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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.02.2022, RV/5100882/2020

Grunderwerbsteuerliche Konsequenzen der freihändigen Veräußerung einer Liegenschaft durch den Masseverwalter (Durchführung einer sogenannten Kanzleiversteigerung)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag.Dr. Thomas Leitner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Weinhäupl Edtbauer Tremel Anwälte GmbH, Roßmarkt 2, 4910 Ried im Innkreis, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Festsetzung Grunderwerbsteuer für Kaufvertrag vom , Zuschlagserteilung vom und Beschluss vom mit ***AB*** GmbH in Liqu., ***ErfNr1***, zu Recht:

  • Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

  • Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Am wurde die Grunderwerbsteuer für den am zwischen Herrn Mag. ***BC*** als Insolvenzverwalter im Konkurs über das Vermögen der ***AB*** GmbH als verkaufenden Partei einerseits und der ***X2*** GmbH als kaufende Partei andererseits abgeschlossenen Kaufvertrag betreffend die Liegenschaft ***EZ1***, ***KG1*** selbstberechnet (35.175,00 Euro).

Mit Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (im Folgenden bezeichnet als belangte Behörde) vom wurde die Grunderwerbsteuer für den vorgenannten Kaufvertrag mit 0,00 Euro festgesetzt. Dies mit der Begründung, die erfolgte Selbsberechnung erweise sich als unrichtig, da ein Rechtsvorgang zwischen dem Insolvenzverwalter der ***AB*** GmbH und der ***X2*** GmbH nicht stattgefunden habe.

Mit am selben Tag an die Beschwerdeführerin ergangenem Bescheid der belangten Behörde wurde für den Erwerb der Liegenschaft ***EZ1***, ***KG1*** Grunderwerbsteuer im Betrag von 35.175,00 Euro festgesetzt, da die Beschwerdeführerin im Zuge einer am durchgeführten Versteigerung die Liegenschaft ***EZ1***, ***KG1*** zu einem Meistbot von 1.005.000,00 Euro erhalten habe. Die Zuschlagserteilung sei mit Beschluss vom genehmigt worden. Dieser Rechtsvorgang sei nach § 1 Abs 2 GrEStG steuerpflichtig.

Mit weiterem an die ***X2*** GmbH ergangenem Bescheid der belangten Behörde vom wurde nochmals Grunderwerbsteuer im Betrag von 35.175,00 Euro festgesetzt. Begründend wurde dazu wie folgt ausgeführt: Die Beschwerdeführerin habe im Zuge der Versteigerung vom für die Liegenschaft ***EZ1***, ***KG1*** den Zuschlag erhalten. Mit Beschluss vom sei die Genehmigung erfolgt. Die Beschwerdeführerin habe mit Kaufvertrag vom die ***X2*** GmbH an ihrer Stelle namhaft gemacht. Die Abtretung des Übereignungsanspruches der Beschwerdeführerin an die ***X2*** GmbH sei ein Rechtsvorgang nach § 1 Abs 1 Z 3 GrEStG.

Mit gesonderten, weitgehend inhaltsgleichen Schreiben des Parteienvertreters vom wurde gegen die oa Bescheide rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht und deren ersatzlose Aufhebung beantragt. Begründend wurde dazu zusammengefasst wie folgt ausgeführt:

