Gebrauchsabgabe durch Baustoffablagerung einer Fremdfirma
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Mag. Petra Laback, RA, Rotenturmstraße 27/5/6, 1010 Wien, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und Tarifpost D 1 des Gebrauchsabgabegesetzes vom , LGBl. für Wien Nr. 20, in der Fassung des LGBl. Nr. 71/2018 (GAG), in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 Abgabenstrafen vom , Zahl: ***MA6***, zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keine Kosten des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 Abgabenstrafen vom , Zahl: ***MA6***, wurde der Beschwerdeführer ***Bf*** für schuldig befunden, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der ***X-GmbH*** am vor der Liegenschaft in ***WienON***, den öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr dient, durch eine Baustofflagerung (Gerüstteile) im Ausmaß von 62 m² genutzt, wobei er hiefür bis zu diesem Tag weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt, noch die Gebrauchsabgabe entrichtet habe. Er habe dadurch die Gebrauchsabgabe für den Monat März 2019 bis zum oben angeführten Tag mit dem Betrag von € 632,40 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.
Er habe dadurch § 1 iVm § 16 Abs. 1 und Tarifpost D 1 des GAG in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des VStG verletzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn gemäß § 16 Abs. 1 GAG eine Geldstrafe von € 320,00 verhängt. Weiters habe er gemäß § 64 VStG € 32,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10 zu zahlen.Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) betrage daher € 352,00.
Zur Begründung führte die Behörde aus:
"Gemäß § 1 Abs. 1 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) ist für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist.
Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass Sie die zur Vertretung nach außen berufene Person der Gesellschaft und somit für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich sind.
Im vorliegenden Fall geht aus einer Anzeige der Landespolizeidirektion Wien hervor, dass Sie den öffentlichen Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, durch die oben angeführte Tat ohne Erlaubnis widmungswidrig in Anspruch genommen haben.
In Ihrem Einspruch haben Sie eingewendet, dass Gerüstaufsteller und Eigentümer des Gerüstmaterials die Fa. ***Y-GmbH*** gewesen sei; die Anlieferung und Lagerung von den in Rede stehenden Gerüstteilen sei außerhalb der von Ihnen erwirkten Lagerungsfläche und ohne Ihre Anordnung erfolgt. Weiters sei für das gegenständliche Bauvorhaben Herr ***B*** als verantwortlicher Bauleiter bekanntgegeben worden.
Diesen Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat im Sinne des Wr. Gebrauchsabgabegesetzes 1966 als Gebraucher derjenige in Betracht zu kommen, in dessen Auftrag (auf dessen Rechnung und Gefahr) der Gebrauch durchgeführt wird - siehe VwGH 2003/17/0133 vom . In diesem Erkenntnis hat der VwGH weiter ausgeführt: »Dass das im Eigentum der M-GmbH stehende Gerüst von deren Arbeitern auf öffentlichem Grund errichtet wurde bzw. dass von diesen Arbeitnehmern Gerüstteile dort gelagert wurden, reicht allein noch nicht aus, um den bewilligungslosen Gebrauch der M-GmbH zuzurechnen, zumal die I Baumeister & Co GmbH zumindest durch die Antragstellung der Abgabenbehörde gegenüber die Verantwortung dafür übernommen und die Gebrauchsabgabe in der Folge entrichtet hat.«
Darüber hinaus ist die Abwälzung strafrechtlicher Verantwortlichkeit auf andere Personen ohne gesetzliche Grundlage nicht möglich (vgl. VwGH 98/17/0309 vom ). Die Namhaftmachung des Bauleiters konnte somit nicht berücksichtigt werden, da diese der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nicht gleichzusetzen ist.
Aufgrund der Aktenlage ist es als erwiesen anzusehen, dass Sie den öffentlichen Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, in Anspruch genommen haben ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken und die darauf entfallende Gebrauchsabgabe zu entrichten. Sie haben somit die Gebrauchsabgabe zumindest fahrlässig verkürzt.
Zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung der fahrlässigen Abgabenverkürzung gehört der Eintritt eines Schadens, wobei ein solcher nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass es später tatsächlich - aber eben verspätet - zur Bemessung und Entrichtung der Abgabe kommt ( Zl.: 87/17/0349).
Gemäß § 16 Abs. 1 GAG in der Fassung des LGBl. Nr. 45/2013 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Gebrauchsabgabe verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis EUR 21.000,-- zu bestrafen. Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe dauert so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird. Im Falle der Uneinbringlichkeit ist gemäß § 16 VStG eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu zwei Wochen festzusetzen.
Für die Strafbemessung war zunächst das Ausmaß des Verkürzungsbetrages maßgebend, wobei die verhängte Geldstrafe durch ihre Höhe geeignet sein soll, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten (Spezialprävention).
Als erschwerend war kein Umstand, als mildernd die - bedingt durch die inzwischen eingetretene Tilgung einer Vorstrafe wiedererlangte - Unbescholtenheit zu werten, weshalb der Strafbetrag spruchgemäß herabzusetzen war.
Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse wurden gemäß Ihren Angaben berücksichtigt.
Die Verschuldensfrage war aufgrund der Aktenlage zu bejahen und spruchgemäß zu entscheiden.
Der Ausspruch über die Kosten ist im § 64 Abs. 2 VStG begründet."
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde des Beschuldigten vom wird wie folgt ausgeführt:
"Die Beschwerde wird wegen
. mangelhafter Sachverhaltsfeststellung und der Beweiswürdigung,
. Mangelhaftigkeit des Verfahrens,
. materieller Rechtswidrigkeit erhoben.
1. Sachverhaltsdarstellung:
1.1. Die ***X-GmbH*** hat gemäß Bescheid ***MA46*** vom eine Bewilligung gemäß § 90 StVO sowie gemäß Gebrauchsabgabengesetz 1966 erteilt erhalten.
Insbesondere wurde mit dem Bescheid gemäß § 1 GAG die Erlaubnis erteilt, den öffentlichrn Grund einschließlich des Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes im angegebenen Zeitraum und ausgewiesenen Umfang unter denselben Bedingungen benützen zu dürfen. Für die Erlaubnis zum Gebrauch des öffentlichen Grundes ist gegebenenfalls eine Gebrauchsabgabe zu entrichten, die mit gesondertem Bescheid vorgeschrieben wird. Im Zeitraum - wurde unter anderem der Baustellenort ***WienB*** für Fassadenarbeiten den öffentlichen Ort zu nutzen erlaubt. Spezifiziert wurde, dass der Gehsteig und Parkstreifen vom - an der Örtlichkeit ***WienON*** benutzt werden darf.
1.2. Aus einer Anzeige der Landespolizeidirektion Wien geht hervor, dass der öffentliche Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen dient, ohne Erlaubnis widmungswidrig in Anspruch genommen worden wäre, indem Baustoffablagerungen im Ausmaß von 62 m2 erfolgt wären.
Im Einspruch wurde unter anderem vorgebracht, dass Gerüstaufsteller und Eigentümer des Gerüstmaterials der Firma ***Y-GmbH*** war und die Anlieferung sowie Lagerung von den in Rede stehenden Gerüstteilen außerhalb der vom Beschwerdeführer erwirkten Lagerungsfläche sowie ohne deren Anordnung erfolgt wäre.
Weiters ist für das gegenständliche Bauvorhaben Herr ***B*** als verantwortlicher Bauleiter bekannt gegeben worden.
Am wurde das bekämpfte Straferkenntnis erlassen und dem Beschwerdeführer am zugestellt. Binnen offener Frist wird sohin gegenständliche Beschwerde erhoben.
2. Beschwerdegründe:
2.1. Zur Mangelhaftigkeit der Sachverhaltsfeststellungen und der Beweiswürdigung
2.1.1. Festzuhalten ist, dass sich aus der Begründung des Bescheides keine Feststellungen darüber ergeben, wo konkret Baustoffe bzw. Gerüstteile gelagert worden wären, welche außerhalb des genehmigten Bereiches ***WienON*** Gehsteig/Parkstreifen gelagert gewesen wären.
