Aufschließungskosten als Teil der Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterR in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Grunderwerbsteuer, Steuernummer ***BF1StNr1***, Erfassungsnummer 2017, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Kaufvertrag
Mit Kaufvertrag vom 10./11./14./ erwarben der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf) und Frau M von der L-GmbH (in der Folge kurz: L-GmbH) im Rahmen des Baulandsicherungsmodells A die neu gebildeten Grundstücke 10/25, KG-S, sowie 322/3, KG-V, je zur ideellen Hälfte.
Der Kaufgegenstand mit einer Grundstücksfläche von insgesamt 761 m² weist 592 m² Bauland und 169 m² Grünland/rote Zone aus.
Punkt I. Absatz 5 des Kaufvertrages lautet:
"Festgestellt wird, dass das gegenständliche Rechtsgeschäft im Rahmen eines Baulandsicherungsmodells der Marktgemeinde A erfolgt. Die Verkäuferin beabsichtigt, die Grundstücke des Baulandsicherungsmodells für Zwecke der Bebauung mit Einfamilien-, maximal Doppelhäusern und Hauptwohnsitzbegründung durch Einheimische an diese zu den besonderen Bedingungen und Bestimmungen dieses Kaufvertrages und gemäß den Vergaberichtlinien der Marktgemeinde A (Beschluss der Gemeindevertretung vom ) abzuverkaufen."
In Punkt II. wurde ein Kaufpreis von insgesamt € 52.099,95 vereinbart.
In Punkt V. des Kaufvertrages erklären die Käufer ausdrücklich, den derzeitigen Aufschließungszustand des Grundstücks, insbesondere hinsichtlich Zufahrt, Kanal, Wasser, Strom zu kennen und zur Kenntnis zu nehmen. Hinsichtlich der verkehrsmäßigen Erschließung und den Bebauungsgrundlagen erklären die Käufer nochmals, in Kenntnis des Bebauungsplans und der dort festgelegten Bebauungsgrundlagen zu sein und diese Bebauungsgrundlagen zustimmend zur Kenntnis zu nehmen.
In Punkt XXI. ("BAULANDSICHERUNG") verpflichten sich die Käufer binnen einer Frist von 5 Jahren mit der Errichtung eines Rohbaues zu beginnen ("a) BEBAUUNGSVERPFLICHTUNG") und weiters das künftige Wohnhaus nicht als Zweitwohnung zu nutzen ("b) HAUPTWOHNSITZNUTZUNG").
Ferner wurde der Marktgemeinde ein zeitlich befristetes Vorkaufsrecht und der Verkäuferin ein Wiederkaufsrecht eingeräumt. Die Käufer verpflichteten sich zudem zu einer Veräußerungsbeschränkung.
Auftragsvertrag
Am 07.08./ unterzeichneten die Käufer der beschwerdegegenständlichen Grundstücke und die S-GmbH, (in der Folge kurz: S-GmbH) einen Auftragsvertrag betreffend Aufschließung der Grundstücke, wobei unter Punkt II. der nähere Leistungsumfang, wie
Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Aufschließungsstraßen samt Straßenentwässerung, Oberflächenentwässerung mit Anschlussmöglichkeit für jede Parzelle, Organisation für die Errichtung der Ver- und Entsorgungsleitungen, die in diesem Zusammenhang erforderliche Planung, Koordination und Kostenermittlung sowie Ausschreibung und Auftragsvergabe, die Bauüberwachung, die PLanungs- und Bauarbeitenkoordination
angeführt ist.
Unter Punkt "III. LEISTUNGSENTGELT" wurde ein Pauschalentgelt in Höhe von € 56,--/m² inkl. USt für die Baulandfläche, sohin im Gesamtbetrag von € 33.152,-- inkl. USt vereinbart.
Unter Punkt VI. "ALLGEMEINES" ist festgehalten, dass der Auftraggeber sofort mit Unterfertigung desselben gebunden ist und dieser mit Rücksicht auf den verfolgten wirtschaftlichen Zweck, nämlich Aufschließung des Gesamtareals durch einen Gesamtunternehmer, nicht widerrufen werden kann.
Punkt "VII. FERTIGSTELLUNG" lautet:
"Die Fertigstellung der Asphaltierungsarbeiten wird bis erfolgen."
