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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 15.03.2022, RV/7102225/2021

Verdienstentgangsentschädigung - Verjährung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden MMag. Gerald Erwin Ehgartner, die Beisitzerin Mag. Judith Herdin-Winter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Franz Josef Gross und Mag. Gertraud Lunzer in der Beschwerdesache **BF**, vertreten durch BKS Steuerberatung GmbH & Co KG, Sterngasse 13, 3390 Melk, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibs (nunmehr zuständig: Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2013 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Anwesenheit der Schriftführerin Mag. Larissa Kusternik zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge geleistet. Der Einkommensteuerbescheid 2013 wird gemäß § 279 BAO aufgehoben.

II. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer erhielt im beschwerdegegenständlichen Jahr (sowie nach wie vor) auf Grund eines Kunstfehlers im Rahmen einer medizinischen Operation eine Invaliditätspension und eine jährliche Verdienstentgangsentschädigung. Letztere basiert auf einem zwischen dem Beschwerdeführer und dem Land Niederösterreich abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich vom .

Mit Einkommensteuerbescheid vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2013 mit EUR 24.712,00 festgesetzt. In der Bescheidbegründung wurde von der belangten Behörde im Wesentlichen wie folgt ausgeführt:

Die Einkommensteuer für das Jahr 2013 ergebe sich aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten gerichtlichen Vergleich vom , sowie aus einem Auskunftsersuchen gegenüber der Versicherung (UNIQA). Demnach sei es bereits im Jahr 2013 zur ersten Auszahlung der Verdienstentgangsentschädigung gekommen, welche der Besteuerung zu unterziehen sei. Eine Verjährung des Abgabenanspruchs liege nicht vor, da sowohl im Jahr 2018 als auch im Jahr 2019 Verlängerungshandlungen in Form von Vorhalten gesetzt worden seien und darüber hinaus eine vorsätzliche Abgabenhinterziehung vorliege, womit die Verjährungsfrist ohnehin zehn Jahre betragen würde.

Mit Beschwerde vom beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheids. Er brachte dazu vor, dass im Einkommensteuerbescheid ein Betrag von EUR 57.028,00 ("Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug" = Verdienstentgangsentschädigung) zu Unrecht der Einkommensteuer unterzogen und mit dem Tarif besteuert worden sei. Die fünfjährige Verjährungsfrist sei bereits am abgelaufen, der Einkommensteuerbescheid 2013 aber erst am erlassen worden. Darüber hinaus sei unter Anwendung der Steuerbegünstigung des § 67 Abs 8 lit a EStG ein Fünftel des Nettoverdienstentgangs (ein Fünftel von EUR 65.020,00: EUR 13.004,00) steuerfrei. Die belangte Behörde hätte daher (wenn überhaupt) EUR 52.016,00 (und nicht EUR 57.028,00) der Einkommensteuer unterziehen müssen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab die belangte Behörde der Beschwerde teilweise statt. Für die Berechnung der Einkommensteuer sei im Rahmen der Verdienstentgangsentschädigung tatsächlich nur ein Betrag von EUR 52.016,00 (statt EUR 57.028,00) anzusetzen gewesen. Die belangte Behörde verneinte hingegen das Eintreten der Verjährung und verwies auf die Ausführungen im Einkommensteuerbescheid 2013 und auf die Beschwerdevorentscheidungen betreffend die Jahre 2015 bis 2017.

Mit Vorlageantrag vom beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, die ersatzlose Aufhebung des Einkommensteuerbescheides, sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den Senat.

Dazu führte er weiter aus, dass die fünfjährige Verjährung bereits abgelaufen sei, da die belangte Behörde keine gültigen Verlängerungshandlungen gesetzt habe. Bezüglich der zehnjährigen Verjährung habe die belangte Behörde betreffend die vorsätzliche Abgabenverkürzung das Tatbestandsmerkmal des Vorsatzes nicht ausreichend nachgewiesen. Außerdem bestehe weder eine Veranlagungs- noch eine Steuererklärungspflicht.

Mit Vorlagebericht vom beantragte die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und den Einkommensteuerbescheid im Sinn der ergangenen Beschwerdevorentscheidung vom abzuändern.

