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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 11.11.2021, RV/5300005/2018

Im Zweifel nicht erweisliche grob fahrlässige oder vorsätzliche Verkürzung von Umsatzsteuern durch einen Vereinsobmann, welcher eine allfällige Umsatzsteuerpflicht eines vom Verein betriebenen Swinger-Clubs ungeklärt belässt

Entscheidungstext

Weitere GZ. RV/5300006/2018

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Linz 1 des Bundesfinanzgerichtes hat durch die Richter Dr. Richard Tannert als Vorsitzenden und Mag.a Gertraud Brenneis als Berichterstatterin sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Stefan Raab und Mag. Peter Neumann in der Finanzstrafsache gegen 1.) A, geb. xxxxa, ehemaliger Vereinsobmann, whft. XXXA, als Beschuldigten und 2.) den Verein BB-Club, ZVR-Zahl qbqbqb, XXXB, als belangten Verband, beide vertreten durch Martin Friedl, Steuerberater, Marktplatz 2, 4650 Lambach, wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 1 und 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerden des Beschuldigten und des belangten Verbandes vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates V beim ehemaligen Finanzamt 9/18/19 Klosterneuburg als Organ des ehemaligen Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs als Finanzstrafbehörde vom , Geschäftszahl SpS-V, Strafnummern ***1*** und ***2***, in der Sitzung am nach in Anwesenheit des Beschuldigten, des nunmehrigen Obmannes C als Vertreter des belangten Verbandes, des Verteidigers Martin Friedl und der Amtsbeauftragten Hofrätin Dr. Edith Freynschlag-Jarz sowie der Schriftführerinnen Silke Heusl und Kerstin Schinagl durchgeführter mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Den jeweils auf die sie selbst betreffenden Bescheidteile eingeschränkten Beschwerden des Beschuldigten und des belangten Verbandes wird Folge gegeben und das Erkenntnis des Spruchsenates dahingehend abgeändert, dass es zu lauten hat wie folgt:

Die gegen A als Beschuldigten und den Verein BB-Club, ZVR qbqbqb, als belangten Verband unter den Strafnummern ***1*** und ***2*** beim vormaligen Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs als Finanzstrafbehörde (Rechtsnachfolger: das Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde) anhängigen Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes, A habe im Amtsbereich des genannten Finanzamtes in den Jahren 2014 bis 2016 als Obmann des Vereines, sohin als Wahrnehmender dessen steuerlichen Interessen, vorsätzlich a) unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärungen für die Veranlagungsjahre 2013 bis 2015 eine Verkürzung an Umsatzsteuer in Höhe von € 35.628,09 (2013: € 12.175,93 + 2014: € 12.654,38 + 2015: € 10.797,78) bewirkt sowie b) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen betreffend die Voranmeldungszeiträume Jänner bis Mai 2016 eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt € 7.135,60 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten und hiedurch Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG [Fakten Pkt. a)] und nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG [Fakten Pkt. b)] begangen, wobei den genannten Verein die finanzstrafrechtliche Verantwortung für die obgenannten Finanzvergehen des Vereinsobmannes gemäß § 3 Abs. 1 und 2 VbVG iVm § 28a Abs. 2 FinStrG treffe, werden im Zweifel zu Gunsten des Beschuldigten und des belangten Verbandes gemäß § 136 Abs. 1 FinStrG eingestellt.

II. Gegen diese Entscheidung ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

A. Mit Erkenntnis des Spruchsenates V beim vormaligen Finanzamt 9/18/19 Klosterneuburg als Organ des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs als Finanzstrafbehörde (Rechtsnachfolger nunmehr das Amt für Betrugsbekämpfung) vom , Geschäftszahl SpS-V, wurde in nichtöffentlicher Sitzung mit Spruchpunkt I. A schuldig gesprochen, er habe im Amtsbereich des Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs vorsätzlich als Obmann des Vereines BB-Club, ZVR-Zahl qbqbqb, a) unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch die Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärungen für die Veranlagungsjahre 2013 bis 2015 "lt. Bericht über die Außenprüfung vom " eine Verkürzung an Umsatzsteuer in Höhe von € 35.628,09 (2013: € 12.175,93 + 2014: € 12.654,38 + 2015: € 10.797,78) bewirkt sowie b) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1994 entsprechenden Voranmeldungen betreffend die Voranmeldungszeiträume Jänner bis Mai 2016 eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in Höhe von [unaufgeschlüsselt] € 7.135,60 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten und hiedurch Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG [Fakten Pkt. a)] und nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG [Fakten Pkt. b)] begangen, weshalb über ihn nach § 33 Abs. 5 [iVm § 21 Abs. 1 und 2] FinStrG eine Geldstrafe in Höhe von € 12.800,00 und gemäß § 20 FinStrG für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 32 Tagen verhängt worden sind; zusätzlich wurde dem Beschuldigten der Ersatz von pauschalen Verfahrenskosten nach § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG in Höhe von € 500,00 auferlegt (Bescheid vom , zugestellt am ).

B. Mit Spruchpunkt II. des obgenannten Erkenntnisses wurde auch der Verein BB-Club, ZVR-Zahl qbqbqb, als belangter Verband für schuldig befunden, dass ihn die [finanzstrafrechtliche] Verantwortung für die obgenannten Finanzvergehen des A gemäß § 3 Abs. 1 und 2 Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) iVm § 28a [Abs. 2] FinStrG treffe, die dieser als Entscheidungsträger im Sinne des § 2 Abs. 1 VBVG zu Gunsten des Verbandes begangen habe, und über ihn gemäß §§ 28a Abs. 2, 33 Abs. 5 [iVm § 21 Abs. 1 und 2] FinStrG eine Geldbuße in Höhe von € 10.000,00 verhängt; zusätzlich wurde dem Verband gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG ebenfalls der Ersatz von pauschalen Verfahrenskosten in Höhe von € 500,00 auferlegt (Bescheid vom , zugestellt ebenfalls am ).

C. Diesen Bescheiden hat der Spruchsenat folgende Feststellungen zugrunde gelegt:

Der am xxxxa geborene A sei österreichischer Staatsbürger, geschieden und habe keine Sorgepflichten. Er sei 2016 geringfügig beschäftigt gewesen und wohne in XXXA. Er sei [finanzstrafrechtlich] unbescholten.

Der belangte Verband betreibe seit 1992 an der obgenannten Anschrift einen Swingerclub. Der Verein sei ebenfalls finanzstrafrechtlich unbescholten. Seit fungiere D als Obfrau des Vereines; zuvor sei der Beschuldigte der Vereinsobmann gewesen.

A habe in dieser Funktion [sohin als Wahrnehmender der steuerlichen Interessen des Vereines] im [Amtsbereich] des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs vorsätzlich a) unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2013 bis 2015 laut dem Bericht über eine Außenprüfung vom eine Verkürzung an Umsatzsteuer in Höhe von € 35.628,09 (2013: € 12.175,93 + 2014: € 12.654,38 + 2015: € 10.797,78) bewirkt sowie b) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1994 entsprechenden Voranmeldungen betreffend die Voranmeldungszeiträume Jänner bis Mai 2016 eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in Höhe von [unaufgeschlüsselt] € 7.135,60 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten. Der Schaden sei zwischenzeitig geringfügig gutgemacht.