Selbstberechnung
Die Grunderwerbsteuer wurde von der Hälfte des Grundstückskaufpreises je Erwerber selbst berechnet.
Nachschau, Bescheide
Im Zuge einer Nachschau wurde die Selbstberechnung der Grundverkäufe des Baulandsicherungsmodells vom Finanzamt überprüft. Der Prüfer traf dabei folgende Feststellungen:
"Gegenstand der Nachschau ist die grunderwerbsteuerliche Beurteilung der Grundverkäufe im Baulandsicherungsmodell A-W. Nach der Begutachtung der Schriftstücke, welche sich auf der Gemeinde A befanden, wurde festgestellt, dass die Fa. S-GmbH den Auftrag hatte, als Gesamtunternehmer das Gesamtareal aufzuschließen.
Gemäß Punkt 9 des Treuhandvertrages vom zwischen L-GmbH und der Marktgemeinde A ist festgehalten, dass in den Kaufverträgen dafür vorzusorgen ist, dass die letztendlichen Käufer noch entstehende Gemeinkosten anteilig zu tragen haben.
Die übernommenen Aufschließungskosten stellen eine Gegenleistung iSd § 5 GrEStG dar, wenn der wohlverstandene einheitliche Vertragswille auf den Erwerb einer aufgeschlossenen Bauparzelle gerichtet ist (). Bereits vor Abschluss der gegenständlichen Kaufverträge wurde die Fa. S-GmbH mit der Gesamtaufschließung des Bauareals beauftragt und hat diese bereits mit den Aufschließungsarbeiten begonnen.
Aufgrund dieser Vereinbarung haben die Grundkäufer keine Dispositionsmöglichkeit die Aufschließung durch eigene Bau- oder Planungsmaßnahmen zu veranlassen und sind an die vorgesehene Aufschließung sowohl planungs- und als auch ausführungsmäßig gebunden.
Die von den Käufern übernommenen Aufschließungskosten stehen in ursächlichem Zusammenhang mit dem Liegenschaftserwerb ohne deren Übernahme ein Vertragsabschluss nicht möglich wäre. Daher war eine aufgeschlossene Liegenschaft Gegenstand des Liegenschaftserwerbs, weshalb die Aufschließungskosten eine weitere Gegenleistung iSd § 5 GrEStG darstellen (vgl RV/0462-1/08).
Beginn der Aufschließungsarbeiten: 06/2016
Ende der Aufschließungsarbeiten: 08/2017
Datum des ersten Kaufvertrages:
Schriftstücke:
Baubewilligung
Protokolle der Gemeindevertretungssitzungen
Treuhandvertrag zwischen Gemeinde und L-GmbH
Kostenvorberechnung der S-GmbH"
Im Zuge der Nachschau teilte die S-GmbH mit, dass die Aufschließungsarbeiten am Baulandsicherungsmodell A-W von Juni 2016 bis August 2017 durchgeführt wurden.
Das Finanzamt folgte der Auffassung des Prüfers und erließ die nunmehr angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheide vom . Das Finanzamt begründete die bescheidmäßigen Festsetzungen gemäß § 201 BAO mit der Richtigstellung des Kaufpreisanteiles auf Grundlage des Erwerbes je eines 1/2-Anteiles am beschwerdegegenständlichen Grundstück durch den Bf sowie Frau M und Hinzurechnung der aliquoten Aufschließungskosten, welche an die S-GmbH laut oben erwähntem Auftrag vom 07.08./ zu leisten waren. Die Begründung erfolgte jeweils in einem gesonderten Schriftsatz.
