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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.12.2021, RV/7103225/2020

Steuerabzug gemäß § 99 EStG: Gestellung von Arbeitskräften oder Werkvertrag

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den ***Einzelrichter*** über die Beschwerden des ***Masseverwalter*** als Masseverwalter im Konkursverfahren der ***X-GmbH***, ***Bf-Adr***, vom gegen den (Sammel-)Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom betreffend Haftung für Abzugsteuer gemäß § 99 EStG 1988 für 01-04/2014 und Haftung für Abzugsteuer gemäß § 99 EStG 1988 für 01-05/2018 zu Recht erkannt:

Die Bescheidbeschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Abgabepflichtige war eine mit Erklärung vom errichtete Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem Geschäftszweig "Baumeistergewerbe" (laut Firmenbuch). Gesellschafter und Geschäftsführer war ***I***.

Mit Gerichtsbeschluss vom wurde der Konkurs eröffnet und die Gesellschaft infolge dessen aufgelöst.

Verfahrensablauf:

Mit Bescheid über einen Prüfungsauftrag vom führt die Abgabenbehörde bei der Abgabepflichtigen eine Außenprüfung betreffend die Jahre 2014 bis 2016 durch. Dabei traf der Prüfer die hier strittige Feststellung, dass Leistungen von ausländischen Fremdfirmen als Arbeitskräftüberlassung der Abzugsteuer gemäß § 99 EStG 1988 zu unterziehen gewesen wären.

Mit dem hier angefochtenen (Sammel-)Bescheid vom zog die belangte Behörde die Abgabepflichtige zur Haftung für Abzugsteuer gemäß § 99 EStG 1988 für 01-04/2014 im Betrag von 3.092 € und für 01-05/2018 im Betrag von 101.040 € heran.

Dem (undatierten) Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung (OZ 15) ist zu entnehmen:

"Die [Abgabepflichtige] führt Eisenbiegerarbeiten an diversen Baustellen aus.

Es wurden im Prüfungszeitraum 2014 - 2016 und Nachschauzeitraum 2017 - 05 2018 Fremdleistungen an 5 slowakische Firmen (siehe unten) vergeben und durchgeführt. Diese Arbeiten wurden durch ausländische Arbeitskräfte durchgeführt, welche von ausländischen Unternehmen zur Arbeitsverrichtung nach Österreich entsandt wurden. (Abzugsteuer §99 EStG)

***F*** sro
Zeitraum 01 2014-05 2014
Geschäftsführer:
***Gf1***

***M*** sro
Zeitraum 05 2014-12 2015
Geschäftsführer:
***Gf2***

***L*** sro
Zeitraum 01 2016 01 2017
Geschäftsführer:
***Gf2***

***E*** sro
Zeitraum 01 2017-01 2018
Geschäftsführer:
***Gf2***

***B*** sro
seit 02 2018
Geschäftsführer:
***Gf2***

Mit allen Unternehmen werden Universalverträge abgeschlossen, diese Verträge enthalten keine Angaben der Adressen der Baustellen, keine Beschreibungen der Gewerke oder sonstiger konkreter auf die jeweilige Baustelle bezogenen Angaben.

Tz. 2 Abzugsteuer gem. §99 EStG 1988

Im Prüfungszeitraum 2014 -2016 und Nachschauzeitraum 2017 - 05 2018 wurden von den in der Tz 1 angeführten Slowakischen Firmen Fremdleistungen ausgeführt. Diese Arbeiten wurden durch ausländische Arbeitskräfte durchgeführt, welche von ausländischen Unternehmen zur Arbeitsverrichtung nach Österreich entsandt wurden.

Die [Abgabepflichtige] wurde des Öfteren von der Finanzpolizei auf den Baustellen kontrolliert, im Zuge der Kontrollen wurde mit dem GF der ***M*** sro am eine Niederschrift aufgenommen in der Herr ***Gf2*** zu den Abläufen auf den Baustellen Stellung nimmt und angibt, dass seine Arbeiter vom Vorarbeiter der [Abgabepflichtigen] die Anweisungen betreffend der durchzuführenden Arbeiten erhalten.

