Ein Umsatzsteuerbescheid stellt keinen grundlagenähnlichen Bescheid iSd § 295 Abs 3 BAO hinsichtlich eines Körperschaftsteuerbescheides dar
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Vertreter, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich, vormals Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart, vom betreffend Körperschaftsteuer 2006 und 2007, vom betreffend Körperschaftsteuer 2008 sowie vom betreffend Körperschaftsteuer 2018, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach der am in Hintere Zollamstsstraße 2b, 1030 Wien, durchgeführten mündlichen Verhandlung im Beisein der Schriftführerin R zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide betreffend Körperschaftsteuer der Jahre 2006, 2007 und 2008 werden - ersatzlos - aufgehoben.
Der Bescheid betreffend Körperschaftsteuer 2014 wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin, in der Folge als Bf. bezeichnet, erzielte in sämtlichen beschwerdegegenständlichen Jahren Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Im Zuge einer u.a. die Umsatz- und Körperschaftsteuer jeweils der Jahre 2012 bis 2016 betreffenden Betriebsprüfung stellte diese unter Tz 5 des BP-Berichtes fest, dass lt. Pkt. 6 der Niederschrift über die Schlussbesprechung im Zuge der BP festgestellt worden sei, dass die Körperschaftsteuerbescheide der Jahre 2006 bis 2008 in Folge der BFG-Entscheidung 2014, gemeint wohl das Erkenntnis des , nicht abgeändert worden seien. Da die Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2008 gem. § 295 Abs BAO nunmehr im Zuge der BP nun geändert werden würden, seien die verminderten Verlustvorträge im Jahr 2013 komplett aufgebraucht, was zur Folge habe, dass hinsichtlich des Jahres 2014 kein Verlustabzug mehr vorhanden sei.
Angemerkt wird, dass in Pkt. 6 der Bezug habenden Niederschrift über die Schlussbesprechung wörtlich wie folgt ausgeführt wurde:
"Im Zuge der BP wurde festgestellt, dass die Körperschaftsteuerbescheide von 2006 bis 2008 aufgrund der BFG-Entscheidung 2014 nicht abgeändert wurden. Aufgrund der Anerkennung der steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen It. BFG hätte die seinerzeitige Passivierung der USt It. Vorbetriebsprüfung wieder berichtigt werden müssen und der Gewinn erhöht bzw. ein höherer Verlustabzug stattfinden müssen. Nach § 295 Abs. 3 BAO werden die Bescheide nun im Zuge der Betriebsprüfung geändert. Es kommt auch § 209a Abs. 2 BAO zur Anwendung, da die Beschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide vor Ablauf der Verjährungsfrist der Körperschaftsteuerbescheide 2006 bis 2008 eingebracht wurde und diesbezüglich noch eine Festsetzung der Körperschaftsteuer nach § 209a Abs. 2 BAO möglich ist. Die Verlustvortrage werden daher 2013 komplett aufgebraucht und 2014 ist kein Verlustabzug mehr vorhanden. Lt. Beilage 2 - Näheres siehe nachstehend - ist die Verlustentwicklung dargestellt."
Mit Bescheiden vom sowie vom erließ das Finanzamt gemäß der Bestimmung des § 295 Abs 3 BAO abgeänderte Erstbescheide (neue Sachentscheidungen) hinsichtlich der Erstbescheide betreffend Körperschaftsteuer der Jahre 2006, 2007 und 2008, sämtliche vom , und führte unter Hinweis auf die o.a. Niederschrift über die Schlussbesprechung und den o.a. BP-Bericht in den Bezug habenden Begründungen diesbezüglich gleichlautend aus, dass für den Fall, dass der mit Erkenntnis des Näheres siehe oben - geänderte Bescheid betreffend Umsatzsteuer, woraus sich die aus dem seinerzeit angefochtenen Umsatzsteuerbescheid resultierende Nachforderung entsprechend vermindert habe, zum Zeitpunkt, zu dem die betreffende Umsatzsteuer bei der Gewinnermittlung dieses Jahres als Betriebsausgabe abgezogen worden sei, bereits erlassen gewesen wäre, der Spruch des Körperschaftsteuerbescheides in diesem Punkt anders hätte lauten müssen. Dies sei ein Anwendungsfall des § 295 Abs 3 BAO. Diese Bestimmung verlange von ihrem Wortlaut her nicht zwingend eine formalrechtliche Bindung bzw. Abhängigkeit zwischen zwei Bescheiden, sondern lediglich deren inhaltliche Beeinflussung, die hier offenkundig stattgefunden habe und nunmehr nachträglich beidseitig zu korrigieren sei, um ein sachgerechtes Ergebnis zu gewährleisten.
Hinsichtlich der Verjährung sei anzumerken, dass mit der Anwendung des § 295 Abs 3 BAO auch die Bestimmung des § 209a Abs 2 BAO zur Anwendung komme (zB ). Sei daher die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid vor Ablauf der Verjährungsfrist der Körperschaftsteuerbescheide 2006, 2007 und 2008 eingebrachte worden, sei diesbezüglich noch eine Festsetzung der Körperschaftsteuer nach § 209a Abs 2 BAO möglich. Auch wenn das Erkenntnis des BFG bezüglich der Umsatzsteuer bereits im Jahre 2014 ergangen sei, schließe das eine Festsetzung iSd § 209a Abs 2 BAO im Jahre 2017 nicht aus, weil die Festsetzung bei Anwendung des § 209a Abs 2 BAO, anders als die Festsetzung nach einer Aufhebung gem. §§ 288 und 300 BAO (§ 209a Abs 5 BAO), an keine Frist gebunden sei und die Bescheidänderung nicht im Ermessen der Abgabenbehörde gelegen sei.
