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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.03.2022, RV/2100605/2019

Berücksichtigung von Überstundenzuschlägen nach § 68 Abs 2 EStG 1988 eines leitenden Angestellten, auf den bloß ein Einzeldienstvertrag anwendbar ist, Führung gesonderter Aufzeichnungen

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/15/0039. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Martin Christoph Wittmann in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** (nunmehr Finanzamt für Großbetriebe) jeweils vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Haftung für Lohnsteuer für die Jahre 2013 bis 2017, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Bisheriger Verfahrensgang

Die ***Bf1*** (im Folgenden Bf), FN ***7***, betreibt ein Kreditinstitut iSd § 1 Abs 1 BWG. Mit Bescheiden vom wurde sie gem § 82 EStG als Arbeitgeberin für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden LSt in Anspruch genommen. Für die Streitjahre 2013 bis 2015 und 2017 schrieb das Finanzamt der Bf jeweils 516,- Euro, für das Streitjahr 2016 495,36 Euro an LSt vor. Begründend verwies die belangte Behörde auf den BP-Bericht vom sowie auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung vom .

Darin führte das Finanzamt aus, dass im Zuge einer Prüfung lohnabhängiger Abgaben bei der Bf festgestellt worden sei, dass an den leitenden Angestellten ***1***, mit dem die Bf eine Überstundenpauschale vereinbart habe, steuerfreie Überstundenzuschläge nach § 68 Abs 2 EStG ausbezahlt worden seien. Da im gesamten Prüfzeitraum aufgrund der Stellung als leitender Angestellter keine Arbeitszeitaufzeichnungen geführt worden seien, habe nicht nachgewiesen werden können (zB durch Aufzeichnungen über einen Zeitraum von 6 Monaten), dass diese tatsächlich geleistet worden seien, weswegen diese daher im Zuge der Prüfung in die LSt-Bemessung einbezogen und nachverrechnet worden seien.

Dagegen erhob die Bf am Beschwerde und führte begründend aus, dass der betreffende Arbeitnehmer ***1*** Geschäftsleiter der ***2*** gewesen und nunmehr Geschäftsleiter der Bf sei. Er sei damit leitender Angestellter, der dem AZG nicht unterliege und müsse daher keine Arbeitszeitaufzeichnungen führen. Er unterliege jedoch dem KV für Angestellte der Banken und Bankiers. Laut Salzburger Steuerdialog 2009 müsse bei All-In-Vereinbarungen mit einem Stundenteiler von 203 für die Berechnung der steuerfreien Überstundenzuschläge gerechnet werden. Nach LStR 2002, Rz 1161, müssten für die Berücksichtigung von steuerfreien Überstundenzuschlägen nach § 68 Abs 2 EStG keine gesonderten Aufzeichnungen geführt werden, wenn bisher Überstunden über diese Anzahl hinaus erbracht und gezahlt worden seien. Unter "bisher" sei zu verstehen, dass ein Arbeitnehmer in früheren Lohnzahlungszeiträumen Überstunden in jenem Ausmaß aufgezeichnet habe, die seit steuerfrei bezahlt werden könnten (dh in einem Ausmaß von mindestens 86,- Euro, maximal allerdings Überstundenzuschläge für 10 Stunden). Würden bei gleichbleibenden Verhältnissen hinsichtlich der Leistung von Überstunden nunmehr keine Aufzeichnungen mehr geführt, seien die dafür bezahlten Überstundenzuschläge bis zum im § 68 Abs 2 EStG genannten Ausmaß steuerfrei. Da es bereits in früheren Jahren Prüfungen der Lohnabgaben bei der ***2*** und es seitens der (damaligen) GPLA nie Beanstandungen der steuerfreien Herausrechnung von Überstundenzuschlägen gegeben habe, sähe es die Bf als nicht gerechtfertigt, dass diese nunmehr nicht mehr steuerfrei sein sollten. Deshalb beantrage sie daher die Aufhebung der verfahrensggst Bescheide.

