Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.03.2022, RV/4200161/2016

Verfüllung von Geländeunebenheiten mit nicht qualitätsgesichert aufbereiteten Baurestmassen

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/13/0047. Zurückweisung mit Beschluss v. .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch List Rechtsanwalts GmbH, Weimarer Straße 55 Tür 1, 1180 Wien, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , Zlen. 420000/01204/2016 und 420000/01205/2016, betreffend Altlastenbeitrag und Nebenansprüche zu Recht erkannt:

I.

Der Beschwerde gegen den Bescheid des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , Zl. 420000/01204/2016, wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) teilweise Folge gegeben:

Die Altlastenbeitragsschuld für das dritte und vierte Quartal 2010 wird gemäß § 201 Abs.1, Abs.2 Z.3. und Abs.4 BAO iVm § 3 Abs.1 Z.1, § 4 Z.3 und § 6 Abs.1 Z.1 lit.b Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) in folgender Höhe festgesetzt:

3. Quartal 2010: 1.956,00 Tonnen x € 8,00 = € 15.648,00

4. Quartal 2010: 3.129,00 Tonnen x € 8,00 = € 25.032,00

Der Säumniszuschlag und der Verspätungszuschlag werden mit jeweils € 813,60 festgesetzt.

Im Übrigen bleibt der Spruch des Bescheides unverändert.

II.

Der Beschwerde gegen den Bescheid des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , Zl. 420000/01205/2016, wird abgeändert wie folgt:

Die Altlastenbeitragsschuld für das erste, zweite und dritte Quartal 2011 wird gemäß § 201 Abs.1, Abs.2 Z.3. und Abs.4 BAO iVm § 3 Abs.1 Z.1, § 4 Z.3 und § 6 Abs.1 Z.1 lit.b ALSAG in folgender Höhe festgesetzt:

1. Quartal 2011: 5.084,00 Tonnen x € 8,00 = € 40.672,00

2. Quartal 2011: 5.162,00 Tonnen x € 8,00 = € 41.296,00

3. Quartal 2011: 1.252,00 Tonnen x € 8,00 = € 10.016,00

Der Säumniszuschlag und der Verspätungszuschlag werden mit jeweils € 1.839,68 festgesetzt.

Im Übrigen bleibt der Spruch des Bescheides unverändert.

III.

Der Antrag auf Zuerkennung von Verfahrenskosten wird gemäß § 313 BAO abgewiesen.

IV.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Zu Spruchpunkt I.:

Mit Bescheid des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , Zl. 420000/01204/2016, wurden für die Beschwerdeführerin (Bf.) gemäß § 201 Abs.1, Abs.2 Z.3 und Abs.4 BAO iVm § 3 Abs.1 Z.1, § 3 Abs.1 Z.1, § 4 Z.3 und § 6 Abs.1 Z.1 lit.b des ALSAG Altlastenbeiträge für das dritte Quartal 2010 in Höhe von € 63.200,00 und für das vierte Quartal 2010 in Höhe von € 24.192,00 sowie gemäß § 217 Abs.1 und 2 BAO Säumniszuschläge in der Höhe von insgesamt € 1.747,84 und gemäß § 135 BAO Verspätungszuschläge in der Höhe von insgesamt € 1.747,84 festgesetzt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bf. zum Zwecke der Baureifmachung eines Geländes der ***4*** mineralische Baurestmassen auf den Parzellen Nr. ***1***, KG ***2***, gelagert und anschließend dort verfüllt habe, ohne über die erforderlichen Bewilligungen zu verfügen. Im 3 Quartal 2010 seien insgesamt 7.900 Tonnen (5.000 m³ zu je 1,58 Tonnen) und im 4. Quartal 2010 insgesamt 3.023,05 Tonnen auf die verfahrensgegenständlichen Grundstücke verbracht worden (8.000 m³ zu je 1,58 Tonnen abzügl. 547,80 Tonnen (Abbruch ***5***) dividiert durch 4 Quartale).

