Abgrenzung landwirtschaftliches Vermögen - Grundvermögen; Verlust der Hofstelle durch langjährige Stilllegung; Voraussetzungen für eine Nachfeststellung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende ***1*** und die weiteren Senatsmitglieder, die Richterin***Ri*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***2*** und ***3*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***4***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom , ***5***, betreffend Nachfeststellung gem. § 22 (1) BewG zum , in Anwesenheit der Schriftführerin ***14*** nach der am abgehaltenen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Für den Grundbesitz in ***6***, (Auflistung siehe Anhang B der Beschwerdevorentscheidung vom ) wird auf Grund des Bewertungsgesetzes 1955 idgF festgestellt:
Art des Steuergegenstandes: sonstig bebautes Grundstück
Einheitswert 10.900 Euro
gem. AbgÄG 1982 um 35 % erhöhter Einheitswert 14.700 EuroDie Zurechnung ist dem Anhang A der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen
Die in dieser wirtschaftlichen Einheit bewerteten Flächen sind dem Anhang B der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt und Verfahrensgang I.1. Verfahren vor dem Finanzamt
Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist Eigentümerin einer Liegenschaft, auf welcher sich ehemalige weinbauliche Betriebsgebäude sowie ein Wohnhaus samt Heurigenlokal befinden.
Mit Feststellungsbescheid vom erfolgte die Nachfeststellung gemäß § 22 Abs. 1 Z 1 BewG des Hauses zum ins Grundvermögen. Der Einheitswert wurde mit 14.100 Euro und um 35% erhöht gemäß AbgÄG 1982 mit 19.000 Euro festgestellt. Der Steuergegenstand wurde als Einfamilienhaus festgestellt.
Grundlage hie für waren die Feststellungen der amtlichen Bodenschätzung.
Dazu wurde ausgeführt:
"Lage: Die betreffende Parzelle liegt inmitten eines Siedlungsgebietes, das Großteils aus alten Hofstellen besteht. In der näheren Umgebung erfolgte in den letzten Jahren nur eine geringe Bautätigkeit. Die Parzelle besitzt einen Zugang zum öffentlichen Gut, die ***7***.
Widmung: Die Parzelle liegt laut schriftlicher Auskunft der Gemeinde ***8*** im Bauland Agrar (südlicher Bereich) und Bauland Kerngebiet (nördlicher Teil).
Nutzung: Zum Zeitpunkt der Luftbildauswertung war der südliche Teil der Parzelle, der an die ***7*** anschließt. verbaut (ehemalige Hofstelle). Der nördliche unverbaute Bereich der ca. ¾ von der Gesamtfläche ausmacht, ist von einem Rasen bedeckt und mit einzelnen Bäumen bestockt (Hoffläche und Bauerngarten der ehemaligen Hofstelle).
Bewertung: Sämtliche landwirtschaftlichen Flächen, außer der ***9*** mit dem Wohnhaus, sind verpachtet und somit handelt es sich bei der Liegenschaft nicht mehr um eine Hofstelle. Der Wohnungswert ist daher zu streichen. Nach § 31 Abs. 6 sind ehemals landwirtschaftlich genutzte Gebäude bzw. Teile von Gebäuden weiterhin in der LW zu bewerten, so sie keinem anderen Hauptzweck dienen.
In diesem Fall siehe beiliegenden Plan:
Weinkeller, Presshaus, Wirtschaftsraum, Rinderstall, Jauchegrube, Schweinestall.
Das ehemalige Buschenschanklokal wurde bis jetzt ebenso im landwirtschaftlichen Vermögen bewertet, da der Buschenschank innerhalb eines landwirtschaftlichen Betriebes geführt wurde. (Siehe BV, keine Einnahmen aus Gewerbebetrieb Gastronomie). Der § 31 Abs. 6 BewG greift jedoch in diesem Fall nicht, da die Räumlichkeiten jederzeit anderen als landwirtschaftlichen Zwecken dienen können (Wohn- und Abstellräume) und daher gemäß § 52 Abs. BewG im Grundvermögen zu bewerten sind.
Von der ***9*** sind 640m2 als ehemalige Hofstelle im landwirtschaftlichen Vermögen zu bewerten, der Rest fällt auf die Baufläche des Hauses, das nun keine Hofstelle mehr darstellt, mit einem Umgriff, der im GV zu bewerten ist."