Das Ergänzungsersuchen der belangten Behörde vom beantwortete die Bf mit Schreiben vom wie folgt: Entgegen der Ansicht des Finanzamtes unterliege Herr ***4*** sehr wohl dem KV auch als leitender Angestellter, da er dem Vorstand weisungsgebunden und damit als Arbeitnehmer zu betrachten sei. Betriebsvereinbarungen über Normalarbeitszeit, Überstunden, Überstundenzuschläge etc lägen nicht vor. Von Herrn ***4*** seien nie Arbeitsaufzeichnungen geführt worden, dennoch sei eine Glaubhaftmachung der geleisteten Überstunden aufgrund der Tätigkeitsgebiete jedenfalls gegeben. "Die Notwendigkeit der geleisteten Arbeitszeit war erforderlich."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom ab. Begründend führte es aus, dass jedes Veranlagungsjahr für sich betrachtet werden müsse und demnach aus (möglicherweise rechtswidrigen) Entscheidungen vergangener Jahre keineswegs für den Steuerpflichtigen ein Rechtsanspruch auf gleichlautende Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch die Finanzbehörde auch für künftige Veranlagungsverfahren abgeleitet werden könne. Eine Bindung für andere Zeiträume betreffende Verfahren derselben Partei bestehe nicht. Auch schütze der Grundsatz von Treu und Glauben nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit, weil die Behörde verpflichtet sei, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen. Der Umstand, dass eine abgabenbehördliche Prüfung eine bestimmte Vorgangsweise des Abgabepflichtigen unbeanstandet gelassen habe, hindere die Behörde nicht, diese Vorgangsweise für spätere Zeiträume als rechtswidrig zu beurteilen (Ritz, BAO, § 114, Rz 9 mwN). Gem § 2 Abs 3 lit a des KV normiere, dass dieser nicht auf leitende Angestellte, denen maßgebender Einfluss auf die Betriebsführung zusteht (§ 36 Abs 2 Z 1 und 3 ArbVG), anzuwenden sei. Leitende Angestellte unterlägen überdies gem § 1 Abs 2 Z 8 AZG auch nicht dem AZG. Auch eine von der Bf ins Treffen geführte Weisungsgebundenheit und damit einhergehende Dienstnehmereigenschaft von ***5*** ändere nichts an der Qualifikation als leitenden Angestellten sowie an dem ausdrücklichen Ausschluss aus dem KV. Jeder leitende Angestellte sei Dienstnehmer und damit einhergehend (in unterschiedlicher Ausprägung) weisungsgebunden. Hieraus könne sich jedoch nicht die Einbeziehung in den KV ergeben, da laut dem ausdrücklichen Wortlaut des KV leitende Angestellte, denen maßgebender Einfluss auf die Betriebsführung zustehe, nicht umfasst seien. ***6*** unterliege weder dem KV, noch dem AZG und seien auch sonst keine Betriebsvereinbarungen oÄ betreffend Überstundenentgelt abgeschlossen worden. Nur in den vorgelegten Gehaltsmitteilungen vom sowie vom sei eine Überstundenpauschale normiert, wobei vermerkt sei, dass damit 20 Überstunden abgegolten seien. In der Ergänzung zur Gehaltsmitteilung vom sei angeführt, dass sich die Überstundenpauschale ab wie folgt zusammen setze: 6 Mehrarbeitsstunden, 16 Überstundengrundlohn, 16 Überstundenzuschlag. Leitende Angestellte, die dem AZG nicht unterlägen, hätten nur dann Anspruch auf einen steuerbegünstigten Überstundenzuschlag, wenn auf ihr Dienstverhältnis der KV Anwendung finde. Einzelvertraglich vereinbarte Überstundenzuschläge könnten aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 68 Abs 4 EStG nicht steuerlich begünstigt werden. Die Beschwerde sei somit bereits aus diesem Grund als unbegründet abzuweisen. Darüber hinaus führe die Bf zwar zutreffend aus, dass aufgrund einer Vereinfachungsregelung nach § 68 Abs 2 EStG keine gesonderten Aufzeichnungen mehr geführt werden könnten, wenn bisher Überstunden über diese Anzahl hinaus erbracht und gezahlt worden seien. Dies setze allerdings voraus, dass ein Arbeitnehmer in früheren Lohnzahlungszeiträumen Überstunden in jenem Ausmaß aufgezeichnet habe und die diesbzgl Aufzeichnungen die erbrachten Überstunden nachwiesen hätten. Da ggst aber zu keiner Zeit Aufzeichnungen geführt worden seien, könne die oben beschriebene Vereinfachungsregelung auch nicht zur Anwendung kommen. Eine reine Glaubhaftmachung bzw behauptete Notwendigkeit der erforderlichen Arbeitsstunden könne dies nicht ersetzen.

