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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.04.2022, RV/5101769/2017

Wenn das Fahrzeug überwiegend nicht in Österreich verwendet wird, ist die Widerlegung der Standortvermutung und damit der Gegenbeweis als erbracht anzusehen.

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zu Zl. Ra 2022/15/0055 und Ra 2022/16/0058. Hinsichtlich Normverbrauchsabgabe mit Erk. v. , Ra 2022/15/0055, hinsichtlich Kraftfahrzeugsteuer mit Erk. v. , Ra 2022/16/0058 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetzte Verfahren mit Erkenntnissen zu Zl. RV/5100012/2024 (NoVA) und RV/5100134/2024 (Kfz-Steuer) erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Gerhard Holzinger, Stadtplatz 36, 5280 Braunau am Inn, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer 01.2015-12.2015, 04.2014-12.2014 sowie Festsetzung der Normverbrauchsabgabe 04/2014, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die angefochtenen Bescheide werden ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheiden vom wurde dem Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf.) vom Finanzamt Kraftfahrzeugsteuer für 01.2015-12.2015 und 04.2014-12.2014 sowie Normverbrauchsabgabe für den Monat 04/2014 für ein Fahrzeug der Marke BMW vorgeschrieben. Begründend wurde im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass er das Fahrzeug von seinem Arbeitgeber in Deutschland zur Verfügung gestellt bekommen habe. Laut entsprechender Gehaltsumwandlungserklärung sei es sowohl für betriebliche als auch uneingeschränkt für private Zwecke verwendet worden.

2. Gegen diese Bescheide langte nach erfolgter Verlängerung der Rechtsmittelfrist am eine Beschwerde ein, die im Wesentlichen, wie folgt begründet wurde: Er wohne in Österreich und arbeite in Deutschland. Sein deutscher Arbeitgeber stelle ihm ein firmeneigenes Fahrzeug (PKW) zur Verfügung, das er auch privat nutzen dürfe. Das Fahrzeug werde regelmäßig für Fahrten zum deutschen Arbeitsort genützt und gelange dadurch beinahe täglich nach Deutschland. Diese unbestrittenen Tatsachen seien die Grundlage für die nun angefochtenen Bescheide. Gemäß Rechtsansicht des BMF werde in Fällen einer Fahrzeugüberlassung des deutschen Arbeitgebers an Dienstnehmer deren Tätigkeit dem ausländischen Unternehmen zuzurechnen sein. Eine Zulassung in Österreich sei nicht vorzunehmen gewesen, die Festsetzung von Kraftfahrzeugsteuer und Normverbrauchsabgabe sei daher zu Unrecht erfolgt. Es werde daher ersucht, die angefochtenen Bescheide ersatzlos aufzuheben.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen die Bescheide über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer und der Normverbrauchsabgabe vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Der weitaus überwiegende Teil der Fahrten vom Wohnort zum deutschen Arbeitsort werde in Österreich (ca. 86%) zurückgelegt. Dass allenfalls Privatfahrten ins benachbarte Ausland durchgeführt worden seien, könne nach Ansicht des Finanzamtes die Standortvermutung nicht widerlegen, zumal der Standort des Fahrzeuges nicht an dem Ort gelegen sei, wo es bewegt werde, sondern vielmehr dort, von wo aus die entsprechenden Fahrten angetreten worden seien. Da sich der Hauptwohnsitz unbestrittenermaßen in Österreich befinde, gelte die gesetzliche Standortvermutung in Österreich. Die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit der Widerlegung der Standortvermutung in Österreich sei nicht wahrgenommen worden bzw. habe ein derartiger Beweis nicht erbracht werden können.

4. Mit Schriftsatz vom erhob der rechtliche Vertreter gegen diese Beschwerdevorentscheidung einen Vorlageantrag. Eingewendet wurde:
1. Mangelhaftigkeit des Verfahrens, 2. Res judicata, 3. Nichtvorliegen der Verwendereigenschaft, 4. Mangel eines dauernden Standortes im Inland, 5. Vertrauensschutz.

5. Die Beschwerde wurde vom Finanzamt mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Da die Widerlegung der Standortvermutung nicht erfolgt ist, wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt.

