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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.02.2022, RV/7100225/2022

Zufluss von Kostenersätzen an eine Gemeinderätin, auch wenn diese nicht direkt an sie ausbezahlt, sondern vereinbarungsgemäß von der Gemeindeverwaltung einer Bürgerliste überlassen wurden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***6*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid wird abgeändert.

Die Einkommensteuer wird in Höhe von 50,00 € festgesetzt.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezog im Streitjahr neben anderen unstrittigen Einkünften aus nicht selbständiger Tätigkeit Kostenersätze in Höhe von 994, 10 € als Gemeinderätin der Bürgerliste "***1***".

Das Finanzamt stufte den Erhalt dieser Kostenersätze im Einkommensteuerbescheid 2020 als Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit ein.

In der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 führte die Bf. aus, es wäre nicht nachvollziehbar gewesen, diese Aufwandsentschädigungen als Einkommen zu beurteilen. Die Bf. hätte diese Geldbeträge zudem nie erhalten, sondern, wie alle Gemeinderäte diese zur Gänze der Bürgerliste "***1***" zur Verfügung gestellt. Der Jahresbetrag habe 994,10 € betragen. Ihrem Verständnis nach handele es sich bei diesen Kostenersätzen um eine Spende.

Zum Nachweis dafür legte die Bf. ein Schreiben vor, aus welchem eine beschlussmäßige Vereinbarung vom hervorgeht, wonach die Gemeinderäte und geschäftsführenden Gemeinderäte der Bürgerliste "***1***" ihre Aufwandsentschädigungen zur Gänze der Bürgerliste zur Verfügung stellten. Diese Geldbeträge wären sodann für die Finanzierung von Aufwendungen dieser Bürgerliste verwendet worden.

In der Beschwerdevorentscheidung vom beurteilte die belangte Behörde, entgegen der Ansicht der Bf., die erhaltenen Kostenersätze als steuerpflichtige Einkünfte und nicht als steuerfreie Spenden:

"Gemäß § 18 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 sind freigebige Zuwendungen (Spenden) insoweit als Sonderausgaben abzugsfähig, als sie zusammen mit Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen im Sinne des § 4a insgesamt 10% des sich nach Verlustausgleich ergebenden Gesamtbetrages der Einkünfte nicht übersteigen, wenn sie

a) an Einrichtungen im Sinne des § 4a Abs. 3 Z 1, 2 und 3 und Abs. 4, sowie

b) ausschließlich in Geld an begünstigte Körperschaften im Sinne des § 4a Abs. 3 Z 2a, Z 4 bis 6, Abs.4a, Abs. 5 und Abs. 6 geleistet werden.

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 lit. b EStG 1988 sind Bezüge, Auslagenersätze und Ruhe- (Versorgungs-Bezüge, die Mitglieder einer Landesregierung (des Wiener Stadtsenates), Bezirksvorsteher (Stellvertreter) der Stadt Wien, Mitglieder eines Landtages sowie deren Hinterbliebene auf Grund gesetzlicher Regelung erhalten, weiters Bezüge, Auslagenersätze und Ruhe-(Versorgungs-)Bezüge, die Bürgermeister,Vizebürgermeister (Bürgermeister-Stellvertreter), Stadträte und Mitglieder einer Stadt-, Gemeinde- oder Ortsvertretung sowie deren Hinterbliebene auf Grund gesetzlicher Regelung erhalten, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.

Trifft ein Anspruchsberechtigter eine Vorausverfügung über einen bestimmten Betrag (zB Zuführung des Betrages zu einem gemeinnützigen Zweck), liegt eine Einkommensverwendung vor; die Einnahmen gelten als dem Anspruchsberechtigten zugeflossen ( 91/14/0076).

Verzichtet der Steuerpflichtige auf künftige Einnahmen ohne jegliche Verwendungswidmung, liegt kein Zufluss vor ( RV/7104583/2016; daher kein Zufluss durch Verzicht auf eine von einem Gemeinderat beschlossene Aufwandsentschädigung, wenn der Verzicht weder dem Gemeinderatsmitglied anderweitig abgegolten wird, noch auf Grund einer Abmachung oder einer Verfügung des Mitglieds Dritten zugutekommt); anders, wenn auf Einnahmen zu Gunsten eines bestimmten Zwecks ( 98/14/0021) oder auf einen bereits entstandenen Anspruch aus privaten Gründen verzichtet wird (Verfügung über eine Forderung; RV/0113-F/07). Trifft der Anspruchsberechtigte im Vorhinein eine Verfügung darüber, was mit einer Einnahme zu geschehen hat, zB die Anordnung, das Geld einem gemeinnützigen Zweck zuzuführen, liegt eine Maßnahme der Einkommensverwendung vor ( 91/14/0076); der Zufluss erfolgt im Zeitpunkt der bestimmungsgemäßen Verwendung ( 87/13/0030; RV/0848-G/08), zB der Aufrechnung, Abtretung (WGW/Wanke § 19 Rz 21) oder Zustimmung, Einnahmen einem Dritten auszuzahlen ( 93/13/0178; 2006/15/0360) (vgl. Peyerl in Jakom EStG, 14. Aufl. 2021, § 19, Rz 26 Stichworte "Verzicht" und "Vorausverfügung").

