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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.03.2022, RV/5100885/2021

Haftung gemäß § 11 BAO.

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/13/0069.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***14***, vertreten durch ***2***, ***3***, über die Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid gemäß § 11 BAO des ***FA*** vom , Steuernummer ***1***, nach der am durchgeführten mündlichen Verhandlung

I. beschlossen:

Die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid wird, soweit sie sich gegen die Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2016 in Höhe von 1.058,51 € und die Kraftfahrzeugsteuer 1-9/2017 in Höhe von 491,24 € richtet, gemäß § 278 Abs. 1 lit. b BAO iVm § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen erklärt.

Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 9 iVm Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

II. zu Recht erkannt:

1) Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird insoweit berichtigt, als die Haftung für Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von 491,24 € für den Zeitraum 1-6/2017 (anstatt 1-9/2017) ausgesprochen wird.

2) Die Beschwerdevorentscheidung vom wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO im Umfang ihres Abspruchs über die Heranziehung zur Haftung hinsichtlich der Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2016 und 1-9/2017 gemäß § 279 Abs. 1 BAO wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

3) Durch die Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung scheidet der Vorlageantrag vom , soweit er sich gegen die Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2016 und 1-9/2017 richtet, gemäß § 264 Abs. 7 BAO aus dem Rechtsbestand aus.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt:

Mit Haftungsbescheid vom nahm das Finanzamt den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) als Haftungspflichtigen gemäß § 11 BAO für nachstehende aushaftende Abgabenschulden der Fa. ***4*** GmbH (in der Folge: Primärschuldnerin) im Ausmaß von 7.719,36 € in Anspruch:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
Betrag
Umsatzsteuer
10-12/2016
483,37
Umsatzsteuer
1-4/2017
5.686,24
Kraftfahrzeugsteuer
1-12/2016
1.058,51
Kraftfahrzeugsteuer
1-9/2017
491,24
Summe
7.719,39

In der Begründung verwies das Finanzamt auf die gesetzliche Bestimmung des § 11 BAO sowie darauf, dass das ***FA*** als Finanzstrafbehörde den Bf am wegen der Finanzvergehen nach §§ 33 Abs. 2 lit. a und 49 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig gesprochen habe und über das Vermögen der Primärschuldnerin mit Beschluss des Landesgerichtes ***5*** vom ein Konkursverfahren eröffnet worden sei. Soweit die Abgabenschulden nicht durch die Verteilungsquote entrichtet würden, seien diese bei der Primärschuldnerin nicht mehr einbringlich.

Die Haftung erstrecke sich auf die im Spruch des Strafurteils festgestellten Verkürzungsbeträge, soweit diese Abgabenschulden auf dem Abgabenkonto der Primärschuldnerin derzeit noch unberichtigt aushafteten.

Die Geltendmachung der Haftung liege im Ermessen der Abgabenbehörde. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folge, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel dann ermessenskonform sei, wenn die Abgaben bei der Primärschuldnerin uneinbringlich seien.

Der Haftungspflichtige werde aufgrund seines Alters noch mehrere Jahre am Erwerbsleben teilnehmen können, sodass davon auszugehen sei, dass die Abgaben bei ihm zumindest zum Teil auch einbringlich seien, weshalb die Geltendmachung der Haftung zweckmäßig erscheine.

Abschließend wies das Finanzamt darauf hin, dass zu den haftungsgegenständlichen Abgaben in der Anlage die an die Primärschuldnerin ergangenen Bescheide sowie der Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung übermittelt würden. Damit werde dem Haftungspflichtigen Kenntnis über den Abgabenanspruch verschafft.

Konkret wurden dem Haftungsbescheid nach den dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Akten die dem Insolvenzverwalter zugestellten Bescheide vom betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer 10-12/2016 und 1-4/2017 sowie der ebenfalls an den Insolvenzverwalter adressierte Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom beigelegt.

In Tz. 3 des Prüfberichts stellte der Prüfer die Berechnung der Kraftfahrzeugsteuer im Detail dar.

Der Bf erhob durch die ihn vertretende Rechtsanwälte GmbH am fristgerecht Beschwerde.

Der Haftungsbescheid werde zur Gänze angefochten. Weder das Straferkenntnis vom noch die an den Masseverwalter gerichteten Bescheide seien für den Haftungsbescheid präjudiziell.

Beim Rechtsmittelverzicht betreffend die Strafe sei dem Bf nicht mitgeteilt worden, dass zusätzlich zur Strafe noch ein Haftungsbescheid erlassen werden könnte. Er hätte sonst keinen Rechtsmittelverzicht abgegeben. Der Bf habe nicht vorsätzlich gehandelt. Ihm seien bei der Primärschuldnerin leider die entsprechenden Geldmittel zur Bezahlung der Abgaben nicht zur Verfügung gestanden.

Wenn die Geltendmachung der Haftung im Ermessen der Abgabenbehörde liege, handle es sich um gebundenes Ermessen.

Wenn der Bf gegen das Straferkenntnis vom kein Rechtsmittel erhoben und einen Rechtsmittelverzicht erklärt habe, weil er davon ausgegangen sei, dass damit seine persönliche Haftung abgeschlossen sei, und er auch keine anderslautenden Hinweise erhalten habe, sei die Erlassung des Haftungsbescheides zusätzlich zur Strafe unangemessen.

Der Bf erhebe auch gegen die Bescheide über die geltend gemachten Abgabenansprüche, nämlich Umsatzsteuer 10-12/2016 iHv 483,37 €, Umsatzsteuer 1-4/2017 iHv 5.686,24 €, Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2016 iHv 1.058,51 € und Kraftfahrzeugsteuer 1-9/2017 iHv 491,36 €, Beschwerde.

Durch die Zustellung des Haftungsbescheides sei die Beschwerdefrist offen. Die Bescheide würden zur Gänze angefochten. Der Bf sei in die Bescheiderlassung nicht einbezogen gewesen. Der Insolvenzverwalter habe ihn nicht über diese Bescheide informiert. Es handle sich um folgende Bescheide:

-) Bescheid vom über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 10-12/2016 in Höhe von 2.290,81 €;

-) Bescheid vom über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 1-4/2017 in Höhe von 13.125,55 €.

Zur Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2016 und 1-9/2017 sei kein Bescheid zugestellt worden.

Zum Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom werde angemerkt, dass der Bf nicht anwesend gewesen sei. Die Schätzungsgrundlagen seien nicht zutreffend. Das bei der Schätzung vermutete Ergebnis hätte nachvollziehbar dargelegt werden müssen.

Der Bf stellte Anträge auf Anberaumung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung, ersatzlose Aufhebung des Haftungsbescheides, Abänderung der Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide für 10-12/2016 und 1-4/2017 dahingehend, dass die Umsatzsteuer mit Null festgesetzt werde sowie ersatzlose Aufhebung der Bescheide über die Festsetzung von Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2016 iHv 1.058,51 € und 1-9/2017 iHv 491,24 €.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid als unbegründet ab.

Nach der Judikatur des VwGH seien Einreden betreffend die Abgabenfestsetzung nicht im Haftungsverfahren, sondern nach § 248 BAO im Beschwerdeverfahren gegen die Abgabenfestsetzung vorzutragen. Bringe der Haftungspflichtige sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch eine Beschwerde ein, sei zunächst über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden, weil von dieser Erledigung die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhänge. Einwände gegen die Höhe des Abgabenanspruchs könnten daher der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid nicht zum Erfolg verhelfen (vgl. ).

Hinsichtlich der Umsatzsteuerfestsetzungen für 10-12/2016 und 1-4/2007 sei der Bf daher auf das diesbezügliche Rechtsmittelverfahren zu verweisen.

§ 248 BAO räume dem Haftenden einen Rechtszug gegen den Abgabenbescheid ein. Sei bei Selbstbemessungsabgaben noch kein Bescheid gemäß §§ 201 oder 202 BAO erlassen worden, sei im Haftungsverfahren über den Abgabenanspruch (seine Höhe) abzusprechen (vgl. Fischerlehner, Abgabenverfahren2 (2016) § 248 Anm. 4).