Am erließ das Finanzamt den Erstbescheid (neue Sachentscheidung) betreffend Körperschaftsteuer 2014 und brachte in diesem keinen Verlustabzug in Ansatz, wobei es begründend auf die o.a. Niederschrift über die Schlussbesprechung hinwies.
In der gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2006, 2007, 2008 und 2014 mit Schreiben vom , eingelangt beim Finanzamt am , rechtzeitig - zwei Ansuchen um Verlängerung der Beschwerdefrist wurde seitens des Finanzamtes Folge gegeben - erhobenen Beschwerde brachte der steuerliche Vertreter der Bf. vor, dass aufgrund einer Betriebsprüfung, die die Jahre 2012 bis 2016 umfasste hätte, nunmehr geänderte Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2006, 2007 und 2008 ergangen seien. Die belangte Behörde habe diese Bescheide, die längst der Verjährungsfrist unterlägen, gem. der Bestimmung des § 295 Abs. 3 BAO geändert. Diese Bescheide sollten die Bescheide von der vorangegangenen Betriebsprüfung vom ersetzen.
Aufgrund dieser vorangegangen Betriebsprüfung für die Jahre 2006, 2007 und 2008 sei gegen die Umsatzsteuerbescheide das Rechtmittel der Berufung ergriffen worden. Die Berufung sei dem Bundesfinanzgericht vorgelegt worden. Am seien für diese Jahre berichtigte Umsatzsteuerbescheide ergangen.
Die bel. Behörde habe es verabsäumt aufgrund der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes eine Wiederaufnahme hinsichtlich der Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2006, 2007 und 2008 vorzunehmen.
Die Bestimmung des § 295 Abs. 3 BAO beziehe sich auf abgeleitete Bescheide. Der Umsatzsteuerbescheid stelle keinen abgeleiteten Bescheid für die Körperschaftsteuer (Folgebescheid) dar. Körperschaftsteuerbescheide stellten auch keine zu Umsatzsteuerbescheiden grundlagenähnliche Bescheide dar. In diesem Zusammenhang sei auf Ritz, BAO6, Seiten 1139 ff zu verweisen.
In der Rechtsprechung existiere kein Hinweis darauf, dass es sich zwischen Umsatzsteuerbescheiden und Körperschaftsteuerbescheiden um grundlagenähnliche Bescheide handelte.
Es könne nicht sein, dass diese Bestimmung herangezogen werden könne um verjährte Körperschaftsteuerbescheide neu zu erlassen.
§ 295 Abs. 3 BAO besage, dass mit der Änderung bzw. Aufhebung von abgeleiteten Bescheiden gewartet werden könne, bis die Abänderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides oder der nachträglich erlassenen anderen Bescheide rechtskräftig geworden sei.
Dem Gesetzestext könne nicht entnommen werden, dass sich die Behörde hiezu dreieinhalb Jahre Zeit lassen könne. Das heiße, es könne nicht willkürlich gewartet werden um eine Abänderung bzw. Aufhebung verjährter Bescheide durch diese Gesetzesbestimmung zu ermöglichen.
Diese Vorgangsweise einer nachträglichen Änderung der Bescheide spreche klar gegen die Gesetzesbestimmungen des § 295 Abs. 3 BAO (dreieinhalb Jahre). Nochmals sei darauf hingewiesen, dass auch Ritz in seinem Kommentar meine, dass die Abgabenbehörde hinsichtlich der Setzung einer Maßnahme gem. § 295 Abs. 3 BAO die Rechtskraft des grundlagenähnlichen Bescheides abwarten könne. Diese Bescheide seien allerdings am in Rechtskraft erwachsen, wobei nochmals darauf hingewiesen werde, dass es sich bei Umsatzsteuerbescheiden um keine abgeleiteten Bescheide, gemeint wohl Grundlagenbescheide, für die Körperschaftsteuer handle.
Unverständlich sei auch, dass sich die Behörde bei ihrem Vorgehen auf § 209 a Abs. 2 BAO stütze, denn diese Gesetzesstelle besage, dass es dem Eintritt der Verjährung nicht entgegenstehe, wenn dem Antrag auf Aufhebung gem. § 299 Abs. 1 BAO vor Ablauf der Jahresfrist des § 302 Abs. 1 BAO oder wenn ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens rechtzeitig im Sinne des § 304 BAO eingebracht worden sei. In § 302 Abs. 1 BAO heiße es, dass Abänderungen, Zurücknahmen und Aufhebungen von Bescheiden bis zum Ablauf der Verjährungsfrist möglich seien. Der zitierte § 209 a Abs. 1 BAO ermögliche meritorische Erledigungen von Bescheidbeschwerden, wenn der angefochtene Bescheid wenige Tage vor Ablauf der absoluten Verjährungsfrist ergangen sei (, 0107).
Weiters werde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014 in offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht. Der Körperschaftsteuerbescheid 2014 aufgrund der Betriebsprüfung weise Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 111.507,63 auf. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb It. Betriebsprüfung betrügen jedoch nach Meinung der Bf. jedoch EUR 96.321,88. Ferner werde beantragt, dass der Verlustabzug in Höhe von 75% d.s. EUR 72.241,41 abgezogen werde. Auf die - nachstehende - diesbezügliche Aufstellung werde verwiesen.
Am langte auf elektronischem Weg ein Schreiben des steuerlichen Vertreters der Bf. beim Finanzamt ein. In diesem wurde wörtlich wie folgt ausgeführt:
"Betreff: teilweise Zurücknahme der Beschwerde vom
Text:
Die Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014 betreffend Einkünfte aus Gewerbebetrieb wird zurückgezogen."
