Festsetzung von Lohnabgaben im Zusammenhang mit nicht anerkanntem Fremdleistungsaufwand
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch KMB Steuerberatung Zips & Partner GmbH, Weißgerberlände 56/3b, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling vom betreffend Haftung für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 für die Jahre 2006 und 2007 sowie Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2006 bis 2007, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde betreffend Haftung für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 für das Jahr 2006 sowie Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für das Jahr 2006 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die Bescheide werden ersatzlos aufgehoben.
II. Die Beschwerde betreffend Haftung für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 für das Jahr 2007 sowie Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für das Jahr 2007wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Diese Bescheide bleiben unverändert.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer betreibt als Einzelunternehmer einen Baumaschinenverleih (u. a. Betonpumpen).
Nach einer die Jahre 2006 bis 2011 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung wurden betreffend die Jahre 2006 und 2007, datiert mit , Bescheide betreffend Haftung für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 sowie Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag erlassen. In der Begründung dieser Bescheide wurde auf den Betriebsprüfungsbericht betreffend die Umsatz- und Einkommensteuer verwiesen.
In diesem Bericht traf die Prüferin die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit den Firmen ***1*** und ***2*** aufgefallen seien, die er aber nicht hinterfragt habe. Auf diese Firmen seien Arbeiter zum Schein angemeldet worden. Werde Personal bei einem Unternehmen tatsächlich beschäftigt, formell jedoch bei einem anderen Unternehmen angemeldet, sei der tatsächliche Beschäftiger Dienstgeber dieser Arbeitnehmer. Ihm obliege daher die Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer und die Entrichtung der Lohnnebenkosten. Da davon ausgegangen worden sei, dass die Arbeiten erbracht worden seien, sei der Aufwand im Schätzungswege mit 50% als geschätzter Lohnaufwand anerkannt worden.
In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde führte der Beschwerdeführer aus, Rechnungen seien teilweise als Scheinrechnungen qualifiziert und in der Folge nur teilweise anerkannt worden. Als pauschaler Dienstnehmeraufwand sei dieser den Lohnabgaben unterzogen und nachversteuert worden.
Über das Vermögen der Fa. ***1*** sei im Zeitpunkt der Rechnungserstellung noch nicht der Konkurs eröffnet gewesen und auch die UID-Nummer sei gültig gewesen. Eine pauschale Nichtanerkennung von 50% der Ausgaben und die pauschale Festsetzung von Lohnabgaben sei nicht gerechtfertigt. Der Leistungsaustausch hätte jedenfalls glaubhaft gemacht werden können, sonst wären nicht 50% des Aufwandes anerkannt worden. Es werde daher die Aufhebung der pauschalen Lohnabgaben beantragt.
Die Fa. ***3*** (vormals Fa. ***2***) sei im erfassten Zeitraum ein Kunde des Beschwerdeführers gewesen. Lediglich auf Grund eines Bauschadens sei es zur Gegenverrechnung gekommen. Es sei verwunderlich, dass eine Rechnung, die von dieser Firma an den Beschwerdeführer gelegt worden sei, nicht anerkannt werde, eine Rechnung, die der Beschwerdeführer an diese Firma gelegt habe, aber sehr wohl. Wenn die Prüfung davon ausgehe, dass der Schadensfall durchaus glaubhaft gewesen sei, dann verwundere die Nichtanerkennung der diesbezüglichen Rechnung sehr. Zum Zeitpunkt der Rechnungserstellung sei die UID-Nummer gültig gewesen. Die Festsetzung eines pauschalen Lohnaufwandes von 50% entbehre jeder rechtlichen Grundlage. Den vom Finanzamt herangezogenen Erfahrungswerten sei entgegenzuhalten, dass insbesondere die Fa. ***3*** tatsächlich Leistungen erbracht und Dienstnehmer dafür zur Verfügung gehabt habe.
Der Beschwerdeführer brachte weiter vor, er habe keine wissentliche Handlung gesetzt, um etwaige Steuern zu verkürzen.
Mit Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, es seien trotz umfangreicher Vorhaltungen betreffend die Geschäftsbeziehungen zur Fa. ***1*** keine konkreten Umstände und Unterlagen vorgelegt worden, die die von der Betriebsprüfung erhobenen Vorwürfe hätten entkräften können.
