Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.12.2021, RV/2100826/2017

Unzulässigkeit einer Bescheidberichtigung nach § 293b BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch KAPAS Steuerberatung GmbH, Augustinerplatz 3, 8280 Fürstenfeld, über die Beschwerde vom gegen den Berichtigungsbescheid gem. § 293b BAO des ***FA*** (jetzt Dienststelle des Finanzamtes Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2014 zur Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Im anhängigen Verfahren ist zwischen den Verfahrensparteien die Besteuerung eines Wasserrechtsverkaufes im Jahr 2014 strittig.

Die Beschwerdeführerin (Bf) vertritt den Standpunkt, dass der im Rahmen einer Grundstücksveräußerung erfolgte Verkauf des Wasserrechts mit dem begünstigten Steuersatz nach § 30a EStG 1988 zu besteuern ist.

Das Finanzamt X (FA) beurteilt das Wasserrecht nicht als "grundstücksgleiches Recht" iSd zivilrechtlichen Grundstücksbegriffs, sondern ordnet den Verkauf des Wasserrechts den gewerblichen Einkünften des Bf aus dem Betrieb eines Kleinwasserkraftwerkes (KKW) zu.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

I. Der Entscheidung im anhängigen Verfahren liegt der nachfolgend festgestellte Sachverhalt zu Grunde, den das BFG - auf Basis des in Würdigung der angeführten Unterlagen erlangten - Ermittlungsergebnisses, als erwiesen erachtet:

Die - steuerlich vertretene - Bf übernahm im Dez. 2011 den Hälfteanteil Ihres Gatten an der Liegenschaft EZ 999 u.a., KG 99999 (KG-Name) (Übergabevertrag , Grundbuch (GB), KG 99999/ Urkundensammlung).

Neben land- und forstwirtschaftlichen Flächen befinden sich auf dieser Liegenschaft auch eine Bäckerei und eine Mühle samt Kleinwasserkraftwerk. Gemäß einer im Grundbuch intabulierten Benützungsvereinbarung (§ 828 ABGB) der beiden Hälfteeigentümer aus dem Jahr 2007 wurden die bis dahin im Rahmen einer gemeinsamen OHG geführten Betriebe fortan getrennt bewirtschaftet (Bäckerei = Onkel des Gatten; KKW = Gatte der Bf, mit wasserrechtlicher Bewilligung bis ).

In den Jahren vor der Übergabe hatte der Gatte gemeinsam mit der Fa A.u.B. Y Turbinenbau, 9999 (Firmenort) (Salzburg) an der Erneuerung der Kraftwerksanlage gearbeitet (Bescheide BH XY-Stadt v. bzw. -FA-Vorlageunterl. OZ 13).

Ab der Übernahme des Hälfteanteils an der EZ 999 u.a., KG 99999 (KG-Name) (nachfolgend auch kurz EZ 999) erzielte die Bf, neben (pauschaliert ermittelten) Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft (L+F), gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb des Wasserkraftwerks (Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG).

Mit Kaufvertrag (KV) vom (FA Vorlageunterlagen OZ 15) veräußerte die Bf (als tw. bücherliche und tw. außerbücherliche) Eigentümerin eine zugleich abgetrennte Teilfläche der EZ 999, KG 99999 (KG-Name) (6.389 m², bestehend aus GStNr 1, 2 und 3) an die Y GmbH, 9999 (Firmenort) (Salzburg) (Basis lt. KV: "Vermessungsurkunde vom "; lt. GB KG 99999/ Urkundensammlung: Vermessungsplan vom ).

Teil des Verkaufes waren neben den drei neu vermessenen Grundstücksflächen auch "sämtliche technische Einrichtungen der Kraftwerksanlage" auf dem Grundstück GStNr 99/99 der EZ 999 sowie ein Wasserrecht, das "gemäß mündlicher Vereinbarung" zugleich "auf das GrStNr 2 übertragen wurde". Unter einem wurde der Käuferin das Recht eingeräumt, die technischen Einrichtungen des bestehenden Kraftwerkes auf eigene Kosten abzubauen.

Im Gegensatz zum Grundstück GStNr 2 war jenes zur GStNr 99/99 nicht Teil des Verkaufes an die Y GmbH.