In Beantwortung eines vom Bundesfinanzgericht übermittelten Vorhalts führte die belangte Behörde mit Stellungnahme vom aus, dass bis dato kein Finanzstrafverfahren anhängig sei. Der Beschwerdeführer habe für das Jahr 2013 keine Abgabenerklärung eingereicht und er sei seit August 2018 steuerlich vertreten. Die belangte Behörde habe von der Nicht-Erklärung der Verdienstentgangsentschädigung im Rahmen eines Ergänzungsverfahrens und Auskunftsersuchen durch die Versicherung des Zahlungsverpflichteten erfahren. Dabei sei festgestellt worden, dass sämtliche im Vergleich vom vereinbarten Zahlungen am an dessen Rechtsvertreter geleistet wurden. Die belangte Behörde verwies weiter darauf, dass die fünfjährige Verjährungsfrist auf Grund der gesetzten Verlängerungshandlungen bis zur Bescheiderlassung 2020 noch nicht abgelaufen sei.

Mit Schreiben vom äußerte sich der Beschwerdeführer zum Vorhalt des Bundesfinanzgerichts und führte aus, dass keine Abgabenerklärung für das Jahr 2013 eingereicht worden sei, da ihm die Problematik nicht bewusst gewesen wäre. Der Verdienstentgang für die Jahre 2012 bis 2014 sei im Jahr 2015 geflossen und im gleichen Jahr erklärt worden. Die Zahlungen seien ohne Titel auf ein Treuhandkonto des Rechtsanwalts überwiesen und von dort an ihn weitergeleitet worden. Der Beschwerdeführer sei seit August 2018 steuerlich vertreten.

Am fand am Bundesfinanzgericht der mündliche Verhandlungstermin statt. Mit den Vertretern des Beschwerdeführers und der belangten Behörde wurden Sach- und Rechtsfragen erörtert.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

1. Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Der Beschwerdeführer erhielt im beschwerdegegenständlichen Jahr (sowie nach wie vor) auf Grund eines Kunstfehlers im Rahmen einer medizinischen Operation eine Invaliditätspension und eine Verdienstentgangsentschädigung. Letztere basiert auf einem zwischen dem Beschwerdeführer und dem Land Niederösterreich abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich vom . Die Verdienstentgangsentschädigung wird jährlich (bzw alle zwei Jahre) vom Rechtsanwalt des Beschwerdeführers neu berechnet und eingefordert.

Im gegenständlichen gerichtlichen Vergleich findet sich in verfahrensrelevanter Hinsicht Folgendes festgeschrieben:

"Die beklagte Partei verpflichtet sich, dem Kläger binnen 14 Tagen ab Rechtswirksamkeit dieses Vergleiches EUR 98.000,- Kapital (gewidmet: EUR 40.000,- restliches Schmerzengeld, EUR 5.000,- Verunstaltungsentschädigung und EUR 53.000,- Nettoverdienstentgang, einschließlich darauf entfallende Einkommenssteuer), zusätzlich eine Zinsenpauschale von EUR 11.000,- sowie 4 % Zinsen aus EUR 98.000,- seit jährlich zu zahlen."

Im beschwerdegegenständlichen Jahr wurde von der UNIQA Versicherung (für das Land Niederösterreich) ein Betrag in Höhe von EUR 65.020,00 auf das Treuhandkonto des Rechtsanwalts des Beschwerdeführers überwiesen.

Der Einkommensteuerbescheid betreffend Einkommensteuer 2013 wurde am erlassen. Von der belangten Behörde wurden in den Jahren 2018 bis 2020 mehrere Vorhalte an den Beschwerdeführer übermittelt um den Sachverhalt zu klären. Diese Vorhalte betrafen ausschließlich die Veranlagungsjahre 2015 bis 2017. Vom Zufluss der Verdienstentgangsentschädigung für das Jahr 2013 erlangte die belangte Behörde erst zufällig im Rahmen der Vorhaltsbeantwortung Kenntnis.

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus dem vorliegenden gerichtlichen Vergleich vom und den Vorbringen der Parteien.