Gegen diesen Bescheid hat die Bf. mit Eingabe vom 4. Mai 1016 binnen offener Frist Beschwerde erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bf. am einen Feststellungsantrag gemäß § 10 ALSAG an die Bezirkshauptmannschaft ***3*** gestellt habe, dass das Recyclingmaterial kein Abfall und von der Bf. keine beitragspflichtige Tätigkeit ausgeübt worden sei. Im Übrigen sei das gegenständliche Material qualitätsgesichert nach Maßgabe des Bundes-Abfallwirtschaftsplans 2006 aufbereitet worden. Die Bf. habe über die erforderlichen baurechtlichen und naturschutzrechtlichen Bewilligungen verfügt. Die Bf. beantragte gemäß § 274 Abs.1 Z.1 lit.a BAO die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und den Ersatz der Verfahrenskosten durch die Republik Österreich.

Mit Beschwerdevorentscheidung des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , Zl. 420000/02204/2016, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die belangte Behörde die Vorfragen, die im angestrengten Feststellungsverfahren als Hauptfragen zu entscheidenden sein werden, gemäß § 116 Abs.1 BAO selbst beurteilt habe. So sei das Recyclingmaterial als Abfall beurteilt worden, die beitragspflichtige Tätigkeit sei die Zwischenlagerung von Abfällen, ohne über die erforderlichen Bewilligungen zu verfügen.

Mit Eingabe vom stellte die Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).

Zu Spruchpunkt II.:

Mit Bescheid des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , Zl. 420000/01205/2016, wurden für die Bf. gemäß § 201 Abs.1, Abs.2 Z.3 und Abs.4 BAO iVm § 3 Abs.1 Z.1, § 3 Abs.1 Z.1, § 4 Z.3 und § 6 Abs.1 Z.1 lit.b des ALSAG Altlastenbeiträge für das erste bis dritte Quartal 2011 in Höhe von jeweils € 24.192,00 (Gesamtsumme Altlastenbeitrag € 72.576,00) sowie gemäß § 217 Abs.1 und 2 BAO Säumniszuschläge in der Höhe von insgesamt € 1.451,52 und gemäß § 135 BAO Verspätungszuschläge in der Höhe von insgesamt € 1.451,52 festgesetzt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bf. zum Zwecke der Baureifmachung eines Geländes der ***4*** mineralische Baurestmassen auf den Parzellen Nr. ***1***, alle KG ***2***, gelagert und anschließend dort verfüllt habe, ohne über die erforderlichen Bewilligungen zu verfügen. Im ersten bis dritten Quartal 2011 seien jeweils 3.023,05 Tonnen auf die verfahrensgegenständlichen Grundstücke verbracht worden (8.000 m³ zu je 1,58 Tonnen abzügl. 547,80 Tonnen (Abbruch ***5***) dividiert durch 4 Quartale).

Gegen diesen Bescheid hat die Bf. mit Eingabe vom 4. Mai 1016 binnen offener Frist Beschwerde erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bf. am einen Feststellungsantrag gemäß § 10 ALSAG an die Bezirkshauptmannschaft ***3*** gestellt habe, dass das Recyclingmaterial kein Abfall und von der Bf. keine beitragspflichtige Tätigkeit ausgeübt worden sei. Im Übrigen sei das gegenständliche Material qualitätsgesichert nach Maßgabe des Bundes-Abfallwirtschaftsplans 2006 aufbereitet worden. Die Bf. habe über die erforderlichen baurechtlichen und naturschutzrechtlichen Bewilligungen verfügt. Die Bf. beantragte gemäß § 274 Abs.1 Z.1 lit.a BAO die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und den Ersatz der Verfahrenskosten durch die Republik Österreich.

Mit Beschwerdevorentscheidung des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , Zl. 420000/02202/2016, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die belangte Behörde die Vorfragen, die im angestrengten Feststellungsverfahren als Hauptfragen zu entscheidenden sein werden, gemäß § 116 Abs.1 BAO selbst beurteilt habe. So sei das Recyclingmaterial als Abfall beurteilt worden, die beitragspflichtige Tätigkeit sei die Zwischenlagerung von Abfällen, ohne über die erforderlichen Bewilligungen zu verfügen.

Mit Eingabe vom stellte die Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).

