Erträge aus einer Kapitalanlage im Zusammenhang mit einem betrügerischen Genussscheinmodell eines Finanzberaters
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache N.N., Adr.Bf., vertreten durch Z.Z.GmbH, Adr.StB., über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Judenburg Liezen [nunmehr Finanzamt Österreich, Dienststelle Judenburg Liezen] vom betreffend Einkommensteuer 2007 und 2008, Steuernummer xxx, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) teilweise Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Einkommensteuer wird für das Jahr 2007 festgesetzt mit 16.270,58 Euro (bisher 19.277,59 Euro)
Die Einkommensteuer wird für das Jahr 2008 festgesetzt mit 20.176,57 Euro (bisher 25.404,34 Euro)
Die Bemessungsgrundlagen sind dem Ende der Entscheidungsgründe den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Für die Jahre 2007 bis 2009 wurde beim Beschwerdeführer (Bf.) eine Außenprüfung vorgenommen, deren Schwerpunkt in der Überprüfung der Geldveranlagung des Bf. beim Finanzberater XY lag. Vom Bf. bzw. von seinem steuerlichen Vertreter seien - laut Prüfer - in diesem Zusammenhang drei Treuhandaufträge vorgelegt worden. Aus den beigelegten Aufstellungen seien die vom Bf. geleisteten Einzahlungen, die Auszahlungen sowie die Depotgewinne exakt nachvollziehbar gewesen. Weiters habe der Bf. dem Prüfer ein ABC-Zertifikat mit einer Kaufsumme von 202.055,00 Euro (92 Stück) übergeben.
ln der Niederschrift über die Schlussbesprechung anlässlich der Außenprüfung führte der Prüfer aus, die Kunden des Finanzberaters XY hätten zwischen zwei Arten von Kapitalveranlagungen wählen können:
a) dem Erwerb von börsennotierten Substanzgenussscheinen der Firma ABC Invest AG
(dieser Art der Veranlagung entspreche das dem Prüfer übergebene ABC-Zertifikat) oder
b) der Veranlagung in der "XY Barschiene" (diese Art der Veranlagung sei mittels der genannten Treuhandverträge erfolgt). Die Bezeichnung "Barschiene" stehe laut Prüfer als Synonym für jene Gelder, die ausgewählte Kunden (Verwandte, Freunde und besonders gute Bekannte) direkt bei XY veranlagten. Bei dieser besonders verlockenden Anlageform hätten jederzeit Gelder aus dem Veranlagungstopf herausgenommen, aber auch wieder eingezahlt werden können. Weiters seien keinerlei Kosten oder Spesen, wie bei herkömmlichen Anlageformen (zB Agio), angefallen. Die Verzinsung habe sich bei dieser Form der Veranlagung aber dennoch an der Verzinsung der Substanzgenussscheine der ABC lnvest AG in Höhe von ca. 1% monatlich orientiert.
Zum System der Barschiene sei im Urteil des Landesgerichtes LG1, XY betreffend, ausgeführt worden:
"Die Einzahlungen der Kunden erfolgten immer in bar. XY garantierte eine Wertsteigerung von rund 1% pro Monat, weiters sicherte er eine Rückkaufgarantie zu. Es gab die Barschiene betreffend keine Buchhaltung, keine Bankkonten, keine Bilanz und nur fragmenthafte Aufzeichnungen. Die Kunden der Barschiene konnten ihre Genussscheinanteile auch nur an XY persönlich zurück kaufen. So verwendete XY eingehende Zahlungen unter anderem auch dafür, andere Kunden durch Rückzahlungen bzw. Zinszahlungen zu befriedigen. Das gesamte Veranlagungskonzept beruhte auf der Kapitalabfolge, dass die Mehrheit der Anleger Kapital einzahlte und eine geringere Minderheit rückforderte. "
Erst der Zusammenbruch der Firma ABC lnvest AG und das im Oktober 2008 gegen XY eröffnete Konkursverfahren habe die Erfolgssträhne des XY beendet. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sei allen Anlegern klar gewesen, dass sie einem Betrüger hereingefallen seien. Die Schadenssumme betrage viele Millionen Euro, wobei das Fehlen einer Geldsumme in Höhe von 38 Mio. Euro im Gerichtsverfahren nicht geklärt habe werden können.
Letztendlich sei XY zu einer Haftstrafe von sieben Jahren verurteilt worden.
Der Bf. habe Geld auf beide Arten angelegt. Einerseits habe er ABC-lndex-Zertifikate um 202.055,00 Euro gekauft, andererseits habe er insgesamt 280.569,00 Euro in die noch lukrativere Barschiene des XY investiert. Die letztgenannte Summe sei laut den vorgelegten Treuhandaufträgen XY zur Veranlagung in Substanzgenussscheinen übergeben worden. XY habe für dieses Geld jedoch keine (eigenen) Substanzgenussscheine gekauft und dem Bf. daher auch keine Genussscheine übergeben. lm Zuge der Geldhingabe seien den Anlegern laut Aussage von CC, der Sekretärin von XY, zunächst nur Übergabebestätigungen ausgehändigt worden. Ab dem Jahr 2008, seit der Gründung der Firma XY-GmbH, seien den Anlegern statt der Übergabebestätigungen Treuhandaufträge ausgehändigt worden. Auf diese Weise habe man klarstellen wollen, dass es sich bei der Veranlagung in der Barschiene um eine private Veranlagung bei XY handle, die mit der XY-GmbH nichts zu tun habe. XY habe laut seiner Aussage vor Gericht über 12.000 Stück ABC-Substanzgenussscheine verfügt und habe seine Kunden - nach seinen Angaben - an den Erträgen aus diesen Genussscheinen partizipieren lassen wollen. Die Geldanlage im Rahmen der Barschiene sei den Kunden in zwei Varianten angeboten worden:
a) Die Anleger hätten sich die Zinsen, deren Höhe sich am ABC-lndex orientiert habe, bar auszahlen lassen können, wobei die Auszahlung bei größeren Anlagebeträgen monatlich, sonst in individuell vereinbarten Zeitabständen erfolgt sei, oder
b) die monatlich anfallenden Zinsen seien thesauriert worden, wobei die Anleger über die Zinszuwächse in monatlichen Mitteilungen informiert worden seien. Auch bei dieser Variante hätte aber jederzeit Geld entnommen oder der Anlage hinzugefügt werden können. In beiden Fällen sei den Anlegern eine Kapitalgarantie gegeben worden.
Der Bf. habe bei der Veranlagung seiner Geldbeträge im Rahmen der Barschiene die Variante mit Auszahlung der Zinsen gewählt. Laut der vom Bf. vorgelegten Aufstellungen habe er im Jahr 2007 15.232,66 Euro und im Jahr 2008 21.385,55 Euro an Zinsen erhalten. Laut Urteil des OGH zur GZ 12 Os 59/11 k sei Anfang Oktober 2008 bei XY Zahlungsunfähigkeit eingetreten. Das sei jener Zeitpunkt, ab dem weder die Gutschriften noch das eingezahlte Kapital ausbezahlt worden seien. lm Konkursverfahren über das Vermögen des XY sei es zu keiner Verteilung an die Konkursgläubiger gekommen, weshalb der Bf. den Anteil von 65.545,70 Euro des bei XY veranlagten Kapitals endgültig verloren habe. Die im Rahmen der Barschiene erhaltenen Zinsen habe der Bf. bisher einkommensteuerlich nicht erklärt. Der steuerliche Vertreter des Bf. habe die Nichterfassung der ausbezahlten Zinserträge damit erklärt, dass er davon ausgegangen sei, dass der Bf. Substanzgenussscheine erworben habe und die daraus erzielten Zinsen Substanzgewinne dargestellt haben. Diese Gewinne seien nach der damaligen Rechtslage steuerfrei gewesen.
In diesem Zusammenhang habe der steuerliche Vertreter des Bf. auf die dem Prüfer vorgelegten Treuhandaufträge verwiesen, aus denen hervorgehe, dass der Bf. als Treugeber die Geldbeträge an XY zur Veranlagung in Substanzgenussscheinen der ABC lnvest AG übergeben habe.
Der Prüfer stellte fest, es sei unbestritten, dass der Bf. weder Substanzgenussscheine der ABC Invest AG, die auf seinen Namen lauteten, noch solche, die auf den Namen XY lauteten jemals ausgehändigt bekommen habe. Unbestritten sei auch, dass dem Bf. beide von XY angebotenen Arten der Kapitalveranlagung, nämlich sowohl der Erwerb von börsennotierten Substanzgenussscheinen der Firma ABC Invest AG als auch die Veranlagung im Rahmen der Barschiene, bekannt gewesen seien, weil er auf beide Arten Geld veranlagt habe. Der Ansicht des steuerlichen Vertreters des Bf., dass es sich bei der Veranlagung im Rahmen der Barschiene nicht um ein Privatdarlehen, sondern um eine Kapitalforderung gehandelt habe, bei der ein Zufluss erst beim Überschreiten der Anschaffungskosten vorgelegen wäre, könne nicht gefolgt werden. Tatsächlich sei einem betrügerischen Finanzberater von einer Privatperson Geld für eine besonders lukrative Veranlagung übergeben worden. Das zeige sich dadurch, dass die Einzahlungen in individuell wählbaren Beträgen erfolgen habe können und nicht an den Ausgebewert der Substanzgenussscheine gebunden gewesen sei, die Anleger hätten jederzeit zwischen der Auszahlung der Erträge und der Reinvestition wechseln können und sie hätten auch das eingezahlte Kapital (oder Teile davon) jederzeit rückfordern können, ohne dass dafür Kosten angefallen wären. So habe sich der Bf. einen Teilbetrag in Höhe von 258.000,00 Euro des von ihm eingezahlten Kapitals wieder rückzahlen lassen. Bei einem börsennotierten Wertpapier wären solche Teilauszahlungen nicht möglich gewesen. Bei der Einzahlung der Geldbeträge im Rahmen der Barschiene seien die Anleger somit nicht an den Ausgabekurs (Tageskurs) der ABC-Zertifikate gebunden gewesen und es sei kein Ausgabeagio (von üblicherweise bis zu 7%) angefallen. Für den Ankauf der ABC-Zertifikate habe der Bf. hingegen ein Agio in Höhe von 10.101,75 Euro bezahlt.
XY habe die Wertsteigerungen seiner eigenen Genussscheine zur Gänze an seine "Barschienenanleger" weitergegeben. Über Neuanleger seien stets so viele Mittel hereingekommen, dass die Auszahlungen nie gefährdet gewesen seien. XY habe sogar über so hohe Geldmittel verfügt, dass er sich - laut Gerichtsakt - Lebenshaltungskosten in beträchtlicher Höhe leisten habe können. In einem solchen Anlagemodell sei ein darlehensähnliches Geschäft zu sehen. Da XY nicht über eine Banklizenz verfügt habe, habe es sich um Privatdarlehen gehandelt. Zinserträge aus Privatdarlehen seien keine steuerabzugspflichtigen Kapitalerträge im Sinn des § 93 EStG 1988, weshalb diese Zinserträge im Rahmen der Veranlagung der Einkommensteuer als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erfassen und mit dem Normalsteuersatz zu versteuern seien. Das gelte auch dann, wenn auf Grund eines Anlagebetrugs ein Kapitalverlust eintrete.
Auf Grund der genannten Feststellungen des Prüfers erließ die belangte Behörde Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2007 und 2008, in denen nicht endbesteuerungsfähige Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 15.232,66 Euro bzw. in Höhe von 21.385,55 Euro angesetzt wurden, sowie Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für die Jahre 2007 und 2008, mit denen Anspruchszinsen in Höhe von 794,70 Euro bzw. in Höhe von 1.018,20 Euro festgesetzt wurden.
Gegen diese Bescheide wurde Beschwerde erhoben. In der Begründung führte der steuerliche Vertreter aus, der Bf. habe in den Jahren 2007 und 2008 beim Finanzberater XY Geld veranlagt. Die Kunden von XY hätten zwischen zwei Arten der Kapitalveranlagung wählen können, nämlich einerseits dem direkten Erwerb von börsennotierten Substanzgenussscheinen der Firma ABC Invest AG und andererseits der Veranlagung im Rahmen der "XY Barschiene". Bei dieser Veranlagungsform haben jederzeit Geldbeträge in den Veranlagungstopf einbezahlt bzw. herausgenommen werden können. Die Verzinsung der Gelder sei entsprechend der Erträge der Substanzgenussscheine der ABC Invest AG erfolgt. Laut den Feststellungen des Prüfers habe der Bf. 280.569,00 Euro im Rahmen der so genannten Barschiene an XY übergeben. Daraus seien dem Bf. nach Ansicht der Abgabenbehörde in den Jahren 2007 und 2008 Zinsen in Höhe von 15.232,66 Euro bzw. in Höhe von 21.385,55 Euro zugeflossen.