Die Verwertung einer Liegenschaft im Insolvenzverfahren sei ausschließlich durch den Insolvenzverwalter möglich, wobei zur Wirksamkeit dieses Veräußerungsvorganges die Genehmigung des Gläubigerausschusses und des Insolvenzgerichtes notwendig sei. Ohne diese Genehmigungen sei das Rechtsgeschäft absolut nichtig. In der Praxis sei eine der Verwertungsarten die Ermittlung eines Käufers durch eine sogenannte "Kanzleiversteigerung". Dies sei allerdings kein Versteigerungsverfahren, in dem Eigentum erworben wird, sondern ein Verfahren, in dem ein künftiger Vertragspartner ermittelt wird. Die am Landesgericht ***Ort1*** als Insolvenzgericht geübte Praxis sei es, dass der Insolvenzverwalter vorerst ohne einen förmlichen Beschluss des Insolvenzgerichtes einen Bestbieter ermittelt. Nach Ermittlung des Bestbieters lasse sich der Insolvenzverwalter diese Verwertungsart im gesamten, sohin dass er freihändig verwertet, bestimmte Bedingungen dazu vorsieht und einen Bestbieter ermittelt hat, insolvenzrechtlich genehmigen. In weiterer Folge erstelle der Insolvenzverwalter einen Kaufvertrag mit dem Ersteher oder einen von diesem namhaft gemachten verbundenen Unternehmen. Dieser Kaufvertrag werde vom Insolvenzgericht genehmigt, könne von den Parteien des Insolvenzverfahrens bekämpft werden und sei für die Eintragung des Eigentumserwerbes notwendig. Dass durch den "Zuschlag" kein Erwerb des Eigentums erfolge und kein Anwartschaftsrecht, das berechtigt einen Käufer namhaft zu machen, verschaffe, sei den Bietern jederzeit klar gewesen und sei offengelegt worden, dass nach dem Zuschlag erst ein Kaufvertrag zu errichten sei. Dies gehe sowohl aus den Ausschreibe- und Verkaufsbedingungen des Insolvenzverwalters als auch aus den zusätzlich ausgegebenen und von den Bietern schriftlich akzeptierten Versteigerungsbedingungen zur Kanzleiversteigerung hervor. Die Auffassung der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe mit Kaufvertrag vom die ***X2*** GmbH an ihrer Stelle namhaft gemacht, bzw habe das Recht gehabt, jemanden namhaft zu machen, sei nicht nachvollziehbar. Der Kaufvertrag vom sei zwischen Mag. ***BC*** als Insolvenzverwalter der ***AB*** GmbH und der ***X2*** GmbH geschlossen worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Beschwerdeführerin überhaupt nicht anwesend gewesen; diese sei auch nicht Partei des Kaufvertrages vom gewesen, sodass sie mit diesem auch keine Rechtshandlung gesetzt haben könne.

Mit Beschwerdevorentscheidungen der belangten Behörde vom (betreffend die Beschwerden der ***X2*** GmbH) bzw mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom (betreffend die Beschwerde der Beschwerdeführerin) wurden die Beschwerden allesamt als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde jeweils im Wesentlichen wie folgt aus: Aufgrund der freihändigen Verwertung sei die Zuschlagserteilung an die Beschwerdeführerin erfolgt. Die Ersteherin habe dabei mit Zuschlag den Titel auf Eigentumsübertragung erlangt. Die Beschwerdeführerin habe rechtlich bereits durch diese Zuschlagserteilung das Recht erworben, über die Liegenschaft wie ein Eigentümer zu verfügen. Grunderwerbsteuerlich sei dadurch die Steuerpflicht gemäß § 1 Abs 2 GrEStG ausgelöst worden. Wesentliche Voraussetzung für die Erfüllung dieses Steuertatbestandes sei eine Bindung des Eigentümers dergestalt, dass der Ermächtigte die Möglichkeit hat, unabhängig von den Eigentumsverhältnissen die Verfügungsmacht über die Liegenschaft auszuüben. Es bedürfe für die Steuerpflicht allerdings nicht der Einräumung aller wesentlichen sich aus dem Eigentumsrecht ergebenden Befugnisse. Im weiteren Verlauf habe die Beschwerdeführerin die ***X2*** GmbH (nunmehrige Käuferin) an ihrer Stelle namhaft gemacht. Diese Vorgehensweise sei im Kaufvertrag vom festgehalten und insolvenzgerichtlich mit Beschluss vom genehmigt worden. Die Namhaftmachung eines Dritten sei als Abtretung eines Übereignungsanspruches im Sinne § 1 Abs 1 Z 3 GrEStG anzusehen. Nur derjenige, dem ein Zuschlag erteilt wurde, könne verlangen, dass das Grundstück auf einen neuen Käufer übertragen werde. Dies ändere aber nichts daran, dass er bereits mit Zuschlag einen Anspruch auf Eigentumsübertragung erworben hat.

