Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.03.2022, RV/7500089/2022

Parkometer: Fehlender Nachweis der Lenkereigenschaft

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Hans Blasina über die sechs Beschwerden des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Josef Krist, Liebiggasse 4, 1010 Wien, vom (Anmerkung BFG, gemeint: ) gegen die Straferkenntnisse der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, MA 67, als Abgabenstrafbehörde vom 1) , Zahl MA67/Zahl1/2021, 2) , Zahl MA67/Zahl2/2021, 3) , Zahl MA67/Zahl3/2021, 4) , Zahl MA67/Zahl4/2021, 5) , Zahl MA67/Zahl5/2021 und 6) , Zahl MA67/Zahl6/2021, alle sechs wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, idF. ABl. der Stadt Wien Nr. 20/2020 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, idF. LGBl. für Wien Nr. 71/2018, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird den sechs Beschwerden Folge gegeben. Die angefochtenen Straferkenntnisse werden aufgehoben und die Strafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 1 erster Fall Verwaltungsstrafgesetz (VStG) eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 8 VwGVG i. V. m. § 24 Abs. 1 BFGG und § 5 WAOR hat die beschwerdeführende Partei keine Kosten der verwaltungsgerichtlichen Strafverfahren zu tragen.

III. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Das mehrspurige Kraftfahrzeug der Marke Marke, Farbe Farbe, mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (CZ) wurde am 1) Dienstag, um 14:06 Uhr, 2) Freitag, um 16:21 Uhr, 3) Mittwoch, um 14:23 Uhr, 4) Dienstag, um 18:00 Uhr, 5) Montag um 20:34 Uhr und 6) Mittwoch, um 15:26 Uhr (jeweils) beanstandet, weil es in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1) 1210 Wien, Am Spitz gegenüber 9, 2) 1010 Wien, Marc-Aurel-Straße gegenüber 9, 3) 1210 Wien, Schwaigergasse 41, 4) 1110 Wien, Haugerstraße gegenüber 3, 5) 1010 Wien, Löwelstraße gegenüber 22 und 6) 1190 Wien, Bloschgasse 7, abgestellt war, ohne dass jeweils für seine Kennzeichnung mit einem für den jeweiligen Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt worden wäre.

Diese Sachverhaltselemente sind unstrittig. Strittig ist, wer das Fahrzeug jeweils abgestellt hatte.

Das Fahrzeug sei auf Frau Frau, AdrFrau, zugelassen gewesen. Herr, Amt, teilte der belangten Behörde (Magistrat der Stadt Wien, MA67) am per E-Mail mit, dass er gegenständliches Fahrzeug im Zuge seines Streifendienstes wahrgenommen habe, da ein Halteverbot missachtet worden sei. Im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle habe die Identität des Lenkers [der Beschwerdeführer (Bf.)] und Zulassungsbesitzers (Frau) geklärt werden können. Der Bf. habe (laut Aussage des Bf.) gegenständliches Fahrzeug nur ,kurz' von der Zulassungsbesitzerin geborgt gehabt, da sein eigener PKW in der Werkstätte gestanden sei.

Die belangte Behörde, der Magistrat der Stadt Wien, erließ an den Bf. sechs mit (jeweils) datierte Strafverfügungen zu den Zahlen 1) MA67/Zahl1/2021, 2) MA67/Zahl2/2021, 3) MA67/Zahl3/2021, 4) MA67/Zahl4/2021, 5) MA67/Zahl5/2021 und 6) Zahl MA67/Zahl6/2021, mit welchen dem Bf. angelastet wurde:
1) Der Bf. habe am um 14:06 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone am Beanstandungsort das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem gegenständlichen behördlichen Kennzeichen abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe der Bf. die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
2) Der Bf. habe am um 16:21 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone am Beanstandungsort das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem gegenständlichen behördlichen Kennzeichen abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe der Bf. die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
3) Der Bf. habe am um 14:23 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone am Beanstandungsort das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem gegenständlichen behördlichen Kennzeichen abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe der Bf. die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
4) Der Bf. habe am um 18:00 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone am Beanstandungsort das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem gegenständlichen behördlichen Kennzeichen abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe der Bf. die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
5) Der Bf. habe am um 20:34 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone am Beanstandungsort das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem gegenständlichen behördlichen Kennzeichen abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe der Bf. die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
6) Der Bf. habe am um 15:26 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone am Beanstandungsort das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem gegenständlichen behördlichen Kennzeichen abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe der Bf. die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Wegen Verletzung des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung verhängte die belangte Behörde über den Bf. jeweils eine Geldstrafe iHv 60 €, im Falle der Uneinbringlichkeit jeweils 14 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe.

