Vorschreibung von Einsatzgebühren nach dem Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7400131/2021-RS1 | Eine Beschwerde gegen einen Bescheid, der in der Folge durch einen weiteren in der selben Sache erlassenen Bescheid ersetzt wurde, gilt gemäß § 253 BAO auch als gegen diesen späteren, rechtswidrig erlassenen Bescheid gerichtet. |
Folgerechtssätze | |
RV/7400131/2021-RS2 | wie RV/7400148/2014-RS1 Für die Entstehung der Gebührenschuld kommt es nicht allein darauf an, ob der Einsatz medizinisch erforderlich war, sondern ob das Vorliegen der Voraussetzungen auf Grund des Zustandsbildes der Person, für die die Rettung gerufen wurde, mit gutem Grund hatte angenommen werden können, wobei diese Annahme bei jenem Mitarbeiter des Rettungsdienstes bestanden haben musste, der die Anforderung (betreffend des Rettungseinsatzes) entgegen genommen hat (vgl. bspw. ). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 70, Fachbereich Gebühren, vom und vom betreffend Einsatzgebühren für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes am , GZ MA70 - TZ200232324, zu Recht erkannt:
I. 1. Der Beschwerde gegen den Bescheid vom wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.
2. Der Beschwerde gegen den Bescheid vom wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird folgendermaßen abgeändert:
Frau ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** ist verpflichtet für die am erfolgte Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes gemäß §§ 28 und 29 des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes, WKRG, LGBl. für Wien Nr. 39/2004, und der hierzu ergangenen Gebührenordnung, kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien, im Zusammenhang mit § 210 BAO idgF die Gebühr in Höhe von 113,20 Euro zu entrichten.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, für die am erfolgte Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes gemäß §§ 28 und 29 des Wiener Rettung-und Krankentransportgesetzes, WRKG, LGBl. für Wien Nr. 39/2004, und der hierzu ergangenen Gebührenordnung, kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien, im Zusammenhang mit § 210 BAO, BGBl Nr. 194/1961 in der geltenden Fassung, die Gebühr von 694 Euro innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.
In der Begründung wurden die §§ 28 bis 30 WRKG sinngemäß wiedergegeben.
In ihrer Beschwerde vom gab die Beschwerdeführerin an, es sei ihr nicht bekannt, am den Rettungsdienst der Stadt Wien beauftragt oder in Anspruch genommen zu haben. Der ihr unbekannte "***1***", der den Notruf abgesetzt habe, möge - ebenso wie die Telefonnummer, von der aus der Auftrag erfolgt sei - genannt werden.
Mit Schreiben vom teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, die Berufsrettung Wien sei am an die Adresse der Beschwerdeführerin gerufen worden. Aufgrund der Angaben im Zuge des Notrufgesprächs sei vom Disponenten der Rettungsleitstelle von der Notwendigkeit eines Rettungseinsatzes auszugehen und aus diesem Grund die Entsendung eines Einsatzfahrzeuges erforderlich gewesen.
Nach Eintreffen der Rettungsmannschaft sei von der Beschwerdeführerin der Transport in ein nahegelegenes Krankenhaus jedoch abgelehnt und dies in einer Transportverweigerungserklärung bestätigt worden.
Unter Berufung auf die §§ 28 und 29 WRKG wurde die Beschwerdeführerin nochmals darauf hingewiesen, dass für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes eine Gebühr zu entrichten sei, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges komme, und zwar auch dann, wenn die Hilfeleistung oder der Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterbleibe.
Die Berufsrettung Wien sei jedoch generell bestrebt, sämtliche anfallenden Einsatzgebühren mit dem jeweiligen Sozialversicherungsträger zu verrechnen.
Die hiesige Gesundheitskrankenkasse habe jedoch eine Gebührenübernahme abgelehnt, da aus dortiger Sicht keine ausreichende medizinische Notwendigkeit für einen Rettungseinsatz hätte festgestellt werden können. Die belangte Behörde habe auf diese Entscheidung keinen Einfluss. Es bestehe jedoch die Möglichkeit, sich persönlich an die Krankenkasse zu wenden, um auf diesem Wege eine Übernahme der Gebühren zu erwirken. Im Falle der Übernahme der Einsatzgebühren durch den Sozialversicherungsträger wäre die Vorschreibung als gegenstandslos anzusehen.
Aufgrund der Einsatz-Umstände sei es der Wiener Berufsrettung möglich, den Betrag von 694 Euro auf 113,20 Euro herabzusetzen. Die neue Rechnung sei bereits auf die bekannte Adresse unterwegs.
Mit Bescheid vom wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, für den genannten Rettungseinsatz 113,20 Euro innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Bescheides zu entrichten. In der Begründung erfolgte nach sinngemäßer Wiedergabe der §§ 28 bis 30 WRKG die Feststellung, entsprechend § 28 Abs. 2 WRKG sei die Angelegenheit als besonders berücksichtigungswürdig beurteilt und von einer Einhebung der Einsatzgebühr teilweise abgesehen worden.
