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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.02.2022, RV/7103210/2018

Ertrag- und umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Gebäudeteilen, die weder betrieblich noch privat genutzt werden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Albert Salzmann in der Beschwerdesache ***Bf1*** in ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rein & Partner Steuerberatung GmbH & Co KG in 8230 Hartberg, Alleegasse 13, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend
- Einkommensteuer 2012, 2013, 2014 und 2015 und
- Umsatzsteuer 2012, 2013, 2014 und 2015
zu Recht erkannt:

I. Insoweit sich die Beschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide 2012, 2013, und 2014 richtet, wird dem Beschwerdebegehren gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden ersatzlos aufgehoben.

II. Insoweit sich die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2015 richtet, wird dem Beschwerdebegehren gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

III. Insoweit sich die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2012 und 2013 richtet, wird dem Beschwerdebegehren gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden ersatzlos aufgehoben.

IV. Insoweit sich die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 richtet, wird dem Beschwerdebegehren gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

V. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Nach Durchführung eines Außenprüfungsverfahrens hat das Finanzamt (FA) die Verfahren betreffend Umsatzsteuer 2012 bis 2015 und Einkommensteuer 2012 bis 2015 wiederaufgenommen und neue Sachbescheide betreffend Umsatzsteuer 2012 bis 2015 und Einkommensteuer 2012 bis 2015, jeweils datiert mit erlassen. Dabei ist das FA in mehreren Punkten von den ursprünglich eingereichten Steuererklärungen abgewichen.

Mit Schriftsatz des steuerlichen Vertreters vom hat die beschwerdeführende Partei (bP) Beschwerde gegen die neu erlassenen Sachbescheide erhoben und im Wesentlichen begründend ausgeführt, dass das Ausmaß der Privatnutzung der Liegenschaft sowie des PKW, welche sich beide im Betriebsvermögen befinden, vom FA unzutreffend und rechtswidrig festgestellt worden sei.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom und hat das FA die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit Schriftsätzen des steuerlichen Vertreters vom und hat die bP die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (BFG) beantragt.

Mit Vorlagebericht vom hat das FA die Beschwerde elektronisch dem BFG zur Entscheidung vorgelegt.

Am wurde beim BFG ein Erörterungsgespräch gemäß § 269 Abs 3 BAO durchgeführt, das bisherige Ermittlungsverfahren der Abgabenbehörde mit der Befragung der bP als Auskunftsperson in eigener Sache ergänzt und weitere Beweismittel angefordert.

Mit E-Mail vom hat das BFG die Verfahrenspartei gemäß § 183 Abs 4 BAO vom Ergebnis des gerichtlichen Beweisverfahrens in Kenntnis gesetzt und die Möglichkeit zur Stellungnahme eröffnet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt

Mit Kaufvertrag vom hat die bP ein Reihenhaus in Brunn am Gebirge erworben. Die Räume dieses Reihenhauses wurden ab Oktober 2012 entweder für das neu gegründete Unternehmen der bP verwendet (Business-Mentalcoach) oder blieben ungenutzt (Raumreserve). Eine Privatnutzung von Teilen des Reihenhauses und der in diesem Gebäude befindlichen Einrichtungsgegenstände bzw Betriebs- und Geschäftsausstattung fand nicht statt.
Mit Kaufvertrag vom hat die bP die gegenständliche Liegenschaft veräußert.
Die Tätigkeit als Business-Mentalcoach wurde von der bP ohne vorhergehende Planung oder Bedarfserhebung im Oktober 2012 aufgenommen. Der Umfang und Aufwand dieser Tätigkeit lag deutlich über jenem einer reinen Hobbybetätigung.
Aufgrund der geringen Einnahmen und der hohen Ausgaben war rasch objektiv erkennbar, dass die Tätigkeit als Business-Mentalcoach nicht dazu geeignet war, einen Gesamtgewinn zu erzielen. Nach 2014 wurden keine Einnahmen mehr erzielt.

2012 und 2013 wurden über die Nutzung des im Betriebsvermögen befindlichen PKW Fahrtenbücher geführt. Diese Aufzeichnungen weisen materiell und formell keine Mängel auf.
Für 2014 und 2015 wurden keine Aufzeichnungen betreffend die privaten und betrieblichen Nutzung des PKW geführt.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom FA vorgelegten Akten, den vom BFG angeforderten Beweismitteln sowie aus der Befragung der bP als Auskunftsperson in eigener Sache und ist zwischen den Verfahrensparteien unstrittig.