Mit Schreiben vom (betreffend die Beschwerden der ***X2*** GmbH) bzw vom (betreffend die Beschwerde der Beschwerdeführerin) wurde jeweils ein Antrag auf Vorlage der oa Bescheidbeschwerden zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht eingebracht, wobei die Beschwerdebegründung zusammengefasst wie folgt ergänzt wurde: Die Genehmigung der Versteigerungsbedingungen bzw des Zuschlages führe nicht zum Erwerb eines Rechts, sondern diene der Überprüfung, dass insolvenzrechtliche Grundsätze eingehalten wurden. Insbesondere binde sie nicht einen Insolvenzrichter, einen künftigen Kaufvertrag zu genehmigen. Bis zur Rechtskraft des den Kaufvertrag genehmigenden Beschlusses habe der Erwerber keinen Anspruch auf Eigentumsübertragung - noch weniger jene Person, die den Zuschlag erhalten hat.

Am erfolgte die Vorlage der Beschwerden an das Bundesfinanzgericht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Über die ***AB*** GmbH, FN ***1*** wurde vom Landesgericht ***Ort1*** zu ***GZ1*** am ***tt.mm.***2017 ein Konkursverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde RA Mag. ***BC*** bestellt. Die Insolvenzschuldnerin war Eigentümerin der Liegenschaft ***EZ1***, ***KG1***.

Der Insolvenzverwalter hat diese Liegenschaft freihändig verwertet. Die vom Insolvenzverwalter zu diesem Zweck ausgegebenen "Ausschreibe- und Verkaufsbedingungen" enthalten unter Punkt 4 folgende "Sonstige Bedingungen":

"Sämtliche Angebote sind als Nettobeträge zu verstehen.
Neben der dargestellten Angebotssumme sind noch die Grunderwerbssteuer und Einverleibungsgebühr sowie die Vertragserrichtungskosten vom Bestbieter, dem rechtskräftig der Zuschlag erteilt wird, zu tragen.
Erfüllt der Bestbieter, dem rechtskräftig der Zuschlag erteilt wird, die Ausschreibebedingungen nicht, kommt der zweitbeste Bieter zum Zug.
Der mit dem Bestbieter zu errichtende Kaufvertrag mit der Insolvenzmasse wird auf dessen Kosten vom Insolvenzverwalter RA Mag.
***BC*** errichtet. Die Ausformulierungen der Details der einzelnen Kaufvertragsbestimmungen bleiben dem Zeitpunkt nach Beendigung des Bestbotsermittlungsverfahrens vorbehalten.
Der Übergabetermin wird nach rechtskräftiger Zuschlagserteilung fixiert.
"

Nachdem im durchgeführten Bieterverfahren dem Masseverwalter ein Höchstgebot für die Liegenschaft von netto 750.000,00 Euro übermittelt worden war, führte der Insolvenzverwalter eine freihändige Versteigerung in der Kanzlei des Insolvenzverwalters (sog "Kanzleiversteigerung") durch (vgl Punkt 2.5 der "Bedingungen für die freihändige Versteigerung der Liegenschaft ***EZ1*** Grundbuch ***KG1*** der Firma ***AB*** GmbH am ,16:00 Uhr in der Kanzlei des Insolvenzverwalters in ***PLZ1******Ort1***, ***Straße1***").

Die vom Insolvenzverwalter ausgegebenen und von den Bietern schriftlich akzeptierten Versteigerungsbedingungen zur Kanzleiversteigerung enthalten unter dem mit "Rechtsfolgen des Zuschlags bzw. der Annahme des Meistbots" betitelten Punkt 4. folgende Ausführungen:

"Der abzuschließende Kaufvertrag (nach Genehmigung des Zuschlages durch den Gläubigerausschuss und durch das Insolvenzgericht) hat folgende wesentliche Vertragsbestandteile:

4.1. Sollte über Wahl des Meistbietenden gemäß § 6 Abs 2 UStG auf Umsatzsteuer optiert werden, erhöht sich der diesbezügliche Kaufpreis um die 20 %ige Umsatzsteuer.