6. Wie der VwGH im Erkenntnis vom , Ro 2019/16/0012 in einem ähnlich gelagerten Fall ausgeführt hat, bedarf es für die Widerlegung der Standortvermutung nach § 82 Abs. 8 KFG entsprechender Feststellungen über den regelmäßigen Ort sowie die Art und Weise der Verwendung des Fahrzeuges. Die Widerlegung der Standortvermutung und damit der Gegenbeweis nach § 82 Abs. 8 KFG sind (jedenfalls) als erbracht anzusehen, wenn das Fahrzeug weitaus überwiegend nicht in Österreich verwendet wird. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Fahrzeug überwiegend betrieblich oder privat genutzt wird. Dass der Revisionswerber mit dem Fahrzeug regelmäßig an seinen österreichischen Wohnsitz zurückgekehrt ist, das Fahrzeug dort geparkt oder garagiert und dort über die Verwendung des Fahrzeuges entschieden hat, vermag an der erfolgreichen Widerlegung der Standortvermutung im Inland nichts zu ändern.

7. Mit Schreiben vom wurde folgende ergänzende Stellungnahme zur Verwendung des gegenständlichen Fahrzeuges im Hinblick auf die Widerlegung der Standortvermutung durch den rechtlichen Vertreter am Bundesfinanzgericht eingebracht:

1. Das gegenständliche Fahrzeug wurde dem Bf. vom Dienstgeber Anfang Mai 2013 als Neufahrzeug übergeben, wobei es Ende Juli 2016 zurückgeben werden musste. Damals wies es einen Kilometerstand von 40.590 km auf. Nachdem sich beim Bf. von Mai 2013 bis Juli 2016 weder im privaten noch im beruflichen Umfeld gravierende Änderungen ergeben haben, die zu einer Änderung des Fahrverhaltens geführt hätten, ist davon auszugehen, dass sich der Kilometerstand bei Rückgabe durch eine gleichmäßige Fahrzeugnutzung ergeben hat. Insgesamt wurden sohin in 39 Monaten 40.590 km zurückgelegt, was monatlich etwa 1.040 zurückgelegten Kilometern entspricht.

2. Aus diesen Überlegungen ergibt sich, dass die Schätzung, die sich aus Tankabrechnungen ergab, bezüglich der gefahrenen Kilometer von April 2014 bis Juli 2016 vielleicht nicht ganz richtig ist. Der Bf. ist hier von einem geschätzten Wert von 26.331 km ausgegangen. Würde man hingegen die tatsächlich gefahrenen Kilometer auf die entsprechenden Monate aufteilen, so würde sich für 28 Monate (April 2014 bis Juli 2016) ein Wert von 29.141 km ergeben. Dieser Wert unterscheidet sich nicht sehr von den bisherigen Angaben, er ist aber auf Grund der tatsächlich zurückgelegten Gesamtkilometer plausibler als der von ihm ursprünglich geschätzte Gesamtwert.

3. Die Dienstfahrten wurden bereits mit ca. 11.000 km bekanntgegeben, wobei die belangte Behörde in diesem Zusammenhang die Ansicht vertritt, dass die Wegstrecke zum Arbeitsplatz für ihn nur 11 km statt 13 km, wie angenommen, beträgt. Würde man von den Entfernungsannahmen der belangten Behörde ausgehen, so ergibt sich, dass für diese Fahrten von ihm zu Hause zum Arbeitsplatz insgesamt 9.328 km zurückgelegt wurden. Hiervon wären nach Ansicht der belangten Behörde 8.056 km in Österreich und 1.272 km in Deutschland zurückgelegt worden, weil man davon ausgeht, dass unter Berücksichtigung der einfachen Fahrtstrecke von 11 km 1,5 km in Deutschland zurückzulegen sind.

4. Wenn man nun davon ausgeht, dass tatsächlich 9.328 km auf die Fahrten zum Dienstort entfallen, dann würden für andere Fahrten 19.813 km (29.141 - 9.328) verbleiben, die der Bf. fast ausschließlich in Deutschland und jedenfalls nicht in Österreich zurücklegte. Würde man nun zu seinen Lasten noch annehmen, dass er von 19.813 km noch zusätzlich 313 km in Österreich zurücklegte, so würde sich ergeben, dass er von 29.141 gefahrenen Kilometern 20.772 km außerhalb von Österreich zurücklegte (19.500 + 1.272 anteiliger Arbeitsweg). Damit hätte der Bf. 71,28% der gefahrenen Gesamtkilometer außerhalb von Österreich und nur 28,72% innerhalb von Österreich zurückgelegt. Damit wäre die weitaus überwiegende Verwendung des Fahrzeuges außerhalb von Österreich, namentlich in Deutschland, nachgewiesen, weshalb im Sinne der kürzlich ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung die Standortvermutung widerlegt wäre. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist es völlig unmaßgebend, von wo aus die entsprechenden Fahrten angetreten werden, es geht vielmehr ausschließlich um zurückgelegte Kilometer im In- und Ausland, egal ob es sich hierbei um Dienstfahrten oder Privatfahrten handelt.