Dagegen brachte die Bf am einen Vorlageantrag ein, ohne weiteres Vorbringen zu erstatten.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt und Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist wie im Verfahrensgang beschrieben aktenkundig, wurde von keiner Partei bestritten und kann daher als erwiesen angenommen werden.

2. Rechtslage

Das Bundesgesetz vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988) idF BGBl I 2013/53 lautet auszugsweise:

"Besteuerung bestimmter Zulagen und Zuschläge

§ 68.

[…]

(2) Zusätzlich zu Abs. 1 sind Zuschläge für die ersten zehn Überstunden im Monat im Ausmaß von höchstens 50% des Grundlohnes, insgesamt höchstens jedoch 86 Euro monatlich, steuerfrei.

[…]

(4) Als Überstunde gilt jede über die Normalarbeitszeit hinaus geleistete Arbeitsstunde. Als Normalarbeitszeit gilt jene Arbeitszeit, die auf Grund

1. gesetzlicher Vorschriften,

[…]

5.von Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen, die auf Grund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigungen abgeschlossen worden sind,

6.von Betriebsvereinbarungen, die wegen Fehlens eines kollektivvertragsfähigen Vertragsteiles (§ 4 des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974) auf der Arbeitgeberseite zwischen einem einzelnen Arbeitgeber und dem kollektivvertragsfähigen Vertragsteil auf der Arbeitnehmerseite abgeschlossen wurden,

festgesetzt wird oder die

7.innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern allgemein übliche Normalarbeitszeit. Als Überstunde gilt jedoch nur jene Arbeitszeit, die 40 Stunden in der Woche übersteigt oder durch die die Tagesarbeitszeit überschritten wird, die sich auf Grund der Verteilung einer mindestens 40stündigen wöchentlichen Normalarbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage ergibt.

Als Überstundenzuschläge gelten die durch die Vorschriften im Sinne der Z 1 bis 6 festgelegten Zuschläge oder die im Sinne der Z 7 innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern allgemein gewährten Zuschläge."

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Im Beschwerdefall ist strittig, ob ein leitender Angestellter für die Berücksichtigung von steuerfreien Überstundenzuschlägen nach § 68 Abs 2 EStG gesonderte Aufzeichnungen zu führen hat, wenn der betreffende Arbeitnehmer in früheren Lohnzahlungszeiträumen Überstunden in jenem Ausmaß (bei gleichbleibenden Verhältnissen) erbracht hat.

Überstundenzuschläge können nach der st Rsp des VwGH nur dann steuerfrei behandelt werden, wenn die Ableistung der Überstunden durch entsprechende Aufzeichnungen nachgewiesen wird und insb die genaue Anzahl, die zeitliche Lagerung aller im Einzelnen tatsächlich geleisteten Überstunden sowie die genaue Höhe der dafür über das sonstige Arbeitsentgelt hinaus mit den Entlohnungen für diese Überstunden bezahlten Zuschläge feststehen (vgl Kirchmayr/Schaunig in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, 2021, § 68, Rz 49). Die Steuerbegünstigung für Überstundenzuschläge setzt insb eine Vereinbarung über die vom Arbeitnehmer exakt zu erbringenden Arbeitsstunden - also Normalarbeitsstunden und Überstunden - voraus (vgl zB ; ).