Im Vorlageantrag führte der Beschwerdeführer aus, bei einer Schätzung seien alle bedeutsamen Umstände zu berücksichtigen. Die Begründung habe die für die Schätzungsbefugnis sprechenden Umstände, die Schätzungsmethode, die der Schätzung zugrunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzulegen. Durch vorangegangene Prüfungen ohne weitere Betrachtungsweise auf das Unternehmen des Beschwerdeführers zu schließen, sei vollkommen rechtswidrig.
Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Senatsverhandlung wurde mit Telefax vom zurückgenommen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
1.1. Rechnung der Fa. ***2***
Frau X bestellte bei der Fa. ***2*** die Versetzarbeiten ihres Swimmingpools. Nach Abschluss der Grabungs- und Versetzarbeiten wurde beim Beschwerdeführer eine Betonpumpe bestellt, um das Pool mit Beton zu hinterfüllen. Beim Betonieren gelangte Beton zwischen die Bodenplatte und den Polyester-Poolboden, weshalb sich dieser in weiterer Folge aufwölbte und die Lage des Pools verschoben wurde. Da die Versicherung die Übernahme der Reparaturkosten ablehnte, teilten sich der Beschwerdeführer und die Fa. ***2*** die Kosten der Reparaturarbeiten. Es handelt sich daher um eine Erlösminderung hinsichtlich der vom Beschwerdeführer an die Fa. ***2*** erbrachten Leistungen.
Darüber hinaus wird auf die im unangefochten gebliebenen Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7100750/2017, getroffenen Feststellungen verwiesen.
1.2. Rechnungen der Fa. ***1***
Der Beschwerdeführer betrieb als Einzelunternehmer einen Baumaschinenverleih (u. a. Betonpumpen). Im Jahr 2007 hatte er keine Arbeitnehmer angemeldet. Er machte Aufwendungen für die Bereitstellung von Personal als Aufwand geltend.
Nach den Angaben auf den Rechnungen wurde das notwendige Personal von der Fa. ***1*** bereitgestellt. Eine Liste mit den Namen des angemieteten Personals sowie Stundenaufzeichnungen, Leistungsscheine, Anmeldebestätigungen, Auftragsschreiben oder Vereinbarungen wurden nicht vorgelegt.
Die Fa. ***1*** war am angeblichen Firmensitz nicht auffindbar und die Tätigkeit dieser Firma beschränkte sich auf den Verkauf von Dienstnehmeranmeldungen.
Die Rechnungen wurden nur in bar beglichen. Der für die Bereitstellung von Personal geltend gemachte Aufwand diente der Bezahlung von eigenem, nicht angemeldeten Personal.
Darüber hinaus wird auf die im unangefochten gebliebenen Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7100750/2017, getroffenen Feststellungen verwiesen.
Beweiswürdigung
2.1. Rechnung der Fa. ***2***
Der Sachverhalt gründet sich auf die glaubhaften Feststellungen im Rahmen des Beschwerdeverfahrens betreffend die Umsatz- und Einkommensteuer 2006 des Beschwerdeführers, welches mit unangefochten gebliebenen Erkenntnis vom , RV/7100750/2017, abgeschlossen worden ist.
2.2. Rechnungen der Fa. ***1***
Wie aus den Erklärungen ersichtlich, hat der Beschwerdeführer Umsätze erzielt, die ohne arbeitendes Personal nicht erzielbar gewesen wären. Nun steht es dem Steuerpflichtigen grundsätzlich frei, ob er die angenommenen Aufträge durch eigenes Personal ausführen lässt oder sich das erforderliche Personal über eine Personalbereitstellungsfirma organisiert.
Wenn nun Aufwendungen für Personalbereitstellung geltend gemacht werden, so ist darüber ein Nachweis zu erbringen, wer diese Leistungen erbracht hat und wer dafür entlohnt wurde. Die Beschwerdeführer hat in dieser Hinsicht die Fa. ***1*** angegeben, welche den Erhebungen zufolge keine Geschäftstätigkeit entfaltet hat. Diese Firma kann daher die Arbeiten nicht ausgeführt haben.
Die Leistungen wurden ausschließlich bar beglichen, sodass auch im Wege des Geldflusses keine Überprüfung der Empfänger der Beträge möglich ist.