Zu den Feststellungen der Abgabenbehörde führte der steuerliche Vertreter aus, XY habe gegenüber dem Bf. angegeben, dass er über 12.000 Stück ABC-Substanzgenussscheine verfüge, welche in einem Depot liegen. Im Rahmen der so genannten Barschiene habe sich der Bf. an diesem Wertpapierdepot beteiligen und so an den Wertsteigerungen der von XY verwalteten Substanzgenussscheine teilhaben können. Dies sei die tatsächliche Geschäftsgrundlage zwischen XY bzw. der XY-GmbH und dem Bf. gewesen. Das ergebe sich auch aus den monatlichen Abrechnungen der Treuhandaufträge, die das jeweilige Kaufdatum, die Kaufsummen, die Wertsteigerungen in Prozent, die Depotgewinne und die Depotwerte der dem Bf. gehörenden ABC-Substanzgenussscheine enthielten. Für die Annahme, dass die Vertragsgrundlage der so genannten Barschiene der Erwerb von ABC-Substanzgenussscheinen gewesen sei, spreche auch, dass die Anleger der Barschiene ihre Genussscheine nur an XY persönlich hätten zurück verkaufen können, dieser ihnen jedoch eine Rückkaufsgarantie gegeben habe.
Das von XY verkaufte Geschäftsmodell sei somit nicht - wie von der Abgabenbehörde behauptet - die Gewährung von Privatdarlehen, sondern der anteilige Erwerb von ABC-Substanzgenussscheinen gewesen. Jeder Anleger der Barschiene habe an den 12.000 Stück ABC-Substanzgenussscheinen beteiligt sein und an ihren Wertsteigerungen partizipieren wollen. Bei einem derartigen Modell seien die Anleger zu Miteigentümern an den 12.000 Stück ABC-Substanzgenussscheinen geworden und die daraus resultierenden Erträge seien den Miteigentümern anteilig zuzurechnen. Ob die anteilig erworbenen ABC-Substanzgenussscheine auf den Namen des Anlegers lauten oder nicht spiele keine Rolle, weil XY ab dem Verkauf der anteiligen ABC-Substanzgenussscheine diese nur mehr treuhändig für die Anleger der Barschiene gehalten habe.
Wie in den Verfahren vor Gericht festgestellt worden sei, haben XY bzw. die
XY-GmbH die 12.000 Stück ABC-Substanzgenussscheine offensichtlich aber nicht besessen. Daher sei auch eine anteilige Eigentumsübertragung an die Anleger der Barschiene und somit auch an den Bf. nicht möglich gewesen. Die Anleger der Barschiene und ebenso der Bf. haben nur geglaubt, im Besitz von ABC-Substanzgenussscheinen zu sein.
Tatsächlich hätten sie an den nur vorgetäuschten 12.000 Stück ABC-Substanzgenussscheinen kein Miteigentum begründen können. Infolge des Nichtvorhandenseins der 12.000 Stück ABC-Substanzgenussscheine und mangels der Begründung von Miteigentum durch die Anleger der Barschiene und somit durch den Bf. hätten auch keine Depotgewinne anfallen können. Die in den monatlichen Abrechnungen des XY bzw. der XY-GmbH angeführten Depotgewinne seien bei den Anlegern der Barschiene und somit auch beim Bf. daher nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern. Diese "Depotgewinne" habe es in Wirklichkeit nicht gegeben. Es könne daher auch kein (fiktiver) Zufluss von Einkünften unterstellt werden.
Wie bereits angeführt worden sei, habe die Abgabenbehörde die Erfassung der Depotgewinne als Einkünfte aus Kapitalvermögen damit begründet, dass XY die Wertsteigerungen der eigenen Genussscheine zur Gänze an seine Barschienenkunden für die Hingabe der Privatdarlehen weitergegeben habe. Dagegen sei einzuwenden, dass XY bzw. die XY-GmbH keine Genussscheine besessen haben, somit auch keine Depotgewinne entstanden seien und demnach den Anlegern der Barschiene auch keine anteiligen Depotgewinne zugeflossen sein konnten. Weiters sei die Annahme der Abgabenbehörde, dass die Anleger der Barschiene XY ein Privatdarlehen gegeben hätten, nicht zutreffend, da nach dem vorhin dargelegten Sachverhalt der Geschäftsgegenstand zwischen XY und den Anlegern der Barschiene eindeutig der anteilige Erwerb von Substanzgenussscheinen gewesen sei. Auf Grund des betrügerischen Handelns des XY habe es sich um ein "Schneeballsystem" gehandelt, bei dem durch die Hingabe der Gelder eine Kapitalforderung der Anleger gegenüber XY entstanden sei. Für die Gewährung von Darlehen habe es keine entsprechenden Vereinbarungen gegeben. Es habe auch keine Vereinbarungen dahingehend gegeben, dass eine Verzinsung dieser Kapitalforderungen in Höhe der anteiligen Depotgewinne der ABC-Substanzgenussscheine erfolgen sollte.
Der Bf. habe als Anleger der so genannten Barschiene XY insgesamt Geldbeträge in Höhe von 280.569,00 Euro zum Erwerb von ABC-Substanzgenussscheinen überlassen. Dies sei auch aus den monatlichen Abrechnungen des XY ersichtlich, in welchen der Erwerb der Substanzgenussscheine samt den dazugehörigen Depotgewinnen vorgetäuscht worden sei. Tatsächlich seien weder die Substanzgenussscheine von XY erworben, noch die Depotgewinne erzielt worden. Von den widerrechtlich angeeigneten Geldbeträgen habe XY 258.000,00 Euro an den Bf. zurückbezahlt, aushaftend sei daher noch eine Kapitalforderung in Höhe von 22.569,00 Euro. Zinsen, die nicht vereinbart worden, bzw. Depotgewinne, die nicht angefallen, sondern nur vorgetäuscht worden seien, seien an den Bf. weder ausbezahlt noch seien diese wiederveranlagt worden.
Von der Abgabenbehörde sei weiters ausgeführt worden, dass ein Zufluss bereits erfolgt sei, wenn die Auszahlung auf Wunsch des Gläubigers verschoben werde, obwohl der Schuldner zahlungswillig und zahlungsfähig sei. Dies setze allerdings voraus, dass überhaupt Zinsen angefallen und gutgeschrieben worden seien. Im gegenständlichen Fall gebe es auf Grund des Nichtvorhandenseins der 12.000 Stück ABC-Substanzgenussscheine weder Depotgewinne noch Zinserträge. Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen, nämlich der Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit, könne bezweifelt werden, dass XY auf Grund seines sehr aufwändigen Lebenswandels (monatliche Fixkosten in Höhe von rund 23.000,00 Euro) tatsächlich zahlungswillig gewesen sei.
Die Abgabenbehörde habe weiters ausgeführt, dass der Anleger das hingegebene Kapital oder Teile davon jederzeit habe zurückfordern können, und laut Urteil des OGH zur Zahl 12 Os 59/11k die Zahlungsunfähigkeit des XY erst mit Anfang Oktober 2008 eingetreten sei. Bei einem Schneeballsystem, das nur deshalb funktioniere, weil mehr Geld einbezahlt als ausbezahlt werde, seien die Verbindlichkeiten des XY von Anfang an als kurzfristig zu bezeichnen, weil die Anleger das hingegebene Kapital oder auch Teile davon jederzeit zurückfordern hätten können. Da keine tatsächlichen Erträge erwirtschaftet worden seien und auf Grund des Umstandes, dass die veruntreuten Gelder unter anderem für den aufwändigen Lebensstil des XY verwendet worden seien, liege nach objektiven Kriterien bereits von Anfang an und nicht erst seit Oktober 2008 Zahlungsunfähigkeit vor. XY sei zu keinem Zeitpunkt in der Lage gewesen, seinen finanziellen Verpflichtungen, die zur Gänze kurzfristig gewesen seien, zur Gänze nachzukommen. Ein Zufluss von Einkünften könne daher nicht begründet werden.
Der steuerliche Vertreter des Bf. beantragte daher, sowohl von der Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen als auch von der Festsetzung von Anspruchszinsen abzusehen. Da von Seiten des Bf. die Direktvorlage gem. § 262 Abs 2 BAO beantragt wurde, wurde die Beschwerde vom Finanzamt ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung innerhalb der Frist von 3 Monaten dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorlegt.
Im Vorlagebericht beantragte die belangte Behörde in der Stellungnahme die Abweisung der Beschwerde und verwies auf die Ausführungen im Betriebsprüfungsbericht vom , auf die Niederschrift von Frau CC und auf das Urteil des LG LG1. Weiters führte die belangte Behörde aus, dass der Bf. unbestrittener Weise nie einen ABC-Genussschein ausgehändigt bekommen habe. Auf Grund dieser Tatsache und auf Grund der Art und Weise wie die beschwerdegegenständliche Veranlagung erfolgt sei und auf Basis der Vorteile der Veranlagung "Barschiene" gehe die Finanzbehörde davon aus, dass der Wille des Bf. immer nur auf eine äußerst lukrative, sonst am Finanzmarkt nicht zu lukrierende Verzinsung seines Investments gerichtet gewesen sei. Es habe daher zw. XY und dem Bf. von Anfang an der Konsens bestanden, die Gelder mit einem besonders lukrativen Zinssatz zu veranlagen. Wie dieser lukrative Zinssatz erreicht werden sollte, sei für den Anleger sekundär gewesen. Jedenfalls hätte es einem durchschnittlich verständigen Anleger klar sein müssen, dass diese Veranlagung in Barbeträgen bei Hrn. XY nichts mit dem Erwerb eines Genussscheines zu tun gehabt habe. Genussscheine würden immer entsprechend ihrem aktuellen Wert gehandelt und daher sei der Einsatz eines beliebigen Geldbetrages völlig undenkbar. Umgekehrt sei auch der Verkauf eines Genussscheines an den aktuellen Marktwert gebunden und könne daher das Investment nicht in beliebigen vom Investor zu bestimmenden Beträgen wieder rückgefordert werden. Genau das sei aber die gelebte Praxis bei Veranlagungen in der "Barschiene" von XY gewesen. Jeder Kunde habe einen beliebigen Betrag bei XY veranlagen können und der Kunde habe sich auch jederzeit wieder einen beliebigen Betrag auszahlen lassen können. Schon auf Grund dieser Tatsachen könne der Beschwerdeführer nicht ernstlich daran geglaubt haben, Genussscheine mit seinem Investment zu erwerben. Es sei weiters darauf hinzuweisen, dass der Bf. auch Veranlagungen direkt bei ABC getätigt habe und ihm daher der Ablauf von Veranlagungen in Genussscheinen bekannt gewesen sei. Es sei dem Bf. daher auch bewusst gewesen, welche finanziellen Vorteile die Veranlagung in der "Barschiene" bei XY gehabt hätte.
Unter Berücksichtigung der einzelnen Rückzahlungen des Hrn. XY an den Bf. aus allen drei Treuhandverträgen, ergebe sich per September 2008 in Summe eine noch offene Kapitalforderung in der Höhe von 22.569,00 Euro, d.h. mit anderen Worten das anfänglich bei Hrn. XY veranlagte Kapital in der Höhe von 280.569,00 Euro sei zum Großteil bereits wieder zurückbezahlt worden. Im Insolvenzverfahren XY habe der Bf. einen Betrag von 65.545,70 Euro angemeldet. Dieser Betrag sei mit Schreiben vom durch den Masseverwalter auch zur Gänze anerkannt worden. Der Betrag von 65.545,70 Euro setze sich zusammen aus der noch offenen Kapitalforderung von 22.569,00 Euro und den Zinsgewinnen der Jahre 2006 bis 2008 in der Höhe von 41.185,11 Euro zuzüglich der im Insolvenzverfahren geltend gemachten Verzugszinsen in der Höhe von 1.791,59 Euro. Hätte es sich bei den im Insolvenzverfahren angemeldeten Zinserträgen tatsächlich um Wertsteigerungen gehandelt, so sei deren Berücksichtigung in der Forderungsanmeldung schon allein deswegen undenkbar, weil die Wertsteigerungen tatsächlich nie realisiert worden wären, zumal keine Verkäufe und darauf folgende Wiederankäufe von Genussscheinen nachweisbar seien. Daher könnten in dem geltend gemachten Betrag der Forderungsanmeldung keine Wertsteigerungen, sondern nur Zinserträge enthalten sein.
