Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.11.2021, RV/7102553/2020

Vorsteuerabzug bei fehlender UID-Nummer des Empfängers in Rechnungen und bei strittiger Eignung der Bezeichnung der erbrachten Leistungen eines Subunternehmers in Eingangsrechnungen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7102553/2020-RS1
Die Angabe der UID-Nummer des Leistungsempfängers ist als unwesentlicher Rechnungsbestandteil anzusehen. Das Fehlen der UID-Nummer des Steuerpflichtigen auf Eingangsrechnungen ist daher ein lediglich formeller Mangel, der für sich allein im Sinne der ständigen, neueren Rechtsprechung des EuGH nicht zur Versagung des Vorsteuerabzuges führt. Laut , Dankowski, RNr. 30 schadet die fehlende UID-Nummer nicht, wenn die Identifizierung sichergestellt ist. Im Sinne von , Barlis 06, Rnr. 43 f., steht ein derartiger Mangel dem Vorsteuerabzug nicht entgegen, wenn die Steuerverwaltung über sämtliche Daten verfügt, um zu prüfen, ob das Recht auf Vorsteuerabzug zusteht. Dabei darf sich die Steuerverwaltung nicht auf die Prüfung der Rechnung selbst beschränken.
RV/7102553/2020-RS2
Auch wenn der EuGH teilweise von der Steuerbehörde oder der Steuerverwaltung als beurteilendem und entscheidendem Organ spricht, ist das BFG nicht auf den Wissensstand des Finanzamtes zum Zeitpunkt seiner Entscheidung eingeschränkt. Auch das, was im Verfahren vor dem BFG hervorkommt, ist zur Beurteilung der Vorsteuerberechtigung aus Eingangsrechnungen heranzuziehen. Das BFG hat nach der innerstaatlichen Organisation, welche für EU und EuGH nicht relevant ist, volle Kognitionsbefugnis.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch StbGes, AdrStbGes, über die Beschwerde vom gegen die Umsatzsteuerbescheide 2010, 2011 und 2012 des Finanzamtes X vom zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I.) Der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2010 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Dieser Bescheid wird folgendermaßen abgeändert: Die Umsatzsteuer 2010 (Veranlagungszeitraum 6/2009 - 5/2010) wird mit -300.345,82 € festgesetzt; die Bemessungsgrundlagen hierfür sind dem beigefügten Berechnungsblatt zu entnehmen

II.) Der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2011 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Dieser Bescheid wird folgendermaßen abgeändert: Die Umsatzsteuer 2011 (Veranlagungszeitraum 6/2010 - 5/2011) wird mit -71.576,33 € festgesetzt; die Bemessungsgrundlagen hierfür sind dem beigefügten Berechnungsblatt zu entnahmen.

III.) Der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2012 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Dieser Bescheid wird folgendermaßen abgeändert: Die Umsatzsteuer 2012 (Veranlagungszeitraum 6/2011 - 5/2012) wird mit 469.192,21 € festgesetzt; die Bemessungsgrundlagen hierfür sind dem beigefügten Berechnungsblatt zu entnehmen.

IV.) Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die ursprüngliche Beschwerdeführerin (ursprBf) war eine Kommanditgesellschaft; ihre Firma lautete FirmenwortlautKG; sie war unter FN FN_KG im Firmenbuch eingetragen; sie hatte den 31. Mai als Stichtag für den Jahresabschluss; ihre unbeschränkt haftende Gesellschafterin war die Y1gmbH, FN FN_Y1. Als letzte verbliebene Kommanditistin war seit die Y2gmbH, FN FN_Y2, eingetragen. Mit Sacheinlagevertrag vom brachte die Y2gmbH, FN FN_Y2, ihren Kommanditanteil an der ursprBf in die Y1gmbH, FN FN_Y1, ein. Damit war die Y1gmbH, FN FN_Y1, die einzige Gesellschafterin der ursprBf geworden mit folgender Konsequenz gemäß § 142 Abs. 1 UGB: "§ 142. (1) Verbleibt nur noch ein Gesellschafter, so erlischt die Gesellschaft ohne Liquidation. Das Gesellschaftsvermögen geht im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf diesen über."

Die abgabenrechtliche (inkl. abgabenverfahrensrechtliche) Konsequenz der Gesamtrechtsnachfolge resultiert aus § 19 Abs. 1 BAO: "§ 19. (1) Bei Gesamtrechtsnachfolge gehen die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes."

Am wurde im Firmenbuch

  • bei der ursprBf die Vermögensübernahme gemäß § 142 UGB durch die Y1gmbH, FN FN_Y1 eingetragen

  • und die ursprBf gelöscht. (Firmenbuchauszug: BFG-Akt F (fortgesetztes Verfahren) Bl. 12 f.)

Bei der Y1gmbH, FN FN_Y1, welche als Gesamtrechtsnachfolgerin der urspBf die nunmehrige Beschwerdeführerin (nunmBf) ist, wurde am im Firmenbuch als Firma FirmaNeuY1gmbH eingetragen. (Firmenbuchauszug: BFG-Akt F Bl. 9 ff.)
Als Geschäftsführer dieser Gesellschaft, welche im Streitzeitraum die Komplementärin der ursprBf war, waren im Streitzeitraum als Geschäftsführer eingetragen: Gf1 (bis ), Gf2 und (ab ) Gf3.

Die elektronischen Umsatzsteuererklärungen der ursprBf für die Streitjahre 2010 bis 2012 gaben den Beginnmonat des Wirtschaftsjahres jeweils mit 06 an, d.h.

  • die Umsatzsteuererklärung und der Umsatzsteuerbescheid 2010 umfassten jeweils die Bemesssungsgrundlagen für Juni 2009 bis Mai 2010,

  • die Umsatzsteuererklärung und der Umsatzsteuerbescheid 2011 umfassten jeweils die Bemessungsgrundlagen für Juni 2010 bis Mai 2011,

  • die Umsatzsteuererklärung und der Umsatzsteuerbescheid 2012 umfassten jeweils die Bemessungsgrundlagen für Juni 2011 bis Mai 2012.

Die ursprünglichen, vor der Außenprüfung für die Streitzeiträume ergangenen Umsatzsteuerbescheide wiesen folgende Vorsteuer (ohne EUSt, igE etc.) sowie folgende festgesetzte Umsatzsteuer aus:


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USt-Bescheid
Veranlagungszeitraum
allg.Vorsteuer (ohne EUSt,igE etc.)
festgesetzte Umsatzsteuer
2010 v.
6/2009 - 5/2010
1.864.969,49 €
-308.547,00 €
2011 v.
6/2010 - 5/2011
1.286.129,70 €
-71.576,33 €
2012 v.
6/2011 - 5/2012
391.883,86 €
468.992,21 €

Die ursprBf erwarb landwirtschaftliche Produkte (Gemüse) lose, welche sortiert und abgepackt wurden, teilweise davor gewaschen bzw. geputzt wurden, sowie an Lebensmitteleinzelhändler verkauft wurden.

Die ursprBf bezog Dienstleistungen von der SubGmbH1, FN FNsub1, in Zusammenhang mit den vorgenannten Tätigkeiten an Gemüseprodukten.Strittig ist, ob die SubGmbH1 diese Dienstleistungen als Subunternehmerin (Werkleisterin) an die ursprBf erbrachte oder ob die SubGmbH1 der ursprBf nur Personal zu Verfügung stellte, welches die ursprBf in ihrem Betrieb zur Erbringung der gegenständlichen Tätigkeiten einsetzte, bzw. ob die SubGmbH1 gar keine Leistungen an die ursprBf erbrachte.

Die SubGmbH1, FN FNsub1 (Firmenbuchauszug: urspr.BFG-Akt Bl. 280 ff; BFG-Akt F Bl. 19 f.), wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet.
Ihre Gesellschafter waren zunächst Herr1, Herr2 und Herr3. Herr1 schied laut Firmenbucheintragung vom als Gesellschafter aus, zugleich wurde Herr4, geb. Gebdatum4 als Gesellschafter eingetragen. Letzterer schied laut Firmenbucheintragung vom als Gesellschafter aus, zugleich wurde Frau5 als Gesellschafterin eingetragen.
Als Geschäftsführer der SubGmbH1war von Beginn bis Herr1 eingetragen, vom bis Herr4, geb. Gebdatum4, und ab Frau5.
Als Geschäftsadresse war bis Astraße, 1200 Wien eingetragen, dann bis : Bstraße, 1030 Wien und ab ("Einschreiten von Amts wegen"): 9999 Unbekannte Plz / Für Zustellungen maßgebliche Geschäftsanschrift unbekannt.
Am wurde die SubGmbH1amtswegig gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht.

Aktenkundig ist ein Anbotschreiben der cLimited (handschriftlich ersetzt durch SubGmbH1), 1200 Wien, a_straße, an die FirmaNeuY1gmbH vom , über Packpreise für Zwiebel und Kartoffel per kg: € 0,105 p.kg; dieses Angebot basiere auf 750 Tonnen Kartoffeln und Zwiebeln per Monat; [es folgt eine Kalkulation dieses Preises, die in gemeinsamen Gesprächen erarbeitet worden sei]. Weiters wird ausgeführt:
"Die Leistung umfasst das Waschen, Putzen und maschinelle Abpacken der vorsortierten Produkte durch KurzbezBf auf 2 Verpackungslinien und die Kommissionierung für Frächter ab Lager. Die Kommissionierung beinhaltet auch die Qualitätssicherung der fertigen Ware.
Die Preise sind gültig 1 Jahr nach Auftragsvergabe."

Die Preise verstünden sich inkl. aller Abgaben, exkl. MwSt.
Das Anbotsschreiben ist nicht handschriftlich unterschrieben, sondern maschinschriftlich / gedruckt unterzeichnet mit: "herr1", welcher damals Geschäftsführer der SubGmbH1 war. Die cLimitedist im österreichischen Firmenbuch nicht (mit einer Zweigniederlassung) auffindbar. Laut Beschwerdevorbringen seien die von cLimited angebotenen Leistungen in der Folge durch die SubGmbH1 abgewickelt worden.

Aktenkundig ist eine E-Mail von Herr2/Finanz- und Rechnungswesen der SubGmbH1 an Gf2 (Geschäftsführer der Komplemtär-GmbH der urspBf), in CC an Herr1, vom (urspr.BFG-Akt Bl. 230 f): "Sehr geehrter Hr. Geschäftsführer GfZwei,
ich möchte im Vorfeld zu dem Besprechungstermin von morgen gerne folgende Punkte noch anführen, die wir mit Ihnen gerne diskutieren wollen um gemeinsam eine partnerschaftliche Lösung zu erarbeiten:
1. wir haben in unserem Produktionsablauf mittlerweile das Einsparungspotenzial der Mitarbeiter ausgeschöpft. Leider kommen wir noch immer über die von uns in der Planrechnung kalkulierte Stundenanzahl im Durchrechnungszeitraum von 1 Jahr basierend auf einer Monatsproduktion von 750 to. Unser Vorschlag würde dahin gehen, den Produktionspreis je kg von 10,5 Cent auf 11 Cent zu erhöhen
2. aufgrund von immer wiederkehrenden Ausfällen der maschinellen Anlagen die nicht ursächlich mit der Wartung bzw. den mechanischen Teilen zu tun haben, würden wir mit Ihnen auch gerne morgen eine Lösung erarbeiten, wo die jeweilige Haftung liegt (vielleicht wäre es möglich eine geringfügige Kostenreduktion bei der Maschinen- bzw. Hallenmiete zu erzielen)
3. wir würden auch gerne mit Ihnen einen technischen Wartungsvertrag vereinbaren um die hohe Stundenanzahl unseres Technikers zu reduzieren
Wir sind auf jedenfall sehr bemüht, mit Ihnen eine gute, funktionierende und partnerschaftliche Zusammenarbeit zu erreichen."

Aktenkundig ist eine Vollmacht der Frau5 vom , mit welcher sie Herr2 u.a. bevollmächtigte, sie als Gesellschafterin und als Geschäftsführerin der SubGmbH1 zu vertreten (Beilage zum Vorlageantrag; OZ 22/S. 22f des Finanzamtsaktes).

