Festsetzung eines Verspätungszuschlages bei verspäteter Anzeige eines Grundstückserwerbs
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag.Dr. Thomas Leitner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Verspätungszuschlag zu Grunderwerbsteuer für den Zeitraum 11/2019 (***ErfNr1***) zu Recht:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der Verspätungszuschlag wird in Höhe von 6,11% von 1.863,58 Euro, somit in Höhe von 113,86 Euro festgesetzt.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Schreiben vom gab der anwaltliche Vertreter der Beschwerdeführerin dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (im Folgenden bezeichnet als "belangte Behörde") bekannt, dass infolge eines Versäumnisses seiner Kanzlei die Frist zur Selbstberechnung betreffend den Einantwortungsbeschluss vom in der Verlassenschaftssache ***AB*** versäumt worden sei und ersuchte er um Vorschreibung der Grunderwerbsteuer. Am reichte der anwaltliche Vertreter über FinanzOnline entsprechende Abgabenerklärungen ein.
Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Grunderwerbsteuer betreffend den Einantwortungsbeschluss vom gegenüber der Beschwerdeführerin mit 1.863,58 Euro fest.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde daraufhin ein Verspätungszuschlag iHv 10 % der Grunderwerbsteuer festgesetzt. Begründend wurde von der belangten Behörde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Steuerschuld für den gegenständlichen Grundstückserwerb bereits mit entstanden sei; eine entsprechende Anzeige sei jedoch erst mit Abgabenerklärung vom erfolgt. Betreffend die Ermessensübung bei der Festlegung der Höhe des Verspätungszuschlages führte die belangte Behörde aus, dass eine Festsetzung im gesetzlichen Höchstmaß von 10% unter Berücksichtigung des Ausmaßes der Fristüberschreitung, der Höhe des durch die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung erzielten finanziellen Vorteils und des Grades des Verschuldens angemessen erscheine.
Am brachte die Beschwerdeführerin gegen den vorgenannten Bescheid rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde ein und beantragte eine Festsetzung des Verspätungszuschlages mit 0%. Begründend führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung sei durch ihren Rechtsanwalt erfolgt, den sie mangels hinreichender eigener Fachkenntnisse mit dieser Aufgabe betraut hätte. Zudem komme die Beschwerdeführerin den sie im Bereich der Einkommensteuer treffenden Erklärungspflichten bereits seit Jahrzehnten stets fristgerecht nach und handle es sich gegenständlich um die erste ihr zugerechnete Verspätung in steuerlichen Angelegenheiten. Überdies hätte die Beschwerdeführerin durch die verspätete Abgabe der Erklärung und die daraus resultierende spätere Festsetzung der Grunderwerbsteuer keinen nennenswerten Vorteil erzielt. Zinsen für Sparguthaben würden sich derzeit im Bereich von 0,01% bewegen.
Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde dabei im Wesentlichen aus, die Verhängung eines Verspätungszuschlages erscheine insbesondere in jenen Fällen gerechtfertigt, in denen die Frist zur Anzeige erheblich überschritten wurde und die Einhaltung der Frist zumutbar und zu erwarten gewesen wäre. Das Verschulden eines Parteienvertreters an einer verspäteten Anzeige treffe nach der Rsp des VwGH den Vertretenen. In Hinblick auf den von der Beschwerdeführerin angeführten nicht vorhandenen "Zinsenvorteil" sei festzuhalten, dass ungeachtet dessen, ob ein solcher vorliegt oder nicht, daneben jedenfalls auch der Liquiditätsvorteil zu berücksichtigen sei.
Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin den Antrag, die oa Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Ergänzend zu den in der Beschwerde erfolgten Ausführungen wurde darin vorgebracht, dass der Beschwerdevorentscheidung ebenso wie dem Erstbescheid keine näheren Ausführungen dazu zu entnehmen seien, welche Gründe bei der Ermessensübung berücksichtigt wurden, die die Festsetzung eines Verspätungszuschlages in Höhe von 10% bei einer erstmaligen Verspätung der Abgabe der Steuererklärung, aus der der Beschwerdeführerin so gut wie kein finanzieller Vorteil erwachsen sei, rechtfertigen würden. Auch beim Vorliegen eines Verschuldens bestehe die Möglichkeit, einen Verspätungszuschlag mit 0% oder zumindest deutlich unter dem Höchstsatz festzusetzen, wenn die in der Beschwerde angeführten Umstände vorliegen.