Gegen den Nachfeststellungsbescheid richtet sich vorliegende Beschwerde.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, bei dem angeführtem Grundbesitz handle es sich um kein Einfamilienhaus, sondern nach wie vor um ein Winzerhaus, das als Heurigenlokal sowie als Presshaus zur Weinverarbeitung betriebsbereit zur Verfügung stehe. Es seien keinerlei Änderungen in der Charakteristik des Gebäudes durchgeführt worden. Nach wie vor seien Stallungen sowie Nebengebäude, wo landwirtschaftliche Geräte untergestellt seien, vorhanden. Das Haus verfüge über ein voll ausgestattetes Heurigenlokal von rund 90m2 mit Bänken und Tischen und über eine Vollausstattung um auch den offenen Arkadenraum bei Schönwetter bewirtschaften zu können. Im Kellerbereich würden nach wie vor einige hundert Liter Wein lagern. Auch die Betriebsküche und dementsprechende Lagerräume seien nach wie vor vorhanden. Auch seitens der Gemeinde werde diese Liegenschaft als Bauern- Winzerhaus geführt und es gebe nach wie vor eine landwirtschaftliche Betriebsnummer.
Aufgrund des Alters von Frau ***10*** werde der Weinbau aktuell von ihr zwar nicht selbst betrieben, aber er solle als Weinbau-Betriebsstandort für die künftige Nutzung durch Familienmitglieder erhalten bleiben. Dies gelte auch für die Weingartenflächen, die zwar derzeit verpachtet seien, aber jederzeit wieder selbst bewirtschaftet werden könnten.
Aufgrund dessen, dass sich der Charakter des Gebäudes, sowie die grundsätzliche Nutzungsmöglichkeit des Betriebes in keiner Weise geändert habe, sei eine Nachfeststellung gemäß § 22 Abs. 1 Bewertungsgesetz nicht gerechtfertigt. Vielmehr bestimme § 31 Abs. 6 Bewertungsgesetz, dass nicht genutzte landwirtschaftliche Betriebsgebäude so lange zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehörten, solange sie keinem anderen Zweck zugeführt würden.
Nochmals sei betont, dass das Haus nicht als Wohnhaus von Frau ***10*** genutzt werde, sondern jederzeit der Heurigenbetrieb aufgrund der vorhandenen Infrastruktur wiederaufgenommen werden könne.
Es werde daher der Antrag gestellt, den Bescheid von aufzuheben und das Gebäude weiterhin als land- und forstwirtschaftlichen Betrieb einzuordnen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerde teilweise statt und beließ die Teilfläche von 640m2 samt Weinkeller, Presse u.a. in der Landwirtschaft. Der Einheitswert wurde mit 10.900 Euro und um 35% erhöht gemäß AbgÄG 1982 mit 14.700 Euro festgestellt.
Das Finanzamt führte aus, dass laut der amtl. Bodenschätzung 760m² samt Wohn- und Lokalgebäude gem. § 52 Abs. 2 BewG im Grundvermögen unter ***11*** zu bewerten seien. § 31 Abs. 6 BewG greife im gegenständlichen Fall nicht, da die Räumlichkeiten jederzeit anderen als weinbaulichen Zwecken dienen könnten. Aufgrund der Gesamtverpachtung der weinbaulichen Flächen liege kein weinbaulicher Hauptzweck an der Lageadresse vor; es sei kein Wohnungswert gem. § 33 BewG anzuerkennen, da die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt seien. Das Lokal sei bisher im "Weinbaubetrieb" nicht gesondert bewertet worden, da ehemals ein bäuerlicher Buschenschank ohne Gewerbeberechtigung betrieben worden sei.
Die Teilfläche von 640m² samt Weinkeller, Presse u.a. werde weiterhin dem Weinbaubetrieb zugerechnet.
Correlierend wurde am der landwirtschaftliche Hauptfeststellungsbescheid zum mit Wirksamkeit ab erlassen und die genannte Teilfläche von 640m2 im Weinbauvermögen erfasst. Der Bescheid ist rechtskräftig.
Gegen die vorgenannte Beschwerdevorentscheidung hat die Bf. einen Vorlageantrag eingebracht und ergänzend ausgeführt, dass das Heurigenlokal bis zu seiner vorübergehenden Stilllegung über 40 Jahre lang betrieben worden sei. Die Weingärten seien teilweise verpachtet, teilweise würden sie (wenn auch nicht zur Weingewinnung) selbst bewirtschaftet.