Die Bestimmungen des KV und der Betriebsvereinbarung können die Festlegung der vom Dienstnehmer geschuldeten Gesamtstundenanzahl und sohin der Anzahl der zu erbringenden Überstunden in einem Überstundenpauschalübereinkommen deswegen nicht ersetzen, weil es den Parteien eines Arbeitsvertrages freisteht, zugunsten des Dienstnehmers von den genannten Regelungen abzuweichen. Insb können die Vertragsparteien den Grundlohn mit einem höheren Betrag vereinbaren, als er in Normen des KV festgelegt ist. Wenn nicht festgelegt ist, in welchem Ausmaß Normalarbeitszeit und Überstunden - mit normalem Zuschlag einerseits und mit erhöhtem Zuschlag andererseits - zu erbringen sind, ist es nicht möglich, die Höhe des Grundlohnes zu eruieren (vgl zB ).

Nach der Verwaltungspraxis sind allerdings keine gesonderten Aufzeichnungen für die Berücksichtigung von steuerfreien Zuschlägen gem § 68 Abs 2 EStG erforderlich, sofern bereits in früheren Lohnzahlungszeiträumen Überstunden in diesem oder einem höheren Ausmaß erbracht und gezahlt wurden. Dies gilt auch für das Herausschälen von steuerfreien Zahlungen aus einer Gesamtgehaltsvereinbarung. Condicio sine qua non zur Anwendung dieser Ausnahmen ist jedoch, dass bei Beginn des Dienstverhältnisses oder erstmaliger Ableistung von Überstunden diese jedenfalls über einen Zeitraum von sechs Monaten aufzuzeichnen sind. Werden innerbetrieblich oder aufgrund des AZG Aufzeichnungen geführt, sind diese auch steuerrechtlich maßgeblich (vgl Lenneis in Jakom EStG, 2021, § 68, Rz 15; Kirchmayr/Schaunig in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, 2021, § 68, Rz 63 mwN).

Leitende Angestellte und andere Arbeitnehmer, die nicht dem AZG unterliegen und deren Normalarbeitszeit sich nicht aufgrund lohngestaltender Vorschriften wie KV oder Betriebsvereinbarungen (§ 68 Abs 4 Z 1 bis 6 EStG), sondern aufgrund von Einzeldienstverträgen ergibt, haben keinen Anspruch auf eine begünstigte Besteuerung von Überstunden gem § 68 EStG. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um eine Pauschalvereinbarung handelt oder ob die Abgeltung in Form der Einzelverrechnung erfolgt ().

Im gegenständlichen Fall wurde im abgeschlossenen Dienstvertrag eine Überstundenpauschale - die sich aus 6 Mehrarbeitsstunden, 16 Überstundengrundlohn sowie aus 16 Überstundenzuschlag (50%) zusammensetzt - festgelegt, wobei im Gehalt 20 Überstunden abgegolten sind.

Zunächst ist der belangten Behörde zuzustimmen, wonach sich aus dem Wortlaut des § 2 Abs 3 lit a KV für Angestellte der Banken und Bankiers unzweifelhaft ergibt, dass dieser nicht auf leitende Angestellte anzuwenden ist. Ebenso ergibt sich aus dem Wortlaut des § 1 Abs 2 Z 8 AZG auch für das BFG eindeutig, dass leitende Angestellte genauso wenig dem AZG unterliegen. Die Bf bestreitet nicht, dass Herr ***4*** als leitender Angestellter zu qualifizieren ist. Somit ist schon alleine aus diesem Umstand die ggst Beschwerde abzuweisen, da auf das Dienstverhältnis von Herrn ***4*** zur Bf weder das AZG noch irgendeine in § 68 Abs 4 Z 1 bis 6 EStG aufgelistete lohngestaltende Vorschrift anzuwenden ist.