Der Bf. erhob am per Brief fristgerecht Einspruch gegen die sechs Strafverfügungen und führte darin aus, das gegenständliche, in der Tschechischen Republik zugelassene Fahrzeug sei an den Beanstandungstagen weder von ihm gehalten noch von ihm gelenkt worden. Es stünde weder in seinem Eigentum noch in seiner Verfügungsmacht. Er habe dieses Fahrzeug an den Beanstandungstagen nicht abgestellt. Er habe gegenständliches Fahrzeug lediglich am leihweise zur Verfügung gestellt erhalten und nur an diesem Tage gelenkt.

Daher stellte er den Antrag auf Einstellung der (sechs) Verfahren.

Dem jeweiligen Einspruch war eine Fotokopie des Zulassungsscheines der Kfz-Halterin beigelegt.

Mit sechs Schreiben der Magistratsabteilung 67, alle vom (Lenkererhebungen), Zahlen 1) bis 6), wurde die Kfz Halterin als Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen Kraftfahrzeuges aufgefordert Auskunft darüber zu erteilen, ob sie oder eine andere Person das genannte Kraftfahrzeug zu den jeweiligen Beanstandungszeitpunkten abgestellt habe. Für den Fall, dass eine andere Person dieses Fahrzeug abgestellt habe, sei verlangt worden, Name, Geburtsdatum und Anschrift derjenigen Person der Behörde bekanntzugeben.

Die sechs Schreiben der Magistratsabteilung 67 vom wurden eingeschrieben an die vom Bf. in seinem Einspruch gegen die jeweilige Strafverfügung genannte Zulassungsbesitzerin in der Tschechischen Republik gesendet und alle sechs Schreiben wurden am ordnungsgemäß zugestellt (aktenkundige intern. Rückscheine).

Die Zulassungsbesitzerin beantwortete die sechs Schreiben der Magistratsabteilung 67 vom nicht.

Mit sechs Schreiben vom verständigte die belangte Behörde den Bf. vom Ergebnis der Beweisaufnahme. Der Bf. teilte der belangten Behörde (jeweils) fristgerecht mit, dass der jeweiligen Beweisaufnahme offensichtlich lediglich Fotos über ein tschechisches Fahrzeug an einem ihm (jeweils) unbekannten Ort beigeschlossen worden seien. Er bringe erneut, wie bereits im jeweiligen Einspruch gegen die jeweilige Strafverfügung vor, dass er das gegenständliche Fahrzeug zu den Beanstandungszeitpunkten weder gelenkt, noch irgendwo abgestellt habe. Auch die Zulassungsbesitzerin habe diesem Vorbringen nicht widersprochen und konkludent anerkannt, dass sie und nicht er (der Bf.) an den Beanstandungstagen das Fahrzeug gelenkt bzw. ohne Parkschein abgestellt habe. Da er die ihm zur Last gelegten Taten nicht verwirklicht habe stelle er den Antrag auf Einstellung der gegen ihn anhängigen Verwaltungsstrafverfahren.

Mit sechs Straferkenntnissen vom 1) , Zahl MA67/Zahl1/2021, 2) , Zahl MA67/Zahl2/2021, 3) , Zahl MA67/Zahl3/2021, 4) , Zahl MA67/Zahl4/2021, 5) , Zahl MA67/Zahl5/2021 und 6) , Zahl MA67/Zahl6/2021, lastete der Magistrat der Stadt Wien dem Bf. als Beschuldigten die bereits näher angeführte Verwaltungsübertretung an und verhängte wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz jeweils eine Geldstrafe iHv 60 € und für den Fall der Uneinbringlichkeit jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden. Zudem wurde dem Bf. gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) jeweils ein Betrag von 10 € als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt, wodurch sich der zu zahlende Gesamtbetrag auf jeweils 70 € erhöhte.