Die Höhe der Verdienstentgangsentschädigung für das Jahr 2013 ergibt sich aus der Beantwortung des Auskunftsersuchens der belangten Behörde durch die Versicherung (UNIQA) vom . Diese übermittelte eine genaue Aufstellung der getätigten Zahlungen an den Rechtsanwalt des Beschwerdeführers. Die Höhe des von der belangten Behörde angenommenen Betrages wurde darüber hinaus vom Beschwerdeführer nicht beanstandet.

Die Feststellung, wonach die Vorhalte aus den Jahren 2018 und 2019 ausschließlich die Einkommensteuer 2015 bis 2017 betreffen und die belangte Behörde erst durch deren Beantwortung von der Verdienstentgangsentschädigung für das Jahr 2013 erfahren hat, ergeben sich insbesondere aus dem Anhang des Antwortschreibens vom und dem Antwortschreiben der Versicherung vom , sowie der Vorhaltsbeantwortung der belangten Behörde vom .

3. Rechtliche Beurteilung

3.1Zu Spruchpunkt I. (Beschwerdestattgabe)

3.1.1 Einkommensteuerpflicht

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Dazu zählen auch Pensionszusagen, wenn sie ganz oder teilweise anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns gewährt werden (vgl § 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG). Zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs 3 EStG gehören auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen einschließlich eines Krankengeldes und vergleichbarer Leistungen gewährt werden (vgl § 32 Abs 1 Z 1 lit a EStG).

Eine Versicherungsleistung, die aus Anlass eines ärztlichen Fehlers an den daraufhin erwerbsunfähigen Steuerpflichtigen in Höhe der Differenz zwischen der Invaliditätspension und dem ohne den Fehler im Erwerbsleben erzielbaren Einkommen gezahlt wird, stellt eine Entschädigung iSd § 32 Abs 1 Z 1 lit a EStG dar und ist damit, im Fall des Ersatzes nichtselbständiger Bezüge, gemäß § 25 iVm § 32 Abs 1 Z 1 lit a EStG steuerpflichtig (vgl Knechtl in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG [2021] § 32 Anm 16; Kanduth-Kristen in Jakom, EStG14 [2021] § 32 Rz 15; ).

Wie oben festgestellt, erhielt der Beschwerdeführer auf Grund eines Kunstfehlers im Rahmen einer medizinischen Operation eine Invaliditätspension und eine jährliche Verdienstentgangsentschädigung. Die Invaliditätspension wird anstelle des bisherigen Arbeitslohns gewährt und stellt Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit dar. Die jährliche Verdienstentgangsentschädigung wird als Ersatz für entgehende Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit geleistet. Die obigen Voraussetzungen liegen hier vor, womit die Steuerpflicht der Verdienstentgangsentschädigungen zu bejahen ist.

Der Beschwerdeführer brachte vor, dass es sich bei der Lohnsteuer um eine Abzugssteuer handle, welche vom "Auszahler" abzuführen sei und somit nicht vom Beschwerdeführer selbst. Dazu ist auszuführen, dass bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit (nach § 25 EStG) die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben wird (Lohnsteuer). Dies ist grundsätzlich vom Arbeitgeber (nicht vom "Auszahler"), wenn dieser im Inland eine Betriebsstätte hat, durchzuführen. Nach § 47 Abs 1 EStG ist Arbeitgeber, wer Arbeitslohn im Sinne des § 25 auszahlt. Darunter ist zu verstehen, dass der Arbeitgeber derjenige ist, zu dessen Lasten der Arbeitslohn gezahlt wird und in dessen Bereich der Arbeitnehmer organisatorisch und auf Grund von Weisungsgebundenheit eingegliedert ist. Werden die Lohnzahlungen von einem Dritten übernommen, ist dieser nur dann als Arbeitgeber anzusehen, wenn dem Dritten auch die Arbeitskraft geschuldet wird (vgl Kirchmayr/Denk in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a [2021] § 47 Rz 6).