Auf Grund dieser Gesamtumstände und der bekannten Malversationen in der Baubranche, die genau diesem Muster folgen, wie sich die Leistungen im vorliegenden Fall darstellen, bestehen daher berechtigte Zweifel, dass es sich bei dem geltend gemachten Aufwand um tatsächliche Personalbereitstellungskosten handelte. Mangels eigenen angemeldeten Personals ist daher davon auszugehen, dass mit diesem Aufwand Aufwand für eigenes Personal verschleiert werden sollte und die Lohnabgaben vermieden werden sollten.
Da der Beschwerdeführer aber tatsächlich Leistungen erbracht hat, diese aber nicht von der Fa. ***1*** durchgeführt worden sind, ist das Finanzamt zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass sich der Beschwerdeführer dafür eigener (nicht angemeldeter) Dienstnehmer bedient hat.
Bei den von der Fa. ***1*** in Rechnung gestellten Beträgen handelt es sich daher teilweise um versteckten Lohnaufwand. Die Schätzung des Lohnaufwandes in Höhe von 50% des als Aufwand geltend gemachten Betrages erscheint daher gerechtfertigt und der Höhe nach angemessen.
Darüber hinaus wird auf die im unangefochten gebliebenen Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7100750/2017 enthaltene Beweiswürdigung verwiesen.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. und II.
Gemäß § 82 EStG 1988 haftet der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer. Gegen die durchgeführte Schätzung mit 60 Prozent bestehen keine Bedenken, da der Bf diese Schätzung im Betriebsprüfungsverfahren als realistisch bezeichnet hat. Gegen diese Schätzung und die in der Folge ergangenen Bescheide wurde keine Beschwerde erhoben, sodass diese Schätzung des Lohnaufwandes der Berechnung der Lohnsteuer zugrunde gelegt werden kann.
Gemäß § 86 Abs. 2 EStG 1988 kann die Nachforderung der Lohnsteuer in einem Pauschbetrag erfolgen, wenn sich bei einer Außenprüfung ergibt, dass die genaue Ermittlung der auf den einzelnen Arbeitnehmer infolge einer Nachforderung entfallende Lohnsteuer mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden ist.
Auch im Falle einer pauschalen Nachforderung muss grundsätzlich ermittelbar sein, was auf den einzelnen Arbeitnehmer entfällt. Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen wird aber dann vorliegen, wenn zwar feststeht, dass der Arbeitgeber Arbeitnehmern geldwerte Vorteile gewährte, der Arbeitgeber aber selbst der Abgabenbehörde die Möglichkeit nimmt, die betreffenden Arbeitnehmer festzustellen (vgl. ).
Auf Grund des für 2007 festgestellten Sachverhaltes und der Tatsache, dass der Beschwerdeführer die Beschäftigung von Arbeitnehmern in Abrede stellte, war es der Behörde nicht möglich, eine genaue Ermittlung der Arbeitnehmer und der auf diese entfallenden Lohnsteuer vorzunehmen. Aus diesem Grund wurde auf die pauschale Ermittlung zurückgegriffen.
Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann gemäß § 201 Abs. 1 BAO nach Maßgabe des § 201 Abs. 2 BAO und muss nach Maßgabe des § 201 Abs. 3 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
Gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden.
Entsprechend der Bestimmung des § 202 Abs. 1 BAO gelten die §§ 201 und 201a sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Hiebei sind Nachforderungen mittels Haftungsbescheides (§ 224 Abs. 1) geltend zu machen.
§ 303 BAO nennt als Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens, dass
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Bezogen auf den "Neuerungstatbestand" ist somit erforderlich, dass für die Abgabenbehörde im Verfahren nicht geltend gemachte Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, wenn die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Voraussetzung für die Festsetzung ist daher, dass entscheidungserhebliche Tatsachen oder Beweismittel der Abgabenbehörde im Zeitpunkt der Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages noch nicht bekannt waren und dass diese Umstände nachträglich neu hervorkommen (etwa im Zuge einer Außenprüfung).
3.1.1. Bescheide betreffend das Jahr 2006
Für dieses Jahr sind zwar der belangten Behörde die Tatsachen betreffend die Rechnung der Fa. ***2*** im Zeitpunkt der Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages noch nicht bekannt, diese Tatsachen waren aber nicht geeignet, einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeizuführen.