Ein zusätzliches Indiz, dass die Veranlagung in wirtschaftlicher Betrachtungsweise auf eine reine Verzinsung ausgerichtet gewesen sei, würden die ungeraden Veranlagungsbeträge der einzelnen Treuhandaufträge bieten. Diese ungeraden Beträge seien offensichtlich deshalb zu Stande gekommen, weil darin bereits die bis zur Wiederveranlagung aufgestauten Zinsen mitveranlagt worden seien. Würden in diesem Betrag Wertsteigerungen des Vermögensstammes stecken, so wäre es äußerst ungewöhnlich die bisherigen Wertsteigerungen wieder erneut mittels eines neuen Treuhandauftrages zu veranlagen, zumal eine Veräußerung der "Genussscheine" zum Zeitpunkt der Treuhandvertragsausstellung nicht nachweisbar sei. Tatsächlich sei es die von XY gelebte Praxis gewesen, bei jeder neuen Veranlagung (Auszahlung oder Einzahlung) eine neue Übernahmebestätigung bzw. einen neuen Treuhandauftrag auszustellen und die bis zum Ausstellungsdatum aufgelaufenen Zinsen im neu veranlagten Betrag mit zu erfassen. Als weiteres Argument für zugeflossene Zinsen sei anzuführen, dass XY bei seinem Veranlagungsmodel auch Anleger gehabt habe, die ihre Zinsen monatlich in bar ausbezahlt bekommen hätten. Diese Anleger verfügten über völlig idente Übernahmebestätigungen bzw. Treuhandaufträge und wäre eine monatliche Barauszahlung der "Wertsteigerung" schon allein aus dem Grund unglaubwürdig, weil es bei einem Genussschein in aller Regel auch zu Wertschwankungen komme. Es sei daher im Falle der Barauszahler undenkbar, dass die ausbezahlten Beträge Wertsteigerungen darstellen würden und keine Zinszahlungen. Daher sei auch bei der beschwerdegegenständlichen Veranlagung in Analogie von Zinsen auszugehen, unterscheiden sich die Veranlagungen ja nur durch die Modalitäten der Zinsauszahlung (Barauszahlung oder Thesaurierung). Bei dem gegenständlichen Fall sei nach den Angaben des Bf. keinerlei Zinsauszahlungen erfolgt, sondern wurden diese thesauriert und bei Neuausstellung des Treuhandvertrages wieder veranlagt. Abschließend bleibe noch festzuhalten, dass die vorgeblichen Treuhandverträge keinerlei Hinweis darauf enthalten würden wer die zu erwerbenden Genussscheine zu verwahren habe bzw. wo diese verwahrt werden sollten. Auch das sei im Rahmen des Erwerbes von Genussscheinen - zumal in dieser Größenordnung - mehr als nur ein ungewöhnliches Vorgehen. Basis für die Umdeutung in ein darlehensähnliches Rechtsgeschäft sei daher die tatsächlich gelebte Praxis und der wahre wirtschaftliche Gehalt der Veranlagung bei Hrn. XY gewesen.
Bezüglich der Zahlungsunfähigkeit des XY verwies die belangte Behörde auf das Urteil des OGH 12Os59/11k, in welchem vom Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des XY mit Anfang Oktober 2008 ausgegangen werde.
Abschließend kam die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung zu dem Schluss, dass die gegenständliche Veranlagung zwar äußerlich in einen Treuhandvertrag gekleidet gewesen sei, dass die gelebte Praxis, also der wahre wirtschaftliche Gehalt, dem Erwerb von Genussscheinen und damit einhergehenden Wertsteigerungen widerspreche und daher Gelder in darlehensähnlicher Art und Weise bei XY veranlagt und dafür auch Zinsen lukriert worden seien.
In der mündlichen Verhandlung gem. § 275 Abs. 7 BAO vom gab der steuerliche Vertrter btr. Zertifikat Nr. 5807 an, dass dieses nicht mehr aufgefunden werden konnte, aber gleich ausgestellt worden sei wie die beiden aktenkundigen Treuhandaufträge.
Der steuerliche Vertreter des Bf. gab auf die Frage wann die erstmalige Kontaktaufnahme mit XY bzw. der XY-GmbH erfolgte an, dass diese im Jänner 2004 erfolgt sei. Nach den Unterlagen des Bf. habe er in der Beschwerde die Aufstellung "Zusammenfassung N.N." (OZ 1, Seite 10 im BFG Akt) verfasst. Die investierten Beträge würden vom Verrechnungskonto der GmbH des Bf. und teilweise aus dem Privatvermögen stammen.
Zur Frage des Richters, ob Gelder bereits ab 2004 veranlagt worden seien, gab der Bf. an, dass er nicht genau sagen könne, wann er das erste Mal mit Herrn XY Kontakt hatte. Herr XY sei zu diesem Zeitpunkt schon sehr bekannt gewesen. Über das Anlagemodell sei gesagt worden, dass eine Verzinsung von 8% - 11% möglich sei und es eine gute Anlage gewesen sei. Auch die Bank habe gemeint, es sei risikoarm. Man habe jederzeit Ein- und Auszahlen können. Herr XY habe ihm gesagt, dass er "ABC-Genussscheine" habe und man sich daran beteiligen könne.
Nach Übergabe von Kopien der Mitteilungen Juli 2007 und Juli 2008 [Beilagen ./2 und ./3 zur NS] an die Verfahrensparteien und Erörterung, dass aus diesen Mitteilungen (Juli 2007 und Juli 2008) eine Erhöhung der Kaufsumme beim Zertifikat Nr. 5234 erkennbar ist, gab der steuerliche Vertreter auf die Frage, wie diese Erhöhung zu erklären ist, an, dass es laut seiner Aufstellung zu keiner Einzahlung gekommen sei. Die neue Kaufsumme setze sich aus der ursprünglichen Einzahlung und der Wertsteigerung, d.s. die Zinsen, die es nicht gegeben habe, zusammen. Der steuerliche Vertreter des Bf. verwies auf OZ 1 Seite 12 im BFG-Akt. Der Vertreter des Finanzamtes teilte mit, dass im Juli 2008 ein neuer Treuhandauftrag ausgestellt worden sei. Die alten Übernahmebestätigungen seien seines Wissens von Herrn XY vernichtet worden. In der Mitteilung Juli 2008 betreffend Wertsteigerung Juni 2008 werde bei Zertifikat Nummer 5234 ein "Neu" ausgewiesen. Der steuerliche Vertrter replizierte, dass er glaube, dass "Neu" zum Ausdruck bringen sollte, dass es sich um ein Geschäft des Herrn XY und nicht der XY-GmbH handeln würde.
Auf die Frage des Richters zu Zertifikat Nr. 5171 vom Juli 2007, wieso der Einzahlungsbetrag gesplittet (50.000,00 Euro und 30.000,00 Euro) und der Bf. sich die Wertsteigerung nicht ausbezahlen lassen habe, gab dieser an, dass er sich nur Geld auszahlen lassen ließ, wenn er Geld gebraucht habe. Der steuerliche Vertretr ergänzte, dass die Zinsen nie ausgezahlt worden seien, nur das Kapital. Es seien an niemanden Zinsen ausbezahlt worden. Da Herr XY die Substanzgenussscheine treuhändig für seine Kunden gehalten habe, könne es keine ausbezahlten Wertsteigerungen gegeben haben.
Zur Frage des Richters, dass in der Beschwerde Seite 7 argumentiert wurde Depotgewinne seien nicht angefallen, sondern nur vorgetäuscht worden, in der "Zusammenstellung" allerdings Depotgewinne iHv gesamt 41.185,11 Euro ausgewiesen und diese gemeinsam mit der Kapitalforderung iHv 22.569,00 Euro und Verzugszinsen iHv 1.791,59 Euro im Insolvenzverfahren XY geltend gemacht und vom Masseverwalter auch anerkannt worden sind, gab der steuerliche Vertreter an: Bei der Anmeldung sei man davon ausgegangen, dass Herr XY über die Substanzgenussscheine verfügt habe, daher sei der Betrag inkl. Wertsteigerung angemeldet worden.
Nach der Befragung hielt der Richter als Sachverhalt fest: Der Bf. hat Bargeldbeträge an XY / XY-GmbH übergeben, damit diese ertragreich veranlagt würden. Das Bargeld sollte laut Übernahmebestätigungen und Treuhandaufträgen dem Ankauf von Genussscheinen dienen. Der Bf. hat drei Zertifikate mit den Nr. 5171, 5234 und 5807 erworben. Die Erträge sind nicht regelmäßig ausbezahlt worden. Wenn es zu Einzahlungen gekommen ist, sind auch die Erträge vereinbarungsgemäß wieder veranlagt worden. Nach jeder Ein- und Auszahlung bzw. Verfügung wurden die alten Übernahmebestätigungen zurückgegeben und neue Übernahmebestätigungen bzw. ab 2008 Treuhandaufträge ausgestellt. Die Kaufsumme in der neuen Übernahmebestätigung / im neuen Treuhandauftrag hat sich aus der vorangehenden Kaufsumme zuzüglich dem Betrag, welcher sich aus der kumulierten Wertsteigerung ergab, zusammengesetzt.
Der steuerliche Vertreter merkte an, dass dies nur so ausgewiesen worden sei. Tatsächlich sei nichts gekauft/verkauft worden. Mit der zusätzlichen Einzahlung habe man geglaubt, neue Substanzgenussscheine zu den alten dazu zu erwerben.
Der Vertreter des Finanzamtes ergänzte, dass es die 12.000 Genussscheine tatsächlich nicht gegeben habe.
Nach Schluss des des Beweisverfahrens führte der Vertreter des Finanzamtes aus: Er verweise auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise. Aufgrund des VwGH-Judikats () werde das Argument des monatlichen Zuflusses der Zinsen nicht mehr aufrecht erhalten. Der VwGH habe das Vorliegen eines darlehensähnlichen Geschäftes bestätigt. Der Zufluss sei immer dann erfolgt, wenn ein neuer Treuhandvertrag ausgestellt worden sei. Entsprechend werde der Antrag auf teilweise Stattgabe der Beschwerde gestellt und für 2007 ein Zufluss iHv 9.218,61 Euro und für 2008 iHv 10.927,99 Euro gestellt.
Der steuerliche Vertreter beantragte unter Verweis auf die Beschwerdeausführungen die Stattgabe der Beschwerde, da man aus einer Vortäuschung nicht auf ein Darlehen schließen könne. Das VwGH-Erkenntnis schreibe, dass es zu einer Umdeutung in ein Darlehen komme, für die es keine Beweise gebe. Die bloße Mitteilung führe zu keinem Zufluss.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Das "XY Barschiene"-System war bereits Gegenstand mehrerer Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht, so ; vom , RV/2100438/2015; vom , RV/2100777/2014; vom , RV/2100778/2014 und vom , RV/2100346/2014. Wie in diesen genannten Verfahren festgestellt und im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ebenfalls vorliegend (BFG-Aktenteil OZ 1, Seite 1) hat der Finanzberater XY zwei Arten von Kapitalveranlagungen angeboten. Einerseits den Erwerb von börsennotierten Substanzgenussscheinen der ABC Invest-AG, bei dem den Anlegern ABC-Zertifikate übergeben wurden und andererseits die Veranlagung in der so genannten "Barschiene", bei der die Anleger Bargeld an XY bzw. an die XY-GmbH übergaben und im Gegenzug dafür in den Jahren bis einschließlich 2007 Übernahmebestätigungen und ab dem Jahr 2008 Treuhandaufträge erhielten. Bei der Veranlagung im Rahmen der "Barschiene" konnte jederzeit Gelder in beliebiger Höhe eingezahlt, aber auch wieder herausgenommen werden. Weder bei der Ein- noch bei der Auszahlung fielen Kosten oder Spesen (z.B. Agio) an. Die "Wertsteigerungen" aus dieser Veranlagung orientierten sich an den Erträgen, die die Substanzgenussscheine der ABC-AG erbrachten. Hinsichtlich der Zuwächse konnten die Anleger jederzeit wählen, ob sie sich diese in bar auszahlen lassen - Variante mit laufender Auszahlung - oder sie weiter veranlagen - Ansparungs-, bzw. Thesaurierungsvariante - wollten.
Über die Höhe ihrer Zuwächse erhielten die Anleger von XY / XY-GmbH monatliche Mitteilungen. Im Beschwerdefall liegen solche Mitteilungen zu den Treuhandaufträgen Nr. 5171 und Nr. 5234 für den Zeitraum Jänner 2007 bis einschließlich September 2008, bezüglich Treuhandauftrag Nr. 5807 für den Zeitraum November 2007 bis einschließlich September 2008 vor. Die Mitteilungen sind zwar nicht an den Bf. adressiert, da aber diese Mitteilungen vom Bf. als Beilagen der Beschwerde vom vorgelegt worden sind, ist von einem Fehler bei der Adressierung auszugehen, zumal die auf den Mitteilungen angegebenen Zertifikatsnummern mit den ebenfalls vorgelegten Treuhandverträgen übereinstimmen.