Zu Spruchpunkt I. und II.:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft ***3*** vom , Zl. ***6***, wurde festgestellt, dass A) die vom Zollamt Klagenfurt Villach vorgehaltenen Baurestmassen in der Menge von ca. 19.999,20 Tonnen, die durch die Bf. im 3. und 4. Quartal 2010 sowie im 1., 2. und 3. Quartal 2011 auf den Grundstücken Nr. ***1***, alle KG ***2***, angeliefert, aufbereitet und eingebaut wurden, gemäß § 2 Abs.4 ALSAG Abfall sind; B) diese Abfälle gemäß § 3 Abs.1 Z.1 lit.c ALSAG grundsätzlich dem Altlastenbeitrag unterliegen; C) hingegen gemäß § 3 Abs.1a Z.6 ALSAG die mineralischen Baurestmassen, die auf 1. den Grundstücken Nr. ***7***, KG ***2***, eingebaut wurden, von der Beitragspflicht ausgenommen sind, 2. dem Grundstück Nr. ***8***, KG ***2***, eingebaut wurden, nicht von der Beitragspflicht ausgenommen sind.

Gegen diesen Bescheid hat der Bund, vertreten durch das Zollamt Klagenfurt Villach, mit Eingabe vom , Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Kärnten erhoben.

Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom , Zl. ***9***, wurde der Beschwerde insofern Folge gegeben, als der Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert oder ersetzt wird, dass 1. im 3. und 4. Quartal 2010 sowie im 1., 2. und 3. Quartal 2011 die durch die Bf. auf den Grundstücken Nr. ***1***, alle KG ***2***, angelieferten, aufbereiteten und eingebauten mineralischen Baurestmassen "Abfall" im Sinne des § 2 Abs.4 ALSAG iVm § 2 Abs.1 AWG 2002 darstellen und 2. für diese Baurestmassen auf den o.a. Grundstücken aufgrund des nicht rechtskonformen Zwischenlagerns und Behandelns im Sinne des § 3 Abs.1 Z.1 ALSAG der altlastenbeitragspflichtige Tatbestand des Ablagerns sowie mangels des Nachweises der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Beitragspflicht iSd § 3 Abs.1a Z.6 ALSAG der altlastenbeitragspflichtige Tatbestand des Verfüllens von Geländeunebenheiten bzw. der Vornahme von Geländeanpassungen gemäß § 3 Abs.1 Z.1 lit.c ALSAG erfüllt wurde.

Gegen dieses Erkenntnis wurde von der Bf. eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2019/13/0011-8, wurde das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten, soweit es im Spruch den altlastenbeitragspflichtigen Tatbestand des Ablagerns aufgrund nicht rechtskonformen Zwischenlagerns und Behandelns im Sinne des § 3 Abs.1 Z.1 lit.b ALSAG festgestellt hat, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wurde die Revision aber zurückgewiesen.

Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin Einvernahmen des Zeugen DI ***10*** zum Beweis dafür, dass dieser für den Bauherrn als Bauaufsicht tätig war, des Zeugen ***11*** zum Beweis dafür, dass dieser Proben gezogen hat und in Kenntnis ist, dass die ***12*** für die Qualitätssicherung von der Beschwerdeführerin beauftragt war, und des Zeugen DI ***13*** zum Beweis dafür, dass er ein Gutachten erstellt hat, das beweist, dass eingebautes Material rein ist und eine Überbeprobung von 200 % stattgefunden hat.