4.2. Zusätzlich zum Kaufpreis und allfälliger Umsatzsteuer sind 3,5 % Grunderwerbssteuer und 1,1 % Eintragungsgebühr jeweils gerechnet von dem für die Liegenschaft zu entrichtenden Kaufpreis vom Ersteher binnen 14 Tagen ab Rechtskraft der Zuschlagserteilung auf ein Treuhandanderkonto des Masseverwalters zu entrichten. Des Weiteren hat der Ersteher bzw. Käufer die Kosten der Vertragserrichtung und Verbücherung zu tragen.

4.3. Der Masseverwalter leistet keinerlei Gewähr für einen bestimmten baulichen Zustand und die Beschaffenheit des Vertragsobjektes, er leistet auch keinerlei Gewähr für Rechtmängel. Ebenfalls ausgeschlossen ist eine Gewähr für allfällige Bodenverunreinigungen

4.4. Zum Zeitpunkt der Verkaufserrichtung hat der Ersteher bzw. Käufer den Kaufpreis zuzüglich Umsatzsteuer, Grunderwerbssteuer und Eintragungsgebühr eine bindende Finanzierungszusage eines österreichischen Geldinstitutes dem Masseverwalter vorzulegen, welche eine Gültigkeit von zumindest 60 Tagen hat.

4.5. Der vom Masseverwalter vorbereitete Kaufvertrag ist nach Aufforderung durch den Masseverwalter beglaubigt binnen einer Woche vom Ersteher bzw. Käufer zu unterfertigen.

4.6. Für den Fall, dass ein Bestbieter die Angebotsbedingungen nicht ordnungsgemäß, vollständig oder fristgerecht erfüllt, wird er aus dem Erwerbsvorgang, ohne Setzung einer Nachfrist, ausgeschieden und behält sich der Masseverwalter vor, mit den nächstgereihten Bieter den Kaufvertrag abzuschließen.

4.7. Ersteher, die die Versteigerungs- und Angebotsbedingungen nicht einhalten und somit ausgeschieden werden müssen, haften für den Ausfall am Meistbot, der sich bei der Heranziehung des nächstgereihten Bieters ergibt oder bei Wiederverwertung für die Kosten der Wiederverwertung oder sonst durch die Säumnis verursachten Schäden.

4.8. Für alle Rechtsstreitigkeiten aus dieser Verwertung wird als Gerichtsstand das jeweils sachliche zuständige Gericht ***Ort1*** vereinbart. Es gilt österreichisches Recht.

4.9. Die Rechtswirksamkeit des abzuschließenden Kaufvertrages ist bedingt durch die Genehmigung des Gläubigerausschusses und die rechtskräftige Genehmigung des Insolvenzgerichtes."

Bei der in der Kanzlei des Insolvenzverwalters durchgeführten "Kanzleiversteigerung" wurde die Beschwerdeführerin mit einem Nettoangebot von 1.005.000,00 Euro als Bestbieter ermittelt.

Die freihändige Versteigerung, die Versteigerungsbedingungen und die Zuschlagserteilung an die Höchstbietende wurden mit Beschluss des Landesgerichtes ***Ort1*** vom insolvenzgerichtlich genehmigt.

In weiterer Folge wurde ein Kaufvertrag zwischen Herrn Mag. ***BC*** als Insolvenzverwalter im Konkurs über das Vermögen der ***AB*** GmbH als verkaufenden Partei einerseits und der ***X2*** GmbH als kaufende Partei andererseits errichtet. Dieser Kaufvertrag wurde am unterfertigt. In der Präambel des Kaufvertrages wurde wie folgt ausgeführt:

"...

Mit Beschluss des Landesgerichtes ***Ort1*** als Insolvenzgericht vom 24,11.2017 wurde die freihändige Versteigerung der Liegenschaft, die erstellten Versteigerungsbedingungen und die Zuschlagserteilung an die Beschwerdeführerin um den Nettobetrag von € 1.005.000,00 gemäß § 117 Abs 1 IO insolvenzrechtlich genehmigt. Diese hat die nunmehrige Käuferin an ihrer Stelle namhaft gemacht."