Aktenkundig ist eine Niederschrift (urspr.BFG-Akt Bl. 413 ff.), die am von der Finanzpolizei mit Herr6 aufgenommen wurde, welcher bei der Fa. kuzeBezeichBf am als Vorarbeiter arbeitend angetroffen worden war und aussagte: "Ich bin der deutschen Sprache in Wort und Schrift mächtig, seit etwa 2007 arbeite ich im Areal der Fa. kuzeBezeichBf in AdresseBf, damals war ich bei der Fa. Sub0 GmbH als Arbeiter beschäftigt. Damals hat mich ein gewisser Hr. Herr7 ausbezahlt den Empfang des Lohnes habe ich auf einem Kassaquittungsblock unterschrieben. Einen Lohnzettel habe ich auch bekommen. Nähere Angaben zum Namen kann ich nicht machen. Einmal im Monat ist damals wie heute Herr4 vorbei gekommen und hat mit mir darüber gesprochen, ob alles in Ordnung ist. Ich könnte schwören, dass er den GF der kuzeBezeichBf GmbH, GfDrei gar nicht kennt. Mir ist nicht bekannt, dass Herr4 sowohl auch bei der Fa. SubGmbH1 als auch bei der SubGmbH2 weiters auch noch als GF fungiert; ich hätte er geglaubt, dass Hr. HerrZwei der Chef von der Fa. SubGmbH1 ist. Mir ist bekannt, dass die kuzeBezeichBf GmbH die Fa. SubGmbHeins beauftragt hat und diese wiederum die Fa. SubGmbH2, das habe ich selbst herausgefunden. Hr. Herr4 hat mich dann glaublich im Jahre 2010 darüber informiert, dass ich nunmehr nicht mehr bei der Sub0 GmbH beschäftigt bin sondern bei der Fa. SubGmbHzwei, weil die Sub0 nach seinen Worten aufgelöst worden ist. Mir hat er statt der bisher ausbezahlten Löhne in der Höhe von € 6,50 sieben Euro netto angeboten. Sonst hat sich für mich nichts geändert. Insgesamt waren davon bis zu 30 Mitarbeiter betroffen. Ich bin der Auffassung, dass ich bei der FaSubZwei als Arbeiter bei der Versicherung angemeldet bin. Irgendwelche Arbeits- oder Werkverträge habe ich nicht abgeschlossen, ich weiß gar nicht, was das ist. Ich bin durch Hrn. Herr4 verpflichtet, jeden Tag vor 07:00 Uhr im Betrieb zu sein.
Meine Tätigkeit im Unternehmen stellt sich wie folgt dar: Ich schreibe die Anwesenheitslisten der bei der
FaSubZwei beschäftigten Mitarbeiter. In der Früh hole ich mit dem 7-sitzigen Auto meiner Gattin die Arbeiter in StadtrandWien o. WienerStadtteil ab. Danach kann ich mir die Zeit einteilen wie ich will. Stundenliste führe ich nicht, meine geleisteten Stunden gebe ich Hrn. Herr4 jeden Tag telefonisch bekannt. Die Stundenlisten betreffend die Mitarbeiter gebe ich einerseits in die Geschäftsleitung der kuzeBezeichBf täglich, andererseits werden diese Aufzeichnungen an Personen die als Vertraute des Herr4, fungieren weiter gegeben. Diese Übergabe findet nicht in der Firma statt, sondern an verschiedenen Orten in Wien. Ich erkenne diese Personen deswegen, weil ich mit ihnen sowie in der SubGmbH2, als auch in der Sub0 GmbH gearbeitet habe. Nach Bedarf bringe ich das Personal am Abend wieder an einen Verkehrsknotenpunkt nach Wien. Manche fahren auch mit der Schnellbahn nach Hause. … Im Falle eines Krankenstandes oder Urlaubes muss ich Hrn. Herr4 verständigen. Die anderen Mitarbeiter müssen dies bei mir melden …
Die Mitarbeiter der
Sub2 sind laut Firmengesetz der kuzeBezeichBf GmbH verpflichtet, einheitliche Kleidung sowie Sicherheitsschuhe zu tragen, diese wir von der kürzereBezeichnBf GmbH kostenlos zur Verfügung gestellt und auch gereinigt."

Aktenkundig ist weiters eine Niederschrift (urspr.BFG-Akt Bl. 239 ff.), die am von der Finanzpolizei mit Herr8 aufgenommen wurde, welcher bei der Fa. kuzeBezeichBf am als Kartoffelschlichter arbeitend angetroffen worden war und aussagte: "Ich bin seit 19 Jahren in Österreich aufhältig und der deutschen Sprache in Wort und Schrift voll mächtig. Ich habe an der Wirtschaftsuniversität in Wien studiert und das Studium derzeit auf Eis gelegt.
Durch Mundpropaganda bin ich im Jahr 2009 zur Fa.
Sub0 gestoßen und habe die Arbeit in SitzBf bei der Fa. Y1gmbH aufgenommen. Im Februar 2011, habe ich Hrn. Herr4, kennen gelernt. Er hat mir angeboten, für die Fa. SubGmbH2 auf dem Gelände der Y1gmbH in SitzBf zu arbeiten. Einen schriftlichen Dienstvertrag gibt es nicht. Für mich ist nur wichtig, dass ich krankenversichert bin und die Firma die Beiträge bezahlt.
Ich arbeite also seit unter diesen Voraussetzungen als Schlichter. Die Dienstzeiten werden von
herrSieben vorgegeben und muss ich diese einhalten. Meine geleisteten monatlichen Arbeitsstunden belaufen sich auf ungefähr 170. Diesbezüglich werden Stundenlisten vom Arbeitgeber als auch von mir geführt. Ich habe jedenfalls nie Rechnungen an die SubGmbH2 gelegt zw. Wurden mir auch nie Gutschriftsbelege gegeben. Ich erhalte jedenfalls monatlich einen Lohnzettel. Die Kontrolle über meine zu leistenden Arbeiten übt der Abteilungsleiter, der bei der Fa. kuzeBezeichBf GmbH beschäftigt ist, aus. Im Falle von Abwesenheiten (Urlaub, Krankheit) muss ich dem Abteilungsleiter und Herr7 bescheid geben. Die Kleidung wird von der Fa. kuzeBezeichBf GmbH kostenlos zur Verfügung gestellt und gereinigt. Wen ich gefragt werde wer eigentlich mein Chef ist, gebe ich bekannt, dass dies der Abteilungsleiter ist, dem ich auch weisungsgebunden bin. Was der Abteilungsleiter sagt, muss ich auch machen."

Die vorgenannte SubGmbH2, genauer SubGmbHzwei, FN FNsub2, ab infolge Konkursabweisung mit dem Zusatz "in Liquidation", am Firma gelöscht gemäß § 40 FBG, war im Februar 2010 gegründet worden. Ihr Sitz und ihre Geschäftsanschrift waren in Linz. Ihre Gesellschafter waren herr4, geb. Gebdatum4, und Herr9. Ihr Geschäftsführer war herr4, geb.Gebdatum4. (Firmenbuchauszug: BFG-Akt F Bl. 72)

Aktenkundig ist eine am unterschriebene Rahmenvereinbarung zwischen der ursprBf als Auftraggeberin und der SubGmbH1 als Auftragnehmerin (urspr.BFG-Akt Bl. 232 ff), wo im dritten Absatz der Präambel ausgeführt wird: "Die Auftraggeberin beabsichtigt zur Erfüllung der von ihr akquirierten Aufträge die Auftragnehmerin als Subunternehmerin für den Abpackbetrieb (Verlesen, Sortieren, maschinelle Verpackung, Schlichten und Kommissionieren für die Kunden des Auftraggebers) einzusetzen. Die Betreuung der Kunden bleibt der Auftraggeberin vorbehalten. Die Tätigkeit als Subunternehmer bezieht sich ausschließlich auf den Abpackbetrieb."
Unter Punkt 2 (Vertragsgegenstand) wird ausgeführt: "Auf der Grundlage dieser Rahmenvereinbarung wird die Auftragnehmerin Leistungen im Bereich des maschinellen Abfüllens und Abpackens von Waren (Lohnverpackung) an die Auftraggeberin wie bereits vorher erwähnt zu erbringen. Der konkrete Leistungsumfang der zu erbringenden Leistungen wird im Einzelfall gesondert festgelegt und richtet sich nach den jeweiligen Anforderungen des Kunden der Auftraggeberin.
Die Auftragnehmerin schuldet die fachlich einwandfreie, selbständige Ausführung der im Einzelfall vereinbarten Leistungen bzw. die Herstellung des vereinbarten Arbeitsergebnisses.
In Punkt 3 (Grundsätze der Leistungserbringung) wird u.a. ausgeführt: "… Bei der Erbringung der Leistungen verwendet die Auftragnehmerin die Betriebsmittel des Auftraggebers (maschinelle Abfüllanlagen und Stapler). Die Kosten dieser Betriebsmittel hat der Auftraggeber selbst zu tragen.
Die Auftragnehmerin hat je nach den konkreten Anforderungen ausreichend qualifiziertes Personal einzusetzen. …"

In Punkt 5 (Preise, Rechnungslegung, Zahlungsbedingungen) wird u.a. ausgeführt: "Die Leistungen werden grundsätzlich pro abgepackten kg, abgepackter Tonne, Palette, Rollcontainer oder einer im Vorfeld vereinbarten Einheit abgerechnet. Falls keine Pauschale vereinbart wurde, erfolgt die Abrechnung entsprechend den aufgewendeten Zeiten und zu den vereinbarten Stundensätzen. …
Die vereinbarten Preise[n] verstehen sich als Fixpreise und beinhalten alles, was zur ordnungsgemäßen Ausführung der vereinbarten Leistungen notwendig ist, einschließlich aller Kosten, die bei Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung der Auftragnehmerin anfallen."

Die SubGmbH1 legte in den streitgegenständlichen Wirtschaftsjahren bzw. umsatzsteuerlichen Veranlagungszeiträumen (Juni 2009 bis Mai 2010, Juni 2010 bis Mai 2011 sowie Juni 2011 bis Mai 2012) Rechnungen an die ursprBf.

Die Rechnungen der SubGmbH1 an die ursprBf enthalten Positionen mit achterlei Arten von Leistungsbeschreibungen und Angaben zum Leistungsumfang:


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Beschreibung der sonstigen Leistung
Umfang d.sonst.Leistg.
1) Tonnagen für Zeitraum …
Sortieren, Verpacken von Gemüseprodukten
Anzahl ohne Angabe, dass es sich um Stunden bzw. kg handelt
(siehe Anm. a und b)
2) Tonnagen für Zeitraum …, Abteilung Wurzelgemüse und Abteilung Bioware (Zwiebel und Kartoffel)
Sortieren, Verpacken von Gemüseprodukten
Anzahl ohne Angabe, dass es sich um Stunden bzw. kg handelt
(seine Anm. a und b)
3) xy_Halle
Abpacken von konventionellen Zwiebeln u. Kart.
Anzahl ohne Angabe, dass es sich um Stunden bzw. kg handelt
(siehe Anm. b)
4) [zusätzliche Position auf mehreren Rechnungen]
Pauschale f. Karottenw.-Silo Reinigung
1
5) [zusätzliche Position auf einigen Rechnungen]
Sonderkosten bzw. Pauschale laut Vereinbarung mit GfDrei
1
6) [zusätzliche Position auf einer Rechnung]
Arbeitsleistung Küche abbauen/Siemens
51, und zwar ohne Angabe, dass es sich um Stunden handelt
(siehe Anm. a)
7) Bürokaufmann bzw. Schlosser
Arbeitsstunden lt. Zeitnachweis
es ist erkennbar, dass es sich bei der jeweiligen Anzahl um Stunden handelt (siehe Anm. a)
8) Rechnung Nr. 442 vom , Zeitraum November 2010, Stunden, die außerhalb des normalen Betriebsablaufes in der xy_Halle geleistet wurden
Keine Ware am
Zwiebel (innen weich) Ware retour am 12.11.
Ware von Kunde10 retour, 70 Gitterboxen auspacken
es ist erkennbar, dass es sich bei der jeweiligen Anzahl um Stunden handelt
(siehe Anm. a)

Anm. a) Dort, wo der Einzelpreis 12,80 € ist, hat sich im Laufe des Verfahrens (insb. durch die Rechnung Nr. 442) herausgestellt, dass dieser Einzelpreis pro Stunde gilt, d.h. die Anzahl in der betreffenden Zeile einer Rechnung bezieht sich auf die Einheit Stunde. Abrechnungen per Stunde erfolgten in den Zeiträumen Juni bis August 2009 (ausschließlich) sowie teilweise in den Zeiträumen September 2009 bis Jänner 2010 und Mai 2010 (Küche abbauen) und August 2010 und November 2010 (Rechnung Nr. 442).

Anm. b) Dort, wo der Einzelpreis 0,105 € (bzw. 0,095 €) ist, hat sich im Laufe des Verfahrens herausgestellt, dass dieser Einzelpreis pro kg gilt, d.h. die Anzahl in der betreffenden Zeile einer Rechnung bezieht sich auf die Einheit kg. Abrechnungen per kg erfolgten ab September 2009, anfangs parallel zu Abrechnungen per Stunde.

Bei der ursprBf fand ab Jänner 2014 eine Außenprüfung statt.