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung hat die Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens (wortgleich) erwogen:

"Bei der (behördlichen) Feststellung, wer ein Fahrzeug gelenkt (bzw. abgestellt) hat, handelt es sich um einen Akt der Beweiswürdigung im Sinne des § 45 Abs. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG). Die dabei angestellten Erwägungen müssen daher schlüssig sein, d.h. den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (; , 92/17/0248).

Zur Frage, ob Sie das Fahrzeug am Tatort abgestellt und die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen haben, stehen einander divergierende Angaben gegenüber, sodass die Behörde im Rahmen der ihr eingeräumten Beweiswürdigung zu entscheiden hatte.

Es hätte Ihnen zur Glaubhaftmachung Ihrer Angaben ein Leichtes sein müssen z.B. Zeugen zu benennen, welche die einmalige Überlassung des Fahrzeuges bestätigen hätten können, bzw. Unterlagen vorzulegen, aus denen der Umfang der Überlassung hervorgegangen wäre.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschuldigte initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für eine Glaubhaftmachung nicht aus (in diesem Sinne ).

Die bloße Erklärung, nicht der Lenker zur Tatzeit gewesen zu sein und das Fahrzeug vorschriftswidrig abgestellt zu haben, sodass der Vorhalt der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht richtig sei, ist nicht ausreichend, diese zu widerlegen. Vielmehr wäre es Ihre Aufgabe gewesen, konkreten Erhebungsergebnissen nicht nur diese Behauptung und die Ausführung, dass die Zulassungsbesitzerin aufgrund der Nichtreaktion auf das Schreiben vom konkludent ihre Lenkereigenschaft anerkannt hätte, entgegenzusetzen, sondern auch entsprechende Beweise wie z.B. eine Bestätigung der Zulassungsbesitzerin für Ihre Angaben anzubieten.

Geschieht dies nicht, ist die Behörde nicht gehalten, aufgrund der bloßen Behauptung weitere Beweiserhebungen durchzuführen (vgl. und ).

Ihre Darstellung war objektiv nicht überprüfbar. Es ist daher davon auszugehen, dass Sie zur Tatzeit der Lenker waren."

Der Bf. erhob per Brief fristgerecht Beschwerde gegen die vorgenannten sechs Straferkenntnisse und brachte jeweils vor, dass er weder Eigentümer noch Halter vom gegenständlichen Fahrzeug sei. Er habe dieses Fahrzeug auch zu den Beanstandungszeitpunkten weder gelenkt noch irgendwo, insbesondere auch nicht an den Beanstandungsorten abgestellt bzw. geparkt. Aus diesen Gründen stelle er den Antrag die angefochtenen Straferkenntnisse ersatzlos zu beheben.

Mit den Beschwerden wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt.

Der Magistrat der Stadt Wien legte die Beschwerden mit (jeweiligem) Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen 123 (CZ), dessen Zulassungsbesitzer nicht der Bf. ist, war am
1) Dienstag, um 14:06 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone 1210 Wien, Am Spitz gegenüber 9,
2) Freitag, um 16:21 Uhr in 1010 Wien, Marc-Aurel-Straße gegenüber 9,
3) Mittwoch, um 14:23 Uhr in 1210 Wien, Schwaigergasse 41,
4) Dienstag, um 18:00 Uhr in 1110 Wien, Haugerstraße gegenüber 3,
5) Montag um 20:34 Uhr in 1010 Wien, Löwelstraße gegenüber 22 und
6) Mittwoch, in 1190 Wien, Bloschgasse 7, abgestellt,
ohne dass es jeweils mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten Parkschein gekennzeichnet gewesen wäre oder ein elektronischer Parkschein aktiviert war.

Dem Bf. war besagtes Kraftfahrzeug lediglich Anfang August kurz überlassen, zu den jeweiligen Tatzeiten war er jedoch nicht Lenker des Fahrzeuges.

Der Sachverhalt ergibt sich aus den Verwaltungsakten, aus den eigenen dienstlichen Wahrnehmungen der jeweiligen Kontrollorgane, den jeweiligen Anzeigedaten und den aktenkundigen Fotoaufnahmen des gegenständlichen Kraftfahrzeuges.

Beweiswürdigung:

Die belangte Behörde begründet die Lenkereigenschaft des Bf. damit, dass er keine Entlastungsbeweise vorgelegt habe.