Am langte ein mit dem datiertes Schreiben des steuerlichen Vertreters der Bf. beim Finanzamt ein. In diesem wurde wörtlich wie folgt ausgeführt:
"Steuernummer: BF GmbH
Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014 bleibt aufrecht,
Vollmacht ausgewiesen
Sehr geehrte Damen und Herren,
namens und auftrags unserer im Betreff genannten Mandantschaft stellen wir klar, dass wir lediglich einen Punkt der Beschwerde Körperschaftsteuerbescheid 2014 mit Schreiben vom zurückgezogen haben und zwar den Punkt hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor Berücksichtigung des Verlustvortrages in Höhe von EUR 72.241,41. Die Beschwerde hinsichtlich der Berücksichtigung der korrekten Berücksichtigung der Verlustvortrage ist daher nach wie aufrecht.
Die bescheidmäßige Erledigung dieser Beschwerde ist daher nach wir offen. Wir ersuchen entsprechende umgehende Erledigung."
Mit Beschwerdevorentscheidungen - sämtliche vom - wies das Finanzamt die Beschwerde gegen die Körperschaftsteuerbescheide der Jahre 2006, 2007 und 2008 als unbegründet ab.
In der in der diesbezüglich mit gesondertem Schreiben vom ergangenen Begründung führte das Finanzamt wörtlich aus wie folgt:
"Gemäß § 295 Abs 3 BAO ist ein Bescheid ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, zu ändern oder aufzuheben, wenn der Spruch dieses Bescheides anders hätte lauten müssen oder dieser Bescheid nicht hätte ergehen dürfen, wäre bei seiner Erlassung ein anderer Bescheid bereits abgeändert, aufgehoben oder erlassen gewesen. Mit der Änderung oder Aufhebung des Bescheides kann gewartet werden, bis die Änderung oder Aufhebung des anderen Bescheides oder der nachträglich erlassene andere Bescheid rechtskräftig geworden ist.
Hängt eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Beschwerde ab, so steht gemäß § 209a Abs 2 BAO der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn die Beschwerde oder der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.
§ 295 Abs 3 BAO betrifft grundlagenähnliche Bescheide, die zueinander nicht in einem förmlichen Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid stehen. Grundlagenähnliche Bescheide iSd § 295 Abs 3 BAO beeinflussen in ihren Rechtswirkungen materiell andere Bescheide (vgl ; ).
Grundvoraussetzung ist die Identität der Bescheidadressaten zwischen grundlagenähnlichem Bescheid und Bescheid gem. § 295 Abs 3 BAO.
Maßnahmen gemäß § 295 Abs 3 BAO haben zwingend zu erfolgen, sodass die Bescheiderlassung nicht im Ermessen der Abgabenbehörde steht (; )
Der Bestimmung des § 295 Abs 3 BAO ist die Bestimmung des § 209a Abs 2 BAO zugänglich ().
Während § 209a Abs 1 BAO vorsieht, dass eine Abgabenfestsetzung in einer Beschwerdeentscheidung auch nach Ablauf der Verjährungsfrist erfolgen darf, gestattet § 209a Abs 2 BAO die verjährungsungebundene Abgabefestsetzung auch außerhalb eines Rechtsmittelverfahrens, wenn die Abgabenfestsetzung von der Erledigung einer anderen mit Beschwerde bekämpften Verwaltungsangelegenheit abhängig ist (vgl. ). Dabei ist unter Verjährung auch die absolute Verjährung iSd § 209 Abs 3 BAO zu verstehen (vgl. ).
§ 209a Abs 2 BAO hat zur Voraussetzung, dass eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Beschwerde abhängt, d.h. dass eine Abgabenfestsetzung die von einem in Beschwerde gezogenen grundlagenähnlichen Bescheid abhängt, einen schon ergangenen (rechtskräftigen) Abgabenbescheid nach Ablauf der Verjährung abändern oder aufheben darf (vgl Stoll, BAO, S 2208; ). In diesem Fall darf § 295 BAO trotz Verjährung angewendet werden (vgl. ).
Durch die Einführung des § 209a BAO wurde die Möglichkeit der Durchbrechung der (absoluten) Verjährung geschaffen. Voraussetzung für eine derartige Durchbrechung der Verjährung ist aber die unmittelbare oder mittelbare Abhängigkeit der Abgabenfestsetzung von der Erledigung einer Beschwerde sowie die Einbringung der Beschwerde vor Eintritt der Verjährung ().
Gegen die über die USt-Nachforderung absprechenden Bescheide der Jahre 2006, 2007, 2008 wurde Beschwerde an den BFG erhoben und dieser Beschwerde mitBeschwerdevorentscheidung - gemeint wohl Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes - vom zur Gänze Folge gegeben.
Durch die Erlassung der stattgebenden Beschwerdeentscheidung vom erfolgte die Passivierung der USt-Nachforderung im KöSt-Verfahren im Jahr 2009 zu Unrecht.
Diese Passivierung der USt-Nachforderung in den einzelnen Wirtschaftsjahren bei der Körperschaftsteuer erfolgte im Zuge desselben Außenprüfungsverfahrens. Sie erfolgte somit praktisch spiegelbildlich im gleichen Verfahren. Im Ergebnis führte die Passivierung zu einer Verminderung der Verrechnung von Altverlusten. Die Finanzbehörde bejaht gegenständlich das Vorliegen eines grundlagenähnlichen Bescheides iSd § 295 Abs 3 BAO, da die USt-Bescheide in ihren Rechtswirkungen mit den KöSt-Bescheiden materiell in einem beeinflussenden Verhältnis stehen. Dieser Umstand ergibt sich aus der Tatsache, dass die Passivierung der damaligen USt-Nachforderung das Ergebnis im KöSt-Verfahren (die Verminderung der Verrechnung von Altverlusten) wesentlich beeinflusste. Ferner liegt die Grundvoraussetzung der Identität der Bescheidadressaten zwischen grundlagenähnlichem Bescheid und § 295 Abs 3 Bescheid vor - beide Bescheid ergingen gegenüber dem Beschwerdeführer.
