Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.02.2022, RV/7103206/2021

Rückforderung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages vom Beihilfenbezieher

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterR. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten, nunmehr Finanzamt Österreich, vom über die Rückforderung für ***M...[Sohn]*** für die Zeiträume Dezember 2018 und April bis August 2019 zu Unrecht bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, Steuernummer ***StNr-Bf1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

In der Folge einer Überprüfung des Anspruches der Beschwerdeführerin (Bf.) auf Familienbeihilfe für ihren Sohn M. erließ das Finanzamt am einen Bescheid an die Bf. wie folgt:

Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge
- Familienbeihilfe (FB)
- Kinderabsetzbetrag (KG)
für die Kinder


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Name des Kindes
VNR/Geb.dat.
Art der Beihilfe
Zeitraum von-bis
[Nach- und Vorname]
[Nachname wie Bf.] M…
… 10 00
FB
Dez. 2018-Dez. 2018
KG
Dez. 2018-Dez. 2018
FB
Apr. 2019-Aug. 2019
KG
Apr. 2019-Aug. 2019

Der Rückforderungsbetrag beträgt


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Art der Beihilfe
Summe in €
FB
€ 849,00
KG
€ 350,40
Rückforderungsbetrag gesamt:
€ 1.199,40

Sie sind verpflichtet, diesen Betrag gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 zurückzuzahlen.
Begründung: Zu …M… [o.a. Kind]:
Da Sie trotz Aufforderung die abverlangten Unterlagen nicht eingebracht haben und dadurch Ihrer Mitwirkungspflicht nach § 115 Bundesabgabenordnung nicht nachgekommen sind, muss angenommen werden, dass im oben genannten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden hat bzw. besteht.
Für die oben genannten Zeiträume wurde keine Berufsausbildung nachgewiesen.

Die Bf. erhob Beschwerde wie folgt:
Da mein Sohn seit 2017 nicht mehr bei mir wohnhaft war und auch seit Okt. 2018 die KB auf sein Konto überwiesen wurde, war ich nicht mehr unterhaltspflichtig.
[Vor- und Nachname des Sohnes der Bf.] […str. … / Top 21 …. [Anschrift]

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab, dies mit folgender Begründung:
Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.
Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:
- Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung
- Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung
- Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung
- das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen.
§ 14 FLAG 1967: Ein volljähriges Kind, für das Anspruch auf die Familienbeihilfe besteht, kann beim zuständigen Finanzamt beantragen, dass die Überweisung der Familienbeihilfe auf sein Girokonto erfolgt. Eine Überweisung nach Abs. 1 bedarf der Zustimmung der Person, die Anspruch auf die Familienbeihilfe hat. Es kann auch die Person, die Anspruch auf die Familienbeihilfe für ein Kind hat, beantragen, dass die Überweisung der Familienbeihilfe auf ein Girokonto dieses Kindes erfolgt.
Laut Bundesfinanzgericht, in ständiger Rechtsprechung, ist für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge lediglich entscheidend ist, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Subjektive Momente wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe sind dagegen unerheblich. Daher spielt es auch keine Rolle, wenn die Familienbeihilfe auf das - vom Antragsteller für die Überweisung angegebene Bankkonto des Kindes ausbezahlt wurde, da es sich um eine bloße Zahlstelle handelt, Bezieher der Familienbeihilfe ist aber jedenfalls der Antragsteller gewesen. Den Bezieher der Familienbeihilfe entbindet die Weitergabe von zu Unrecht bezogenen Familienbeihilfenbeträgen nicht von der zwingenden Rückzahlungsverpflichtung.
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967: Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Am wurde die Direktauszahlung auf das Konto Ihres Sohnes beantragt. Laut Zentralem Melderegister bestand ein gemeinsamer Haushalt bis . In den Rückforderungszeiträumen wurde keine Berufsausbildung für Ihren Sohn M… nachgewiesen, die Familienbeihilfe ist daher zurückzufordern. Ihre Beschwerde ist abzuweisen.