Der Betrieb sei seit der vorübergehenden Einstellung unverändert erhalten geblieben, da die Bf. jederzeit die Möglichkeit haben möchte den Betrieb als Heurigenlokal selbst oder durch ihre Nachfahren wiederaufzunehmen. Das Haus sei nie als Wohnhaus benutzt worden und als solches auch vollkommen ungeeignet.
Das Finanzamt führte hiezu in seinem Vorlagebericht aus, Grundlage der Erfassung im Grundvermögen sei ein Gutachten des amtlichen Bodenschätzers, wonach eine weinbauliche Nutzung der streitgegenständlichen Gebäude nicht vorliege, sehr wohl jedoch eine Nebenwohnsitzmeldung der Bf. an der streitgegenständlichen Liegenschaftsadresse. Als Beweismittel werden das Gutachten, eine Luftbildaufnahme, vorgelegte Fotos sowie die im Akt dokumentierten Angaben der Bf. genannt. Das Finanzamt beantragt eine Entscheidung im Sinne der BVE.
I.2. Verfahren vor dem BFG
Am erging ein Vorhalt an den Parteienvertreter (PV), welcher mit Schriftsatz vom beantwortet wurde. Vorgelegt wurden Fotos sowie der Grundplan des Hauses. Ergänzend führte der PV aus, auf dem Grundplan sei die Raumaufteilung zu erkennen. Es handle sich um ein ebenerdiges Gebäude ohne Stock. Zu den als Lokal bezeichneten Flächen lege er Fotos bei, die die nach wie vor vorhandene Einrichtung als Heurigenlokal belegten. Auch zu den als Presshaus beziehungsweise als AR (Arbeitsräume) bezeichneten Grundflächen liege Fotomaterial bei. Die als Zimmer 1 bezeichnete Fläche sei ein sogenanntes Knechtkammerl beziehungsweise diene als Aufenthaltsraum für Bedienstete. Das Zimmer 2 sei die Heurigenküche an den die als SP bezeichnete Speis anschließe. Das Zimmer 3 diene als Büro. Falls gewünscht könne auch von den Zimmern 1-3 noch Fotomaterial nachgeliefert werden.
Aus beiliegendem Plan beziehungsweise beigelegten Fotos sei eindeutig ersichtlich, dass es sich nicht um ein Wohnhaus, sondern um ein Heurigenlokal handle und daher das Gebäude dem landwirtschaftlichen Vermögen zuzurechnen sei.
Gegenständliche Stellungnahme wurde dem Finanzamt mit Schreiben vom zur Kenntnis gebracht. Ebenfalls wurde der landwirtschaftliche Einheitswertakt ***12*** zur Einsichtnahme angefordert und bereits vorgelegt.
Am fand vor dem BFG die mündliche Verhandlung vor dem Senat statt, welche folgendes Ergebnis gebracht hat:
Auf die Frage der Vorsitzenden ob es zum vorgetragenen Sachverhalt noch Ergänzungen gibt, antwortet der Vertreter der Bf., dass das Nebenhaus mit der Adresse ***13*** der Tochter der Bf. gehöre, an dem die Bf. ein Fruchtgenussrecht habe. Tatsächlich als Nebenwohnsitz bewohnt würden die Räumlichkeiten im Nachbarhaus. Der Hauptwohnsitz sei ***Adr***. Es gebe keinen Grund, das gegenständliche "Winzerhaus" tatsächlich zu bewohnen. Es sei dazu auch nicht ausgestattet.
Der Finanzamtsvertreter hat zum Sachverhalt nichts zu sagen.
Der Parteienvertreter führt aus, wie in den Schriftsätzen im bisherigen Verfahren. Es gibt nichts zu ergänzen.
Der Finanzamtsvertreter erläutert, § 30 folgende Bewertungsgesetz definierten das Land- und Forstwirtschaftliche Vermögen. Die Feststellung der wirtschaftlichen Einheit gebiete die Bewertung außerhalb der Land und Forstwirtschaft, weil die Weingartenflächen seit 22 Jahren nicht mehr eigenbewirtschaftet würden und Verpachtung des Betriebes oder der betrieblichen Flächen vorliege und somit eine wirtschaftliche Einheit zwischen den landwirtschaftlichen Flächen und den im Wohnsiedlungsgebiet der Marktgemeinde ***8*** liegenden Gebäude nicht mehr gegeben sei.