In der mündlichen Verhandlung am wurde gemäß § 183 Abs.3 BAO von der Aufnahme der beantragten Beweise abgesehen, da die unter Beweis zu stellenden Tatsachen unerheblich sind. ***14*** verwies darauf, dass die Bf. über ein Qualitätssicherungssystem verfügt habe. Seit dem Jahre 2006 habe ein Handbuch zur werkseigenen Produktionskontrolle bestanden, es seien laufend Proben gezogen worden. Zudem seien ca. 250 Tonnen Fremdstoffe nach der Brechung des Materials mittels Magneten und händisch aussortiert und anderweitig entsorgt worden. Über ausdrückliches Ersuchen der Bf. wurden die von ihr stellig gemachten Zeugen DI ***10***, OStR DI ***15*** und DI ***13*** dennoch vernommen. DI ***10*** erklärte dabei, dass er von der ***16*** mit der Prüfung beauftragt wurde, ob die Bf. die vereinbarten Leistungen, die Baureifmachung der Grundstücke und den lagenweisen Einbau von Recyclingbaustoffen, erbringe. Diese seien pflicht- und ordnungsgemäß erfüllt worden. Er bestätigte auch, dass das Material nach der Anlieferung aussortiert wurde. Nach dem Brechen seien neuerlich Kleinmaterial und Reste von Fremdmaterial im Ausmaß von weniger als 1 % aussortiert worden. OStR DI ***17*** gab an, in den Jahren 2010 bis 2012 mittels Checklisten das Qualitätssicherungsystem der Bf. geprüft und für in Ordnung befunden zu haben. In diesem Zusammenhang seien auch die mobilen Brecheranlagen der Bf. überprüft worden. DI ***13*** wurde im Jahre 2019 mit der Erstellung eines Gutachtens, ob die Bf. über ein Qualitätssicherungssystem verfügt habe, beauftragt. Dabei habe er festgestellt, dass weit mehr Probeziehungen durchgeführt wurden, als erforderlich gewesen wären. Zum damaligen Zeitpunkt sei es zulässig gewesen, dass die Probeentnahme durch die Firma selbst erfolgen könne, eine externe Fachperson war dazu nicht erforderlich. Der Behördenvertreter beantragte die Abweisung der Beschwerde, der Vertreter der Bf. beantragte die Stattgabe der Beschwerde und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Zwischen und wurden von der Bf. 5.000 m³ Betonbruch und Ziegelabbruch (7.900 Tonnen), zwischen und 1.500 m³ Baurestmassen (2.370 Tonnen), zwischen und 2.500 m³ Betonabbruch (3.950 Tonnen) und zwischen und 4.000 m³ Baurestmassen (6.320 Tonnen) auf die Grundstücke Nr. ***1***, alle KG ***2***, zum Zwecke der Aufbereitung angeliefert.

Nach der Anlieferung wurde das Material sortiert und im Zeitraum bis mit einer mobilen Brecheranlage der Bf. gebrochen. Danach wurden vom gebrochenen Material nochmals händisch und mittels Magneten Fremdstoffe im Ausmaß von 1 % aussortiert und anderweitig entsorgt.

Der Einbau der zwischen und angelieferten 7.900 Tonnen Baurestmassen erfolgte zwischen dem 3. Quartal 2010 und dem 2. Quartal 2011, somit 1.955,25 Tonnen je Quartal.

Der Einbau der zwischen und angelieferten 2.370 Tonnen Baurestmassen erfolgte im 4. Quartal 2010 und im 1. Quartal 2011, somit 1.173,15 Tonnen je Quartal.

Der Einbau der zwischen und angelieferten 3.950 Tonnen Baurestmassen erfolgte im 1. und 2. Quartal 2011, somit 1.955,25 Tonnen je Quartal.

Der Einbau der zwischen und angelieferten 6.320 Tonnen Baurestmassen erfolgte zwischen dem 2. Quartal 2011 und dem 2. Quartal 2012, somit 1.251,36 Tonnen je Quartal.

Weitere 5.000 m³ Baurestmassen (6.627,56 Tonnen) wurden bei der Durchörterung der Grundstücke vorgefunden. Der Einbau erfolgte im 4. Quartal 2011. Weitere 547,80 Tonnen Baurestmassen stammen von der Baustelle "***5***". Der Einbau erfolgte im 2. Quartal 2012.

Im dritten Quartal 2010 wurden somit 1.955,25 Tonnen, im vierten Quartal 2010 die Menge von 3.128,40 Tonnen, im ersten Quartal 2011 die Menge von 5.083,65 Tonnen, im zweiten Quartal 2011 die Menge von 5.161,86 Tonnen und im dritten Quartal 2011 die Menge von 1.251,36 Tonnen Baurestmassen eingebaut.

Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom , Zl. ***9***, wurde festgestellt, dass 1. die im 3. und 4. Quartal 2010 sowie im 1., 2. und 3. Quartal 2011 durch die Bf. auf den Grundstücken Nr. ***1***, alle KG ***2***, angelieferten, aufbereiteten und eingebauten mineralischen Baurestmassen "Abfall" im Sinne des § 2 Abs.4 ALSAG iVm § 2 Abs.1 AWG 2002 darstellen und 2. für diese Baurestmassen auf den o.a. Grundstücken mangels des Nachweises der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Beitragspflicht iSd § 3 Abs.1a Z.6 ALSAG der altlastenbeitragspflichtige Tatbestand des Verfüllens von Geländeunebenheiten bzw. der Vornahme von Geländeanpassungen gemäß § 3 Abs.1 Z.1 lit.c ALSAG erfüllt wurde.