Laut Schreiben des Bf. vom (BFG-Aktenteil OZ 10, Seite 4) übergab der Bf. mehrere Geldbeträge an XY, die "von ihm ertragreich veranlagt werden" sollten. Es wurde weiters vereinbart "den Zinsertrag sofort wieder zu veranlagen". Somit entsprach die vom Bf. gewählte Form der Barschiene in Bezug auf die Zuwächse des eingesetzten Kapitals der Veranlagungsform der Ansparungsvariante. Hinsichtlich der übergebenen Geldsumme von gesamt 280.569,00 Euro wurde dem Bf. ein Betrag von insgesamt 258.000,00 Euro rückgezahlt (BFG-Aktenteil OZ 1, Seite 7).
Im Beschwerdefall hat der Bf. in das "Anlagesystem" des Herrn XY investiert und konkret jene Veranlagungsform gewählt, bei der der Anleger Bargeld im Rahmen der "Barschiene" direkt bei der "XY Finanzberatung" (bis 2005), der "XY Finanzberatung GmbH" (ab 2006, XY-GmbH) bzw. bei XY (ab 2008) veranlagt hat. Dabei wurden bis 2007 "Übernahmebestätigungen einer Kapitalanlage" ausgestellt, ab dem Treuhandaufträge abgeschlossen (siehe ) und "Wertsteigerungen", deren Höhe sich an Wertsteigerungen der ABC-Zertifikate orientierte, gutgeschrieben. Die Zertifikatsnummern die bei der jeweils ersten Investition in das "Barschiene"-System vergeben wurden änderten sich bei der Umstellung der "Übernahmebestätigung" auf den Treuhandvertrag nicht.
Zwischen Herrn XY und dem Bf. wurden drei Treuhandverträge (Nr. 5171, Nr. 5234, Nr. 5807) abgeschlossen, wobei die Treuhandaufträge Nr. 5171 vom Oktober 2008 und Nr. 5234 vom Juli 2008 als Kopien vorgelegt wurden. Aus den ebenfalls vorliegenden monatlichen Mitteilungen (BFG-Aktenteil OZ 1, S. 14-36), in welchen der Bf. über die jeweilige "Wertsteigerung" zu den einzelnen Zertifikaten informiert wurde, ist ersichtlich, dass Einzahlungen von Beträgen zu den Zertifikaten Nr. 5171 und Nr. 5234 schon seit Juli 2006 erfolgten. Vom Treuhandauftrag Nr. 5807, abgeschlossen im November 2007, liegt keine Kopie vor, jedoch ist diese Zertifikatsnummer ab November 2007 auf jeder Mitteilung ausgewiesen und wurde überdies in der mündlichen Verhandlung vom vom Bf. bestätigt, dass dieser gleich wie die beiden anderen ausgestellt wurde, sodass kein Zweifel auch über den Abschluss dieses Treuhandauftrags gegeben ist.
Dem Bundesfinanzgericht liegen Mitteilungen des XY bzw. der XY-GmbH zu den Zertifikaten Nr. 5171, 5234 und 5807 wie folgt vor:
Zertifikaten Nr. 5171: Zeitraum Jänner 2007 bis einschließlich September 2008,
Zertifikaten Nr. 5234: Zeitraum Jänner 2007 bis einschließlich September 2008,
Zertifikaten Nr. 5807: Zeitraum November 2007 bis einschließlich September 2008.
Stellt man die Informationen aus den Mitteilungen in Tabellenform mit den Spalten
▪ "Monat" = Monat der jeweiligen Mitteilung;
▪ "Kaufdatum" = Jeweils jener Monat in den Mitteilungen, in welchem es zu einer Änderung der Kaufsumme gekommen ist, wobei dies entweder aufgrund
- einer Erst- oder Neuausstellung eines Treuhandauftrags bzw. vor einer Übernahmebestätigung, oder
- einer Ein- oder Auszahlung, welche in der jeweiligen Mitteilung immer in Handschrift vermerkt wurde, erfolgen konnte.
Aus dem "Kaufdatum" ist also jener Monat ersichtlich, in welchem eine neue Veranlagungsperiode beginnt. Der Zeitpunkt der ersten Investition eines Anlegers kann aus dieser Information grundsätzlich nicht herausgelesen werden. Auch aus dem Treuhandauftrag ist grundsätzlich nicht ersichtlich, wie hoch die ursprüngliche Kaufsumme war, bzw. wann die Erstinvestition stattgefunden hat, da die ausgestellten Treuhandaufträge lediglich anstelle der früheren Übernahmebestätigungen traten. Eine Ausnahme bilden jene Fälle, wo noch die erste ausgestellte Mitteilung an den Anleger, welche nach der ersten Investition übermittelt wurde, vorhanden ist. Im Beschwerdefall trifft dies auf das Zertifikat Nr. 5807 zu;
▪ "Wertsteigerung des jeweiligen Monats in %" = in der Überschrift der von Herrn XY an den Bf. gerichteten aktuellen monatliche Mitteilung jeweils als "Wertsteigerung im [Monat] ..." ausgewiesen. Die ausgewiesenen monatlichen Wertsteigerungen bewegten sich in den Beschwerdejahren zwischen 0,390 % und 1,550 %. Die Wertsteigerungen in den Mitteilungen entsprachen den monatlichen Wertsteigerungen des ABC Index (vgl. ABC Newsletter Oktober 2008);
▪ "Wertsteigerung kumuliert in %" = in den Mitteilungen als "Wertsteig." ersichtlich. Dabei wurden die monatlichen %-ellen Wertsteigerungen ab dem jeweiligen Kaufdatum bis zur nächsten Verfügung des Anlegers summiert;
▪"Kaufsumme" = "Kaufsumme" in den Mitteilungen;
▪ "Zugang/Abgang in Euro" = In dieser Spalte ist entweder
- die Wertsteigerung in Euro, in den Mitteilungen als "Depotgewinn" ausgewiesen, oder
- jene Summe einer Ein- oder Auszahlung ersichtlich, welche als handschriftlicher Vermerk in
den Mitteilungen aufscheint;
▪ "Summe Monatsende" = "Depotwert" in den Mitteilungen und
▪ "mtl. [monatlicher] Zuwachs" = Differenzbetrag zwischen den Endsummen des jeweils aktuellen Monats zum Vormonat,
dar, ergibt sich für die einzelnen Zertifikate folgendes Bild:
Zertifikat Nr. 5171:
Die erste in den Unterlagen vorhandene Mitteilung stammt vom Jänner 2007. Hinsichtlich des Kaufdatums dieses Zertifikats wird in der Mitteilung vom Jänner 2007 unter "Kaufdatum" der Juli 2006 angegeben. Nach Abzug der auf der Mitteilung angegebenen "Wertsteigerung" von "+1,06%" läßt sich die Wertsteigerung für Dezember 2006 (= 8,600 - 1,060 = 7,540) und der entsprechende Eurobetrag rückrechnen.
Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, dass das Zertifikat Nr 5171 im Juli 2006 (= "Kaufdatum") um einen Betrag iHv. 36.675,00 Euro erworben wurde. Da laut Angaben des Bf. bzw. seines steuerlichen Vertreters in der mündlichen Verhandlung vom zwar der Kontakt zu XY schon seit 2004 bestanden haben soll, jedoch eine Bestätigung für eine etwaig vor Juli 2006 erfolgte Investition nicht erbracht werden konnte, geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung davon aus, dass die Erstinvestition zu Zertifikat Nr. 5171 im Juli 2006 erfolgte.
Dieser Betrag iHv. 36.675,00 Euro (= "Kaufsumme" in den Mitteilungen) stellt die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Zugangs/Abgangs (= "Depotgewinn" in den Mitteilungen) dar. Im Zeitraum 2007 und 2008 gab es folgende drei Bemessungsgrundlagen ("Kaufsummen"): Von Jänner 2007 bis einschließlich Juni 2007 den Betrag iHv. 36.675,00 Euro, von Juli 2007 bis einschließlich Anfang Jänner 2008 den Betrag iHv. 122.256,94 Euro und von Februar 2008 bis einschließlich September 2008 den Betrag iHv. 119.812,42 Euro.
Der Zugang/Abgang bzw. "Depotgewinn" in den Mitteilungen errechnet sich entweder mittels der jeweiligen kumulierten Wertsteigerung (= "Wertsteig." in den Mitteilungen) oder durch eine vom Anleger veranlassten Ein- bzw. Rückzahlung. Beispielsweise wurde im Jänner 2007 die Wertsteigerung dieses Monats mit 1,06% ausgewiesen. Seit dem Kaufdatum Juli 2006 ergab sich eine kumulierte Wertsteigerung von gesamt 8,60 % bzw. ein Eurobetrag von 3.154,05 Euro (= "Depotgewinn" laut Mitteilung). Aus der "Kaufsumme" iHv. 36.675,00 Euro zuzüglich "Depotgewinn" (= kumulierte Wertsteigerung) iHv. 3.154,05 Euro ergab sich am Ende des Monats Jänner 2007 ein Wert von 39.829,05 Euro, welcher in der Mitteilung als "Depotwert" ausgewiesen wurde.
Der in der obigen Tabelle in der letzten Spalte als monatlicher Zuwachs ausgewiesene Wert ergibt sich aus der Differenz zwischen der Summe am Ende des laufenden Monats abzüglich der Summe am Ende des Vormonats. Im Beispiel Jänner 2007: Summe Ende Jänner 2007 (= laufender Monat) iHv 39.829,05 Euro abzüglich Summe Ende Dezember 2006 (= Vormonat) iHv 39.440,30 Euro ergibt einen Zuwachs für den Monat Jänner 2007 iHv 388,75 Euro.
Beim Zertifikat Nr. 5171 wurden beginnend mit Juli 2006 bis einschließlich Juni 2007 die monatlichen Wertsteigerungen summiert, sodass sich mit Juni 2007 eine kumulierte Wertsteigerung von 15,220 % ergeben hat. Entsprechend errechnete sich im Juni 2007 ein "Depotwert" von 42.256,94 Euro.
Für Juli 2007 wurden zwei Mitteilungen vorgelegt: Auf der ersten Mitteilung ist in Handschrift der Vermerk "+50.000 Euro +30.000 Euro; 122.256,94 Euro" angefügt. In der obigen Tabelle ist dieser Vorgang in der ersten "Jul.07"-Zeile und den Einträgen 80.000,00 in den Spalten "Zugang/Abgang" und 122.256,94 in "Summe Monatsende" ersichtlich. Der Betrag von 122.256,94 Euro stellt gleichzeitig - wie aus der zweiten Mitteilung für den Juli 2017 und in der Tabelle in der zweiten "Jul.07"-Zeile ersichtlich - die neue Bemessungsgrundlage (= "Kaufsumme" in den Mitteilungen) am Beginn des Monats Juli 2007 dar.
Mit Einzahlung der 80.000,00 Euro wurde auch ein neuer Zeitraum für die Wertsteigerung(en) begonnen: Die kumulierte Wertsteigerung im Juni 2007 iHv 15,220 % wurde zurückgesetzt und begann im Juli 2007 mit der für diesen Monat angegebenen 0,950% Wertsteigerung auch die kumulierte Wertsteigerung neu zu laufen (kumulierte Wertsteigerung Juli 2007: 0,950%).
Dieser Vorgang wiederholte sich in den Monaten Jänner und Oktober 2008 im Zuge der jeweils abgebildeten Ein- oder Auszahlungen, wobei für den Jänner 2008 zwei Mitteilungen datiert mit Jänner 2008 und mit Februar 2008 vorliegen. Da aber auch die Februarmitteilung die "Wertsteigerung im Jänner 2008" ausweist, ist für das Bundesfinanzgericht ersichtlich, dass die Aus- und Einzahlung jeweils den Monat Jänner 2008 betroffen haben.
Im Oktober 2008 verringerte sich aufgrund der Auszahlung im Zuge der Ausstellung des Treuhandauftrages der "Depotwert" auf 30.415,82 Euro.
Die Ein- und Auszahlungen für den Zeitraum Juli 2006 bis einschließlich Oktober 2008 stellen sich wie folgt dar:
Somit steht dem Einzahlungsbetrag iHv. gesamt 176.675,00 Euro ein Auszahlungsbetrag iHv. 170.000,00 Euro gegenüber.
Zertifikat Nr. 5234:
Die erste in den Unterlagen vorhandene Mitteilung stammt vom Jänner 2007. Hinsichtlich des Kaufdatums dieses Zertifikats wird in der Mitteilung unter "Kaufdatum" der Juli 2006 angegeben. Nach Abzug der auf der Mitteilung angegebenen "Wertsteigerung" von "+1,06%" läßt sich die Wertsteigerung für Dezember 2006 (= 8,600 - 1,060 = 7,540) und der entsprechende Eurobetrag rückrechnen.