Den weiteren Ausführungen des Spruchsenates ist an Information zum finanzstrafrechtlich relevanten Sachverhalt noch zu entnehmen, dass in dem zitierten Außenprüfungsbericht festgestellt worden sei, dass der Verein BB-Club laut seinen Statuten nicht auf Gewinn ausgerichtet sei und der Zweck des Vereines "die Errichtung und der Betrieb eines Fitness- und Saunazentrums mit dem Recht zur persönlichen und gewünschten modernen Lebenseinstellung mit fallweisen Tanzveranstaltungen" sei. Auf der vom Verein betriebenen Internetseite www.bbb.at werde die Erlebnissauna "B" als "xxxxxxxxxx Swingerclub" angepriesen, der auf rund 4.000 m2 zahlreiche Spielzimmer und Freizeitbereiche, drei Bars, fünf Saunen und Wellnessbereiche, sowie ein Buffet anbiete. Die Eintrittspreise seien gestaffelt (Paare, Soloherren, Solodamen) und beinhalteten die Benützung der Anlage sowie [den Konsum der] Speisen und Getränke.

Laut Betriebsprüfung [und wohl auch nach der Ansicht des Spruchsenates] hat der belangte Verband tatsächlich eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung (LVO) [also eine Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht, die nicht typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen sei,] ausgeübt; ein Unternehmen im Sinne des § 2 UStG 1994 in Verbindung mit § 6 LVO liege vor. Aufgrund der vorgelegten Kassaaufzeichnungen und weiterer Unterlagen des Vereines hätten sich Einnahmen von jährlich mehr als € 200.000,00 ergeben. Auf Basis dieser Aufzeichnungen seien die Besteuerungsgrundlagen und die verfahrensgegenständlichen Umsatzsteuern ermittelt worden. Hinsichtlich der Körperschaftsteuer habe es einen Verlust ergeben.

Der erfahrene und im Wirtschaftsleben stehende Beschuldigte habe sich in Kenntnis der bestehenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen befunden, es dennoch aber unterlassen, für den Verein Steuererklärungen abzugeben, aufgrund derer das Finanzamt beurteilen hätte können, ob Liebhaberei vorliege oder nicht.

Bei der Bemessung der Strafen bzw. der Verbandsgeldbuße wertete der Spruchsenat jeweils als mildernd eine bisherige finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit, eine geringfügige Schadensgutmachung, als erschwerend jeweils einen längeren Tatzeitraum [eine Mehrzahl deliktischer Angriffe über einen längeren Zeitraum], sowie als zusätzlich mildernd beim Beschuldigten eine schwere Erkrankung [ohne auf Details einzugehen] und beim belangten Verband "die Verantwortung für das Handeln eines anderen".

D. Gegen dieses aus zwei Strafbescheiden zusammengesetzte Straferkenntnis haben sowohl der Beschuldigte als auch der belangte Verband mit gemeinsamen Schriftsatz ihres Verteidigers vom innerhalb offener Frist Beschwerden erhoben, in welchen sie nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Einstellung der Finanzstrafverfahren, in eventu die Verhängung einer erheblich niedrigeren Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe und Verbandsgeldbuße begehrten.

Zur Begründung der Rechtsmittel wurde ausgeführt:

Die Zuständigkeit und rechtmäßige Zusammensetzung des Spruchsenates seien vom Bundesfinanzgericht von Amts wegen zu prüfen, welches darüber Feststellungen zu treffen habe. Die im Zeitpunkt der Entscheidung verbindliche Geschäftsverteilung liege den Beschwerdeführern nämlich nicht vor.

Die Beschwerdeführer bestreiten nicht die Höhe der strafbestimmenden Wertbeträge, sondern den Vorwurf, der Beschuldigte habe die Offenlegungspflichten vorsätzlich verletzt und er habe die Verkürzungen an Umsatzsteuer für die Voranmeldungszeiträume Jänner bis Mai 2016 für gewiss gehalten. Der Beschwerdeschriftsatz stelle daher insbesondere und auch eine Schuldberufung [Schuldbeschwerde] dar.

[…] Der Spruchsenat führe hinsichtlich der subjektiven Tatseite nur aus, dass beim Beschuldigten von der Kenntnis der bestehenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen auszugehen sei, weil er eine erfahrene, im Wirtschaftsleben stehende Person sei.

Die Behauptung, der Beschuldigte sei auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe nicht eingegangen, sei objektiv falsch. Er habe in einem Schriftsatz vom vielmehr vorgebracht, die Offenlegungspflicht sei nur deshalb verletzt worden, weil auch "nach Ansicht der steuerlichen Vertretung Liebhaberei im Sinne § 1 Abs. 2 Z 2 LVO" vorgelegen sei, "weshalb weder Umsatz- noch Körperschaftsteuer zu entrichten wären." Dieses Vorbringen sei durch die im Schriftsatz herangezogenen Beweismittel belegt. Im Übrigen müsse sich in einem Finanzstrafverfahren ein Beschuldigter nicht "freibeweisen", der Schuldbeweis liege vielmehr bei der Finanzstrafbehörde bzw. beim Spruchsenat.

Was die Strafhöhe und die Höhe der Verbandsgeldbuße angehe, sei in aller Kürze auszuführen, dass im Erkenntnis die gesetzlichen Milderungsgründe und die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführer zu gering gewertet worden seien. Die Bemessungen der Geldstrafe und der Verbandsgeldbuße hätten daher - im Falle eines berechtigten Schuldspruches - insbesondere im Hinblick auf die aktive Mitwirkung des Beschuldigten an der Aufklärung des Sachverhaltes und bei der Ermittlung der Höhe der Abgaben und der Einbeziehung des Ausmaßes der Schadensgutmachung in jedem Fall erheblich niedriger, jedenfalls weit unter der Mindestgeldstrafe bzw. der Mindestgeldbuße ausfallen müssen. Dass der Spruchsenat bei der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe mit 32 Tagen in jedem Fall übertrieben habe, bedürfe wohl keiner weiteren Erörterung.

E. In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzstrafsenat des Bundesfinanzgerichtes am hat der Beschuldigte zur Sache angegeben wie folgt:

Er habe deswegen die Umsätze des Vereines BB-Club als nicht umsatzsteuerpflichtig behandelt, weil ihm das so gesagt worden sei. Er habe ja neben seiner Tätigkeit als Obmann des Vereines sich auch gewerblich betätigt, er habe an der Wohnungsadresse einen Deko-Shop, einen Quad-Handel und auch eine Werkstätte unterhalten. Ebenso habe er umsatzsteuerpflichtig die Liegenschaft an den Verein vermietet.

Im Jahre 2000 sei er vom Finanzamt geprüft worden (Prüfer E), wobei ihm gesagt worden sei, dass die bisherige Miete von monatlich ATS 36.000,00 zu niedrig wäre und auf monatlich ATS 84.000,00 brutto zu erhöhen sei, was er auch rückwirkend für dreieinhalb Jahren gemacht habe. Das Ganze aus der Überlegung heraus geschehen, dass diese wirtschaftliche Beziehung zwischen ihm und dem Verein in steuerlicher Hinsicht einen Fremdvergleich standzuhalten hatte.

Im Jahre 2004 sei er nochmals geprüft worden (Prüfer F), wobei die bisherige umsatzsteuerliche Beurteilung des Vereines bestätigt worden sei. Der Verein wäre nicht umsatzsteuerpflichtig, weil Liebhaberei vorläge. Das sei ihm sehr unangenehm gewesen, weil er deswegen als Obmann des Vereines dessen Vorsteuer aus den Investitionen, insbesondere aus den Zubauten und der erneuerten Inneneinrichtung, nicht geltend machen hätte können.