Herr [***I***], GF der [Abgabepflichtigen] hat in einer Niederschrift vom betreffend Vertragsverhältnis zur slowakischen Firma ***E*** sro angegeben: ,Mein Auftraggeber ,***1*** GmbH' hat mir jedoch zu verstehen gegeben (Hr. ***2***), dass der Einsatz von Arbeitskräften dieser Firma nur in Form von grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung möglich sei und ich dem zu Folge die Meldung in Form von ZKÖ4 vornehmen müsse.'

In weitere Folge gibt Herr [***I***] an: ,wenn ich gefragt werde, ob die gem. §99 EStG vorgesehen Abzugsteuer bei Rechnungserhalt in Abzug gebracht wurde bzw. dem Betriebsfinanzamt der ***X-GmbH*** überwiesen wurde so gebe ich an, dass mir das nicht bewusst war.'

Durch die BP ist gem. §99 EStG davon auszugehen, dass es sich bei den Leistungen der in der Tz 1 angeführten slowakischen Unternehmen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise um Arbeitskräfteüberlassung handelt.

Rechtliche Würdigung

Das Werk welches geschuldet wird, muss so präzise Umrissen sein, dass der Auftragnehmer seine Leistung theoretisch ohne Rücksprache mit dem Auftraggeber erbringen kann. Wenn das nicht der Fall ist, sind die Arbeiter des Auftragnehmers auch in die betriebliche Organisation des Auftraggebers eingebunden.

Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkbestellers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein ,gewährleistungstauglicher' Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werkes beurteilt werden können.

Nach §99 Abs. 1, Z 5 EStG ist der Beschäftiger (das geprüfte Unternehmen) verpflichtet, bei Zahlung von Gestellungsvergütungen an ausländische Arbeitskräfteüberlasser eine 20%ige Abzugsteuer einzubehalten, wenn die Arbeitskräfte in Österreich eingesetzt werden. Gem. §100 Abs. 2 EStG ist der Schuldner der Abzugsteuer der Empfänger der Einkünfte gem. §99(1) EStG. Der Schuldner dieser Einkünfte haftet für die Einhebung und Abfuhr der Steuerabzugsbeträge gem. §99 EStG.

Die am Konto 5800 gebuchten Fremdleistungen werden im gesamten Prüfungs- und Nachschauzeitraum der Abzugsteuer gem. §99 EStG 1988 unterzogen.

Bei einer 2015 vom FA 04 durchgeführten Umsatzsteuer Sonderprüfung wurde die Abzugsteuer für den Zeitraum 05 2014 - 03 2015 festgesetzt. Bei einer vom FA 08 durchgeführten GPLA Prüfung wurde die Abzugsteuer gem. §99 EStG 1988 für den Zeitraum 2015 - 2017 festgesetzt.

Im Zuge der durchgeführten BP wird für 2014 die Abzugsteuer betreffend der Leistungen der Firma ***F*** sro für den Zeitraum 01 - 04 2014 und für den Zeitraum 01 - 05 2018 die Leistungen der Firmen ***E*** sro und ***B*** sro festgesetzt."