Der Antrag auf ersatzlose Aufhebung der Bescheide über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2016 iHv 1.058,51 € und 1-9/2017 iHv 491,24 € sei daher in dieser Bescheidbeschwerde zu behandeln.

Zur Beschwerde gegen den Haftungsbescheid verwies das Finanzamt auf die Bestimmung des § 11 BAO, welche eine rechtskräftige Verurteilung im finanzbehördlichen bzw. gerichtlichen Strafverfahren voraussetze (vgl. Ritz, BAO6, § 11 Tz 4 mwN).

Die Haftungsinanspruchnahme dürfe keinen höheren Verkürzungsbetrag umfassen als den im Spruch des Strafurteils festgestellten.

Gegenständlich sei der Bf mit Straferkenntnis im finanzstrafbehördlichen Verfahren wegen der vorsätzlichen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG sowie der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig erkannt worden, weil er als Geschäftsführer der Primärschuldnerin vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Monate 7/2016 bis 4/2017 iHv 8.210,26 € bewirkt sowie vorsätzlich Selbstbemessungsabgaben, nämlich Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 1-12/2016 und 1-6/2017 iHv insgesamt 1.549,75 € nicht spätestens am 5. Tag nach Fälligkeit entrichtet bzw. abgeführt habe.

Im Hinblick auf den Rechtsmittelverzicht sei das Erkenntnis in Rechtskraft erwachsen.

Die Voraussetzung für eine Haftungsinanspruchnahme gemäß § 11 BAO sei daher zweifelsfrei erfüllt. Auch bei der Höhe des Haftungsausspruches habe sich der Haftungsbescheid an den von der Finanzstrafbehörde festgestellten strafbestimmenden Wertbetrag, der dem verkürzten Betrag entspreche, gehalten.

Nach ständiger Judikatur des VwGH entfalte ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen, auf denen der Spruch beruhe, wozu jene Tatumstände gehörten, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihrem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal zusammensetze.

Dem Vorbringen des Bf, nicht vorsätzlich gehandelt zu haben, sei entgegenzuhalten, dass das - bindende - rechtskräftige Strafurteil Gegenteiliges feststelle.

Auch aus dem Vorbringen, der Primärschuldnerin seien die entsprechenden Mittel nicht zur Verfügung gestanden, sei für den Bf nichts zu gewinnen. Einerseits beruhe die Haftungsinanspruchnahme nach § 11 BAO auf einem rechtskräftigen Straferkenntnis, andererseits sei die Haftung nach § 11 BAO ihrem Charakter nach eine Schadenersatzhaftung (vgl. Fischerlehner, Abgabenverfahren2 (2016) § 11 Anm. 1). Wäre daher die Primärschuldnerin in der Lage gewesen, ihren abgabenrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, wäre für die Haftungsinanspruchnahme des Bf kein Raum geblieben.

Aus dem Vorbringen, der Bf hätte im Finanzstrafverfahren keinen Rechtsmittelverzicht abgegeben, wäre er nicht davon ausgegangen, dass damit seine persönliche Haftung abgeschlossen wäre, sei ebenfalls nichts zu gewinnen.

Ein rechtskräftiges Straferkenntnis (mit Ausspruch einer Geldstrafe) sei Tatbestandsvoraussetzung für die Geltendmachung einer Haftung nach § 11 BAO. Die Verhängung einer Geldstrafe sei nicht mit der Geltendmachung der Haftung von unberichtigten Abgabenverbindlichkeiten gleichzusetzen.

Tatbestandsvoraussetzung sei die rechtskräftige Bestrafung im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren. Ob die Rechtskraft durch die Abgabe eines Rechtsmittelverzichts oder durch fruchtloses Verstreichen der Rechtsmittelfrist eintrete, sei für die Geltendmachung der Haftung nach § 11 BAO nicht relevant. Die Verhängung einer Geldstrafe schließe die Geltendmachung einer Haftung nicht aus. Im Haftungsverfahren nach § 11 BAO sei die Bestrafung in einem Finanzstrafverfahren sogar Voraussetzung für die Geltendmachung der Haftung.

Zum Abgabenausfall bei der Primärschuldnerin verwies die Abgabenbehörde darauf, dass über das Vermögen der Primärschuldnerin am das Konkursverfahren eröffnet worden sei. Soweit die Abgabenschulden nicht durch die Verteilungsquote entrichtet würden, seien diese bei der Primärschuldnerin uneinbringlich. In diesem Zusammenhang werde auf den 4. Bericht des Masseverwalters vom verwiesen, wonach derzeit keine Quote auszahlbar sei. Die Uneinbringlichkeit der gegenständlichen Abgabenverbindlichkeiten werde durch die formelle Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Masseverwalter am bestätigt.

Zum Umfang der Haftungsinanspruchnahme führte die Abgabenbehörde aus, dass die Inanspruchnahme keinen höheren Verkürzungsbetrag umfassen dürfe als den im Spruch des Strafurteils bzw. Straferkenntnisses festgestellten.

Gegenständlich seien hinsichtlich der im Haftungsweg geltend gemachten Abgabenschulden im Konkursverfahren folgende Beträge geltend gemacht worden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Umsatzsteuer 10-12/2016
2.290,81 €
Umsatzsteuer 1-4/2017
13.125,55 €
Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2016
1.058,51 €
Kraftfahrzeugsteuer 1-9/2017
736,86 €

Der Begründung des Straferkenntnisses vom sei Nachstehendes zu entnehmen:

"Das gegenständliche Finanzstrafverfahren gründet sich auf die Feststellungen der USO-Prüfung vom Oktober 2017 (ABNr.: ***6***). Dabei wurde festgestellt, dass von Oktober 2016 bis April 2017 der Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen nicht nachgekommen wurde. Die Bemessungsgrundlagen der bisher nicht eingereichten Voranmeldungen waren im Zuge der Betriebsprüfung zu schätzen.

(…)

Da der Sachverhalt schon durch die Aktenlage ausreichend geklärt war, konnte das Finanzvergehen ohne Durchführung eines Untersuchungsverfahrens durch Strafverfügung geahndet werden (vereinfachtes Verfahren gem. § 143 Abs. 1 2. Halbsatz FinStrG). Gegen die in diesem Sinne ergangene Strafverfügung vom , bei der eine Strafe in Höhe von 5.500,00 € verhängt wurde, wurde vom Verteidiger des Beschuldigten Einspruch erhoben.

In weiterer Folge wurden vom Beschuldigten Unterlagen vorgelegt, woraus die in den Zeiträumen 10-12/2016 und 1-4/2017 ursprünglich zugestandenen Vorsteuern ersichtlich waren.

Der strafbestimmende Wertbetrag hat sich daher entsprechend verringert, weshalb die zu verhängende Geldstrafe reduziert werden konnte."

Daraus sei ersichtlich, dass Einwendungen im Strafverfahren zu einer Verringerung des - im Finanzstrafverfahren relevanten - Verkürzungsbetrages und somit des strafbestimmenden Wertbetrages geführt hätten. Dem Spruch des Erkenntnisses seien folgende - für die gegenständliche Haftung relevanten - Verkürzungsbeträge zu entnehmen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Umsatzsteuer 10-12/2016
483,37 €
Umsatzsteuer 1-4/2017
5.686,24 €
Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2016
1.058,51 €
Kraftfahrzeugsteuer 1-6/2017
491,24 €
Summe
7.719,36 €

Die Einwendungen des Bf (als Beschuldigter im Finanzstrafverfahren) seien im Erkenntnis berücksichtigt worden und seien daher im gegenständlichen Haftungsverfahren ebenfalls berücksichtigt.

Hinsichtlich der Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Festsetzung der Umsatzsteuer für die Zeiträume 10-12/2016 und 1-4/2017 werde auf das gesonderte Beschwerdeverfahren verwiesen.