Unter Punkt 5 des Kaufvertrages wurde betreffend "Übergabe" wie folgt ausgeführt:

"Die Übergabe bzw. Übernahme des Kaufgegenstandes in den physischen Besitz der kaufenden Partei erfolgt mit Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses des Insolvenzgerichtes über diesen Kaufvertrag. Von diesem Tag an gehen Gefahr und Lasten, Besitzvor- und -nachteile auf die kaufende Partei über. Der diesem Tag folgende Monatserste gilt als Stichtag für die Abrechnung der öffentlichen Steuern und Abgaben."

Unter Punkt 7 des Kaufvertrages ("Schlussbestimmungen") findet sich ua folgender Passus:

"...

7.4. Dieses Rechtsgeschäft wird unter der aufschiebenden Bedingung der insolvenzgerichtlichen Genehmigung geschlossen, Die Vertragsverfaasserin (sic!) wird von allen Vertragsteilen unwiderruflich damit beauftragt, die insolvenzgerichtliche Genehmigung dieses Vertrages zu beantragen.

..."

Mit Beschluss des Landesgerichtes ***Ort1*** vom wurde der Verkauf der Liegenschaft ***EZ1***, ***KG1*** laut dem von der Käuferin, der ***X2*** GmbH am gefertigten Kaufvertrag insolvenzgerichtlich genehmigt.

Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den jeweils zitierten aktenkundigen Unterlagen sowie aus den glaubwürdigen, nicht der Aktenlage widersprechenden und auch von der belangten Behörde nicht widersprochenen Ausführungen in der Beschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 1 Abs 1 GrEStG 1987 unterliegen der Grunderwerbsteuer die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

1. ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet,

2. der Erwerb des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist,

3. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruches begründet,

4. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufanbot begründet. Dem Kaufanbot steht ein Anbot zum Abschluß eines anderen Vertrages gleich, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann,

5. der Erwerb eines der in den Z 3 und 4 bezeichneten Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Erwerb der Rechte begründet.

Gemäß § 1 Abs 2 GrEStG 1987 unterliegen der Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruches auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.

Gemäß § 8 Abs 1 GrEStG 1987 entsteht die Steuerschuld sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist. Ist die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges vom Eintritt einer Bedingung oder von der Genehmigung einer Behörde abhängig, so entsteht die Steuerschuld gemäß § 8 Abs 2 GrEStG 1987 mit dem Eintritt der Bedingung oder mit der Genehmigung.

Gemäß § 117 Abs 1 Z 3 IO bedarf ua die freiwillige Veräußerung oder Verpachtung einer unbeweglichen Sache der Genehmigung des Gläubigerausschusses und des Insolvenzgerichts ohne Rücksicht auf den Wert des Gegenstands.

Gemäß § 83 Abs 1 IO bedarf die Vornahme von Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen durch den Masseverwalter im Anwendungsbereich des § 117 IO auch im Außenverhältnis einer Genehmigung des Gläubigerausschusses und des Insolvenzgerichtes. Liegt die vom Gesetz geforderte Genehmigung nicht vor, erzeugt die Rechtshandlung des Masseverwalters die beabsichtigte Wirkung nach außen nicht und werden weder der Dritte noch der Masseverwalter durch die nicht genehmigte Rechtshandlung berechtigt oder verpflichtet (vgl Hierzenberger/Riel in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 83 KO [Stand , rdb.at] Rz 6).

Seit der Insolvenzrechtsnovelle 2002, BGBl I 2002/75, wird der freiwilligen Veräußerung bzw "freihändigen Verwertung" (vor allem) von Liegenschaften, die unter § 117 Abs 1 Z 3 IO fällt, der Vorrang gegenüber der gerichtlichen Veräußerung eingeräumt. Dies entspricht der praktischen Erfahrung, dass freihändige Verwertungen in aller Regel einen höheren Erlös erzielen (vgl ErläutRV 988 BlgNR 21. GP 31; ).