Der Prüfer beanstandete am einen Teil der von der SubGmbH1 stammenden Rechnungen mit einem 10.000,00 € übersteigenden Gesamtbetrag (inkl. USt), weil sie die UID-Nummer der Leistungsempfängerin nicht enthielten. Da diese Rechnungen die UID-Nummer der ursprBf enthalten müssten, sei der Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen zu versagen. Die Summe der beanstandeten Rechnungsnettobeträge war 1.467.199,62 € für das Wirtschaftsjahr Juni 2009 bis Mai 2010, 1.308.373,45 € für das Wirtschaftsjahr Juni 2010 bis Mai 2011 und 494.221,52 € für das Wirtschaftsjahr Juni 2011 bis Mai 2012. (Finanzamtsakt, OZ 6). Der Prüfer teilte dies der steuerlichen Vertretung der ursprBf folgendermaßen mit:

Betr. Wirtschaftsjahr/Veranlagungszeitraum 6/2009 bis 5/2010:


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Rechnungsdatum
Rechnungsnummer
ER-Nummer
Rechnungsnettobetrag
135
204
50.309,12 €
138
246
10.496,54 €
146
423
70.569,60 €
156
478
11.194,59 €
166
683
9.113,07 €
175
684
94.828,80 €
184
912
88.678,40 €
195
1014
16.188,69 €
197
1118
82.425,60 €
214
1368
57.593,87 €
198
1117
73.492,76 €
215
1362
53.062,40 €
214
1368
57.593,87 €
225
1579
73.945,60 €
226
1580
88.941,83 €
241
1733
67.097,60 €
240
1767
63.079,80 €
252
1890
55.011,84 €
251
1896
65.083,94 €
277
2033
74.510,31 €
278
2034
50.368,00 €
291
2143
66.766,79 €
292-neu
2144
71.958,70 €
317
2292
57.424,00 €
318
2293
57.383,90 €
Summe
Wirtschaftsjahr
1.467.119,62 €

Betr. Wirtschaftsjahr/Veranlagungszeitraum 6/2010 bis 5/2011:


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Rechnungsdatum
Rechnungsnummer
ER-Nummer
Rechnungsnettobetrag
328
118
42.352,00 €
329
119
58.735,54 €
363
294
41.052,48 €
370
295
50.400,96 €
376
406
31.810,59 €
377
407
83.158,72 €
397
533
79.284,80 €
421
673
84.748,80 €
398
534
25.406,01 €
420
674
30.661,68 €
441
862
26.805,66 €
440
864
73.915,20 €
460
991
25.719,75 €
459
992
94.353,60 €
477
1117
22.922,55 €
474
1118
80.478,72 €
492
1252
77.476,80 €
494
1255
28.140,00 €
523
1417
26.743,50 €
522
1415
103.004,80 €
540
1530
100.091,20 €
539
1531
30.491,58 €
568
1645
40.250,70 €
567
1646
50.367,81 €
Summe
Wirtschaftsjahr
1.308.373,45 €

Betr. Wirtschaftsjahr/Veranlagungszeitraum 6/2011 bis 5/2012:


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Rechnungsdatum
Rechnungsnummer
ER-Nummer
Rechnungsnettobetrag
596
120
70.146,20 €
621
205
76.698,20 €
658
300
88.029,85 €
693
413
111.970,00 €
715
510
115.039,75 €
887
1004
9.668,75 €
909
1100
22.668,77 €
Summe
Wirtschaftsjahr
494.221,52 €

In einem mit datierten Schreiben (urspr.BFG-Akt Bl. 331 f.), das die SubGmbH1im Briefkopf enthielt und an die ursprBf gerichtet war und das den Betreff "Sammel-Rechnungsberichtigung- bzw. -ergänzung" hatte, wurde ausgeführt: "Hinsichtlich der nachstehend angeführten Rechnungen erfolgt mit diesem Schreiben die Ergänzung der auf diesen Rechnungen fehlenden Rechnungsangabe (nämlich die fehlende UID des Leistungsempfängers).
[Es folgte eine Liste der betreffenden Rechnung mit Datum und Nummer.]
Die Umsatzsteueridentifikationsnummer (UID) der [ursprBf] (=Leistungsempfänger) lautet UIDursprünglBf."

Nach Ansicht von Betriebsprüfer und Finanzamt sei die Rechnungsberichtigung unwirksam gewesen, weil die SubGmbH1 zum Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung

  • ihre unternehmerische Tätigkeit bereits eingestellt habe,

  • im Firmenbuch bereits gelöscht worden sei,

  • keine aufrechte UID-Nummer mehr gehabt habe,

  • nicht mehr wirksam durch Herr2 vertreten habe werden können.

Weiters wurde in der Niederschrift über die Schlussbesprechung (kombiniert mit dem Außenprüfungsbericht; OZ 15 im Finanzamtsakt; Bl. 136 ff im urspr. BFG-Akt) in Zweifel gezogen, dass die SubGmbH1 überhaupt Leistungen an die ursprBf erbracht habe.
Weiters sei der Umfang der sonstigen Leistung (nur eine Zahlenangabe ohne Angabe der Einheit, auf die sich die Zahl bezieht) in den Rechnungen nicht entsprechend angegeben, sodass § 11 Abs. 1 Z 3 lit. c UStG (Angabe des Umfanges der sonstigen Leistung) nicht erfüllt sei.
Überdies habe die ursprBf nicht die Sortierung und Verpackung einer gewissen Menge landwirtschaftlicher Produkte als Leistung bezogen, sondern sie habe eine gewisse Anzahl an Personal bestellt, um ihren Lieferaufträgen nachkommen zu können. Daher sei auch die Art der sonstigen Leistung in den Rechnungen nicht richtig angegeben.
Weiters wäre eine Bezeichnung der Leistung mit Sortierung und Verpackung nicht ausreichend aussagekräftig.

Als Folge der Außenprüfung wurden 20% der beanstandeten Nettorechnungsbeträge vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen (293.423,24 € für 2010, d.h. für den 2010 beendeten Veranlagungszeitraum; 261.674,69 € für 2011, d.h. für den 2011 beendeten Veranlagungszeitraum; 98.844,30 € für 2012, d.h. für den 2012 beendeten Veranlagungszeitraum).

Die im Gefolge der Außenprüfung in wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen und mit datierten Umsatzsteuerbescheide des Finanzamtes X wiesen folgende Vorsteuer (ohne EUSt, igE etc.) und festgesetzte Umsatzsteuer aus:


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USt-Bescheid
Veranlagungszeitraum
allg.Vorsteuer (ohne EUSt,igE etc.)
festgesetzte Umsatzsteuer
2010 v.
6/2009 - 5/2010
1.571.546,25 €
-15.123,76 €
2011 v.
6/2010 - 5/2011
1.024.455,01 €
190.098,36 €
2012 v.
6/2011 - 5/2012
293.039,56 €
567.836,51 €

Dagegen erhob die ursprBf mit Schreiben vom (Eingangsdatum ) Beschwerde, ergänzt mit Schreiben vom (per Telefax am selben Tag übermittelt). Die ursprBf beantragte die Entscheidung über die Beschwerde durch den Senat gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 lit. a BAO und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 lit. a BAO.

Durch die Versagung des Vorsteuerabzuges werde die Umsatzsteuer im Unternehmensbereich entgegen den nationalen und europarechtlichen Vorgaben (Prinzip der Kosten- und Wettbewerbsneutralität der Umsatzsteuer) zum Kostenfaktor.

Die beanstandeten Rechnungen ab Juli 2011 hätten die korrekte UID-Nummer des Leistungsempfängers ausgewiesen und seien damit bereits ursprünglich nicht mangelhaft gewesen (mit Verweis auf Beilage). Folgende Rechnungen hätten die Angabe der UID-Nummer des Leistungsempfängers enthalten:


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Rechnungsdatum
Rechnungsnummer
ER-Nummer
Rechnungsnettobetrag
621
205
76.698,20
658
300
88.029,85
693
413
111.970,00
715
510
115.039,75
909
1100
22.668,77
414.406,57

Gegen die Unwirksamkeit der Rechnungsberichtigung wurde vorgebracht:

  • zum Argument der amtswegigen Löschung der SubGmbH1:
    Die Löschung im Firmenbuch habe bloß deklarative Wirkung. Die Gesellschaft besitze für Zwecke der gegenständlichen Rechnungsberichtigung als nicht vermögensrechtlichen Abwicklungsbedarf jedenfalls noch entsprechende (Teil)Rechtsfähigkeit. Auch der Verwaltungsgerichtshof bejahe die Möglichkeit einer Rechnungsausstellung und eines Vorsteuerabzuges nach Löschung der Firma ().

  • zum Argument der zum Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung nicht aufrechten UID-Nummer des Leistungserbringers:
    Maßgeblich für den Vorsteuerabzug seien die Verhältnisse im Zeitpunkt des Umsatzes.

  • zum Argument der fehlenden Vertretungsbefugnis:
    Die Kündigung des Dienstverhältnisses von Herr2 umfasse nur das Dienstverhältnis, nicht aber die aufrechte Vollmacht. Die Vollmacht zur Vertretungs- und Handlungsbefugnis für die Gesellschaft, die seit 2011 bestehe, sei auch nicht widerrufen worden, sodass sie auch noch im Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung Gültigkeit besessen habe.

Weiters widerspreche es dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, den Vorsteuerabzug an der fehlenden UID des Leistungsempfängers scheitern zu lassen.

Zum Thema Leistungsbeschreibung wurde vorgebracht:

  • Die Angaben in den Rechnungen der SubGmbH1 enthielten eine Beschreibung der Art der erbrachten Leistung, beispielsweise "Sortieren, Verpacken von Gemüseprodukten", "Pauschale f. Karottenw.-Silo Reinigung" oder "Abpacken von konventionellen Zwiebeln und Kart." und auch den Umfang der Leistungsmenge (Angabe der Menge in kg). Weiters enthielten die Rechnungen Zusatzangaben wie z.B. "Abteilungen Wurzelgemüse und Bioware (Zwiebel und Kartoffel)" oder "Abpacken von Bärlauch in Tassen" oder Tonnagen vom 1.6.- (xy_Halle)". Die Rechnungen entsprächen somit den Anforderungen des § 11 Abs. 1 Z 3 lit. c UStG. Ein Verweis auf andere Belege sei nicht erforderlich.

  • Darüberhinaus sei aus den vorliegenden schriftlichen Vertragsbestimmungen, die die Leistungserbringung der SubGmbH1 regelten, die konkrete Leistung klar erkennbar, und zwar aus dem Anbot vom der Fa. cLimited sowie der Rahmenvereinbarung vom .

  • Weiters lägen zu den monatlichen Rechnungen der SubGmbH1 Aufzeichnungen vor, aus denen beispielsweise für jeden Arbeitstag die Menge der verarbeiteten Zwiebel oder Kartoffeln zu entnehmen sei.

  • Der EuGH habe in der Rechtssache Polski Trawertyn (C-280/10) entschieden, dass eine Rechnung war eine wichtige Dokumentationsfunktion erfülle, dass es jedoch Umstände gebe, in denen die Angaben auf andere zulässige Weise als durch eine Rechnung nachgewiesen werden könnten.

Die ursprBf habe nachweislich sortiertes und abgepacktes Gemüse an die drei Großkunden Kunde10, Kunde11 und Kunde12 geliefert. Die Zweifel der belangten Behörde an der Leistungserbringung durch die SubGmbH1 entbehrten jeder Grundlage. Die ursprBf habe diese Leistungen samt der anfallenden Umsatzsteuer bezahlt.

Der EuGH betone in seiner ständigen Rechtsprechung, dass die nationalen formalen Anforderungen an Rechnungen nicht so gestaltet und ausgelegt werden dürften, dass sie die Neutralität der Umsatzsteuer in Frage stellten (Verweis auf , HE).

Das Finanzamt X erließ an die nunmehrige Beschwerdeführerin (nunmBf) als Rechtsnachfolgerin der ursprBf eine mit datierte, abweisende und zu Ungunsten der nunmBf abändernde Beschwerdevorentscheidung (BVE).

Dem Beschwerdevorbringen wurde entgegnet:

  • Aus der beabsichtigten Berichtigung auch der Rechnungen Nr. 621, 658, 693, 715 und 909 sei zu schließen, dass diese in ihrer Ursprungsform mangelhaft gewesen seien, indem sie die UID-Nummer des Leistungsempfängers enthielten.

  • Hinsichtlich Rechnungsberichtigung: Das Abstellen auf die Situation im Leistungszeitpunkt betreffe etwas anderes. Ein Rechnungsberichtigungsversuch falle nicht unter einen Abwicklungstatbestand; er schiebe das Ende der Unternehmereigenschaft nicht hinaus. Laut Mitteilung der Geschäftsführerin der SubGmbH1, frau5, vom , habe die SubGmbH1 ab keine Tätigkeit mehr ausgeübt. Damit sei das Unternehmen aufgegeben worden. Nach Beendigung der Unternehmereigenschaft könnten keine wirksamen Rechnungsberichtigungen vorgenommen werden (Verweis auf ). Mit Betriebseinstellung sei auch die Vollmacht für Herr2 beendet worden; aufgrund der Löschung im Firmenbuch könne keine unverschuldete Unkenntnis der Vollmachtsbeendigung vorliegen.

  • Hinsichtlich Leistungsbeschreibung: Bis einschließlich der Schlussbesprechung vom sei nichts zu einer ausreichenden Leistungsbeschreibung vorgebracht worden. Daher sei das nunmehrige Vorbringen, dass die Rechnungen die Erfordernisse betreffend Art und Umfang der Leistung erfüllten, unglaubwürdig. Die Leistungsbezeichnung in der Rahmenvereinbarung vom (maschinelles Abfüllen und Lohnverpackung) erfülle die Erfordernisse einer Leistungsbezeichnung iSd § 11 UStG nicht. In der Rahmenvereinbarung vom werde ausgeführt: "… Der konkrete Leistungsumfang der zu erbringenden Leistungen wird im Einzelfall gesondert festgelegt …" Es sei unzutreffend, dass die Menge in kg angegeben sei. Im Fall von , Polski Travertyn, sei die Vorsteuerabzugsberechtigung deshalb bestätigt worden, weil es sich beim Leistungsempfänger um eine Vor(gründungs)gesellschaft gehandelt habe.

  • Hinsichtlich Leistungserbringung: Die Aussage des bei der ursprBf arbeitend angetroffenen Herrn herr8 bestätige die Weisungsgebundenheit gegenüber der ursprBf und damit die Ansicht des Finanzamtes, wonach Leistungsgegenstand gegenüber der ursprBf die Personalbeistellung - auch gedanklich übertragen auf die SubGmbH1 - gewesen sei.
    Eine Zuordnung der Leistung an die SubGmbH1 sei nicht möglich.