Gegen den (Sammel-)Bescheid erhob die Abgabepflichtige durch ihren damaligen rechtsanwaltlichen Vertreter mit Schreiben vom (OZ 1) das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte die Bescheidaufhebung. Zur Begründung rügte der Vertreter zunächst die Unvollständigkeit und folglich Nichtigkeit des jeweiligen Spruches der angefochtenen Bescheide. Es werde stets nur ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin gemäß § 99 Abs. [gemeint: Abs. 1] EStG 1988 für die Einbehaltung und Abfuhr der zu entrichtenden Einkommensteuer (Abzugsteuer) in Anspruch genommen werde. Hingegen seien aus dem Bescheidspruch weder der angebliche Gesteller der Arbeitskräfte als unmittelbarer Steuerschuldner noch die Baustellen und die angeblich überlassenen Arbeitnehmer, für deren Gestellung die Abzugsteuer bemessen werde, ersichtlich. Dies wäre jedoch zur Überprüfung des Spruches unabdingbar notwendig. Zu diesen für die Überprüfung notwendigen Bescheidgrundlagen werde selbst in der Begründung nichts ausgeführt, sondern stattdessen auf den Bericht der Außenprüfung vom verwiesen: Darin seien zwar immerhin die nicht als solche anerkannten Subfirmen ersichtlich, nicht jedoch die betroffenen Arbeitnehmer und nicht einmal die Baustellen, an denen die gegenständliche Arbeit verrichtet worden sei. Der Name der Subfirmen und somit der unmittelbaren Steuerschuldner sei überdies nicht vollständig angeführt, ebenso nicht deren Sitz und Anschrift. Die angezogene Bemessungsgrundlage sei daher weder aus dem Bescheid noch aus dem Prüfungsbericht heraus überprüfbar. Die belangte Behörde habe es darüber hinaus aber auch unterlassen, die für eine Abzugsteuerpflicht gemäß § 99 EStG erforderlichen Tatsachenfeststellungen zu treffen: Die belangte Behörde stütze sich sichtlich auf die Z 5 des § 99 EStG, nehme also eine "Gestellung von Arbeitskräften" durch die Subunternehmen der Beschwerdeführerin an, die sie (im Prüfungsbericht) als "Arbeitskräfteüberlassung" bezeichne. Als Indiz dafür wisse sie hingegen keinen anderen Umstand heranzuziehen, als die fehlende Präzision der vertraglich geschuldeten Leistung. Der VwGH habe jedoch in einem vergleichbaren Sachverhalt ausgesprochen, dass der Begriff der "Arbeitskräfteüberlassung" nicht mit der "Gestellung von Arbeitskräften" gleichzusetzen sei und die belangte Behörde sehr wohl den konkreten, zwischen den Vertragsparteien abgeschlossenen, Vertrag auf eine darin enthaltene Gestellung von Arbeitskräften zu überprüfen habe. Alleine die weite Fassung des geschuldeten Werkes lasse diesen Schluss jedenfalls nicht zu (). Betrachte man nun, wie vom Höchstgericht gefordert, die gegenständlichen Werkverträge, so bestehe kein Grund, die von den Firmen ***M***, ***L*** und ***E*** geleistete Arbeit nicht als Fremdleistung im Rahmen eines Werkvertrages, sondern stattdessen als Gestellung von Arbeitskräften zu qualifizieren: Immerhin hätten die Parteien ausdrücklich einen als solchen bezeichneten Werkvertrag abgeschlossen und unterfertigt. Die Kalkulation der Beschwerdeführerin bei der Ausschreibung des Auftrages fuße maßgeblich auf ihrem Vertrauen auf die Wirksamkeit dieses Werkvertrages. In § 9 dieses Werkvertrages werde ausdrücklich ein eigenes Kapitel zur Präzisierung der den Auftragnehmer treffenden gesetzlichen Gewährleistungspflicht dargelegt, was bei reiner Arbeitskräftegestellung nicht erforderlich gewesen wäre. Die Fa. ***M*** sei auch gar nicht zur Ausübung des Gewerbes der Überlassung von Arbeitskräften befugt. Unter Arbeitskräftegestellung werde die Zurverfügungstellung von Arbeitnehmern eines Unternehmens (Gesteller) an Dritte (Gestellungsnehmer) verstanden. Die Arbeitskräftegestellung setze somit Rechtsverhältnisse zwischen drei Personen voraus, nämlich Arbeitnehmer, dem Gesteller als dessen Arbeitgeber und dem Gestellungsnehmer: Entscheidend sei, dass der Gesteller Arbeitgeber bleibe und den Lohnaufwand trage sowie weisungsbefugt bleibe. Im Unterschied zum Werkvertrag schulde er kein Werk, sondern lediglich die Bereitstellung von Arbeitnehmern. Seinen Gewinn beziehe er aus der Differenz zwischen der Gestellungsvergütung und den von ihm selbst an die Arbeitnehmer ausbezahlten Löhne. Das Gefahrenrisiko sowie Leitung und Verantwortung des Werkes verbleiben allesamt beim Gestellungsnehmer (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn: EStG-Kommentar, § 98 RZ 56-58). Alle diese Kriterien seien den zwischen den gegenständlichen Parteien abgeschlossenen Verträgen nicht zu entnehmen. Zum real gelebten Hintergrund dieser Vertragsverhältnisse ist folgendes anzumerken: Die Beschwerdeführerin sei, wie die belangte Behörde anscheinend zu berücksichtigen stets unterlassen habe, an sämtlichen Baustellen selbst nur Subunternehmerin der Firma ***1***. Die eigentlichen und maßgeblichen Weisungen sowie auch die Autorität und Aufsicht über sämtliche Arbeiter auf einer Baustelle kämen somit stets vom Bauherren sowie dessen Polier. Auch die Beschwerdeführerin selbst werde von ihrer Auftraggeberin auf der Basis von Regiestunden entlohnt, sodass zwangsläufig auch die Bezahlung ihrer eigenen Subfirmen gar nicht anders erfolgen könne. Zum Beweis dafür, dass die von den Firmen ***M***, Leqendarna und ***E*** eingesetzten Arbeiter nicht als überlassene Arbeitskräfte, sondern als Dienstnehmer der jeweiligen Subunternehmer tätig gewesen seien, werde die Einvernahme folgender auf diesen Baustellen tätiger Arbeiter als Zeugen beantragt:

  • Zeuge ***Z1***, ***Z1-Adr***, Slowakei (Dolmetsch für Slowakisch notwendig)

  • Zeuge ***Z2***, ***Z2-Adr***, Slowakei, (Dolmetsch für Slowakisch notwendig)

  • Zeuge ***Z3*** p.A. der Beschwerdeführerin

  • Zeuge ***Z4*** p.A. der Beschwerdeführerin

Bei den beiden erstgenannten Zeugen handle es sich um Dienstnehmer der ***M***, bei den beiden letztgenannten Zeugen um Dienstnehmer der Beschwerdeführerin.

Die belangte Behörde wies die Beschwerden mit (Sammel-)Beschwerdevorentscheidung vom (OZ 7) als unbegründet ab. Die Entscheidung über die gegenständlichen Beschwerden sei bis zur Entscheidung des BFG über die Haftung für die Abzugsteuer für den Zeitraum 05-12/2014 und 01-03/2015 ausgesetzt worden, da das BFG über dieselbe Frage zu entscheiden gehabt hätte, ob eine Gestellung von Arbeitskräften vorliege. Das BFG habe mit GZ RV/102907/2016 [gemeint: RV/7102907/2016] am die Beschwerde abgewiesen. In der Beschwerde werde der Standpunkt vertreten, mit den slowakischen Firmen ***M***, ***L*** s.r.o., ***E*** s.r.o. hätten in den streitgegenständlichen Jahren Werkverträge bestanden und daher würden die Ausgaben für diese Firmen als Kosten für Fremdleister abgesetzt. Im Zuge der Erhebungen der Betriebsprüfung sei u.a. durch Einvernahme von Herrn ***Gf2***. dem Geschäftsführer dieser drei Firmen festgestellt worden, dass die der Abgabepflichtigen überlassenen Arbeiter keine Facharbeiter gewesen seien, sondern Hilfsarbeiter für die betriebseigenen Eisenbieger, dass die Leistungen in erfolgten Stunden abgerechnet worden seien und die Arbeitsanweisungen und Arbeitseinteilungen durch den Vorarbeiter der Beschwerdeführerin erfolgt seien. Die Kontrollen seien durch die Beschwerdeführerin erfolgt, die auch die Haftung trug. Von dieser Firma sei auch das Material zur Verfügung gestellt worden und sie habe die Lohnunterlagen wie Arbeitsverträge Lohnzettel Stundenlisten und Auszahlungsquittungen verwaltet. Gegenstand der Verträge mit den slowakischen Firmen sei die Erbringung von diversen Bauarbeiten, Verlegen von Baustahl. Die Stunde werde dabei mit 19 € entlohnt, die Abrechnung erfolge jeweils mit gesonderter Rechnung nach Erbringung der Leistungsstunden. Dem vorgelegten "Werkvertrag " fehle das für einen Werkvertrag typische Element, nämlich die genaue Beschreibung des bedungenen Erfolges und damit das abgrenzbare eigenständige Werk (UFS RV/0699-S/08). Die Arbeiten seien durch ausländische Arbeitskräfte ausgeführt worden, welche von ausländischen Unternehmen zur Arbeitsverrichtung nach Österreich entsandt worden seien. Unstrittig sei immer die tatsächliche Erbringung der Leistungen gewesen. Gem. § 98 Abs. Z 3 EStG unterlägen der beschränkten Steuerpflicht Einkünfte aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung, die auch dann steuerpflichtig seien, wenn keine inländische Betriebsstätte unterhalten werde und kein ständiger Vertreter im Inland bestellt sei. Bei Einkünften aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung werde die Einkommensteuer gem. § 99 Abs. 1 Z 5 EStG durch Steuerabzug erhoben (Abzugsteuer), wobei der Schuldner der Einkünfte (Gestellungsnehmer) für die Einbehaltung der Steuerabzugsbeträge hafte. Gem. § 100 Abs. 1 EStG betrage die Abzugssteuer gem. § 99 generell 20 % und 25% bei Einkünften gem. § 99 Abs. 1 Z 6 EStG. Eine Gestellung von Arbeitnehmern liege hier vor, weil der Unternehmer (Gesteller) seine Dienstnehmer dem BW (Gestellungsnehmer) zur Verfügung gestellt habe, ohne dass zwischen dem Gestellungsnehmer und den Arbeitnehmern des Gestellers ein Dienstverhältnis begründet worden sei. Der Gesteller sei Arbeitgeber geblieben, er habe kein Werk, sondern lediglich die Bereitstellung von Arbeitnehmern geschuldet. Die Vergütung, die der Gesteller durch den Gestellungsnehmer erhalte, sei zum einen als Entgelt anzusehen, aus dem die Löhne und sonstige Aufwendungen gedeckt würden, zum anderen auch als Entgelt für die in der Gestellung der Arbeitskräfte liegende Leistung. Damit unterscheide sich die Arbeitskräftegestellung von jenen Fällen, in denen ein Werkvertrag zwischen Gestellungsnehmer und Gesteller geschlossen wird. Im Unterschied zum Werkvertrag liege das Gefahrenrisiko beim Gestellungsvertrag ausschließlich beim Gestellungsnehmer. Der Gesteller hafte daher nicht für die tatsächlichen Leistungen der von ihm gestellten Arbeitnehmer, sondern nur für ihre grundsätzliche Qualifizierung (Quantschnigg/Schuch, § 98 Rz 8.7). Entscheidend für die Beurteilung und Einstufung eines Sachverhaltes seien die steuerlich maßgeblichen Kriterien und nicht die Bestimmungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (Doralt, ESt-Kommentar § 98 Tz 56). Bei der Prüfung des Vertragscharakters sei auch zu beachten, dass gem. § 21 BAO im Steuerrecht nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes, sondern der wahre wirtschaftliche Gehalt ausschlaggebend sei.

Gegen diese Beschwerdevorentscheidungen stellte die Abgabepflichtige durch ihren rechtsanwaltlichen Vertreter mit Schreiben vom (OZ 8) den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerden durch das Verwaltungsgericht (Vorlageanträge).

Die Abgabenbehörde legte die Bescheidbeschwerden dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom (ohne darin den Mindestanforderungen an eine Sachverhaltsdarstellung und an eine Stellungnahme zu entsprechen sowie ohne die Akten zu übermitteln) vor.