Der Parteienvertreter führt dazu aus, ein Teil sei verpachtet, ein Teil liege brach (Klee wird angebaut). Am habe der Pächter den Pachtvertrag mit Wirkung zum gekündigt und es würden daher in Zukunft die Weinbauflächen wieder von der Bf. bewirtschaftet. Es gebe auch den Plan das Lokal wieder zu öffnen.
Der Amtsvertreter stellt dazu fest, es gehe hier um den Stichtag . Die Absichtserklärungen wirkten nicht auf den Stichtag zurück.
Der Parteienvertreter führt aus, es sei immer geplant gewesen, den Betrieb wiederaufzunehmen, es sei nie endgültig geschlossen worden.
Die Parteien stellen keine weiteren Fragen und Beweisanträge.
Der Vertreter des Finanzamtes beantragt wie in der BVE der gegenständlichen Beschwerde teilweise Folge zu geben. Der steuerliche Vertreter beantragt die Stattgabe der Beschwerde sowie das gesamte Grundstück wieder dem Weinbaubetrieb zuzuordnen.
Beweiserhebung
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die elektronisch vorgelegten Aktenteile des Finanzamtes zu ***5***, Einsichtnahme in den Akt ***12***, das Vorhalteverfahren und die Abhaltung der mündlichen Verhandlung.
III.1. Rechtslage
Gemäß § 22 BewG wird für wirtschaftliche Einheiten (Untereinheiten), für die ein Einheitswert festzustellen ist, der Einheitswert nachträglich festgestellt (Nachfeststellung), wenn nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt die wirtschaftliche Einheit (Untereinheit) neu gegründet wird (Z1) oder für eine bereits bestehende wirtschaftliche Einheit (Untereinheit) der Grund für die Befreiung von einer Steuer wegfällt (Z 2). Der Nachfeststellung werden die Verhältnisse zugrundegelegt, die auf den Beginn des Kalenderjahres ermittelt worden sind, das dem maßgebenden Ereignis folgt (Nachfeststellungszeitpunkt) (Abs.2).
Gemäß § 23 BewG sind bei Fortschreibungen und bei Nachfeststellungen der Einheitswerte für Grundbesitz der tatsächliche Zustand des Grundbesitzes vom Fortschreibungszeitpunkt oder vom Nachfeststellungszeitpunkt und die Wertverhältnisse vom Hauptfeststellungszeitpunkt zu Grunde zu legen.
Land- und forstwirtschaftliches Vermögen.
Unterarten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens.
§ 29 BewG
Zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören
1. das landwirtschaftliche Vermögen,
2. das forstwirtschaftliche Vermögen,
3. das Weinbauvermögen,
4. das gärtnerische Vermögen,
5. das übrige land- und forstwirtschaftliche Vermögen.
§ 30 Abs. 1 BewG definiert den Begriff des landwirtschaftlichen Vermögens. Demnach gehören zum landwirtschaftlichen Vermögen alle Teile (insbesondere Grund und Boden, Gebäude, stehende und umlaufende Betriebsmittel, Nebenbetriebe und Sonder- und Obstkulturen) einer wirtschaftlichen Einheit, die dauernd einem landwirtschaftlichen Hauptzweck dient (landwirtschaftlicher Betrieb).
Gemäß § 30 Abs. 2 BewG gelten nicht als Teile des landwirtschaftlichen Betriebes, Gebäude oder Räume des Gebäudes, die zu eigenen gewerblichen Zwecken des Betriebsinhabers verwendet werden, zu gewerblichen oder Wohnzwecken vermietet sind oder sonstigen betriebsfremden Zwecken dienen, sowie der den Vergleichswert übersteigende Teil des Wohnungswertes gemäß § 33 Abs. 2 BewG.
Nach § 31 Abs. 6 BewG gehören nicht genutzte landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude unbeschadet der Bestimmungen des § 52 Abs. 2 zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, solange sie keinem anderen Zweck zugeführt werden.
