TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.03.2022, RV/7102008/2021

Unentgeltliche Geschäftsführertätigkeit stellt keine Einkunftsquelle dar; keine Geltendmachung von negativen Einkünften

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Judith Daniela Herdin-Winter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Birgit Priklopil Steuerberatung GmbH, Amtshausgasse 1 Tür A, 7132 Frauenkirchen, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2019, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen und der Bescheid zu Ungunsten der Beschwerdeführerin abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurde von der belangten Behörde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 2019 ein negatives Einkommen iHv -1.351,20 Euro erzielt hatte und aufgrund dessen die Einkommensteuer mit 0,- Euro festgesetzt.

Mit Schreiben vom erhob die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin dagegen Beschwerde. Zur Begründung führte diese aus, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Tätigkeit Sozialversicherungsbeiträge iHv insgesamt 2.062,209 Euro entrichtet habe und ihr aufgrund dessen gem. § 33 Abs. 8 EStG die Anrechnung dieser entrichteten Sozialversicherungsbeiträge bis zu einem Ausmaß von 400,-/900,- Euro zustehe.

Die Tatsache, dass diese Sozialversicherungsbeiträge nicht der ÖKS, sondern bei der SVS entrichtet worden seien, habe keine rechtliche Relevanz für die Erstattung dieser Beiträge nach den Bestimmungen des EStG. Das EStG stelle in keinster Weise einen direkten Zusammenhang zwischen den lohnsteuerpflichtigen Einkünften und dem zu erstattenden Anteil an bezahlten Sozialversicherungsbeiträgen her. Die Beschwerdeführerin habe im verfahrensgegenständlichen Veranlagungsjahr lohnsteuerpflichtige Einkünfte aus nsA erzielt.

Die Tatsache, dass Klein- und Kleinstverdiener, so sie lohnsteuerpflichtige Einkünfte erzielten, einen Anspruch auf (teilweise) Erstattung derselben hätten, wohingegen klein- und kleinstverdienende Unternehmer (mit Einkünften aus Landwirtschaft, Gewerbebetrieb oder aus selbstständiger Tätigkeit) aber nicht, sei eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung. Die Eingrenzung der Erstattung auf lohnsteuerpflichtige Einkünfte erscheine insbesondere auch vor dem Hintergrund der Erstattung an (klein- und kleinstverdienende) Pensionisten völlig unlogisch. Es werde in diesem Zusammenhang auch auf die Begründung des Einkommensteuerbescheides 2020 verwiesen, in dem ebenfalls kurz die Erstattung von "Sozialversicherungsbeiträgen" erwähnt werde. Es werde daher - analog zu 2020 - beantragt die Negativsteuer iHv 400,- Euro zu erstatten.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Zur Begründung verwies sie auf § 33 Abs. 8 EStG. Ergebe sich bei der Steuerberechnung nach § 33 Abs 1 und 2 EStG 1988 ein Betrag unter null, seien 50% der Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs 1 Z 3 lit. a EStG 1988 (ausgenommen Betriebsratsumlagen) und des § 16 Abs 1 Z 4 und 5 EStG 1988 - höchstens aber 400 Euro jährlich - zu erstatten.

Daher würden nur SV-Beiträge rückerstattet, die dem Pflichtigen aufgrund seines Dienstverhältnisses in Abzug gebracht würden.

Die von der Beschwerdeführerin beantragte Rückerstattung der Pflichtbeiträge gem. § 4 Abs 1a EStG 1988 sei daher nicht möglich.

Mit Schreiben vom beantragte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Am wurde der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass aufgrund des im Vorlageberichts geschilderten Sachverhalts fraglich sei, ob die erklärten negativen Einkünfte aus selbstständiger Arbeit als Einkunftsquelle angesehen werden können. Dies hätte unter Umständen auch Auswirkungen auf die Folgejahre. Der steuerliche Vertreter gab an, eine diesbezügliche Stellungnahme zu übermitteln.