In einem Aktenvermerk vom wird festgehalten, die gegenständliche Angelegenheit werde gemäß § 28 Abs. 2 WRKG im Hinblick auf die Einsatzumstände (Unbilligkeit) als besonders berücksichtigungswürdig beurteilt und die Einsatzgebühr von 694 Euro auf einen Teilbetrag von 113,20 Euro reduziert.
In Ihrem Schreiben vom bedankt sich die Beschwerdeführerin für die Beantwortung Ihrer Beschwerde und führt aus, sie habe den Notruf betätigt, sich jedoch in weiterer Folge erholt. Nachdem auch der Notarzt keine Ursache für einen Besuch im Spital gesehen habe, habe sie einen Revers unterschrieben. Es fehle ihr nach wie vor die Angabe der Nummer und des Namens des "***1***", der den Einsatz ausgelöst habe, um die Verrechnung mit der Gesundheitskasse erreichen zu können.
Mit Schreiben vom teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, dass es ihr aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich sei, die Telefonnummer weiterzugeben.
In Ihrem Schreiben vom stellt die Beschwerdeführerin fest, nie den Einsatz eines Rettungsfahrzeuges in Auftrag gegeben zu haben. Sie räumt aber ein, dass sie in Abwesenheit des behandelnden Arztes den Notruf getätigt habe. Nach Eintreffen der Mannschaft, Stunden nach dem Vorfall, sei festgestellt worden, dass es keiner Hospitalisierung auf Zeit bedürfe und laut Auskunft der Sanitäter und des sie begleitenden Notarztes alles in Ordnung sei. Sie habe daraufhin den Transport und die Hospitalisierung abgelehnt.
Sie wisse natürlich nicht, welche Wortwahl erforderlich sei, um den Disponenten der Rettungsleitstelle von der Notwendigkeit des Transportes zu überzeugen. Fest stehe jedoch, dass die Entsendung eines Fahrzeuges nicht notwendig gewesen sei, und dieser daher aus eigenem Dafürhalten bzw. vorauseilender Dienstbesorgungspflicht gehandelt und den Auftrag zur Entsendung eines Fahrzeuges gegeben habe. Die Beschwerdeführerin habe sich zu dieser Zeit ganz gut gefühlt und habe ihn nie einen diesbezüglichen Auftrag gegeben.
Eine neue Rechnung über dem Betrag von 113,20 Euro sei bei der Beschwerdeführerin nie eingelangt. Sie sehe keine Veranlassung, diesen Betrag zu bezahlen.
Im Schreiben vom teilt die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, dass ein vollständiger Erlass der Gebühren nicht möglich sei. Nach neuerlicher Belehrung über die Verpflichtung zur Entrichtung von Gebühren für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass sie im Falle, dass ihr dieses Informationsschreiben nicht als ausreichend erscheine und sie eine Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht begehre, um ehestmögliche Rückmeldung ersucht werde. In diesem Falle würde über ihr Schreiben vom zunächst mittels Beschwerdevorentscheidung befunden werden.
Die Beschwerdeführerin fasste in ihrem Schreiben vom den Vorgang folgendermaßen zusammen:
Ihr ständiger Hausarzt sei auf Urlaub gewesen. Deshalb habe sie wegen Unpässlichkeit und Atemnot den Notarzt um einen Besuch am Vormittag gebeten, dem dieser auch nachgekommen sei. Sie sei untersucht worden. Da Lunge, Herz und Kreislauf in Ordnung gewesen seien, hätten die begleitenden Sanitäter festgestellt, dass eine Hospitalisierung auf Zeit nicht nötig sei. Daraufhin habe sie das von ihr geforderte Dokument unterschrieben.
Am Nachmittag desselben Tages sei die Rettung an der Wohnungstür erschienen und hätte sie abholen wollen. Da Sie sich zwischenzeitlich erholt und keinen Auftrag an die Rettung erteilt habe, habe sie die Herren weggeschickt. Umso erstaunter sei sie gewesen, als sie Monate später ein Schreiben der Wiener Rettung mit einer Forderung von 694 Euro erreicht habe.
Der genannte ***1***, der nicht existiere, müsse wohl der diensthabende Disponent der Rettungsleitstelle gewesen sein. Die Frage nach der Telefonnummer, die den Einsatz abgesetzt habe, sei mit der Begründung "Datenschutz" abgewehrt worden.
Die Wortwahl des Notrufs sowie die Telefonnummer desjenigen, der den Einsatz ausgelöst habe, könne nicht Kriterium für die Notwendigkeit eines Rettungseinsatzes sein. Dieser Wortlaut sei dem Versicherten nicht bekannt, und der diensthabende Disponent sei nicht befugt, daraus Entscheidungen abzuleiten, da er nicht in der Lage sei, die Dinge zu beurteilen.