Der Umfang der Tätigkeit als Business-Mentalcoach wurde von der bP im Rahmen der Befragung detailliert und glaubhaft dargestellt und durch Einzelprojektunterlagen nachgewiesen. Trotz des bedeutenden Aufwandes konnten im Streitzeitraum nur zwei Mal Betriebseinnahmen im jeweils dreistelligen Euro-Bereich erzielt werden (2013 eine Honorarnote für die Konzeption einer Vortragsreihe für die Gemeinde Brunn am Gebirge; 2014 eine Honorarnote für Einzelcoaching). 2015 wurden keine Einnahmen erzielt.

Im Vergleich dazu betrug laut Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung die AfA für Gebäude, Betriebs- und Geschäftsausstattung jährlich € 11.880,15.

Weder dem Bericht über die Außenprüfung vom , noch der Beschwerdevorentscheidung vom , noch einem anderen dem BFG vorliegenden Beweismittel ist eine Feststellung über eine private Nutzung des gegenständlichen Reihenhauses samt Einrichtung zu entnehmen.

Die Ausführungen im Bericht über die Außenprüfung, dass eine betriebliche Nutzung des Reihenhauses im Ausmaß von 25 % in der Begehung am erhoben werden konnte, ist inhaltlich und rechnerisch nicht nachvollziehbar. Eine konkrete Feststellung, welcher Raum zu welchem Zweck privat genutzt worden sein soll, liegt dem BFG nicht vor.
Dem gegenüber steht, dass trotz unangekündigter Besichtigung des Reihenhauses vom FA keine Anhaltspunkte für eine Privatnutzung festgestellt worden sind, die bP durchgängig eine ausschließliche betriebliche Nutzung (oder Leerstand) des Reihenhauses behauptet hat und die bP im Zuge ihrer Befragung als Auskunftsperson in eigener Sache konsistent und glaubwürdig ausgesagt hat.

Die Textierung im Bericht über die Außenprüfung und der darin enthaltene Verweis auf § 21 Abs 1 BAO lassen erkennen, dass das FA willkürlich einen Prozentsatz angenommen hat, der diesem als angemessen im Sinne von "betrieblich notwendig" erschienen ist.

Zwecks Überprüfung der materiellen Richtigkeit der vorgelegten Fahrtenbücher wurden vom BFG Reparaturrechnungen angefordert und die dort angeführten Kilometerstände, die vorhandenen sonstigen Belege sowie ein händisch geführter Kalender mit den Einträgen in den Fahrtenbüchern verglichen. Das BFG hat keine materiellen Mängel festgestellt. Auch wurde vom FA im Verfahren weder die formelle noch die materille Ordnungsmäßigkeit der vorgelegten Fahrtenbücher auf Grundlage von Sachverhaltsfeststellungen in Zweifel gezogen.
Vielmehr stützt das FA die angenommene Privatnutzung auf die "Erfahrungen des täglichen Lebens", dass jedenfalls private Fahrten durchgeführt worden seien und somit die Aufzeichnungen nicht ordnungsgemäß und die Privatanteile zu schätzen seien. Nach allgemeinen Erfahrungssätzen gehe das FA im Schätzungswege von einer 20%igen Privatnutzung des PKW aus.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Rechtsgrundlagen:

§ 1 Abs 1 LVO lautet:
"Einkünfte liegen vor bei einer Betätigung (einer Tätigkeit oder einem Rechtsverhältnis), die
- durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuss
derEinnahmen über die Werbungskosten zu erzielen, und
- nicht unter Abs 2 fällt.
Voraussetzung ist, daß die Absicht anhand objektiver Umstände (§ 2 Abs 1 und 3) nachvollziehbar ist. Das Vorliegen einer derartigen Absicht ist für jede organisatorisch in sich geschlossene und mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattete Einheit gesondert zu beurteilen."

§ 1 Abs 2 LVO lautet:
"Liebhaberei ist bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen
1. aus der Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern, die sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen (zB Wirtschaftsgüter, die der Sport- und Freizeitausübung dienen, Luxuswirtschaftsgüter) und typischerweise einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechen oder
2.aus Tätigkeiten, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen sind oder
3.aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten.
…."