Er habe mit seiner damaligen Steuerberaterin Mag.G über die umsatzsteuerliche Beurteilung der Vereinstätigkeit gesprochen. Diese habe die Einschätzung der Tätigkeit des Swingerclubs als Liebhabereibetrieb akzeptiert und auch das steuerliche Rechenwerk entsprechend behandelt.

Sie hätten die Sache dann immer gleich weiter behandelt, auch weil sich am Lokal und an der Tätigkeit des Vereines nichts Wesentliches geändert hätte.

Er bestreite daher, vorsätzlich die Tätigkeit des Vereines in umsatzsteuerlicher Hinsicht falsch behandelt zu haben.

Er habe nicht einmal fahrlässig gehandelt, weil er diesbezüglichen Kontakt mit den Abgabenbehörden hatte und der Einschätzung der Lage durch seine Steuerberaterin vertrauen hätte können, zumal sich ja wie gesagt nichts Wesentliches geändert hatte. Er sei dann aus allen Wolken gefallen, wie er die Nachzahlung bekommen habe.

Auf Befragen durch die Berichterstatterin: Er habe jährlich ein Kassabuch geführt und habe sich im Verein auch das Betriebsergebnis ausgerechnet, wonach jährlich etwa plus/minus € 15.000,00 ein leichter Verlust oder ein leichter Gewinn herausgekommen seien. Diese Unterlagen seien bei der Prüfung vorhanden gewesen. Er habe die Unterlagen auch anlässlich seiner Prüfungen dem Prüfer gezeigt, woraufhin dieser sich entsprechend geäußert habe.

Auf Befragen durch die Amtsbeauftragte: Ob er seiner Steuerberaterin auch konkret diese Unterlagen gezeigt habe, sei ihm im Nachhinein jetzt im Detail nicht mehr erinnerlich. Auf Nachfragen: Seine Steuerberaterin hat nicht konkret eine ausdrückliche Festlegung geäußert, dass die Tätigkeit des Vereins umsatzsteuerrechtlich Liebhaberei sei, sie habe den Deal mit der Finanz akzeptiert. Sie habe sich auch nicht so recht ausgekannt, habe sich aber auf das verlassen, was die Finanz gesagt hat.

F. Zu seinen nunmehrigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen hat der Beschuldigte in der besagten Verhandlung [in Überstimmung mit den Daten einer aktuellen Finanzdatenabfrage] angegeben wie folgt:

Er sei nunmehr Pensionist und erhalte eine kleine Pension im Ausmaß von monatlich netto € 1.250,00 (jährlich x 14) von der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen. Weitere Einkünfte habe er nicht mehr. Insbesondere seien auch die Mieteinkünfte weggefallen, weil er das Objekt an der Anschrift des Swingerclubs aufgrund seiner Schulden verkauften musste. Der Kaufpreis wurde zur Abdeckung der Schulden verwendet. Nunmehr sei er schuldenfrei, habe aber auch kein Aktivvermögen. Er besitze nur einen zehn Jahre alten PKW der Marke Crysler. Er wohne an der Ladungsanschrift, habe dort ein unentgeltliches Wohnrecht, sei aber nicht Eigentümer. Das Wohnrecht sei grundbücherlich eingetragen. Er habe keine Sorgepflichten, wohne alleine und sei geschieden.

G. Der Beschuldigte in der mündlichen Verhandlung weiters: Gesundheitlich gehe es ihm sehr schlecht, weil er nur mehr eine eingeschränkte Lungenfunktion habe, welche vor drei Jahren mit zwanzig Prozent festgestellt worden sei. Er habe COPD (chronic obstructive pulmonary disease [chronisch obstruktive Lungenerkrankung]). Die Anzahl der Lungenbläschen werde immer weniger, das Lungengewebe vernarbt. Er habe auch schon versucht, beim Schlafen mit einer Maske Sauerstoff zusätzlich zuzuführen, er sei aber damit nicht zurechtgekommen.

Laut dem diesbezüglich vorgelegten Ausdruck eines beim Beschuldigten durch eine Facharztpraxis vorgenommenen großen Lungenfunktionstest (Bodyplethysmographie) vom hat der dazu markierte Wert FEV1 (das Ausatmungsvolumen in der ersten Ausatmungssekunde, siehe Abfrage Wikipedia) 52,65 bzw. 58,72 % des Soll-Wertes betragen. Laut Wikipedia, Diagnose und Stadien- bzw. Schweregradeinteilung deutet dies auf den Schweregrad II von vier Schweregraden hin (49 % Soll < FEV1 < 80 % Soll). Der ebenfalls vorgelegte Ausdruck zur Diffusion in einem Single-Breath-Test ergab jedoch einen TLCO SB-Wert (Transferfaktor im Vergleich zum Sollwert) von 21,52 % bzw. TLCO/VA-Werte (ventilationsabhängige Bestimmung des Alveolarvolumens - VA mittels Helium in Bezug zum TLCO) von 23,77 und 26,70 % des Soll-Wertes. Werte unter 40 % werden als schwere Diffusionsstörung bezeichnet (vgl. Abfrage Internet lungenfunktion.eu, Grundlagen und Interpretation in sieben Schritten).

H. Zur aktuellen wirtschaftlichen Situation des Vereines BB-Club, ZVR-Zahl qbqbqb, hat der nunmehrige Obmann C in der mündlichen Verhandlung ausgeführt wie folgt:

Aufgrund von Covid-19 gingen die Geschäfte des Vereines bzw. des Swingerclubs sehr schlecht, der Betrieb wäre acht bzw. vier Monate überhaupt geschlossen gewesen. Förderung bzw. Unterstützung sei beantragt beantragen wobei, wobei vorerst in Anbetracht des anhängigen Finanzstrafverfahrens auch Schwierigkeiten bestanden hätten, die beantragten Unterstützungen zu erhalten. Das hätte aber wieder bereinigt werden können.

Insgesamt gesehen werde der Swingerclub an der genannten Adresse nach wie vor betrieben, wobei die Rechtsansicht der Finanzverwaltung hinsichtlich der Umsatzsteuerpflicht des Vereines nunmehr angewandt werde. Es gebe eine Finanzbuchhalterin, welche zur Erstellung der monatlichen Voranmeldungen beschäftigt wird, und es gebe einen Steuerberater, welcher für den Verein die Jahresabschlüsse mache. Im Übrigen sei hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse auf den Steuerakt [des belangten Verbandes] zu verweisen. Am Abgabenkonto bestünde kein Rückstand. Da der belangte Verband in einer sensiblen Branche tätig sei, wäre man bemüht, die Vorgaben der Behörden genauestens zu befolgen, und führte man dazu eine intensive Kommunikation. Mit dem Hinweis auf eine sensible Branche sei aber keineswegs gemeint, dass der Verein im Rotlicht-Milieu tätig wäre; davon grenze man sich völlig ab.

I. Dem Abgabenkonto betreffend den belangten Verband ist zu entnehmen, dass die verkürzten Umsatzsteuern der Veranlagungsjahre 2013 bis 2015 in Höhe von insgesamt € 25.628,09 nachträglich mittels Ratenzahlungen und einzelnen Gutbuchungen bis zum entrichtet worden sind. Die Verkürzungen von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer betreffend die Voranmeldungszeiträume Jänner bis Mai 2016 in Höhe von € 7.135,60 in weiterer Folge ebenfalls mittels Ratenzahlungen bis zum entrichtet worden sind, sodass Schadensgutmachung eingetreten ist (Abfrage Abgabenkonto des Vereines).