Im gegenständlichen Fall werden Auslagenersätze als Gemeinderätin der Bürgerliste "***5***" für den Zeitraum - bezogen, die gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 lit. b EStG 1988 steuerpflichtig sind.

Der Verzicht auf die Aufwandsentschädigung zugunsten der Bürgerliste bzw. die Vorabverfügung, dass die Aufwandsentschädigung der Bürgerliste zukommt, bewirkt im Sinne der oben zitierten Judikatur des UFS/BFG bzw. des VwGH einen Zufluss bei der Beschwerdeführerin.Da politische Parteien/Bewegungen weder Einrichtungen im Sinne des § 4a Abs. 3 Z 1, 2 und 3 und Abs. 4 EStG 19988, noch begünstigte Körperschaften im Sinne des § 4a Abs. 3 Z 2a, Z 4 bis 6, Abs. 4a, Abs. 5 und Abs. 6 EStG 1988 sind, können Zahlungen nicht als Spenden gemäß § 18 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 berücksichtigt werden.

Nach der Rechtsprechung des VwGH (, 95/13/0120) ist die Weitergabe von Politikerbezügen, auch wenn dazu auf Grund von Parteibeschlüssen eine Verpflichtung besteht, nicht abzugsfähig. Die Weitergabe stellt Einkommensverwendung dar.

Die Beschwerde war daher hinsichtlich des Begehrens die Einkünfte als Gemeinderätin nicht der Besteuerung zu unterziehen bzw. sie als Spende zu qualifizieren, abzuweisen."

Im Vorlageantrag nahm die Bf. zur Kenntnis, dass ihr Eintrag hinsichtlich Spende unrichtig war. Sie beanstandete die Entscheidung der belangten Behörde nunmehr dahingehend, dass nach ihrer Ansicht für die Gemeinderatsaufwandsentschädigung keine Lohnsteuer zu bezahlen wäre. Dies hätten auch ihre Kollegen bestätigt. Die Entschädigung werde an keinen Gemeinderat der Bürgerliste ausbezahlt. Das Geld komme auf ein Sparbuch der Bürgerliste, mit welchem gemeinnützige Projekte umgesetzt würden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf. ist Gemeinderätin und erhielt im Jahre 2020 in dieser Funktion neben anderen unstrittigen nichtselbständigen Einkünften eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 994,10 €. Diese Geldbeträge wurden nicht der Bf. direkt ausbezahlt, sondern von der Gemeindeverwaltung direkt auf ein Sparbuch der Bürgerliste "ZZ" zur Bestreitung ihrer Aufwendungen überwiesen.

Dieser unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und wird vom Bundesfinanzgericht als erwiesen angenommen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 25 Abs. 1 Z 4 lit b EStG 1988 in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung lautet:

Bezüge, Auslagenersätze und Ruhe- (Versorgungs-Bezüge, die Mitglieder einer Landesregierung (des Wiener Stadtsenates), Bezirksvorsteher (Stellvertreter) der Stadt Wien, Mitglieder eines Landtages sowie deren Hinterbliebene auf Grund gesetzlicher Regelung erhalten, weiters Bezüge, Auslagenersätze und Ruhe-(Versorgungs-)Bezüge, die Bürgermeister, Vizebürgermeister (Bürgermeister-Stellvertreter), Stadträte und Mitglieder einer Stadt-, Gemeinde- oder Ortsvertretung sowie deren Hinterbliebene auf Grund gesetzlicher Regelung erhalten, sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Aus dieser Bestimmung geht hervor, dass Auslagenersätze von Mitgliedern einer Gemeindevertretung zu den Einkünften aus nicht selbständiger Tätigkeit zählen. Die Bf. fällt als Gemeinderätin mit den gegenständlichen Kostenersätzen unter diese Bestimmung.