Der Vorlageantrag wurde erstattet wie folgt:
Da mein Sohn M… seit 2017 nicht bei mir wohnhaft war, aber auf Anraten des Jugendamtes nicht von meiner Wohnadresse abgemeldet wurde und ab Oktober 2018 er die Familienbeihilfe bezog, sehe ich nicht ein, dass von mir die Rückzahlung der Familienbeihilfe gefordert wird.

Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Die Bf. hat für ihren Sohn M… bis einschließlich August 2019 Familienbeihilfe bezogen (Dok.14).
Der Sohn der Bf. hat sich nach Vollendung seines 18. Lebensjahres am nur bis und später noch von bis in einem Lehrverhältnis befunden (Dok.13).
Der Sohn der Bf. hat mit Formular Beih 20 vom (Dok.2) die Direktauszahlung der Familienbeihilfe auf sein Konto beantragt. Die Bf. hat der Überweisung der Familienbeihilfe auf das Konto des Sohnes auf dem gleichen Formular zugestimmt.
Mit Rückforderungsbescheid vom (Dok.3) wurde die Familienbeihilfe für M… für den Zeitraum Dezember 2018 und April bis August 2019 von der Bf. zurückgefordert.
Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde vom (Dok.4) wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom (Dok.5) als unbegründet abgewiesen.
Die Bf. gibt in der Beschwerde vom (Dok.4) und auch im Vorlageantrag vom (Dok.6) an, dass ihr Sohn seit 2017 nicht mehr bei ihr wohnhaft gewesen sei. Die Bf. hat jedoch noch in ihrer Antwort vom (Dok.1) mit ihrer Unterschrift bestätigt, dass der Sohn ständig bei ihr wohne.
Laut ZMR war der Sohn bis an der Adresse der Bf. gemeldet (Dok.17).
Beweismittel:
insbesondere
Antwort vom (Dok.1)
Antrag auf Direktauszahlung vom (Dok.2)
AJ-WEB-Auskunft M… vom (Dok.13)
ZMR-Abfrage Bf. vom (Dok.16)
ZMR-Abfrage M… vom (Dok.17)
Stellungnahme:
Nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat primären Anspruch auf Familienbeihilfe die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Führt das Kind beispielsweise einen eigenen Haushalt, ist die Person anspruchsberechtigt, die die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt. Führt das Kind einen eigenen Haushalt und trägt auch niemand überwiegend seine Unterhaltskosten, besteht nach § 6 Abs. 2 iVm Abs. 5 FLAG 1967 ein Eigenanspruch des Kindes.
Nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden bzw. eine entsprechende Schulausbildung oder ein Studium betreiben.
Ein volljähriges Kind, für das Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, kann gemäß § 14 Abs. 1 FLAG 1967 beantragen, dass die Überweisung der Familienbeihilfe auf sein Girokonto erfolgt. Dafür ist die Zustimmung der Person, die Anspruch auf Familienbeihilfe hat, erforderlich (Abs. 2 leg.cit.).
Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen (§ 26 Abs. 1 FLAG 1967).
Liegen die Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe nicht vor, stehen gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 auch die Kinderabsetzbeträge nicht zu.
Den gesetzlichen Bestimmungen des § 14 FLAG 1967 in Verbindung mit der erklärten Absicht des Gesetzgebers ist zu entnehmen, dass dem Kind durch die eingeführte Direktzahlungsmöglichkeit kein eigener, auch nicht vom Anspruchsberechtigten abgeleiteter, Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe eingeräumt werden sollte (vgl. ).
Die gesetzlichen Regelungen sind so zu verstehen, dass der Zustimmungserklärung nach § 14 Abs. 2 FLAG 1967 die Funktion ähnlich einer Zahlungsanweisung zukommt, während der Anspruch nach wie vor vom dazu Berechtigten geltend zu machen ist (vgl. nochmals ).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft die Rückzahlungspflicht nach § 26 Abs. 1 FLAG ausschließlich den Bezieher der Familienbeihilfe. Diese Bestimmung legt eine objektive Erstattungspflicht desjenigen fest, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Diese Verpflichtung ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (vgl. ).
Die Bekanntgabe einer Kontonummer und der Bezeichnung, auf wen das Konto lautet, die nicht notwendigerweise den Namen des Anspruchsberechtigten tragen muss, allein bewirkt in Verbindung mit der späteren Auszahlung auf dieses Konto noch nicht, dass der als Anspruchsberechtigter Auftretende, der diese Angaben getätigt hat, die Familienbeihilfe nicht mehr bezogen hätte, sondern ein anderer über dieses Konto Verfügungsberechtigter ().
Selbst wenn man aufgrund der Vorbringen der Bf. in der Beschwerde (Dok.4) und im Vorlageantrag (Dok.5) davon ausgehen müsste, dass die Bf. aufgrund einer aufgehobenen gemeinsamen Haushaltsführung (und möglicherweise auch nicht überwiegender Unterhaltsleistung) keinen Familienbeihilfenanspruch mehr gehabt hätte und somit ein Eigenanspruch des Sohnes bestanden hätte, wäre die Familienbeihilfe umso mehr zu Unrecht von der Bf. bezogen worden und zurückzufordern gewesen.
Da die Bf. nicht bestreitet, dass der Sohn die rückgeforderten Beträge tatsächlich erhalten hat, besteht die Rückforderung auch betragsmäßig zu Recht.
Das Finanzamt ersucht daher um Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der im Oktober 2000 geborene Sohn der Bf. (vgl. bspw. den Antrag auf Direktauszahlung) war im mit Dezember 2018 beginnenden Beschwerdezeitraum volljährig.