Für den Fall, dass sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als richtig erweist, darf keine Festsetzung der Abgabe erfolgen (vgl. bspw. ; sowie )
Da die für die Erlassung des Haftungsbescheides und der Festsetzungsbescheide betreffend DB und DZ relevanten Feststellungen der GPLB - wie oben dargelegt - unzutreffend waren und sich die vom Beschwerdeführer vorgenommene Selbstberechnung der Lohnabgaben für 2006 als richtig erweist, hätten die bekämpften Bescheide nicht erlassen werden dürfen. Sie waren daher ersatzlos aufzuheben.
3.1.2. Bescheide betreffend das Jahr 2007
Hinsichtlich jener Rechnungen, die von der Firmenbezeichnung der Fa. ***1*** ausgestellt worden sind, kam erst im Rahmen der Außenprüfung und in der darauf folgenden GPLA hervor, dass der Beschwerdeführer versteckten Lohnaufwand als Personalbereitstellungsaufwand geltend gemacht hatte, die Leistungen aber letztlich durch eigene Dienstnehmer erbracht worden sind, deren Löhne er nicht in die Bemessungsgrundlagen für DB und DZ einbezogen hatte. Dies wurde auch im Bericht über die GPLA festgehalten, auf dessen Ausführungen in den bekämpften Bescheiden zur Begründung hingewiesen wurde.
Auf § 201 Abs. 2 Z 3 BAO gestützte Festsetzungen liegen stets im Ermessen, dies unabhängig davon, ob sie auf Antrag oder von Amts wegen erfolgen können (vgl. Ritz, BAO6, § 201 Tz 38).
Da sich damit die Selbstberechnung der Lohnabgaben 2007 als unrichtig erweist, kann eine Festsetzung erfolgen. Es handelt sich dabei um eine Ermessensentscheidung.
Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich gemäß § 20 BAO in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.
Die maßgebenden Kriterien für die Übung des Ermessens ergeben sich primär aus der Ermessen einräumenden Bestimmung. In der Regel sind sie lediglich erschließbar aus dem Zweck der Norm (vgl. Ritz, aaO, § 20, Tz 5).
Die Ermessensübung hat sich vor allem am Zweck der Norm zu orientieren. Daher ist bei einer Festsetzung nach § 201 BAO, die sich nach den Kriterien der Wiederaufnahmen der Verfahren (§ 303 BAO) richtet, insbesondere der Vorrang des Prinzips der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) vor jenem der Rechtsbeständigkeit zu beachten (vgl. Ritz, aaO, § 20, Tz 8 und die dort wiedergegebene Judikatur und Literatur).
Unter Billigkeit versteht die ständige Rechtsprechung die "Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei", unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben (vgl. Ritz, aaO, § 20, Tz 7).
Da nicht erkennbar ist, welche berechtigten Interessen des Beschwerdeführers der korrekten Festsetzung der genannten Abgaben entgegenstehen könnten, andererseits ein Interesse der Allgemeinheit an der gleichmäßigen Besteuerung aller Steuerpflichtigen besteht, erscheint die Festsetzung nicht unbillig. Im Hinblick darauf, dass die Festsetzung zu einer nicht unerheblichen Nachforderung führt, stehen ihr auch nicht das Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit entgegen.
Unter Berücksichtigung der von der Prüfung der lohnabhängigen Abgaben für das Jahr 2007 im Schätzungswege festgestellten Lohnaufwendungen errechnen sich die in den bekämpften Bescheiden angeführten Abgabenbeträge.
Zu Spruchpunkt III. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Bei der Beurteilung der Frage, ob die streitgegenständlichen Leistungen durch eigene Dienstnehmer des Beschwerdeführers oder durch Dienstnehmer einer Subfirma erbracht wurden, handelt es sich um eine reine Sachverhaltsfrage. Die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes ergab sich aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes. Hinsichtlich der pauschalen Nachverrechnung der Lohnsteuer erfolgte die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht an Hand der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ().
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag somit nicht vor. Daher war die Revision für unzulässig zu erklären.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 41 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 41 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 122 Abs. 7 und 8 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998 § 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 86 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 201 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 201 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 82 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 202 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100839.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at