Im Unterschied zu einer Zwangsversteigerung, bei der durch den Zuschlag iSd § 237 Abs 1 EO als behördliche (gerichtliche) Anordnung der unmittelbare Übergang der Verfügungsmacht an einer Liegenschaft vom Verpflichteten an den Ersteher bewirkt wird (vgl dazu zB ), erfolgt die freihändige Verwertung nicht durch einen staatlichen Hoheitsakt, sondern im Weg eines privaten Rechtsgeschäfts, wobei Vertragspartner beim Kauf aus der Insolvenzmasse nicht der Masseverwalter, sondern der von ihm vertretene Gemeinschuldner ist (vgl ).

Anders als der Ersteher einer Liegenschaft erwirbt der Käufer im Fall des freihändigen Verkaufs Eigentum nicht bereits mit Zuschlag, sondern erst mit der Verbücherung (vgl ; , 5 Ob 19/19h). Dementsprechend verschafft - der insolvenzgerichtlich genehmigte - Kaufvertrag nicht Eigentum, sondern nur den Anspruch auf dessen Übertragung (vgl nochmals ; , 5 Ob 19/19h).

Mit der Wirksamkeit des Vertrags kann der Freihandkäufer nach der stRsp des OGH erst nach Rechtskraft der insolvenzgerichtlichen Genehmigung rechnen. Vor der insolvenzgerichtlichen Genehmigung des Kaufvertrages wird dem Freihandkäufer noch keine zivilrechtliche Position eingeräumt, da diese doch zumindest erfordert, dass sich die Vertragspartner einig sind, die interne Willensbildung des einen Vertragspartners - der Insolvenzmasse - aber erst nach der insolvenzgerichtlichen Genehmigung abgeschlossen ist (vgl ; , 8 Ob 251/01x; , 8 Ob 2114/96g).

Im gegenständlichen Beschwerdefall wurde vor Abschluss des Kaufvertrages vom Insolvenzverwalter eine sog "Kanzleiversteigerung" durchgeführt. Dabei handelt es sich um ein (gesetzlich nicht geregeltes) förmliches Bieterverfahren, in dessen Rahmen der Bestbieter gesucht wird und dient dieses somit der Auswahl des Vertragspartners, mit dem in der Folge der Vertrag betreffend die Liegenschaftsveräußerung abgeschlossen werden soll (vgl OLG Linz , 2 R 175/16t, 2 R 182/16x; vgl zB auch Poltsch/Übertsroider, Aktuelles zum Freihandverkauf und Überbot, ZIK 2018, 59 [62]).

Bei dem im Rahmen der "Kanzleiversteigerung" erfolgten "Zuschlag" handelt es sich nicht um einen Zuschlag im Rechtssinn. Insbesondere ist dieser - wie oben bereits dargelegt wurde - nicht mit einem Zuschlag iSd § 237 Abs 1 EO gleichzusetzen (vgl zur Begrifflichkeit zB ). Vielmehr beschreibt der Begriff "Zuschlag" in diesem Zusammenhang lediglich die Auswahl des Bestbieters, mit dem in weiterer Folge - wie auch eindeutig aus den vorliegenden Versteigerungsbedingungen hervorgeht - erst noch ein Kaufvertrag abgeschlossen werden soll, der gemäß § 117 Abs 1 Z 3 IO einer Genehmigung bedarf. Mit der "Zuschlagserteilung" wird dem Bestbieter in Bezug auf die Liegenschaft jedoch noch keine zivilrechtliche Position eingeräumt, sondern steht erst nach der insolvenzgerichtlichen Genehmigung des Kaufvertrages fest, dass "Nachbesserungen" nicht mehr erreicht und Anbote anderer Interessenten nicht mehr berücksichtigt werden können und dass der im Beschluss bezeichnete Käufer die ihn nach dem Inhalt des Kaufvertrags treffenden Pflichten zu erfüllen hat (vgl ; vgl zB auch Nunner-Krautgasser, Zum nachträglichen Überbot im insolvenzrechtlichen Verwertungsverfahren, ZIK 2017, 125 [126] mwN).