Der Gesamtkaufpreis von 246.000,- € war nach dem Parteienwillen wie folgt aufzuteilen:

20.000,- € für Grund und Boden (ohne USt) - BFG-Anmerkung: entspricht 3,13 €/m²

130.000,- € für das Wasserrecht (ohne USt)

80.000,- € + 20% USt für Maschinen und maschinelle Anlagen

Zudem wurde im Kaufvertrag eine "Nachbesserungsvereinbarung" in Form einer Kaufpreiserhöhung für das Wasserrecht um weitere 50.000,- € für den Fall einer öffentlichen Förderung für den zu errichtenden Fischaufstieg beim neuen Wasserkraftprojekt getroffen.

Beim FA langte zum Kaufvertrag vom eine Immobilienertragsteuer(ImmoESt) -Meldung für die Bf mit Einkünften von 17.940,- € ein, daraus resultierend eine ImmoESt von 4.485,- € (= 3,5% v. 128.142,85 €). Der zugehörigen GreSt-Meldung der Erwerberin liegt eine Bemessungsgrundlage von 150.000,- € zugrunde (5.250,- € GreSt).

Rund zwei Monate nach Abschluss des Kaufvertrages einigten sich die beiden Hälfteeigentümer der EZ 999, KG 99999 (KG-Name), auf Basis des Grundbuchsstandes vom (= vor Durchführung des Teilungsplanes vom ) - somit rückwirkend - auf eine Realteilung der Liegenschaft gegen Aufhebung der Benützungsvereinbarung zwischen dem Gatten der Bf und dessen Onkel aus dem Jahr 2007 (Tauschvertrag vom , GB KG 99999/ Urkundensammlung).

Der "Verkehrswert" der jeweils hingegebenen Liegenschaftsanteile wurde im Vertrag mit je 72.000,- € angegeben, d.s. 144.000,- € für die insgesamt rd. 9,2 Hektar große Liegenschaft samt Zubehör (Bäckerei, Mühle, KKW). Ein Spitzenausgleich wurde zwischen den Vertragsparteien nicht vereinbart. Für jeden Tauschpartner wurden je 2.520,- € GreSt und ImmoESt an die Abgabenbehörden gemeldet bzw. abgeführt.

Als Ergebnis der Realteilung befand sich im Alleineigentum des Onkels eine Fläche von 7.892 m² (samt GSt 99/99 mit Bäckerei, Mühle und KKW-Anlage), während die restliche Fläche von 84.742 m² (incl. der zwischenzeitig um (zumindest) 246.000,- € an die Y GmbH veräußerten Liegenschaftsteile) nunmehr der Bf als Alleineigentümerin zukam.

In einem Nachtrag vom wurde der Tauschvertrag vom zwischen den vormaligen Hälfteeigentümern - rückwirkend - in den Kaufvertrag vom mit der Y GmbH einbezogen.

Am 10.Febr.2016 reichte die Bf via FinanzOnline ihre USt-Erklärung 2014 mit Umsätzen von knapp 81.000,- € zur Besteuerung mit dem Normalsteuersatz sowie steuerfreien Grundstücksumsätzen nach § 6 (1) Z 9 lit a UStG von 150.000,- € ein.

In der ESt-Erklärung 2014 vom Folgetag gab sie die Beendigung ihrer gewerblichen Tätigkeit bekannt (Betriebsaufgabe ) und bezifferte ihre Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 32.000,20 € (Kz 330). Dieser Betrag enthielt neben dem laufenden Gewinn auch das Ergebnis der Betriebsaufgabe (Kz 9010/Übergangsverlust: - 16.267,21 €; Kz 9020/Veräußerungsgewinn: 53.940,51 €; Kz 9021/Freibetrag § 24 EStG: 7.300,- €).

Abgesehen von Daten zu den L+F-Einkünften, enthielt die ESt-Erklärung 2014 keine weiteren Angaben zu betrieblichen Einkünften der Bf und auch keine Hinweise auf Grundstücksveräußerungen betrieblicher oder privater Natur. Auch die Einreichung ergänzender (Papier)Unterlagen zu den Abgabenerklärungen ist in den FA-Datenbanken DB2 bzw. GDV nicht dokumentiert.