Nach Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht übermittelte die Abgabenbehörde die Akten (OZ 21 bis 50) am auf elektronischem Weg.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Bescheidbeschwerden erwogen:

Die Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger wird ua. bei Einkünften aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung durch Steuerabzug erhoben (Abzugsteuer; vgl. § 99 Abs. 1 Z 5 EStG 1988).

Die Abzugsteuer gemäß § 99 beträgt 20% (§ 100 Abs. 2 EStG 1988).

Schuldner der Abzugsteuer ist der Empfänger der Einkünfte gemäß § 99 Abs. 1. Der Schuldner dieser Einkünfte haftet für die Einbehaltung und Abfuhr der Steuerabzugsbeträge im Sinne des § 99 (§ 100 Abs. 2 EStG 1988).

Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 (…) von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist (vgl. § 201 Abs. 1 BAO).

Die Festsetzung kann ua. erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird (vgl. § 201 Abs. 2 Z 3 BAO).

§ 201 gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Hiebei sind Nachforderungen mittels Haftungsbescheides (§ 224 Abs. 1) geltend zu machen (vgl. § 202 Abs. 1 BAO).

Vorweg ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht festzuhalten, dass die Abgabepflichtige für die Streitzeiträume bis zur Vorschreibung der Abzugsteuer keine selbst berechneten Beträge bekannt gegeben hat, womit der erste Fall des § 201 Abs. 2 Z 3 BAO zur Anwendung kommt.

Zur Frage des Vorliegens von "Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung" hat der Verwaltungsgerichtshof bereits die Revision gegen das Erkenntnis des , das die Haftung für Abzugsteuer für 05-12/2014 und 01-03/2015 betroffen hat, mit Beschluss vom , Ra 2020/13/0056, zurückgewiesen, weil keine Rechtsfragen aufgeworfen worden seien, denen im Sinne des § 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Insoweit das Vorbringen im verfahrensgegenständlichen Beschwerdeschreiben eine wörtliche Wiederholung des Vorbringens im Beschwerdeschreiben vom betreffend Abzugsteuer für 05-12/2014 und 01-03/2015 darstellt, wird zur Begründung der Abweisung der Beschwerden auf die Begründung des Erkenntnisses des , verwiesen (siehe Beilage). Darüberhinausgehend wird mit den bloß allgemein gehaltenen Ausführungen zum Begriff und zu den Kriterien der Arbeitskräftegestellung im Beschwerdeschreiben keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen (Sammel-)Bescheides aufgezeigt. Soweit vorgebracht wird, dass die eigentlichen und maßgeblichen Weisungen sowie auch die Autorität und Aufsicht über sämtliche Arbeiter auf einer Baustelle stets vom Bauherren sowie dessen Polier gekommen sei, ändert dies nichts an der Beurteilung, weil das vertragliche Gestellungsverhältnis zwischen der Abgabepflichtigen und den Arbeitskräftegestellern bestanden hat, sodass allfällige Anweisungen und Aufsichtsmaßnahmen des "Bauherren" der Abgabepflichtigen zuzurechnen waren. Wie die Abgabepflichtige selbst von ihrer Auftraggeberin entlohnt worden ist, ist ohne Belang. Die beantragte Einvernahme von Arbeitern als Zeugen zum Beweis dafür, dass die von den Firmen ***M***, ***L*** und ***E*** eingesetzten Arbeiter nicht als überlassene Arbeitskräfte, sondern als Dienstnehmer der jeweiligen Subunternehmer tätig waren, waren abzulehnen, weil es sich dabei nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine Rechtsfrage handelt und im Übrigen nicht in Frage gestellt wurde, dass als zivilrechtliche Arbeitgeber die slowakischen Unternehmer gedient haben (vgl. dazu auch Rz. 23 des oben genannten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes).

Die Bescheidbeschwerden waren daher als unbegründet abzuweisen.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da diese Voraussetzung im Hinblick auf die oben wiedergegebene Rechtsprechung nicht vorliegt, war auszusprechen, dass die Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7103225.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at