Am erfolgte durch die belangte Behörde die Vorlage der gegenständlichen Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, wobei im Vorlagebericht auf die in der Beschwerdevorentscheidung vertretene Rechtsansicht verwiesen wurde. Zudem führte die belangte Behörde ergänzend aus, dass auf Grund der beinahe 4-jährig verspäteten Anzeige des Erwerbsvorganges die Verhängung des Verspätungszuschlages im Höchstausmaß jedenfalls gerechtfertigt erscheine.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:
Mit Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom , rechtskräftig seit , wurde der Beschwerdeführerin als gesetzliche Erbin die Verlassenschaft nach der am ***tt.mm.*** 2014 verstorbenen ***AB*** aufgrund des Gesetzes zur Hälfte eingeantwortet und erwarb die Beschwerdeführerin damit ua Miteigentum an inländischen Grundstücken.
Am reichte der anwaltliche Vertreter der Beschwerdeführerin über das FinanzOnline-Portal betreffend den vorgenannten Grundstückserwerb eine Abgabenerklärung für Zwecke der Grunderwerbsteuerfestsetzung ein, nachdem der anwaltliche Vertreter der belangten Behörde mit Schreiben vom bekannt gegeben hatte, dass infolge eines Versäumnisses seiner Kanzlei die Frist für die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer versäumt worden sei und er durch Urgenz des Gerichtskommissärs darauf aufmerksam geworden war.
Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde daraufhin die Grunderwerbsteuer betreffend den Einantwortungsbeschluss vom gegenüber der Beschwerdeführerin mit 1.863,58 Euro fest.
Den Daten des Steuerkontos der Beschwerdeführerin ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführerin gegenüber bislang - abgesehen von dem gegenständlichen Verspätungszuschlag - keine Verspätungszuschläge festgesetzt wurden. Ein Fristversäumnis bei der Einhaltung abgabenrechtlicher Anzeige- und Erklärungspflichten lag bislang nicht vor.
Der durchschnittliche Zinssatz für Kredite an private Haushalte (Neugeschäft) belief sich in den Jahren 2015 bis 2019 auf 2,98% per annum (Durchschnitt aus den Zinssätzen für Konsum, für Wohnbau und für sonstige Zwecke; 2015: 3,03%; 2016: 3,07%; 2017: 2,95%; 2018: 2,97%; 2019: 2,86%). Der durchschnittliche Einlagenzinssatz von privaten Haushalten (Bestand) betrug in den Jahren 2015 bis 2019 bei täglicher Fälligkeit 0,14% per annum (2015: 0,26%; 2016: 0,18%; 2017: 0,11%; 2018: 0,09%; 2019: 0,08%). Der Durchschnitt aus den vorgenannten Kredit- und Einlagenzinssätzen beläuft sich auf ca 1,56% per annum.
Beweiswürdigung
Die das Verlassenschaftsverfahren betreffenden Feststellungen beruhen auf dem aktenkundigen Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom und dem Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg betreffend die Berichtigung dieses Einantwortungsbeschlusses vom .
Die Feststellungen betreffend die Festsetzung von Verspätungszuschlägen beruhen auf den auf dem Steuerkonto der Beschwerdeführerin ersichtlichen Buchungen.
Die Feststellung der Höhe des das Jahr 2015 betreffenden durchschnittlichen Kreditzinssatzes für Kredite an private Haushalte sowie des durchschnittlichen Einlagenzinssatzes von privaten Haushalten in den Jahren 2015 bis 2019 beruht auf den von der Österreichischen Nationalbank veröffentlichten statistischen Daten (https://www.oenb.at/Statistik/Standardisierte-Tabellen/zinssaetze-und-wechselkurse/Zinssaetze-der-Kreditinstitute.html; abgerufen am ).