Wie in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt, wurde der ***X-GmbH***, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, mittels Bescheid vom ***MA46*** die Nutzung des öffentlichen Grundes ***WienON*** am Gehsteig/Parkstreifen im inkriminierten Zeitraum genehmigt.
Der Spruch des Straferkenntnisses lässt nicht erkennen, dass die hier inkriminierten Lagerungen außerhalb des genehmigten Bereiches erfolgt wären. In diesem Zusammenhang hat die Behörde auch keinerlei Feststellung getroffen.
Schon allein aus diesem Grund ist das Straferkenntnis zu beheben.
Aus dem Genehmigungsbescheid ist erkennbar, dass die Lagerungen am Tatzeitpunkt, am , in der ***WienON***, genehmigt war.
2.1.2. Darüber hinaus hat die Behörde Feststellungen in Hinsicht darauf getroffen, dass die Verkürzung der Gebrauchsabgabe gemäß 5 16 Abs 1 GAG ein Erfolgsdelikt darstellt, demzufolge die Behörde dem Täter nicht nur den objektiven Tatbestand, sondern auch das subjektive Verschulden nachzuweisen hat. Ein Verschulden muss zumindest in der Schuldform der Fahrlässigkeit vorhanden sein (VwGH 3155/78 vom ; VwGH 0436/77 vom ). Hiezu hat der Beschwerdeführer ein entsprechendes Vorbringen erstattet, dass der Eigentümer des gelagerten Gerüstmaterials die Fa. ***Y-GmbH*** war, welche die Lagerung ohne Anordnung und, gesonderte Genehmigung vorgenommen hat.
Zudem war der Beschwerdeführer bzw. ***X-GmbH*** nicht der "Gebraucher" der inkriminierten Fläche, sondern die Fa. ***Y-GmbH***, welche als Subunternehmer ihren Werkvertrag mit der ***X-GmbH*** erfüllen musste.
2.2. Mangelhaftigkeit des Verfahrens
Die Behörde hat es unterlassen, die beantragte Einvernahme des Beschwerdeführers durchzuführen, weshalb das Verfahren diesbezüglich mangelhaft blieb.
2.3. Zur materiellen Rechtswidrigkeit
Wie oben bereits ausgeführt, hat die Behörde die Qualifikation des Straftatbestandes als Erfolgsdelikt nicht berücksichtigt und dementsprechend verabsäumt das subjektive Verschulden des Beschwerdeführers nachzuweisen. Dem Beschwerdeführer ist kein Verschulden zur Last zu legen.
Zudem war die Benutzung des Gehsteiges und Parkstreifen der ***WienON*** am Tag der vorgeworfenen Straftat, am durch den Bescheid vom bewilligt.
Der Beschwerdeführer bzw. die ***X-GmbH*** hat die hiefür angeordnete Gebrauchsabgabe auch bezahlt.
2.4. Zu den Milderungsgründen
Mildernd wurde die Unbescholtenheit gewertet. Darüber hinaus hätte die Behörde die lange Dauer des Strafverfahrens berücksichtigen müssen.
Beweis.: Bescheid vom GZ ***MA46***
Einvernahme des Beschwerdeführers
Es liegt daher kein Grund vor, den Beschwerdeführer zu bestrafen. Der Beschwerdeführer stellt daher den ANTRAG,
gem. § 44 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchzuführen und sodann das bekämpfte Straferkenntnis des Magistrat der Stadt Wien, MA 6 vom zu GZ ***MA6*** ersatzlos zu beheben und das Verfahren gemäß § 38 VwGVG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 VStG einzustellen,
in eventu es aufgrund der geringen Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der geringen Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sowie aufgrund des geringen Verschuldens bei einer Ermahnung gemäß 5 38 VwGVG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG bewenden zu lassen,
in eventu dem Beschwerdeführer gemäß § 33a VStG eine schriftliche Beratung durch das Verwaltungsgericht zu erteilen, und gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VwGVG von der weiteren Verfolgung abzusehen,
in eventu die Angelegenheit zur Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen."