In dem bereits oben angeführten Erkenntnis des , bejahte der VwGH die Anwendung des § 295 Abs. 3 BAO bei einer zeitgleich stattgefundenen Außenprüfung einer KG und OG. Der Bescheid der KG, in dem die rechtliche Beurteilung der Pachtzahlungen erfolgte, wurde, da die Auswirkung denselben Personenkreis getroffen hat und auch eine besondere Konstellation des Verwaltungsverfahren durch die gleichzeitige Außenprüfung vorlag, als "grundlagenähnlich" iSd § 295 Abs. 3 BAO bei der OG vom VwGH angesehen. Nichts anderes muss in dem hier gelagerten Fall gelten, bei dem die betroffenen Abgaben (Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer) gleichzeitig beim selben Abgabepflichtigen einer Außenprüfung unterzogen wurden. Die Ergebnisse der Feststellungen der Außenprüfung bei einer Abgabenart sind bei der anderen Abgabenart in so einem Fall notwendigerweise durch die Abgabenbehörde zu berücksichtigen.
Außerdem liegt aus der Sicht der Abgabenbehörde keine Verjährungsproblematik vor, da die Abgabenfestsetzung der KöSt von den in Beschwerde gezogenen USt-Bescheiden abhängig war (mittelbare Abhängigkeit). Unerheblich ist, dass die KöSt-Bescheide bereits ergangen und in Rechtskraft erwachsen sind, da die Voraussetzungen des § 209a Abs 2 BAO vorliegen, weshalb eine Abänderung der Abgabenbescheide iSd § 295 Abs 3 BAO trotz Verjährung zulässig ist (verjährungsungebundene Abgabenfestsetzung).
Aus dem soeben Gesagten ergibt sich, entgegen der Argumentation des Beschwerdeführers, dass die Behörde nicht verabsäumt hat eine Wiederaufnahme der Körperschaftssteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2008 vorzunehmen.
Ob ein grundlagenähnlicher Bescheid iSd § 295 Abs 3 BAO vorliegt, ist im Einzelfall zu prüfen und abhängig von der vorliegenden Konstellation. Auch wenn sich in der Rechtsprechung bisher keine konkrete Aussage dazu findet, dass Umsatzsteuerbescheid und Körperschaftsteuerbescheid in einem grundlagenähnlichen Verhältnis zu einander stehen können, ist gegenständlich ein solches - wie oben erläutert - zu bejahen.
Bei der Änderung der Körperschaftssteuerbescheide nach dreieinhalb Jahren liegt unbestritten eine ungewöhnlich lange Dauer vor. Dies allein steht jedoch einer Bescheidänderung nach § 295 Abs 3 BAO nicht entgegen, da eine solche Maßnahme zwingend zu erfolgen hat und nicht im Ermessen der Abgabenbehörde steht.
Der Argumentation des Beschwerdeführers, dass die Gesetzesstelle des § 209a Abs 2 BAO nur angewendet werden darf, wenn ein Antrag auf Aufhebung gemäß § 299 Abs 1 BAO oder auf Wiederaufnahme des Verfahrens eingebracht wurde, ist entgegenzuhalten, dass die angeführte Gesetzesstelle explizit auch das Beschwerdeverfahren anführt und somit weiter gefasst ist, als vom Beschwerdeführer eingewendet."
Mittels weiterer BVE vom erklärte das Finanzamt die Beschwerde vom gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014 vom gemäß § 256 Abs 3 BAO unter Hinweis darauf, dass die Beschwerde mit Schreiben vom zurückgenommen worden sei, als gegenstandslos.
Mit Eingabe vom , eingelangt beim Finanzamt am , beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde an das BFG und brachte in dieser vor, dass den Ausführungen des Finanzamtes in der BVE-Begründung, wonach § 295 Abs 3 BAO grundlagenähnliche Bescheide betreffe und wonach die Passivierung im Ergebnis zu einer Verminderung der Verrechnung von Altverlusten geführt habe, entgegenzuhalten sei, dass gemäß § 295 Abs 3 BAO nur insoweit Ansprüche der Partei auf Abänderung und Befugnisse der Behörde auf entsprechende Abänderungen in verfahrensrechtlicher Hinsicht bestünden, als die Veränderungen auf der gedanklichen Ebene der inhaltlichen Bindung eine Abänderung des materiell verbundenen (inhaltlich anknüpfenden) Bescheides gebieten würden. § 295 Abs 3 BAO sei weit davon entfernt, materiell-rechtliche Anspruche zu begründen (zum Beispiel ), er trage lediglich verfahrensrechtlich dem Umstand der veränderten materiellen Bindungssituation Rechnung. Nur wenn ein einem gedanklich-inhaltlich vorangehenden Bescheid zeitlich nachfolgender Bescheid auf Grund gesetzlicher Bestimmungen "anders hätte lauten müssen oder... nicht hätte ergehen dürfen" erfolge eine Abänderung nach § 295 Abs 3 BAO; die materielle (rechtsinhaltliche, logische) Bindungswirkung sei somit vorausgesetzt, sie vermöge durch diese Bestimmung durchgesetzt, nicht aber erst begründet zu werden (Stoll, BAO-Kommentar, 2858).