Im Gegensatz zu Zertifikat Nr. 5171 wurden beim Zertifikat Nr. 5234 nach der Einzahlung iHv. 23.894,00 Euro im Juli 2006 keine neuen Geldbeträge durch den Bf. zugeführt. Hingegen wurde mit Verfügung des Bf. im Oktober 2008 eine Auszahlung iHv. 8.000,00 Euro getätigt.
Allerdings ist aus der Tabelle ersichtlich, dass es in den Monaten Juli 2007 und Juli 2008 zu Änderungen der "Kaufsumme" gekommen ist. Für diese beiden Monate liegen auch jeweils zwei Mitteilungen vor. In der ersten Mitteilung vom Juli 2007 betrug die "Kaufsumme" 23.894,00 Euro. In der zweiten Mitteilung vom Juli 2007 wies die "Kaufsumme" zu Zertifikat Nr. 5234 einen Betrag von 27.530,67 Euro auf (Differenz: + 3.636,67 Euro). Gleichzeitig wurde die kumulierte Wertsteigerung von Juni 2007 iHv. 15,220% zurückgesetzt, sodass eine neue Veranlagungsperiode zu laufen begonnen hat.
In der ersten Mitteilung vom Juli 2008 betrug die "Kaufsumme" 27.530,67 Euro. In der zweiten Mitteilung vom Juli 2008 wies die "Kaufsumme" einen Betrag von 30.903,18 Euro auf (Differenz: + 3.372,51 Euro). Gleichzeitig wurde die kumulierte Wertsteigerung von Juni 2008 iHv. 12,250% zurückgesetzt und begann ein neue Veranlagungsperiode zu laufen.
In der mündlichen Verhandlung vom wurde festgestellt, dass im Juli 2008 der Treuhandauftrag zu Nr. 5234 ausgestellt wurde, es somit zu einer Verfügung des Bf. über die kumulierte Wertsteigerung für den Zeitraum Juli 2007 bis Juni 2008 gekommen ist. Diese Verfügung ist für das Bundesfinanzgericht durch den handschriftlichen Vermerk "Neu" auf der ersten Mitteilung vom Juli 2008 erkennbar.
Für das Bundesfinanzgericht ist daraus ableitbar, dass der Bf. auch im Monat Juli 2007 eine entsprechende Verfügung über die Thesaurierung der "Kaufsumme" inkl. der kumulierten Wertsteigerung von Juli 2006 bis Juni 2007 getroffen und eine neue Übernahmebestätigung erhalten hat. Dafür spricht auch der handschriftliche Vermerk "Neu" auf der ersten Mitteilung vom Juli 2007.
Im Oktober 2008 verringerte sich aufgrund der Auszahlung der "Depotwert" auf 23.762,29 Euro. Ein neuer Treuhandauftrag für Oktober ist nicht vorliegend.
Die Ein- und Auszahlungen für den Zeitraum Juli 2006 bis einschließlich Oktober 2008 stellen sich wie folgt dar:
Somit steht dem Einzahlungsbetrag iHv. gesamt 30.903,18 Euro ein Auszahlungsbetrag iHv. 8.000,00 Euro gegenüber.
Zertifikat Nr. 5807:
Dieses Zertifikat unterscheidet sich zu den beiden anderen Zertifikaten dahingehend, dass hier das Zertifikat erstmals in der Mitteilung November 2007 aufscheint, dh, dieses Zertifikat wurde erstmals im November 2007 von Herrn XY ausgegeben bzw. vom Bf. angekauft.
Im Oktober verringerte sich aufgrund der Auszahlung der "Depotwert" auf 9.576,00 Euro. Ein neuer Treuhandauftrag für Oktober ist nicht vorliegend.
Die Ein- und Auszahlungen für den Zeitraum November 2007 bis einschließlich Oktober 2008 stellen sich wie folgt dar:
Wie beim Zertifikat Nr. 5234 wurden beim Zertifikat Nr. 5807 nach der Ersteinzahlung vom Bf. keine neuen Geldbeträge zugeführt und ist eine Auszahlung im Oktober 2008 iHv. 80.000,00 Euro vorgenommen worden. Somit steht dem Einzahlungsbetrag iHv. gesamt 80.000,00 Euro ein Auszahlungsbetrag iHv. 80.000,00 Euro gegenüber.
Aus den vorgelegten Mitteilungen und die auf dieser Basis erstellten oben angeführten Tabellen lassen sich hinsichtlich der einzelnen Zertifikate im Beschwerdezeitraum 2007 und 2008 folgende Verfügungen des Bf. erurieren:
Zertifikat Nr. 5171:
Ein- und Auszahlungen:
Bei der (Erst)Einzahlung im Juli 2006 (das Jahr 2006 ist nicht beschwerdegegenständlich) wurde laut Unterlagen des Bf. ein Betrag von 36.675,00 Euro investiert.
Danach wurden folgende Verfügungen des Bf. in Form von Ein- bzw. Auszahlungen getätigt:
Juli 2007: Einzahlung von 80.000,00 Euro,
Jänner 2008: Auszahlung von 70.000,00 Euro und Einzahlung von 60.000,00 Euro,
Oktober 2008: Auszahlung von 100.000,00 Euro.
Der Depotwert von Oktober 2008 iHv 30.415,82 Euro entspricht dem im Treuhandauftrag Nr. 5171 vom Oktober 2008 ausgewiesenen Betrag.
Zertifikat Nr. 5234:
▪ Ein- und Auszahlungen:
Bei der (Erst)Einzahlung im Juli 2006 (das Jahr 2006 ist nicht beschwerdegegenständlich) wurde laut Unterlagen des Bf. ein Betrag von 23.894,00 Euro investiert.
Danach wurden folgende Ein- bzw. Auszahlungen getätigt:
Oktober 2008: Auszahlung von 8.000,00 Euro.
▪ Sonstige Verfügungen:
Wie bereits oben ausgeführt gab es zu Zertifikat Nr. 5234 bis auf die (Erst)Einzahlung im Juli 2006 keine weitere Zuführung von Geldbeträgen des Bf. von "außen", allerdings veränderte sich der "Depotwert" im Beschwerdezeitraum 2007 und 2008 aufgrund der Verfügungen des Bf. und der Ausstellungen einer Übernahmebestätigung und eines Treuhandauftrages wie folgt:
Juni 2006: 23.894,00 Euro -> Juli 2007: 27.530,67Euro (= 23.894,00 Euro + 3.636,67 Euro)
Juli 2007: 27.530,67Euro -> Juli 2008: 30.903,18 Euro (= 27.530,67Euro + 3.372,51 Euro)
Nach der Auszahlung im Oktober 2008 belief sich der "Depotwert" auf 23.762,29 Euro.
Zertifikat Nr 5807:
Ein- und Auszahlungen:
Bei der Ersteinzahlung im November 2007 wurde laut Unterlagen des Bf. ein Betrag von 80.000,00 Euro investiert.
Danach wurden folgende Ein- bzw. Auszahlungen getätigt:
Oktober 2008: Auszahlung von 80.000,00 Euro.
Der "Depotwert" veränderte sich im Zeitraum November 2007 bis September 2008 von 80.000,00 Euro auf 89.576,00 Euro und betrug im Oktober 2008 nach der Auszahlung 9.576,00 Euro.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Bf. durch die Mitteilungen regelmäßig über die Höhe der aktuellen "Kaufsumme" und des jeweiligen "Depotwerts" informiert wurde.
Für zwei Zertifikate (Nr. 5171, Nr. 5234) sind im Beschwerdezeitraum in den Monaten Juli 2007, Jänner 2008, und Oktober 2008 Ein- oder Auszahlungen erfolgt. Zudem wurden für das Zerifiakt Nr. 5234 im Juli 2007 und Juli 2008 eine neue Übernahmebestätigung bzw. ein Treuhandauftrag ausgestellt.
In den genannten Monaten ergaben sich auch die Änderungen der Kaufsummen, welche in Folge als neue Bemessungsgrundlagen für die weiteren Mitteilungen dienten. Im Oktober 2008 - jener Monat in welchem das XY-System zusammengebrochen ist - wurden keine Mitteilungen mehr ausgestellt.
Beim Zertifikat Nr. 5807 erfolgten je eine Ein- und Auszahlung im November 2007 bzw. im Oktober 2008.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Der Bf. vertritt die Ansicht (BFG-Aktenteil OZ 1, Seite 6), dass er glaubte über dem Weg der Barschiene anteilig ABC-Substanzgenusscheine bei XY bzw. der XY-GmbH in Form von Miteigentum erworben zu haben und anteilig an den Wertsteigerungen beteiligt gewesen zu sein. XY habe angegeben über 12.000 Stück ABC-Substanzgenussscheine zu verfügen, welche in einem Wertpapierdepot verwaltet würden. Dass dies die tatsächliche Geschäftsgrundlage zwischen Herrn XY bzw. der XY-GmbH und dem Bf. gewesen sei, ergebe sich auch aus den monatlichen Abrechnungen des Herrn XY, welche die Nummern der Treuhandaufträge (Nr. 5171, 5234 und 5807), das jeweilige Kaufdatum, die Kaufsummen, die Wertsteigerungen in Prozent, die Depotgewinne und die Depotwerte der dem Bf. gehörenden ABC-Substanzgenussscheine enthalten würden. Tatsächlich besaß XY bzw. die XY-GmbH aber diese Substanzgenussscheine nicht. Es habe sich um ein betrügerisches Schneeballsystem gehandelt, weshalb auch keine Eigentumsübertragung und kein Miteigentum möglich gewesen sei. Entsprechend seien auch keine Depotgewinne bzw. Zinsen im Zusammenhang mit der Kapitalforderung angefallen und können auch kein (fiktiver) Zufluss von Einkünften aus Kapitalvermögen unterstellt werden. Da aufgrund des Schneeballsystems keine tatsächlichen Einnahmen (Erträge) erwirtschaftet und die veruntreuten Gelder u. a. für den aufwendigen Lebensstil des Herrn XY verwendet worden seien, hätte nach objektiven Kriterien bereits von Anfang an Zahlungsunfähigkeit und nicht erst im Oktober 2008 bestanden. Tatsächlich habe der Bf. weder Zinsen ausbezahlt bekommen noch habe er diese wiederveranlagt und seien die Voraussetzungen für eine Zuflussfiktion (Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit) nicht vorgelegen.
Demgegenüber sieht die belangte Behörde in wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein darlehensähnliches Rechtsgeschäft vorliegend. Sie setzte zu den drei Zertifikaten nicht endbesteuerungsfähige Einkünfte aus Kapitalvermögen für das Jahr 2007 in Höhe von 15.232,66 Euro und für das Jahr 2008 in Höhe von 21.385,55 Euro fest, indem sie die in den monatlichen Mitteilungen von Herrn XY bzw. der XY-GmbH ausgewiesenen "Depotgewinne" als Zinsen beurteilte.
Zur Begründung führt die belangte Behörde aus, dass der Wille des Bf. immer nur auf eine äußerst lukrative, sonst am Finanzmarkt nicht zu lukrierende Verzinsung seines Investments gerichtet gewesen sei und habe zw. XY und dem Bf. von Anfang an der Konsens bestanden, die Gelder mit einem besonders lukrativen Zinssatz zu veranlagen. Da jeder Kunde einen beliebigen Betrag bei XY veranlagen und auch jederzeit wieder einen beliebigen Betrag auszahlen lassen habe können, habe der Bf. nicht ernstlich daran glauben können, Genussscheine mit seinem Investment zu erwerben, denn Genussscheine würden immer entsprechend ihrem aktuellen Wert gehandelt.
Im Insolvenzverfahren des XY habe der Bf. einen, vom Masseverwalter anerkannten Betrag von 65.545,70 Euro (BFG-Aktenteil OZ 8) - Kapitalforderung 22.569,00 Euro; Zinsgewinnen der Jahre 2006 bis 2008 41.185,11 Euro [= 4.566,91 Euro + 15.232,66 Euro + 21.385,55 Euro]; Verzugszinsen 1.791,59 Euro (BFG-Aktenteil OZ 1, Seite 10) - angemeldet. Hätte es sich bei den im Insolvenzverfahren angemeldeten Zinserträgen idH von 41.185,11 Euro tatsächlich um Wertsteigerungen gehandelt, so sei deren Berücksichtigung in der Forderungsanmeldung schon allein deswegen undenkbar, weil die Wertsteigerungen tatsächlich nie realisiert worden wären, zumal keine Verkäufe und darauf folgende Wiederankäufe von Genussscheinen nachweisbar seien. Daher könnten in dem geltend gemachten Betrag der Forderungsanmeldung keine Wertsteigerungen, sondern nur Zinserträge enthalten sein.