Seit 2017 [bis zumindest 2021] war der Sohn der Bf. nicht mehr bei ihr wohnhaft; auf Anraten des Jugendamtes wurde ihr Sohn nicht von ihrer Wohnadresse abgemeldet - er wurde erst im Folgejahr, im Oktober 2018, volljährig (vgl. Beschwerde und Vorlageantrag).

Am bestätigte das Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer Niederösterreich, dass der Sohn der Bf. "vom bis voraussichtlich an einem Ausbildungslehrgang im Rahmen der Überbetrieblichen Lehrausbildung des Wirtschaftsförderungsinstitutes NÖ im Auftrag des AMS NÖ teilnimmt. Gemäß § 30 BAG ist dieser Teilnehmer Lehrlingen gleichgestellt. Die im Ausbildungslehrgang zurückgelegte Praktikumszeit ist der Lehrzeit im betreffenden Lehrberuf gleichgestellt:
vom bis voraussichtlich [Angabe des Berufes]"

Am stellte der Sohn der Bf. beim Finanzamt einen Antrag auf Direktauszahlung (volljähriges Kind) (beim Finanzamt am eingelangter Antrag).
Er beantragte die Direktauszahlung der Familienbeihilfe auf sein Girokonto IBAN AT… .
Die Angaben zur anspruchsberechtigten Person beinhalteten Folgendes:
Sozialversicherungsnummer 4… Geburtsdatum … Nach- und Vorname [jeweils der Bf.]
Ich stimme der Überweisung der Familienbeihilfe auf obigen Girokonto zu.
Unterschrift der anspruchsberechtigten Person
[Unterschrift der Bf. wie auf der Beschwerde]

Die Bf. "(war), seit 2018 die KB (gemeint: Kinderbeihilfe - für Familienbeihilfe) auf das Konto ihres Sohnes überwiesen wurde, nicht mehr unterhaltspflichtig" [Anmerkung: der Sohn der Bf. bezog Arbeitslosengeld; dazu vgl. unten] (vgl. Beschwerde).

Der Sohn der Bf.
- war vom 02. Juli bis Arbeiterlehrling und
- war vom 07. Jänner bis Angestelltenlehrling und
- bezog vom bis , am , vom 13. bis sowie vom 01. bis Arbeitslosengeld
(Abfrage der Sozialversicherungsdaten).

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf den im Einzelnen angeführten Beweisgrundlagen und sind unstrittig. Weiterer diesbezüglicher Ausführungen bedarf es daher nicht.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

1.