Eine Folgeänderung nach § 295 BAO könne nur in Verfolgung einer vorgegebenen Bindung stattfinden kann. Diese Bindung könne sozusagen nur von "Spruch zu Spruch" bestehen (Absatz 1 und 2 leg cit zum Beispiel Feststellungsbescheid über Gewinn oder Einheitswert zum unmittelbar darauf aufbauenden Abgabenbescheid), zumindest aber ausgehend von einem vorangehenden Bescheid inhaltlich unmittelbar auf den nachfolgenden Bescheid wirken (Absatz 3 leg cit). Von der Begründung eines Bescheides könne keine Bindungswirkung ausgehen und daher bei Änderung der Begründung des vorangehenden Bescheides nicht, auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 295 Abs 3 BAO, zu einer Folgewirkung nach § 295 führen. Eine innere Bindung mit der Wirkung einer logischen Abhängigkeit und der von verfahrensrechtlichen Wechselbezügen im Sinne des § 295 bestehe beispielsweise nicht zwischen der Besteuerung einer Körperschaft und der der Gesellschafter in Bezug auf verdeckte Gewinnausschüttungen (Stoll, BAO-Kommentar, 2858).
Ritz, BAO6, § 295 Rz. 15 führe folgende Beispiele für grundlagenähnliche Bescheide an:
Bescheide gem § 44 Abs 2 ( Stoll, BAO-Handbuch, 109; VereinsR 2001, Rz 193),
Bescheide gem § 48 (ErIRV 128 BlgNR 15. GP, 42; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO 3, § 295 Anm 19; Macho, taxlex2013, 143),
Auskunftsbescheide gem § 118 (zB Ellinger/Sutter/Urtz, BAO 3, § 118 Anm 60),
Zuzugsbegünstigungen nach § 103 EStG 1988 (Stoll, BAO, 2858; BMF, AOF 2007/82,
Abschn 1.3),
Einheitswertbescheide im Verhältnis zu Wertfortschreibungsbescheiden (128 BlgNR 15.GP, 42; Stoll, BAO, 2858; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO 3, § 295 Anm 19),
Abgabenbescheide bei Selbstbemessungsabgaben für Säumniszuschlage (vgl Ellinger/Wetzel, BAO, 171; RAE, Rz 2006 ff),
über die Höhe von Verlusten absprechende Bescheide (Feststellungsbescheide, Einkommensteuerbescheide, Körperschaftsteuerbescheide) für Verlustvorträge gem § 18 Abs 6 FStG 1988 (BMF, SWK 2004, S 650; BMF, AöF 2007/82, Abschn 1.3; ; , 2012/15/0014),
Einkommensteuerbescheide, in denen von einer zunächst gewählten Pauschalierung nach § 17 Abs 1 EStG 1988 abgegangen und die tatsächlichen Betriebsausgaben in Abzug gebracht werden, im Verhältnis zu Einkommensteuerbescheiden der Folgejahre (wegen § 17 Abs 3 EStG 1988, Verbot der Pauschalierung für die folgenden fünf Jahre; VwGH; , 99/15/0143; 2006/16/0041),
Einkommensteuerbescheide für die Folgejahre notwendige Änderungen als Folge eines Übergangs von der Bruttoverrechnung zur Nettoverrechnung, § 4 Abs B dritter Satz EStG 1988 (),
Einkommen- und Körperschaftsteuerbescheide für Anspruchszinsen (VwGFI , 2012/15/0062),
Bescheide über den Abgabenanspruch (iSd § 248 iVm § 225 Abs 1 zweiter Satz) im Verhältnis zum Beschlagnahmebescheid,
Sicherstellungsauftrage im Verhältnis zu Pfändungsbescheiden ().
Aus all diesen Beispielen sei ersichtlich, dass § 295 Abs. 3 BAO nur dann anwendbar sei, wenn das Gesetz selber eine Abhängigkeit definiere. Gäbe es diese gesetzlich definierte Abhängigkeit nicht (so wie im vorliegenden Fall), sei § 295 Abs. 3 BAO auch eindeutig nicht anzuwenden.
Weiters ergebe sich aus dieser Auflistung und der darin angeführten Judikatur, dass die zu beurteilenden Sachverhalte immer dieselbe Abgabenart (zB Einkommensteuer) oder unmittelbar anknüpfende Nebenanspruche (zB Anspruchszinsen) betroffen hätten. Auch dem von der Behörde zitierten VwGH Erkenntnis vom , Zl. 90/14/0149, liege ein Sachverhalt zu Grunde, der sich stets die Abgabenart "Einkommensteuer" betroffen hätte.
Wie Ellinger/Sutter/Urtz, BAO Kommentar, 15. Ergänzungslieferung (), § 295 Rz. 18 zutreffend ausführten, liege eine bindende materielle Beeinflussung eines Bescheides nicht vor, wenn zwei Bescheide als Ergebnis eigenständiger Sachverhaltsbeurteilungen ergingen, wie dies zB bei KÖSt- und ESt- Bescheiden hinsichtlich der Frage, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliege, der Fall sei. Dies auch dann, wenn bei der Besteuerung an Vorgänge im selben Bemessungszeitraum angeknüpft werde (die gleiche Auffassung, die auch Stoll - wie zuvor angeführt- vertrete).
Während Ellinger/Sutter/Urtz und Stoll - völlig zutreffend - eine materielle Beeinflussung bei Einkommensteuer und Körperschaftsteuer verneinten (also immerhin zwei Steuerarten, die jeweils das Einkommen besteuerten), gelte dies erst recht im Verhältnis Körperschaftsteuer zur Umsatzsteuer. Diese Steuerarten seien in vollkommen verschiedenen Gesetzen geregelt und enthielten unterschiedliche Tatbestände.