Darüber hinaus ist in der ggst Vereinbarung, dass mit dem Bruttogehalt von Herrn ***4*** 6 Mehrarbeitsstunden, 16 Überstundengrundlohn, 16 Überstundenzuschlag (50%) sowie 20 Überstunden abgegolten sind, eine steuerrechtlich wirksame Abrede über eine Überstundenpauschale nicht zu erblicken. Es fehlt zudem an einer Vereinbarung über die Anzahl der in der Gesamtstundenleistung enthaltenen und zu leistenden Überstunden. Selbst eine Aufzeichnung über geleistete Überstunden ersetzt eine entsprechende Vereinbarung nicht, ist es doch mangels Festlegung einer Gesamtstundenleistung nicht möglich, aus dem Dienstvertrag den Grundlohn zu berechnen. Würden die jeweils tatsächlich von Herrn ***4*** geleisteten Überstunden der Berechnung zugrunde gelegt, wäre sein Grundlohn schwankend, was - wie dies der VwGH in st Rsp ausgesprochen hat - dem Begriff eines solchen Lohnes widersprechen würde (vgl zB mwN). Auch aus diesem Grund ist somit die ggst Beschwerde bereits abzuweisen.

Weiters war der Beschwerde kein Erfolg beschieden, da es nach der st Rsp des VwGH demjenigen, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nehmen möchte, obliegt, selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels die Umstände darzulegen, die für die Begünstigung sprechen (vgl zB , mwN). Bei solchen Begünstigungsbestimmungen tritt die strikte Offizialmaxime des § 115 BAO in den Hintergrund (zB ). Im konkreten Fall möchte die Bf von der Begünstigungsbestimmung des § 68 Abs 2 EStG Gebrauch machen. Die Form des Nachweises für diese Steuerbegünstigung ist gesetzlich zwar nicht festgelegt. In Anbetracht der bei Herrn ***4*** vorliegenden Vielzahl von Überstunden über einen Zeitraum von zumindest 1987 bis 2017 kann der Nachweis gem der höchstgerichtlichen Jud nur durch zeitnah erstellte Aufzeichnungen erbracht werden, aus denen hervorgeht, an welchen Tagen und zu welchen Tagesstunden der leitende Angestellte die Überstunden geleistet hat (). Im Vorhinein erstellte Dienstverträge oder nachträgliche Rekonstruktionen der zeitlichen Lagerung der Überstunden wie Zeugenaussagen oder Bestätigungen können solche Aufzeichnungen nicht ersetzen, hätten es doch sonst Arbeitgeber und Arbeitnehmer weitgehend in der Hand, eine begünstigte Besteuerung des Arbeitslohnes durch missbräuchliche Verteilung der geleisteten Überstunden herbeizuführen (; ).

Im Beschwerdefall hat sogar die Bf selbst eingeräumt, dass von Herrn ***4*** zu keinem Zeitpunkt Zeitaufzeichnungen geführt wurden. Auch unter diesen Gesichtspunkten konnte die Beschwerde nicht zum Ziel führen und war somit abzuweisen. Weder im schriftlichen Dienstvertrag noch in den Gehaltsmitteilungen der Bf erfolgte eine Festlegung der Normalüberstunden bzw der qualifizierten Überstunden. Abgesehen von diesen Überlegungen ist durch das allgemein gehaltene Beschwerdevorbringen - "Zwar wurden seitens Herrn ***4*** nie Arbeitsaufzeichnungen geführt, dennoch ist eine Glaubhaftmachung der geleisteten Überstunden aufgrund der Tätigkeitsgebiete jedenfalls gegeben. Die Notwendigkeit der geleisteten Arbeitszeit war erforderlich." - auch der Nachweis eines zwingenden betrieblichen Erfordernisses an der Leistung von Überstunden nicht erbracht (vgl zB ; Lenneis in Jakom EStG, 2021, § 68, Rz 15).

Ebenso unbeachtlich ist das Argument der Bf, dass die steuerfreie Herausrechnung von Überstundenzuschlägen im Rahmen von Vorprüfungen der Lohnabgaben bislang durch das Finanzamt nie beanstandet worden sei.