J. Laut entsprechender Abfragen sind in Übereinstimmung mit den Parteiangaben der Beschuldigte und der belangte Verband in finanzstrafrechtlicher Hinsicht unbescholten.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Anhaltspunkte für eine nicht gehörige Zusammensetzung des laut damaliger Geschäftsverteilung (Abfrage aus dem Intranet) für die Finanzstrafsache gegen den Beschuldigten tatsächlich zuständigen Spruchsenates V beim Finanzamt 9/18/19 Klosterneuburg als Organ des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs als damals zuständige Finanzstrafbehörde liegen nicht vor; so sind tatsächlich die laut Geschäftsverteilung erstgereihte Richterin des Dienststandes als Vorsitzende und der ebenfalls erstgereihte Laienbeisitzer eingeschritten; lediglich als Berichterstatter ist der nur viertgereihte Organwalter eingeschritten. Konkrete Umstände, wonach die erstgereihte und die beiden nächstgereihten Personen in Anbetracht einer erforderlichen raschen Verfügbarkeit etwa nicht verhindert gewesen wären, sind den Akten nicht zu entnehmen und wurden auch nicht behauptet.

2. In der Sache selbst erweisen sich jedoch die jeweils auf die eigene Sache eingeschränkten Beschwerden des Beschuldigten und des belangten Verbandes als berechtigt.

3. Gemäß § 119 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) hatten Unternehmer bzw. Abgabepflichtige und die Wahrnehmenden deren steuerlichen Interessen (hier gegebenenfalls: der Beschuldigte A als damaliger Obmann des Vereins BB-Club, ZVR-Zahl qbqbqb) die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht bedeutsamen Umstände nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offen zu legen. Die Offenlegung musste vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. Dieser Offenlegung dienten gemäß Abs. 2 leg.cit. unter anderem Abgabenerklärungen, wozu - bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen - auch Umsatzsteuerjahreserklärungen und Umsatzsteuervoranmeldungen gehörten.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hatten also die zur Vertretung einer juristischen Person (hier: des genannten Vereines BB-Club) berufenen Personen (hier: der damalige Vereinsobmann A) alle Pflichten zu erfüllen, die der von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die dieser zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie hatten insbesondere auch dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Ebenso hatten gemäß § 120 Abs. 1 BAO die abgabepflichtigen Unternehmer bzw. deren Wahrnehmende (hier gegebenenfalls der Beschuldigte) dem zuständigen Finanzamt alle Umstände binnen Monatsfrist (§ 121 BAO) anzuzeigen, die hinsichtlich einer Abgabe vom Umsatz die persönliche Abgabepflicht begründen. In gleicher Weise war nach dieser Gesetzesstelle die Begründung eines gewerblichen Betriebes (einer Betriebsstätte) bzw. einer sonstigen selbständigen Erwerbstätigkeit dem zuständigen Finanzamt anzuzeigen.

4. Gemäß § 2 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) 1994 galt als Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausgeübt hat. Dabei galt als gewerblich oder beruflich jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, gefehlt hat oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig geworden ist. Die Unternehmenseigenschaft auch ohne Gewinnerzielungsabsicht ergab sich aus dem Verbrauchsteuercharakter der Umsatzsteuer, weil es dabei nicht darauf ankommen kann, ob der Unternehmer Gewinne erzielt oder nicht. Um gewinnorientierte Betätigungen im Vergleich zu Liebhabereien (Voluptuartätigkeit) in Bezug auf einen Vorsteuerabzug nicht ungleich zu stellen, wurde die Liebhaberei ab 1984 aus dem Unternehmensbereich ausgenommen: Gemäß § 2 Abs. 5 Z 2 UStG 1994 gilt nicht als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten lässt. Die Interpretation dieser Vorschrift ist anfangs strittig gewesen, indem der Verwaltungsgerichtshof vorerst Verlustbetriebe jeder Art, unabhängig von der Art der Tätigkeit und der Rechtsform als nichtunternehmerisch einstufte (vgl. z.B. ). Demgegenüber hat sich ein Teil der Lehre für einen engeren Liebhabereibegriff ausgesprochen, indem die Voluptuartätigkeit im umsatzsteuerrechtlichen Sinn auf typische Hobbytätigkeiten beschränkt wurde (vgl. Ruppe, ÖStZ 1984, 188; Stoll, FS Wenger, 479). Die auch zu § 2 Abs. 5 UStG 1994 ergangene Liebhabereiverordnung (LVO), BGBl 1993/33, hier im strafrelevanten Zeitraum idF BGBl II 1997/358, folgte dieser einschränkenden Auffassung (zur in Steuerfachkreisen bekannten Rechtsentwicklung siehe bereits z.B. Doralt/Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechtes I7, S. 408): Gemäß § 6 LVO kann eine Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn nur bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2 LVO vorliegen, nicht hingegen bei anderen Betätigungen.

Gemäß dieser zitierten Verordnungsstelle ist Liebhaberei nur unter bestimmten Voraussetzungen anzunehmen, wenn Verluste entstehen 1. aus der Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern, die sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen (z.B. Wirtschaftsgüter, die der Sport- und Freizeitausübung dienen, Luxuswirtschaftsgüter) und typischerweise einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechen, 2. aus Tätigkeiten, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen sind, oder 3. aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten. In umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht ist daher - in Fachkreisen wohl bekannt - eine nicht steuerbare Liebhaberei nur bei Betätigungen vorgelegen, deren Schwergewicht in der privaten Lebensführung gelegen war, nicht hingegen für sonstige verlustbringende oder gewinnlose Tätigkeiten, auch wenn bei diesen auf die Dauer mit einem Vorsteuerüberhang zu rechnen war (vgl. Doralt/Ruppe aaO).

5. Völlig zu Recht hat daher im gegenständlichen Fall der Prüfer im Zuge seiner Außenprüfung betreffend den belangten Verband im Jahre 2016 auch den verfahrensgegenständlichen Geschäftsbetrieb des laut Eigendefinition xxxxxxxxxx mit einer Veranstaltungsfläche von rund 4.000 m2 im verfahrensgegenständlichen Zeitraum in umsatzsteuerlicher Hinsicht aus der Position des Betreibers nicht als einen Aspekt einer privaten Lebensführung bzw. damit nicht als Liebhaberei qualifiziert (Prüfungsbericht vom zu ABNr. pppp/16, Tz. 1), mag auch die Art der Nutzung des Areals durch die Kunden des Etablissements im Rahmen ihrer sexuellen Betätigung einen höchst privaten Bereich ihrer Lebensführung betroffen haben.

Die tatsächliche Umsatzsteuerpflicht des Vereines im Rahmen seines Unternehmens, der Führung des verfahrensgegenständlichen Swingerclubs, in den hier relevanten Jahren 2013 bis 2016 wird auch von den Verfahrensparteien nicht in Streit gezogen; ebenso erscheinen die von der Außenprüfung zu ABNr. pppp/16 ermittelten Umsatzsteuern in Nachvollziehung der Argumentation des Prüfers unbedenklich und werden nicht bestritten.

6. Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 hatte im strafrelevanten Zeitraum ein Unternehmer (hier der eben nicht umsatzsteuerbefreite Verein BB-Club) bzw. der dessen steuerliche Interessen Wahrnehmende (hier der Beschuldigte als Vereinsobmann) für Verein spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung beim zuständigen Finanzamt einzureichen, in der die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder der auf den Voranmeldungszeitraum entfallende Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 UStG 1994 bzw. § 16 UStG 1994, insbesondere unter Abzug anfallender Vorsteuern, selbst zu berechnen war. Die Voranmeldung galt als Steuererklärung. Der Unternehmer bzw. für diesen der Wahrnehmende hatte eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Dieser Voranmeldungszeitraum war bzw. ist grundsätzlich ein Kalendermonat; wenn jedoch die Umsätze im vorangegangenen Kalenderjahr den Betrag von € 22.000,00, ab betreffend 2010 den Betrag von € 30.000,00 bzw. ab betreffend 2011 den Betrag von € 100.000,00 nicht überstiegen haben, umfasste ein Voranmeldungszeitraum ein Kalendervierteljahr (§ 21 Abs. 2 UStG 1994). - Letzeres ist in Ansehung der getätigten Umsätze des Vereines (siehe die Niederschrift vom über die Schlussbesprechung zu ABNr. pppp/16, Pkt. 3, Besteuerungsgrundlagen) nicht von Relevanz.

7. Gemäß § 21 Abs. 4 UStG 1994 wurde der Unternehmer bzw. eine juristische Person wie hier der genannte Verein nach Ablauf des Kalenderjahres zur Umsatzsteuer veranlagt, wobei vom Wahrnehmenden seiner steuerlichen Interessen entsprechende Steuererklärungen abzugeben waren. Diese Steuererklärungen waren gemäß § 134 Abs. 1 BAO bis Ende April und im Falle der elektronischen Einreichung bis Ende Juni des Folgejahres (Rechtslage ab dem ) einzureichen. Auch in diesen Umsatzsteuererklärungen hatte der Unternehmer bzw. der Wahrnehmende seiner steuerlichen Interessen in gleicher Weise wahrheitsgemäße Angaben zu machen.

8. Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG machte sich ein Unternehmer bzw. der Wahrnehmende der steuerlichen Interessen des Unternehmers einer Abgabenhinterziehung schuldig, wenn er vorsätzlich unter Verletzung der genannten Verpflichtung zur Abgabe von dem obgenannten § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer bewirkte und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten hat. Dabei waren gemäß § 33 Abs. 3 lit. b FinStrG derartige Abgabenverkürzung bewirkt, wenn solche Selbstbemessungsabgaben ganz oder teilweise nicht (am Fälligkeitstag) entrichtet wurden. Zur Erfüllung des Tatbestandes einer Hinterziehung nach § 33 Abs 2 lit. a FinStrG waren daher erforderlich eine zumindest bedingt vorsätzliche Verletzung der Verpflichtung zur fristgerechten Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung und eine zumindest wissentliche Nichtentrichtung der Vorauszahlung an Umsatzsteuer bis zum Ablauf des jeweiligen Fälligkeitstages (erste Tatvariante).

9. Anstelle von Hinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG machte sich eine derartige Person einer Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG schuldig, wenn sie (zumindest bedingt) vorsätzlich unter Verletzung der diesbezüglichen abgabenrechtlichen Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht im Sinne der obgenannten Bestimmungen die Verkürzung einer Umsatzsteuer bewirkte, indem sie beispielsweise die Verständigung der zuständigen Abgabenbehörde über die unternehmerische Tätigkeit des Vereines unterlassen hat, keine Voranmeldungen übersenden hat lassen, die diesbezüglichen Vorauszahlungen an Umsatzsteuer nicht berechnen hat lassen und logischerweise auch deren Entrichtung nicht veranlasst hat, sowie in weiterer Konsequenz auch die Einreichung der Umsatzsteuererklärung für das Veranlagungsjahr bis zum Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist unterlassen hat, sodass - entsprechend seinem Tatplan - infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Umsatzsteueranspruches die bescheidmäßig festzusetzende Umsatzsteuer für das Veranlagungsjahr nicht mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist festgesetzt werden konnte (§ 33 Abs. 3 lit. a Fall 2 FinStrG).

10. Bedingt vorsätzlich (als Verwirklichung der niedersten Stufe des Vorsatzes) handelt nach § 8 Abs. 1 FinStrG derjenige, der einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Bedingter Vorsatz ist etwa für die Erfüllung des Tatbestandes des § 33 Abs. 1 FinStrG erforderlich.

Wissentlich handelte gemäß § 5 Abs. 3 Strafgesetzbuch (StGB) jemand, der den Umstand oder den Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich, sondern ein Vorliegen oder Eintreten für gewiss gehalten hat.

Bezüglich der Hinterziehungen von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG wurde hinsichtlich der subjektiven Tatseite somit zumindest gefordert: Einerseits bedingter Vorsatz in Bezug auf die Verletzung der abgabenrechtlichen Verpflichtung zur zeitgerechten Einreichung von ordnungsgemäßen Umsatzsteuervoranmeldungen und andererseits Wissentlichkeit in Bezug auf die nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages erfolgte Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen.

11. Gemäß § 34 Abs. 1 FinStrG (in der zu den Zeitpunkten des Bewirkens der Verkürzungen an Umsatzsteuer im Sinne des genannten § 33 Abs. 3 lit. a Fall 2 FinStrG betreffend die Veranlagungsjahre 2013 und 2014 am und geltenden Fassung) machte sich statt einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG in der oben beschriebenen Form einer fahrlässigen Abgabenverkürzung schuldig, wer fahrlässig - unter Verletzung der ihm gebotenen, möglichen und zumutbaren Sorgfalt - die obgenannten Verkürzungen an Umsatzsteuer bewirkte.

Gemäß § 8 Abs. 2 FinStrG idF BGBl I 2010/104 handelt fahrlässig, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht (unbewusste Fahrlässigkeit). Fahrlässig handelt aber auch, wer es für möglich hält, dass er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will (bewusste Fahrlässigkeit): Aufgrund der Außerachtlassung der ihm möglichen, gebotenen und zumutbaren Sorgfalt handelt er aber im Vertrauen darauf, dass der deliktische Erfolg nicht eintreten werde.

Strafbar ist solcherart nach der Rechtslage des Tatzeitrechtes für die verfahrensgegenständlichen Verkürzungen an Umsatzsteuer 2013 und 2014 bereits die normale (leichte) Fahrlässigkeit. Dieses Verschulden kann eine Steigerung erfahren hin zur groben Fahrlässigkeit.

12. Zur groben Fahrlässigkeit findet sich nunmehr im § 8 Abs. 3 FinStrG, angefügt durch das StRefG 2015/2016, BGBl I 2015/118 mit Wirkung ab dem , eine ausdrückliche Definition, welche aber inhaltlich schon zuvor angewendet werden kann:

Von einer groben Fahrlässigkeit spricht man sohin etwa, wenn der Täter derart ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt, dass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar gewesen ist (hier: dass für den Verein BB-Club bescheidmäßig festzusetzende Umsatzsteuern für die Veranlagungsjahre 2013 bis 2015 nicht mit Ablauf der Erklärungsfrist festgesetzt werden würden).

13. In Anbetracht des anzuwendenden Günstigkeitsvergleiches nach § 4 Abs. 2 FinStrG zwischen dem Tatstrafrecht und dem Entscheidungsstrafrecht wäre im Falle einer Qualifizierung des verfahrensgegenständlichen Fehlverhaltens des Beschuldigten als lediglich fahrlässig jedenfalls die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Spruchsenates das im Vergleich für ihn günstigere Recht (in welchem lediglich grob fahrlässiges Handeln strafbar geblieben ist).