Daher sei die Vorsteuer aus sämtlichen einschlägigen Rechnungen der SubGmbH1 zu verwehren. Zusätzlich zu den bisher in den angefochtenen Bescheiden betroffenen Rechnungen waren von der Vorsteuerkürzung laut einer Aufstellung in der Beschwerdevorentscheidung folgende Rechnungen betroffen:

Betr. Wirtschaftsjahr/Veranlagungszeitraum 6/2009 bis 5/2010:


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Rechnungsdatum
Rechnungsnummer
ER-Nummer
Rechnungsnettobetrag
136
205
1.632,63 €
141
260
506,81 €
149
424
485,63 €
189
933
7.576,59 €
196
1019
788,55 €
Summe
Wirtschaftsjahr
10.990,21 €

20% davon ergaben die zusätzliche Vorsteuerkürzung (2.198,04 €).

Betr. Wirtschaftsjahr/Veranlagungszeitraum 6/2010 bis 5/2011:


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Rechnungsdatum
Rechnungsnummer
ER-Nummer
Rechnungsnettobetrag
442
863
1.958,40 €

20% davon ergaben die zusätzlich Vorsteuerkürzung (391,68 €).

Betr. Wirtschaftsjahr/Veranlagungszeitraum 6/2011 bis 5/2012:


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Rechnungsdatum
Rechnungsnummer
ER-Nummer
Rechnungsnettobetrag
766
616
91.413,94 €
794
708
104.154,00 €
824
821
117.487,44 €
844
912
92.026,50 €
886
1002
79.377,50 €
910
1099
102.378,20 €
931
1166
97.525,63 €
Summe
Wirtschaftsjahr
laut BVE
586.837,58 €
(Summe
Wirtschaftsjahr
tatsächlich
684.363,21 €)

(Anmerkung: Bei der Aufsummierung in der BVE ist der letzte Posten (97.525,63) nicht enthalten. Da die Berechnung der anzuerkennenden Vorsteuer im vorliegenden Erkenntnis schließlich vom Betrag laut ursprünglichem USt-Bescheid 2012 vom abgeleitet wird, ist die Diskrepanz bei der vorhergehenden Addition nicht entscheidungsrelevant.)
20% von 586.837,58 € ergaben die zusätzliche Vorsteuerkürzung (117.367,52 €).

Die BVE vom wies folgende Vorsteuern (ohne EUSt, igE etc.) sowie folgende festgesetzte Umsatzsteuern aus:


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betreffend USt für
Veranlagungszeitraum
allg.Vorsteuer (ohne EUSt,igE etc.)
festgesetzte Umsatzsteuer
2010
6/2009 - 5/2010
1.569.348,21 €
-12.925,72 €
2011
6/2010 - 5/2011
1.024.063,33 €
190.490,04 €
2012
6/2011 - 5/2012
175.672,04 €
685.204,03 €

Dagegen stellte die nunmBf mit Schreiben vom den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht gemäß § 264 BAO (Vorlageantrag). In dessen Abschnitt 2.5 (ab Seite 11 des Schreibens) wird als Reaktion auf die Beschwerdevorentscheidung (BVE) ergänzend vorgebracht:

  • Zum Thema der fehlenden UID-Nummer des Leistungsempfängers: Der Betriebsprüfer habe am eine Liste der Rechnungen mit fehlender UID-Nummer vorgelegt. Diese Liste sei unverändert auch für die Sammel-Rechnungsberichtigung bzw. -ergänzung durch die SubGmbH1 am herangezogen worden. Diese Liste sei fehlerhaft gewesen. Ab Juli 2011 seien die Rechnungen der SubGmbH1 mit UID-Nummer des Leistungsempfängers ausgestellt worden, somit auch die Rechnungen mit den Nummern 621, 658, 693, 715 und 909.
    Mit der BVE seien weitere Rechnungen, die in der vorangeführten Liste nicht enthalten gewesen seien, z.B. Nr. 766, 794, 824, 844, 910 und 931, als mangelhaft angesehen worden, wofür eine Begründung fehle. Die Behauptung in der BVE, wonach sämtliche Rechnungen im Ursprungszustand keine UID-Nummer des Leistungsempfängers enthalten hätten, sei tatsachenwidrig.

  • Zum Thema Rechnungsberichtigung: Die Unternehmereigenschaft falle nicht schon mit der Einstellung des Betriebes weg, sondern erst mit dem letzten Akt unternehmerischer Tätigkeit. Der VwGH habe in seiner Entscheidung , 95/15/0179 die Rechnungsausstellung nach Löschung der leistenden GmbH im Firmenbuch zugelassen; wenn dies zugelassen sei, sollte auch eine Rechnungsberichtigung möglich sein. Nur das Dienstverhältnis von Herrn HerrZwei sei per von der Geschäftsführung der SubGmbH1 gekündigt worden. Dass auch die Vollmacht von Frau Frau5 widerrufen worden sei, sei nicht ersichtlich.

  • Zum Thema Leistungserbringung: Von der Aussage des bei der SubGmbH2, einer völlig anderen Gesellschaft, beschäftigten Herrn herr8 vom , der den Anweisungen eines Abteilungsleiters der kuzeBezeichBf GmbH Folge leisten habe müssen, habe die belangte Behörde in Form einer gedanklichen Übertragung abgeleitet, dass auch der Leistungsgegenstand der SubGmbH1 eine Personalgestellung an die ursprBf gewesen sei. Dem stünden anderslautende Unterlagen und Dokumente wie Rechnungen, interne Aufzeichnungen, der Rahmenvertrag und das Vertragsanbot entgegen. Diese seien außerdem rechtzeitig vorgelegt worden.

Nachstehende, von der SubGmbH1 ausgestellte Rechnungen hätten die UID des Leistungsempfängers enthalten. Der Umsatzsteuerbescheid 2012 sei hinsichtlich der darauf entfallenden Umsatzsteuer von 200.248,83 € unrichtig.


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Rechnungsdatum
Rechnungsnummer
ER-Nummer
Rechnungsnettobetrag
621
205
76.698,20 €
658
300
88.029,85 €
693
413
111.970,00 €
715
510
115.039,75 €
909
1100
22.668,77 €
766
616
91.413,94 €
794
708
104.154,00 €
824
821
117.487,44 €
844
912
92.026,50 €
886
1002
79.377,50 €
910
1099
102.378,20 €
931
1166
97.525,63 €
1.001.244,15 €

Anm.: Diese Summe laut Vorlageantrag enthält den letzten Posten nicht; inkl. des letzten Postens wäre die Summe 1.098.769,78 €. Da die Berechnung der anzuerkennenden Vorsteuer im vorliegenden Erkenntnis schließlich vom Betrag laut ursprünglichem USt-Bescheid 2012 vom abgeleitet wird, ist die Diskrepanz bei der vorhergehenden Addition nicht entscheidungsrelevant

Das Finanzamt X legte am die Beschwerde vom (Eingangsdatum) gegen die Umsatzsteuerbescheide 2010 bis 2012 vom an das Bundesfinanzgericht (BFG) vor.

Am fand gemäß § 269 Abs. 3 BAO ein Erörterungstermin am BFG statt, in dessen Verlauf der Antrag auf Entscheidung durch den Senat zurückgezogen wurde. Der steuerlichen Vertretung wurde ausgefolgt: 9 Seiten Auszüge aus dem Arbeitsbogen des Prüfers "Detailprüfung Fremdleistungen im WJ. 2009/2010, 2010/2011, 2011/2012".
Verwiesen wurde auf Dankowski (fehlende UID-Nr.); Barlis; Senatex (Rechnungsberichtigung ex tunc oder ex nunc); Gamesa; SWK Heft 31/2018 Artikel: "Die unendliche Geschichte: Rechnungen und Vorsteuerabzug".

Mit Schreiben vom erläuterte die steuerliche Vertretung der nunmBf (urspr.BFG-Akt Bl. 19 ff.):
"Die [ursprBf] hatte von ca. 2007 bis 2011 gegenüber ihrem Hauptstandort eine ausgelagerte Halle (die sogenannte XY_halle) zum Abpacken von Biogemüse angemietet. Am Hauptstandort in SitzDerBf wurden zu diesem Zeitpunkt ausschließlich konventionelle Produkte (d.h. Nicht-Bio-Ware) abgepackt. Aufgrund eines Strategiewechsel der damaligen Geschäftsführung als Reaktion auf den steigenden Bio-Boom wurde die Bio-Produktion für Biomarken stark ausgeweitet und aus Platzgründen an den Hauptstandort übersiedelt. Dazu waren im Vorfeld umfangreiche Reinigungsarbeiten notwendig, weil der Hauptstandort durch Herbizid-Spritzmittelrückstände (insbesondere durch Chlorpropham) auf den bislang abgepackten Produkten nicht bio-tauglich war. Dazu wurde der gesamte Hauptstandort im Sommer 2009 im Trockeneis-Verfahren aufwendig gereinigt und anschließend die Bio-Produktion von der XY_halle an den Hauptstandort übersiedelt. Dafür hat sich die [ursprBf] ebenfalls der Dienste der SubGmbH1 bedient.
Die konventionelle Produktion von Kartoffeln und Zwiebeln wurde nach Übersiedlung der Bio-Abteilung an den Hauptstandort in die
XY_halle ausgelagert und ausschließlich von der Auftragnehmerin durchgeführt, für deren Erfüllung es vereinbarte kg-Sätze gab. Die Abrechnung der Sortier- und Verpackungsleistungen erfolgte daher vereinbarungsgemäß nach der Produktionsmenge (kg), wie aus sämtlichen betreffenden Rechnungen und Rechnungsbeilagen ersichtlich ist. Art und Umfang der erbrachten Leistungen sind darin eindeutig dokumentiert und nachvollziehbar.
Für die am Hauptstandort durchgeführte Bio-Abpackarbeit waren während einer Übergangsphase Regiestundensätze vereinbart und wurden entsprechend abgerechnet. Auch dies ist aus den betreffenden Eingangsrechnungen der
SubGmbH1 und den Rechnungsbeilagen (Zeitlisten) ersichtlich, Art und Umfang der erbrachten Leistungen sind eindeutig dokumentiert und nachvollziehbar. Betriebsintern wurden die verrechneten Zeiten und Stundensätze zu Vergleichszwecken ebenfalls auf Produktionsmengen (kg) umgelegt.

Folgende Verrechnungssätze waren vereinbart (siehe auch die im Rahmen der Betriebsprüfung und des Verfahrens bereits vorgelegten Unterlagen) und wurden entsprechend verrechnet:

  • Schlosser: Stundensatz von 22,50 Euro plus evtl. Zuschläge von 15% für erschwerte Arbeiten

  • Bürokaufmann: Stundensatz von 18,50 Euro

  • Regiestunden (inkl. Sortieren und Abpacken Bio-Ware): Stundensatz von: 12,80 Euro

  • Abpacken von konventionellem Gemüse: 0,105 Euro pro abgepacktem kg"

Weiters wurden beispielhaft zwei Eingangsrechnungen erläutert:

Rechnung der SubGmbH1 vom , Rechnungsnr. 214:

  • Es sei das Abpacken von konventionellen Zwiebeln und Kartoffeln abgerechnet worden.

  • Es sei eine Produktionsmenge von 548.513 kg zu einem kg-Preis von 0,105 Euro abgerechnet worden. Die Aufteilungen dieser Produktionsmenge auf die einzelnen Chargen bzw. Tage sei aus der Aufstellung der Produktionsmengen ersichtlich.

  • Die Produktionsmengenliste (Beilage zur Rechnung) zeige folgende Informationen:
    Menge abgepackte Kartoffel in kg, Menge abgepackte Zwiebel in kg, Gesamtmenge (Summe) in kg; das Minus bei den Mengen ergebe sich aus der Logik der Produktionsstatistik (fertig abgepackte Menge = Abgang aus dem Produktionsprozess, daher Minus);
    %-Abzug für Ausschuss im Produktionsprozess (Sortier- und Verpackungsprozess), das sogenannte Bonitierergebnis für Kartoffel, Zwiebel und mengengewichtet.

Rechnung der SubGmbH1 vom , Rechnungsnr. 146:

  • Es sei das Sortieren und Verpacken von Gemüseprodukten aus der Bio-Produktion abgerechnet worden.

  • Es sei eine Stundenanzahl von 5.513,25 zu einem Stundensatz von 12,80 € verrechnet worden. Die Stundensummen je Tag und Vorarbeiter sowie Produktgruppe seien der Rechnungsbeilage zu entnehmen. Für den Vorarbeiter Herr7 seien in diesem Fall vereinbarungsgemäß nur 50% der geleisteten Stunden in Rechnung gestellt worden.

Mit Schreiben - ebenfalls vom - brachte das Finanzamt X beim BFG eine Stellungnahme ein (urspr.BFG-Akt Bl. 28 ff.), nach welcher folgende Punkte wesentlich seien:
"1. Ist eine Leistungserbringung durch die SubGesmbH1 überhaupt gegeben bzw. eine dieser zuordenbar?
2. Ist ein Vorsteuerabzug ohne Rechnungsberichtigung bei einer tatsächlichen Leistungserbringung der
SubGesmbH1 aufgrund der - von der Beschwerdeführerin - nunmehr als vorliegend benannten bzw. vorhanden bezeichneten Unterlagen möglich; ist eine Nachreichung auch im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht ausreichend?
3. Ist eine Rechnungsberichtigung bei nichtausreichenden Unterlagen, bei nichtentsprechender Angabe des Leistungszeitraumes ohne entsprechende andere Unterlagen, wegen fehlender UID-Nummer, wegen des nichtausreichend Seins der Nachreichung vor dem BFG überhaupt noch als umsatzsteuerlich relevante bzw. wirksame Berichtigung anzusehen?
4. Ist ein Vorsteuerabzug ohne (berichtigte) Rechnung überhaupt möglich?"