Gemäß § 30 Abs. 2 BewG gelten nicht als Teile des landwirtschaftlichen Betriebes:
…
3. Gebäude oder Räume des Gebäudes, die zu eigenen gewerblichen Zwecken des Betriebsinhabers verwendet werden, zu gewerblichen oder Wohnzwecken vermietet sind oder sonstigen betriebsfremden Zwecken dienen,
4. der den Vergleichswert übersteigende Teil des Wohnungswertes gemäß § 33 Abs. 2
Nach § 33 Abs. 1 BewG ist der Wohnungswert der Wert der Gebäude oder Gebäudeteile, die dem Betriebsinhaber, seinen Familienangehörigen, den Ausnehmern und den überwiegend im Haushalt des Betriebsinhabers beschäftigten Personen als Wohnung dienen.
Gemäß § 48 BewG gehören zum Weinbauvermögen alle Teile einer wirtschaftlichen Einheit, die dauernd dem Weinbau als Hauptzweck dient (Weinbaubetrieb).
Gemäß § 51 Abs. 1 BewG gehört zum Grundvermögen der Grund und Boden einschließlich der Bestandteile (insbesondere Gebäude) und des Zubehörs.
Nach § 52 Abs. 1 BewG gehört zum Grundvermögen nicht Grundbesitz, der zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehört.
§ 53 BewG unterscheidet beim Grundvermögen zwei Arten (unbebaute Grundstücke und bebaute Grundstücke).
Gemäß § 54 Abs. 1 BewG werden die bebauten Grundstücke in folgende Grundstückshauptgruppen eingeteilt:
Mietwohngrundstücke. Als Mietwohngrundstücke gelten solche Grundstücke, die zumehr als 80 vom Hundert Wohnzwecken dienen, mit Ausnahme der Einfamilienhäuser (Z4).
Geschäftsgrundstücke. Als Geschäftsgrundstücke gelten solche Grundstücke, die zu mehr als 80 vom Hundert unmittelbar eigenen oder fremden gewerblichen oder öffentlichen Zwecken dienen.
Gemischtgenutzte Grundstücke. Als gemischt genutzte Grundstücke gelten solche Grundstücke, die teils Wohnzwecken, teils unmittelbar eigenen oder fremden gewerblichen oder öffentlichen Zwecken dienen und weder nach Z 1 als Mietwohngrundstücke, noch nach Z 2 als Geschäftsgrundstücke, noch nach Z 4 als Einfamilienhäuser anzusehen sind.
Einfamilienhäuser. Als Einfamilienhäuser gelten solche Wohngrundstücke, die nach ihrer baulichen Gestaltung nicht mehr als eine Wohnung enthalten. Dabei sindWohnungen, die für Hauspersonal bestimmt sind, nicht mitzurechnen. Die Eigenschaft als Einfamilienhaus wird auch dadurch nicht beeinträchtigt, dass durch Abtrennung von Räumen weitere Wohnungen geschaffen werden, wenn mit ihrem dauernden Bestand nicht gerechnet werden kann. Ein Grundstück gilt auch dann als Einfamilienhaus, wenn es teilweise unmittelbar eigenen oder fremden gewerblichen oder öffentlichen Zwecken dient und dadurch die Eigenart als Einfamilienhaus nach der Verkehrsauffassung nicht wesentlich beeinträchtigt wird.
Sonstige bebaute Grundstücke. Die nicht unter Z 1 bis 4 fallenden bebauten Grundstückegelten als sonstige bebaute Grundstücke.
§ 54 Abs. 2 BewG 1955: Die Frage, ob die im Abs 1 Z 1 bis 3 bezeichneten Grenzen erreicht sind, ist nachdem Verhältnis der nutzbaren Fläche zu beurteilen.
III.2. Erwägungen
Vorweg kann festgestellt werden, dass die Ausführungen der Bf. über die Nutzung vollumfänglich anerkannt werden. Weder bestehen Zweifel daran, dass die ehemalige Hofstelle nicht zu Wohnzwecken genutzt wird, noch, dass sie beabsichtigt, die Bewirtschaftung bzw. den Buschenschank in Zukunft wiederaufzunehmen.
Voraussetzungen für eine Nachfeststellung zum
Eine Nachfeststellung ist stets eine erstmalige Feststellung eines Einheitswertes für eine wirtschaftliche Einheit; sie wird notwendig, wenn eine wirtschaftliche Einheit (Untereinheit) nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt erst gegründet wird oder neu in die Steuerpflicht eintritt ().