Beschwerde
In der fristgerecht - in einem Schriftsatz - eingebrachten Beschwerde vom bekämpften die Käufer die Berechnung der Grunderwerbsteuer unter Hinzurechnung der Aufschließungskosten zuzüglich zum Kaufpreis und führten begründend aus:
"In den angefochtenen Bescheiden geht die Abgabenbehörde davon aus, dass ein einheitlicher Vertragswille der Käufer auf den Erwerb einer aufgeschlossenen Bauparzelle gegeben war. Dabei übersieht die Begründung jedoch den Umstand, dass das Grundstück von der L-GmbH erworben wurde, während hinsichtlich der Aufschließung von den Käufern ein Werkvertrag mit der S-GmbH geschlossen wurde. Weder der Kaufvertrag hat einen Bezug zum abgeschlossenen Werkvertrag, noch sieht der Werkvertrag einen wechselseitigen Bezug auf den abgeschlossenen Grundstückskaufvertrag vor. Zeitlich wurde der Kaufvertrag vor dem Auftrag abgeschlossen. Der Kaufvertrag datiert vom Juli 2017, während der Werkvertrag im August 2017 abgeschlossen wurde. Wenn die Beschwerdeführer nach Abschluss des Grundstückskaufvertrages den Werkvertrag nicht abgeschlossen hätten, hätte eine Verpflichtung der Käufer zum Abschluss des Werkvertrages nicht bestanden, sodass von einem einheitlichen Vertragswillen nicht ausgegangen werden kann. Allenfalls hätte die S-GmbH mangels Abschlusses des Werkvertrages Bereicherungsansprüche gegen die Grundstückserwerber erheben können. Voraussetzung für die Miteinbeziehung der Aufschließungskosten in die Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage ist jedoch ein einheitlicher Vertragswille, so wie dies in der Bescheidbegründung auch ausdrücklich angeführt ist.
Eine Verpflichtung zum Abschluss des Werkvertrages war im Kaufvertrag nicht vorgesehen. Es wäre den Beschwerdeführern auch allenfalls gemeinsam mit anderen Grundstückserwerbern freigestanden, selbst auf eigene Kosten für die Aufschließung des Grundstücks Sorge zu tragen. In diesem Falle wären die aufgelaufenen Aufschließungskosten ebenfalls nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbssteuer einzubeziehen gewesen."
Beschwerdevorentscheidung
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung ab und begründete dies wie folgt:
"Bereits vor Abschluss des gegenständlichen Kaufvertrages wurde die Fa. S-GmbH mit der Gesamtaufschließung des Bauareals beauftragt und wurden die Aufschließungsarbeiten begonnen.
Seitens der Fa. S-GmbH wurde bekannt gegeben, dass die Aufschließungsarbeiten des Bauabschnitts im Juni 2016 begonnen wurden, somit bereits vor Abschluss des Kaufvertrages. Gegenstand des Liegenschaftserwerbs war somit nicht eine unaufgeschlossene Liegenschaft. Vielmehr konnte nach dem wohlverstandenen Vertragswillen nur eine aufgeschlossene Liegenschaft Gegenstand des Liegenschaftserwerbs sein. Daher stellen die Aufschließungskosten, zu deren Tragung sich der Beschwerdeführer verpflichtet hat, eine weitere Gegenleistung für den Liegenschaftserwerb dar."
Vorlageantrag
Innerhalb offener Frist wurde dagegen der Antrag gestellt, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Vorlage an das Verwaltungsgericht
Die Abgabenbehörde legte die Beschwerde samt den Aktenteilen laut Aktenverzeichnis an das Bundesfinanzgericht vor.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die L-GmbH ist eine Gesellschaft des Landes mit dem Geschäftszeig 'Baulandsicherung' (siehe Firmenbuch und www.salzburg.gv.at).
Die S-GmbH mit dem Geschäftszweig 'Grundstücksaufschließungen' ist eine 100%ige Tochter der L-GmbH (siehe Firmenbuch und www.salzburg.gv.at).
Die L-GmbH berät die Gemeinden und erstellt mit diesen neue Projekte. Zu den Beratungsleistungen zählen dabei auch Aufschließungsplanungen und Kostenkalkulationen durch die S-GmbH. Die L-GmbH führt selbst keine Aufschließungsarbeiten durch. Zu diesem Zweck wurde 1997 die S-GmbH gegründet. In der Regel werden bei den Projekten der L-GmbH die notwendigen Aufschließungsarbeiten von der S-GmbH durchgeführt (siehe Anfragebeantwortung des Landeshauptmann-Stellvertreters Dr. Stöckl betreffend Tätigkeit der L-GmbH vom , Nr. xxx der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages, 3. Session der 15. GP).
Am hat die S-GmbH eine Kostenberechnung für das gegenständliche Baulandsicherungsmodell erstellt. Darin wurden die Aufschließungskosten mit ca. € 55,79/m² brutto ausgewiesen.
