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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 11.01.2022, RV/5100690/2019

Zurückweisung mangels Aktivlegitimation des Einschreiters

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/15/0038. Zurückweisung mit Beschluss vom .


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/5100690/2019-RS1
Wegen mangelnder Befugnis ist eine Beschwerde beispielsweise dann zurückzuweisen, wenn sie der Vertreter der Partei im eigenen Namen einbringt (vgl. Ritz, BAO7, § 260 Tz 6 mit Judikaturhinweisen; Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3, § 260 Rz. 5).

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi in der Beschwerdesache ***1***, betreffend die Beschwerde des ***2***, ***Adr.*** vom gegen die an die ***1*** gerichteten Bescheide des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom zu Steuernummer ***StNr1*** betreffend Körperschaftsteuer 2014, 2015 und 2016, sowie Umsatzsteuer 2014, 2015 und 2016 beschlossen:

Die Beschwerde vom und der Vorlageantrag vom werden gemäß § 260 Abs. 1 lit a Bundesabgabenordnung (BAO) - mangels Aktivlegitimation des Einschreiters - als unzulässig zurückgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Bisheriger Verfahrensablauf und Parteienvorbringen

1. Am wurden die Erklärungen zur Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer2014 eingebracht.

2. Am erfolgte die Anmeldung einer Betriebsprüfung bei der Bf. betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2014-2016.

3. Am wurden die Erklärungen zur Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2015 eingebracht.

4. Am wurden die Erklärungen zur Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2016 eingebracht.

5. Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom wurde seitens der von der Betriebsprüfung verschiedene Feststellungen getroffen, auf Grund derer folgende am der ***1*** folgende Bescheide zugestellt wurden:

  1. Bescheid vom betreffend Körperschaftsteuer 2014,

  2. Bescheid vom betreffend Körperschaftsteuer 2015,

  3. Bescheid vom betreffend Körperschaftsteuer 2016,

  4. Bescheid vom betreffend Umsatzsteuer 2014,

  5. Bescheid vom betreffend Umsatzsteuer 2015 und

  6. Bescheid vom betreffend Umsatzsteuer 2016

6. Mit Beschwerde vom , bei der belangten Behörde am eingelangt, hat ***2*** die an die ***1*** gerichteten Umsatzsteuerbescheide 2014, 2015 und 2016 (jeweils) vom und die ebenfalls an die ***1*** gerichteten Körperschaftsteuerbescheide 2014, 2015 und 2016 (jeweils) vom angefochten.

Die Beschwerde ist wie folgt formuliert:

[...]

….

[...]

7. Mit Beschwerdevorentscheidungen vom , zugestellt am , wurde die Beschwerde gegenüber der ***1*** abgewiesen. Die gesonderte Bescheidbegründung vom wurde ***1*** am zugestellt.

8. Im Vorlageantrag vom hat ***2*** die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Der Vorlageantrag ist wie folgt formuliert:

[...]

….

[...]

9. Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt.

10. Das Rechtsmittel ging bei der Gerichtsabteilung GA des Bundesfinanzgerichtes am ein. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung GA gemäß § 9 Abs. 9 BFGG abgenommen und der Gerichtsabteilung GA zum Stichtag neu zugeteilt.

11. ***2*** ist Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder, vertrat die ***1*** im abgabenbehördlichen Verfahren und hatte die Zustellvollmacht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

Nach § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person zu nennen, an die er ergeht.

Gemäß § 246 Abs. 1 BAO ist jeder zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist.

Im gegenständlichen Verfahren ergingen an die ***1*** die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 2014, 2015 und 2016, sowie Umsatzsteuer 2014, 2015 und 2016. Somit war die ***1*** gem. § 246 Abs. 1 BAO zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde befugt.

Nach § 260 Abs. 1 BAO ist eine Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist (lit. a) oder nicht fristgerecht eingebracht wurde (lit. b).

Eine Beschwerde ist etwa bei mangelnder Aktivlegitimation des Einschreiters unzulässig (vgl. ). Wegen mangelnder Befugnis ist eine Beschwerde beispielsweise dann zurückzuweisen, wenn sie der Vertreter der Partei im eigenen Namen einbringt (vgl. Ritz, BAO7, § 260 Tz 6 mit Judikaturhinweisen; Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3, § 260 Rz. 5).

Nach § 83 Abs. 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

§ 83 Abs. 2 BAO lautet: "Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten richten sich nach derVollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifelsind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Abgabenbehördehat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des§ 85 Abs. 2 von Amts wegen zu veranlassen."

Ausnahmen vom Grundsatz, wonach sich der Vertreter durch eine schriftliche Vollmachtauszuweisen hat, ergeben sich aus § 83 Abs. 3 und 4 BAO, für Wirtschaftstreuhänder, Bilanzbuchhalter, aus der Rechtsanwaltsordnung und der Notariatsordnung (vgl. Ritz, BAO6, § 83, Tz 7).

§ 77 Abs. 11 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz idF BGBl. I Nr. 137/2017 lautet:

"Beruft sich ein Berufsberechtigter im beruflichen Verkehr auf die ihm erteilte Bevollmächtigung,so ersetzt diese Berufung den urkundlichen Nachweis."