Hinsichtlich der Kraftfahrzeugsteuer sei wie folgt auszuführen:

Durch § 248 BAO sei dem Haftenden ein Rechtszug gegen den Abgabenbescheid eingeräumt. Sei bei Selbstbemessungsabgaben noch kein Bescheid gemäß §§ 201 oder 202 BAO erlassen worden, sei im Haftungsverfahren über den Abgabenanspruch (seine Höhe) abzusprechen (Fischerlehner, Abgabenverfahren2 (2016) § 248 Tz 4).

Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom , der dem Bf als Anlage des Haftungsbescheides übermittelt worden sei, sei ausgeführt, wie sich die Kraftfahrzeugsteuer der betreffenden Zeiträume berechne. Die Bemessungsgrundlagen ergäben sich einerseits aus Abfragen im Zuge der Außenprüfung beim Kfz-Zentralregister des Bundesministeriums für Inneres sowie andererseits aus der von der steuerlichen Vertretung des Bf für das Jahr 2015 eingereichten Kraftfahrzeugsteuererklärung.

Die Primärschuldnerin sei von folgenden, der Kraftfahrzeugsteuer unterliegenden Fahrzeugen Zulassungsbesitzerin gewesen:

***7***, Zugfahrzeug (***8***) im Zeitraum (Anmeldedatum) bis (Abmeldedatum);

***9***, Sattelanhänger (***10***) im Zeitraum ab ;

***11***, Sattelzugfahrzeug (***12***) im Zeitraum bis ;

***13***, Sattelzugfahrzeug (***12***) im Zeitraum bis .

Auf die Ausführungen im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung werde verwiesen.

Gemäß § 6 Abs. 3 KfzStG habe der Steuerschuldner jeweils für ein Kalendervierteljahr die Steuer selbst zu berechnen und bis zum 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf das Kalendervierteljahr zweifolgenden Kalendermonats an das Finanzamt zu entrichten.

Über das Vermögen der Primärschuldnerin sei am das Konkursverfahren eröffnet worden, sodass für das dritte Quartal des Jahres 2017 die Fälligkeit der Kraftfahrzeugsteuer nach Eröffnung des Konkursverfahrens liege. Im Finanzstrafverfahren sei dieser Umstand dahingehend berücksichtigt worden, dass lediglich 2/3 der für den Zeitraum 1-9/2017 festgesetzten Kraftfahrzeugsteuer berücksichtigt worden seien.

Bei Heranziehung der Aufschlüsselung im Betriebsprüfungsbericht ergebe sich für das erste und zweite Quartal 2017 ein Gesamtbetrag an Kraftfahrzeugsteuer von 638,06 €. Die Differenz zur festgesetzten Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum 1-9/2017 ergebe sich ausschließlich aus dem Ausscheiden von zwei Monaten hinsichtlich des Anhängers ***9***.

Aufgrund der Bindungswirkung der Haftungsinanspruchnahme an das rechtskräftige Straferkenntnis sei der Betrag der Kraftfahrzeugsteuer 1-6/2017 in Höhe von 491,24 € maßgeblich.

Zur Ermessensübung führte die Abgabenbehörde aus, dass die Geltendmachung der Haftung in ihrem Ermessen stehe, das sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeigten Grenzen zu halten habe. Innerhalb dieser Grenzen seien Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" sei dabei die Bedeutung "berechtigtes Interesse der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben mit allen gesetzlich vorgesehenen Mitteln und Möglichkeiten" beizumessen.

Die Geltendmachung der Haftung stelle die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruchs dar. Der öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben einzubringen, überwiege bei einer vorzuwerfenden Pflichtverletzung, insbesondere bei einem rechtskräftigen Straferkenntnis, meist auch allfällige Billigkeitsgründe, die für eine Abstandnahme von der Heranziehung zur Haftung ins Treffen geführt würden.

Die Ausführungen zur Ermessensübung im Haftungsbescheid würden sich daher als zutreffend erweisen.

Im Vorlageantrag vom hielt der Bf seine Beschwerde zur Gänze aufrecht und beantragte abermals die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

Die Beschwerdevorentscheidung vermöge die Beschwerdeargumente nicht zu entkräften.

Der Bf habe gegen die Grundlagenbescheide ebenfalls Beschwerde erhoben, mit der sich das Finanzamt inhaltlich nicht befestigt habe.

Eine "automatische Bindung" an das Finanzstrafverfahren sei nicht gegeben, ansonsten würde der Gesetzgeber diese Beschwerdemöglichkeit nicht einräumen.

Der Bf sei daher berechtigt, seine Rechte im vorliegenden Verfahren inhaltlich und ohne Bindung an das Finanzstrafverfahren wahrzunehmen. Das Finanzstrafverfahren sei auch nicht geeignet, eine Kausalität der vorgeworfenen Finanzstraftat mit der herangezogenen Haftung nachzuweisen.

Der Bf sei bei der Außenprüfung am nicht anwesend gewesen. Die Schätzungsgrundlagen seien nicht zutreffend. Bei einer Schätzung hätte das vermutete Ergebnis nachvollziehbar dargelegt werden müssen.

Die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid und die Beschwerde gegen die Ausgangsbescheide stünden in unmittelbarem Zusammenhang, weil der Haftungsbescheid das inhaltliche Bestehen des Abgabenanspruchs dem Grunde und der Höhe nach voraussetze.

Würde zuerst über den Nachtragsbescheid entschieden, wäre die Beschwerde gegen den Grundlagenbescheid nachträglich kein ausreichender Rechtschutz.

Hätte der Gesetzgeber einen "Automatismus", wie er in der Beschwerdevorentscheidung zum Ausdruck komme, gewollt, hätte dies auch in einer entsprechenden Rechtsgrundlage zum Ausdruck gebracht werden müssen.

Auf Anfrage der Richterin teilten sowohl die Amtspartei als auch die anwaltliche Vertretung des Bf mit, dass ihnen entgegen der Feststellung in Tz. 3 des Prüfberichts, wonach die Kraftfahrzeugsteuer 2016 und 2017 (Jänner bis August) im Rahmen der Prüfung bescheidmäßig festgesetzt werde, keine Bescheide über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer vorlägen.

Mit Mängelbehebungsauftrag vom forderte die Richterin den Bf auf, die Beschwerde vom gegen die Kraftfahrzeugsteuerfestsetzungen 1-12/2016 und 1-9/2017 zu begründen.

In Entsprechung dieses Mängelbehebungsauftrages wiederholte die anwaltliche Vertretung des Bf am letzten Tag der Frist mit Schreiben vom zu einem wesentlichen Teil das bereits in der Beschwerde und im Vorlageantrag erstattete Vorbringen. Dem Mängelbehebungsauftrag sei in den Punkten 1.1.5. bis 1.4.5. und 2.1.4. bis 2.1.9. entsprochen worden.

In Punkt 1.1.5. wurde ausgeführt, dass der Bf durch den angefochtenen Haftungsbescheid und die darin erstmals vorgenommene Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer in seinen subjektiven Rechten - insbesondere auf rechtliches Gehör, nicht von einer (unverhältnismäßigen) Haftung gemäß § 11 BAO betroffen zu sein, sowie nicht zur Entrichtung von Kraftfahrzeugsteuer verpflichtet zu sein - verletzt und daher gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG beschwerdelegitimiert sei.

Punkt 1.2.: Der Bf habe keine Kenntnis vom haftungsgegenständlichen Abgabenanspruch gehabt.

Punkt 1.2.1: Nach der Rechtsprechung des VwGH müsse die Behörde dem Haftungspflichtigen über den haftungsgegenständlichen Abgabenanspruch Kenntnis in einer Weise verschaffen, dass die Prüfung der Richtigkeit der Abgabenfestsetzung möglich sei und die Position der Rechtsverteidigung des herangezogenen Haftenden gegen den Anspruch nicht schwächer sei als diejenige, die der Abgabepflichtige gegen den Abgabenbescheid einzunehmen in der Lage sei (; ). Dies erfolge in der Begründung des Haftungsbescheides (). Der Hinweis auf ein anderes, dem Haftungspflichtigen bekanntes Schriftstück, wie etwa der Verweis auf einen (dem Haftungspflichtigen bekannten) Prüfungsbericht könne ausreichen (; ).