Aus dem Protokoll der Gemeindevertretungssitzung der Marktgemeinde A am betreffend Abänderung des Flächenwidmungsplanes und Umwidmung von Teilstücken in Zusammenhang mit dem geplanten Baulandsicherungsmodell geht hervor, dass die Kaufabwicklung über die L-GmbH bereits vorbereitet und eine weitere Besprechung mit der L-GmbH und der S-GmbH stattfinden wird.
Am hat die L-GmbH mit der Gemeinde einen Treuhandvertrag über die Flächen des Baulandsicherungsmodells abgeschlossen.
Am 18./ erwarb die L-GmbH die Grundstücke vom Liegenschaftseigentümer.
Im Juni 2016 begannen die Aufschließungsarbeiten unter der Leitung der S-GmbH.
Am wurde die erste Liegenschaft im Rahmen des Baulandsicherungsmodells verkauft.
Am 10./11./14./ erwarben der Bf und Frau M die vertragsgegenständliche Liegenschaft des Baulandsicherungsmodells.
Ende Juli 2017 wurden die Asphaltierungsarbeiten durch die S-GmbH fertiggestellt (siehe Pkt. VII. des Auftragsvertrages).
Im August 2017 wurden die Aufschließungsarbeiten abgeschlossen.
Am 07.08./ unterzeichneten die Käufer und die S-GmbH den Auftragsvertrag. Leistungsentgelt war ein von der Baufläche abhängiger Pauschalbetrag pro m², der in etwa der von der S-GmbH im Jänner 2015 erstellten Kostenberechnung entsprach.
2. Beweiswürdigung
Die obigen Feststellungen ergeben sich aus dem Firmenbuch, dem Internetauftritt der beteiligten Gesellschaften und den im Akt einliegenden Verträgen sowie Unterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)
Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 unterliegen Kaufverträge, die sich auf inländische Grundstücke beziehen, der Grunderwerbsteuer.
Nach § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung (§ 5), mindestens vom Grundstückswert zu berechnen.
Gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG), BGBl 1987/309, idgF, ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Gegenleistung im Sinne dieser Bestimmung die Summe dessen, was der Käufer an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, dass er das Grundstück erhält; ist jede nur denkbare Leistung, die vom Käufer für den Erwerb des Grundstückes versprochen wird oder, mit anderen Worten, alles, was der Käufer einsetzen muss, um das Grundstück zu erhalten. Gegenleistungen, die der Erwerber nicht für den Erwerb des Grundstückes, sondern für andere Leistungen des Verkäufers erbringt, gehören nicht zur Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer; dies allerdings nur dann, wenn solche Gegenleistungen mit dem Grundstück in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Steht hingegen die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen oder auch "inneren" Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb, dann ist sie als Gegenleistung im Sinne des Gesetzes anzusehen. Bei der Beurteilung dieses Zusammenhanges ist vom wahren wirtschaftlichen Gehalt des Erwerbsvorganges auszugehen (§ 21 Abs. 1 BAO; vgl. , und dort zitierte Judikatur).
Im Erkenntnis vom , 91/16/0031, verweist der VwGH zunächst in diesem Zusammenhalt auf seine langjährige Judikatur zur sog. "Bauherrenproblematik", wonach dann, wenn sich ein Erwerber in ein vorgegebenes Baukonzept einbinden lässt, alle diesbezüglichen Verträge - dh. neben dem Kaufvertrag über einen Grundstücksanteil ebenso der Werkvertrag über die Errichtung eines Gebäudes, dies selbst bei Verschiedenheit zwischen dem Grundstücksveräußerer und dem Bauführer - in den grunderwerbssteuerrechtlichen Erwerbsvorgang einzubeziehen sind. Selbst eine solche Personenverschiedenheit hindere die Einbeziehung der Baukosten in die Bemessungsgrundlage nicht, wenn die Abreden über einen Grundstückskauf und über die Betrauung mit der Errichtung eines Wohnhauses - wirtschaftlich gesehen - eine Einheit bilden und wenn der wohlverstandene, einheitliche Vertragswille auch in diesem Fall auf den Erwerb einer fertigen Wohnung samt ideellem Grundstücksanteil gerichtet war (vgl. , 0212, u.v.a.). Laut VwGH lässt sich diese Rechtsprechung zwanglos auf jene Fälle übertragen, in denen - wie im Gegenstandsfalle - in Streit gezogen