Mit Eingabe vom hat die Verteidigerin namens des Beschuldigten bekanntgegeben, dass: " ... am sowie eine mündliche Verhandlung im Parallelverfahren vor dem Bundesfinanzgericht RV/7500283/2021 gegen den zweiten Geschäftsführer der ***X-GmbH*** zum Tatzeitpunkt, Herrn ***Gf2***, geführt wurde.
Vorgelegt wird hiermit
- die Niederschriften der mündlichen Verhandlungen sowie der in der Niederschrift vom enthaltenen Entscheidung, wonach
- der Beschwerde stattgegeben wurde, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eigestellt wurde.
Wie das Bundesfinanzgericht- zusammengefasst - entschieden hat, lag in Hinsicht auf den Beschwerdeführer ***Gf2***, zum Tatzeitpunkt neben Baumeister ***Bf***, ebenso Geschäftsführer der ***X-GmbH***, kein Verschulden vor, auch nicht in Form der Fahrlässigkeit vor. Der Zeuge ***Z*** der Fa. ***Y-GmbH*** gab an, dass das Gerüst entgegen dem Auftrag der ***X-GmbH*** bzw. Herrn ***Gf2*** als zuständigen Geschäftsführer und Herrn ***B*** als Bauleiter für die Baustelle in der Ladezone gelagert wurde. Der eigentliche Auftrag durch ***X-GmbH*** war klar und ergab sich aus den Gegebenheiten vor Ort. Außerdem gab Herr ***Z*** unter Wahrheitspflicht zu Protokoll, dass er seitens der ***X-GmbH*** darauf hingewiesen wurde, dass in der ***WienON*** nur eine Ladezone vorhanden war. Durch betriebsinterne Probleme bei der F. ***Y-GmbH*** kam es zu auftragswidriger Lagerung der hier verfahrensgegenständlichen Gerüstteile.
Der Beschwerdeführer ***Gf2*** konnte glaubhaft machen, dass ihn durch die Beauftragung des Dritten, der Fa. ***Y-GmbH***, kein Verschulden treffe. Er hat alle Maßnahmen getroffen, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grunde erwarten lassen. Für einen Ausfall bzw. Überwachungsverschulden des Erfüllungsgehilfen gab es keinerlei Anhaltspunkte, weshalb das Bundesfinanzgericht zur spruchgemäßen Entscheidung gelangte.
In Hinsicht auf die Identität des vorliegenden Sachverhaltes erscheint es zweckmäßig, die Beweisergebnisse des genannten Verfahrens auch dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde zu legen.
Sofern dies das erkennende Bundesfinanzgericht dies für tunlich erachtet, dies auch im Sinne der Prozessökonomie, werde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen und der Beschwerdeantrag wiederholt, insbesondere der Antrag auf Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG."
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Rechtslage:
§ 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.
Gemäß § 1 Abs. 1 GAG ist für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist. Dies gilt nicht, soweit es sich um Bundesstraßengrund handelt.
Gemäß § 9 Abs. 1a GAG ist derjenige, der öffentlichen Grund in der Gemeinde (§ 1) gemäß angeschlossenem Tarif benutzt, ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben, sowie derjenige, der nach § 5 zur Beseitigung der Einrichtungen verpflichtet ist und diese nicht nachweislich beseitigt, haben - unbeschadet der §§ 6 und 16 - die Gebrauchsabgabe entsprechend dem angeschlossenen Tarif zu entrichten. Die Abgabe ist durch Bescheid festzusetzen. Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten sinngemäß. Wird die Gebrauchserlaubnis nachträglich erteilt, so ist die vom Abgabepflichtigen nach diesem Absatz bereits entrichtete Abgabe anzurechnen.
Gemäß § 16 Abs. 1 GAG sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Gebrauchsabgabe verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis 21.000 Euro zu bestrafen. Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe dauert so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird.
Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Gemäß § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;
3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;
4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;
5. die Strafverfolgung nicht möglich ist;
6. die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.