Im Übrigen ergeben sich die obigen Feststellungen aus den nicht der Aktenlage widersprechenden und auch von der belangten Behörde nicht widerlegten Ausführungen der Beschwerdeführerin (Beschwerde und Vorlageantrag) bzw ihres anwaltlichen Vertreters (Schreiben vom und Schreiben vom ).
Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.
Rechtliche Beurteilung
Vorliegen eines Fristversäumnisses
Gemäß § 8 Abs 4 GrEStG 1987 entsteht die Steuerschuld bei Erwerben durch Erbanfall mit der Rechtskraft des Beschlusses über die Einantwortung.
Gemäß § 10 Abs 1 GrEStG 1987 sind dem GrEStG 1987 unterliegende Erwerbsvorgänge bis zum 15. Tag des auf den Kalendermonat, in dem die Steuerschuld entstanden ist, zweitfolgenden Monats beim Finanzamt mit einer Abgabenerklärung anzuzeigen. Gemäß § 10 Abs 1 letzter Satz GrEStG 1987 entfällt diese Verpflichtung bei Erwerbsvorgängen, für die gemäß § 11 GrEStG 1987 eine Selbstberechnung der Steuer erfolgt.
Gemäß § 10 Abs 2 GrEStG 1987 ist die Abgabenerklärung durch einen Parteienvertreter im Sinne des § 11 GrEStG 1987 vorzulegen und elektronisch zu übermitteln.
Gemäß § 13 Abs 1 GrEStG 1987 haben Parteienvertreter für Erwerbsvorgänge, für die sie eine Selbstberechnung vornehmen, spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Anmeldungszeitraum), in dem die Selbstberechnung erfolgt, zweitfolgenden Kalendermonats eine Anmeldung über die selbst berechneten Erwerbsvorgänge beim Finanzamt vorzulegen.
Da im Beschwerdefall keine Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer erfolgte, wäre der gegenständliche Erwerbsvorgang, für den die Steuerschuld mit Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses vom am entstanden ist, bis zum mit einer Abgabenerklärung anzuzeigen gewesen. Dass dieser Verpflichtung nicht fristgerecht entsprochen wurde, ist unbestritten.
Vorliegen der Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlages
§ 135 BAO lautet: "Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen."
Die Festsetzung eines Verspätungszuschlages setzt gemäß § 135 BAO neben dem im Beschwerdefall unstrittig erfüllten objektiven Kriterium der nicht fristgerecht erfolgten Einreichung einer Abgabenerklärung (siehe dazu oben unter Punkt 3.1.) voraus, dass die Verspätung nicht entschuldbar ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist eine Verspätung entschuldbar im Sinne des § 135 BAO, wenn dem Abgabepflichtigen ein Verschulden nicht zugerechnet werden kann, dh, wenn er die Versäumung der Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung weder vorsätzlich noch fahrlässig herbeigeführt hat (). Bereits leichte Fahrlässigkeit schließt die Entschuldbarkeit aus (; , 2006/14/0054). Dem Verschulden des Abgabepflichtigen an der verspäteten Einreichung der Abgabenerklärung ist das Verschulden seines Vertreters gleichzuhalten (vgl zB ).
Auch das Verschulden eines berufsmäßigen Parteienvertreters ist demnach dem Vertretenen zuzurechnen; der Verspätungszuschlag ist jedoch dem Vertretenen gegenüber festzusetzen (vgl Stoll, BAO-Kommentar 1531; Ritz, BAO6 § 135 Rz 11 und die dort angeführten Nachweise der Rsp des VwGH).
Nach der herrschenden Ansicht gehört es zur Sorgfaltspflicht eines berufsmäßigen Parteienvertreters, organisatorisch dafür vorzusorgen, dass Abgabenerklärungen rechtzeitig erstellt und eingereicht werden können (vgl Stoll, BAO-Kommentar 1530 f mwN; ; , 3439/78).
