Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.04.2022, RV/7300013/2022

Beschwerde gegen die Höhe der Wertersatzstrafe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinRi. in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Stefan Denifl, Landstraße 34/2, 6714 Nüziders, wegen der Finanzvergehen des Schmuggels gemäß § 35 Abs. 1 sowie der fahrlässigen Verletzung von Verpflichtungen im Bargeldverkehr nach § 48b Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen die im Erkenntnis des Zollamtes Österreich als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer 920000/***1***/2021, festgesetzte Teilwertersatzstrafe zu Recht erkannt:

Der Beschwerde des Beschuldigten wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis des Zollamtes Österreich als Finanzstrafbehörde (dessen Schuldspruch unverändert bleibt) in seinem Ausspruch über die Wertersatzstrafe wie folgt abgeändert:

Gemäß § 35 Abs. 4 FinStrG iVm. § 17 Abs. 6 und § 19 Abs. 5 FinStrG wird über den Beschuldigten eine Wertersatzstrafe in Höhe von € 9.000,00 verhängt.

Gemäß § 20 FinStrG wird die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Wertersatzstrafe gemäß § 20 FinStrG an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen festgesetzt.

Die gemäß § 185 FinStrG bestimmten Verfahrenskosten in Höhe von € 250,00 bleiben unverändert.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Zollamtes Österreich als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer 920000/***1***/2021, wurde ***Bf1*** des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 lit. a FinStrG sowie der fahrlässigen Verletzung von Verpflichtungen im Bargeldverkehr nach § 48b Abs. 1 FinStrG schuldig erkannt.
Gem. § 35 Abs. 4 FinStrG wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe iHv. € 2.500,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 17 Tage) sowie gemäß §§ 35 Abs. 4 iVm. 17 Abs. 6 und 19 Abs. 5 FinStrG eine Teilwertersatzstrafe iHv. € 11.500,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 38 Tage) verhängt.

Begründend wurde ausgeführt, der Beschuldigte habe am anlässlich seiner Einreise aus der Schweiz kommend über das Zollamt Österreich, Zollstelle Schmitterbrücke, die von ihm mitgeführten anmeldepflichtigen Rolex Uhren, trotz wiederholter Befragung, nicht erklärt.

Anlässlich der Fahrzeugrevision wurde eine Uhr (Rolex Sea Dweller Jahrgang 08/2020, lt. Kaufvertrag CHF 13.000,00) sowie eine weitere Uhr, die er am Handgelek getragen hat (Rolex Oyster Perpetual Wert lt. Angabe geschätzt € 7.500,00) vorgefunden. Er sei müde und unkonzentriert gewesen und habe deshalb die Uhren nicht erklärt.

Im Zuge des Verfahrens brachte er vor, dass die Uhren im Eigentum seines Vaters stehen, welche dieser als Wertanlage gekauft habe. Da sein Vater krank sei habe er ihm € 20.00,00 gegeben, damit er die Uhren für ihn in der Schweiz kauft. Er sei am selben Tag mit dem Bargeld in die Schweiz gereist, um die Uhren zu kaufen. Bei der Ausreise aus Österreich habe er das Bargeld nicht erklärt.

Der Beschuldigte wusste, dass er die Uhren bei der Einreise erklären muss, habe dies trotz mehrfacher Befragung nach mitgeführten Waren unterlassen.

Hinsichtlich des bei der Ausreise nicht erklärten mitgeführten Bargelds sei von einer Fahrlässigkeit auszugehen. Dem Beschuldigten, einem Unternehmer, sei zuzumuten, dass er sich hinsichtlich der Bestimmungen betreffend Ein- bzw. Ausfuhr von Barmitteln erkundigt. So hat er angegeben, dass ihm zwar bekannt gewesen sei, dass die Einfuhr von Barmitteln uU. anmeldepflichtig ist, dass dies auch für die Ausfuhr gelte, sei ihm nicht bekannt gewesen.

Der Beschuldigte wäre verpflichtet gewesen, sich über die Bestimmungen im Zusammenhang mit Bargeldtransfers zu erkundigen. Dass er dies unterlassen habe, sei ihm als auffällige Sorglosigkeit vorwerfbar.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde bekämpft der Beschuldigte ausschließlich die Höhe der über € 6.000,00 verhängten Teilwertersatzstrafe. Die Finanzstrafbehörde sei von einem Zollwert iHv. € 23.113,37 ausgegangen und habe 49% der Höchststrafe als tat- und schuldangemessen angesehen. Dabei habe sie nicht berücksichtigt, dass der Beschuldigte finanzstrafrechtlich unbescholten ist, er zum Tatzeitpunkt gesundheitlich eingeschränkt war und die Uhr für seinen Vater erworben hat. Ein Teilwertersatz iHv. € 6.000,00 sei daher sowohl aus general- als auch aus spezialpräventiven Gründen ausreichend.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 2 FinStrG unterliegen diejenigen Sachen, hinsichtlich der das Finanzvergehen begangen wurde, dem Verfall.

Stünde der Verfall zur Bedeutung der Tat oder zu dem den Täter treffenden Vorwurf außer Verhältnis, so hat an seine Stelle gemäß § 17 Abs.6 FinStrG nach Maßgabe des § 19 FinStrG die Strafe des Wertersatzes zu treten.