Unstrittig hat das Beweisverfahren vor dem Bundesfinanzgericht im parallel geführten Verwaltungsstrafverfahren gegen den weiteren Geschäftsführers der Fa. ***X-GmbH*** ***Gf2*** ergeben, dass der Gebrauch von öffentlichem Grund durch den Gerüstaufsteller und Eigentümer des Gerüstmaterials, und zwar die Fa. ***Y-GmbH*** erfolgt ist. Zutreffend wurde dabei auch festgehalten, dass das im Eigentum der Fa. ***Y-GmbH*** stehende Gerüst von deren Arbeitern auf öffentlichem Grund zwar errichtet und von diesen Gerüstteile dort gelagert wurden, dies allein jedoch noch nicht ausreicht, um den bewilligungslosen Gebrauch der ***Y-GmbH*** zuzurechnen, zumal die Fa.***X-GmbH*** zumindest durch die Antragstellung der Abgabenbehörde gegenüber die Verantwortung dafür übernommen und die Gebrauchsabgabe in der Folge entrichtet hat. Folglich ist als Gebraucher im Sinne des GAG die ***X-GmbH*** anzusehen. Weiters konnte der Nachweis, dass ein verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs. 2 VStG bestellt worden sei, nicht geliefert werden und wurde im Zuge der mündlichen Verhandlung vom auch außer Streit gestellt, dass eine derartige Bestellung vorläge.
Das Bundesfinanzgericht ist im Verfahren gegen den 2. Geschäftsführer ***Gf2*** der glaubwürdigen Aussage des Zeugen ***Z*** von der Fa. ***Y-GmbH*** gefolgt, dass die Fa. ***Y-GmbH*** als Erfüllungsgehilfe die verfahrensgegenständlichen Gerüstteile infolge betriebsinterner Probleme auftragswidrig in der gegenständlichen Ladezone lagerte. Der eigentliche Auftrag durch die Fa. ***X-GmbH*** sei klar gewesen und habe sich aus den Gegebenheiten vor Ort ergeben. Der mit der Abwicklung des Auftrages ***X-GmbH***, ***WienON***, Fassadenarbeiten zwischen Februar und April 2019 beauftragte und als Zeuge befragte Hr. ***Z*** sei seitens der Fa. ***X-GmbH*** auch darauf hingewiesen worden, dass in der ***WienON*** nur eine Ladezone vorhanden war. Des Weiteren konnte der weitere Geschäftsführer ***Gf2*** das Gericht davon überzeugen, dass durch die Beauftragung des Dritten, die Fa. ***Y-GmbH***, diesen kein Verschulden anzulasten war, zumal alle Maßnahmen getroffen wurden, die im Sinne der höchstgerichtlichen Rechtsprechung unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten haben lassen (s. ).
Da der Übernahme der sorgfältig ermittelten Beweisergebnisse im Parallelverfahren zu RV/7500283/2021 seitens der Verfahrensparteien zugestimmt wurde, konnte das obangeführte Ergebnis des durchgeführten Beweisverfahrens dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren bedenkenlos zugrunde gelegt werden. Das Bundesfinanzgericht sieht daher aus den dargestellten Erwägungen in freier Beweiswürdigung keinen Anhaltspunkt, dass auch der gegenständlich Beschuldigte strafrechtlich verantwortlich geblieben wäre (auch nicht durch ein allfälliges Auswahl- oder Überwachungsverschulden), sodass gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG mit Verfahrenseinstellung zugunsten des Beschuldigten vorzugehen war.
Damit entfällt auch die gemäß § 9 Abs. 7 VStG ausgesprochen Haftung der Fa. ***X-GmbH***.
Gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfällt die (öffentliche mündliche) Verhandlung, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Zudem sah das Bundesfinanzgericht bereits unter Bedachtnahme auf § 44 Abs. 3 VwGVG keinen Anlass, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, zumal im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und der ursprünglich in der Beschwerdeschrift gestellte Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom zurückgezogen, wobei der Zurücknahme auch seitens der belangten Behörde zugstimmt wurde.
Es war daher spruchgemäß zu entcheiden.
Kostenentscheidung
Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.
Kosten des Strafverfahrens waren somit nicht festzusetzen.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 9 Abs. 1a Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966 § 9 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 1 Abs. 1 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500280.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at