Dass den anwaltlichen Vertreter der Beschwerdeführerin an der verspäteten Einreichung der Abgabeerklärung ein (nach der Maßgabe obiger Ausführungen der Beschwerdeführerin zuzurechnendes) Verschulden traf, wird weder von der Beschwerdeführerin noch von ihrem anwaltlichen Vertreter in Abrede gestellt und war die verspätet erfolgte Einreichung der Abgabenerklärung damit im Sinne des § 135 BAO nicht entschuldbar.
Ermessensübung bei der Festsetzung des Verspätungszuschlages
Treffen - wie im Beschwerdefall - die in § 135 BAO für die Festsetzung eines Verspätungszuschlages genannten Voraussetzungen (nicht oder verspätet eingereichte Abgabenerklärung und Nichtentschuldbarkeit der Verspätung) zu, kann im Rahmen des Ermessens ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, steht der Abgabenbehörde sowohl bei der Frage der Zuschlagsfestsetzung dem Grunde nach als auch bei der Festlegung des Ausmaßes des Verspätungszuschlages Ermessen zu (vgl zB ; Ritz, BAO6 § 135 Rz 4 mwN).
Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich gemäß § 20 BAO "in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen." Bei der Handhabung des Ermessens ist der Sinn der das Ermessen einräumenden Rechtsvorschrift zu beachten (vgl Stoll, BAO-Kommentar 204 f mwN).
Nach der Rsp des VwGH ist der Gesetzeszweck des Verspätungszuschlages darin zu erblicken, dass der Abgabepflichtige zur Erfüllung der ihn gesetzlich obliegenden Pflichten zur rechtzeitigen Einreichung von Abgabenerklärungen angehalten werden soll (), um damit die zeitgerechte Festsetzung und die Entrichtung der Abgabe sicherzustellen ().
Als Kriterien für die Ermessensübung zur Festlegung der Höhe des Verspätungszuschlages von maximal 10 Prozent der festgesetzten Abgabe sind nach der Rsp des VwGH vor allem das Ausmaß der Fristüberschreitung, die Höhe des durch die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung erzielten finanziellen Vorteils, das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (). Würde nur eines der vorgenannten Kriterien - etwa die Dauer der Verspätung - bei der Ermessensübung berücksichtigt, so wäre das nach § 135 BAO eingeräumte Ermessen nicht dem Gesetz entsprechend ausgeübt (vgl Ritz, BAO6 § 135 Rz 13; Rombold, SWK 2001, S 769). Im Allgemeinen ist eine Festsetzung des Verspätungszuschlages im Höchstausmaß von 10% der festgesetzten Abgabe nur in außergewöhnlichen Fällen, bei Zusammentreffen mehrerer erschwerender Umstände zulässig (vgl BVerfG , 2 BvR 652/65, zu § 168 Abs 2 Reichsabgabenordnung [Vorgängerbestimmung des § 135 BAO]). Somit ist auch bei einer außergewöhnlich langen Fristüberschreitung der Verspätungszuschlag nicht in höchstmöglichem Ausmaß festzusetzen, wenn nicht weitere erschwerende Umstände hinzutreten (vgl zB ).
Im vorliegenden Beschwerdefall ist betreffend die Erfüllung der vorgenannten Ermessenskriterien wie folgt auszuführen:
Im Beschwerdefall wurde die Abgabenerklärung iSd § 10 GrEStG 1987 nicht innerhalb der gesetzlichen Frist bis zum eingereicht, sondern erfolgte die Einreichung erst am , sodass es zu einer erheblichen Fristüberschreitung von ca 3 Jahren und 11 Monaten kam.
Betreffend die Schwere des Verschuldens an der eingetretenen Verspätung bei der Einreichung der Abgabenerklärung ist wie folgt auszuführen: Sowohl das Entstehen der Steuerschuld als auch die Frist zur Einreichung der Abgabenerklärung sind im vorliegenden Beschwerdefall eindeutig aus dem klaren Gesetzeswortlaut abzuleiten und kann bei einem berufsmäßigen Parteienvertreter, für den insoweit ein strengerer Maßstab als für rechtsunkundige Personen zu gelten hat, die Kenntnis dieser Bestimmungen vorausgesetzt werden. Mildernde Umstände objektiver oder subjektiver Natur wurden in diesem Zusammenhang nicht vorgebracht und sind solche auch der Aktenlage nicht entnehmbar, sodass nicht bloß von einem leichten Verschulden ausgegangen werden kann. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nach der Aktenlage keine Anhaltspunkte für ein vorsätzliches Verhalten vorliegen.