Punkt 1.2.2.: Die Niederschrift über die Schlussbesprechung und der Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung bei der Primärschuldnerin, woraus sich die Berechnung der Kraftfahrzeugsteuer ergebe, seien dem Haftungsbescheid nicht angeschlossen gewesen und werde in der Begründung des Haftungsbescheides nicht darauf verwiesen. Der Bf sei bei der Außenprüfung am nicht anwesend gewesen, und die Niederschrift sei ihm zum Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides nicht bekannt gewesen. Auch die beiden Bescheide vom über die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Zeiträume 10-12/2016 und 1-4/2017 seien dem Masseverwalter der Primärschuldnerin und nicht dem Bf zugestellt worden und seien dem Haftungsbescheid ebenfalls nicht angeschlossen gewesen.

Punkt 1.2.3: Die Prüfung der Richtigkeit der Abgabenfestsetzung sei dem Bf daher nicht möglich gewesen. Die Verletzung des Parteiengehörs führe zu einem rechtserheblichen Verfahrensmangel, wenn nicht auszuschließen sei, dass die belangte Behörde bei dessen Vermeidung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können ().

Punkt 1.2.4.: Der Bf hätte im Rahmen des Parteiengehörs vorgebracht, dass er bei der Außenprüfung bei der Primärschuldnerin nicht anwesend gewesen sei. Die Schätzungsgrundlagen für die haftungsrelevanten Abgaben seien nicht zutreffend. Bei der Schätzung hätte das vermutete Ergebnis nachvollziehbar dargelegt werden müssen.

Punkt 1.3.: Das Straferkenntnis sei nicht präjudiziell für den Haftungsbescheid.

Punkt 1.3.1.: Gemäß § 11 BAO hafteten rechtskräftig verurteilte Täter und andere an der Tat Beteiligte bei vorsätzlichen Finanzvergehen und bei vorsätzlicher Verletzung von Abgabenvorschriften der Länder und Gemeinden für den Betrag, um den die Abgaben verkürzt worden seien. Die Haftung nach § 11 BAO trage den Charakter einer Schadenersatzhaftung (Tanzer/Unger in Tanzer/Unger (Hrsg), BAO 2020/2021 (2021) Persönliche Haftungen, §§ 9-16 BAO, Seite 35).

Punkt 1.3.2.: Das gegen den Bf erlassene Straferkenntnis vom sei infolge seines (offenbar im Vorfeld abgegebenen, weil bereits im Straferkenntnis angeführten) Rechtsmittelverzichts rechtskräftig. Der Bf habe auf das Rechtsmittel in der (irrigen) Annahme verzichtet, dass damit seine persönliche Haftung abgeschlossen sei. Hätte der Bf gewusst, dass aufgrund dieses Straferkenntnisses in weiterer Folge ein Haftungsbescheid gegen ihn ergehen würde, hätte er gegen das Straferkenntnis ein Rechtsmittel erhoben, weil er nicht vorsätzlich gehandelt habe. Vielmehr seien die Abgabenansprüche erst im Zuge der routinemäßig aufgrund des Konkurses stattgefundenen Außenprüfung festgesetzt und dem Bf nicht mitgeteilt worden. Mangels Kenntnis und mangels Verfügungsbefugnis aufgrund des Konkurses sei ihm daher nicht möglich gewesen, die Abgabenansprüche zu erfüllen. Unmöglichkeit schließe Verschulden aus ().

Punkt 1.3.3.: Eine Bindung an das Straferkenntnis entspreche in diesem Fall nicht dem Charakter der Schadenersatzhaftung des § 11 BAO. Das Finanzstrafverfahren sei auch nicht geeignet, eine Kausalität der vorgeworfenen Finanzstraftat mit der herangezogenen Haftung nachzuweisen. Darüber hinaus sei in diesem Fall die Vermutung der Kausalität des Finanzvergehens für die Abgabenverkürzung durch die nicht schuldhafte Pflichtverletzung widerlegt ().

Punkt 1.3.4.: Das Finanzamt hätte daher gemäß § 116 BAO als Vorfrage zu prüfen gehabt, ob hinsichtlich der im Haftungsbescheid angeführten Abgaben ein vorsätzliches Finanzvergehen des Beschwerdeführers vorliege. Eine "automatische Bindung" an das Finanzstrafverfahren sei nicht gegeben, ansonsten würde der Gesetzgeber nicht diese Beschwerdemöglichkeit einräumen. Mangels Vorsatz könne der Bf auch nicht gemäß § 11 BAO zur Haftung herangezogen werden.

Punkt 1.4.: Das Finanzamt habe kein Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt.

Punkt 1.4.1.: Die Geltendmachung der Haftung nach § 11 BAO liege im (gebundenen) Ermessen der Abgabenbehörde. Bei der Ermessensübung sei zunächst auf die Nachrangigkeit der Haftungsinanspruchnahme, sodann vor allem auf den Grad des Verschuldens des Haftenden bei Begehung des Finanzvergehens in der Relation zu jenem des Abgabenschuldners Bedacht zu nehmen, weiters darauf, wer durch den Verkürzungserfolg bereichert worden sei (Unger in Althuber/Tanzer/Unger zu § 11 BAO, Seite 58).

Punkt 1.4.2.: Der Bf habe sich durch die (bei der GmbH bewirkte) Abgabenverkürzung nicht unmittelbar selbst bereichert. Im Gegenteil habe er aufgrund der Insolvenz der Primärschuldnerin, die er als Geschäftsführer durch Darlehen finanziert habe, einen erheblichen Vermögensausfall erlitten. Der Haftungsbescheid sei als Einbringungsmaßnahme der darin angeführten Abgaben daher weder zweckmäßig noch angemessen.

Punkt 1.4.3.: Dem Bf sei die Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen bei der Primärschuldnerin nicht möglich gewesen, weil die Abgabenansprüche erst im Zuge der routinemäßig aufgrund des Konkurses stattgefundenen Außenprüfung festgesetzt und dem Bf nicht mitgeteilt worden seien. Es sei ihm daher mangels Kenntnis und mangels Verfügungsbefugnis aufgrund des Konkurses nicht möglich gewesen, die Abgabenansprüche zu erfüllen. Unmöglichkeit schließe Verschulden aus ().

Punkt 1.4.4.: Darüber hinaus sei bei der Ermessensübung die teilweise Schadensgutmachung und die bisherige Unbescholtenheit des Bf zu berücksichtigen. Maßgeblich sei auch der Umstand, dass der Bf auf ein Rechtsmittel gegen das Straferkenntnis verzichtet habe, weil er davon ausgegangen sei, dass damit seine persönliche Haftung abgeschlossen sei. Er habe auch keine anderslautende Belehrung erhalten. Der Grad des Verschuldens des Bf sei somit allenfalls als geringfügig zu betrachten.

Punkt 1.4.5.: Insgesamt sei daher die Geltendmachung der Haftung zusätzlich zur Strafe unangemessen.

(…)

Punkt 2.1.4.: Der Bf sei durch die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer und der Umsatzsteuer in seinen subjektiven Rechten - insbesondere auf rechtliches Gehör, sowie nicht zur Entrichtung von Kraftfahrzeugsteuer und Umsatzsteuer verpflichtet zu sein - verletzt und daher gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG beschwerdelegitimiert.

Punkt 2.1.5.: Der Haftungsbescheid enthalte keinerlei Feststellungen zu Grund und Höhe der Kraftfahrzeugsteuer der Zeiträume 1-12/2016 und 1-9/2017. Der Verweis auf das Straferkenntnis (und die Ergebnisse des Finanzstrafverfahrens) ersetzten das (im Rahmen des Haftungsverfahrens vorzunehmende) Abgabenverfahren nicht.

Punkt 2.1.6.: Die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer und der Umsatzsteuer sei dem Grunde als auch der Höhe nach inhaltlich rechtswidrig. Der Bf sei bei der Außenprüfung vom bei der Primärschuldnerin nicht anwesend gewesen, die Umsatzsteuerbescheide seien dem Masseverwalter zugestellt worden.