Der am Vormittag den Notarzt begleitende Sanitäter hätte eine Meldung darüber machen müssen, dass ein Rettungseinsatz - eine Ausfahrt des Rettungsfahrzeuges - nicht notwendig sei.
Die Verrechnung mit dem zuständigen Sozialversicherungsträger stehe an. Der Inhalt des Informationsschreibens sei unzureichend, die Behandlung des Schreibens vom als Beschwerdevorentscheidung lehne die Beschwerdeführerin ab.
Mit Schreiben vom brachte die Beschwerdeführerin ihr Schreiben vom in Erinnerung und hielt fest, dass sie auf einer Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes beharre. Sie habe nie einen Einsatz der Rettung der Stadt Wien in Auftrag gegeben, das sei vielmehr der diensthabende Disponent der Rettungsleitstelle gewesen. Dass der den Notarzt begleitende Sanitäter keine Rückmeldung über die nicht notwendige vorübergehende Hospitalisierung der Beschwerdeführerin gemacht und so die gegenständlichen Kosten verursacht habe, liege im Verantwortungsbereich der belangten Behörde.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wird nach sinngemäßer Wiedergabe der §§ 28 bis 30 WRKG ausgeführt, in gegenständlicher Angelegenheit sei die Berufsrettung Wien am nach ***Bf1-Adr***, gerufen worden. Laut dem bei der belangten Behörde aufliegenden Notrufgespräch sei der Rettungsdienst durch einen Lieferanten der Firma ***1*** gerufen worden. In diesem Notrufgespräch habe sich der Anrufer Sorgen gemacht, weil die Beschwerdeführerin einen verwirrten und gesundheitlich schlechten Eindruck auf ihn gemacht habe. Laut der Einsatzdokumentation sei die Voraussetzung für den gegenständlichen Rettungseinsatz gegeben und die Entsendung eines Einsatzfahrzeuges unbedingt erforderlich gewesen.
Unter Berufung auf § 29 WRKG werde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass derjenige Gebührenschuldner sei, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen worden sei, und zwar auch dann, wenn die Hilfeleistung oder der Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieben sei.
Nach Wiederholung der bereits in den vorherigen Schreiben gegebenen Informationen wurde die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass bereits mit die Einsatzgebühr von 694 Euro auf einen Teilbetrag von 113,20 Euro reduziert worden sei.
In Ihrem Vorlageantrag vom widerspricht die Beschwerdeführerin den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung, wobei sie darauf hinweist, der Feststellung des Einsatzleiters der Wiener Rettung über den verwirrten und gesundheitlich schlechten Eindruck, den sie gemacht haben solle, stehe der Eindruck der Rettungsmannschaft gegenüber, die von einem lachenden Gesicht spreche. Der verwirrte Eindruck und die Sorgen des Verantwortlichen seien erst in der Berufungsvorentscheidung aufgetaucht und seien falsch. Sie habe den Rettungseinsatz nie gewünscht und dies auch mit der Verweigerung der Hospitalisierung auf Zeit zum Ausdruck gebracht. Die Firma ***1*** sei ihr zwar durch die Zustellung von Mineralwasser bekannt, dass sich diese Firma eines Lieferanten bediene, sei ihr jedoch neu.
Gebührenschuldner sei der diensthabende Disponent, der den Einsatz veranlasst habe, und der begleitende Sanitäter, der über den nicht erforderlichen Einsatz nicht berichtet habe. Die Gebührenschuld trage die Rettung der Stadt Wien oder die österreichische Gesundheitskasse, aber nicht die Beschwerdeführerin, die den Rettungseinsatz nie angefordert und die Ausfahrt der Rettung der Stadt Wien nie angeordnet habe.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und stellte im Vorlagebericht neben der Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegenden gesetzlichen Bestimmungen den dem Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Sachverhalt folgendermaßen dar:
In gegenständlicher Angelegenheit sei die Berufsrettung Wien am nach ***Bf1-Adr***, gerufen worden. Laut dem bei der belangten Behörde aufliegenden Notrufgespräch sei der Rettungsdienst durch einen Lieferanten der Firma ***1*** gerufen worden. In diesem Telefongespräch habe sich der Anrufer Sorgen gemacht, weil die Beschwerdeführerin einen verwirrten und gesundheitlich schlechten Eindruck auf ihn gemacht habe. Aufgrund der Einsatzdokumentation sei die Voraussetzung für den gegenständlichen Rettungseinsatz, gemäß § 1 WRKG gegeben und die Entsendung eines Einsatzfahrzeuges unbedingt erforderlich gewesen.