Zu 1 brachte das Finanzamt vor, dass die Betätigung der SubGmbH1 laut Sozialversicherungsauszug mit Überlassung von Arbeitskräften betitelt werde.

Weiters verwies das Finanzamt auf § 4 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG), aufgrund dessen im gegenständlichen Fall das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz anzuwenden gewesen sei. Deshalb sei in allen Fällen nach Arbeitsstunden abzurechnen gewesen. Somit seien die Aussagen und Unterlagen über eine - teilweise - mengenmäßige Leistungsabrechnung mit der SubGmbH1 nicht besonders glaubhaft.

Weiters sei gemäß § 6 Abs. 1 AÜG iVm § 26 Abs. 1 Arbeitzeitgesetz (AZG) die ursprBf als Beschäftigerin verpflichtet gewesen, Aufzeichnungen über die Arbeitszeiten der Arbeiter zu führen. Hingegen fehlten diese Aufzeichnungen betreffend die Arbeiter der SubGmbH1 und befänden sich bei dieser.

Erst im Rahmen der Beschwerde seien drei Rechnungen samt Beilagen übermittelt worden, mit welchen offensichtlich eine Nachweisung der mengenmäßigen Abrechnung bezweckt werde, wobei aus den Beilagen nicht ohne zusätzliche Erläuterungen eine entsprechende Nachvollziehbarkeit möglich sei. Derartige zusätzliche Erläuterungen gebe es aber offensichtlich nicht, sodass die genannten Beilagen nicht die für den Vorsteuerabzug erforderlichen Informationen lieferten.

Weiters enthielten die Rechnungen als Leistungszeitraum nur die Monatsbezeichnung und das Jahr; dies sei in Analogie zur EuGH-Rechtsprechung (Rs C-516/14, Barlis 06, Rn 28 bis 35) nicht ausreichend.

Weitere Auffälligkeiten sieht das Finanzamt darin, dass für jeweils denselben Monat zwei Rechnungen ausgestellt worden seien. Für den Monat Jänner 2011 läge zwei Rechnungen iHv 22.922,55 € und 80.478,80 € vor Aufgrund der AJ-WEG Dienstnehmerauskunft sei bei der SubGmbH1 aber nur ein Arbeiter beschäftigt gewesen.

Zu 2 brachte das Finanzamt vor, dass nach der EuGH-Rechtsprechung die Ergänzung bzw. Berichtigung einer Rechnung nur im Rahmen des Verfahrens vor der Steuerverwaltung/Steuerbehörde als steuerwirksam anzusehen sei. Das Gericht habe (nur) zu prüfen, ob der Steuerverwaltung die notwendigen Informationen vorgelegen seien (dann Vorsteuerabzug) oder nicht (dann kein Vorsteuerabzug). Mit der nationalen Behörde meine der EuGH die Steuerverwaltung und nicht das vorlegende Gericht.

Zu 4 brachte das Finanzamt vor, dass laut EuGH eine Rechnung erforderlich sei.

Am fand die beantragte mündliche Verhandlung (Niederschrift: urspr.BFG-Akt Bl. 46 f.) über die Beschwerde statt, in deren Rahmen drei Zeugen einvernommen wurden.

Der Zeuge Herr13 von der Finanzpolizei sagte aus (Niederschrift: urspr.BFG-Akt Bl. 50 f.), dass er bzw. die Finanzpolizei ab 2008 fast jährlich bei der KurzbezBf gewesen seien und Kontrollen durchgeführt hätten; der Grund seien jeweils anonyme Anzeigen gewesen. Thema der Anzeigen sei jeweils gewesen, dass die Arbeitnehmer der dort tätigen Leihfirmen zwar offiziell angemeldet gewesen wären, aber nicht entsprechend entlohnt worden wären. Sie wären meistens nur 20 Stunden angemeldet gewesen, hätten aber aufgrund der Behauptungen in Anzeigen einen Teil "schwarz" kassiert. Man habe in den verschiedenen Hallen der Bf. die dort anwesenden Arbeiter kontrolliert. Es sei auch regelmäßig um Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz gegangen. Thema sei gewesen, ob die Arbeiter zum Zeitpunkt der Kontrolle auch tatsächlich angemeldet gewesen wären. Die Stundenlisten habe man ausheben lassen und jedes Mal erhalten. Was die ganzen Leihfirmen betreffe, seien die Bestimmungen nach dem ASVG sowie dem Ausländerbeschäftigungsgesetz in aller Regel eingehalten worden. Seines Wissens seien die Arbeiter der SubGmbH1 ganz normal nach Stunden bezahlt worden. Zu den Nachfolgefirmen Sub3 GmbH, Sub0 GmbH und Sub4 GmbH: Die jeweiligen Arbeiter seien zum Teil bei den einzelnen Leasingfirmen ident gewesen. D.h. sie hätten zur nächsten Firma gewechselt, wenn eine Firma weg gewesen sei.

Der Zeuge Herr14 sagte aus (Niederschrift: urspr.BFG-Akt Bl. 48 f.), dass er Finanzpolizeikoordinator gewesen sei. Er sei im September 2011 selbst vor Ort bei der KurzbezBf gewesen. Die Finanzpolizei habe ihm gemeldet, dass das bei der KurzbezBf kontrollierte Personal nur zu einem kleinen Teil bei der KurzbezBf angemeldet gewesen sei und zu einem größeren Teil von einem Dienstleister gestellt worden sei. Der Dienstleister sei vertragstechnisch die SubGmbH1 gewesen. Man habe festgestellt, dass das Personal größtenteils bei der SubGmbH2 angemeldet gewesen sei und sich das Vertragsverhältnis aber zwischen der KurzbezBf und SubGmbH1 abgespielt habe. Deshalb habe er damals die Geschäftsführung befragt, wie die vertragliche Gestaltung ausschaue. Ihm sei damals berichtet worden, dass die Abrechnungsmodalität in Tonnagen und nicht in Mannstunden erfolge. Ein Vertrag habe nicht vorgelegt werden können.

Auch der Betriebsprüfer wurde als Zeuge einvernommen.

In der mündlichen Verhandlung am wurde seitens der Bf. gegen die Stellungnahme des Finanzamtes vom vorgebracht: Die Ausführungen zur Arbeitskräfteüberlassung hätten umsatzsteuerlich keine Relevanz. Es liege eindeutig eine Werkleistung vor; eine lohnsteuerliche Eingliederung in den Betrieb der KurzbezBf liege nicht vor. Die beiden Rechnungen zum April 2011 beträfen einerseits die Abpackleistungen am Hauptstandort und andererseits, d.h. die zweite Rechnung die in der sog. xy_Halle erbrachten Abpackleistungen.

Seitens des Finanzamtes wurde vorgebracht, dass im Zeitraum Jänner 2011 eine Arbeiterin bei der SubGmbH1 beschäftigt gewesen sei. Diese hätte die Leistungssumme laut Rechnungen nicht alleine erbringen können.

Mit Erkenntnis vom , GZ. RV/7104106/2016 (urpsr.BFG-Akt Bl. 102 ff.) gab das Bundesfinanzgericht (BFG) der Beschwerde Folge.

Das Finanzamt X erhob dagegen Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH).

Der VwGH hob mit Erkenntnis vom , Ro 2019/13/0030 das Erkenntnis des GZ. RV/7104106/2016 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Dies wurde mit der Widersprüchlichkeit der Sachverhaltsannahmen des BFG zu den tatsächlich erbrachten Leistungen begründet. Damit könne nicht abschließend beurteilt werden, ob die in den Rechnungen verzeichnete Leistung mit der erbrachten Leistung übereinstimme.

Im fortgesetzten Verfahren des BFG zu GZ. RV/7102553/2020 übermittelte das Finanzamt dem BFG am (BFG-Akt F Bl. 29 ff.):

  • Niederschrift über Einvernahme von Herrn Herr15 am ;

  • Niederschrift über Einvernahme von Herrn Herr16 am ;

  • vom Betrugsbekämpfungskoordinator (BBKO) erstellte Zusammenstellung.

Nach Ansicht der belangten Behörde wiesen die beiden beigelegten Niederschriften nach, dass die Firmen, welcher sich die ursprBf bedient habe, als nur vorgeschoben anzusehen seien und es sich faktisch um Arbeitsverhältnisse der einzelnen Arbeiter zur ursprBf handele sowie jedenfalls Arbeitsleistungen und nicht Werkleistungen vorlägen. Dies werde durch das beigelegte Dokument mit Zusammenstellungen untermauert, woraus sich ein gewisses System an vorgeschobenen Arbeitnehmergestellungsunternehmen erkennen ließe.

Weiters verwies die belangte Behörde auf das Erkenntnis des , welches die Bauwirtschaft betrifft, aber nach Ansicht der belangten Behörde aufgrund fehlender und mangelhafter Unterlagen auf den vorliegenden Fall analog anwendbar sei.

Weiters äußerte die belangte Behörde folgende Ansicht: "Sollte das BFG trotzdem der Ansicht sein, dass ein Leistungsverhältnis bestand, dann wäre unter Bezugnahme auf die EuGH-Rechtsprechung der Vorsteuerabzug trotzdem zu versagen, da keine Feststellung der Leistung (des genauen Leistungsumfanges) möglich ist. Es wurde in gegenständlicher Causa, wie bereits in der BVE, im Verfahren vor dem BFG und in der Revision ausgeführt, Arbeitsleistungen (sei es der Beschwerdefüherin zuzurechnenden Arbeitnehmern - wie dies die Ansicht der Finanzbehörde ist - oder durch Arbeitnehmer anderer Firmen) erbracht, für welche aber keine Aufzeichnungen mehr bei der Beschwerdeführerin (it. Ihren Aussagen) vorliegen obwohl solche vorgelegen hätten aber an die (vorgeblich) leistende Firma retourniert worden seien. Somit kann ein konkreter Leistungsumfang und damit eine konkrete, bestimmte Leistung nicht festgestellt werden; die Bestimmtheit ist aber eine Voraussetzung für den Vorsteuerabzug."

Laut beigelegter Niederschrift sagte Herr15, Geschäftsführer der Sub4 GmbH ab , bezughabend aus (BFG-Akt F Bl. 32 ff.):
"Frage: Haben Sie Arbeiter von der Sub3 GmbH übernommen? … Wie viele stammen von der Sub3 GmbH
Antwort: Wie viele von der Firma
Sub3 GmbH übernommen wurden kann ich heute nicht mehr sagen. Im Zuge der Gespräche mit der Firma KurzbezBf bzw. anderen Interessenten wurden mir an diese bereits gestellte Mitarbeiter namhaft gemacht und empfohlen, zumal diese in die Arbeitsprozesse voll eingegliedert sind. Mir war damals nicht bewusst, dass diese Arbeitnehmer vormals bei der Firma Sub3 GmbH beschäftigt waren.
Frage: Sie haben angegeben, dass Sie nach der Firmengründung als Personaldienstleister bei verschiedenen Firmen vorstellig wurden und nachgefragt haben, ob Bedarf an Leihpersonal bestünde. Aufgrund Ihrer jetzigen Ausführung ist ersichtlich, dass Sie nicht über das qualifizierte Personal zu diesem Zeitpunkt verfügt haben. Wie konnten Sie also konkrete Aufträge übernehmen, Kalkulationen erstellen und Aufträge übernehmen? Gibt es zu den Anboten schriftliche Unterlagen oder Emailverkehr?
Antwort: Ich bin zufälligerweise hier gelandet und habe bei der
KurzbezBf in Erfahrung gebracht, dass Personalbedarf bestehen könnte. Wann das genau war kann ich heute nicht mehr sagen. Mein Ansprechpartner war damals GfDrei. GfDrei gab mir gegenüber an, dass er noch mit einer Firma zusammenarbeite, aber an eine Auflösung des Vertrages gedacht wird. Er gab mir gegenüber zu verstehen, dass er die Anzahl und die Qualifikation der benötigten Arbeitskräfte mir noch nennen werde. Weiters macht er mich darauf aufmerksam, dass es von Vorteil wäre, wenn die bestehenden Arbeitskräfte eingesetzt werden, zumal diese in die Arbeitsprozesse eingebunden sind. Dass ich künftig die Aufträge von der Firma KurzbezBf erhalten werde, hat sich bei den Arbeitskräften anscheinend herumgesprochen. Diese sind an mich herangetreten, ob ich sie aufnehme."
"Frage: Aufgrund des im Verfahren vorgelegten Rahmenvertrages zwischen der
KurzbezBf und der Sub4, datiert vom geht hervor, dass der Vertragsgegenstand das maschinelle Abfüllen und Abpacken von Waren (Lohnverpackung) Gegenstand der Leistungsbeziehung wäre. Dem zu Folge haben Sie als Geschäftsführer eine Leistung angeboten, zu der die Firma Sub4 GmbH zu diesem Zeitpunkt nicht befugt war. Haben sie diesen Vertrag verfasst?
Antwort: Der Vertrag wurde nicht von mir verfasst, sondern von der
KurzbezBf zur Unterfertigung vorgelegt. Ich ging irrtümlicherweise davon aus, dass die im Vertrag titulierte Lohnverpackung unter Personalgestellung fällt. Ich habe jedenfalls keine Handlungen gesetzt, sodass die Firma KurzbezBf im Glauben wäre, dass ich auch Lohnverpackung anbieten oder erbringen könnte. Dieser Fehler ist mir später aufgefallen und ich habe daher mit Juni 2015 den Gewerbeschein für Lohnverpackung erhalten.