Punkt 2.1.7.: Nach der Rechtsprechung des VwGH müsse die Behörde dem Haftungspflichtigen über den haftungsgegenständlichen Abgabenanspruch Kenntnis in einer Weise verschaffen, dass die Prüfung der Richtigkeit der Abgabenfestsetzung möglich sei und die Position der Rechtsverteidigung des herangezogenen Haftenden gegen den Anspruch nicht schwächer sei als diejenige, die der Abgabepflichtige gegen den Abgabenbescheid einzunehmen in der Lage sei (; ).

Punkt 2.1.8.: Der Bescheid vom über die Festsetzung der Umsatzsteuer für den Zeitraum 10-12/201 6 sei dem Masseverwalter der Primärschuldnerin (und nicht dem Bf) zugestellt worden und sei dem Haftungsbescheid nicht angeschlossen gewesen. Die Prüfung der Richtigkeit der Abgabenfestsetzung sei dem Bf daher nicht möglich gewesen. Die Verletzung des Parteiengehörs führe zu einem rechtserheblichen Verfahrensmangel, wenn nicht auszuschließen sei, dass die belangte Behörde bei dessen Vermeidung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können ().

Punkt 2.1.9.: Der Beschwerdeführer hätte im Rahmen des Parteiengehörs vorgebracht, dass er bei der Außenprüfung bei der Primärschuldnerin nicht anwesend gewesen sei. Die Schätzungsgrundlagen für die haftungsrelevanten Abgaben seien nicht zutreffend. Bei der Schätzung hätte das vermutete Ergebnis nachvollziehbar dargelegt werden müssen.

Am wurde die mündliche Verhandlung in Anwesenheit der anwaltlichen Vertretung des Bf sowie des Finanzamtsvertreters durchgeführt.

Beide Parteien verwiesen eingangs auf ihr bisheriges Vorbringen.

Der anwaltliche Vertreter des Bf bekräftigte, dass die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide und der Prüfbericht dem Haftungsbescheid nicht beigelegt gewesen seien, weshalb eine inhaltliche Äußerung nicht möglich gewesen sei. Der Bf habe ihm lediglich den Haftungsbescheid samt Kuvert übergeben. Auf dem Kuvert seien die Beilagen auch nicht angeführt.

Der Finanzamtsvertreter entgegnete, dass sich auf dem Kuvert nur ein Hinweis auf den Bescheid EH 1 (Haftungsbescheid) befinde und es nicht üblich sei, auch die Beilagen anzuführen, weil die Textzeile limitiert sei. Laut Hinweis im Bescheid seien die angesprochenen Unterlagen dem Haftungsbescheid beigefügt worden.

Dem weiteren Vorbringen des Parteienvertreters, die routinemäßig aufgrund des Konkurses durchgeführte Außenprüfung sei dem Bf nicht mitgeteilt worden, weshalb ihm mangels Kenntnis und mangels Verfügungsbefugnis nicht möglich gewesen sei, die Abgabenansprüche zu erfüllen, entgegnete der Finanzamtsvertreter, dass die Prüfung (und die Haftung) ausschließlich Zeiträume vor der Insolvenz umfasse, als der Bf noch Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen sei.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der Abgabenbehörde vorgelegten Aktenteilen, dem Parteienvorbringen, der Ediktsdatei, dem Firmenbuch und dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung.

Rechtslage:

Nach § 11 BAO haften bei vorsätzlichen Finanzvergehen und bei vorsätzlicher Verletzung von Abgabenvorschriften der Länder und Gemeinden rechtskräftig verurteilte Täter und andere an der Tat Beteiligte für den Betrag, um den die Abgaben verkürzt wurden.

§ 11 BAO stellt (nur) auf die wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens verurteilten Personen ab, die in der konkreten Angelegenheit nicht selbst abgabepflichtig sind, sodass nach dieser Bestimmung insbesondere die Vertreter der abgabepflichtigen Gesellschaft als Haftungspflichtige in Betracht kommen. "Täter und andere (…) Beteiligte" können somit jedenfalls die Vertreter sein, die in § 9 BAO umschrieben sind, wenn auch der Kreis der Täter, an den § 11 BAO anknüpft, weiter ist (Stoll, BAO, 142).

Tatbestandsvoraussetzung einer Haftung nach § 11 BAO ist eine Entscheidung im gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren, mit der der Verurteilte eines vorsätzlichen Finanzvergehens rechtskräftig schuldig gesprochen worden ist.

Die Haftung nach § 11 BAO trägt den Charakter einer Schadenersatzhaftung und ist nach der Judikatur des VwGH eine unbeschränkte Primärhaftung und keine Ausfallshaftung wie etwa nach § 9 BAO (, mit Verweis auf Stoll, BAO, 144).

Bei einer Ausfallshaftung müsste die Abgabenbehörde zuerst versuchen, die Abgaben bei der Primärschuldnerin einzubringen; der Haftungspflichtige dürfte nur für die bei der Primärschuldnerin uneinbringlichen Abgabenschulden in Anspruch genommen werden.

Dem gegenüber muss die Abgabenbehörde bei Vorliegen einer unbeschränkten Primärhaftung nicht zuerst versuchen, die Abgaben bei der Primärschuldnerin einzubringen.

Die Haftung nach § 11 BAO setzt, entsprechend dem Prinzip der Akzessorietät, voraus, dass eine Abgabenschuld entstanden ist und mit dem Betrag, für den die Haftung ausgesprochen werden soll, noch unberichtigt aushaftet, nicht aber, dass die Schuld dem Hauptschuldner gegenüber bereits geltend gemacht worden ist und das Verfahren zur Einhebung oder zwangsweisen Einbringung ergebnislos verlaufen ist ().

Die Haftung darf daher für nicht mehr bestehen, als der Hauptschuldner leisten muss, und darf auch keinen höheren Betrag umfassen als den im Spruch des Strafurteils festgestellten Verkürzungsbetrag (Ritz/Koran, BAO7 (2021), § 11 Rz 4 f); die Abgabenbehörden sind an den im Spruch des den Beschwerdeführer schuldig sprechenden Strafurteils genannten Abgabenbetrag gebunden.

Die Bindungswirkung erstreckt sich auf die vom Gericht bzw. der Finanzstrafbehörde festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen.

Die Bindung an eine rechtskräftige Verurteilung im Finanzstrafverfahren bestünde selbst dann, wenn die finanzstrafrechtliche Entscheidung rechtswidrig wäre, da alleine maßgeblich ist, dass das Urteil bzw. Erkenntnis rechtskräftig ist ().

Die Inanspruchnahme als Haftender nach § 11 BAO liegt im Ermessen der Abgabenbehörde.

Ein Vorbringen zur Verschuldensfrage ist unbeachtlich, weil mit der rechtskräftigen Bestrafung wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens die (einzige) Voraussetzung für die Haftung nach § 11 BAO erfüllt ist, weshalb (anders als bei der Haftung nach § 9 BAO) keine eigenständige Prüfung des Verschuldens stattzufinden hat; es ist aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung als gegeben anzunehmen. Im Haftungsverfahren nach § 11 BAO hat auch die Ermessensregelung nicht den Zweck, das aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung als gegeben anzunehmende Verschulden einer neuerlichen Beurteilung zu unterziehen (vgl. ).

Bei der Ermessensübung ist jedoch die Nachrangigkeit der Haftungsinanspruchnahme gegenüber der Inanspruchnahme des Abgabenschuldners zu berücksichtigen. Daneben ist vor allem auf den Grad des Verschuldens des Haftenden bei Begehung des Finanzvergehens in Relation zu jenem des Abgabenschuldners Bedacht zu nehmen, weiters darauf, wer durch den Verkürzungserfolg bereichert wurde (Unger in Althuber/Tanzer/Unger, zu § 11, BAO-Handbuch, 1. Aufl., Dezember 2015).