Aktenkundig - und in der vorgenannten Beweiswürdigung der belangten Behörde unbeachtet gelassen - ist jedoch eine Korrespondenz der belangten Behörde mit der Landespolizeidirektion Wien vom , wonach der Bf. gegenständliches Fahrzeug ,kurz' von der Zulassungsbesitzerin geborgt gehabt habe, da sein eigenes Fahrzeug in der Werkstätte war. Die sechs hier gegenständlichen Delikte umspannen jedoch den Zeitraum vom bis .

Der Bf. bestreitet, das verfahrensgegenständliche Fahrzeug zu den jeweiligen Tatzeitpunkten verwendet und somit die sechs Verwaltungsübertretungen begangen zu haben.

Da die Korrespondenz mit datiert war, kann davon ausgegangen werden, dass die Wahrnehmung von gegenständlichem Fahrzeug durch die Landespolizeidirektion Wien allenfalls zwei bis drei Tage vor dem eingetreten ist. Der Bf. nennt in seinem (jeweiligen) Einspruch gegen die Strafverfügungen den , an dem er das Fahrzeug leihweise zur Verfügung gestellt erhalten und nur an diesem Tage gelenkt hat.

Da sich die im vorliegenden Fall angelasteten strafbaren Handlungen jedoch über den langen Zeitraum vom bis erstreckten, bestehen beträchtliche Zweifel, dass der Bf. in den sechs gegenständlichen Fällen das Fahrzeug abgestellt hatte. Aus der Tatsache, dass dem Bf. ein Fahrzeug kurz überlassen worden ist, kann nicht für einen davorliegenden langen Zeitraum angenommen werden, der Bf. sei auch damals Lenker gewesen. Vor allem begründet der Bf. die kurze Überlassung im August mit einem Werkstattaufenthalt seines eigenen Kraftfahrzeuges. Weshalb der Bf. - über ein eigenes Kraftfahrzeug verfügend - mehrfach das Fahrzeug einer anderen Person gelenkt haben soll, lässt sich mit dem von der belangten Behörde bemühten allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut nicht nachvollziehen.

Rechtliche Beurteilung:

§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"Für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) ist eine Abgabe zu entrichten."

§ 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"(1) Die Abgabe gilt mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

(2) Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken."

§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 normiert:

"§ 4. (1) Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen."

Gemäß § 45 Abs. 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Da im vorliegenden Fall die strafbaren Handlungen im Zeitraum vom bis begangen wurden und gemäß vorgenannter Korrespondenz der belangten Behörde mit der Landespolizeidirektion Wien vom der Bf. (nach seinen eigenen Angaben) gegenständliches Fahrzeug vor dem nur ,kurz' von der Zulassungsbesitzerin geborgt gehabt hatte, kann in freier Beweiswürdigung nach § 45 Abs. 2 AVG nicht davon ausgegangen werden, dass die Lenkereigenschaft des Bf. in den beschwerdegegenständlichen Fällen als erwiesen anzunehmen ist.

§ 45 VStG normiert

"(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet."

Nicht erwiesen werden kann die Tat, wenn die Beweise für einen Schuldspruch nicht ausreichen oder wenn nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens noch Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten bestehen (vgl. Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG, § 45 Rz 3 mwN).

Voraussetzung für die Verhängung einer Verwaltungsstrafe ist das Vorliegen eines Verhaltens, welches als tatbildlich gesetzt zu qualifizieren ist. Unter Zugrundelegung des im Verwaltungsstrafverfahren allgemein gültigen Rechtsgrundsatzes "in dubio pro reo" darf nur dann eine Bestrafung erfolgen, wenn mit der für eine strafrechtliche Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststeht, dass das der Verurteilung zugrundeliegende strafbare Verhalten auch tatsächlich von der beschuldigten Person verwirklicht worden ist.

Nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen kann nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Bf. als Beschuldigter die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen begangen hat.

Daher waren die angefochtenen Straferkenntnisse aufzuheben und die Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt.

§ 44 VwGVG normiert:

"(2) Die Verhandlung entfällt, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist."

Es war keine mündliche Verhandlung durchzuführen, da die sechs Straferkenntnisse bereits auf Grund der Aktenlage aufzuheben waren.

Kostenentscheidung

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500089.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at