§ 2 Abs 2 LVO lautet:
"Innerhalb der ersten drei Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre) ab Beginn einer Betätigung (zB Eröffnung eines Betriebes) im Sinn des § 1 Abs. 1, längstens jedoch innerhalb der ersten fünf Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre) ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen (Ausgaben) für diese Betätigung liegen jedenfalls Einkünfte vor (Anlaufzeitraum). Dieser Zeitraum wird durch die Übertragung der Grundlagen der Betätigung auf Dritte nicht unterbrochen. Nach Ablauf dieses Zeitraumes ist unter Berücksichtigung der Verhältnisse auch innerhalb dieses Zeitraumes nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen, ob weiterhin vom Vorliegen von Einkünften auszugehen ist. Ein Anlaufzeitraum im Sinn des ersten Satzes darf nicht angenommen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls damit zu rechnen ist, dass die Betätigung vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes (Gesamtüberschusses) beendet wird."

§ 12 Abs 10 UStG 1994 lautet:
"Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt, in den auf das Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden vier Kalenderjahren die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (Abs. 3), so ist für jedes Jahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges durchzuführen.

Dies gilt sinngemäß für Vorsteuerbeträge, die auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aktivierungspflichtige Aufwendungen oder bei Gebäuden auch auf Kosten von Großreparaturen entfallen, wobei der Berichtigungszeitraum vom Beginn des Kalenderjahres an zu laufen beginnt, das dem Jahr folgt, in dem die diesen Kosten und Aufwendungen zugrunde liegenden Leistungen im Zusammenhang mit dem Anlagevermögen erstmals in Verwendung genommen worden sind.

Bei Grundstücken im Sinne des § 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) tritt an die Stelle des Zeitraumes von vier Kalenderjahren ein solcher von neunzehn Kalenderjahren.

Bei der Berichtigung, die jeweils für das Jahr der Änderung zu erfolgen hat, ist für jedes Jahr der Änderung von einem Fünftel, bei Grundstücken (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) von einem Zwanzigstel der gesamten auf den Gegenstand, die Aufwendungen oder die Kosten entfallenden Vorsteuer auszugehen; im Falle der Lieferung ist die Berichtigung für den restlichen Berichtigungszeitraum spätestens in der letzten Voranmeldung des Veranlagungszeitraumes vorzunehmen, in dem die Lieferung erfolgte."

§ 12 Abs 13 UStG 1994 idFv lautet:
"Eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges nach Abs. 10 ist nicht durchzuführen, wenn die auf den Gegenstand entfallende Vorsteuer 220 Euro nicht übersteigt."

§ 184 BAO lautet:
"(1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen."

3.2. Rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhaltes

Die Tätigkeit als Business-Mentalcoach wurde von der bP im Oktober 2012 mit der Absicht begonnen, einen Gesamtgewinn zu erzielen und ist diese Tätigkeit demzufolge unter § 1 Abs 1 LVO zu subsumieren, da insbesondere der betriebene Aufwand und Umfang der Vorbereitungsaktivitäten zeigt, dass es sich bei der gegenständlichen Tätigkeit um keine Hobbytätigkeit im Sinne des § 1 Abs 2 Z 2 LVO handelt.

Die streitgegenständliche Liegenschaft wurde ausschließlich betrieblich genutzt bzw standen einzelne Räume leer. Eine Privatnutzung wurde nicht festgestellt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Aufteilung des Gebäudes grundsätzlich nach dem Verhältnis der Nutzflächen zu erfolgen. Für Zwecke der Aufteilung des Gebäudes ist zunächst jeder Raum als betrieblicher oder privater Raum einzustufen; dies erfolgt nach der ausschließlichen oder zeitlich überwiegenden betrieblichen oder privaten Nutzung des Raumes (vgl ). Der Aufteilungsschlüssel des Gebäudes ergibt sich sodann aus dem Verhältnis der Summe der Nutzflächen der betrieblichen Räume zur Summe der Nutzflächen der privaten Räume (vgl ). Gemeinsam genutzte Räume (zB Vorhaus, sanitäre Anlagen) oder nicht genutzte Räume (Leerstand) sind im Verhältnis betrieblicher Nutzung zu Privatnutzung aufzuteilen. Da in der vorliegenden Beschwerdesache ausschließlich eine betriebliche Nutzung und keine Privatnutzung der Liegenschaft festgestellt wurde, stellt diese zur Gänze Betriebsvermögen dar. Demzufolge sind alle Ausgaben im Zusammenhang mit der Liegenschaft zu 100 % betrieblich veranlasst und gewinnmindernd zu berücksichtigen.