Die körperschaftsteuerliche Behandlung erfordere umso mehr eine eigenständige Sachverhaltsbeurteilung, da geklärt werden müsse, ob die im Rechtsmittelverfahren schließlich gewonnene Vorsteuer überhaupt körperschaftsteuerlich zu korrigieren sei. Dies bedürfe einer gesonderten Sachverhaltsbeurteilung. Von einem Automatismus könne bei zwei verschiedenen Abgabenarten jedenfalls schon aus diesem Grund nicht ausgegangen werden. Ein Körperschaftsteuerbescheid stelle keinen grundlagenähnlichen Bescheid für die Umsatzsteuer, gemeint wohl, ein Umsatzsteuerbescheid stelle keinen grundlagenähnlichen Bescheid für die Körperschaftsteuer, im Sinne des § 295 Abs. 3 BAO dar.
Nochmals sei erwähnt, dass § 295 Abs. 3 BAO eindeutig nur dann anwendbar sei, wenn auf Grund der BAO oder einer materiell rechtlichen Bestimmung (wie zB Verlustvortrag) eine Abhängigkeit definiert sei und nicht, wenn noch eine materiell rechtliche Frage zu klären sei, wie dies etwas bei der Körperschaftsteuer in den gegenständlichen Verfahren der Fall sei.
Den Ausführungen des Finanzamtes in der BVE-Begründung hinsichtlich des § 209a Abs 2 BAO sei entgegenzuhalten, dass der Normzweck dieser Bestimmung darin bestehe, die Partei vor Rechtsnachteilen, die lediglich dadurch entstünden, dass die Abgabenbehörde Anbringen nicht unverzüglich erledige, zu schützen (vgl. Ritz, BAO Kommentar, 6.A. § 209a Rz. 11).
Hinsichtlich des von der Behörde angeführten Erkenntnisses des UFS GZ. RV/1408-W/12 vom sei anzuführen, dass in diesem Fall eindeutig die Voraussetzungen des § 295 Abs. 3 BAO gegeben seien. Es habe sich um einen über die Verlusthöhe absprechenden Körperschaftssteuerbescheid gehandelt. Diese Verlusthöhe sei aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung (siehe § 8 Abs. 4 KStG i.V.m. § 18 Abs. 6 EStG) in den folgenden Körperschaftssteuerbescheiden zu berücksichtigen. Daher seien in diesem Fall die Tatbestandsvoraussetzungen des § 295 Abs. 3 BAO eindeutig gegeben gewesen.
§ 209a Abs. 2 BAO verfolge den primären Zweck, die Partei vor Rechtsnachteilen zu schützen. Aus diesem Grund sei auch dessen Anwendung in dem von der Behörde angeführten Erkenntnis bejaht worden.
Ritz, BAO6, § 209a Rz. 9 führe zur Mittelbarkeit Folgendes an: Mittelbar hänge eine Abgabenfestsetzung von der Antragserledigung zB dann ab, wenn der Antrag einen Grundlagenbescheid betreffe, etwa bei einem Antrag auf Berichtigung (§ 293b) eines Feststellungsbescheides (§ 188) oder auf Wiederaufnahme des Feststellungsverfahrens; mittelbar hänge hievon zB die "abgeleitete" Einkommensteuerfestsetzung ab.
Auch Tanzer in Althuber/Tanzer/Unger, BAO Handbuch, § 209a, Seite 85, führe an, dass eine mittelbare Abhängigkeit vor allem dann gegeben sei, wenn die Festsetzung auf einem Feststellungsbescheid beruhen müsse.
Die Mittelbarkeit des § 209a Abs. 2 BAO werde also in der Literatur eng ausgelegt. Werde die Mittelbarkeit so weit ausgelegt, wie es das Finanzamt in seiner Beschwerdevorentscheidung vorgenommen habe, dann sei dies verfassungsrechtlich bedenklich.
Bei einer derartigen weiten Auslegung des § 295 Abs. 3 und des § 209a Abs.2 BAO würde jedoch niemals Rechtsfrieden eintreten, weil es die Behörde in der Hand habe, Bescheide auf Basis des § 209a BAO noch nach Jahrzehnten oder Jahrhunderten zu ändern. Dies könne niemals der Sinn des Gesetzes sein.
Wenn das Gesetz der Behörde das Recht der Bescheidänderung einräume, dann müsse dieses Recht auch, um in diesen Fällen Rechtsfrieden eintreten zu lassen, innerhalb einer angemessenen Frist ausgeübt werden. Der Ablauf von dreieinhalb Jahren hinsichtlich der gegenständlichen Änderung der Körperschaftssteuerbescheide sei in dieser Hinsicht nicht als angemessen zu betrachten. Im Sinne des Rechtsfriedens müsse die Bescheidänderung gem. § 284 BAO innerhalb von sechs Monaten erfolgen (diese Auffassung werde von Stoll, BAO Kommentar, § 295, 2862, mit Bezug auf den früheren § 311 BAO vertreten).
In der am auf Antrag der Bf. durchgeführten mündlichen Verhandlung stellte der Richter nach Befragung beider Parteien fest, dass zwischen diesen Einigkeit darüber besteht, dass im Jahre 2017 (Änderung der K-Bescheide 2006, 2007, 2008 nach § 295 Abs. 3 BAO) hinsichtlich der Körperschaftssteuerbescheide 2006, 2007 und 2008 bereits Verjährung eingetreten war, da diese am erlassen wurden.
Nach weiterer Befragung beider Parteien stellte der Richter fest, dass die Frage ob die nach § 295 Abs. 3 BAO erfolgte Änderung der K-Bescheide 2006, 2007 und 2008 zu Recht erfolgte oder nicht sowie die weitere Frage, ob bejahenden Falls die Bestimmung des § 209 Abs. 2 BAO der Verjährung entgegenstehe, den Gegenstand des vorliegenden Rechtstreites bilden.