Frage: Laut diesem Vertrag ist vereinbar, dass die Abrechnung nach abgepackter Tonnage zu erfolgen habe und im Vorfeld abgesprochen wurde. Gibt es zu dieser Absprache schriftliche Unterlagen?
Antwort: Dazu gibt es nicht Schriftliches. Die Firma
KurzbezBf hat mir gegenüber den Preis diktiert.
Frage: Sie sind Jungunternehmer, haben Sie kalkuliert, ob sich das ausgeht?
Antwort: Ich habe keine Kalkulation angestellt und kann daher auch nicht beantworten, ob die Preisgestaltung den künftigen Lohnaufwand und sonstigen Aufwand der Firma
Sub4 GmbH decken wird. …
Frage. Wer schreibt im Betrieb die Rechnungen? Wie kommen Sie zu den Grundlagen (z.B. verarbeitete Tonnage bei der Fa.
KurzbezBf)? Wie überprüfen Sie diese Größe? …
Antwort: Ich, bzw. die Sekretärin schreiben die Rechnungen auf dem PC. Die Tonnagen überprüfe ich nicht. Ich übernehme die jeweiligen Werte von den Firmen, die in Tonnagen verrechnen z.B.
KurzbezBf. …"

Laut beigelegter Niederschrift sagte Herr16 bezughabend aus (BFG-Akt F Bl. 37 f.):
"F: In welcher Art haben Sie zu dieser Firma Kontakt aufgenommen?
A: Ein Bekannter von mir … arbeitet bereits bei der Fa.
KurzbezBfkuzeBezeichBf. Er hat mich dann zur Firma vermittelt.
F: Wo war der Firmensitz, waren Sie jemals in den Büroräumlichkeiten?
A: Der Firmensitz befindet sich in
SitzBf. Ich bin nach SitzBf gefahren und habe meinen Lebenslauf bei einem Herrn VornameGfSub4 abgegeben.
F: In welchem Zeitraum waren Sie bei obiger Firma beschäftigt?
A: Ich arbeite bei der Firma
KurzbezBf bereits seit 3 Jahren.

F: Wer (welche Person) sagt ihnen was und wo sie arbeiten sollen?
A: Ich weiß bereits welche Aufgabe ich zu erledigen habe, mir muss niemand eine Arbeit zeigen.

F: Kennen oder sagt ihnen die Firma "
Sub3 GmbH" oder SubGesmbH1 was?
A: Die Gesamte Anlage hier heißt
KurzbezBf. Ich habe bei der Firma Sub3 GmbH als Leiharbeiter angefangen. Die Firma bei der ich jetzt arbeite heißt Sub4 GmbH. Ich habe vor ca. einem Jahr einen neuen Arbeitsvertrag bekommen.
F: Wenn ja, waren dort die gleichen Verantwortlichen (Vorarbeiter, Ansprechpartner, Kollegen) tätig.
A: Der Chef von der Firma
Sub4 GmbH heißt VornameGfSub4, es ist derselbe Chef den ich schon von der Fa. Sub3 GmbH kenne. Den Nachname von VornameGfSub4 kenne ich leider nicht.
…"

Aus der Zusammenstellung ("Mit folgenden Firmen bestanden Zusammenarbeiten") des Betrugsbekämpfungskoordinators (BFG-Akt F Bl. 39 f.):
Im Zuge der Finanzpolizeikontrolle 9/2011 seien Arbeitnehmer der Fa. SubGmbHzwei am Werksgelände der KurzbezBf festgestellt worden; alle seien angemeldet gewesen. Auf Befragung habe die Geschäftsleitung mitgeteilt, dass die KurzbezBf eine mündliche Vereinbarung mit der Fa. SubGmbH1 habe und nach verarbeiteter Menge mit dieser verrechnen würde.
Die Einvernahme des Vorarbeiters Herr6 habe ergeben, dass er und vermutlich die Mehrheit der weiteren Arbeitnehmer vormals bei der Sub0 GmbH beschäftigt gewesen seien und jetzt bei der SubGmbH2 angemeldet seien.
Die Funktion der SubGmbH1 habe darin bestanden, über die Subfirma SubGmbHzwei Personal an die KurzbezBf zu vermitteln. Die SubGmbH2 sei von der SubGmbH1 vorgeschoben worden, um Arbeitnehmer, die bei der KurzbezBf eingesetzt gewesen seien, anzumelden.
Die Sub3 GmbH sei das Nachfolge-Unternehmen nach SubGmbHzwei bzw. SubGmbH1.
Am habe Herr15 die Gesellschaftsanteile und die Geschäftsführung der Sub4 GmbH übernommen. Mit September 2014 sei der Sitz von Wr. Neustadt nach SitzBf, wo die KurzbezBf ansässig sei, verlegt worden. Dies sei im zeitlichen Zusammenhang mit der Einstellung der operativen Geschäftstätigkeit der Sub3 GmbH im Oktober 2014 geschehen.

Das Bundesfinanzgericht hielt der nunmBf die Eingaben des Finanzamtes vom vor (BFG-Akt F Bl. 41).

Seitens der Bf. wurde darauf mit Telefax vom geantwortet.

Die beantragte mündliche Verhandlung hat am stattgefunden. Eine weitere mündliche Verhandlung ist im fortgesetzten Verfahren nicht zwingend geboten. Weder in den BAO-Kommentaren von Ellinger et al., Fischerlehner (2. Aufl.) und Ritz (6. Aufl.) noch im BAO-Handbuch von Althuber/Tanzer/Unger sind diesbezügliche Äußerungen zu finden. Und auch nicht in den Kommentierungen zu § 24 VwGVG (betr. öffentl. mündl. Vhdlg. in anderen als Verwaltungsstrafsachen) von Eder/Martschin/Schmid (2. Aufl.), Grassl in Bumberger et al., Reisner in Götzl et al. (2. Aufl.), S. Moser in Raschauer/Wessely.
Durch die im fortgesetzten Verfahren erfolgten Eingaben seitens belangter Behörde und nunmBf ist der Fall entscheidungsreif. Von einer weiteren mündlichen Verhandlung im fortgesetzten Verfahren wären keine zusätzlichen Sachverhaltselemente zu erwarten, sodass im fortgesetzten Verfahren von einer weiteren mündlichen Verhandlung abgesehen wird.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

A) Zu den Auswirkungen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) auf das vom Bundesfinanzgericht (BFG) fortzusetzende Verfahren:

Da der VwGH der Revision des Finanzamtes X mit dem Erkenntnis vom , Ro 2019/13/0030 stattgegeben hat, indem er das angefochtene Erkenntnis des BFG aufgehoben hat, muss das BFG mit den ihm "zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln" den "der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand" herstellen (§ 63 Abs. 1 VwGG).

Eine Ausnahme würde nur der Fall einer wesentlichen Änderung der Sach- und Rechtslage bilden (vgl. , Rechtssatz 2; vgl. auch Gruber in Götzl et al., Verfahrensrecht der VwG2, § 63 VwGG Rz 1). Da keine Änderung der Rechtslage (d.h. rückwirkend für die Streitjahre erfolgte Gesetzesänderung) und auch keine Änderung der Sachlage erkennbar ist, wird hier nicht weiter auf eine solche Ausnahme eingegangen.

Die Bindung an die Rechtsanschauung des VwGH ist laut Schick, Die Rechtswirkungen der Entscheidungen des VwGH in Holoubek/Lang, Das Verfahren vor dem VwGH [2015], so zu verstehen, dass § 63 Abs. 1 VwGG nur für den betreffenden Fall eine generelle Norm schafft, die sich aus der der Rechtsanschauung des VwGH entsprechend modifizierten maßgeblichen Rechtsvorschrift ergibt. Damit wird einerseits dem Gedanken Rechnung getragen, dass das Verwaltungsgericht nicht einfach das Erkenntnis des VwGH vollzieht, andererseits wird damit das Verständnis der Grenzen der Bindungswirkung erleichtert. Die umfangreiche Judikatur des VwGH dazu, woran im einzelnen Bindung besteht (hierzu vgl. auch Zorn, Rechtswirkungen des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses im fortgesetzten Verfahren, in Holoubek/Lang, Das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Steuersachen [1999]), ist laut Schick aaO auf das neue System der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit zu übertragen: Bindung besteht

  • an die tragende Rechtsanschauung (Tenor und Begründung);

  • an sämtliche Rechtsansichten, wenn sich die Aufhebung auf mehrere Gründe stützt;

  • hinsichtlich aller Fragen, zu denen sich der VwGH wenigstens implizit geäußert hat, die notwendige Voraussetzungen der Aufhebung waren;

  • an Ausführungen, wonach die aufgehobene Entscheidung in näher bestimmter Hinsicht dem Gesetz entspricht.

Die tragende Rechtsanschauung des VwGH im gegenständlichen Erkenntnis vom , Ro 2019/13/0030 ist insb. aus den Randnummern 25, 26, 27, 30 und 31 der Begründung zu entnehmen:

RN 25: "… dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt. Die Steuerverwaltung darf das Recht auf Vorsteuerabzug in einem solchen Fall nicht verweigern, wenn sie über sämtliche Daten verfügt, um zu prüfen, ob die für dieses Recht geltenden materiellen Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei darf sich die Steuerverwaltung nicht auf die Prüfung der Rechnung selbst beschränken. Sie hat auch die vom Steuerpflichtigen beigebrachten zusätzlichen Informationen zu berücksichtigen (Verweise insb. auf und Barlis 06, C 516/14) …"

RN 26: "Anders verhält es sich, wenn der Verstoß gegen die formellen Anforderungen den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden. Ebenso ist das Recht auf Vorsteuerabzug zu verweigern, wenn aufgrund der objektiven Sachlage feststeht, dass dieses Recht in betrügerischer Weise oder missbräuchlich geltend gemacht wird (vgl. …). Verstöße gegen die formellen Pflichten könnten auch das Vorliegen eines Falles der Steuerhinterziehung belegen, in dem der Steuerpflichtige seinen formellen Pflichten vorsätzlich nicht nachkommt, um der Entrichtung der Steuer zu entgehen (vgl. …). Wusste der Steuerpflichtige, dass er mit seinem Erwerb an einem Umsatz teilnahm, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war, oder hätte er dies wissen müssen, so ist der Vorsteuerabzug zu verweigern (vgl. …)."

RN 27: "Die für die Entstehung des Rechts auf Vorsteuerabzug erforderlichen materiellen Voraussetzungen sind in Art. 168 Buchstabe a der Richtlinie 2006/112/EG aufgezählt. Demnach ist es erforderlich, dass der Betroffene Steuerpflichtiger (im Sinne der Richtlinie) ist und dass die zur Begründung des Abzugsrechts angeführten Dienstleistungen vom Steuerpflichtigen auf einer nachfolgenden Umsatzstufe für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden und dass diese Dienstleistungen auf einer vorausgehenden Umsatzstufe von einem anderen Steuerpflichtigen erbracht wurden (vgl. …)."

RN 30: "Die Sachverhaltsannahmen des Bundesfinanzgerichts zu den tatsächlich erbrachten Leistungen sind - wie in der Revision aufgezeigt wird - widersprüchlich. So geht das Bundesfinanzgericht - bei seiner "überblickmäßige[n] Darstellung der Beschwerdepunkte" (Seite 35 des angefochtenen Erkenntnisses) - davon aus, dass die A GmbH ,,Arbeitskräfte gestellt" habe. Auch auf Seite 53 des angefochtenen Erkenntnisses legt das Bundesfinanzgericht dar, dass die A GmbH ,,durch die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften Dienstleistungen" gegenüber der mitbeteiligten Partei erbracht habe. Anderseits führt das Bundesfinanzgericht aber aus, dass die mitbeteiligte Partei die A GmbH mit der Durchführung der Reinigungs-, Sortier- und Verpackungsarbeiten beauftragt habe (Seite 54 des Erkenntnisses; ähnlich auch Seite 44 und Seite 51 des Erkenntnisses)."

RN 31: "Damit kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die in den Rechnungen verzeichnete Leistung mit der erbrachten Leistung übereinstimmt. Im Hinblick auf die einander widersprechenden Darlegungen des Bundesfinanzgerichts kann aber auch nicht beurteilt werden, ob ein - allfälliger - Verstoß gegen formelle Voraussetzungen den sicheren Nachweis des Vorliegens der materiellen Voraussetzungen im vorliegenden Fall hindert."

Aus diesen Ausführungen des VwGH geht dessen Rechtsansicht hervor, dass es bei formellen Rechnungsmängeln zur Gewährung des Vorsteuerabzuges darauf ankommt,

  • ob ein sicherer Nachweis dafür möglich ist, dass die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug im Sinne von RN 27 erfüllt werden, d.h. ob die strittigen Leistungen in die absatzseitig erbrachten Lieferungen eingegangen sind,

  • und dass kein Missbrauch oder Betrug vorliegt.