Da die betriebliche Tätigkeit im Oktober begonnen wurde und die ersten Einnahmen erst im Folgejahr erzielt werden konnten, ist die Anlaufphase gem § 2 Abs 2 LVO auf 4 Jahre und sohin bis zum zu verlängern.

Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung stand spätestens zu diesem Zeitpunkt fest, dass die Tätigkeit als Business-Mentalcoach in der gewählten Form nicht zu einem Gesamtgewinn (Gesamtüberschuss) führen wird. Demzufolge liegt mit eine Betriebsaufgabe vor und stellt die Tätigkeit ab diesem Zeitpunkt keine steuerrechtliche Einkunftsquelle dar.

Da das Gebäude 2012 fremdüblich und als Neubau angeschafft wurde, ist davon auszugehen, dass zwischen Anschaffungszeitpunkt und Betriebsaufgabe keine stillen Reserven im Wirtschaftsgut Gebäude thesauriert wurden. Andere Sachverhalte die einen Übergangs- oder Aufgabegewinn bewirken oder beeinflussen liegen dem BFG nicht vor.

Hinweis: Ab 2016 sind Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Business-Mentalcoach bei der Ermittlung der Einkünfte nicht zu berücksichtigen, sofern sich die Art der Bewirtschaftung nicht ändert und dadurch eine (neue) Einkunftsquelle im Sinne der LVO entsteht.

Auch umsatzsteuerlich wurde mit das Unternehmen beendet, weil spätestens zu diesem Zeitpunkt keine objektive Einnahmenerzielungsabsicht mehr gegeben war und sohin von keiner unternehmerischen Tätigkeit für die Zeiträume nach dem auszugehen ist. Demzufolge hat zum eine Vorsteuerberichtigung gem § 12 Abs 10 UStG 1994 zu erfolgen.

Hinweis: Die Umsatzsteuerbescheide, die für Zeiträume nach dem ergangen sind, sind nach Ansicht des BFG entsprechend zu berichtigen. Insbesondere trifft dies für die 2017 im Zuge der Veräußerung der Liegenschaft erklärte und veranlagte Vorsteuerberichtigung gem § 12 Abs 10 UStG 1994 zu.

Zum Beschwerdepunkt Pkw-Privatnutzung ist festzustellen, dass die für 2012 und 2013 geführten Fahrtenbücher formell mängelfrei sind und auch keine materiellen Mängel feststellbar waren. Eine vom FA ins Treffen geführte "allgemeine Lebenserfahrung" kann nicht dazu führen, dass ein von der bP im vorliegenden Einzelfall nachgewiesen Sachverhalt als nicht gegeben zu beurteilen ist und eine nicht näher erläuterte Durchschnittsbetrachtung der Steuerbemessung zugrunde gelegt wird. Die für 2012 und 2013 vorgelegten Fahrtenbücher waren daher als Nachweis für die tatsächliche Privatnutzung geeignet.

Liegen hingegen für behauptete Sachverhalte keine Aufzeichnungen vor und können die Bemessungsgrundlagen vom FA nicht ermittelt oder errechnet werden, so ist die Abgabenbehörde gemäß § 184 BAO verpflichtet, die jeweiligen Bemessungsgrundlagen zu schätzen. Da die bP für 2014 und 2015 keine Fahrtenbücher geführt hat und eine Ermittlung oder Berechnung der tatsächlichen Privatnutzung dem FA nicht möglich war, war die vom FA vorgenommene Schätzung der Privatnutzung für diese Jahre zulässig.