Die Beschwerdeführerin sei wach und ansprechbar angetroffen worden. Nach Untersuchung sowie Erhebung diverser medizinischer Messwerte (Blutdruck, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung, Temperatur) sei der Beschwerdeführerin ein Transport in ein nahegelegenes Krankenhaus angeraten worden, was von dieser jedoch abgelehnt und mittels Unterschrift einer Transportverweigerungserklärung (Revers) bestätigt worden sei.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Nachdem die Beschwerdeführerin bereits am Vormittag des auf eigenen Wunsch notärztlich versorgt worden war, alarmierte um 15:00 Uhr ein Zusteller der Firma ***1*** den Rettungsdienst der Gemeinde Wien und teilte dem Disponenten mit, er habe gerade die Beschwerdeführerin beliefert und mache sich Sorgen um diese. Sie scheine sehr verwirrt zu sein und es sei ihr auch schwindelig. Er habe sie gefragt, ob es ihr jetzt gut gehe, und sie habe dies bejaht, er glaube aber, sie habe zu viele Medikamente genommen. Seine Einschätzung beruhe darauf, dass sie verschiedene Angaben zu Ihrer Bestellung gemacht habe. Sie habe zunächst gesagt, sie habe die von ihm gelieferten Lebensmittel bestellt, dies dann aber wiederum bestritten. Dies alles habe auf ihn einen besorgniserregenden Eindruck gemacht. Er wollte daher fragen, ob man nicht jemanden schicken könne, der sich um die Dame kümmern könne.
Aufgrund dieser Angaben ging der Disponent des Rettungsdienstes davon aus, dass die Beschwerdeführerin ärztlicher Hilfe bedürfe und ein Rettungseinsatz geboten sei.
Im Rahmen des daraufhin durchgeführten Rettungseinsatzes war die Beschwerdeführerin wach und ansprechbar und erklärte, keine Hilfe zu benötigen. Nachdem sie untersucht worden war und diverse medizinische Messwerte (Blutdruck, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung, Temperatur) erhoben worden waren, wurde der Beschwerdeführerin ein Transport in ein nahegelegenes Krankenhaus angeraten, was von ihr jedoch abgelehnt und mittels Unterschrift einer Transportverweigerungserklärung (Revers) bestätigt wurde.
Eine Übernahme der zur Abrechnung eingereichten Einsatzgebühren wurde von der Österreichischen Gesundheitskasse abgelehnt, da aus dortiger Sicht keine medizinische Notwendigkeit für einen Rettungseinsatz bestanden habe, zumal der angeratene Transport in ein Krankenhaus von der Patientin abgelehnt worden sei.
Die Beschwerdeführerin wurde für den Rettungseinsatz am zunächst mit Bescheid vom zur Zahlung einer Gebühr in Höhe von 694 Euro und in der Folge mit Bescheid vom zur Zahlung einer Gebühr von 113,20 Euro verpflichtet.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen, wie insbesondere den Angaben der Beschwerdeführerin, dem Protokoll über den Anruf des Zustellers der Firma ***1***, dem Einsatzprotokoll und der von der Beschwerdeführerin unterzeichneten Bestätigung (Revers), dass sie den ihr angeratenen Transport in ein Krankenhaus durch den Rettungsdienst der Stadt Wien ablehne.
Ebenso wird von der belangten Behörde auch die Erlassung der Bescheide vom und vom dokumentiert.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe und Abänderung):
3.1.1. Betreffend Bescheid vom :
Gemäß § 92 Abs. 1 BAO sind Erledigungen einer Abgabenbehörde als Bescheide zu erlassen, wenn sie für einzelne Personen
a) Rechte oder Pflichten begründen, abändern oder aufheben oder
b) abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen oder
c) über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses absprechen.
Tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides, so gilt § 253 BAO zufolge die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet. Dies gilt auch dann, wenn der frühere Bescheid einen kürzeren Zeitraum als der ihn ersetzende Bescheid umfasst.
Ein Bescheid ist ein individueller, hoheitlicher, im Außenverhältnis ergehender, normativer (rechtsgestaltender oder rechtsfeststellender) Verwaltungsakt.
Als (typische) Rechtswirkungen von Bescheiden werden in der Literatur die Verbindlichkeit (normative Wirkung, Gestaltungs- und Feststellungswirkung, Bindungswirkung gegenüber anderen Behörden), Vollstreckbarkeit (bei Leistungsgeboten) und die Tatbestandswirkung genannt (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 92, Rz 1 f, und die dort zitierte Literatur und Judikatur).
Über in Rechtskraft erwachsene Entscheidungen darf grundsätzlich nicht mehr in merito entschieden werden; die Beachtung rechtskräftiger Entscheidungen zählt zu den Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens. Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass über die mit der Entscheidung erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen. Identität der Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat (vgl. und die dort zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs).