Mit Vorhalt vom wurde der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin nochmals um Stellungnahme bis längstens zu den erzielten negativen Einkünften aus selbständiger Tätigkeit ersucht. Gemäß dem Vorlagebericht handele es sich bei den negativen Einkünften aus selbstständiger Arbeit um eine unentgeltliche Geschäftsführer-Tätigkeit bei der Fa. A GmbH. Die belangte Behörde gehe daher davon aus, dass die unentgeltliche Geschäftsführer-Tätigkeit keine Einkunftsquelle darstelle.

Der Vorhalt bleib seitens der steuerlichen Vertretung unbeantwortet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin erzielte im verfahrensgegenständlichen Veranlagungsjahr 2019 ein Einkommen aus unselbständiger Arbeit iHv 711,- Euro.

Bei den im Jahr 2019 erzielten negativen Einkünfte aus selbständiger Arbeit handelt es sich um entrichtete Sozialversicherungsbeiträge in Zusammenhang mit einer unentgeltlichen Geschäftsführer-Tätigkeit der Beschwerdeführerin bei der Fa. A GmbH.

Beweiswürdigung

Die Höhe der Einkünfte und diesbezüglichen Werbungskosten aus der Tätigkeit als unselbständig Beschäftigte im Jahr 2019 ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind unstrittig.

Die Feststellungen betreffend die negativen Einkünfte aus selbstständiger Arbeit ergeben sich aus den Angaben der steuerlichen Vertretung gegenüber der belangten Behörde im Rahmen der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlagebericht). Ein entsprechender Vorhalt des Bundesfinanzgerichts blieb seitens der steuerlichen Vertretung unbeantwortet. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Feststellungen zutreffend sind.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gem. § 2 Abs. 1 EStG 1988 unterliegt der Einkommensteuer das Einkommen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.

Gemäß den Feststellungen erzielte die Beschwerdeführerin im verfahrensgegenständlichen Veranlagungsjahr 2019 ein Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit iHv 711,- Euro.

Darüber hinaus erklärte die Beschwerdeführerin negative Einkünfte aus einer unentgeltlichen Geschäftsführer-Tätigkeit.

Mit Erkenntnis vom , Ra 2021/13/0016-6, führte der VwGH aus, dass wenn eine weitere Tätigkeit keine Einkunftsquelle, sondern nur eine Quelle von Aufwendungen darstellt, diese Aufwendungen keine einkommensteuerliche Berücksichtigung finden können, soweit kein alle Zweifel ausschließender Zusammenhang mit einer (anderweitig bestehenden) Einkunftsquelle vorliegt (; , 2000/14/0084; , 2008/13/0234, VwSlg. 8651/F).

Gemäß den Feststellungen handelt es sich bei den negativen Einkünften um Sozialversicherungsbeiträge in Zusammenhang mit einer unentgeltlichen Geschäftsführertätigkeit. Die Feststellung der belangten Behörde, dass es sich bei der unentgeltlichen Geschäftsführer-Tätigkeit um keine Einkunftsquelle handelt, bleib seitens des steuerlichen Vertreters unbestritten. Mangels Qualifikation als Einkunftsquelle können somit die damit in Zusammenhang stehenden negativen Einkünfte nicht geltend gemacht werden. Der verfahrensgegenständliche Bescheid der belangten Behörde betreffend Einkommensteuer 2019 vom war daher insoweit abzuändern, dass die negativen Einkünfte aus selbstständiger Arbeit auszuscheiden waren.

Ein Eingehen auf das in der Beschwerde vorgebrachte Begehren betreffend "Negativsteuer" erübrigte sich daher.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im vorliegenden Fall einerseits der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt wurde und andererseits entscheidungswesentlich die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes war, liegen die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs 4 B-VG insgesamt nicht vor (vgl ua , betreffend die Revisionsunzulässigkeit bei Fragen der Beweiswürdigung), weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102008.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at