Im Zuge der Veranlagung 2014 erfolgte eine Überprüfung der erklärten Betriebsaufgabe (Beischaffung der Einnahmen-/Ausgaben-Rechnung; Übergangsgewinnermittlung; Veräußerungsgewinnermittlung, Anlagenverzeichnis). Dabei wurde festgestellt, dass dem erklärten Veräußerungsgewinn der Verkauf von "Sachanlagen" (Erlös 80.000,- €) abzüglich Buchwert und Freibetrag zugrunde lag (vgl. Niederschrift zur nachfolgenden AP-SB v. , FA-Vorlageunterlagen OZ 4).

In der Folge ergingen sowohl zur USt als auch zur ESt am erklärungsgemäße Veranlagungsbescheide 2014, die in Rechtskraft erwuchsen.

Von Juli - Okt 2016 fand bei der Bf eine Außenprüfung (AP) betreffend USt/ESt 2014 statt, aufgrund welcher das FA zum Ergebnis gelangte, dass der bei der Veräußerung am erzielte Erlös aus dem Verkauf des Wasserrechts dem gewerblichen Betriebsaufgabegewinn zuzurechnen sei (Kz 330: + 130.000,- €). Zugleich ermittelte das FA eine ImmoES-Bemessungsgrundlage von 10.000,- € (AP-Bericht ; FA-Datenbank DB2/ImmoESt-Würdigung ).

Bezüglich Wiederaufnahme der rechtskräftigen Veranlagungsbescheide vom enthält der AP-Bericht vom keine Aussage.

Am ergingen ein Wiederaufnahmebescheid gemäß § 303 Abs. 1 BAO zum ESt-Veranlagungsbescheid 2014 vom und ein neuer ESt-Sachbescheid 2014.

Die Wiederaufnahme ist mit dem Einlangen eines berichtigten oder neuen Lohnzettels oder einer (geänderten) Mitteilung über progressionswirksame Transferleistungen begründet.

Der neue ESt-Bescheid 2014 vom enthielt als einzige Änderung die Erhöhung der gewerblichen Einkünfte um 130.000,- € (Kz 330). Daten zu einer Besteuerung mit dem besonderen Steuersatz für Grundstücksveräußerungen finden sich in diesem Bescheid nicht. Die Begründung enthält einen Verweis auf das Ergebnis der AP.

Mit Bescheid gem. § 299 BAO vom wurde der ESt-Bescheid 2014 vom aufgehoben (Begründung = Zitierung des § 299 BAO). Der Ersatzbescheid zur ESt 2014 vom selben Tag enthielt erstmals eine "Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (besonderer Steuersatz von 25%)" und zwar im Betrag von 5.020,- € (= 3,5% v. 143.428,57 €). In der Begründung führte das FA aus, dass aufgrund des AP-Ergebnisses Immobilienertragsteuer für Altvermögen mit einer Bemessungsgrundlage von 10.000,- € (aus dem Verkauf an die Fa Y GmbH) bzw. von 72.000,- € (zum Tauschvertrag vom ) berücksichtigt wurden.

Mit dem verfahrensgegenständlich angefochtenen ESt-Bescheid 2014 vom berichtigte das FA den Bescheid vom gemäß § 293b BAO in der Form, dass es die "Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (besonderer Steuersatz von 25%)" auf 2.870,- € reduzierte (= 3,5% v. 82.000,- €).

Der Spruch des Bescheides vom enthält folgenden Hinweis: "Dieser Bescheid tritt nicht an die Stelle des Bescheides vom 28. 10 .2016 sondern berichtigt diesen hinsichtlich eines Ausfertigungsfehlers betreffend folgender Punkte: - Sonstige Einkünfte"

Die Bescheidbegründung nimmt keinen Bezug auf die durchgeführte Berichtigung.

Mit Schriftsatz vom brachte die steuerliche Vertretung der Bf das Rechtmittel der Beschwerde "gegen den Einkommensteuerbescheid für 2014 vom " beim FA ein und beantragte, "den Verkaufserlös für das Grundstück samt Wasserrecht in Höhe von 130.000,- € mit dem Sondersteuersatz nach § 30a EStG von 25% zu besteuern".