Entscheidungen, die die Abgabenbehörde nach ihrem Ermessen zu treffen hat, müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen (§ 20 BAO).

Zweck des Haftungsausspruchs ist die Einhebung von Abgaben. Die Heranziehung des Täters zur Haftung für die Abgaben kann (überwiegend) zweckmäßig (§ 20) sein, wenn der auf das vorsätzliche Fehlverhalten zurückzuführende Betrag, um den die Abgaben verkürzt wurden, beim Abgabepflichtigen nicht einbringlich ist (Stoll, BAO, 145).

Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass Vermögenslosigkeit bzw. Arbeitslosigkeit des Haftenden an sich in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung und dieser daher nicht entgegen stehen, zumal auch eine allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit nicht ausschließt, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können ().

Die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden selbst ist im Rahmen der Abgabeneinbringung zu lösen und kann, wie o.a., bei der Ermessensübung zur Heranziehung zur Haftung vernachlässigt werden ().

Nach § 248 1. Satz BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen.

Aus dem einem Haftungspflichtigen eingeräumten Beschwerderecht ergibt sich, dass ihm die Behörde anlässlich der Erlassung des Haftungsbescheides über den haftungsgegenständlichen Abgabenanspruch Kenntnis zu verschaffen hat. Eine solche Bekanntmachung hat durch Zusendung einer Ausfertigung des maßgeblichen Bescheides über den Abgabenanspruch zu erfolgen. Das Unterbleiben einer solchen Bekanntmachung macht den Haftungsbescheid rechtswidrig.

Im Beschwerdeverfahren gegen den Haftungsbescheid können, solange Bescheide über den Abgabenanspruch dem Rechtsbestand angehören, Einwendungen gegen die - wenn auch im Schätzungsweg erfolgte - Abgabenfestsetzung (deren Höhe) nicht mit Erfolg erhoben werden. Solche Einwendungen können nur im Rechtsmittelverfahren gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch mit Aussicht auf Erfolg vorgebracht werden.

Wird die Haftung geltend gemacht, aber kein Bescheid über den Abgabenanspruch erlassen, so kann in der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid die Höhe des Abgabenanspruchs angefochten werden (Ritz/Koran, aaO, § 248 Rz 6 ff).

Wird neben einer Beschwerde gegen den Haftungsbescheid auch eine Beschwerde gegen den Abgabenbescheid eingebracht, so ist zunächst über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden, weil sich erst aus dieser Entscheidung ergibt, ob eine Legitimation zur Beschwerde gegen den Abgabenanspruch überhaupt besteht ().

Nach § 250 Abs. 1 BAO hat die Bescheidbeschwerde die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet (lit. a), die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird (lit. b), die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden (lit. c) und eine Begründung (lit. d) zu enthalten.

Die Angabe einer Begründung soll die Behörde in die Lage versetzen, klar zu erkennen, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt.

Von einem gänzlichen Fehlen einer Begründung ist dann auszugehen, wenn eine Beschwerde keine Hinweise darauf enthält und keine Ansatzpunkte dafür erkennen lässt, worin die Unrichtigkeiten des bekämpften Bescheides gelegen sein sollen (Stoll, BAO, 2576).

Nach der Judikatur stellen etwa die nicht näher begründete Behauptung, die vorgeschriebene Abgabe sei zu hoch oder die bloße Behauptung, eine Schätzung entspreche nicht den tatsächlichen Verhältnissen, keine Begründung im Sinne des § 250 Abs. 1 lit. d BAO dar (Ritz/Koran, aaO, § 250 Rz 14 f, mit Verweis auf die dort angeführte Judikatur).

Auch eine nicht näher begründete Behauptung, dass der Bescheid nicht dem Gesetz entspreche, stellt keine Begründung im Sinne des § 250 Abs. 1 lit. d BAO dar (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 250, E 83, Stand , rdb.at)

Im Ergebnis kann daher nicht schon jede nicht näher begründete Behauptung, der Bescheid sei ungesetzlich, unrichtig, falsch oder rechtswidrig, als Begründung einer Beschwerde angesehen werden.

Entspricht die Bescheidbeschwerde nicht den genannten Erfordernissen, hat gemäß § 85 Abs. 2 BAO die Abgabenbehörde dem Beschwerdeführer die Behebung dieser inhaltlichen Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Bescheidbeschwerde nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden Frist als zurückgenommen gilt (Ritz/Koran, aaO, § 85 Rz 1 f).

Sobald das Verwaltungsgericht für die Erledigung von Bescheidbeschwerden zuständig ist, obliegt ihm auch die Erlassung von Mängelbehebungsaufträgen; dies etwa, wenn die Abgabenbehörde über eine mangelhafte Beschwerde meritorisch (mit Beschwerdevorentscheidung) abgesprochen hat (Ritz/Koran, aaO, § 85 Rz 19).

Liegen Mängel im Sinne des § 250 Abs. 1 BAO vor, ist zwingend ein Mängelbehebungsauftrag zu erlassen; ein solcher steht nicht im Ermessen der Behörde bzw. des Verwaltungsgerichts.

Wird einem berechtigten abgabenbehördlichen/verwaltungsgerichtlichen Auftrag zur Mängelbehebung überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder zwar innerhalb der gesetzten Frist, aber unzureichend entsprochen, gilt das Anbringen kraft Gesetzes als zurückgenommen. Der Eintritt dieser Folge wird durch die auf diese Rechtstatsache bezugnehmende, von der Abgabenbehörde bzw. vom Verwaltungsgericht zu erlassende (verfahrensrechtliche) Erledigung nicht begründet, sondern festgestellt und kann somit durch nach Fristablauf vorgenommene (verspätete) Mängelbehebungen nicht mehr beseitigt werden (Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 85 BAO, Rz 23, Stand , rdb.at, mit Verweis auf ).

Eine Bescheidbeschwerde ist nach § 278 Abs. 1 lit. b BAO mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes als zurückgenommen zu erklären.

Erwägungen:

Der Bf war seit selbstständig vertretungsbefugter, handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin, über deren Vermögen am das Konkursverfahren eröffnet wurde.

Laut Ediktsdatei erfolgte bis dato keine Konkursaufhebung.

Im 7. Bericht des Insolvenzverwalters vom wies dieser u.a. darauf hin, dass derzeit keine Quote auszahlbar sei.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass das an den Bf ergangene Straferkenntnis vom rechtskräftig war und nicht er selbst, sondern die Primärschuldnerin abgabepflichtig war.

Der Bf hatte im Finanzstrafverfahren Unterlagen vorgelegt, aus denen die in den Zeiträumen 10-12/2016 und 1-4/2017 ursprünglich zugestandenen Vorsteuern ersichtlich waren, weshalb sich der strafbestimmende Betrag nach einem Einspruch des Verteidigers des Bf gegen die Strafverfügung vom entsprechend verringerte.

Den Vorsatz begründete die Finanzstrafbehörde damit, dass dem Bf die abgabenrechtlichen Fristen und Verpflichtungen hinlänglich bekannt gewesen seien, da vorangegangene Voranmeldungen pünktlich eingereicht worden seien.

Die Finanzstrafbehörde wertete bei der Strafbemessung die bisherige Unbescholtenheit, die teilweise Schadensgutmachung und die finanziellen Schwierigkeiten als mildernde Umstände und berücksichtigte die wiederholte Tatbegehung und das Zusammentreffen mehrerer Delikte als erschwerend.

Das Tatbestandsmerkmal der "rechtskräftigen Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens" für die Haftungsinanspruchnahme nach § 11 BAO ist ungeachtet des Umstandes, dass die Rechtskraft aufgrund eines Rechtsmittelverzichts eingetreten ist, erfüllt. Vom Spruch des Haftungsbescheides ist auch kein höherer Betrag umfasst als der im Spruch des Straferkenntnisses festgestellte.