3.3. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe betreffend Umsatzsteuer 2012 bis 2014)

Auf Grundlage des festgestellten Sachverhaltes und der oben dargestellten rechtlichen Würdigung wird der Beschwerde, insoweit sich diese gegen die Umsatzsteuerbescheide 2012, 2013 und 2014 richtet, Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden ersatzlos aufgehoben. Damit befinden sich jene Bescheide wieder im Rechtsbestand, die sich vor den nunmehr ersatzlos aufgehobenen Bescheiden im Rechtsbestand befunden haben (Umsatzsteuerbescheid 2012 vom , Umsatzsteuer-bescheid 2013 vom und Umsatzsteuerbescheid 2014 vom )

3.4. Zu Spruchpunkt II (teilweise Stattgabe betreffend Umsatzsteuer 2015)

Auf Grundlage des festgestellten Sachverhaltes und der oben dargestellten rechtlichen Würdigung ist der Beschwerde, insoweit sich diese gegen den Umsatzsteuerbescheid 2015 richtet, teilweise Folge zu geben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Hinsichtlich des begehrten Vorsteuerabzuges für geringwertige Wirtschaftsgüter im Zusammenhang mit dem unternehmerisch genutzten Reihenhaus wird der Beschwerde auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts und der oben dargestellten rechtlichen Würdigung Folge gegeben.

Darüber hinaus ist aufgrund der festgestellten Beendigung des Unternehmens zum eine Vorsteuerberichtung gem § 12 Abs 10 UStG 1994 durchzuführen, wobei für das Gebäude selbst und die nachträglichen Herstellungs- und Anschaffungskosten (Fußbodenaufbau, Gartengestaltung) ein Berichtigungszeitraum von 19 Jahren und für alle sonstigen Wirtschaftsgüter, die nicht mit der Liegenschaft untrennbar verbunden sind (Jalousien, Küche) von 4 Jahren nach dem Jahr der erstmaligen Verwendung zur Anwendung kommt.
Für alle anderen im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom in Tz 1 angeführten Wirtschaftsgüter ist gem § 12 Abs 13 UStG 1994 keine Vorsteuerberichtigung durchzuführen

Die Berechnung der Vorsteuerberichtigung zum ist der Beilage A zu entnehmen. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben (USt 2015) sind der Beilage B zu entnehmen.

3.5. Zu Spruchpunkt III (Stattgabe Einkommensteuer 2012 und 2013)

Auf Grundlage des festgestellten Sachverhaltes und der oben dargestellten rechtlichen Würdigung wird der Beschwerde, insoweit sich diese gegen die Einkommensteuerbescheide 2012 und 2013 richtet, Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden ersatzlos aufgehoben. Damit befinden sich jene Bescheide wieder im Rechtsbestand, die sich vor den nunmehr ersatzlos aufgehobenen Bescheiden im Rechtsbestand befunden haben (Einkommensteuerbescheid 2012 vom und Einkommensteuerbescheid 2013 vom ).

3.6. Zu Spruchpunkt IV (teilweise Stattgabe Einkommensteuer 2014 und 2015)

Auf Grundlage des festgestellten Sachverhaltes und der oben dargestellten rechtlichen Würdigung wird der Beschwerde, insoweit sich diese gegen die Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015, teilweise Folge gegeben.

Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Reihenhaus samt Einrichtungsgegenstände stellen wie oben ausgeführt 2014 und 2015 zur Gänze Betriebsausgaben dar.

Mangels der Führung von Aufzeichnungen betreffend Privatnutzung des im Betriebsvermögen befindlichen Pkw war das Nutzungsverhältnis gem § 184 BAO im Schätzungswege zu ermitteln. Auf Grundlage des in Tz. 2 des Berichtes über das Ergebnis der Außenprüfung festgestellten Sachverhaltes erscheint der geschätzte Anteil der Privatnutzung in Höhe von 20 % zumindest als nicht zu hoch gegriffen, daher war die Beschwerde in diesem Punkt nicht Folge zu geben.

Demzufolge waren die Einkünfte aus selbständiger Arbeit für 2014 mit € 56.486,01 (= Gewinn nach BP iHv € 73.596,35 abzüglich Tz. 1 Entnahme eines Gebäudeteils iHv € 17.110,34) und die Einkünfte aus selbständiger Arbeit für 2015 mit € 53.667,28 (= Gewinn nach BP iHv € 70.496,50 abzüglich Tz. 1 Entnahme eines Gebäudeteils iHv € 16.829,22) festzusetzen.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben (ESt 2014 und 2015) sind den Beilagen C und D zu entnehmen.

3.7. Zu Spruchpunkt V. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Erkenntnis wird über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht abgesprochen. Auch weicht dieses Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungs-gerichtshofes ab. Da das Erkenntnis ansonsten über Tatsachenfragen abspricht, liegt kein Grund vor, eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Abs. 2 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993
§ 12 Abs. 10 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 2 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993
§ 12 Abs. 13 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103210.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at