bis € 60.000,00 liegt er bei 43,21%.

Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage für die Heranziehung zur Haftung für Lohnsteuer 2011 ist festzuhalten, dass diese aufgrund der obigen Ausführungen im Punkt "Kilometergelder BL" um den Betrag von € 12.524,82 ("Kilometergelder ES") zu reduzieren bzw. um die dem Jahr 2011 zuzurechnenden Zahlungen aus dem Jahr 2012 (in Summe € 3.251,91) zu erhöhen ist. Die Bemessungsgrundlage für die Heranziehung zur Haftung für Lohnsteuer 2011 für den Dienstnehmer BL beträgt somit € 20.140,07 (€ 14.140,07 aus dem Titel "Kilometergelder" und € 6.000,00 aus dem Titel "Sachbezug Volvo XC 60").

Aufgrund der obigen Ausführungen kommt es beim Dienstnehmer BL auch zu einer Änderung des anzuwendenden Steuersatzes. Die steuerpflichtigen inländischen Bezüge von BL betrugen im Jahr 2011 (laut Lohnzettel KZ 245) € 13.883,93.

Hinsichtlich der oben angeführte Bemessungsgrundlage für die Heranziehung zur Haftung für Lohnsteuer 2011 in Höhe von € 20.140,07 ist daher für Einkommensteile bis € 25.000,00 (= € 11.116,07) der Steuersatz von 36,5 % (= € 4.057,37) und für Einkommensteile über € 25.000,00 (= € 9.024,00) der Steuersatz von 43,21 % (= € 3.899,27) anzuwenden, ergibt in Summe € 7.956,64.

Hinsichtlich des Dienstnehmers GL ergeben sich keine Änderungen der Bemessungsgrundlage, sodass aufgrund des Nichtübersteigens der Grenze von € 25.000,00 (inklusive steuerpflichtige inländische Bezüge laut Lohnzettel KZ 245 im Jahr 2011) der Steuersatz 36,5 % beträgt (Bemessungsgrundlage für die Heranziehung zur Haftung für Lohnsteuer 2011 in Höhe von € 4.292,34, davon 36,5 % = € 1.566,70).

Die Lohnsteuer, für deren Einbehaltung und Abfuhr der BF als Arbeitgeber haftet, beträgt im Jahr 2011 daher € 9,523,34.

Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs 1 VwGG).

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs 4 B-VG).

Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).

Mit dem vorliegenden Erkenntnis folgt das Bundesfinanzgericht der hg einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb gem. § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 Abs. 2 lit. b FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 76 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 8 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 78 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 19 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 33 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 15 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Sachbezugswerteverordnung, BGBl. II Nr. 416/2001
§ 33 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 323b Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 82 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 224 Abs. 1 und 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 202 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 86 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 116 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise























VwGH, 2002/14/0143






ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5101362.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at