Eine weitere Rechtsansicht des VwGH ist, dass es im vorliegenden Fall zwecks Beurteilung der Leistungsbeschreibungen in den Rechnungen einen Unterschied macht, ob die von der A GmbH (SubGmbH1) an die ursprBf erbrachten Leistungen in der Überlassung von Arbeitskräften bestanden oder in Werkleistungen (Sortier- und Verpackungsleistungen etc) bestanden. Hierbei erwähnt der VwGH den § 4 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) nicht.
Jedenfalls hat der VwGH auch implizit ausgedrückt, dass die SubGmbH1 die Leistungen erbracht hat.

Insbesondere hat das BFG den der Ansicht des VwGH entsprechenden Rechtszustand dahingehend herzustellen, dass das BFG eine klare Sachverhaltsfeststellung vornimmt, ob die gegenständlichen, an die ursprBf erbrachten Leisungen entweder in der Überlassung von Arbeitskräften oder in Werkleistungen (Sortier- und Verpackungsleistungen etc.) bestanden.

B) Zu der vom VwGH vermissten, klaren Sachverhaltsfeststellung:

Die ursprBf verkaufte als Großhändlerin abgepacktes Gemüse an ihre Kunden, welche Lebensmitteleinzelhändler waren. Zu diesem Zweck musste die Bf. das bei ihr lose und in großen Mengen angelieferte Gemüse sortieren, abpacken sowie gegebenenfalls davor waschen und putzen. Diese Leistungen fanden in den Räumlichkeiten der ursprBf statt, wobei Maschinen der ursprBf zum Einsatz kamen. Die dabei von Menschen zu erbringenden Leistungen konnten theoretisch auf dreierlei Weise erfolgen:

  • durch (offizielle oder verdeckte) Arbeitnehmer der ursprBf, wobei diese Variante aber tatsächlich nicht gegeben war;
    das Finanzamt sieht diese Variante in gewisser Hinsicht als gegeben an, wobei das BFG dieser Ansicht aus den tatsächlichen Gegebenheiten und aus den Vorgaben des VwGH für das fortgesetzte Verfahren - Leistungserbringerin war die SubGmbH1 - nicht folgt;

  • durch Personal, das der ursprBf von einem anderen Unternehmen zur Verfügung gestellt wurde;
    das Finanzamt sieht hauptsächlich diese Variante als gegeben an und stellt überdies in Zweifel, dass dieses andere Unternehmen die SubGmbH1 gewesen sei; die Vorgaben des VwGH für das fortgesetzte Verfahren - Leistungserbringerin war die SubGmbH1 - könnten einem derartigen Zweifel entgegenstehen.

  • durch einen auf Werkvertragsbasis tätigen Subunternehmer, den man vereinfacht als Lohnverpacker bezeichnen könnte, welcher die Erbringung der gegenständlichen Wasch-, Putz-, Sortier- und Verpackungsleistungen schuldete;
    die nunmBf sieht diese Variante als gegeben an, wobei die SubGmbH1 jener Subunternehmer gewesen sei.

Es ist also zwischen den beiden letzteren Varianten eine Entscheidung zu treffen, wie es auch der VwGH mit seiner Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verlangt, damit keine widersprüchlichen Festlegungen auf beide Varianten verbleiben. Jede der beiden letzteren Varianten kann damit im Einklang stehen, dass ein (großer) Teil der in den Räumlichkeiten der ursprBf tätigen Arbeitskräfte nicht von der SubGmbH1, sondern von der SubGmbH2bei der Sozialversicherung angemeldet war, indem die SubGmbH2die ursprüngliche Arbeitgeberin der betreffenden Arbeitskräfte war und diese der SubGmbH1in Form von Personalleasing (Personalgestellung) oder als Sub-Subunternehmerin im Rahmen von Werkleistungen zur Verfügung stellte.

Aus folgenden Gründen geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass es die SubGmbH1war, welche die streitgegenständlichen Leistungen an die ursprBf erbracht hat, und dass der Inhalt dieser Leistungen in der Durchführung von Wasch-, Putz-, Sortier- und Verpackungsarbeiten lag und nicht in der Personalgestellung:

  • Die Bf. bezahlte die ihr von der SubGmbH1in Rechnung gestellten Beträge an die SubGmbH1.

  • Das Anbotschreiben vom einer zwar ansonsten nicht in Erscheinung getretenen cLimited, für welche Herr1 handelte, welcher bis Geschäftsführer der SubGmbH1war, welches Werkleistungen betraf.

  • Die E-Mail von Herr2/Finanz- und Rechnungswesen der SubGmbH1 an Gf2 (Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der urspBf), in CC an Herr1, vom : "… wir haben in unserem Produktionsablauf mittlerweile das Einsparungspotenzial der Mitarbeiter ausgeschöpft. … Unser Vorschlag würde dahin gehen, den Produktionspreis je kg von 10,5 Cent auf 11 Cent zu erhöhen". Dies zeigt, dass der Inhalt der Leistungen nicht in der Personalgestellung lag, denn hierbei wäre es Sache der Leistungsempfängerin, das Einsparungspotenzial der Mitarbeiter auszuschöpfen; auch die Abrechnung der Leistung mit einem Betrag pro Kilo passt nicht zur Personalgestellung.

  • Auch aus der Gestaltung des Vertrages, welchen die ursprBf mit der Sub4 GmbH - einem Nachfolge-Unternehmen der SubGmbH1- abgeschlossen hat, ist die Tendenz der ursprBf zur Abrechnung pro verarbeiteter Menge (Tonnage, kg) und somit zum Abschluss von Werkverträgen zu erkennen. (vgl. die von der belangten Behörde vorgebrachte Einvernahme von Herrn Herr15 am )

  • Aussage des Herr6 am , wonach ihm bekannt sei, dass die Bf die SubGmbH1 beauftragt habe und diese wiederum die SubGmbH2 beauftragt habe.

Ein Vorbringen der belangten Behörde ist, dass die formal bei der SubGmbH1 bzw. der SubGmbH2 beschäftigten Arbeitnehmer tatsächlich als Arbeitnehmer der ursprBf anzusehen wären. Dieser Sichtweise steht entgegen, dass die SubGmbH1 auf Werkvertragsbasis Leistungen an die ursprBf erbracht hat. Daran ändert auch nichts, dass sie sich hierbei der SubGmbH2 als Sub-Subunternehmerin auf Werkvertragsbasis oder der bei der SubGmbH2 angemeldeten Arbeitnehmer mittels Personalgestellung bediente.

Ein weiteres Vorbringen der belangten Behörde ist, dass der Inhalt der von der SubGmbH1 an die ursprBf erbrachten Leistungen die Personalgestellung gewesen sei. Dieser Sichtweise steht entgegen, dass sowohl die ursprBf als auch die SubGmbH1 davon ausgingen, dass der Leistungsinhalt die Lohnverpackung (inkl. Reinigen und Sortieren) war.

Ein weiteres Vorbringen der belangten Behörde ist, dass die SubGmbH1keine Leistungen an die ursprBf erbracht habe. Dieser Sichtweise steht entgegen, dass die Bf. die von der SubGmbH1 ausgestellten Rechnungen akzeptierte und bezahlte.

Die belangte Behörde bringt erkennbar auch folgende, über die Jahre gegebene Situation vor: Im Betrieb der ursprBf sei Fremdpersonal tätig gewesen, welches in die Arbeitsabläufe integriert gewesen sei. Offiziell beschäftigt und angemeldet seien die Angehörigen des Fremdpersonals bei anderen Gesellschaften gewesen, welche direkt oder indirekt von der ursprBf bezahlt worden seien. Diese anderen Gesellschaften (Subunternehmer) hätten über die Jahre gewechselt; wenn eine ausgefallen sei, habe die nächste Gesellschaft das Fremdpersonal übernommen.
Dieser Sichtweise ist zwar zuzustimmen, aber die Gestaltung der Beziehungen, auch wenn sie nur auf mündlichen Verträgen beruhten, zwischen ursprBf und den Subunternehmern war eben so, dass die Subunternehmer Werkleistungen (Lohnverpackung inkl. Reinigung und Sortierung) an die ursprBf erbrachten.

Diese Subunternehmer sind regelmäßig nach Konkursen bzw. abgelehnten Konkursen amtswegig im Firmenbuch gelöscht worden. Es sind aber keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass die ursprBf von USt-Hinterziehungen der Subunternehmer wusste oder hätte wissen müssen. (Genaugenommen ist auch nicht hervorgekommen, dass die Subunternehmer die USt hinterzogen bzw. nicht entrichtet hätten.) Jedenfalls ist nicht hervorgekommen, dass die ursprBf Betrug oder Missbrauch zu verantworten hätte.

Es ist der belangten Behörde zuzugestehen, dass bei den Leistungen der SubGmbH1 an die ursprBf auch dann, wenn sie als Werkleistungen einzustufen sind, gemäß der "insbesondere"-Bestimmung des § 4 Abs. 2 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) Arbeitskräfteüberlassung vorlag. Dies hatte aber nur zur Folge, dass das AÜG anwendbar war, welches gemäß seinem § 2 Abs. 1 den Schutz der überlassenen Arbeitskräfte und die Regelung der Arbeitskräfteüberlassung zur Vermeidung arbeitsmarktpolitisch nachteiliger Entwicklungen bezweckt. Das Vorliegen von Arbeitskräfteüberlassung nach der "insbesondere"-Bestimmung des § 4 Abs. 2 AÜG hat aber keine Auswirkung darauf, welche Art von Leistungen die SubGmbH1 an die ursprBf tatsächlich erbrachte. Eine zwingende Abrechnung dieser Leistungen nach Stunden zwischen SubGmbH1 und ursprBf kann daraus auch nicht abgeleitet werden.

Sohin hat die SubGmbH1 an die ursprBf Werkleistungen erbracht, die in Lohnverpackung samt Reinigung und Sortierung bestanden.

C) Zu den Leistungsbeschreibungen in den Rechnungen:

Rechnungen mussten gemäß § 11 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 in der bis anzuwendenden Fassung enthalten:

"3. die Menge und die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung;"

Der Inhalt der zitierten Ziffer aus dem früheren Gesetzeswortlaut ist nunmehr in § 11 Abs. 1 Z 3 lit. c UStG enthalten.

Nicht ausreichend für den Vorsteuerabzug ist (zumindest nach traditioneller Auffassung), dass sich Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger im Klaren sind, über welche Leistungen abgerechnet wird, wenn diese in der Rechnung nicht ausreichend bezeichnet sind (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, § 11 Tz 68 mit Verweis auf ; dieses Erkenntnis des VwGH ist aber vor dem , Barlis 06 ergangen; vgl. unten).

Die streitgegenständlichen Leistungen waren - sowohl nach Ansicht der belangten Behörde (Personalgestellung) als auch nach Ansicht der Bf. (Reinigen, Sortieren, Verpacken) sonstige Leistungen. Daher war im vorliegenden Fall als Leistungsbezeichnung die Angabe der Art und des Umfanges der sonstigen Leistung erforderlich (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, § 11 Tz 68). Für den Vorsteuerabzug ist auch erforderlich, dass die Bezeichnung der bezogenen Dienstleistung in der Rechnung mit der tatsächlich bezogenen Dienstleistung übereinstimmt (vgl. Menheere in Berger et al., Praxiskommentar UStG, § 11 Rz 29; vgl. auch Kollmann/Schuchter in Melhardt/Tumpel, UStG3, § 12 Rz 65).

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom , Ra 2016/15/0068 unter Bezugnahme auf das , Barlis 06, ausgeführt:

"19 Da das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität verlangt, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, darf die Steuerverwaltung das Recht auf Vorsteuerabzug nicht allein deswegen verweigern, weil eine Rechnung nicht die in Art. 226 Nr. 6 der Richtlinie 2006/112 aufgestellten Voraussetzungen erfüllt, wenn sie über sämtliche Daten verfügt, um zu prüfen, ob die für dieses Recht geltenden materiellen Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei darf sich die Steuerverwaltung nicht auf die Prüfung der Rechnung selbst beschränken. Sie hat auch die vom Steuerpflichtigen beigebrachten zusätzlichen Informationen zu berücksichtigen (Rn. 42 bis 44 des Urteils in der Rechtssache Barlis 06). [Anm.: Art. 226 Nr. 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) lautet: "Menge und Art der gelieferten Gegenstände beziehungsweise Umfang und Art der erbrachten Dienstleistungen"]
20 Zu den materiellen Voraussetzungen für die Entstehung des Vorsteuerabzugsrechts geht aus Art. 17 Abs. 2 lit. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 168 lit. a der Richtlinie 2006/112) hervor, dass die zur Begründung dieses Rechts angeführten Gegenstände oder Dienstleistungen vom Steuerpflichtigen auf einer nachfolgenden Umsatzstufe für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden und dass diese Gegenstände oder Dienstleistungen auf einer vorausgehenden Umsatzstufe von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden (vgl. , PPUH Stehcemp, Rn. 28)."

Der VwGH hat in seinen Erkenntnissen vom , Ro 2016/13/0020 und vom , Ro 2017/13/011 auf das vorhin zitierte Erkenntnis , Ra 2016/15/0068 verwiesen, sodass die Zitate aus dessen Rn. 19 und 20 als nunmehr ständige Rechtsprechung aufgefasst werden können.

Das , Barlis 06, erfasst die hier vorliegende Situation im Sinne des Vorbringens der ursprBf und der nunmBf, und zwar wesentlich klarer als die beiden Urteile des EuGH (, C-25/03, HE, und , C-280/10, Polski Trawertyn), auf welche die ursprBf in ihrer vor dem Ergehen des Urteiles in der Rs Barlis 06 eingebrachten Beschwerdeschrift verweist.