ist, ob Aufschließungskosten als Gegenleistung zu qualifizieren sind bzw. ob der wohlverstandene, einheitliche Vertragswille auf den Erwerb einer aufgeschlossenen Parzelle gerichtet war. Selbst wenn der VwGH beispielsweise im Erkenntnis vom , 1879/79, betreffend Aufschließungskosten entschieden habe, dass eine bereits den Verkäufer treffende Leistungsverpflichtung dann, wenn sie vom Käufer übernommen wird und er diesbezüglich den Verkäufer schad- und klaglos hält, als "übernommene sonstige Leistung" iSd § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG zu beurteilen ist, dann sei damit noch nicht gesagt, dass NUR unter dieser Voraussetzung eine derartige Leistung zur Gegenleistung zu rechnen ist. Vielmehr komme es nicht darauf an, ob die Leistung ausschließlich dem Beschwerdeführer (= Käufer) zugute kam oder ob im Zeitpunkt des Erwerbsvorganges für die Verkäufer bereits die Verpflichtung zur Entrichtung dieser Kosten bestand, sondern letztlich darauf, ob der wohlverstandene, einheitliche Vertragswille auf den Erwerb einer aufgeschlossenen Parzelle gerichtet und der Erwerb der Parzelle im unaufgeschlossenen Zustand faktisch gar nicht möglich oder undenkbar war. Dabei sei es lt. VwGH auch ohne jegliche rechtliche Bedeutung, dass etwa die Kaufpreissumme einerseits und die Kosten der Bauaufschließung andererseits an voneinander verschiedene (natürliche oder juristische) Personen zu entrichten waren.
Es werde in diesem Zusammenhalt insbesondere verkannt, dass nicht die Bereicherung des Veräußerers, sondern der Erwerb des Käufers besteuert wird (siehe ).
Nach dem BFH-Urteil vom , II R 39/99, BStBl. 2002 II S. 93, stellen Erschließungskosten nur dann kein Entgelt für den Erwerb eines Grundstückes dar, wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages das noch unerschlossene Grundstück als solches ("unerschlossen") zum Gegenstand der Übereignung gemacht wurde und der Erwerber gleichzeitig gegenüber zB der Gemeinde die Verpflichtung übernimmt, für die zukünftige Erschließung des Grundstückes einen bestimmten Betrag zu bezahlen. Entscheidend für den Umfang der Bemessungsgrundlage ist, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück zum Gegenstand des Erwerbsvorganges gemacht wurde. Sind im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages bereits öffentliche Erschließungsanlagen vorhanden, dann kann Gegenstand des Vertrages nur das "erschlossene" Grundstück sein, selbst wenn lt. Vertragsinhalt das Grundstück als "unerschlossen" erworben werden sollte. Denn es liege nicht in der Willensmacht der Beteiligten, ein Grundstück in einem Zustand zum Gegenstand des Erwerbsvorganges zu machen, den es eben nicht mehr hat und auch nicht mehr erhalten soll. Diesfalls ist neben dem Kaufpreis für das Grundstück auch ein gesondert ausgewiesener Betrag, mit dem die bereits vorhandene Erschließung des Grundstückes abgegolten werden soll, Entgelt und damit Gegenleistung für den Grundstückserwerb (vgl. RV/0462-I/08, und ).
Aus den Verträgen, deren innerer Verschränkung, deren zeitlicher Ablauf, dem Zusammenwirken von Verkäuferin (L-GmbH), Aufschließungsgesellschaft und Marktgemeinde, ist im Gegenstandsfall bereits zu ersehen, dass Vertragsabsicht - auch aus der Intention und dem Zweck der Baulandsicherung und Schaffung von Wohnraum begründbar - die Veräußerung aufgeschlossener Grundstücke war.
Im Rahmen des Baulandsicherungsmodells war nicht nur die Höhe des Grundkaufpreises/m², sondern auch jene der Aufschließungskosten/m² für die Käufer vorgegeben. Auch das Unternehmen, welches für die Aufschließungsarbeiten zuständig war, wurde seitens der L-GmbH vorherbestimmt. Die angefallenen Ankaufs- und Nebenkosten sollten auf die Käufer überwälzt werden (siehe § 9 des Treuhandvertrages zwischen L-GmbH und Gemeinde).
Die Käufer konnten somit weder entscheiden, ob sie die Kaufliegenschaft aufschließen lassen würden, noch stand ihnen die Auswahl des Aufschließungsunternehmens und die Ausverhandlung des Aufschließungspreises offen. Dieser war bereits mit einem Pauschalbetrag vorgegeben.