Wenn das Insolvenzgericht im vorliegenden Fall vor Abschluss des Kaufvertrages bereits die "Zuschlagserteilung" genehmigt hat, so ist dazu anzumerken, dass das Insolvenzgericht nach der Maßgabe der insolvenzrechtlichen gesetzlichen Bestimmungen nur insoweit in die Veräußerung eingebunden ist, als es eine vom Masseverwalter vorgenommene Liegenschaftsveräußerung zu genehmigen hat oder die Genehmigung zu versagen hat. Gerichtliche Beschlüsse über die Annahme, Ablehnung oder Zurückweisung von Kaufanboten sieht das Gesetz nicht vor (vgl OLG Linz , 2 R 175/16t, 2 R 182/16x). Die vorliegende Genehmigung der "Zuschlagserteilung" war somit einerseits nicht erforderlich und vermag sie andererseits nichts daran zu ändern, dass nach der stRsp des OGH dem Freihandkäufer vor der insolvenzgerichtlichen Genehmigung des Kaufvertrages in Bezug auf die Liegenschaft noch keine zivilrechtliche Position eingeräumt wird und ein Anspruch auf Übereignung erst bei Vorliegen eines insolvenzgerichtlich genehmigten Kaufvertrages besteht (vgl nochmals ; , 8 Ob 251/01x; , 8 Ob 2114/96g).

Somit ist in der vorliegenden "Zuschlagserteilung" aber jedenfalls kein Rechtsgeschäft iSd § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987, das den Anspruch auf Übereignung begründet, zu erblicken. Besteht ein Anspruch auf Übereignung in diesem Sinne doch der stRsp des VwGH zufolge nur dann, wenn der Erwerber seinen Anspruch auf Übereignung und damit auf Ausstellung einer einverleibungsfähigen Urkunde ohne weitere rechtsgeschäftliche Abmachung, letzten Endes im Klageweg, unmittelbar durchzusetzen vermag (vgl zB ; , 97/16/0269). Aus diesem Grund wäre der Tatbestand des § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 im Übrigen selbst dann nicht erfüllt, wenn man entgegen der hier erfolgten Ausführungen aus der "Zuschlagserteilung" einen durchsetzbaren Anspruch auf Abschluss des Kaufvertrages ableiten wollte, da auch ein Vorvertrag iSd § 936 ABGB, der lediglich einen Anspruch auf Abschluss des Hauptvertrages, nicht aber auf Übereignung verschafft, nach der stRsp des VwGH keine Abgabepflicht nach dem Grunderwerbsteuergesetz entstehen lässt (vgl die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern Band II: Grunderwerbsteuer [15. Lfg 2016] § 1 Rz 152 angeführten Nachweise).

Im Unterschied zu § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 setzt § 1 Abs 2 GrEStG 1987 ausdrücklich nicht voraus, dass ein Anspruch auf Übereignung begründet wird. Aber auch dieser von der belangten Behörde herangezogene Tatbestand ist im Beschwerdefall nicht als erfüllt anzusehen. So kann die Möglichkeit, eine Liegenschaft zu verwerten, ohne selbst einen Anspruch auf Übereignung an derselben zu besitzen, nach § 1 Abs 2 GrEStG 1987 nur durch einen Rechtsvorgang verschafft werden, mit dem dem Dritten die Verwertungsbefugnis eingeräumt wird (vgl zB ). Die eingeräumten Rechte müssen dabei in Bezug auf das Grundstück Einwirkungsmöglichkeiten gewähren, die über die Befugnisse eines bloß Besitzberechtigten und Nutzungsberechtigten hinausgehen (vgl zB ; Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern Band II: Grunderwerbsteuer [15. Lfg 2016] § 1 Rz 246 mwH). Anerkannter Zweck des § 1 Abs 2 GrEStG 1987 ist es, jene Grundstücksumsätze zu erfassen, die den Tatbeständen des § 1 Abs 1 GrEStG 1987 so nahekommen, dass sie es wie diese ermöglichen, sich den Wert der Grundstücke für eigene Rechnung nutzbar zu machen (vgl ). Dazu ist es nicht erforderlich, dass alle wesentlichen, sich aus dem Eigentumsrecht ergebenden Befugnisse eingeräumt werden; es genügt vielmehr, dass der in Rede stehende Rechtsvorgang das eine oder andere wesentliche Recht des Eigentümers überträgt (). Eines dieser wesentlichen Rechte des Eigentümers ist die Entscheidung darüber, an wen der Verkauf des Objektes erfolgt (vgl ).