5. a) Zu den zurückgelegten Fahrten, abgesehen von den Dienstfahrten ist zunächst auszuführen, dass der Bf. aus Deutschland stamme, wobei sich sein Elternhaus in Waldmünchen befindet. Seine Eltern wurden von ihm regelmäßig zumindest einmal pro Monat besucht, wobei die Wegstrecke für die einfache Fahrt 164 km beträgt. In 28 Monaten wurden daher allein für die Besuche der Eltern 9.184 km (28 x 328) zurückgelegt.

b) Er habe seinen Bruder, der in Regensburg wohnt, zu dem er einen sehr guten Kontakt habe. Sie besuchen sich einmal pro Monat, wobei sein Bruder allerdings nur selten zu ihm kommt. Weitaus überwiegend ist es so, dass der Bf. ihn an seinem Wohnort in Regensburg besuche, wobei hierfür eine Wegstrecke 153 km zurückzulegen ist. Auch im fraglichen Zeitraum war das so. Berücksichtigt man nun den Zeitraum von 28 Monaten, so kann davon ausgegangen werden, dass er in diesem Zeitraum etwa 23-mal zu ihm gefahren ist, während sein Bruder nur 5-mal zu ihm kam. Unter Berücksichtigung von 23 Fahrten á 2.306 km ergibt sich eine zurückgelegte Wegstrecke von 7.038 km.

c) Die Einkaufsfahrten in Deutschland zu Lebensmittelgeschäften, aber auch Elektrogeschäften, Bekleidungshäuser, Baumärkten etc. führe er fast ausschließlich im Zusammenhang mit den Fahrten zum Arbeitsplatz durch. Geht man davon aus, dass der Bf. hier monatlich etwa 50 zusätzliche Kilometer in Burghausen, Neuötting und Umgebung zurücklege, dann würden sich für 28 Monate zusätzliche 1.400 gefahrene Kilometer ergeben.

d) Der Bf. habe im fraglichen Zeitraum auch zwei Urlaubsreisen nach Italien unternommen, für welche insgesamt 1.600 km zurückgelegt wurden. Grundsätzlich ist noch auszuführen, dass er, wenn er nicht gerade zu seinem Dienstgeber fahre, zumeist von St. Radegund über den nächstgelegenen Grenzübergang in Tittmoning nach Deutschland fahre, der in einer Entfernung von nur etwa 3 km zu seinem Wohnort liegt.

e) Berücksichtigt man nun die Fahrten a-d) so ergeben sich zusätzliche Kilometer von 18.200 wodurch die Differenz von 19.813 Kilometer fast aufgebraucht ist. Die zusätzlichen Fahrten werden ebenfalls nahezu ausschließlich in Deutschland durchgeführt, sodass bezüglich der Verwendung des Fahrzeuges nochmals auf Punkt 4 hingewiesen wird. Aus Bestätigungen seiner Eltern und seines Bruders geht hervor, dass diese Fahrten in jenem Sinn durchgeführt wurden, wie es aus der Stellungnahme hervorgeht.