Ergeht in einer bereits durch Bescheid erledigten Abgabensache dennoch abermals ein Bescheid, verdrängt dieser aber den früher ergangenen aus dem Rechtsbestand. Das bedeutet, dass dann, wenn für einen Zeitraum oder Zeitpunkt hinsichtlich eines bestimmten Sachverhaltes ein eine bestimmte Abgabe festsetzender Bescheid ergangen ist, ein späterer, in derselben Sache hinsichtlich desselben Sachverhaltes und desselben Abgabenschuldverhältnisses ergehender Bescheid den Erstbescheid ungeachtet seiner Rechtskraft nach der lex-posterior-Regel außer Wirksamkeit setzt. Auf einer anderen Ebene liegt die Frage der Zulässigkeit des Ergehens eines zweiten, eines neuen Bescheides trotz Rechtskraft des vorangehenden, in derselben Sache ergangenen Bescheides (vgl. Stoll, BAO Kommentar, S 946; sowie , und die dort zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs).
Bis zur Aufhebung des wegen entschiedener Sache rechtswidrig ergangenen Bescheides verdrängt dieser den früheren Bescheid; der verdrängte Bescheid lebt bei Aufhebung des späteren Bescheides wieder auf (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 92, Rz 2).
Wird ein mit Beschwerde angefochtener Bescheid, bevor über die Beschwerde entschieden wurde, nachträglich ersetzt, so wäre es schon aus Gründen des Fehlens der Grundlage der Bescheidbeschwerde, nämlich eines aufrechten Bescheides, dem Verwaltungsgericht verwehrt, über die eingebrachte Beschwerde gegen einen beseitigten Bescheid sachlich zu entscheiden (vgl. ).
Ohne die Bestimmung des § 253 BAO würde eine Beschwerde, die gegen einen Bescheid eingebracht wurde, der später durch einen anderen ersetzt wird, hinfällig. Die Beschwerdeführerin wäre formell klaglos gestellt, da der angefochtene Bescheid zufolge Erlassung eines neuen Bescheides nicht mehr dem Rechtsbestand angehört (vgl. Tanzer/Unger Stoll, BAO Kommentar Onlineaktualisierung 2.02, Dezember 2021, §253 Rz 2ff).
Dies würde im gegenständlichen Fall dazu führen, dass die Beschwerdeführerin, die im Vertrauen darauf, ohnehin schon gegen den Bescheid vom eine Beschwerde erhoben zu haben, keine Beschwerde gegen den Bescheid vom eingebracht hatte, nunmehr das Leistungsgebot dieses Bescheides gegen sich gelten lassen müsste, obwohl aus ihrer Beschwerde eindeutig hervorgeht, dass sie sich gegen jegliches Leistungsgebot im Zusammenhang mit dem Rettungseinsatz am verwahrt.
Gemäß § 253 BAO ist daher zunächst über die auch als gegen den späteren Bescheid vom gerichtete Bescheidbeschwerde zu entscheiden. Dieser Bescheid ist im Hinblick darauf, dass über die selbe Sache bereits mit Bescheid vom entschieden wurde, aufgrund dessen Rechtskraftwirkung rechtswidrig ergangen. Er war daher ersatzlos aufzuheben.
Mit der Aufhebung des Bescheides vom lebt nun der Bescheid vom wieder auf, weshalb über die dagegen eingebrachte Beschwerde nunmehr in merito zu entscheiden ist.
3.1.2. Betreffend Bescheid vom :
Strittig ist, ob die Beschwerdeführerin für die am erfolgte Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes die ihr vorgeschriebene Gebühr zu entrichten hat, und ob und in welcher Höhe eine Gebührenherabsetzung oder die Erlassung der Gebühr in Betracht kommt.
Die maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes (WRKG), in der Fassung LGBl. für Wien 56/2010, lauten:
"Allgemeine Bestimmungen
Rettungsdienst
§ 1. Aufgaben eines Rettungsdienstes sind:
1. Personen, die eine erhebliche Gesundheitsstörung oder erhebliche Verletzung erlitten haben, erste Hilfe zu leisten, sie transportfähig zu machen und sie erforderlichenfalls unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln in eine Krankenanstalt zu befördern oder ärztlicher Hilfe zuzuführen;
2. Personen wegen unmittelbarer Lebensgefahr sofortige erste notärztliche Hilfe zu leisten, die anders nicht gewährleistet ist;
3. den Transport von Personen durchzuführen, bei denen lebenswichtige Funktionen ständig überwacht oder aufrecht erhalten werden müssen;
4. akute Blut-, Blutprodukte- oder Organtransporte durchzuführen;
5. Sanitätsdienste zur Behandlung von akuten Erkrankungen oder Verletzungen bei Veranstaltungen mit dem hiefür erforderlichen Personal, den erforderlichen Einrichtungen und erforderlichen Transportmitteln bereit zu stellen;
6. die Bevölkerung in erster Hilfe zu schulen;
7. im zivilen Katastrophenschutz mitzuwirken.