Nach der Jud des VwGH schützt der Grundsatz von Treu und Glaubennicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer (allenfalls) unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit. Vielmehr müssten besondere Umstände vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Finanzverwaltung unbillig erscheinen lassen, wie dies zB der Fall sein kann, wenn ein Abgabepflichtiger von der Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweiseaufgefordert wird und sich nachträglich die Unrichtigkeit dieser Vorgangsweise herausstellt. Treu und Glauben setzen also ein konkretes Verhältnis zwischen dem Abgabepflichtigen und dem Finanzamt voraus, bei dem allein sich eine Vertrauenssituation bilden kann. Dieser Grundsatz ist va bei unrichtigen Rechtsauskünften der zuständigen Abgabenbehörde zu berücksichtigen (vgl zB mwN).

Derartige besondere Umstände oder unrichtige Rechtsauskünfte sind im Beschwerdefall nicht zu erkennen bzw wurden auch nicht behauptet. Der Umstand, dass mehrere GPLA-Prüfungen eine bestimmte Vorgangsweise unbeanstandet gelassen hat, hinderte die Behörde nicht, diese Vorgangsweise für spätere Zeiträume anders zu beurteilen. Das Abgehen von der bisherigen Verwaltungsübung bedeutet keinen Verstoß gegen Treu und Glauben. Vielmehr ist die Behörde nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, von einer gesetzwidrigen Verwaltungsübung, einer gesetzlich nicht gedeckten Rechtsauffassung oder einer unrichtigen Tatsachenwürdigung abzugehen, sobald sie ihr Fehlverhalten erkennt (vgl zB mwN). Der Verweis der Bf auf das Treu- und Glaubensprinzip geht damit ins Leere.

Schließlich ist auch aus den Hinweisen der Bf, Herr ***4*** sei schon sehr lange Geschäftsleiter der ***2*** und sie beziehe sich daher auf die LStR, für ihr Vorbringen nichts zu gewinnen. Wie der VwGH bereits wiederholt ausgesprochen hat, können aus derartigen Richtlinien oder Erlässen den Parteien mangels Kundmachung im BGBl weder subjektive, vor dem VwGH verfolgbare Rechte erwachsen, noch ihnen Pflichten auferlegt werden, da es sich bei den LStR um keine für den VwGH beachtliche Rechtsquelle handelt (vgl zB , mwN).

Darüber hinaus ist seitens des BFG zu entgegnen, dass in den LStR in derselben Rz zu § 68 EStG, die die Bf in ihrer Beschwerde als Beleg für die konkrete Anwendung der Vereinfachungsregelung zitierte, ausgeführt wird, dass bei Beginn des Dienstverhältnisses bzw bei erstmaliger Ableistung von Überstunden gem § 68 Abs 2 EStG die Überstunden jedenfalls über einen Zeitraum von 6 Monaten aufzuzeichnen sind. Auch der von der Bf zitierten Ergebnisunterlage zum Salzburger Steuerdialog 2009 lässt sich Folgendes entnehmen: "Ein neu eintretender Angestellter hat seine Überstunden jedenfalls über einen Zeitraum von 6 Monaten aufzuzeichnen."

Aus den dargelegten Gründen kann dem Begehren des Bf nicht gefolgt werden, die Begünstigung des § 68 EStG für Überstundenzuschläge zur Anwendung zu bringen, und war daher ihre Beschwerde wie im Spruch ersichtlich abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das vorliegende Erkenntnis ergeht in Hinblick auf die Beurteilung des Erfordernisses zur Führung von Aufzeichnungen für die Inanspruchnahme der Begünstigung nach § 68 Abs 2 EStG sowie in Hinblick darauf, dass ein leitender Angestellter, dessen Normalarbeitszeit sich ausschließlich aus dem Einzeldienstvertrag ergibt, keinen Anspruch nach § 68 Abs 2 leg cit hat, iSd der oben angeführten st Rsp des VwGH. Die ordentliche Revision ist dementsprechend nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
Schuster in ASoK 2022, 212
Seebacher in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100605.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at