Als Arbeitgeber sind auch die Träger der gesetzlichen Sozialversicherungen anzusehen, soweit sie Pensionen gemäß § 25 Abs 1 Z 3 EStG auszahlen, selbst dann, wenn die Pension nicht mit einem früheren Dienstverhältnis im Zusammenhang steht (Braunsteiner in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG [2021] § 47 Anm 9).

Gegenständlich wird die Verdienstentgangsentschädigung von der Versicherung (UNIQA) des Landes Niederösterreich ausbezahlt. Dieser schuldet der Beschwerdeführer weder seine Arbeitskraft, noch ist er in deren Betrieb organisatorisch eingebunden oder ihr gegenüber weisungsgebunden. Es handelt sich bei dieser auch um keine gesetzliche Sozialversicherung. Die Auszahlung der Verdienstentgangsentschädigung erfolgte somit durch einen Dritten.

Von dritter Seite bezogene Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unterliegen nicht dem Lohnsteuerabzug, sondern sind im Wege der Veranlagung zu erfassen (vgl Braunsteiner in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG [2021] § 47 Anm 9). Dies ergibt sich aus § 41 Abs 1 Z 1 EStG. Demnach ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind und er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag EUR 730,00 übersteigt. Zu den "anderen Einkünften" gehören Einkünfte aus den übrigen Einkunftsarten sowie Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, die dem Grunde nach nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegen (Peyerl in Jakom, EStG14 [2021] § 41 Rz 5).

Gemäß § 67 Abs 8 lit a EStG (in der gemäß § 124b Z 220 EStG für das Jahr 2013 anwendbaren Fassung BGBl I 22/2012) sind auf gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichen beruhende Vergleichssummen gemäß Abs 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Fünftel steuerfrei zu belassen.

3.1.2 Verjährung

a.) Fünfjährige Verjährungsfrist nach § 207 Abs 2 S 1 BAO

Nach § 207 Abs 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist grundsätzlich fünf Jahre. Diese beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist (vgl § 208 Abs 1 lit a BAO). Werden innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist (§ 209 Abs 1 BAO).

Der Verlängerungstatbestand wurde mit dem Abgabenänderungsgesetz 2002 BGBl I 2004/180 eingeführt und löste die vormalige Unterbrechungswirkung ab. Die verlängerungsrelevanten Amtshandlungen sind jedoch mit denselben Worten umschrieben wie bisher die Unterbrechungshandlungen. Daher ist die Judikatur (und Literatur) zu unterbrechenden Amtshandlungen (iSd § 209 Abs 1 aF) nunmehr gleichermaßen für die zur Verlängerung der Verjährungsfrist relevanten Amtshandlungen heranziehbar (Ritz/Koran, BAO7 [2021] § 209 Rz 1). Die zitierten Judikate beziehen sich teilweise noch auf die Unterbrechungswirkung gelten aber gleichermaßen für die Verlängerungswirkung.

Die Verlängerungswirkung setzt die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches voraus (; , 2002/16/0027; , 2006/15/0077). Damit die von der Abgabenbehörde nach außen erkennbaren Amtshandlungen zur Verfolgung eines bestimmten Abgabenanspruchs entsprechende Wirkung entfalten, muss bei zeitraumbezogenen Abgaben neben der Individualisierung der Person des Abgabenschuldners auch auf einen bestimmten Abgabenzeitraum Bezug genommen werden (vgl ).

An den Abgabepflichtigen gerichtete Vorhalte, Anfragen oder Aufforderungen zur Vorlage von Unterlagen unterbrechen (verlängern) die Verjährungsfrist, wobei derartigen Schreiben der Abgabenbehörde nur hinsichtlich jener Abgaben Unterbrechungswirkung (nunmehr Verlängerungswirkung) zukommt, auf die das Schreiben Bezug nimmt (vgl ; , 2011/15/0111).