[...]
Öffentlicher Rettungsdienst
§ 5. (1) Die Stadt Wien ist zur Sicherstellung des Rettungsdienstes für das Gemeindegebiet verpflichtet. Zur Erfüllung dieser Aufgabe kann sie einen eigenen Rettungsdienst betreiben (öffentlicher Rettungsdienst). Sie kann sich aber auch der ausschließlichen oder teilweisen Tätigkeit bewilligter Rettungsdienste bedienen und einen Rettungsverbund organisieren.
(2) Der öffentliche Rettungsdienst hat den Anforderungen des § 6 Abs. 2 Z 2 und Z 4 bis 10 zu entsprechen.
(3) Der Rettungsdienst nach Abs. 1 hat auch die Aufgabe eines Krankentransportdienstes zu erfüllen, wenn das Versorgungsangebot der privaten Krankentransportdienste nach § 8 nicht ausreicht, um den Bedarf der Allgemeinheit an Krankentransporten zu decken.
[...]
5. ABSCHNITT
Gebühr und Entgelt
Gebühr
§ 28. (1) Für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien, insbesondere für die Betreuung (Hilfeleistung, Transport), ist eine Gebühr zu entrichten, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges kommt.
(2) In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann von der Einhebung der Gebühr ganz oder teilweise abgesehen werden.
(3) Der Gemeinderat wird ermächtigt, sofern eine solche Ermächtigung nicht ohnedies bundesgesetzlich eingeräumt ist, die Gebühren in einer Gebührenordnung festzusetzen. Eine Gebührenordnung kann bis zu einem Monat rückwirkend erlassen werden.
(4) In der Gebührenordnung sind für jede einzelne Art oder eine Mehrheit ähnlicher Arten einer Inanspruchnahme Gebühren vorzusehen. Diese Gebühren sind nach den mit der Inanspruchnahme üblicherweise verbundenen Kosten, insbesondere nach Anzahl der gefahrenen Kilometer, nach Anzahl und Art des eingesetzten Personals sowie nach Art und Dauer des Einsatzes abzustufen. Insoweit es aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bei der Ermittlung des Ausmaßes der Gebühren zweckmäßig ist, sind diese für bestimmte Arten der Inanspruchnahme oder Teile davon in Pauschbeträgen festzusetzen.
(5) Die Höhe der Gebühren ist unter Zugrundelegung der sich in einem Kalenderjahr voraussichtlich ergebenden Zahl von Einsätzen und des auf ein Kalenderjahr entfallenden Gesamtaufwandes derart festzusetzen, dass die Summe der zur Einhebung gelangenden Gebühren das doppelte Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb des öffentlichen Rettungsdienstes sowie für die Verzinsung und Tilgung der Anlagekosten nicht übersteigt.
(6) Für Einsätze außerhalb Wiens können unter Berücksichtigung des sich daraus ergebenden Mehraufwandes Zuschläge pro gefahrenem Kilometer festgesetzt werden.
(7) Die Gebührenordnung ist im Amtsblatt der Stadt Wien kundzumachen.
Zahlungspflicht
§ 29. (1) Gebührenschuldner ist derjenige, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, und zwar auch dann, wenn die Hilfeleistung oder der Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieb. Die Gebühr ist auch dann zu entrichten, wenn der öffentliche Rettungsdienst zu Personen gerufen wird, ohne dass die im § 1 Z 1 bis 4 geforderten Voraussetzungen gegeben waren, sofern das Vorliegen dieser Voraussetzungen auf Grund des Zustandsbildes mit gutem Grunde angenommen werden konnte.
(2) Bei Zahlungsunfähigkeit des Gebührenschuldners haften für die Entrichtung der Gebühr nach Abs. 1 Personen im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht. Ist die Verletzung oder Gesundheitsstörung, die zu einer Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes geführt hat, auf ein Ereignis zurückzuführen, für das zufolge gesetzlicher Vorschrift ein Dritter einzustehen hat, haftet dieser bis zur Höhe der noch unbeglichenen Gebühr.
(3) Unbeschadet eintretender Straffolgen und privatrechtlicher Schadenersatzpflicht sind Gebührenschuldner die Personen, die einen vergeblichen Einsatz des öffentlichen Rettungsdienstes veranlassen, obwohl kein Anlass für einen Einsatz besteht.
(4) Wird am Ort einer Veranstaltung im Sinne des Wiener Veranstaltungsgesetzes, LGBl. für Wien Nr. 12/1971, in der jeweils geltenden Fassung, vom Veranstalter, vom Geschäftsführer oder von einer Aufsichtsperson des Veranstalters zur Gewährleistung der ersten Hilfe die Bereitstellung von Sanitätern oder Notärzten eines Rettungs- oder Krankentransportdienstes verlangt, hat der Veranstalter dafür eine Gebühr zu entrichten, die sich nach Umfang und Dauer richtet.