Weiters stellte der Richter nach diesbezüglichem Befragen beider Parteien fest, dass zwischen diesen Einigkeit darüber besteht, dass die Zurückziehung der Beschwerde gegen den K-Bescheid 2014 im eingeschränkten Umfang erfolgte. Die diesbezügliche Frage des Richters an die Bf., ob es im Falle der Stattgabe betreffend der Körperschaftsteuerbescheide der Jahre 2006, 2007 und 2008 im Ergebnis um die Verlustabzüge gehe, beantwortete der steuerliche Vertreter der Bf. mit "Ja". Die Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit Euro 111.507,63 stehe nicht in Streit.
Der steuerliche Vertreter führte weiters aus, dass das gesamte Beschwerdevorbringen inhaltlich aufrecht bleibe. Diesem sei nichts hinzuzufügen.
Die Vertreterin des Finanzamtes führte zunächst aus, dass der Umstand der langen Dauer von mehr als drei Jahren bedauerlich sei. Es sei im Zuge der die Jahre 2012-2016 betreffenden BP festgestellt worden, dass der Entscheidung des BFG im Jahre 2014 betreffend USt 2006, 2007 und 2008 hinsichtlich der Körperschaftssteuerbescheide dieser Jahre nicht Rechnung getragen worden sei. Das FA sei im Zuge dieser Prüfung zur Ansicht gelangt, dass die Körperschaftssteuerbescheide 2006, 2007 und 2008 bereits verjährt gewesen seien. Daher habe man seitens des Finanzamtes geprüft, wie diese BFG-Entscheidung körperschaftssteuerrechtlich - im Hinblick auf die Jahre 2006, 2007 und 2008 - umzusetzen sei. Das FA habe sich diesbezüglich mit dem bundesweiten Fachbereich in Verbindung gesetzt. Im vorliegenden Fall herrsche Parteienidentität, es liege eine materielle Beeinflussung aufgrund der in der Entscheidung des BFG ergangenen Umsatzsteuerbescheide auf die K-Bescheide 2006, 2007 und 2008 vor. Hinsichtlich des verfahrensmäßigen Weges dieser Änderung sei man zur Ansicht gelangt, dass diese über § 295 Abs. 3 BAO zu bewerkstelligen sei. Gemäß der Judikatur käme diefalls die Bestimmung des § 209a Abs. 2 BAO ebenso zu tragen.
Der steuerliche Vertreter entgegnete, dass die vom FA zur Anwendung gebrachten beiden Gesetzesbestimmungen (§ 295 Abs. 3 BAO, § 209a Abs. 2 BAO) im vorliegenden Fall keine Anwendung finden könnten. Der Finanz sei ein Fehler passiert, dieser sei mittels der beiden vorgenannten Gesetzesbestimmungen nicht sanierbar.
Der Umstand, dass die in Rede stehende Entscheidung des BFG keinen Niederschlag bei den Körperschaftssteuerbescheiden 2006, 2007 und 2008 gefunden habe, sei an der Bf. vorbeigegangen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Sachverhalt:
Auf Grund der Feststellungen einer u.a. die Umsatz- und Körperschaftsteuer der Jahre 2006, 2007 und 2008 betreffenden Betriebsprüfung erfolgte eine Nachversteuerung von Lieferungen ins Drittlandgebiet für 2006 sowie eine Nachversteuerung innergemeinschaftlicher Lieferungen für die Jahre 2006, 2007 und 2008. Die sich daraus ergebenden Nachforderungen an Umsatzsteuer wurden bei den Körperschaftsteuerbescheiden für diese Jahre entsprechend passiviert und somit gewinnmindernd berücksichtigt. Auf Grundlage dieser BP erließ das Finanzamt die Bescheide betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer jeweils der Jahre 2006, 2007 und 2008 am .
Die Bf. ergriff gegen die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2006, 2007 und 2008 das Rechtsmittel der Berufung, nunmehr Beschwerde, der mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7101624/2010, Folge gegeben wurde. Eine entsprechende Berichtigung - Rückgängigmachung der Passivierung - hinsichtlich der Körperschaftsteuerbescheide der Jahre 2006, 2007 und 2008 nahm das Finanzamt nicht vor.
Die vorgeschilderten Umstände wurden im Zuge einer u.a. die Umsatz- und Körperschaftsteuer jeweils der Jahre 2012 bis 2016 betreffenden Betriebsprüfung aufgegriffen und festgestellt, dass die Körperschaftsteuerbescheide der Jahre 2006, 2007 und 2008 gemäß § 295 Abs 3 BAO entsprechend zu ändern seien. Hinsichtlich der Körperschaftsteuer des Jahres 2014 stellte die BP fest, dass die sich aus dieser Änderung ergebenden Verlustvorträge im Jahre 2013 aufgebraucht seien und daher betreffend des Jahres 2014 kein Verlustvortrag mehr vorhanden sei.
Das Finanzamt erließ die angefochtenen Bescheide am (KÖSt 2006 und 2007), am (KÖSt 2008) sowie am (KÖSt 2014) den Feststellungen der Betriebsprüfung folgend.
Mit elektronischer Eingabe vom zog die Bf. die Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014 teilweise zurück.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage sowie den Ausführungen, die die beiden Parteien in der mündlichen Verhandlung erstellten.
Strittig ist, ob die Bestimmung des § 295 Abs 3 BAO auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden ist oder nicht und ob bejahendenfalls § 209a Abs 2 BAO der bereits eingetretenen Verjährung entgegensteht oder nicht.
Unstrittig ist, dass die Festsetzungsverjährung im Jahre 2017 im gegenständlichen Fall bezüglich der Körperschaftsteuer Jahre 2006, 2007 und 2008 auf Grund der allgemeinen Verjährungsbestimmungen bereits eingetreten war und dass die Zurücknahme der Beschwerde gegen den Körperschafsteuerbescheid 2014 nicht zur Gänze sondern in eingeschränktem Umfang erfolgte. Unstrittig ist weiters, dass die Bf. im Jahre 2014 Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv Euro 111.507,63 erzielte.