Die in FinanzOnline von einem Parteienvertreter gesetzten Berechtigung - wie sie der Einschreiter im Vorlageantrag anführt - ist einer derartigen Erklärung nach § 77 Abs. 11 WTBG 2017 gleichzusetzen (vgl. ). Allerdings hat im Beschwerdeverfahren der Einschreiter das gegenständliche Rechtsmittel nicht über FinanzOnline, sondern in Papierform vorgelegt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hätte die Bevollmächtigung im laufenden Verfahren geltend gemacht werden müssen (vgl. Ritz, BAO6, § 9 ZustG, Tz 19 und die dort angeführte VwGH-Judikatur). Dies deshalb, da sich eine Bevollmächtigung nur auf das jeweilige Verfahren bezieht, in dem sich der Bevollmächtigte durch eine schriftliche Vollmacht ausgewiesen oder sich auf eine erteilte Zustellvollmacht wirksam berufen hat, nicht jedoch auch auf andere bei der Behörde bereits anhängige oder anfallende Verfahren (; ). Die Erteilung einer "Generalvollmacht" für alle (anhängigen oder künftig anfallenden) Verfahren ist mangels gesetzlicher Grundlage unzulässig (; ).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat sich die Prüfung, ob eine Beschwerde oder ein Vorlageantrag von einem hiezu Berechtigten erhoben wurde, am äußeren Tatbestand zu orientieren. Maßgeblich ist, wer nach dem objektiven Erklärungswert der Eingabe unter Berücksichtigung aller Umstände als derjenige anzusehen ist, der mit dieser Eingabe die Tätigkeit der Behörde (des Verwaltungsgerichts) für sich in Anspruch nimmt (vgl ; ; ).

Laut ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung muss derjenige, der nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter eines Anderen oder als Organ einer juristischen Personrechts geschäftlich handeln will, dies auf unzweifelhafte Weise zum Ausdruck bringen ().

Für den Beschwerdefall ist festzuhalten, dass von Herrn ***2*** eine Berufung auf eine erteilte Vollmacht, erkenntlich durch einen Vermerk wie "Vollmacht erteilt" oder "Vollmacht ausgewiesen", der ausreichend wäre, um den urkundlichen Nachweis der Bevollmächtigung zu ersetzen (), in der gesamten Bescheidbeschwerde sowie auch im Vorlageantrag fehlt. Ebenso finden sich die Worte "Namens und Auftrags meiner Mandantschaft", die ebenfalls als wirksame Berufung auf die Bevollmächtigung genügen würden (), im gegenständlichen Beschwerdeschreiben und im Vorlageantrag nicht.

Desgleichen ist eine Wendung wie "vertreten durch ...", die laut höchstgerichtlicher Judikatur ohnedies nicht zwingend auf eine erteilte Bevollmächtigung schließen lassen würde (; , 5 Ob 1020/93; , 5 Ob 1022/96), in den Eingaben nicht enthalten.

Dagegen werden in der Beschwerde Diktionen verwendet, welche nicht erkennen lassen, dass Herr ***2*** als steuerlicher Vertreter im "Auftrag und in Vollmacht" der ***1*** gehandelt hat. Aufgrund des gänzlichen Fehlens einer Vollmachtsbezugnahme zeigen die Formulierungen vielmehr, dass die Beschwerde im eigenen Namen von Herrn ***2*** eingebracht wurde, wie die Verwendung der Ich-Form insbesondere im Beschwerdeantrag belegt.

Aus dem Betreff eines Schreibens lässt sich nicht darauf schließen, dass für die darin genannte Person eingeschritten wird. Wird im Betreff des Schriftsatzes der Name und die Steuernummer jener Person angegeben, an die der angefochtene Bescheid ergangen ist, stellt dies keinen Hinweis auf eine Bevollmächtigung dar, sondern dient dies lediglich zur Bezeichnung des Bescheides, gegen den sich die Beschwerde richtet.

Zusammenfassend ist für den gegenständlichen Beschwerdefall festzustellen: Soll eine Bescheidbeschwerde nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter erhoben werden, so muss dies entsprechend erklärt werden. Eine Person, die ein Rechtsmittel einreicht, ohne anzugeben, dass sie im Namen einer anderen Person handelt, ist selbst Einschreiter. Die gegenständliche Beschwerde ist objektiv betrachtet im eigenen Namen von Herrn ***2*** und nicht namens einer von ihm vertretenen Partei eingebracht worden. Da der Einschreiter zur Erhebung der Beschwerde aber nicht legitimiert war, war die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen (vgl ; ).

Abschließend ist festzuhalten, dass auch kein Mängelbehebungsverfahren gem. § 85 Abs.2 BAO zu initiieren war, da sich der Anwendungsbereich des § 85 Abs. 2 BAO nur auf "zulässige" Anbringen beschränkt. Unzulässige, sprich nicht von legitimierten Personen oder nicht fristgerecht eingebrachte Anbringen, sind ohne einen vorhergehenden Auftrag zur Mängelbehebung zurückzuweisen (vgl. Ritz, BAO6, § 85 Tz 15 und die dort zitierte Rechtsprechung). Zudem war es gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 BAO zweckmäßig, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzusehen, da sich der maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage ergibt.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da hinsichtlich der zu lösenden Rechtsfragen eine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt, von der nicht abgewichen wurde, liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 246 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 77 Abs. 11 WTBG, Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, BGBl. I Nr. 58/1999
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise













ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100690.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at