Beim Grundbesitz kann sich die Neugründung einer wirtschaftlichen Einheit auch durch Teilung oder Abtrennung von einer bereits bestehenden wirtschaftlichen Einheit ergeben. Dies gilt auch dann, wenn eine bisher zu einer wirtschaftlichen Einheit des landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Vermögens gehörende Fläche Grundvermögen wird. Der Einheitswert der im landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Vermögen verbleibenden wirtschaftlichen Einheit ist in einem solchen Fall durch Wertfortschreibung zu berichtigen (). In gegenständlichem Fall erfolgte eine landwirtschaftliche Hauptfeststellung zum .
Abgrenzung landwirtschaftliches Vermögen - Grundvermögen bei ungenutzten Gebäudeteilen
§ 52 Abs. 1 BewG sieht zur Abgrenzung zwischen Grundvermögen und land- und forstwirtschaftlichem Vermögen vor, dass der Grundbesitz, der zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehört, nicht zum Grundvermögen zählt.
Trotz land- und forstwirtschaftlicher Nutzung sind Grundstücksflächen gemäß § 52 BewG dem Grundvermögen zuzurechnen, wenn nach ihrer Lage und den sonstigen Verhältnissen, insbesondere mit Rücksicht auf die bestehenden Verwertungsmöglichkeiten, anzunehmen ist, dass sie in absehbarer Zeit anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen werden.
Gemäß § 30 Abs 1 BewG kommt es allein auf die tatsächliche Bodennutzung an, subjektive Erwägungen des Grundeigentümers scheiden aus. Für die Zurechnung eines Grundstückes zum landwirtschaftlichen Vermögen kommt es nicht auf die beabsichtigte zukünftige Verwendung, sondern nur auf die tatsächliche Nutzung des Grundstücks zum Bewertungsstichtag an. Die voraussichtliche zukünftige Verwendung ist unter den in § 52 Abs 2 BewG genannten Voraussetzungen nur für die Zurechnung eines Grundstückes zum Grundvermögen, nicht jedoch umgekehrt für die Zurechnung zum landwirtschaftlichen Vermögen von Bedeutung.
Voraussetzung für die Zuordnung eines Grundstücks zum landwirtschaftlichen Vermögen ist, dass dieses "dauernd einem landwirtschaftlichen Hauptzweck dient".
Die Wendung "landwirtschaftlicher Hauptzweck" in § 30 Abs 1 BewG ist auf den Verwendungszweck abgestellt und dient der Regelung von Fällen, in denen zB Gebäude oder Betriebsmittel sowohl landwirtschaftlich als auch anderen Verwendungszwecken dienen; der zuletzt genannten Gesetzesstelle kann nicht entnommen werden, dass der Verwendungszweck dann nicht maßgebend sei, wenn er in seiner wirtschaftlichen Bedeutung gegenüber dem Wunsch nach Kapitalanlage oder dem Ziel einer späteren anderen Verwendung zurücktritt (vgl. ).
Die Wendung "landwirtschaftlicher Hauptzweck" im § 30 Abs 1 BewG ist auf den Verwendungszweck abgestimmt und dient der Regelung von Fällen, in denen beispielsweise Gebäude oder Betriebsmittel sowohl landwirtschaftlichen als auch anderen Verwendungszwecken dienen (§ 30 Abs 2 Z 3 BewG; ).
Ob nun bestimmte Grundflächen einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bilden oder zu ihm gehören, ob also ein landwirtschaftlicher Hauptzweck vorliegt, ist dann, wenn ein Grundstück verschiedenartigen Zwecken dient, nach der überwiegenden Zweckbestimmung zu beurteilen; was überwiegt, richtet sich nach der Verkehrsauffassung, deren Beurteilung eine Rechtsfrage darstellt (vgl. z.B. ; ).
Zu einer Liegenschaft bestehend aus einer größeren als Grünland gewidmeten Fläche und aus einer kleineren als Bauland gewidmeten Fläche, auf welcher sich ein Einfamilienhaus befindet, hat das BFG unter Hinweis auf Zl. 2011/15/0134 ausgesprochen, dass die Teilung der Fläche in zwei wirtschaftliche Einheiten (des Grundvermögens und des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens) eine klare räumliche Trennung der beiden Teile voraussetzt. (vgl. ).