14. Werden Vorauszahlungen an Umsatzsteuer (hier betreffend die Voranmeldungszeiträume Jänner bis Mai 2016) lediglich (grob) fahrlässig verkürzt, erfüllt dies keinen strafbaren Tatbestand des Finanzstrafrechtes.

15. Gemäß § 1 Abs. 2 FinStrG sind Verbände im Sinne des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes - VbVG (hier der Verein BB-Club, ZVR-Zahl qbqbqb, vgl. § 1 Abs. 2 VbVG) nach Maßgabe des § 28a FinStrG für Finanzvergehen verantwortlich. Gemäß § 28a Abs. 2 Satz 1 FinStrG sind für von der Finanzstrafbehörde zu ahndende Finanzvergehen von Verbänden die §§ 2, 3, 4 Abs. 1, 5, 10, 11 und 12 Abs. 2 VbVG sinngemäß anzuwenden. Demnach trägt ein Verband wie der genannte Verein gemäß § 3 Abs. 1 und 2 VbVG die finanzstrafrechtliche Verantwortlichkeit für rechtswidrig und schuldhaft begangene Finanzstraftaten eines Entscheidungsträgers (hier: seines Obmannes), wenn 1. die Finanzstraftat zu seinen Gunsten begangen worden ist (etwa indem ihm ein höherer Vermögensstand verbleibt, weil geschuldete und fällige Umsatzsteuern nicht in Voranmeldungen bekanntgegeben und fristgerecht entrichtet worden sind bzw. eine bescheidmäßig festzusetzende Umsatzsteuer infolge Unkenntnis des Fiskus vom diesbezüglichen Abgabenanspruch nicht vorgeschrieben worden ist) oder 2. durch die Finanzstraftat Pflichten verletzt worden sind, die den Verband treffen (etwa seine abgabenrechtliche Verpflichtung zur fristgerechten Übersendung von Umsatzsteuervoranmeldungen an die Abgabenbehörde und zur fristgerechten Entrichtung oder Abfuhr von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer oder zur fristgerechten Einreichung von Umsatzsteuer-Jahreserklärungen).

16. Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG haben die Finanzstrafbehörden - und gemäß § 157 FinStrG auch das Bundesfinanzgericht - unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrensnach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht; bestehen Zweifel, so darf die Sache nicht zum Nachteil des Beschuldigten bzw. des belangten Verbandes angenommen werden. Dabei ist der Nachweis nicht nur hinsichtlich der objektiven, sondern auch hinsichtlich der subjektiven Tatseite zu führen. Bleiben Zweifel bestehen, sind diese somit zugunsten des Beschuldigten bzw. des belangten Verbandes beachtlich.

17. Zur subjektiven Tatseite ist solcherart auszuführen:

17.1. Die Aufgabe eines Betriebsprüfers ist es gewesen, den abgabenrechtlich relevanten Sachverhalt zu ermitteln und auf Basis dieser seiner Feststellungen für eine korrekte Besteuerung desselben zu sorgen. Zusätzlich hat er auch diesbezüglich relevantes Kontrollmaterial betreffend Geschäftspartner des von ihm geprüften Unternehmens zu erstellen. Im Sinne dieser Aufgabe hat auch der Betriebsprüfer E anlässlich einer Betriebsprüfung betreffend A am eine Kontrollmitteilung in Form eines Aktenvermerkes erstellt, in welchem er seinen Wissensstand mitgeteilt hat:

"Herr A vermietet Räumlichkeiten (zumindest tlw eingerichtet) in XXXB an obigen Verein, welcher an diesem Standort einen Swingerclub betreibt.
Dieser Verein ist bis dato steuerlich nicht erfasst. Frühere Erhebungen endeten mit dem Verdacht der Liebhabereitätigkeit.
Die steuerliche Behandlung des Vereines war zwar nicht Gegenstand der Bp, jedoch werden nachfolgend Informationen, welche im Zusammenhang mit der steuerlichen Beurteilung von Interesse sein können, mitgeteilt.
* Die Gäste zahlen einen pauschalen Eintritt und können dafür sämtliche Einrichtungen (verschiedene Spielzimmer, Hallenbad, Sauna, Dampfbad etc.) benützen sowie Speisen und Getränke gratis konsumieren (Eintrittspreise siehe beiliegende Kopie)
* Der Verein zahlt aufgrund der [laut den] Feststellungen der Bp jährlich ATS 840.000,-- netto 20% Miete an A (siehe Bp-Bericht).
* Der Verein produziert lt. Auskunft der EVN jährlich ca. ATS 300.000,-- alleine Stromkosten.
* Die Gattin des A ist beim Verein angestellt. SV wird aufgrund verwaltungsökonomischer Überlegungen der NÖGKK auf das Beitragskonto A abgeführt (detto L).
Da dem Prüfer keinerlei Unterlagen des Vereins zur Verfügung standen (es gibt angeblich ein Kassabuch) kann zur Einnahmensituation des Vereines keine Aussage getroffen werden. Hinweise, welche den früher aufgestellten Liebhabereiverdacht entkräften könnten, wurden jedoch auch nicht gefunden. Sollte die steuerliche Erfassung des Vereines überlegt werden, erscheint eine vorherige Erhebung hinsichtlich des Einnahmen-Ausgaben- bzw. Umsatzsteuer-Vorsteuer-Verhältnisses unter Berücksichtigung obiger Informationen zweckmäßig.
Der Prüfer:
{Unterschrift}".

17.2. Folgt man im Wesentlichen der Darstellung des Beschuldigten in Verbindung mit der übrigen Aktenlage, ist von A in einem speziellen Bereich der Freizeit- und Unterhaltungsbranche seit 1992 (Gründungsjahr des Vereines) mit dem Swinger-Club in XXXB ein Unternehmen von einigem wirtschaftlichen Gewicht aufgebaut worden.

In einer Verkaufsannonce vom (Gewerbeimmobilien.at) hat A selbst seine geschäftliche Betätigung anlässlich von Ruhestandsüberlegungen wie folgt beschrieben:

"B
[…] Nach nunmehr 22 Jahren, die ich den größten und phantasievollsten Swingerclub Österreichs, ausgezeichnet mit 5 Sternen und den Goldenen Eros, die Erlebnissauna B, aufgebaut und geführt habe, geht es nun in den wohlverdienten Ruhestand. Ich möchte den Club in gute Hände weitergeben. Die Sauna ist nach wie vor in Betrieb und sehr gut besucht, daher handelt es sich hier sicher um eine gute Wertanlage. Bei der Liegenschaft handelt es sich um ein Ertragsobjekt, bestehend aus einem Gästehaus (inkl. 1 Wohnung, 1 Garsoniere, 5 Fremdenzimmer), dem Lokal (5 Saunen, 1 Hallenbad, über 20 Zimmer, 6 Bambushütten für Nächtigung) und einem Wohnhaus mit 2 Wohneinheiten, Garagen für ca. 10 Autos, auf einer Grundstücksfläche von ca. 5.000 m² und Gesamträumlichkeiten von ca. 2.500 m². Weiters sind Parkplätze für ca. 70 Autos vorhanden. Es besteht die Möglichkeit eines Teilverkaufes bzw. Teilverpachtung der Liegenschaft."

17.3. In der Darstellung gegenüber dem Fiskus hat der Beschuldigte sich bei dieser seiner geschäftlichen Betätigung für den Betrieb des Unternehmens eines Vereines, nämliches des nunmehrigen belangten Verbandes, bedient, wobei er hier auch nach außen als dessen Entscheidungsträger, nämlich als dessen Vereinsobmann aufgetreten ist. Er selbst würde lediglich einen entsprechenden Pacht- oder Mietszins aus dem Unternehmen ziehen, indem er das Objekt gegenüber dem Verein vermieten / verpachten würde.