Gegenständlich wurde der Einkommensteuerbescheid, wie oben festgestellt, erst am erlassen. Die fünfjährige Verjährung ist somit grundsätzlich am abgelaufen. Wenn die belangte Behörde vorbringt, dass mit den Vorhalten der Jahre 2018 und 2019 auch auf das Jahr 2013 Bezug genommen wurde bzw der Beschwerdeführer auch Auskünfte in Bezug auf das Jahr 2013 gegeben hat, liegt das ausschließlich daran, dass die ausbezahlten Verdienstentgangsentschädigungen auf dem gerichtlichen Vergleich vom beruhen. Das Bundesfinanzgericht geht vielmehr davon aus, dass die belangte Behörde erst im Rahmen der Vorhalte von der erhaltenen Verdienstentgangsentschädigung im Jahr 2013 erfahren hat (siehe auch Beweiswürdigung).

Die belangte Behörde hat folglich für die Einkommensteuer 2013 keine gültigen Verlängerungshandlungen gesetzt, womit die fünfjährige Verjährungsfirst nach § 207 Abs 2 BAO bereits abgelaufen ist.

b.) Zehnjährige Verjährungsfrist nach § 207 Abs 2 S 2 BAO

Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre (§ 207 Abs 2 BAO). Die Verjährung beginnt in den Fällen des § 207 Abs 2 BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist (vgl § 208 Abs 1 lit a BAO).

Damit die zehnjährige Verjährungsfrist anzuwenden ist, bedarf es keiner Einleitung eines Finanzstrafverfahrens und auch keines rechtskräftigen Schuldspruches im Finanzstrafverfahren (vgl ). Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus (vgl ). Die belangte Behörde muss die maßgebenden Hinterziehungskriterien der Straftatbestände nachweisen. Die Begründung muss die Ermittlungsergebnisse sowie die Überlegungen zur Beweiswürdigung und zur rechtlichen Beurteilung, die die Annahme der Hinterziehung rechtfertigen, beinhalten (vgl Ritz/Koran, BAO7 [2021] § 207 Rz 15).

Der Tatbestand der hinterzogenen Abgabe iSd § 207 Abs 2 BAO ist grundsätzlich nach § 33 FinStrG zu beurteilen (vgl ). Eine Abgabenhinterziehung liegt somit nicht schon bei einer (objektiven) Abgabenverkürzung vor, sondern erfordert Vorsatz. Dabei genügt auch bedingter Vorsatz nach § 8 Abs 1 FinStrG. Demnach handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Dazu genügt es, dass "der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet" (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 [2018] § 207 Rz 17a; ).

Nach § 33 Abs 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Wie oben festgestellt, hat der Beschwerdeführer die im Jahr 2013 erhaltene Verdienstentgangsentschädigung nicht erklärt. Dazu wäre er aber nach § 42 Abs 1 Z 3 iVm § 41 Abs 1 Z 1 EStG (siehe Punkt 3.1.1.) verpflichtet gewesen. Er hat somit die abgabenrechtliche Offenlegungspflicht verletzt. Dadurch wurde vom Beschwerdeführer eine Abgabenverkürzung bewirkt. Der objektive Tatbestand der Abgabenhinterziehung ist erfüllt.

Bezüglich der subjektiven Tatseite geht das Bundesfinanzgericht jedoch davon aus, dass der Beschwerdeführer zunächst nicht in der Lage war, sich um seine steuerlichen Angelegenheiten zu kümmern und sich auch in den Folgejahren seines Fehlers nicht bewusst war. Es liegt daher gegenständlich ein Fall der groben Fahrlässigkeit vor. Grob fahrlässig handelt, wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war (§ 8 Abs 3 FinStrG). Das Verhalten des Beschwerdeführers war ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig, jedoch nicht (bedingt) vorsätzlich.

Aus den dargelegten Gründen ist nicht von einer hinterzogenen Abgabe im Sinn des § 207 Abs 2 BAO auszugehen, weshalb die vorgesehene zehnjährige Verjährungsfrist nicht zur Anwendung gelangt. Die Einkommensteuer 2013 ist daher am verjährt. Der Bescheid der belangten Behörde wurde erst am und damit zu spät erlassen.

Der Beschwerde war daher vollinhaltlich stattzugeben und der von Amts wegen erlassene Bescheid (es wurde keine Abgabenerklärung eingebracht) war somit (ersatzlos) aufzuheben.

3.2 Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

In der Beschwerde werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Wien, am

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