Wie im Rahmen der hier erfolgten Ausführungen dargelegt wurde, wurden der Beschwerdeführerin mit der "Zuschlagserteilung" nach der Maßgabe der insolvenzrechtlichen Bestimmungen allerdings betreffend die Liegenschaft keine Rechte eingeräumt. Insbesondere konnte ihr keine Entscheidungsbefugnis, an wen das Grundstück verkauft werden soll, übertragen werden; obliegt die Entscheidung, an wen der Verkauf der Liegenschaft erfolgt, im Insolvenzverfahren doch alleine der vom Insolvenzverwalter vertretenen Insolvenzmasse und bedarf diese zwingend der insolvenzgerichtlichen Genehmigung. Eine Übertragung dieser Entscheidungsbefugnis an Dritte sieht das Insolvenzrecht nicht vor. Anhaltspunkte für ein gesetzwidriges Verhalten der involvierten Personen liegen im Beschwerdefall nicht vor und wurde derartiges von der Amtspartei auch nicht behauptet. Somit konnte der Beschwerdeführerin aber nicht die Verwertungsbefugnis im vorstehenden Sinn zukommen und hat die Beschwerdeführerin entgegen der von der Amtspartei vertretenen Ansicht keinen Erwerbsvorgang iSd § 1 GrEStG 1987 realisiert.

Der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang abschließend angemerkt, dass selbst wenn man in der erfolgten "Zuschlagserteilung" das Vorliegen eines Erwerbsvorganges iSd § 1 GrEStG 1987 erblicken wollte, eine Steuerschuld gem § 8 Abs 2 GrEStG 1987 iVm § 117 Abs 1 Z 3 IO dennoch erst mit der insolvenzgerichtlichen Genehmigung des Kaufvertrages entstanden wäre. Zum Abschluss (und zur insolvenzgerichtlichen Genehmigung) eines Kaufvertrages mit der Beschwerdeführerin ist es im Beschwerdefall allerdings nicht mehr gekommen. Tritt eine für die Wirksamkeit des Rechtsvorganges erforderliche Bedingung nicht ein, so kann gemäß § 8 Abs 2 GrEStG 1987 eine Steuerschuld aber überhaupt nicht entstehen (vgl die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern Band II: Grunderwerbsteuer [15. Lfg 2016] § 8 Rz 18 f angeführten Nachweise der Rsp des VwGH).

Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im vorliegenden Fall strittige Frage, ob der Beschwerdeführerin ein einseitig durchsetzbarer Rechtsanspruch auf Übereignung der Liegenschaft oder zumindest die Entscheidungsbefugnis darüber, an wen der Verkauf des Objektes erfolgt, eingeräumt wurde, ist eine dem Zivilrecht zuzuordnende Vorfrage iSd § 116 BAO, die vom Bundesfinanzgericht nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen ist. Der Verwaltungsgerichtshof ist zur Fällung grundlegender Entscheidungen auf dem Gebiet des Zivilrechts nicht berufen, sodass die Auslegung zivilrechtlicher Normen auch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG begründen kann, solange den Verwaltungsgerichten dabei keine krasse Fehlentscheidung unterlaufen ist (vgl ; , Ra 2020/05/0252). Eine derartige Unvertretbarkeit ist in der Regel dann auszuschließen, wenn die Verwaltungsgerichte eine zivilrechtliche Vorfrage im Einklang mit der Rechtsprechung der Obersten Gerichtshofes gelöst haben (vgl , Rn 41, mwN). Eine vom VwGH zu klärende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG liegt somit gegenständlich insoweit nicht vor. Im Übrigen folgt das Bundesfinanzgericht betreffend die Auslegung der Tatbestände des § 1 GrEStG 1987 der im Rahmen der rechtlichen Beurteilung angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.

Linz, am

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