8. Die Beschwerdeergänzung wurde mit Mail vom dem Finanzamt zur Kenntnis gebracht.

9. In einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom wurde durch den rechtlichen Vertreter (zusammenfassend) ausgeführt, dass - wenn alle Fahrten vom Wohnsitz in Österreich zu den Grenzübergängen berücksichtigt werden - es letztlich dabeibleibt, dass zumindest 70% der Kilometer außerhalb von Österreich zurückgelegt wurden.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Unstrittig ist, dass der Bf. den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen und somit seinen Wohnsitz in Österreich im grenznahen Bereich zu Deutschland hat und ihm von seinem deutschen Arbeitgeber aufgrund einer Gehaltsumwandlungserklärung ein in Deutschland zugelassenes Fahrzeug überlassen wurde. Dieses Fahrzeug wurde ihm Anfang Mai 2013 übergeben und bis Ende Juli 2016 zur Nutzung überlassen. Ebenfalls erwiesen ist aufgrund des deutschen Arbeitsplatzes, dass der Bf. das gegenständliche Fahrzeug nahezu an jedem Werktag nach Deutschland fuhr und danach wieder nach Österreich einbrachte. Feststehend ist auch die grundsätzliche Verwendung des Fahrzeuges durch den Bf. für seine privaten und beruflichen Fahrten. Hinsichtlich des Umfanges dieser Fahrten stellte das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung fest, dass für die Fahrten vom Wohnsitz zum Arbeitsplatz 8.056 km in Österreich und 1.272 km in Deutschland zurückgelegt wurden. In der Beschwerdeergänzung vom brachte der Bf. vor, dass von 29.141 im beschwerdegegenständlichen Zeitraum gefahrenen Kilometern rund 20.772 km außerhalb von Österreich zurückgelegt wurden. Selbst, wenn alle Fahrten vom Wohnsitz in Österreich zu den Grenzübergängen bei der Berechnung der Verwendung in Österreich mitberücksichtigt werden, hat der Bf. rund 70% der gefahrenen Gesamtkilometer außerhalb von Österreich und nur rund 30% innerhalb von Österreich zurückgelegt. Die in Deutschland zurückgelegten Kilometer haben auch den Grund, dass der Bf. aus Deutschland stammt und regelmäßigen Kontakt zu seinen Eltern und Bruder hatte. Zusätzliche Einkaufsfahrten in Deutschland und Urlaubsreisen ins Ausland führen in einer Zusammenschau zu einer überwiegenden Nichtverwendung in Österreich (vgl. dazu ausführlich den Punkt 5 der Beschwerdeergänzung vom ).

2. Beweiswürdigung

Gemäß § 138 Abs. 1 BAO haben auf Verlangen der Abgabenbehörde (sowie des Bundesfinanzgerichtes) die Abgabepflichtigen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Der Partei dürfen keine offenbar unerfüllbaren Aufträge zum Nachweis ihrer Richtigkeit ihrer Behauptungen erteilt werden. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung (vgl. Ritz, BAO-Kommentar5, § 138, Tz 2, mwN).

Die Sachverhaltsfeststellungen fußen auf den vorgelegten Aktenteilen und den ergänzenden Beschwerdevorbringen. Die Eltern des Bf. und sein Bruder haben die wiederkehrenden Besuchsfahrten schriftlich bestätigt. Regelmäßige Kontakte zu den allernächsten Verwandten stehen durchaus in Einklang mit den Erfahrungen im täglichen Leben. Dass dazu einfache Wegstrecken von rund 150 Kilometern in Kauf genommen werden ist in der heutigen Zeit nicht ungewöhnlich. Laut Internet Recherchen beträgt die benötigte Zeit für ca. 150 km bei normaler Reisegeschwindigkeit rund 1 Stunde und 30 Minuten, bei höherer Geschwindigkeit sogar wesentlich weniger (vgl. www.rechner.club).

Dass insgesamt ca. 50 Kilometer monatlich für Einkaufsfahrten in Deutschland zurückgelegt und im beschwerdeanhängigen Zeitraum mit dem Fahrzeug zwei Urlaubsreisen nach Italien unternommen wurden, erscheinen dem Bundesfinanzgericht als glaubhafte Vorbringen.

Fahrten zu nahen Angehörigen, Einkaufsfahrten und Urlaubsfahrten gehören zweifelsfrei zur privaten Sphäre. Für das Bundesfinanzgericht wäre es unzulässig, für den privaten Bereich im Zeitraum 2014 - 2015 noch weitere Nachweise (zB Fahrtenbuch, Kalendereinträge) über die Fahrten im Ausland abzuverlangen.

Zusammenfassend wurde glaubhaft nachgewiesen, dass der Bf. rund 70% von den gefahrenen Gesamtkilometern außerhalb von Österreich und nur rund 30% innerhalb von Österreich zurücklegte.

3. Rechtslage

3.1. Normverbrauchsabgabegesetz 1991 (NoVAG):

§ 1 Z 3 NoVAG 1991 zufolge, unterliegt die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland der Normverbrauchsabgabe (NoVA). Als erstmalige Zulassung gilt auch die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, ausgenommen es wird ein Nachweis über die Entrichtung der NoVA erbracht.

Nach § 4 Z 3 NoVAG 1991 idF BGBl. I Nr.52/2009 ist Abgabenschuldner im Falle der Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre (§ 1 Z 3), der Zulassungsbesitzer und derjenige, der das Fahrzeug verwendet, als Gesamtschuldner (§ 6 Abs. 1 BAO).