Mildernd zu berücksichtigen ist im Beschwerdefall jedenfalls das Gesamtverhalten der Beschwerdeführerin bei Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten; insbesondere dass bisher keine Fristversäumnisse bei der Erfüllung abgabenrechtlicher Anzeige- und Erklärungspflichten vorlagen und der Beschwerdeführerin gegenüber bislang - abgesehen von dem gegenständlichen Verspätungszuschlag - keine Verspätungszuschläge festgesetzt wurden.
Betreffend die Höhe des durch die verspätete Einreichung erzielten finanziellen Vorteils ist vor allem auf den durch das Hinausschieben der Abgabenschuld entstandenen Zinsvorteil Bedacht zu nehmen (vgl Stoll, BAO-Kommentar 1534). Der vom Steuerpflichtigen gezogene Vorteil kann grundsätzlich zeitraumbezogen festgelegt werden, wenn dabei das durchschnittliche Zinsniveau auf dem Kapitalmarkt ausreichend berücksichtigt wird (vgl BFH , I R 28/94). Der maßgebende Zinssatz kann summarisch ermittelt werden, wobei eine Orientierung an dem Durchschnitt zwischen Haben- und Schuldzinsen zulässig ist, da das Finanzamt andernfalls zu Spekulationen angehalten wäre, ob der Steuerpflichtige eine Steuernachzahlung bei rechtzeitiger Festsetzung aus Eigenmitteln begleichen hätte können oder ob dafür die Aufnahme von Fremdkapital erforderlich gewesen wäre (vgl zum Ganzen BFH , I R 28/94). Unter Zugrundelegung eines Durchschnittszinssatzes von ca 1,56% per annum (siehe dazu unter Punkt 1) lässt sich der von der Beschwerdeführerin in Summe erzielte Zinsvorteil somit (bezogen auf einen Zeitraum von 3 Jahren und 11 Monaten) mit ca 6,11% der festgesetzten Grunderwerbsteuer schätzen, wobei im Beschwerdefall keine - uU im Rahmen der Ermessenübung zu berücksichtigende (vgl ) - Abschöpfung dieses Zinsvorteils durch eine Festsetzung von Anspruchszinsen erfolgt ist.
Unter Berücksichtigung der erheblichen Dauer der Fristüberschreitung und des Vorliegens eines nicht nur geringen Verschuldens erfolgte die Festsetzung eines Verspätungszuschlages durch die belangte Behörde dem Grunde nach jedenfalls zu Recht. Betreffend die Höhe des Verspätungszuschlages ist gegenüber den vorgenannten erschwerenden Gründen jedoch das bislang untadelige Gesamtverhalten der Beschwerdeführerin bei Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten mildernd zu berücksichtigen und erscheint eine Festsetzung des Verspätungszuschlages im Höchstausmaß von 10% der festgesetzten Abgabe daher nicht gerechtfertigt. Unter Bedachtnahme auf die vorgenannten Gründe und in Anbetracht des durch die Beschwerdeführerin mit der verspäteten Einreichung der Abgabenerklärung erzielten Zinsvorteils erachtet das Bundesfinanzgericht die Berechnung des Verspätungszuschlages mit 6,11% der festgesetzten Grunderwerbsteuer als angemessen.
Unzulässigkeit der Revision
Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Ausübung des Ermessens geht, sofern weder Ermessensmissbrauch noch Ermessensüberschreitung vorliegt, über die Umstände des Einzelfalls nicht hinaus und stellt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dar (vgl zB , mwN), weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 8 Abs. 4 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 10 Abs. 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 10 Abs. 2 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 11 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 13 Abs. 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | BFH , I R 28/94 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.6100082.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at