Ein weiters Indiz, dass die Veranlagung in wirtschaftlicher Betrachtungsweise auf eine reine Verzinsung ausgerichtet gewesen sei, würden die ungeraden Veranlagungsbeträge der einzelnen Treuhandaufträge bieten, da diese offensichtlich deshalb zu Stande gekommen seien, weil darin bereits die bis zur Wiederveranlagung aufgestauten Zinsen mitveranlagt worden seien.
In der mündlichen Verhandlung vom revidierte die belangte Behörde aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/15/0090, ihre Rechtsansicht dahingehend, dass das Argument des monatlichen Zuflusses der Zinsen nicht mehr aufrecht erhalten wurde, sondern ein solcher immer dann erfolgt sei, wenn ein neuer Treuhandvertrag ausgestellt worden sei.
Gemäß § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 in der für die Streitjahre geltenden Fassung sind Zinsen und andere Erträgnisse aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, zum Beispiel aus Darlehen, Anleihen, Einlagen, Guthaben bei Kreditinstituten und aus Ergänzungskapital im Sinne des Bankwesengesetzes oder des Versicherungsaufsichtsgesetzes, Einkünfte aus Kapitalvermögen, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 EStG 1988 gehören.
Gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988, erster Satz, werden Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.
Zufolge § 21 Abs. 1 BAO ist für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Der Tatbestand des § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 ist weit gefasst. Darunter werden die laufenden Kapitalerträge aus Fremdkapitalinstrumenten erfasst (vgl. Kirchmayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG-Kommentar16, § 27 Tz 65). Die wichtigsten Kapitalfrüchte sind Zinsen. Dabei handelt es sich um das wirtschaftliche Nutzungsentgelt für die Kapitalüberlassung, egal wie es im Einzelfall bezeichnet wird (Quantschnigg/Schuch, ESt-Handbuch, § 27 Tz 21). Neben vertraglichen oder gesetzliche Zinsen zählt auch eine laufend ausbezahlte Wertsicherung dazu (Kirchmayr, a.a.O., Tz 70 mwH).
Bis zum BudBG 2011, BGBl I 2010/111, unterlagen im Bereich der außerbetrieblichen Einkunftsarten lediglich die Früchte aus Kapitalvermögen (Einkünfte aus der Überlassung von Kapital, zB Zinsen oder Dividenden) der Kapitalbesteuerung, nicht hingegen positive wie negative Einkünfte, die aus dem Verkauf, der Einlösung oder sonstiger Abwicklung der Substanz selbst stammten (Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen wie z.B. Gewinne aus der Veräußerung von Aktien, GmbH Anteilen und Forderungswertpapieren).
Entsprechend ist bis zur Rechtslage vor BudBG 2011 zwischen laufenden Kapitalerträgen und Substanzgewinnen zu differenzieren, da Wertschwankungen des Vermögensstamms nur in Ausnahmefällen als Einkünfte aus Spekulationsgeschäften erfasst wurden (vgl. Kirchmayr-Schiesselberger/Finsterer/Hofstätter/Polivanova-Rosenauer/Schuchter-Mang, Handbuch der Besteuerung von Kapitalvermögen in der Praxis2, Kap. 5.6.1 und 5.6.3, Stand , rdb.at; Mühlehner in Hofstätter/Reichel, Einkommensteuer: Kommentar56, § 27 Abs. 1, Tz 5f und § 27 Abs. 3, Tz 1).
Bezüglich des gegenständlichen Falles bedeutet dies, dass nur die Erträgnisse des Kapitalstammes von Bedeutung sind, nicht hingegen der Kapitalstamm selbst, seine Wertsteigerungen und Wertminderungen (vgl. ).
Das Anlagesystem des XY bildete auch Gegenstand von Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und dem Verwaltungsgerichtshof.
Die ordentlichen Gerichte befassten sich mit dem System des XY und den insolvenzrechtlichen Auswirkungen des ABC-Genussscheinsystems - XY war bis Vorstand der ABC Invest AG - wie folgt:
Im Verfahren vor dem LG LG1, xxx, wurde XY mit Urteil vom der Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 zweiter Fall StGB und der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB und des Vergehens der Begünstigung eines Gläubigers nach § 158 Abs 1 StGB schuldig erkannt [siehe , abrufbar über das "Rechtsinformationssytem des Bundes" - RIS]. Der Urteilsfindung zugrunde gelegt wurde das Gutachten des Sachverständigen Dr. Fritz Kleiner, in welchem das "XY Barschiene"-System begutachtet wurde.
Zu diesem Verfahren erging mit zu 12 Os 59/11k [abrufbar über RIS] ein Zurückweisungsbeschluss des OGH, in welchem u.a. den Feststellungen des LG LG1, dass die Zahlungsunfähigkeit des XY mit Oktober 2008 eingetreten ist und er danach drei Gläubigern zwischen Anfang Oktober bis Auszahlungen leistete, nicht entgegengetreten wurde.
Im Urteil vom , 8 Ob 28/14x [abrufbar über RIS], entschied der OGH, dass keine Insolvenzforderung auf einen Scheingewinn aus einem nichtigen Wertpapiergeschäft zusteht. Die Anleger, die dem ABC-System zum Opfer fielen, können ihr investiertes Geld - welches sich aus dem Ankaufspreis der Genussscheine zuzüglich dem von den Klägern bezahlten Agio sowie 4 % Zinsen p.a. (bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens) ergibt - nicht jedoch den erhofften Scheingewinn zurückverlangen (dh lediglich Ersatz des Vertrauensschadens). Im Urteil wurde u. a. festgehalten, dass die Methode eines Verkaufs von Wertpapieren an gutgläubige Investoren mit dem werbewirksamen Versprechen, die Papiere zu einem höheren Preis zurückzukaufen (wofür idR die Mittel aus dem Verkauf weiterer Wertpapiere eingesetzt werden), bei entsprechendem Vorsatz den strafrechtlichen Vorwurf des gewerbsmäßigen Betrugs ("Ponzi scheme") und Nichtigkeit nach § 879 ABGB begründet und der Rückkaufsoptionspreis ein reines Fantasieprodukt darstellt, welches zu den Wesenselementen des Betrugssystems gehört.
Im Verfahren vor dem LG LG2, xxx [zweiter Rechtsgang], wurde mit Urteil vom festgestellt, dass der klagenden Partei im Insolvenzverfahren der ABC Gruppe AG eine Insolvenzforderung zusteht, da nach § 1313a ABGB (Einstandspflicht/Haftung für Erfüllungsgehilfen) iVm § 2 Abs 1 Z 15 WAG 2007 die beklagte Partei zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, da sie für das Verschulden der Finanzdienstleistungsassistenten, deren sie sich bei der Erbringung der Wertpapierdienstleistungen bedient hat, haftet.
Schließlich hat der OGH in einem weiteren Urteil vom , 1 Ob 73/16s, eine Amtshaftung für etwaige Versäumnisse der Aufsicht verneint, weshalb die ABC-Anleger ihren Vermögensschaden selbst zu tragen haben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in folgenden Judikaten mit dem "Barschiene-System" des XY befasst:
▪ : Mit Beschluss vom , lehnte der VwGH eine Behandlung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG idF BGBl. I Nr. 51/2012 mit der Begründung ab, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist und die gegenständliche Beweiswürdigung der belangten Behörde der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof standgehalten hat. In der diesem Beschluss zugrundeliegenden Entscheidung des -G/11, hat der UFS festgestellt, dass der Berufungswerber offene Forderungen an seinen Geschäftspartner (Schuldner) hatte, von diesem drei Kapitalanlagen mit Kapital -und Rückkaufgarantie (jew. "Übernahmebestätigung einer Kapitalanlage") erworben hatte und Zinsen für diese Veranlagungsform lukrierte.
▪ : Mit Beschluss vom wurde die erhobene Revision vom VwGH - ohne in die Sache inhaltlich einzugehen - mangels Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückgewiesen.
▪ : Im Erkenntnis vom wurde die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom , RV/2100778/2014 (gleich , zu ), aufgehoben. In diesem Erkenntnis setzte sich der Verwaltungsgerichtshof inhaltlich mit der Beurteilung des Barschiene-Systems wie folgt auseinander:
"22 Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 Zinsen und andere Erträgnisse aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen somit alle Vermögensvermehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für eine Kapitalnutzung darstellen. Unerheblich ist es, ob der Überlassung von Kapital ein Darlehensvertrag oder ein anderer Titel zu Grunde liegt (vgl. zu Verzugszinsen Ra 2014/15/0018).
23 Einnahmen sind dann als zugeflossen anzusehen, wenn der Empfänger rechtlich und wirtschaftlich über sie verfügen kann. Der Gläubiger verfügt (auch dann) über einen Geldbetrag, wenn die Auszahlung des Geldbetrages auf Wunsch des Gläubigers verschoben wird, obwohl der Schuldner zahlungswillig und zahlungsfähig ist. Der Zufluss ist damit bereits in diesem Zeitpunkt (Fälligkeitstag) erfolgt. Ist eine Auszahlung grundsätzlich möglich, entscheidet sich der Gläubiger aber - wenn auch nach Überredung durch den Schuldner - die fälligen Erträge wieder zu veranlagen, so ist der Zufluss im Sinne des § 19 EStG 1988 durch die Verfügung der Wiederveranlagung in diesem Zeitpunkt erfolgt. Der wiederveranlagte Ertrag bildet eine neue Einkunftsquelle (oder einen Teil einer Einkunftsquelle), deren Untergang auf die Steuerpflicht früher zugeflossener Erträge steuerlich keine Auswirkung hat. Ein nachfolgender Verlust auch des neuerlich eingesetzten Kapitals ist steuerlich unbeachtlich (vgl. , mwN) ...
29 Welche tragfähigen Feststellungen dafür sprächen, dass sich der Revisionswerber monatlich fällige 'Wertsteigerungen' habe zusagen lassen, die er 'wiederveranlagt' habe, ist dem angefochtenen Erkenntnis allerdings nicht zu entnehmen. Im Prüfungsbericht findet sich die Ablichtung einer jener monatlichen Mitteilungen, mit welcher der Revisionswerber und seine Ehefrau über die 'Wertsteigerung' ihres Treuhandauftrages informiert wurden. Darin sind das Kaufdatum, die Kaufsumme, die Wertsteigerung (die 'monatlichen Wertsteigerungen' offenbar summiert ab dem jeweiligen Kaufdatum, wobei in der Überschrift die aktuelle monatliche Wertsteigerung aufscheint), der Depotgewinn und der Depotwert ausgewiesen. Weiters wird im Prüfungsbericht die Aussage einer Mitarbeiterin des X wiedergegeben, wonach 'sofern der Kunde nur einen Teilbetrag wollte, wurde dieser Betrag vom eingezahlten Betrag inkl. Wertsteigerungen abgezogen und ein neuer Trauhandauftrag mit dem Datum der Auszahlung mit dem nun neuen Betrag ausgefertigt'. Eine monatlich fällige Verzinsung über die der Anleger durch Wiederveranlagung verfügt habe, ist daraus nicht ableitbar.
30 Lediglich für das Jahr 2008 wurden vom Prüfer Feststellungen über erfolgte Auszahlungen verbunden mit der Erteilung eines neuen Treuhandauftrages getroffen, die im Sinne der angeführten Vorjudikatur als Zufluss iSd des § 19 EStG 1988 beurteilt werden durften. Doch liegt auch der Schätzung der Einkünfte aus Kapitalvermögen für das Jahr 2008 offenkundig die Ansicht zu Grunde, dass bereits die bloße Mitteilung von 'Depotgewinnen' zu einem Zufluss führt und - zu Gunsten des Revisionswerbers - 'ohnehin' nur von einem Kapitaleinsatz von 200.000,00 Euro ausgegangen worden sei.
31 Somit geht auch die Schätzung der Einkünfte für das Jahr 2008 von einer unrichtigen Rechtsansicht aus, wobei nach der Lage des Falles nicht ohne Weiteres gesagt werden kann, dass sich dieser Umstand nur zu Gunsten des Revisionswerbers auswirken konnte ..."
Die Aussagen des Verwaltungsgerichtshofs im Erkenntnis vom , Ra 2018/15/0090, lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Rz 22: Der Verwaltungsgerichtshof stellt seinen weiteren rechtlichen Erwägungen die Definition der Einkünfte aus Kapitalvermögen voran. Zentrales Element bei diesen Einkünften ist die Vermögensvermehrung, unerheblich hingegen der Titel der Kapitalüberlassung (Darlehensvertrag oder ein anderer Titel).