Auf den rechtlichen Besitz an dem Fahrzeug kommt es bei der Verwirklichung dieses Tatbestandes nicht an (vgl. ; ).

Ab ist § 7 Abs. 1 Z 2 NoVAG 1991 in Kraft und die Steuerschuld entsteht bei der sogenannten widerrechtlichen Verwendung mit dem Zeitpunkt der Einbringung.

3.2. Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992 (KfzStG):

§ 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992 lautet: Der Kraftfahrzeugsteuer unterliegen Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung verwendet werden (widerrechtliche Verwendung).

Nach § 3 Z 2 KfzStG 1992 ist Steuerschuldner "....... die Person, die das Kraftfahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland verwendet."

Die Steuerpflicht dauert gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992 bei widerrechtlicher Verwendung (§ 1 Z 3) eines Kraftfahrzeuges vom Beginn des Kalendermonats, in dem die Verwendung einsetzt, bis zum Ablauf des Kalendermonats, in dem die Verwendung endet.

Mit Erkenntnis vom , 2010/16/0218, bestätigte der VwGH konkludent, dass für das Entstehen der Steuerpflicht nicht bereits die Einbringung in das Bundesgebiet, sondern der ungenützte Ablauf der kraftfahrrechtlichen Einmonatsfrist entscheidend ist.

3.3. Kraftfahrgesetz 1967 (KFG):

Die maßgeblichen kraftfahrrechtlichen Bestimmungen in den anzuwendenden Fassungen lauten:

Nach § 36 KFG 1967 dürfen Kraftfahrzeuge unbeschadet der Bestimmungen ua. des § 82 über die Verwendung von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind (§§ 37 bis 39) und wenn andere hier nicht interessierende Voraussetzungen gegeben sind.

§ 79 KFG 1967: Das Verwenden von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet haben, ist auf Straßen mit öffentlichem Verkehr unbeschadet zollrechtlicher und gewerberechtlicher Vorschriften nur zulässig, wenn die Fahrzeuge vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet eingebracht wurden und wenn die Vorschriften der §§ 62, 82 und 86 eingehalten werden.

§ 82 Abs. 8 KFG 1967: Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, sind bis zum Gegenbeweis als Fahrzeuge mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Nach Ablauf dieser Frist sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern.
§ 82 Abs. 8 KFG 1967 enthält eine widerlegbare Rechtsvermutung, die der Person, die das Fahrzeug in das Bundesgebiet eingebracht hat oder in diesem verwendet, die Möglichkeit eingeräumt, den Gegenbeweis zu erbringen, dass das Fahrzeug seinen dauernden Standort nicht im Inland hat.

Der VwGH hat mit seinem Erkenntnis vom , 2011/16/0221, ausgesprochen, dass § 82 Abs. 8 KFG 1967 beim Beginn der Frist auf denselben Vorgang abstellt wie § 79, nämlich auf das Einbringen des Fahrzeuges, und lediglich eine andere Dauer der Frist normiert. Auch für die Frist in § 82 Abs. 8 KFG 1967 galt, dass beim Verbringen des betreffenden Fahrzeuges ins Ausland und bei neuerlicher Einbringung dieses Fahrzeuges die Frist mit der neuerlichen Einbringung begann. Die (von der damals belangten Behörde vertretene) Ansicht, dass ein vorübergehendes Verbringen des Fahrzeuges ins Ausland die Frist des § 82 Abs. 8 KFG 1967 nicht unterbreche, das heißt bei neuerlicher Einbringung des Fahrzeuges die Frist nicht ab der (neuerlichen) Einbringung zu rechnen sei, findet nach Ansicht des VwGH im Gesetz keine Deckung.

Der Gesetzgeber hat darauf § 82 Abs. 8 KFG 1967 mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2014 geändert, stellt nunmehr für den Fristbeginn auf die "erstmalige Einbringung" in das Bundesgebiet ab und hat ausdrücklich die gesetzliche Bestimmung aufgenommen, dass eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet diese Frist nicht unterbricht.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G 72/2014, die Bestimmung des § 135 Abs. 27 KFG, womit der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2014 geänderte § 82 Abs. 8 KFG 1967 rückwirkend mit in Kraft trete, aufgehoben und ausgesprochen, dass die aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist.

Demzufolge ist die geänderte Bestimmung des § 82 Abs. 8 KFG 1967 gemäß Art. 49 Abs. 1 B-VG mit Ablauf des Tages ihrer Kundmachung, mit Ablauf des , in Kraft getreten.