In Anbetracht der von ihm - naheliegend nach entsprechend fachkundiger Beratung - gewählten rechtlichen Gestaltungsweise des Betriebsgeschehens musste A sich dabei wohl auf Dauer mit zwei Fragen auseinandersetzen: Erstens, würde der Fiskus die Organisation der Unternehmung akzeptieren und nicht den Betrieb des Swinger-Clubs infolge eines unterstellten Missbrauchs der Gestaltungsmöglichkeiten des privaten Rechtes ihm persönlich zurechnen, und zweitens, würde der Fiskus akzeptieren, dass der - nun vom Verein geführte - Swinger-Club tatsächlich kein Besteuerungsobjekt darstellte, eben weil ein Voluptuarbetrieb bestehen würde. Diese steuerliche Beurteilung ist dem Beschuldigten offenkundig auch wichtig gewesen, weil er etwa auch zur Erreichung der Fremdüblichkeit seiner Geschäftsbeziehung das Entgeltsausmaß hinsichtlich der Verpachtung laut eigener Darstellung massiv angepasst hat.

Dabei kann es in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, auf welche Weise der Prüfer die Erhöhung des Entgeltes veranlasst hat. In Zweifel zugunsten für den Beschuldigten wird jedenfalls nicht unterstellt, dass entgegen der tatsächlichen Gestaltung des wirtschaftlichen Sachverhaltes eine amtsmissbräuchliche Absprache dahingehend stattgefunden hätte, dass nachträglich ein (allenfalls fiktiver) Geldfluss konstruiert worden sei. Wohl aber ist festzustellen, dass A nach entsprechender Beratung bezüglich der steuerlichen Beurteilung des Sachverhaltes eine für die Beibehaltung des steuerlichen Status quo notwendige Erhöhung vorgenommen hat.

Diese ihm aufgezwungene intellektuelle beständige Auseinandersetzung mit der abgabenrechtlichen Problematik des Sachverhaltes hat sich durch eine weitere Prüfung betreffend seine Person im Jahre 2004 fortgesetzt, wobei es - folgt man der Darstellung des Beschuldigten - zu keiner Änderung der steuerlichen Beurteilung des Sachverhaltes gekommen sei.

17.4. Anders als vom Beschuldigten behauptet, hat der Prüfer im Jahre 2001 nach erfolgter Akzeptanz des Umstandes, dass der Swinger-Club in wirtschaftlicher Betrachtung nicht dem Beschuldigten, sondern dem Verein zuzuordnen war, keine Beurteilung hinsichtlich der Betätigung des Vereines als Voluptuarbetrieb vorgenommen, sondern - siehe den obgenannten Aktenvermerk - für eine derartige Beurteilung vielmehr pflichtgemäß einen Aktenvermerk als Kontrollmitteilung erstellt. Hätte der Prüfer eine solche Feststellung vorgenommen, hätte sich diese naheliegenderweise in dem Aktenvermerk wiedergefunden. Entgegen der Behauptung des Beschuldigten hat er dem Prüfer auch keine Einsicht in die Buchhaltungsunterlagen des Vereines gewährt, weil andernfalls der Prüfer im Aktenvermerk auch nicht darauf hingewiesen hätte, dass ihm keinerlei Unterlagen des Vereines zur Verfügung gestanden sind. Aus dem Aktenvermerk ist auch abzuleiten, dass der Prüfer dem Unterschied zwischen der Beurteilung einer derartigen Voluptuartätigkeit in einkommen- und umsatzsteuerlicher Hinsicht (siehe oben Pkt. 4.) offenbar keine ausreichende Aufmerksamkeit geschenkt hat; andernfalls hätte er auch ohne Einsichtnahme in Buchhaltungsunterlagen die Umsatzsteuerpflicht des Unternehmens des Vereines zu melden gehabt. Es ist durchaus lebensnah, dass dieses Missgeschick der Steuerberatung aufgefallen ist und auch dem Beschuldigten gemeldet worden ist. Im Ergebnis ist eine Prüfung der steuerlichen Beurteilung der Betätigung des Vereines selbst durch die Abgabenbehörde unterblieben, wenngleich dies für den Beschuldigten, beraten durch eine Wirtschaftstreuhandkanzlei, bei lebensnaher Betrachtung eine reale Möglichkeit geblieben sein muss.

17.5. In weiterer Folge hat der Beschuldigte diesen Zustand aufrechterhalten, obwohl ihm die im Vergleich mit den Geschäftspartnern des Unternehmens ungewöhnliche steuerliche Behandlung vor Augen geführt worden ist, etwa wenn er erkannt hat, dass er im Zuge der umfangreichen Investitionen im Betrieb des Vereines für diesen keine Vorsteuern geltend machen konnte. Diesen Nachteil abzuhelfen, wäre einfach gewesen, er hätte nur in Rücksprache mit der Steuerberatung eine Einreichung von Umsatzsteuererklärungen für den Verein zu veranlassen gehabt, wodurch sich die Abgabenbehörde mit der umsatzsteuerlichen Beurteilung der unternehmerischen Betätigung des Vereines auseinanderzusetzen gehabt hätte. Es ist lebensfremd, anzunehmen, dass A, ein im Umgang mit den Behörden erfahrener und erfolgreicher langjähriger Geschäftsmann, in diesem Zusammenhang keine abgabenrechtliche Beratung eingeholt hätte. Nach Einholung der Beratung hat er sich aber entschlossen, den bisherigen Status im Verhältnis Verein / Abgabenbehörde unverändert zu belassen und keine Umsatzsteuererklärungen einreichen zu lassen, obwohl sich nach seinem Eindruck die befragte Steuerberaterin nicht recht ausgekannt hat.

17.6. Initiativen der Abgabenbehörde zur Aufklärung des umsatzsteuerlichen Status des Vereines in diesen Folgejahren sind den vorgelegten Akten nicht zu entnehmen.

17.7. Hätte der Beschuldigte die ihm gebotene, mögliche und auch zumutbare Sorgfalt bei der Frage der erforderlichen Vorgangsweise in dieser steuerlichen Angelegenheit des Vereines, welcher mit seinen geschäftlichen Aktivitäten schon längst der Dimension etwaiger ursprünglicher privater Hobbyveranstaltungen entwachsen war und ihm selbst die sichere Lukrierung von hohen Mieteinnahmen (2013: € 73.254,24, 2014: € 62.209,04, 2015: € 60.000,00; siehe die Niederschrift über die Schlussbesprechung über die Außenprüfung beim Verein vom , ABNr. pppp/16, Tz. 3, Besteuerungsgrundlagen) ermöglichte, aufgewendet, hätte er erkannt, dass er als Obmann des umsatzsteuerpflichtigen Vereines bei - aus seiner Sicht - offenbar unklarer Rechtslage nicht selbst zu entscheiden hatte, ob der Verein als umsatzsteuerpflichtiges Unternehmen zu behandeln war oder nicht. Er hätte vielmehr in seiner Eigenschaft als Wahrnehmender der steuerlichen Interessen des Vereines die Entscheidung der Abgabenbehörde über die Steuerpflicht herbeizuführen versucht und diesbezüglich beim Finanzamt angefragt bzw. anfragen lassen oder - alternativ oder zusätzlich - entsprechende Umsatzsteuererklärungen eingereicht oder einreichen lassen.