Da das (rechtskräftige) Straferkenntnis vom wegen der vorsätzlichen Finanzvergehen nach §§ 33 Abs. 2 lit. a und 49 Abs. 1 lit. a FinStrG die einzige Voraussetzung für die Inanspruchnahme zur Haftung gemäß § 11 BAO darstellt, stützte das Finanzamt die Heranziehung des Bf zur Haftung zu Recht auf diese Gesetzesbestimmung.

Aus dem Vorbringen des Bf, er habe tatsächlich nicht vorsätzlich gehandelt, lässt sich nichts gewinnen, da nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung entfaltet. Die Bindungswirkung erstreckt sich auf die von der Finanzstrafbehörde festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen, wobei die Bindung, wie o.a., selbst dann bestünde, wenn die Entscheidung rechtswidrig wäre.

Eine eigenständige Beurteilung des Vorliegens einer strafbaren Handlung seitens der Abgabenbehörde bzw. des Bundesfinanzgerichts ist daher unzulässig.

Der Einwand, nicht vorsätzlich gehandelt zu haben, wäre im Finanzstrafverfahren vorzubringen gewesen und nicht im gegenständlichen Haftungsverfahren.

Ebenso wenig entscheidend sind in diesem Verfahren die Gründe, welche den Bf zur Abgabe eines Rechtsmittelverzichts bewogen haben. Maßgeblich ist alleine, dass die Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens rechtskräftig gewesen ist.

Dem erstmals im Schreiben vom in den Punkten 1.2.2. und 2.1.8. vorgetragenen Einwand, die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Zeiträume 10-12/2016 und 1-4/2017 seien dem Haftungsbescheid ebenso wenig angeschlossen gewesen wie der Prüfbericht vom , aus dem sich die Berechnung der Kraftfahrzeugsteuer ergebe, und in der Begründung des Haftungsbescheides sei auch nicht darauf verwiesen worden, ist zu entgegnen, dass der Haftungsbescheid sehr wohl einen Hinweis darauf enthält, dass die zu den haftungsgegenständlichen Abgaben an die Primärschuldnerin ergangenen Bescheide sowie der Prüfbericht in der Anlage übermittelt würden.

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung ist davon auszugehen, dass grundsätzlich die ersten Angaben in einem Verfahren die größte Wahrscheinlichkeit für sich haben, dem tatsächlichen Sachverhalt zu entsprechen, da anzunehmen ist, dass spätere Angaben in Kenntnis der steuerlichen Auswirkungen und unter dem Gesichtspunkt einer möglichst geringen Abgabenbelastung für die Partei gemacht werden.

In der Beschwerde stellte der Bf ausschließlich zur Kraftfahrzeugsteuer - zutreffend - fest, dass ihm keine Bescheide zugestellt worden seien.

Zu den Umsatzsteuerfestsetzungen 10-12/2016 und 1-4/2017 bezog sich der Bf sowohl auf das Bescheiddatum als auch auf die bescheidmäßig festgesetzten, mit den Haftungsbeträgen nicht übereinstimmenden Beträge. Weiters führte er in der Beschwerde das genaue Datums des Prüfberichts an, weshalb darauf geschlossen werden kann, dass ihm sowohl die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide als auch der Prüfbericht bekannt gewesen sind.

Es entspricht nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass der Bf in der Beschwerde und im Vorlageantrag nicht bemängelt hätte, wären ihm die angeführten Unterlagen tatsächlich nicht zugekommen.

Obwohl sich das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung ausführlich mit den Kraftfahrzeugsteuerfestsetzungen auseinandersetzte und zudem auf die Ausführungen im Prüfbericht verwies, kritisierte der Bf die fehlende Kenntnis des Prüfberichts auch im Vorlageantrag nicht, sondern verwies lediglich darauf, bei der Außenprüfung am nicht anwesend gewesen zu sein.

Dem erst in Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages am erhobenen Einwand, entgegen dem Hinweis im Haftungsbescheid weder die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide noch den Prüfbericht erhalten zu haben, ist daher kein Glauben zu schenken. Vielmehr ist davon auszugehen, dass dem Bf durch Zusendung der genannten Schriftstücke die vom Gesetz geforderte Kenntnis von den haftungsgegenständlichen Abgabenansprüchen verschafft wurde.

Auch die Einwendungen gegen die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide sind nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit der Haftungsinanspruchnahme aufzuzeigen.

Da die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide dem Rechtsbestand angehören, ist der Bf mit seinen diesbezüglichen Einwendungen auf das Beschwerdeverfahren gegen diese Bescheide zu verweisen.

Im vorliegenden Fall hat sich die Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung daher an die im Rechtsbestand befindlichen Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide vom zu halten.

Mit dem Einwand (Punkt 1.4.3. des Schreibens vom ), dem Bf sei die Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen bei der Primärschuldnerin nicht möglich gewesen, weil die Abgabenansprüche erst im Zuge der Außenprüfung festgesetzt und ihm nicht mitgeteilt worden seien, sodass es ihm mangels Kenntnis und mangels Verfügungsbefugnis aufgrund des Konkurses nicht möglich gewesen sei, die Abgabenansprüche zu erfüllen, übersieht der Bf, dass die haftungsgegenständlichen Umsatz- und Kraftfahrzeugsteuern zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen zu entrichten gewesen wären und er zu diesen Zeitpunken alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen ist.

Der weitere Einwand, der Bf habe gegen die Grundlagenbescheide ebenfalls eine Beschwerde eingebracht, mit der sich das Finanzamt inhaltlich nicht "befestigt" habe bzw. ein ausreichender Rechtschutz sei nicht gegeben, würde das Finanzamt zuerst über den "Nachtragsbescheid" und nachträglich über den Grundlagenbescheid entscheiden, geht aufgrund der o.a. Judikatur, wonach zunächst über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden ist, wenn der Haftungspflichtige sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gegen den maßgeblichen Bescheid über den Abgabenanspruch eine Beschwerde einbringt, ebenfalls ins Leere.

Das Argument, der Bf sei bei der Außenprüfung der Primärschuldnerin nicht anwesend gewesen und die Bescheide über die Umsatzsteuerfestsetzungen seien nicht ihm, sondern dem Masseverwalter der Primärschuldnerin zugestellt worden, verfängt ebenfalls nicht, weil die in Rede stehenden Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide und der Prüfbericht dem Haftungsbescheid beigelegt worden sind, um dem Bf Kenntnis von den Abgabenansprüchen zu verschaffen und ihm damit eine fundierte Beschwerde gegen diese Abgabenansprüche zu ermöglichen.

Zur Kraftfahrzeugsteuer liegen nach übereinstimmenden Angaben der Amtspartei und der anwaltlichen Vertretung des Bf keine der Primärschuldnerin gegenüber ergangenen Bescheide vor, weshalb an sich im Haftungsverfahren über den betreffenden Abgabenanspruch (seine Höhe) abzusprechen wäre ().

Im Spruch des Straferkenntnisses lastete die Finanzstrafbehörde dem Bf - neben den Verkürzungen von Umsatzsteuervorauszahlungen - die vorsätzliche Verkürzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 1-12/2016 iHv 1.058,51 € und für die Monate 1-6/2017 iHv 491,24 € an.

Die Ausscheidung der Kraftfahrzeugsteuer für das dritte Quartal 2017, welche die Finanzstrafbehörde pauschal mit einem Drittel des Gesamtbetrages vornahm, war dem Umstand geschuldet, dass diese gemäß § 6 Abs. 3 KfzStG erst nach Eröffnung des Konkursverfahrens fällig war und damit nicht mehr in den Verantwortungsbereich des Bf fiel.

Da das Finanzamt zwar den verbleibenden Betrag von 491,24 € in den Haftungsbescheid übernahm, nicht aber den dort angeführten Zeitraum von 1-6/2017, war der Spruch des angefochtenen Haftungsbescheides insoweit zu berichtigen, als der Zeitraum von 1-9/2017 auf einen Zeitraum von 1-6/2017 abzuändern war.