Im gegenständlichen Beschwerdefall ist daher § 82 Abs. 8 KFG 1967 in der Fassung des BGBl. I Nr. 26/2014 anzuwenden.

4. Erwägungen

Im Erkenntnis Ro 2019/16/0012 vom hatte der der VwGH über eine Revision gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes zu entscheiden, in dem das Bundesfinanzgericht die Erbringung des Gegenbeweises trotz unstrittiger weitaus überwiegender Verwendung des Fahrzeuges im Ausland verneinte, weil das Fahrzeug mangels örtlichem Anknüpfungspunkt (Wohnsitz, Garage, …) im Ausland keinem bestimmten Standort außerhalb des Bundesgebietes zugeordnet werden konnte. Vielmehr sei der Verwender mit dem Fahrzeug immer zu seinem Hauptwohnsitz in Österreich zurückgekehrt, habe von dort seine Reisen angetreten, dort sei das Fahrzeug auch abgestellt gewesen.

Gegenständlich liegt ein vergleichbarer Sachverhalt vor.

Der VwGH hielt in seinem Erkenntnis fest: "Damit weicht das Bundesfinanzgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach die Widerlegung der Standortvermutung und damit der Gegenbeweis nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 (jedenfalls) als erbracht anzusehen ist, wenn das Fahrzeug weitaus überwiegend nicht in Österreich verwendet wird (vgl. Ra 2019/16/0152; , Ra 2018/16/0171; , 2008/15/0276). Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Kraftfahrzeug überwiegend betrieblich oder privat genutzt wird (vgl. nochmals Ra 2019/16/0152).
Dass der Revisionswerber mit dem verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeug regelmäßig an seinen österreichischen Wohnsitz zurückgekehrt ist, das Kraftfahrzeug dort geparkt oder garagiert und dort über die Verwendung des Kraftfahrzeuges entschieden hat, vermag an der erfolgreichen Widerlegung der Standortvermutung im Inland nichts zu ändern. Ob und von wem das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug in Deutschland zuzulassen war, richtet sich nach den diesbezüglichen deutschen Rechtsvorschriften."

Für das Bundesfinanzgericht bedeutet dieses Erkenntnis zweifelsfrei, dass nicht die Zuordnung zu einem bestimmten Ort in einem anderen Staat bzw. die überwiegende Verwendung in einem bestimmten anderen Staat, sondern die überwiegende Nichtverwendung in Österreich entscheidend ist. Bei einer überwiegenden kilometermäßigen Verwendung im Ausland ist der Gegenbeweis erbracht und besteht in Österreich keine Zulassungspflicht.

Das Bundesfinanzgericht nimmt es nach sorgfältiger Überprüfung der Ergebnisse im Beschwerdeverfahren als erwiesen an, dass der Bf. das Fahrzeug überwiegend nicht in Österreich verwendet hat. Der Bf. hat rund 70% von den gefahrenen Gesamtkilometern außerhalb des Bundesgebietes zurückgelegt. Die Widerlegung der Standortvermutung und damit der Gegenbeweis nach § 82 Abs. 8 KFG ist als erbracht anzusehen. Aus Sicht des Bundesfinanzgerichtes sind die Rechtsfolgen sowohl bei überwiegender Verwendung als auch bei weitaus überwiegender Verwendung im Ausland identisch.

Dass für einen tauglichen Gegenbeweis iSd § 82 Abs. 8 KFG "ein weitaus überwiegendes Verwenden" des Fahrzeuges außerhalb des Bundesgebietes erforderlich wäre und ein lediglich überwiegendes Verwenden im Ausland noch nicht ausreiche, ist der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu entnehmen (vgl. ).

Da in Österreich keine Zulassungspflicht besteht, sind die angefochtenen Bescheide (Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer 01.2015-12.2015, 04.2014-12.2014 sowie Festsetzung der Normverbrauchsabgabe 04/2014) ersatzlos aufzuheben.

Auf die übrigen Beschwerdeeinwendungen war daher nicht mehr einzugehen.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

5. Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Ro 2019/16/0012), es liegt daher kein Grund für eine Revisionszulassung vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 4 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 7 Abs. 1 Z 2 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 1 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
§ 3 Z 2 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
§ 4 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
Verweise

Zitiert/besprochen in
Hochsteiner in BFGjournal 2024, 71
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5101769.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at