(5) Auf die Bemessung, Einhebung und zwangsweise Eintreibung der Gebühren findet die Wiener Abgabenordnung, LGBl. für Wien Nr. 21/1962, in der jeweils geltenden Fassung, Anwendung.
Schuldübernahme
§ 30. (1) Mit Zustimmung der Stadt Wien können die hiefür in Betracht kommenden Sozialversicherungsträger oder mit deren Einvernehmen der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sowie Krankenfürsorgeanstalten öffentlich Bediensteter durch schriftliche Erklärung an Stelle von Gebührenpflichtigen als Gebührenschuldner eintreten. Nach Abgabe dieser Erklärung sind die Sozialversicherungsträger oder Krankenfürsorgenanstalten öffentlich Bediensteter allein die Gebührenpflichtigen (-schuldner).
(2) Wenn jedoch der in Betracht kommende Sozialversicherungsträger oder die Krankenfürsorgeanstalt öffentlich Bediensteter im Einzelfall angibt, dass mangels eines ihm (ihr) gegenüber bestehenden Anspruchs auf Kostenübernahme seine (ihre) Eintrittserklärung keine Anwendung findet, ist die Gebühr dem Gebührenschuldner im Sinne des § 29 Abs. 1 vorzuschreiben.
(3) Die schriftliche Erklärung gilt für unbestimmte Zeit. Die Stadt Wien, der in Betracht kommende Sozialversicherungsträger oder die Krankenfürsorgeanstalt öffentlich Bediensteter kann die Fortdauer der Gebührenschuldnerschaft widerrufen. Der Widerruf wird frühestens nach Ablauf von drei Kalendermonaten wirksam. Für höchstens drei Monate ab der Wirksamkeit des Widerrufs können die im Abs. 1 genannten Sozialversicherungsträger oder Krankenfürsorgeanstalten mit Zustimmung der Stadt Wien durch Erklärung die Inanspruchnahme der Gebührenschuldner gemäß § 29 Abs. 1 aufschieben.
(4) Für die Dauer der Gebührenschuldnerschaft der Sozialversicherungsträger oder der Krankenfürsorgeanstalten öffentlich Bediensteter kann der Gemeinderat ohne Rücksicht auf die Gebührenform (abgestufte Gebühren, Einheitsgebühren) niedrigere Gebühren, als sich gemäß § 28 Abs. 4 und 6 ergeben würden, festsetzen, insoweit diese Gebührenschuldnerschaft einen geringeren Verwaltungsaufwand bei der Einhebung der Gebühren bedingt.
[...]"
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Wiener Gemeinderates betreffend die Festsetzung der Gebühren gemäß §§ 28 Abs. 3 und 29 Abs. 4 WRKG vom , Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 1/2019, ist für jede Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien innerhalb des Gebietes der Stadt Wien, auch wenn wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes desjenigen, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, sowohl eine Hilfeleistung als auch ein Transport unterblieben sind, eine Gebühr von 694 Euro zu entrichten.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Vorschreibung der Gebühr insbesondere mit der Begründung, sie habe die in Anspruch genommene Leistung nicht angefordert, da ihr Gesundheitszustand nicht besorgniserregend gewesen sei. Es habe auch kein Transport in ein Spital stattgefunden, weil eine Hospitalisierung nicht erforderlich gewesen sei.
Dem Vorbringen ist vor dem Hintergrund der eingangs zitierten Bestimmungen Folgendes zu entgegnen:
Der Gebührenanspruch entsteht nach § 28 WRKG, sobald die Rettung entsendet wird, es also - wie auch im Fall der Beschwerdeführerin - zu einer Ausfahrt der Rettung kommt. Gebührenschuldnerin ist die Person, für die der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wird. Dabei kommt es nicht darauf an, ob derjenige, der die Rettung gerufen hat, erkennen konnte oder musste, dass tatsächlich ein Notfall vorlag. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Einsatz medizinisch erforderlich war, sondern ob das Vorliegen dieser Voraussetzungen auf Grund des Zustandsbildes der Person, für die die Rettung gerufen wurde, mit gutem Grund hatte angenommen werden können, wobei diese Annahme bei jenem Mitarbeiter des Rettungsdienstes bestanden haben musste, der die Anforderung (betreffend den Rettungseinsatz) entgegen genommen hat (vgl. mwN, zur inhaltlich gleich lautenden Bestimmung des § 6 Abs. 1 des mit dem In-Kraft-Treten des WRKG außer Kraft getretenen Wiener Rettungs- und Krankenbeförderungsgesetzes, LGBl. für Wien Nr. 22/1965).