Gemäß § 19 Abs. 1 FinStrG ist statt auf Verfall auf die Strafe des Wertersatzes zu erkennen, wenn
a) im Zeitpunkt der Entscheidung feststeht, dass der Verfall unvollziehbar wäre
b) auf Verfall nur deswegen nicht erkannt wird, weil das Eigentumsrecht einer anderen Person berücksichtigt wird
c) in den Fällen des § 17 Abs. 6 Satz 1 FinStrG (wenn der Verfall zur Bedeutung der Tat oder zu dem den Täter treffenden Vorwurf außer Verhältnis steht).

Gemäß § 19 Abs. 3 FinStrG entspricht die Höhe des Wertersatzes dem gemeinen Wert, den die dem Verfall unterliegenden Gegenstände im Zeitpunkt der Begehung des Finanzvergehens hatten; ist dieser Zeitpunkt nicht feststellbar, so ist der Zeitpunkt der Aufdeckung des Finanzvergehens maßgebend.

Der konkrete Zweck eines Wertersatzes nach § 19 FinStrG ist es unter anderem, nicht dem Finanzstraftäter, sondern der Finanzstrafbehörde ein Äquivalent für den Fall zu geben, dass ein Verfall (welcher gar nicht immer zum Nutzenentzug beim Täter führen muss) nicht vollziehbar ist und daher auf Seite der Behörde eine ungewollte Entreicherung stattgefunden hat.
Der gemeine Wert der verfallsbedrohten Gegenstände, welcher einem Wertersatz nach § 19 Abs. 3 FinStrG zu Grunde zu legen ist, ist daher der Preis, den die Finanzstrafbehörde als neue Eigentümerin der Gegenstände nach erfolgtem Verfall für diese in dem von ihr erreichbaren Marktbereichen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr (eigene Versteigerung, Freihandverkauf, Verkauf an einen gewerblichen Händler [also dessen Detaileinkaufspreis], Verkauf im Internet, etc.) erzielen hätte können, hätte sie die verfallsbedrohten Gegenstände, unverzüglich nach der Tat beschlagnahmen und verwerten können (; , RV/6300001/2020).

Gegenständlich liegt für eine Uhr (Rolex Sea Dweller Jahrgang 08/2020) ein Kaufvertrag (CHF 13.000,00) vor. Hinsichtlich der zweiten Uhr (Rolex Oyster Perpetual) hat die Finanzstrafbehörde den Wert mit € 7.499,90 geschätzt (§ 184 BAO). Hätte die Finanzstrafbehörde die Uhren beschlagnahmt und verkauft, hätte sie, gerade im Hinblick auf die Werthaltigkeit der Uhren, sicher den Gesamtwert als Verkaufserlös erzielen können.

Von der Verhängung eines derartigen Wertersatzes ist gemäß § 19 Abs. 5 FinStrG ganz oder teilweise abzusehen, wenn der Wertersatzanteil zur Bedeutung der Tat oder zu dem den Täter treffenden Vorwurf außer Verhältnis steht. Gemäß § 19 Abs. 6 FinStrG sind dabei die Grundsätze der Strafbemessung (§ 23 FinStrG) anzuwenden.

Die Finanzstrafbehörde hat die Vorschreibung eines vollen Wertersatzes gegenüber dem Beschuldigten als unverhältnismäßig angesehen, ohne dies zu begründen. Bei einem errechneten Wertersatz von € 23.113,37 (Warenwert inklusive Eingangsabgaben) hat die Finanzstrafbehörde einen Betrag von € 11.500,00 als angemessen erachtet.

Dem vorgelegten Strafakt ist zu entnehmen, dass als Milderungsgründe die bisherige finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit sowie die Schadensgutmachung angesehen wurden; erschwerend war kein Umstand. Weitere Milderungsgründe liegen nicht vor.

Umstände, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen, liegen nicht vor. Dass der Beschuldigte die Uhren über Ersuchen seines Vaters gekauft haben will, stellt keinen Rechtfertigungsgrund dar und wirkt sich auch nicht schuldmindernd aus.
Wie der Beschuldigte erklärt hat, wusste er, dass die Uhren einem Zollverfahren zuzuführen sind. Die Frage nach mitgeführten anmeldepflichtigen Waren hat er dreimal verneint.

Einer weiteren Reduktion der Wertersatzstrafe stehen vor allem generalpräventive Gründe entgegen, um mögliche Finanzstraftäter in vergleichbaren Situationen von der Begehung von Finanzvergehen abzuhalten.

Zahlungsaufforderung:

Die Geldstrafe, die Wertersatzstrafe und die Kosten des Finanzstrafverfahrens werden gemäß § 171 Abs. 1 und § 185 Abs. 4 FinStrG mit Ablauf eines Monates nach Rechtskraft dieser Entscheidung fällig und sind auf das Straf-Konto der Finanzstrafbehörde zu entrichten, widrigenfalls Zwangsvollstreckung durchgeführt und bei Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen vollzogen werden müssten. Ein Ansuchen um eine allfällige Zahlungserleichterung wäre bei der Finanzstrafbehörde (Zollamt Österreich) einzubringen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war die Bemessung der Wertersatzstrafe (Ermessensentscheidung).

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 35 Abs. 4 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 185 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 20 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 48b Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 19 Abs. 6 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 23 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 19 Abs. 1 lit. a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7300013.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at