Kein gemeinsamer Haushalt und Bf. war nicht mehr unterhaltspflichtig:

Laut den eigenen Angaben der Bf. war ihr Sohn im gesamten beschwerdegegenständlichen Zeitraum nicht (mehr) bei ihr wohnhaft, wurde die Familienbeihilfe auf das Konto ihres Sohnes überwiesen und war sie nicht mehr unterhaltspflichtig.
Damit ist das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden:
§ 6 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) bestimmt:
Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3).

Die Abs. 1 bis 3 dieser Bestimmung lauten:
Abs. 1: Anspruch auf Familienbeihilfe haben auch minderjährige Vollwaisen, wenn
a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und
c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.
Abs. 2: Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie
a) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind anzuwenden; …
Abs. 3: Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) einer Vollwaise führt bis zu einem Betrag von 10.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem die Vollwaise das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 10.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die der Vollwaise nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 10.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise bleiben außer Betracht:
a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,
b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,
c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse. …

Demgemäß bestand auf Basis der eigenen Angaben der Bf. kein Anspruch auf Familienbeihilfe der Bf.

In einem zweiten Schritt ist - unter Bedachtnahme auf das Vorbringen, die Bf. sehe nicht ein, dass von ihr die Rückzahlung der Familienbeihilfe gefordert wird, wo doch ihr Sohn seit 2018 "die Familienbeihilfe bezog" - zu beurteilen, ob die Rückforderung an die Bf. oder an ihren Sohn zu richten ist. Dazu ist auszuführen:
Gemäß § 14 Abs. 1 FLAG kann ein volljähriges Kind, für das Anspruch auf die Familienbeihilfe besteht, beim zuständigen Finanzamt (ab : Finanzamt Österreich) beantragen, dass die Überweisung der Familienbeihilfe auf sein Girokonto erfolgt. Der Antrag kann sich nur auf Zeiträume beziehen, für die noch keine Familienbeihilfe ausgezahlt wurde.
Nach Abs. 2 dieser Bestimmung bedarf eine Überweisung nach Abs. 1 der Zustimmung der Person, die Anspruch auf die Familienbeihilfe hat. Diese Zustimmung kann jederzeit widerrufen werden, allerdings nur für Zeiträume, für die noch keine Familienbeihilfe ausgezahlt wurde.
Diese Regelungen lassen keinen Zweifel offen: Eine Direktauszahlung an eine andere Person nach § 14 FLAG 1967 macht diese noch nicht zur Anspruchsberechtigten bzw. "Bezieherin" iSd FLAG (vgl. ; ; , RV/5100792/2021).

Hiermit steht die seitens des Finanzamtes der Bf. übermittelte Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom im Einklang, welcher die Bf. entnehmen konnte, dass sie die anspruchsberechtigte Person war. Ferner wurde die Bf. in dieser Mitteilung darauf hingewiesen, "Tatsachen, die bewirken können, dass der Anspruch auf die Beihilfen erlischt (z.B. Beendigung der Berufsausbildung oder eigene Einkünfte des Kindes), sowie Änderungen der in Ihrem Antrag angeführten Daten auch im eigenen Interesse (z.B. zur Vermeidung von Rückforderungen) umgehend Ihrem Finanzamt mitzuteilen."

Die Beschwerde war somit aus diesem Grund als unbegründet abzuweisen.

2.

Die Beschwerde ist aus einem weiteren Grund, unabhängig vom unter Pkt. 1. angeführten, als unbegründet abzuweisen:

Gemäß § 2 Abs. 1 FLAG haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

War der im Beschwerdezeitraum volljährige Sohn der Bf. vom 02. Juli bis Arbeiterlehrling und vom 07. Jänner bis Angestelltenlehrling und bezog er vom bis , am , vom 13. bis sowie vom 01. bis Arbeitslosengeld, wurden die Voraussetzungen der zitierten Gesetzesbestimmung im Dezember 2018 und in den Monaten April bis August 2019 nicht erfüllt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit gegenständlichem Erkenntnis wurde nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung entschieden. Feststellungen auf der Sachverhaltsebene betreffen keine Rechtsfragen und sind daher einer Revision nicht zugängig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103206.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at