§ 22 WasserrechtsG sehe zwei Möglichkeiten zur Einräumung eines Wasserrechtes vor, indem es zwischen einer persönlichen oder dinglichen Gebundenheit von Wasserbenutzungsrechten unterscheide, je nachdem, ob sich das Recht auf eine ortsfeste Wasserbenutzungsanlage beziehe oder nicht. Im konkreten Fall sei das Wasserrecht mit dem Grundstück GStNr 99/99 der KG (KG-Name) verbunden und eine vom Grundstück getrennte Veräußerung daher ausgeschlossen. Mangels getrennter Veräußerbarkeit liege kein eigenes Wirtschaftsgut vor, sondern steigere das Wasserrecht den Verkehrswert des Grundstücks.

Das FA erließ eine Beschwerdevorentscheidung (BVE) mit insofern geänderten Besteuerungsgrundlagen, als es nun eine "Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (besonderer Steuersatz von 25%)" im Betrag von 3.220,- € (= 3,5% v. 92.000,- €) hinzurechnete und zugleich Immobilienertragsteuer (ImmoESt) in Höhe von 7.005,- € (= 3,5% von 200.142,85 €) in Abzug brachte.

Den (erstmals) im Zuge der AP beurteilten Kaufpreis für das Wasserrecht qualifizierte das FA nunmehr als Entgelt der Y GmbH für eine Betriebsaufgabe der Bf. Voraussetzung für den Übergang des Wasserrechts auf die Liegenschaftserwerberin aus dem KV vom sei ein Abbau der Turbinen des bisherigen Kraftwerksbetriebes gewesen. Die geplante Errichtung einer neuen Kraftwerksanlage habe daher die Beendigung des bisherigen Kraftwerksbetriebes vorausgesetzt. Mit Bescheid vom (!) sei der Y GmbH eine wasserrechtliche Bewilligung für den Betrieb einer neuen Kraftwerksanlage auf der GStNr 2 erteilt worden. Aus dem Bescheid sei ersichtlich, dass im Gegenzug das bestehende Krafthaus auf der GStNr 99/99 stillgelegt werden sollte.

Im Zuge der Beschwerdebearbeitung habe sich zudem "herausgestellt, dass die Bemessungsgrundlage für die privaten Grundstücksveräußerungen im Einkommensteuerbescheid 2014 vom zu ändern" seien. Beim Grundverkauf vom betrage der Preis für Grund und Boden 20.000,- €, beim Grundstückstausch vom betrage der Verkehrswert 72.000,- €. Als Bemessungsgrundlage für die beiden immobilienertragsteuerlich relevanten Geschäfte seien daher - nach Abzug pauschaler Anschaffungskosten für Altvermögen gem. § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 - Beträge von 2.800,- € bzw. 10.080,- € in Ansatz zu bringen gewesen.

Auf den Umstand, dass die KKW-Anlage und das Wasserrecht dem Grundstück GStNr 99/99 des Onkels zuzuordnen waren bzw. die rückwirkenden Vereinbarungen oder die Höhe des Verkehrswertes der Tauschobjekte im Tauschvertrag vom , nimmt die BVE nicht Bezug.

Die Bf begehrte die "Vorlage der Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid für 2014 vom , über welche mit Beschwerdevorentscheidung vom entschieden worden (sei), an das Verwaltungsgericht."

Im Vorlageantrag begrüßte sie zwar die nunmehrige Abkehr von der abgabenbehördlichen Annahme eines eigenständigen Verkaufes des (tatsächlich nicht getrennt veräußerbaren) Wasserrechts, betonte aber, dass das Wasserrecht auf dem (neu vermessenen) Grundstück GStNr 2 auf Veranlassung der Bf entstanden und sodann - mit diesem untrennbar verbunden, daher ohne eigenen Wirtschaftsgutcharakter - veräußert worden sei (Argument: wasserrechtlicher Bewilligungsbescheid für GStNr 2 vom Tag des Kaufvertrages vom ). Ertragsteuerlich sei ein Grundstück im Sinne des § 30 EStG verkauft worden, das nach den Bestimmungen der §§ 30ff EStG zu versteuern sei.

II. § 293b BAO lautet: "Die Abgabenbehörde kann auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht."

Nach den Gesetzesmaterialien soll die Bestimmung eine Handhabe für Fälle bieten, in denen "im Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben der Parteien Unrichtigkeiten, selbst wenn diese offensichtlich sind, aus den Abgabenerklärungen (einschließlich Beilagen) in Bescheide übernommen werden" (Bericht des Finanzausschusses zum AbgÄndG 1989, 1162 BlgNR 17. GP 15).