Beweiswürdigung

Gemäß § 167 Abs.1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.

Gemäß § 167 Abs.2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ; , 2006/15/0301; , 2011/16/0011; , 2009/17/0132).

Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt der vom Zollamt Klagenfurt Villach vorgelegten Verwaltungsakten, insbesondere auf das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom13. November 2018, Zl. ***9***, und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. Ra 2019/13/0011-8.

Die in den jeweiligen Quartalen angelieferten Mengen an Baurestmassen, das durchschnittliche Umrechnungsgewicht von 1,58 Tonnen pro m³ und die Tatsache, dass die Dauer der Lagerung keinesfalls länger als ein Jahr betrug, sind unbestritten und ergeben sich aus den Feststellungen des Amtssachverständigen DI ***18*** im Feststellungsverfahren gemäß § 10 ALSAG (Gutachterliche Stellungnahmen vom und ) und den Eingaben der Bf. vom und .

Gemäß § 184 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag und ferner, wenn der Abgabepflichtige Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt.

Die Aufteilung der Mengen auf die einzelnen Beitragszeiträume erfolgt mangels Aufzeichnungen bzw. Angaben gleichmäßig auf die in Frage kommenden Quartale. Dass von den bereits gebrochenen Baurestmassen neuerlich 1 % Fremdmaterial händisch und mittels Magneten aussortiert wurde, erachtet das Bundesfinanzgericht aufgrund der glaubwürdigen Angaben des ***14*** in der mündlichen Verhandlung vom , in der er eine Menge von ca. 250 Tonnen aussortiertes Fremdmaterial angab, und den Angaben des Zeugen DI ***10***, der die Menge mit weniger als 1 % bezifferte, als erwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. und II.

Gemäß § 201 Abs.1 BAO kann nach Maßgabe des Absatz 2 und muss nach Maßgabe des Absatz 3, wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen anordnen oder gestatten, auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Gemäß Abs.2 Z.3 leg.cit. kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbst berechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 Abs. 4 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vom Amts wegen vorliegen würden.

Gemäß § 3 Abs.1 ALSAG unterliegen dem Altlastenbeitrag

1. das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh unter Tage) der Erde; als Ablagern im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch

a) das Einbringen von Abfällen in einen Deponiekörper, auch wenn damit deponiebautechnische oder andere Zwecke verbunden sind (zB Fahrstraßen, Rand- oder Stützwälle, Zwischen- oder Oberflächenabdeckungen einschließlich Methanoxidationsschichten und Rekultivierungsschichten),

b) das mehr als einjährige Lagern von Abfällen zur Beseitigung oder das mehr als dreijährige Lagern von Abfällen zur Verwertung

c) das Verfüllen von Geländeunebenheiten (ua. das Verfüllen von Baugruben oder Künetten) oder das Vornehmen von Geländeanpassungen (ua. die Errichtung von Dämmen oder Unterbauten von Straßen, Gleisanlagen oder Fundamenten) oder der Bergversatz mit Abfällen.

Gemäß § 3 Abs.1a Z.6 ALSaG sind von der Beitragspflicht mineralische Baurestmassen, wie Asphaltgranulat, Betongranulat, Asphalt/Beton-Mischgranulat, Granulat aus natürlichem Gestein, Mischgranulat aus Beton oder Asphalt oder natürlichen Gestein oder gebrochene mineralische Hochbaurestmassen, sofern durch ein Qualitätssicherungssystem gewährleistet wird, dass eine gleichbleibende Qualität gegeben ist, und diese Abfälle im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme im unbedingt erforderlichen Ausmaß zulässigerweise für eine Tätigkeit gemäß Abs.1 Z.1 lit.c verwendet werden, ausgenommen.

Gemäß § 10 Abs.1 ALSAG hat die Behörde (§ 21) in begründeten Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden Beitragsschuldners oder des Bundes, vertreten durch das Zollamt, durch Bescheid festzustellen,

1. ob eine Sache Abfall ist,

2. ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt,

3. ob eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt,

4. welche Abfallkategorie gemäß § 6 Abs.1 vorliegt,

5. ob die Voraussetzungen vorliegen, die Zuschläge gemäß § 6 Abs.2 oder 3 nicht anzuwenden,

6. welche Deponie(unter)klasse gemäß § 6 Abs.4 vorliegt.