Der Meldung des Zustellers der Firma ***1***, wonach ihm die Beschwerdeführerin verwirrt vorkomme, über "Schwindel" klage, und er davon ausgehe, dass sie zu viele Medikamente eingenommen habe, kann die Eignung, eine solche Annahme beim Mitarbeiter des Rettungsdienstes hervorzurufen, jedenfalls nicht abgesprochen werden. Aufgrund des im Notrufgespräch geschilderten Sachverhaltes konnte seitens des Mitarbeiters der Wiener Berufsrettung, der die Anforderung entgegengenommen hatte, mit gutem Grund angenommen werden, dass die Voraussetzungen für einen Rettungseinsatz vorlagen (vgl. ). Ob der Einsatz ursprünglich medizinisch notwendig war oder ob die Beschwerdeführerin den Einsatz für notwendig erachtet, ist irrelevant.
Es kommt im Übrigen auch nicht darauf an, ob die Inanspruchnahme der Rettung aus der subjektiven Sicht der Beschwerdeführerin gerechtfertigt war oder nicht. Da der Gebührentatbestand gemäß § 28 Abs. 1 WRKG bereits dann erfüllt ist, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges kommt, ist auch der Einwand, keinerlei medizinische Betreuung in Anspruch genommen zu haben und nicht in ein Spital eingeliefert worden zu sein, nicht zielführend.
Wenn die Beschwerdeführerin einwendet, jener Sanitäter, von dem sie am Vormittag betreut worden sei, hätte eine Meldung abgeben müssen, dass ein weiterer Einsatz nicht notwendig sei, übersieht sie, dass der den Anruf entgegennehmende Disponent gerade aufgrund des vormittäglichen Rettungseinsatzes und der Schilderung des Zustellers über ihren von ihm wahrgenommenen Zustand von der Notwendigkeit eines weiteren Rettungseinsatzes ausgehen musste. Im Übrigen wurde auch von der Rettungsmannschaft ein Krankenhausaufenthalt für angebracht angesehen, weshalb der Disponent mit seiner Einschätzung des Zustandes der Beschwerdeführerin wohl nicht so unrichtig lag.
Da demnach der zuständige Mitarbeiter des Rettungsdienstes aufgrund des ihm beschriebenen Zustandsbildes der Beschwerdeführerin aus gutem Grund davon ausgehen konnte, dass es der Entsendung eines Rettungseinsatzfahrzeuges bedürfe, ist der Gebührenanspruch zu Recht entstanden. Mangels bestehenden Anspruches auf Kostenübernahme des in Betracht kommenden Sozialversicherungsträgers (§ 30 WRKG), wurde die Gebühr der Beschwerdeführerin daher als Gebührenschuldnerin im Sinne des § 29 Abs. 1 WRKG auch zu Recht vorgeschrieben.
Gemäß § 28 Abs. 2 WRKG kann von der Einhebung der Gebühr in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen ganz oder teilweise abgesehen werden.
Der gänzliche Entfall oder die Einschränkung des Abgabenanspruchs infolge Vorliegens besonders berücksichtigungswürdiger Gründe zählt zu den den Abgabenanspruch einschränkenden oder aufhebenden Umständen. Die Beweislast dafür trifft die Beschwerdeführerin.
Diese bringt dazu lediglich vor, sie habe den Rettungsdienst nicht angefordert und auch niemanden um Hilfe gebeten. Aufgrund dieses Vorbringens ging die belangte Behörde davon aus, dass die Einhebung der vollen Gebühr im Hinblick auf die Einsatzumstände unbillig wäre, und setzte die Gebühr auf einen Teilbetrag von 113,20 Euro herab. Andere in Frage kommende Gründe wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht erkennbar.
Im Hinblick darauf, dass es tatsächlich zu einer Ausfahrt des Rettungsfahrzeuges und einer Betreuung der Beschwerdeführerin durch die Rettungsmannschaft kam, erscheint es nicht unbillig, dafür auch eine Gebühr festzusetzen. Da jedoch die belangte Behörde eine Herabsetzung der Gebühr aufgrund des Umstandes, dass der Rettungseinsatz nicht von der Beschwerdeführerin selbst initiiert wurde, für billig hält, und das erkennende Gericht dieser Einschätzung durchaus folgen kann, war die Gebühr auf 113,20 Euro herabzusetzen. Eine weitere Herabsetzung scheitert schon daran, dass die Beschwerdeführerin dafür keine Gründe geltend macht.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die zunächst zu beurteilende Rechtsfrage, wie eine Beschwerde gegen einen Bescheid, der durch einen späteren Bescheid ersetzt wurde, zu behandeln ist, ergibt sich bereits aus den zitierten gesetzlichen Vorschriften und stellt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar.
Da auch über die in der Folge zu beurteilende Rechtsfrage, wann eine Einsatzgebühr nach dem WRKG vorzuschreiben ist, im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entschieden wurde (), war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 28 Abs. 2 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004 § 92 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 28 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004 § 253 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 29 Abs. 1 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7400131.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at