Die Anwendung der Bestimmung obliegt dem pflichtgemäßen Ermessen der Abgabenbehörde. Maßgeblich für die Beurteilung der Unrichtigkeit sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Bescheiderlassung ().

Behördliches Verschulden an der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus den Abgabenerklärungen wirkt sich auf die Zulässigkeit einer Maßnahme nach § 293b BAO nicht aus ().

Nach der langjährigen VwGH-Judikatur ist für die Zulässigkeit einer Bescheidberichtigung nach § 293b BAO entscheidend, "dass die Abgabenbehörde den Inhalt einer Abgabenerklärung übernimmt, wobei diesem Inhalt eine offensichtliche Unrichtigkeit zu Grunde liegt. Dies wird dann zu bejahen sein, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen, ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen. Die Unrichtigkeit kann sowohl in einer unzutreffenden Rechtsauffassung als auch in einer in sich widersprüchlichen oder eindeutig gegen menschliches Erfahrungsgut sprechenden Sachverhaltsdarstellung zum Ausdruck kommen." (...)

"Eine offensichtliche Unrichtigkeit kann auch vorliegen, wenn Abgabenerklärungen mit aktenkundigen Umständen unvereinbar sind. Unrichtigkeiten, die erst im Wege eines über die Bedachtnahme auf die Aktenlage hinausreichenden Ermittlungsverfahrens erkennbar sind, sind hingegen einer Berichtigung gemäß § 293b BAO nicht zugänglich." (...)

"Bloße Zweifel an der Richtigkeit einer Abgabenerklärung - mögen sie auch berechtigt sein - stellen noch keine offenkundige Unrichtigkeit dar." (…)

"Die offensichtliche Unrichtigkeit im Sinn des § 293b BAO muss sich aus den Erklärungen und dem Verwaltungsakt des betreffenden Steuerpflichtigen ergeben. Es kommt also nicht auf den Inhalt der andere steuerpflichtige Personen betreffenden Verwaltungsakten an" (vgl. mit Verweisen auf ; ; ).

Ein nach § 293b BAO berichtigender Bescheid tritt nicht an die Stelle des berichtigten Bescheides. Folgerichtig kann er nur hinsichtlich der Berichtigung und der damit zusammenhängenden steuerlichen Folgen angefochten werden, es sei denn, erst die berichtigte Fassung lässt Eingriffe in die Rechte und rechtlichen Interessen der Partei erkennen.

Die in der Begründung eines berichtigenden Bescheides dargelegten Voraussetzungen des konkreten Falles, die zur Maßnahme nach § 293b BAO führten, dürfen im Beschwerdeverfahren nicht ausgetauscht werden und bilden den Rahmen (die "Sache" iSd § 279 (1) BAO) für die Prüfung der verfahrensrechtlichen Zulässigkeit des angefochtenen Bescheides durch das BFG. In Hinblick darauf ist etwa eine bloße Wiedergabe des Gesetzestextes als Begründung unzureichend (vgl. Ritz, BAO Kommentar6, § 293b, Rz 14ff).

Auf die Verpflichtung des BFG zur amtswegigen Überprüfung der verfahrensrechtlichen Grundlagen angefochtener Bescheide, auch wenn diese von den Verfahrensparteien nicht releviert werden, hat der VwGH etwa im Erkenntnis vom , 2011/15/0156 hingewiesen.

Zu den "Sonstigen Einkünften" (§ 2 Abs. 3 Z 7 EStG) gehören, soweit hier relevant: "Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen (§ 30) und aus Spekulationsgeschäften (§ 31)" (§ 29 Z 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 22/2012).

§ 30 Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 22/2012 lautet: "Private Grundstücksveräußerungen sind Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (grundstücksgleiche Rechte). Bei unentgeltlich erworbenen Grundstücken ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 sinngemäß anzuwenden."

§ 31 Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 22/2012 lautet: "Spekulationsgeschäfte sind Veräußerungsgeschäfte von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens, wenn die Einkünfte nicht gemäß § 27 oder § 30 steuerlich zu erfassen sind und der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Bei unentgeltlich erworbenen Wirtschaftsgütern ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 sinngemäß anzuwenden."

Nach § 6 Z 14 lit a EStG 1988 liegt beim "Tausch von Wirtschaftsgütern (…) jeweils eine Anschaffung und eine Veräußerung vor. Als Veräußerungspreis des hingegebenen Wirtschaftsgutes und als Anschaffungskosten des erworbenen Wirtschaftsgutes sind jeweils der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsgutes anzusetzen."