Dass die Kostenersätze von der Gemeindeverwaltung gleich auf ein Sparbuch der ZZ überwiesen werden, ändert nichts am Zufluss dieser Geldbeträge an die Bf.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Einnahme zugeflossen, sobald der Empfänger über sie "tatsächlich und rechtlich" () beziehungsweise "rechtlich und wirtschaftlich" (; LStR 631) verfügen kann.

Ein Zufluss liegt weiters vor, wenn ein Betrag einer im Voraus bestimmten Verwendung des Empfängers zugeführt wird (LStR 631; s Rz 26 "Vorausverfügung"). Schließlich genügt es, wenn die Verwirklichung des Anspruchs zumindest derart nahe gerückt und gesichert ist, dass dies wirtschaftlich dem tatsächlichen Eingang der Leistung gleichgestellt werden kann (; , "ausdehnende Auslegung"). Eigentumsübergang nach bürgerlichem Recht ist nicht erforderlich ( und 2011/13/0139; , 2090/78; s auch EStR 4602), wohl aber eine objektive und tatsächliche Verfügungsmacht (eines in Geld ausdrückbaren Vorteils und nicht nur einer steuerlich unerheblichen Chance; ). Subjektive Kenntnis der Verfügungsmöglichkeit ist nicht erforderlich (; EStR 4601, vgl. Jakom, Peyerl, EStG 2020, § 19 Rz 26).

Schon aus dem beigelegten Schreiben geht hervor, dass die Bf. als Gemeinderätin ihre Aufwandsentschädigung der Bürgerliste zur Bestreitung von Aufwendungen zur Verfügung stellt. Damit hat sie wirtschaftlich über die Geldbeträge im Voraus verfügt und diese vereinbarungsgemäß der Bürgerliste, zu einem bestimmten Verwendungszweck, überlassen.

Auf dieser Grundlage ist auch kein Rechtsanspruch der Bürgerliste gegenüber der Gemeindeverwaltung, sondern nur gegenüber den jeweiligen Gemeinderäten anzunehmen, weshalb von einem Zufluss der Kostenersätze gem. § 19 EStG 1988 an die Bf. auszugehen war. Infolgedessen lagen Einkünften aus nicht selbständiger Tätigkeit vor. Die Weitergabe der Kostenersätze stellte demnach, wie in der Beschwerdevorentscheidung zutreffend ausgeführt, eine Einkommensverwendung dar.

Die Einkommensteuer für 2020 war daher, wie in der Beschwerdevorentscheidung vom , in Höhe von 50,00 € festzusetzen:


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Berechnung der Einkommensteuer in Euro:
***2***
581,49
***3*** GmbH
28.309,79
***4***
994,10
Pauschbetrag für Werbungskosten
-132,00
Gesamtbetrag der Einkünfte
29.753,38
Pauschbetrag /Sonderausgaben
-60,00
Kirchenbeitrag
0,00
Einkommen
29.693,38
Bemessungsgrundlage für den
besonderen Progressionsvorbehalt:
Gesamtbetrag der Einkünfte
29.753,38
Werbungskostenpauschale
132,00
nicht umzurechnende Beträge
-207,92
Umrechnungsbasis
29.677,46
Umrechnungszuschlag
(29.677,46) x 365 / (365 - 64,00) - 29.677,46
6.310,15
Bemessungsgrundlage/Durchschnittssteuersatz
36.003,53
0 % für die ersten 11.000,00
0,00
20 % für die weiteren 7.000,00
1.400,00
35 % für die weiteren 13.000,00
4.550,00
42 % für die restlichen 5.003,53
2.101,48
Steuer vor Absetzbeträge
8.051,48
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00
Pendlereuro
-67,50
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
7.583,98
Durchschnittssteuersatz (7.583,98 / 36.003,53 x 100)
21,06%
21,06% von
29.693,38
6.253,43
Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt:
0 % für die ersten 620,00
0,00
6 % für die restlichen 4.391,23
263,47
Einkommensteuer
6.516,90
Anrechenbare Lohnsteuer (260
-6.466,87
Rundung gern. § 39 Abs. 3 EStG 1988
- 0,03
Festgesetzte Einkommensteuer
50,00

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgte bei der Lösung der Rechtsfrage, ob Kostenersätze, die zu einem bestimmen Verwendungszweck zur Verfügung gestellt wurden, zugeflossen sind, der im Erkenntnis zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt und eine Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100225.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at