Überdies waren die Auftraggeber mit Unterfertigung des Auftrages unwiderruflich sofort mit Unterfertigung an diesen gebunden. Dadurch sollte der wirtschaftliche Zweck, nämlich die Aufschließung des Gesamtareals durch einen Gesamtunternehmer gewährleistet werden. Der vertragliche Konnex zwischen Kaufvertrag und Aufschließungsauftrag ist aus dem vereinbarten Vorkaufsrecht zugunsten der Gemeinde sowie dem Wiederkaufsrecht der Verkäuferin mit im Kaufvertrag näher ausgeführtem Regelungsinhalt zu ersehen.
Zudem muss es für die Verwirklichung dieses Baulandsicherungsmodells einen von den Initiatoren vorgegebenen Zeitplan gegeben haben, da mit dem Bau der Aufschließungsarbeiten jedenfalls vor Abschluss des gegenständlichen Kaufvertrages begonnen wurde.
Dass die Aufschließungsarbeiten auch tatsächlich weitaus überwiegend vor Abschluss des beschwerdegegenständlichen Kaufvertrages vom Juli 2017 durchgeführt wurden, belegen die Auskunft der S-GmbH über das Ende der Arbeiten bis 08/2017 und der Auftragsvertrag vom 07.08./, wonach die Fertigstellung der Asphaltierungsarbeiten bis zum erfolgt. Zudem wurde der Vertrag über den Auftrag von der S-GmbH erst nach Fertigstellung der Aufschließungsarbeiten am unterzeichnet.
Nicht nur aus der vertraglichen Gestaltung des Kaufvertrages, welcher in der Realisierung eines gesamten Bebauungsprojektes eingebettet war, geht hervor, dass Vertragsabsicht die Veräußerung eines aufgeschlossenen Grundstückes war, sondern auch in der tatsächlichen Abwicklung dieses Projektes, welches den Käufern der Liegenschaft den Ankauf derselben im unaufgeschlossenen Zustand tatsächlich verunmöglichte, zumal im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses beinahe alle Aufschließungsmaßnahmen abgeschlossen waren.
Der Beschwerdefall ist hinsichtlich seiner rechtlichen Konsequenz unmittelbar mit jenem, welcher der Entscheidung des RV/0462-I/08 zugrunde liegt, vergleichbar. Sind nämlich im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages die Aufschließungsarbeiten fast abgeschlossen, kann nach höchstgerichtlicher Judikatur als Gegenstand des Vertrages ausschließlich das bereits "erschlossene" Grundstück angesehen werden. Aufgrund der unumstößlich faktischen Gegebenheiten ist diesfalls der Erwerb der Liegenschaft im "unaufgeschlossenen" Zustand - selbst wenn dieser im Vertrag so festgeschrieben wäre - nicht mehr möglich bzw. undenkbar, sodass der wohlverstandene, einheitliche Vertragswille überhaupt nur auf den Erwerb der tatsächlich vorhandenen aufgeschlossenen Parzelle gerichtet sein konnte. In diesem Fall sind die Aufschließungskosten als Teil der grunderwerbsteuerpflichtigen Gegenleistung für den Grundstückserwerb zu qualifizieren, wobei - entgegen dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen - dem Umstand, dass der Kaufpreis einerseits und die Aufschließungskosten andererseits an voneinander verschiedene (juristische) Personen zu erbringen waren, keinerlei rechtliche Bedeutung zukommt.
Die Korrektur des Grundstückskaufpreisanteiles laut angefochtenem Bescheid erfolgte in Anlehnung an die laut Kaufvertragspunkt II. erworbenen Grundstücksanteile.
Der angefochtene Bescheid entspricht daher der Rechtslage, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Erkenntnis folgt der oben zitierten herrschenden höchstgerichtlichen Judikatur, welche bei einer Sachverhaltskonstellation wie im gegenständlichen Beschwerdefall die Aufschließungskosten als in unmittelbarem tatsächlichen, vertraglichen und wirtschaftlichen Zusammenhang zum Grundstückserwerb stehend als Bestandteil der Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage ansieht. Aus diesen Gründen war die Revision nicht zuzulassen.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Verweise | RV/0462-I/08 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.6100420.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at