III. Dem anhängigen Verfahren liegt der ESt-Bescheid 2014 vom zugrunde.

Wie festgestellt, berichtigt dieser Bescheid den aufgrund des Ergebnisses der im Jahr 2016 durchgeführten AP ergangenen ESt-Bescheid 2014 vom wegen eines Fehlers betreffend "Sonstige Einkünfte" auf Basis des § 293b BAO. Der Bescheidbegründung fehlt jeglicher Bezug zur Bestimmung des § 293b BAO.

Die Abweichung vom berichtigten Bescheid betrifft ausschließlich die Höhe der "Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (besonderer Steuersatz von 25%)". Bei Einbeziehung der Begründung aus dem berichtigten Bescheid vom ist rechnerisch ableitbar, dass der zum besonderen Steuersatz von 25% errechneten Steuer im angefochtenen Bescheid die in der Bescheidbegründung vom dargestellten Veräußerungsvorgänge zugrunde liegen.

Der solcherart erlassene Berichtigungsbescheid vom betreffend ESt 2014 entspricht den Voraussetzungen des § 293b BAO in mehrfacher Hinsicht nicht.

Zwar trifft es zu, dass die ESt-Erklärung 2014 vom 11.Febr.2016 keine Angaben über "Sonstige Einkünfte" der Bf enthielt, doch betrafen die verfahrensgegenständlichen Grundstückstransaktionen unzweifelhaft Betriebsgrundstücke. Die durchgeführte Berichtigung konnte daher "Sonstige Einkünfte" iSd § 2 Abs. 3 Z 7 EStG bzw. des § 29 Z 2 EStG nicht betreffen.

In Bezug auf "Sonstige Einkünfte" war die ESt-Erklärung 2014 der Bf vom 11.Febr.2016 somit nicht - und umso weniger offensichtlich - fehlerhaft. Bereits darin gründet sich eine Unzulässigkeit des angefochtenen Berichtigungsbescheides.

Tatsächlich betrifft die im Bescheid vom durchgeführte Berichtigung jedoch nicht "Sonstige Einkünfte" sondern die "Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (besonderer Steuersatz von 25%)".

Eine derartige Steuer wurdeerstmals nach erfolgter Überprüfung im AP-Verfahren festgesetzt. Noch die vorangegangene Überprüfung im Veranlagungsverfahren hatte insofern keinen Berichtigungsbedarf hervorgebracht.

Und bereits das Ermittlungsverfahren vor erklärungsgemäßem Ergehen eines ESt-Bescheides 2014 am wäre in Hinblick auf die dargestellte VwGH-Judikatur zum Begriff der "offensichtlichen Unrichtigkeit" einer nachfolgenden Bescheidberichtigung nach § 293b BAO sowohl in Bezug auf "Sonstige Einkünfte" als auch betreffend eine "Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (besonderer Steuersatz von 25%)" abträglich gewesen.

Nicht zuletzt rechtfertigen die neuerlichen Korrekturen in der nachfolgenden BVE, die Ausführungen im eingebrachten Vorlageantrag und die Feststellungen zu Punkt I. der gegenständlichen Entscheidung weitere Zweifel an der Offensichtlichkeit des mit dem angefochtenen Bescheid korrigierten Ansatzes.

Das Fehlen jeglicher Begründung der durchgeführten Verfahrensmaßnahme im angefochtenen Bescheid (auch zur behördlichen Ermessensübung) rundet das Bild ab.

Da der angefochtene Bescheid vom somit unzulässig erging, war er aus dem Rechtsbestand zu entfernen.

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass sich das Beschwerdevorbringen der Bf gegen Spruchbestandteile des ESt-Bescheides 2014 vom richtet, die aufgrund der Teilrechtskraft dieses Berichtigungsbescheides nach § 293b BAO bei Einbringung der Beschwerde am bereits in Rechtskraft erwachsen waren.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im anhängigen Verfahren lagen die genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision nicht vor. Soweit nicht Sachverhaltsfragen maßgeblich waren, folgt die Entscheidung dem klaren Wortlaut der verwendeten gesetzlichen Bestimmungen sowie der angeführten VwGH-Judikatur.

Graz, am

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