In vorliegendem Fall wäre demnach nach der vorzitierten Judikatur uU eine Einstufung nach dem Überwiegen geboten, jedoch entfaltet der am unter ***12*** erlassene Hauptfeststellungsbescheid zum Bindungswirkung hinsichtlich der im landwirtschaftlichen Vermögen erfassten Flächen.
Die gegenständlichen Grundstücke liegen im Bauland Agrar (südlicher Bereich) und Bauland Kerngebiet (nördlicher Bereich). Zum Zeitpunkt der Luftbildauswertung war der südliche Teil der Parzelle, der an die ***7*** anschließt, verbaut (ehemalige Hofstelle). Der nördliche unverbaute Bereich der ca. 3/4 von der Gesamtfläche ausmacht, war von einem Rasen bedeckt und mit einzelnen Bäumen bestockt. (Hoffläche und Bauerngarten der ehemaligen Hofstelle).
Sämtliche landwirtschaftliche Flächen (bis auf eine Brachfläche, Kleeacker) mit Ausnahme der ***9*** mit dem Wohnhaus, sind verpachtet, womit es sich bei der Liegenschaft nicht mehr um eine Hofstelle handelt. Laut Auskunft der SVA der Bauern vom hat die Bf. bereits am die Bewirtschaftung eingestellt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 873/63, zu Recht erkannt hat, wäre es zweifellos zu weitgehend, die Tatsache des Brachliegens von Grundstücken bereits als eine Art der landwirtschaftlichen Nutzung ansehen zu wollen (vgl. ).
Es liegt somit für die ehemalige Hofstelle zum streitgegenständlichen Stichtag kein landwirtschaftlicher Hauptzweck mehr vor. Der Wohnungswert war daher folgerichtig zu streichen.
Wohngebäude bzw -Gebäudeteile gehören auf Grund der Bestimmung des § 30 Abs. 2 Z 3 BewG nur dann zum landwirtschaftlichen Vermögen, wenn sie dem Betriebsinhaber, seinen Familienangehörigen, den Ausnehmern und den überwiegend im Haushalt des Betriebsinhabers beschäftigen Personen als Wohnung dienen (vgl. u.a. ).
Die aus dem landwirtschaftlichen Vermögen ausgeschlossenen Gebäude oder Gebäudeteile gehören grundsätzlich zum Grundvermögen und sind somit je nach ihrer Art in eine der Grundstückshauptgruppen gemäß § 54 Abs. 1 BewG einzureihen. In gegenständlichem Fall wurde die Art des Steuergegenstandes als Einfamilienhaus festgestellt. Auf Grund der Eigenart des Gebäudes und der vorhandenen Räumlichkeiten (Knechtkammerl, Heurigenküche, Speis, Büro sowie ehem. Heurigenlokal) ist der Charakter eines Einfamilienhauses nicht gegeben und kann gegenständliches Gebäude in Anlehnung an die Fälle gemäß § 33 BewG (übersteigender Wohnungswert) als sonstiges bebautes Grundstück bewertet werden (siehe Twaroch/Wittmann/Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz (29. Lfg 2019) zu § 30 BewG Rz 32 sowie siehe Rz 22 zu § 33).
Dauernd leerstehende Gebäude oder Gebäudeteile sind grundsätzlich aus dem landwirtschaftlichen Vermögen auszuschließen, wenn nach den gegebenen Verhältnissen, insbesondere mit Rücksicht auf die bestehenden Verwertungsmöglichkeiten, anzunehmen ist, dass sie in absehbarer Zeit anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen werden. Eine diesbezügliche Bestimmung enthält § 52 Abs. 2 betreffend die Abgrenzung des Grundvermögens von anderen Vermögensarten, die sich zwar ausdrücklich nur auf Grundstücksflächen und nicht auf Gebäude bezieht. Dies kann jedoch die sinngemäße Anwendung dieser Bestimmung im gegenständlichen Zusammenhange nicht stören, da die Gebäude Bestandteile des Grund- und Bodens sind und sich aus § 30 Abs 2 Z 3 eindeutig ergibt, dass Gebäude und sogar Gebäudeteile unter Umständen einer anderen Vermögensart zuzurechnen sind als der Grund und Boden. Sind Gebäude oder Gebäudeteile aus dem landwirtschaftlichen Vermögen (Weinbauvermögen) auszuscheiden, so sind auch allfällige damit zusammenhängende Grundstücksflächen (insbesondere Hausgärten oder Lagerplätze) auszuscheiden ().