Rz 23: Als Zuflusszeitpunkt der Einnahmen wird jener Zeitpunkt beurteilt, in dem vom Gläubiger (= jeweilige Anleger) über die Wiederveranlagung fälliger Erträge verfügt wird. Der wiederveranlagte Ertrag bildet eine(n neue Teil der) Einkunftsquelle, deren Untergang auf die Steuerpflicht früher zugeflossener Erträge steuerlich keine Auswirkung hat.
Rz 29 zeigt die vom Bundesfinanzgericht im fortgesetzten Verfahren noch zu eruierenden Punkte auf: So fehlen die Feststellung btr. Zusage für "monatlich fällige Wertsteigerungen" (die der Revisionswerber dann wiederveranlagt hat), und dass der Anleger über die monatlich fällige Verzinsung durch Wiederveranlagung verfügt hat. Die monatlichen Mitteilungen stellen kein Nachweis einer monatlichen Verzinsung dar.
In Rz 30 wird für das Jahr 2008 festgestellt, dass bzgl. Zuflusszeitpunktes eine richtige Feststellung getroffen wurde - als Zuflusszeitpunkt wurde die erfolgte Auszahlung verbunden mit der Erteilung eines neuen Treuhandauftrages festgestellt -, allerdings zwei Fehler im Rahmen der Schätzung begannen wurden: Zum einen wurde letztlich ein zu früher Zuflusszeitpunkt herangezogen, da der Prüfer ausführte, dass "bereits die Mitteilung von Depotgewinnen zum Zufluss führt". Zum anderen wurde vom Prüfer lediglich von einem Kapitaleinsatz von 200.000,00 Euro ausgegangen.
Aus diesen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs können unter Heranziehung des gesamten Revisions-Sachverhaltes zu Ra 2018/15/0090 hinsichtlich des "XY Barschiene"-Systems folgende rechtliche Schlüsse gezogen werden:
- In den XY "Barschiene-System"-Fällen ist als Gläubiger der jeweilige Anleger, als Schuldner XY anzusehen.
- Der Verwaltungsgerichtshof verweist in seiner Begründung in Rz 22 auf § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 und das Erkenntnis . Im Erkenntnis vom hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass zu den Einkünften aus Kapitalvermögen alle Vermögensmehrungen gehören, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für eine Kapitalnutzung darstellen und es unerheblich ist, ob der Überlassung von Kapital ein Darlehensvertrag oder ein anderer Titel zu Grunde liegt. Selbst eine vom Schuldner erzwungene Kapitalüberlassung führt zu Einkünften aus Kapitalvermögen.
Infolge dieser Verweise im VwGH-Judikat (auf das Judikat bzw. auf § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988) ist zu schließen, dass der Verwaltungsgerichtshof im Revisionsfall Ra 2018/15/0090 dem Grunde nach Einkünfte aus Kapitalvermögen als zugeflossen ansieht, da eine Vermögensvermehrung gegeben ist, die Entgelt für eine Kapitalnutzung darstellt.
Damit ist im gegenständlichen Beschwerdeverfahren in Folge auch nicht auf die Frage, ob nun eine Darlehenskonstruktion vorliegt oder nicht, einzugehen, wie (nochmals) aus Rz 22 ersichtlich: "... Unerheblich ist es, ob der Überlassung von Kapital ein Darlehensvertrag oder ein anderer Titel zugrunde liegt".
Im Übrigen judiziert auch der deutsche Bundesfinanzhof, dass es unerheblich ist, ob der Überlassung von Kapital ein Darlehensvertrag oder ein Kaufvertrag oder ein anderer Rechtsgrund zugrunde liegt (vgl. BFH , VIII R 210/83).
- In Rz 29 wird angesprochen, dass der Anleger über die monatlich fällige Verzinsung durch Wiederveranlagung verfügt. Da die Verzinsung am Kapital gebunden ist, und sich dieses Kapital im Revisionsfall im Vergleich zur Ersteinzahlung (diese betrug im Revisionsfall 200.000,00 Euro) erhöht hat, hat auch die Verzinsung auf Grundlage des jeweils höher werdenden Kapitals zu erfolgen. Zur Berechnung der Verzinsung ist somit nicht der Kapitalstand der Erstinvestition (im Revisionsfall 200.000,00 Euro) heranzuziehen, sondern der sich durch Thesaurierung bzw. mittels Einzahlung jeweils höhere oder durch Auszahlung niedrigere und damit geänderte Kapitalbetrag.
- Zu Rz 23: Wird die Auszahlung eines fälligen Geldbetrags auf Wunsch des Gläubigers verschoben, obwohl der Schuldner zahlungswillig und zahlungsfähig ist, liegt eine Vorausverfügung vor und der Zufluss ist bereits in diesem Zeitpunkt erfolgt (siehe dazu auch Peyerl in Jakom EStG14, § 19 Rz 26 mit Verweis auf ).
- Ist eine Auszahlung grundsätzlich möglich, entscheidet sich der Anleger aber für die Wiederveranlagung, so liegt ein Zufluss durch Verfügung vor. Dies gilt auch bei einem Schneeballsystem, bei dem der Anleger vom Betrüger zur "Wiederveranlagung überredet" wird (vgl. Marschner in Jakom EStG14, § 27 Rz 22 mwH ua auch auf ).
- Aus der Formulierung in Rz 31 "Somit geht auch die Schätzung der Einkünfte für das Jahr 2008 von einer unrichtigen Rechtsansicht [= "Mitteilung" als Zufluss, Heranziehung nur der Erstzahlung iHv 200.000,00 Euro bei der Ermittlung des Kapitaleinsatzes] aus, wobei nach der Lage des Falles nicht ohne Weiteres gesagt werden kann, dass sich dieser Umstand nur zu Gunsten des Revisionswerbers auswirken konnte" ergibt sich, dass bei Ermittlung des korrekten Zuflusszeitpunktes nicht die "Mitteilung von Depotgewinnen" als Zuflusszeitpunkt zu werten ist und bzgl. der richtigen Schätzung der Höhe der Einkünfte jedenfalls nicht nur der erstmalige Kapitaleinsatz heranzuziehen ist.
Auch der deutsche Bundesfinanzhof hat sich in mehreren Entscheidungen mit dem Zufluss von Kapitaleinnahmen aus Schneeballsystemen auseinandergesetzt (vgl. Pressemitteilung BFH vom zum BFH Urteil vom , VIII R 17/17).
Im Urteil vom , VIII R 25/12 veröffentlichte der BFH zwei Leitsätze:
"1. Gutschriften aus Schneeballsystemen führen zu Einnahmen aus Kapitalvermögen, wenn der Betreiber des Schneeballsystems bei entsprechendem Verlangen des Anlegers zur Auszahlung der gutgeschriebenen Beträge leistungsbereit und leistungsfähig gewesen wäre (Bestätigung der Rechtsprechung).
2. An der Leistungsbereitschaft des Betreibers des Schneeballsystems kann es fehlen, wenn er auf einen Auszahlungswunsch des Anlegers hin eine sofortige Auszahlung ablehnt und stattdessen über anderweitige Zahlungsmodalitäten verhandelt. Einer solchen Verweigerung oder Verschleppung der Auszahlung steht es nicht gleich, wenn der Betreiber des Schneeballsystems den Anlegern die Wiederanlage nahelegt, um den Zusammenbruch des Schneeballsystems zu verhindern, die vom Anleger angeforderten Teilbeträge jedoch auszahlt."
Weiters führt der BFH in der Rz 23 aus:
"a) Der Senat hält daran fest, dass auch Gutschriften über wiederangelegte Renditen in Schneeballsystemen zu Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 EStG führen (...), wenn der Schuldner der Erträge leistungsbereit und leistungsfähig ist."
Somit hält der BFH fest, dass auch Kapitaleinkünfte aus vorgetäuschten Gewinnen im Rahmen eines Schneeballsystems der Besteuerung unterliegen, wenn der Anleger über diese, z.B. durch eine Wiederanlage, verfügen kann und der Schuldner der Kapitalerträge zu diesem Zeitpunkt leistungsbereit und leistungsfähig ist. Dies gilt auch dann, wenn das Schneeballsystem zu einem späteren Zeitpunkt zusammenbricht und der Anleger sein Geld verliert.
Diese ständigen Rechtssprechung erfährt auch durch die Urteile vom , VIII R 17/17 und vom , VIII R 42/18, keine Änderung. In den dort zugrundeliegenden Fällen gaben Anlagebetrüger gegenüber den Anlegern an, Kapitalertragsteuer auf die Gewinne an den Fiskus abgezogen, angemeldet und abgeführt zu haben. Der BFH hat in den beiden letztgenannten Urteilen ausgesprochen, dass Scheingewinne aus Schneeballsystemen nicht der Einkommensteuer unterliegen, wenn Anlagebetrüger ihren Kunden die Abführung der Kapitalertragsteuern durch eine falsche Abrechnung vortäuschen. In den Fällen des XY-Systems wurde aber keine solchen Scheinsteuerzahlungen vorgetäuscht, sodass die diesbezüglichen Aussagen aus der jüngste Judikatur des BFH auf den Beschwerdefall keine Auswirkung haben.
Nur ergänzend wird festgestellt, dass es sich beim XY- System um ein "Ponzi-Schema" handelt (siehe ). Im Unterschied zu einem Schneeballsystem oder Pyramidenspiel, bei dem zur Wahrung oder Erhöhung der eigenen Gewinnchance die Anwerbung neuer Mitspieler notwendig und durch die Anzahl der vorhandenen Interessenten begrenzt ist, wird das "Ponzi-Schema" durch den Verkauf von Wertpapieren an gutgläubige Anleger mit dem Versprechen des Rückkaufs zu höherem (nicht mit dem wahren Marktwert korrespondierendem) Preis verwirklicht. Hierzu werden zwar in der Regel die Mittel aus weiteren Verkäufen eingesetzt, doch muss der Käufer keine weiteren Interessenten anwerben (vgl. Rohrer, Nichtige Rückkaufsoption des betrogenen Anlegers, in EvBl-LS 2015/54 Heft 7; mwH). Ob man nun das XY-System der Geldveranlagung, bei dem die von Neukunden eingezahlten Beträge für die Begleichung der Forderungen der Altkunden verwendet werden, als "Schneeballsystem" (wie der BFH) oder als "Ponzi-Schema" bezeichnet, ist allerdings für die steuerliche Beurteilung des vorliegenden Falles nicht entscheidend.
Nachdem im Revisionsfall Ra 2018/15/0090 - ebenso - der Revisionswerber Geld bei XY in Form der "Barschiene" veranlagt hat (im Revisionsfall lag die "Ansparvariante" vor) hat und der Verwaltungsgerichtshof über dieses "betrügerische Genussscheinmodell eines Finanzberaters" (Bleyer in ÖStZB 2020/120, Heft 13 v. , S. 335) abgesprochen hat, sind gleichgeartete Fälle rechtlich ebenso zu behandeln.
Wie im Revisionsfall Ra 2018/15/0090 wurde im Beschwerdefall vom Bf. Bargeldbeträge dem XY bzw der XY-GmbH übergeben, damit diese "ertragreich veranlagt werden" (BFG-Aktenteil OZ 10, Seite 4). Diese Erträge, die vom Bf. selbst als "Zinsertrag" bezeichnet wurden, sollten im Beschwerdefall nicht regelmäßig ausbezahlt, sondern auf Wunsch des Bf. wieder veranlagt werden ("Vereinbart war jedoch, den Zinsertrag sofort wieder zu veranlagen", nochmals BFG-Aktenteil OZ 10, Seite 4).
Das hingegebene Bargeld sollte laut Übernahmebestätigungen dem Ankauf von als "Zertifikate" bezeichnete Genussscheinen ("... ABC Index Zertifikate gekauft, ...") bzw. laut den ab 2008 die Übernahmebestätigungen ablösenden Treuhandaufträgen der "Veranlagung von Substanzgenussscheinen" [bei der ABC Invest AG] und damit ebenfalls den Ankauf dienen (VwGH Ra , 2018/15/0090, mit Verweis auf das Urteil des LG LG2 vom , xxx). Weder aus der Diktion in den Übernahmebestätigungen noch aus jenen der Treuhandaufträge (s. BFG-Aktenteile OZ 6 und 7) lässt sich wie in der Beschwerde und der mündlichen Verhandlung argumentiert (BFG-Aktenteil OZ 1, Seite 4) eine Beteiligung an den angeblich in seinem Besitz befindlichen 12.000 Stück ABC-Substanzgenussscheine des XY erkennen, weshalb auch daraus kein Miteigentum ableitbar ist - der Bf. verneint in Folge in der Beschwerde übrigens selbst die Begründung von Miteigentum (BFG-Aktenteil OZ 1, Seite 6). Vielmehr sollten Genussscheine angekauft werden.