Das im § 10 ALSAG geregelte, im vorliegenden Fall über Initiative der Bf. durchgeführte und durch das Erkenntnis des Zl. Ra 2019/13/0011-8, rechtskräftig und unanfechtbar gewordene Ergebnis des Feststellungsverfahrens im Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom , Zl. ***9***, hatte den Zweck über die Vorfrage der Altlastenbeitragspflicht der strittigen Materialien bescheidmäßig abzusprechen und sie damit in verbindlicher Weise für die Beitragsfestsetzung zu klären. Es sollte damit zur Rechtssicherheit und Verfahrensbeschleunigung beitragen. Das Verfahren nach § 10 ALSAG diente der rechtswirksamen Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen der Altlastenbeitragspflicht (; , 2009/07/0103; /2006/07/0150; 97/07/0174). Demnach handelt es sich bei eingebauten bzw. dorthin verbrachten Baurestmassen um beitragspflichtigen Abfall und hat die Bf. durch den Einbau des aufbereiteten Materials eine beitragspflichtige Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs.1 Z.1 lit.c ALSAG gesetzt. Die Voraussetzungen für die Ausnahme von der Beitragspflicht iSd § 3 Abs.1a Z.6 ALSAG liegen nicht vor. Auf das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerdeschrift und in der mündlichen Verhandlung vom war zufolge der eingetretenen Bindungswirkung nicht mehr einzugehen.

Gegenstand des Abgabenverfahrens ist die erstmalige Festsetzung von Altlastenbeiträgen gemäß § 201 BAO für die Beitragszeiträume 3/2010, 4/2010, 1/2011, 2/2011 und 3/2011.

Gemäß § 201 Abs.2 Z. 3 BAO kann die Abgabenfestsetzung erfolgen, wenn von der Bf. kein selbst berechneter Betrag bekannt gegeben wurde. Die Festsetzung der Selbstberechnungsabgabe nach § 201 BAO erfolgte in Abwägung von Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände. Unter dem Begriff Zweckmäßigkeit ist ua. das öffentliche Interesse an der Einbringung der Abgaben und der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu verstehen. Billigkeitsgründe wurden von der Bf. nicht geltend gemacht.

Gemäß § 6 Abs.1 Z.1 beträgt der Altlastenbeitrag je angefangener Tonne € 8,00.

Zu den Nebenansprüchen ist zu bemerken:

Gemäß § 217 Abs.1 BAO sind, wenn eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß Abs.2 leg. cit. beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Der von der belangten Behörde verhängte Säumniszuschlag in Höhe von 2 % entspricht somit den gesetzlichen Bestimmungen. Die verminderten bzw. erhöhten Festsetzungen in Spruchpunkt I. bzw. Spruchpunkt II. ergeben sich aus der geänderten Höhe des festgesetzten Altlastenbeitrages.

Gemäß § 135 BAO kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag von bis zu 10 % der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist.

Die Vorschreibung liegt, sofern die Verspätung nicht entschuldbar ist, dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde. Dabei ist das Ausmaß der Fristüberschreitung, die Höhe des erzielten finanziellen Vorteils, das bisherige steuerliche Verhalten, der Grad des Verschuldens und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bf. zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände kommt das Bundesfinanzgericht zu dem Schluss, dass die Vorschreibung des Verspätungszuschlages dem Grunde nach und in einer Höhe von 2 % angemessen war. Die verminderten bzw. erhöhten Festsetzungen in Spruchpunkt I. bzw. Spruchpunkt II. ergeben sich aus der geänderten Höhe des festgesetzten Altlastenbeitrages.

Zu Spruchpunkt III. (Verfahrenskosten)

Gemäß § 313 BAO haben die Parteien die ihnen im Abgabenverfahren und im Beschwerdeverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten.

Zu Spruchpunkt IV. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt und sich die Entscheidung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützt, ist eine Revision nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 3 Abs. 1 Z 1 lit. c ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
§ 3 Abs. 1a Z 6 ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
§ 10 Abs. 1 ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
§ 201 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.4200161.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at