Nachdem die Abgabenbehörde einen Mängelbehebungsauftrag unterlassen und meritorisch über eine nicht den Anforderungen des § 250 Abs. 1 BAO entsprechende Beschwerde, soweit sie sich gegen die Kraftfahrzeugsteuervorschreibungen richtete, abgesprochen hatte, erließ das Bundesfinanzgericht den o.a. Mängelbehebungsauftrag und forderte den Bf auf, seine Beschwerde gegen die Kraftfahrzeugsteuer zu begründen.

In seiner Beschwerde hatte der Bf zur Kraftfahrzeugsteuer lediglich ausgeführt, dass er bei der Außenprüfung nicht anwesend gewesen sei und die Schätzungsgrundlagen nicht zutreffend seien.

Trotz der umfangreichen Ausführungen nannte der Bf auch in seiner Eingabe vom in Entsprechung des Mängelbehebungsauftrages keinen konkreten Grund, weshalb die Berechnung der Kraftfahrzeugsteuer seiner Ansicht nach unzutreffend sei und er beantrage, keine Kraftfahrzeugsteuer festzusetzen.

Dass die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach rechtswidrig sei (Punkt 2.1.6.), ist, wie o.a., keine Begründung, weil mit diesem allgemein gehaltenen Einwand nicht nachvollziehbar ist und mit keinem Wort darauf eingegangen wird, aus welchem Grund der Bf seine gegen die Kraftfahrzeugsteuerfestsetzungen eingebrachte Bescheidbeschwerde für erfolgversprechend gehalten hat.

Das Schreiben vom in Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages enthält keine Hinweise und lässt keine Ansatzpunkte dafür erkennen, worin die Unrichtigkeiten der bekämpften Kraftfahrzeugsteuern gelegen sein sollten.

Da dem Mängelbehebungsauftrag somit nicht bzw. nur unzureichend entsprochen worden ist, hat die gesetzliche Rechtsfolge einzutreten und ist die Beschwerde gegen die o.a. Kraftfahrzeugsteuervorschreibungen gemäß § 278 Abs. 1 lit. b BAO iVm § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen zu erklären.

Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung, obwohl die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid im Hinblick auf die Kraftfahrzeugsteuer nicht den Erfordernissen des § 250 BAO entspricht, bewirkt insoweit eine Rechtswidrigkeit dieses Bescheides infolge Unzuständigkeit der Abgabenbehörde ().

Insoweit das Finanzamt eine rechtswidrige Beschwerdevorentscheidung erlassen hat, ist diese ersatzlos aufzuheben und daher spruchgemäß zu entscheiden.

Mit Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung scheidet auch der Vorlageantrag vom , soweit er die Kraftfahrzeugsteuer betrifft, gemäß § 264 Abs. 7 BAO aus dem Rechtsbestand aus.

Zum seiner Ansicht nach nicht gesetzmäßig geübten Ermessen führte der Bf in Punkt 1.4. seines Schriftstücks vom aus, dass nicht nur auf die Nachrangigkeit der Haftung, sondern auch auf den Grad des Verschuldens des Haftenden in Relation zu jenem des Abgabenschuldners sowie wer durch den Verkürzungserfolg bereichert worden sei, Bedacht zu nehmen sei.

Der Bf habe sich durch die bei der Primärschuldnerin bewirkte Abgabenverkürzung nicht unmittelbar selbst bereichert, sondern habe im Gegenteil durch die Insolvenz der Primärschuldnerin einen erheblichen Vermögensausfall erlitten.

Bei der Ermessensübung seien darüber hinaus die teilweise Schadensgutmachung, seine bisherige Unbescholtenheit sowie der Umstand, dass er auf ein Rechtsmittel gegen das Straferkenntnis verzichtet habe, weil er davon ausgegangen sei, dass damit seine persönliche Haftung abgeschlossen sei und er auch keine anderslautende Belehrung erhalten habe, zu berücksichtigen. Der Grad seines Verschuldens sei allenfalls als geringfügig zu betrachten.

Insgesamt sei die Geltendmachung der Haftung zusätzlich zur Strafe unangemessen.

Obwohl es sich bei der Haftung nach § 11 BAO um eine unbeschränkte Primärhaftung handelt, ist bei der Ermessensübung die Nachrangigkeit der Haftungsinanspruchnahme zu beachten.

Da über das Vermögen der Primärschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet worden ist, laut Bericht des Masseverwalters vom "derzeit" mit keiner Quote zu rechnen sei und der Masseverwalter Masseunzulänglichkeit angezeigt hat (Beschluss vom ), sind die Abgabenschulden bei der Primärschuldnerin uneinbringlich.

Zweck des Haftungsausspruchs ist die Einhebung von Abgaben. Da die Abgabenschulden bei der Primärschuldnerin uneinbringlich sind, ist gegenständlich dem Interesse der Allgemeinheit an der Abgabeneinbringung (Zweckmäßigkeitserwägung) zweifelsfrei der Vorzug gegenüber dem Interesse des Bf, nicht zur Haftung in Anspruch genommen zu werden (Billigkeitserwägung) zu geben.

Sind die verkürzten Abgaben bei der Primärschuldnerin uneinbringlich, ist unter dem Gesichtspunkt der Haftung nach § 11 BAO als Instrument zur Sicherung der verkürzten Abgaben nicht entscheidend, sollten die Vorteile des rechtswidrigen Verhaltens des Bf, wie von ihm vorgebracht, tatsächlich der Primärschuldnerin zu Gute gekommen sein, er dagegen keine persönliche Bereicherung erfahren haben ().

Nach der Rechtsprechung kann die Behörde/das Gericht die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigen.

Dem Argument, die Heranziehung zur Haftung zusätzlich zur Strafe sei unangemessen, kann insofern nicht gefolgt werden, da die Geltendmachung der Haftung nach § 11 BAO eine rechtskräftige Bestrafung wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens zur Voraussetzung hat.

Nicht einsichtig ist ferner, inwieweit im vorliegenden Fall der Grad des Verschuldens des Haftenden in Relation zu jenem des Abgabenschuldners berücksichtigt werden soll, weil der Bf sowohl der Haftende als auch der zur Vertretung der Gesellschaft befugte Geschäftsführer gewesen ist.

Dem Einwand des nur geringfügigen Verschuldens ist zu entgegnen, dass eine Verurteilung wegen eines Vorsatzdeliktes notwendige Voraussetzung für die Geltendmachung einer Haftung nach § 11 BAO ist und eine Vorsatztat kein geringfügiges Verschulden indiziert. Im Übrigen hat im Haftungsverfahren nach § 11 BAO die Ermessensregel nicht den Zweck, das aufgrund des rechtskräftigen Strafverfahrens als gegeben anzunehmende Verschulden einer neuerlichen Beurteilung zu unterziehen.

Unter Berücksichtigung der genannten Umstände erweist sich die Geltendmachung der Haftung im Interesse der Allgemeinheit an der Abgabeneinbringung als zweckmäßig und als geeignete Maßnahme, um einen Abgabenausfall zu verhindern, weil die Haftungsschulden nur im Haftungsweg beim Bf eingebracht werden können. Ein Verzicht der Abgabenbehörde auf Hereinbringung dieser Abgaben hätte zur Folge, dass dies zu Lasten der Allgemeinheit ginge.

Im vorliegenden Fall wurden am 105,90 € und am 263,00 € vom persönlichen Abgabenkonto des Bf zur teilweisen Abdeckung der im Haftungsbescheid enthaltenen Umsatzsteuer 10-12/2016 herangezogen.

Zahlungen des Bf als Haftungsschuldner vermindern zwar den von ihm zu entrichtenden Haftungsbetrag, ändern aber nichts an dem im Haftungsbescheid auferlegten Umfang der Haftungspflicht (z.B. ); zu bezahlen ist jedoch nur noch ein Betrag von 7.350,***1*** € (7.719,36 € - 105,90 € - 263,00 € =7.350,46 €).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

I. Die Rechtsfolgen einer nur unzureichend erfolgten Mängelbehebung ergeben sich aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, sodass die ordentliche Revision auszuschließen war.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig, da die entscheidenden Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind und die vorliegende Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht.

Linz, am

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