Nur für leerstehende landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude sieht § 31 Abs. 6 BewG seit der Novellierung durch das AbgÄG 2012 vor, dass nicht genutzte land- und forstwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude weiterhin dem landwirtschaftlichen Vermögen und nicht dem Grundvermögen zuzurechnen sind, solange sie keiner anderweitigen Nutzung zugeführt werden. Das bedeutet, dass eine bloßvorübergehende Einstellung des landwirtschaftlichen Betriebes hinsichtlich des Wirtschaftsgebäudes nicht sofort zu einer Bewertung als Grundvermögen führt.
Nach Auskunft der SVA der Bauern hat die Bf. bereits am die Bewirtschaftung eingestellt. Aufgrund des Alters von Frau ***10*** werde der Weinbau aktuell von ihr zwar nicht selbst betrieben, aber er solle als Weinbau-Betriebsstandort für die künftige Nutzung durch Familienmitglieder erhalten bleiben. Dies gelte auch für die Weingartenflächen, die zwar derzeit verpachtet seien, aber jederzeit wieder selbst bewirtschaftet werden könnten.
§ 31 (6) BewG ist nur auf vorübergehend leerstehende Wirtschaftsgebäude anwendbar. Von einer vorübergehenden Einstellung kann bei einer Zeitspanne von 22 Jahren nicht mehr die Rede sein. Im Übrigen wurden die Wirtschaftsgebäude (Weinkeller, Presshaus, Wirtschaftsraum, Rinderstall, Jauchegrube, Schweinestall) ohnedies in der Landwirtschaft belassen. Sämtliche landwirtschaftliche Flächen, außer der ***9*** mit dem Wohnhaus, sind verpachtet und somit handelt es sich bei der Liegenschaft nicht mehr um eine Hofstelle. Von der ***9*** sind 640 m2 als ehemalige Hofstelle im landwirtschaftlichen Vermögen bewertet, der Rest fällt auf die Baufläche des Hauses, das zum Stichtag keine Hofstelle darstellt, und mit einem Umgriff im Grundvermögen zu bewerten ist, da eine weinbauliche Nutzung des Gebäudes nicht vorliegt.
Hauptfeststellungsbescheid vom zum mit Wirksamkeit ab
Am wurde unter ***12*** der landwirtschaftliche Hauptfeststellungsbescheid zum mit Wirksamkeit ab erlassen und die genannte Teilfläche von 640m2 im Weinbauvermögen erfasst. Dieser Bescheid ist rechtskräftig und entfaltet somit auch eine Bindungswirkung im Hinblick auf den, in gegenständlichem Verfahren angefochtenen Feststellungsbescheid.
Grundstückshauptgruppen
Hinsichtlich der Zuordnung der bebauten Grundstücke zu einer der fünf in § 54 Abs. 1 BewG genannten Grundstückshauptgruppen ist zu sagen, dass - wie oben ausgeführt - auf Grund der Eigenart des Gebäudes und der vorhandenen Räumlichkeiten (Knechtkammerl, Heurigenküche, Speis, Büro sowie ehem. Heurigenlokal) sowie der Aussage der Bf., dass gegenständliches Gebäude nicht für Wohnzwecke geeignet ist, der Charakter eines Einfamilienhauses nicht gegeben ist - und das gegenständliches Gebäude somit als sonstiges bebautes Grundstück bewertet wird.
Der angefochtene Bescheid ist daher insofern abzuändern, als dem Beschwerdebegehren im Sinne der Beschwerdevorentscheidung teilweise stattgegeben wird, jedoch die Art des Steuergegenstandes als "Sonstig bebautes Grundstück" festgestellt wird.
Hinsichtlich der Berechnung des Einheitswertes wird auf die Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
IV. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die vorgenommene Abgrenzung zwischen landwirtschaftlichen Vermögen und Grundvermögen konnte sich auf die oben zitierte Rechtsprechung des VwGH stützen und war im Ergebnis vor allem die Lösung von Sachverhaltsfragen im konkreten Einzelfall entscheidend. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 30 Abs. 1 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 52 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7104455.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at