Rechtliche Würdigung:
1.) Körperschaftsteuerbescheide 2006, 2007 und 2008
Gemäß § 295 Abs 3 BAO ist ein Bescheid ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, auch ansonsten zu ändern oder aufzuheben, wenn der Spruch dieses Bescheides anders hätte lauten müssen oder dieser Bescheid nicht hätte ergehen dürfen, wäre bei seiner Erlassung ein anderer Bescheid bereits abgeändert, aufgehoben oder erlassen gewesen. Mit der Änderung oder Aufhebung des Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des anderen Bescheides oder der nachträglich erlassene andere Bescheid rechtskräftig geworden ist.
Bei den "anderen Bescheiden" handelt es sich nicht um förmliche Grundlagenbescheide, sondern um Bescheide, die diesen ähnlich sind und in ihren Wirkungen materiell andere Bescheide beeinflussen (Ritz, BA06, § 295 Tz 15).
Eine Folgeänderung nach § 295, sei es eine solche nach den Absätzen 1 und 2, sei es eine solche nach Absatz 3, kann nur in Verfolgung einer vorgegebenen Bindung stattfinden. Diese Bindung kann sozusagen nur von "Spruch zu Spruch" bestehen (Absatz 1 und 2…), zumindest aber ausgehend von einem vorangehenden Bescheid inhaltlich unmittelbar auf den nachfolgenden Bescheid wirken (Absatz 3). Von der Begründung eines Bescheides kann keine Bindungswirkung ausgehen und daher bei Änderung der Begründung des vorangehenden Bescheides nicht (auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 295 Abs 3) zu einer Folgewirkung nach § 295 führen (Stoll, BAO-Kommentar, 2860).
Bereits auf Grund des Umstandes, dass der Umsatzsteuer Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Eigenverbrauch im Inland, die Einfuhr von Gegenständen sowie der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt unterliegen und dass der Körperschaftsteuer das Einkommen von juristischen Personen unterliegt, ist im Hinblick auf die unterschiedlichen Tatbestände, an die das UStG 1994 und das KStG 1988 anknüpfen, eine unmittelbare Wirkung eines Umsatzsteuerbescheides iSd im zweiten Satz des vorigen Absatzes Gesagten auf einen Körperschaftsteuerbescheid auszuschließen.
Dazu kommt, dass die mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7101624/2010, vorgenommene Änderung der Begründung der Umsatzsteuerbescheide 2006, 2007 und 2008 iSd im dritten Satz des vorletzten Absatzes Ausgeführten nicht zu einer Folgewirkung nach § 295 BAO hinsichtlich der Körperschaftsteuerbescheide dieser Jahre führen konnte.
Die auf Grundlage des in Rede stehenden Erkenntnisses des BFG ergangenen Umsatzsteuerbescheide 2006, 2007 und 2008 vermochten somit keine Bindungswirkung hinsichtlich der Körperschaftsteuerbescheide 2006, 2007 und 2008 zu entfalten.
Die vom Finanzamt gemäß § 295 Abs 3 BAO vorgenommene Änderung der Körperschaftsteuerbescheide der Jahre 2006, 2007 und 2008 erfolgte somit zu Unrecht.
Im Hinblick auf die dargestellte Sach- und Rechtslage verbleibt für die Anwendung der Bestimmung des § 209 a Abs 2 BAO, deren Normzweck darin besteht, die Partei vor Rechtsnachteilen (durch Einritt der Bemessungsverjährung) zu schützen, die lediglich dadurch entstehen, dass die Abgabenbehörde Anbringen nicht unverzüglich erledigt (Ritz, BAO6, § 209a Abs 2, Tz 11), kein Raum.
In Ansehung des oben Gesagten, kommt im vorliegenden Fall die Anwendung des § 295 Abs 3 BAO nicht in Betracht. Somit waren die gemäß § 295 Abs 3 BAO geänderten Körperschaftsteuerbescheide der Jahre 2006, 2007 vom und 2008 vom ersatzlos aufzuheben.
Durch die Aufhebung gehören die Körperschaftsteuerbescheide 2006, 2007 und 2008 wieder in der ursprünglichen Fassung vom dem Rechtsbestand an.
2.) Körperschaftsteuer 2014:
Auf Grund der ersatzlosen Aufhebung der Körperschaftsteuerbescheide der Jahre 2006, 2007 vom und 2008 vom , verbleiben für das Jahr 2014 vortragsfähige Verluste iHv Euro 140.185,97 (Verlustvorträge bisher ab 2011: Euro 502.316,26 - Euro 57.877,59 bisher für 2011 - Euro 100.205,28 neu für 2012 - Euro 204.047,50 neu für 2013). Auf die obige diesbezügliche Darstellung der Beilage 2 zum in Rede stehenden Betriebsprüfungsbericht wird verwiesen. Der Verlustabzug 2014 beträgt somit Euro 83.630,72 (Einkünfte aus Gewerbebetrieb Euro 111.507,63 x 75% gem. § 8 Abs 4 Z 2 lit a KStG 1988 iVm § 26c Z 44 KStG 1988).
Der Vollständigkeit halber wird, was die teilweise Zurücknahme der Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014 betrifft, darauf verwiesen, dass im Zweifel dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen ist, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt ( unter Verweis auf mwN; Ritz, BAO6, § 85 Tz 1 und die dort zit. Jud.; ).
Zulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur Frage, ob ein Umsatzsteuerbescheid einen Grundlagenbescheid iSd § 295 Abs 3 BAO hinsichtlich eines Körperschaftsteuerbescheides darstellt oder nicht, liegt, soweit erkennbar, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Die Revision ist daher zulässig.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Beilage: ein Berechnungsblatt
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 295 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 209a Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102565.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at