17.8. Eine vorsätzliche Vorgangsweise des Beschuldigten, wie vom Spruchsenat vorgeworfen, ist hingegen in Anbetracht der oben beschriebenen Geschehensentwicklung im Zweifel zugunsten für den solcherart sorglos agierenden Beschuldigten nicht erweislich, weil seine Darstellung auf Basis der vorgelegten Beweismittel, welche in Anbetracht des eingetretenen Zeitablaufes und der laut Auskunft der Amtsbeauftragten erfolgten Skartierung allfälliger weiterer bezughabender Steuerakten nicht ergänzungsfähig sind, nicht mit einer für ein Finanzstrafverfahren erforderlichen Sicherheit zu widerlegen sind. Es fehlt der sichere Beweis, dass der Beschuldigte zumal aus eigenem Wissensstand oder durch eine derartige Beratung von seiner Verpflichtung vor Ablauf der aktuellen Erklärungsfristen in Kenntnis gesetzt worden ist oder zumindest ernsthaft damit gerechnet und sich damit abgefunden hat, dass er trotz der sporadischen Kommunikation mit den Betriebsprüfern zehn Jahre zuvor und der erkannten Fehlbeurteilung der Umsatzsteuerfrage durch die Abgabenbehörde in Anbetracht der Passivität des Fiskus dennoch unvermindert aktiv für die verfahrensgegenständlichen Jahre die Entscheidung der Abgabenbehörde bezüglich der Besteuerung des Vereines herbeizuführen gehabt hätte und er solcherart - bei ihm grundsätzlich bekannter Verpflichtung zur Einreichung von Steuererklärungen - die Einreichung der Umsatzsteuererklärungen jedenfalls auch für den Verein zu veranlassen gehabt hätte.

17.9. Dieser sichere Nachweis fehlt bezüglich der nunmehr verfahrensgegenständlichen Veranlagungsjahre auch hinsichtlich der erforderlichen tatbestandsimmanenten Intensität der Sorglosigkeit des Beschuldigten bezüglich allfälliger grob fahrlässiger Abgabenverkürzungen nach § 34 Abs. 1 FinStrG, wenn nunmehr die ihn bzw. den Verein betreuende Steuerberatungskanzlei die angeblich fehlende Unternehmereigenschaft des Vereines akzeptiert hatte und auch von Seite des Fiskus keine Kontaktaufnahmen zur Klärung der Sachlage unternommen worden waren, sodass es möglicherweise nach dem nunmehrigen Stand der Dinge nicht als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar gewesen ist, dass es in Anbetracht des Agierens des Beschuldigten für die verfahrensgegenständlichen Zeiträume zu einer Verkürzung an Umsatzsteuer kommen musste.

18. Unter Bedachtnahme auf die obigen Überlegungen ergibt sich daher aus den vorgelegten Unterlagen folgender Sachverhalt:

18.1. Der Umstand der unternehmerischen Tätigkeit des Vereines BB-Club, ZVR-Zahl qbqbqb, wäre von seinem Obmann, dem beschuldigten A, der zuständigen Abgabenbehörde, dem Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs, mitzuteilen gewesen. Dies ist nicht geschehen, weil der Beschuldigte fahrlässig diese seine abgabenrechtliche Anzeigepflicht nicht erkannt hatte.

18.2. Betreffend die Veranlagungsjahre 2013 bis 2015 wäre A als Obmann und Entscheidungsträger des Vereines BB-Club verpflichtet gewesen, bis zum , bzw. die Einreichung von Umsatzsteuerjahreserklärungen zu veranlassen, was der Genannte fahrlässig unter Außerachtlassung der ihm gebotenen, möglichen und zumutbaren Sorgfalt unterlassen hat. Das Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs war daher infolge Unkenntnis von der Entstehung des diesbezüglichen Abgabenanspruches auch nicht in der Lage, bis zum Ablauf dieser gesetzlichen Erklärungsfrist die Umsatzsteuer in Höhe von € 12.175,93 (2013), € 12.654,38 (2014) bzw. € 10.797,78 (2015) bescheidmäßig festzusetzen. Im Zweifel zu seinen Gunsten kann A in diesem Zusammenhang eine vorsätzliche oder zumindest grob fahrlässige Vorgangsweise bei den Verkürzungen an Umsatzsteuer gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG bzw. § 34 Abs. 1 FinStrG idF BGBl I 2015/118 nicht nachgewiesen werden, weshalb auch eine diesbezügliche finanzstrafrechtliche Verantwortlichkeit des genannten Vereines als belangter Verband gemäß § 28a Abs. 2 FinStrG, § 33 Abs. 1 FinStrG oder § 34 Abs. 1 FinStrG idF BGBl I 2015/118 iVm § 3 Abs. 1 und 2 VbVG im Zweifel entfällt.

18.3. Betreffend die Voranmeldungszeiträume Jänner bis Mai 2016 wäre A als Obmann und Entscheidungsträger des Vereines BB-Club verpflichtet gewesen, jeweils bis zum Ablauf des 15. des zweitfolgenden Monats Voranmeldungen an die Abgabenbehörde übersenden zu lassen und Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in im Einzelnen nicht festgestellter Höhe, insgesamt aber in Höhe von € 7.135,60, zu entrichten, was nicht geschehen ist. A hat dabei zwar fahrlässig gehandelt; ein derartiges Verhalten erfüllt jedoch keinen finanzstrafrechtlichen Tatbestand. Der Vorwurf einer vorsätzlichen Vorgangsweise ist im Zweifel zu seinen Gunsten nicht erweislich, weshalb wiederum auch eine diesbezügliche finanzstrafrechtliche Verantwortlichkeit des genannten Vereines als belangter Verband gemäß § 28a Abs. 2 FinStrG, § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG im Zweifel nicht gegeben ist.

19. Die anhängigen verfahrensgegenständlichen Finanzstrafverfahren gegen den Beschuldigten und gegen den belangten Verband wegen des Verdachtes begangener Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 1 und 2 lit. a FinStrG bzw. wegen des Verdachtes einer diesbezüglichen finanzstrafrechtlichen Verantwortlichkeit nach § 28a Abs. 2 FinStrG iVm § 3 Abs. 1 und 2 VbVG waren daher spruchgemäß einzustellen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abwiche, eine solche Rechtsprechung fehlte oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet würde. Dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes liegt vielmehr eine gesicherte Rechtslage zugrunde, wobei sich für die Entscheidung die ihr vorangehende Beweiswürdigung und angewandtes Ermessen als wesentlich ergeben haben.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 28a Abs. 2 Satz 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 33 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 3 Abs. 1 und 2 VbVG, Verbandsverantwortlichkeitsgesetz, BGBl. I Nr. 151/2005
§ 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993
§ 6 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993
§ 119 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 120 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 121 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 5 Z 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 1 Abs. 2 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993
§ 21 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 21 Abs. 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 1 Abs. 2 VbVG, Verbandsverantwortlichkeitsgesetz, BGBl. I Nr. 151/2005
§ 28a Abs. 2 Satz 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 98 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 34 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 134 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 8 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 34 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 8 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 8 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 4 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 1 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
Schlagworte
grobe Fahrlässigkeit
Abgabenhinterziehung
grob fahrlässige Abgabenverkürzung
kein Voluptuarbetrieb
Unternehmereigenschaft
Zweifelsgrundsatz
Umsatzsteuerpflicht eines Swinger-Clubs
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5300005.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
QAAAC-30051