Aus dem Verfahrensgang und dem Sachverhalt ist zudem ersichtlich, dass der Bf. in unregelmäßigen Abständen zu den einzelnen Zertifikaten Verfügungen getroffen hat. Aus den Mitteilungen ist für das BFG ersichtlich, dass bei jeder Ein- und Auszahlung auch der bis dahin bestandene Treuhandauftrag, bzw. bis 2008 die Übernahmebestätigungen, eingelöst und ein neuer Treuhandauftrag abgeschlossen wurde. Die Kaufsumme des neuen Treuhandauftrags setzte sich aus der vorangehenden Kaufsumme zuzüglich dem Betrag, welcher sich aus der kumulierten Wertsteigerung ergab, zusammen, wie am Zertifikat Nr. 5171 beispielhaft dargestellt wird:
Nach der ersten vorliegenden Mitteilung vom Jänner 2007 erfolgte der Ankauf des Zertifikats Nr. 5171 um 36.675,00 Euro im Juli 2006. Die bis Juni 2007 kumulierte Wertsteigerung belief sich auf 15,220 % bzw. 5.581,94 Euro (= "Depotgewinn" in den Mitteilungen). Da der Bf. die "Ansparvariante" wählte wurde die in den Mitteilungen ausgewiesene Wertsteigerung nicht ausbezahlt, sondern wiederveranlagt. Der "Depotwert" im Juni 2007 betrug somit 42.256,94 Euro (= 36.675,00 + 5.581,94).
Im Juli 2007 wurde vom Bf. eine Einzahlung iHv. 80.000,00 Euro getätigt und es erfolgte die Neuausstellung einer Übernahmebestätigung iHv. 122.256,94 Euro (Aussage der steuerlichen Vertretung in der mündlichen Verhandlung vom ; BFG-Aktenteil OZ 1, Seite 30). Diese Kaufsumme setzte sich somit aus der ursprünglichen Kaufsumme iHv 36.675,00 Euro zuzüglich der kumulierten, nicht ausbezahlten, d.h., wiederveranlagten Wertsteigerung von Juli 2006 bis einschließlich Juni 2007 iHv 5.581,94 Euro zuzüglich der Einzahlung iHv 80.000,00 Euro zusammen.
Ebenso wurde vom Bf. im Jänner und Oktober 2008 vorgegangen und wurden mit der Erteilung der (nunmehr statt der Übernahmebestätigungen ausgehändigten) Treuhandaufträge neue Kaufsummen - 119.812,42 Euro (Jänner), 30.415,82 Euro (Oktober) - geleistet und die Verfügung zur Wiederveranlagung der Wertsteigerungen getroffen.
Desgleichen wurden vom Bf. hinsichtlich des Zertifikats Nr. 5234 Verfügungen im Juli 2007, Juli 2008 und Oktober 2008 getroffen und bezüglich des Zertifikats Nr. 5807 im Oktober 2008.
Wie bereits dargestellt, wurde für das Zertifikat Nr. 5171 im Jänner 2008 und Oktober 2008 an den Bf. ein Gesamtbetrag iHv. 170.000,00 Euro ausbezahlt. Dieser Betrag wurde vom Bf. als "Rückzahlung Kapital" tituliert (siehe BFG-Aktenteil OZ 1, Seite 10).
Allerdings erfolgte die erste Auszahlung von Jänner 2008 ausgehend von einem Depotwert von 129.812,42 Euro und die zweite Auszahlung vom Oktober 2008 von einem Depotwert von 130.415,82 Euro. Diese Beträge setzten sich aus Kapital (Einzahlungen) und den kumulierten Wertsteigerungen zusammen. Der Schuldner, XY, verwendete jedoch in den ab 2008 ausgestellten Treuhandaufträgen (siehe BFG-Aktenteile OZ 6 und 7) nicht den Begriff "Wertsteigerungen", sondern wurden im Punkt "Hinweis" auf Renditen verwiesen ("... Renditen der Vergangenheit sind keine Garantie für die Zukunft").
Die Rendite ist der (jährliche) Gesamtertrag eines angelegten Kapitals. Sie wird in Prozent des angelegten Kapitals gemessen und gibt bei Wertpapieren die effektive Verzinsung an (vgl. http://www.wirtschaftslexikon24.com/d/rendite/rendite.htm).
Auch der Bf. selbst gibt, wie bereits dargestellt, an, dass er XY die Beträge zur ertragreiche Veranlagung übergeben habe. Der Zinsertrag wiederum sollte sofort wieder veranlagt werden. Letztere Aussage widerlegt das Beschwerdevorbingen, welches von einem Nichtvorliegen einer Zinservereinbarung hinsichtlich der widerrechtlich angeeigneten Gelder spricht (BFG-Aktenteil OZ 1, Seite 9). Wie weiters festgestellt, verfügte XY nicht über die 12.000 Stück ABC-Substanzgenussschein. Mangels tatsächlich gezeichneter Substanzgenussscheine kann es sich in den monatlichen Mitteilungen ausgewiesenen "Wertsteigerungs"- Gutschriften in wirtschaftlicher Betrachtungsweise gem. § 21 BAO nicht um Wertsteigerungen und somit nicht um einen Substanzgewinn, sondern nur um die Rendite, dh, einkommensteuerlich um den tatsächlichen Ertrag des eingesetzten Kapitals handeln. Diese Erträge sind als Zinsen aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art im Sinne des § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 zu subsumieren.
Hinsichtlich des Zuflusses gem. § 19 EStG 1988 ist festzuhalten, dass dieser auf zwei Arten erfolgte:
Einerseits flossen die ausgezahlten Summen im Jänner und Oktober 2008 ausgehend vom jeweils ausgewiesenen Depotwert ab, welcher sich sowohl aus dem eingezahlten Kapital als auch aus dem Ertrag in Form der bis zu diesem Zeitpunkt thesaurierten Zinsen zusammensetzte. Andererseits hat der Bf. mit XY hinsichtlich der nicht ausbezahlten Rendite im Juli 2007 und Juli 2008 die Thesaurierung vereinbart. Diesbezüglich wird wiederholend ausgeführt: Wird die Auszahlung eines (fälligen) Geldbetrags auf Wunsch des Gläubigers verschoben, obwohl der Schuldner zahlungswillig und zahlungsfähig ist, liegt eine Vorausverfügung vor; der Zufluss ist bereits in diesem Zeitpunkt erfolgt (Peyerl in Jakom EStG14, § 19 Rz 26 mit Verweis auf ). Die dem Bf. die zugesicherte, monatliche Verzinsung - wenngleich diese anders (= als Wertsteigerung) bezeichnet wurde - des hingegebenen Geldbetrages wurde, wie aus den vorliegenden Mitteilungen ersichtlich, tatsächlich gutgeschrieben und ist damit im Sinne des § 19 EStG 1988 auch dann zugeflossen, wenn die Zinsen nicht ausbezahlt worden sind, sondern sich der Bf. zur Wiederveranlagung durch Verfügungen entschlossen hat. Entsprechend ist zu den drei Zertifikaten der jeweilige Zuflusszeitpunkt mit der jeweiligen Ein- bzw. Auszahlung und der damit einhergehenden Verfügung über die Erträge bzw. mit weiteren Verfügungen im Juli 2007 und Juli 2008 wie folgt anzusetzen:
Verfügungen = Zufluss zu Zertifikat Nr. 5171 im Jahr 2007: Juli, im Jahr 2008: Jänner, Oktober
Verfügungen = Zufluss zu Zertifikat Nr. 5234 im Jahr 2007: Juli, im Jahr 2008: Juli, Oktober
Verfügungen = Zufluss zu Zertifikat Nr. 5807 im Jahr 2008: Oktober.
Der Argumentation des Bf., dass es keine Depotgewinne gab und es deshalb auch keine fiktiven Zuflüsse geben könne, steht - neben der oben zitierten VwGH Judikatur, wonach die Zinsen als zugeflossen gelten, auch wenn der Steuerpflichtige auf Grund eines Anlageschwindels am Ende weniger herausbekommt, als er eingezahlt hat (vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz21, § 27 Rz 17) - auch die BFH-Judikatur entgegen, wonach "auch Gutschriften über wiederangelegte Renditen in Schneeballsystemen zu Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 EStG führen (...), wenn der Schuldner der Erträge leistungsbereit und leistungsfähig" ist (nochmals BFH , VIII R 25/12; vgl. auch Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 19 Anm. 18 und die dort genannte BFH-Judikatur).
Hinsichtlich des vom Bf. vorgebrachten Arguments der fehlenden Zuflussfiktion, da die Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit des Herrn XY bzw. der XY-GmbH von Anfang an nicht gegeben gewesen sei, ist festzustellen: Auch wenn die den Anlegern gutgeschriebenen Erträge reine "Fantasieprodukte" waren, die nie erzielbar gewesen wären (vgl. dazu ) und somit von Anfang an Anlagebetrug vorlag, ändert dies nichts daran, dass den Anlegern diese Erträge im Zeitpunkt ihrer Gutschrift tatsächlich iSd § 19 Abs. 1 EStG 1988 zugeflossen sind, solange der Schuldner der Erträge leistungsbereit und leistungsfähig war. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist im gegenständlichen Fall bis einschließlich September 2008 zweifelsohne dadurch erwiesen, dass an den Bf. sogar noch im Oktober 2008 Barbeträge iHv 100.000,00 Euro (zu Zertifikat Nr. 5171), 8.000,00 Euro (zu Zertifikat Nr.5234) und 80.000,00 Euro (zu Zertifikat Nr. 5807) ausbezahlt wurden. Die für den Bereich des Einkommensteuerrechts relevante Zahlungsunfähigkeit ist daher erst mit Oktober 2008 eingetreten (vgl. ). Dies umso mehr, als selbst das Vorliegen einer Deckungslücke in dem Sinn, dass die dem Schuldner zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichen, die tatsächlich bestehenden Forderungen, wenn diese alle auf einen Schlag zu befriedigen wären, abzudecken der Leistungsfähigkeit eines Schuldners nicht entgegen steht (nochmals BFH , VIII R 25/12).
Zur Höhe der Erträge des Bf. wird auf die oben in den Tabellen dargestellten monatlichen Zuwächse verwiesen. Demnach betrug der Ertrag
zu Zertifikat Nr. 5171 im Jahr 2007: 5.581,94 Euro (Stand Juni, Verfügung mit Juli); im Jahr 2008: 7.555,48 (Stand Jänner, Verfügung mit Jänner); gesamt 13.137,72 Euro;
zu Zertifikat Nr. 5234 im Jahr 2007: 3.636,67 Euro (Stand Juni, Verfügung mit Juli); im Jahr 2008: 3.372,51 Euro (Stand Juni, Verfügung mit Juli), gesamt 7.009,18 Euro;
Gesamt Jahr 2007: 9.218,61 Euro
Gesamt Jahr 2008: 10.927,99 Euro
Zusammenfassend ist, unter Heranziehung der Rz 22, 23, 29, 30 und 31 des VwGH-Erkenntnis vom , Ra 2018/15/0090, festzuhalten:
▪ Bei den in den monatlichen Mitteilungen ausgewiesenen "Wertsteigerungen" handelt es sich um Zinsen aus sonstigen Kapitalforderungen gem. § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988.
▪ Die Erträge sind gem. § 19 EStG 1988 zum Zeitpunkt der Verfügungen des Bf. per Juli 2007, Jänner 2008, Juli 2008 und Oktober 2008 zugeflossen, wobei der Ertrag von Oktober 2008 aufgrund des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit nicht angesetzt wird.
Der jeweils in den genannten Monaten wiederveranlagte Betrag stellt einen neuen Teil der Einkunftsquelle dar.
▪ Der Schuldner XY war bis jedenfalls September 2008 zahlungswillig und zahlungsfähig, da sogar noch im Oktober 2008 Zahlungen an den Bf. geleistet wurden.
▪ Die nicht endbesteuerungsfähigen Einkünfte aus Kapitalvermögen iHv. 9.218,61 Euro (2007) und 10.927,99 Euro (2008) berechnen sich nach jeweils aktuellen Kapitalerträgen, welche sich aus dem sich durch die Verfügungen des Bf. geänderten Kapitalstamm ergeben haben. Der jeweils aktuelle Kapitalstamm wurde bis 2008 in den neu ausgestellten Übernahmebestätigungen bzw. ab Jänner 2008 in den Treuhandaufträgen ausgewiesen. Dieser Betrag bildet die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Erträge laut den oben angeführten Tabellen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da das vorliegende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs folgt - insbesondere - liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weshalb im gegenständlichen Fall die Revision als nicht zulässig zu erklären war.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 21 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 19 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | BFH , VIII R 25/12 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100883.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at