Die Rechnungen enthielten - mit Ausnahme der Rechnungen Nr. 136, 138, 141, 149, 156, 166, 189 sowie je einer Position der Rechnungen Nr. 824, 910 und 931 (hierzu vgl. unten) - eine Beschreibung der Art der erbrachten Leistung, insb. "Sortieren, Verpacken von Gemüseprodukten", "Pauschale f. Karottenw.-Silo Reinigung", "Abpacken von konventionellen Zwiebeln u. Kart.", oder "Küche abbauen", die durch Zusatzangaben wie z.B. "Abteilung Wurzelgemüse und Abteilung Bioware (Zwiebel und Kartoffel) bzw. Winterlager (Abpacken)" oder "Abpacken von Bärlauch in Tassen" oder "Tonnagen [für Zeitraum], (in der xy_Halle)" ergänzt wurden. Auch der Umfang der erbrachten Leistungen, insb. ob es sich bei der angegebenen Menge um Arbeitsstunden oder kg handelt, ist im Zusammenhalt erkennbar geworden:
Dort, wo der Einzelpreis 12,80 € ist, hat sich im Laufe des Verfahrens (insb. durch die Rechnung Nr. 442) herausgestellt, dass dieser Einzelpreis pro Stunde gilt, d.h. die Anzahl in der betreffenden Zeile einer Rechnung bezieht sich auf die Einheit Stunde; es handelt sich um eine Abrechnung per Regiestunden.
Dort, wo der Einzelpreis 0,105 € (bzw. 0,095 €) ist, hat sich im Laufe des Verfahrens herausgestellt, dass dieser Einzelpreis pro kg gilt, d.h. die Anzahl in der betreffenden Zeile einer Rechnung bezieht sich auf die Einheit kg; es handelt sich um eine Abrechnung per Gewicht.

Die Rechnungen Nr. 136, 138, 141, 149, 156, 166, 189 sowie je eine Position der Rechnungen Nr. 824, 910 und 931 sind jedoch nicht geeignet, um die erbrachten Werkleistungen so zu bezeichnen, dass das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug überprüft werden kann, denn die Rechnungen (Rechnungspositionen) enthalten statt der Art der Werkleistung nur folgende Bezeichnungen:

  • Bürokaufmann, Arbeitsstunden lt. Zeitnachweis;

  • Schlosser, Arbeitsstunden lt. Zeitnachweis;

  • Sonderkosten laut Vereinbarung mit GfDrei

  • Pauschale laut Vereinbarung mit GfDrei

Denn "Bürokaufmann", "Schlosser", "Sonderkosten" und "Pauschale" sind keine geeignete Bezeichnungen für die Art einer erbrachten Werkleistung.

Dies betrifft folgende Rechnungen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechnungsdatum
Rechnungsnr.
ER-Nr.
Nettobetrag (ggfs. der Position)
20%
136
205
1.632,63 €
326,53 €
138
246
10.496,54 €
2.099,31 €
141
260
506,81 €
101,36 €
149
424
485,63 €
97,13 €
156
478
11.194,59 €
2.238,92 €
166
683
9.113,07 €
1.822,61 €
189
933
7.576,59 €
1.515,32 €
824
821
200,00 €
40,00 €
910
1099
600,00 €
120,00 €
931
1166
200,00 €
40,00 €

Es kann aufgrund der ungeeigneten Leistungsbeschreibung nicht beurteilt werden, ob mit diesen Rechnungen (bzw. mit den Rechnungspositionen "Sonderkosten" und "Pauschale" der Rechnungen Nr. 824, 910 und 931) über Vorleistungen abgerechnet wurde, für welche die materiellen Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug bestanden.

Darstellung der Auswirkungen dieser Vorsteuerkürzungen auf die Veranlagungszeiträume 6/2009 bis 5/2010 sowie 6/2011 bis 5/2012, wogegen die Vorsteuer des Veranlagungszeitraumes 6/2010 bis 5/2011 (1.286.129,70 € laut ursprünglichem USt-Bescheid 2011) unberührt bleibt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Vorsteuer (ohne EUSt, igE etc.)
USt-Bescheid 2010
USt-Bescheid 2012
Veranlagungszeitraum
6/2009 - 5/2010
6/2011 - 5/2012
Vorsteuer laut ursprünglichen Bescheiden vom bzw.
1.864.969,49 €
391.883,86 €
Rechnung 136/205 Bürokfm. lt. Zeitnachweis
-326,53 €
Rechnung 138/246 Schlosser lt. Zeitnachweis
-2.099,31 €
Rechnung 141/260 Schlosser lt. Zeitnachweis
-101,36 €
Rechnung 149/424 Bürokfm. lt. Zeitnachweis
-97,13 €
Rechnung 156/478 Schlosser lt. Zeitnachweis
-2.238,92 €
Rechnung 166/683 Schlosser lt. Zeitnachweis
-1.822,61 €
Rechnung 189/933 Schlosser lt. Zeitnachweis
-1.515,32 €
Re. 824/821 Pos. Sonderkosten lt. Vereinbarg.
-40,00 €
Re. 910/1099 Pos. Sonderkosten lt.Vereinbarg.
-120,00 €
Re. 931/1166 Pos. Pauschale lt. Vereinbarung
-40,00 €
verbleibende Vorsteuer (ohne EUSt, igE, etc.)
1.856.768,31 €
391.683,86 €

D) Zu den Leistungszeitpunkten bzw. -zeiträumen in den Rechnungen:

Rechnungen mussten gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 UStG in der bis anzuwendenden Fassung enthalten:

"4. den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder den Zeitraum, über den sich die sonstige Leistung erstreckt. Bei Lieferungen oder sonstigen Leistungen, die abschnittsweise abgerechnet werden (zB Lebensmittellieferungen), genügt die Angabe des Abrechnungszeitraumes, soweit dieser einen Kalendermonat nicht übersteigt;"

Der Inhalt der zitierten Ziffer aus dem früheren Gesetzeswortlaut ist nunmehr in § 11 Abs. 1 Z 3 lit. d UStG enthalten.

Rechnungen, die jeweils über die innerhalb eines Kalendermonates erbrachten Leistungen abrechnen, werden in der Literatur als Sammelrechnungen bezeichnet (vgl. Mayr/Ungericht, UStG4, S. 548).

Die Abrechnung in einer einzigen Rechnung über die in einem ganzen Kalendermonat erbrachten sonstigen Leistungen war gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 UStG in der damals geltenden Fassung nach österreichischem Recht zulässig. Dem Vorbringen des Finanzamtes, wonach im Sinne von , Barlis 06, Rn 28 bis 35, die Angabe von Monatsbezeichnung und Jahr nicht ausreiche, kann nicht gefolgt werden:

  • In den gegenständlichen Rechnungen wird der Leistungszeitraum entweder mit Monatsname und Jahr bezeichnet oder mit Monatsname, Jahr und Angabe der Zeitspanne vom Monatsersten bis zum letzten Tag des Monates bezeichnet.

  • Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL bestimmt: "Geben … Dienstleistungen zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass, gelten sie jeweils als mit Ablauf des Zeitraums bewirkt, auf den sich diese Abrechnungen oder Zahlungen beziehen." Die Abrechnung jeweils für einen Kalendermonat entspricht daher der europäischen Rechtslage.

  • Art 226 Z 7 MwStSystRL bestimmt als Rechnungsbestandteil: "das Datum, an dem … die Dienstleistung erbracht bzw abgeschlossen wird …"
    Dies wird von Berger et al., Kommentar zur Mehrwertsteuersystemrichtlinie2, S. 662 folgendermaßen interpretiert: "Anzuführen ist der Tag der Lieferung bzw der Zeitraum, über den sich die Leistungserbringung erstreckt."

  • Damit entspricht die österreichische Rechtslage der europäischen Rechtslage. Aus dem , Barlis 06, Rn 28 bis 35 ist nichts Abweichendes zu entnehmen; vielmehr wurde in diesem Urteil die Angabe des Leistungszeitraumes ohne Beginntag, sondern nur mit "bis heute", beanstandet.

  • Die gegenständlichen Rechnungen entsprechen hinsichtlich der Angabe des Leistungszeitpunktes bzw. -zeitraumes sowohl der österreichischen als auch der europäischen Rechtslage.

Wenn das Finanzamt als auffällig vorbringt, dass für jeweils denselben Leistungszeitraum (Monat) zwei Rechnungen ausgestellt worden seien, so ist dies nicht unzulässig, wobei jede der beiden Rechnungen andere Abteilungen betrifft (einerseits Abteilung Wurzelgemüse und Bioware, andererseits xy_Halle bzw. Abpacken von konventionellen Zwiebeln und Kartoffeln).

In Zusammenhang mit der Angabe der Leistungszeiträume in den Rechnungen ist also nichts zu beanstanden und daraus resultieren keine Vorsteuerkürzungen.

E) Zur Nichtangabe der UID-Nummer der ursprBf in einem Teil der Rechnungen:

Rechnungen mussten gemäß § 11 Abs. 1 Z 2 UStG in der bis anzuwendenden Fassung enthalten:

"2. den Namen und die Anschrift des Abnehmers der Lieferung oder des Empfängers der sonstigen Leistung. Bei Rechnungen, deren Gesamtbetrag 10 000 Euro übersteigt, ist weiters die dem Leistungsempfänger vom Finanzamt erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer anzugeben, wenn der leistende Unternehmer im Inland einen Wohnsitz (Sitz), seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder eine Betriebsstätte hat und der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird;"

Der Inhalt der zitierten Ziffer aus dem früheren Gesetzeswortlaut ist nunmehr in § 11 Abs. 1 Z 3 lit. b UStG enthalten.

Die - einen Gesamtbetrag von mehr als 10.000,00 € ausweisenden - Rechnungen der SubGmbH1mit den Nummern 135, 138, 146, 156, 166, 175, 184, 195, 197, 198, 214, 215, 225, 226, 240, 241, 251, 252, 277, 278, 291, 292-neu, 317, 318, 328, 329, 363, 370, 376, 377, 397, 398, 420, 421, 440, 441, 459, 460, 474, 477, 492, 494, 522, 523, 539, 540, 567, 568, 596, 887 enthielten die UID-Nummer der ursprBf nicht. Die versuchte Berichtigung bzw. Ergänzung dieser Rechnungen mit Schreiben vom scheiterte schon daran, dass die organschaftliche Vertretung der SubGmbH1 durch Frau Frau5 mit der am erfolgten amtswegigen Löschung der SubGmbH1 gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit im Firmenbuch geendet hat (vgl. mit Verweis auf und ). Von der am nicht mehr vorhandenen Vertretungsbefugnis der Frau5 für die SubGmbH1 konnte mittels der gegenständlichen Vollmacht am jedenfalls keine Vertretungsbefugnis des Herr2 mehr abgeleitet werden. Die Rechnungsberichtigung bzw. -ergänzung vom ist daher gescheitert. Die Rechnungen mit den zuvor genannten Nummern sind daher formell mangelhaft infolge fehlender UID-Nummer des Leistungsempfängers geblieben.

Die UID-Nummer des Leistungsempfängers, d.h. der ursprBf, war dem Finanzamt stets bekannt. Sie ist in der Maske E1 des elektronischen Aktes (DB2) abrufbar und lautet UIDursprünglBf, wenngleich sie nunmehr infolge der Beendigung der ursprBf "begrenzt" ist. Auch der ursprBf war ihre eigene UID-Nummer, die ihr vom Finanzamt erteilt worden ist, bekannt. Weder für die ursprBf anlässlich des Erhaltes der Rechnungen noch für das Finanzamt anlässlich der Außenprüfung erschwerte die auf den genannten Rechnungen fehlende UID-Nummer der ursprBf die Zuordnung und Kontrolle dieser Rechnungen. Das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen war genau gleich kontrollierbar - ob nun die UID-Nummer der ursprBf auf diesen Rechnungen fehlte oder angeführt gewesen wäre.

Die Angabe der UID-Nummer des Leistungsempfängers ist deshalb als unwesentlicher Rechnungsbestandteil anzusehen (vgl. auch Huber/Lacha, Die unendliche Geschichte: Rechnungen und Vorsteuerabzug in ). Das Fehlen der UID-Nummer der ursprBf auf den genannten Rechnungen ist daher ein lediglich formeller Mangel, der für sich allein im Sinne der ständigen, neueren Rechtsprechung des EuGH nicht zur Versagung des Vorsteuerabzuges führt. Laut , Dankowski, RNr. 30 schadet die fehlende UID-Nummer nicht, wenn die Identifizierung sichergestellt ist. Im Sinne von , Barlis 06, Rnr. 43 f., steht ein derartiger Mangel dem Vorsteuerabzug nicht entgegen, wenn die Steuerverwaltung über sämtliche Daten verfügt, um zu prüfen, ob das Recht auf Vorsteuerabzug zusteht. Dabei darf sich die Steuerverwaltung nicht auf die Prüfung der Rechnung selbst beschränken. (Anm.: Die fehlende UID-Nummer kann nicht als ein so schwerer Mangel - wie insbesondere der fehlende Steuerbetrag (vgl. Huber/Lacha, mit Verweis auf FN 9, , Volkswagen AG) - angesehen werden, bei welchem der EuGH vom Nichtvorliegen einer zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung ausgeht.)

Aus dem Rechnungsmangel der fehlenden UID-Nummer der Leistungsempfängerin resultieren folglich keine Vorsteuer-Kürzungen.

F) Dem Vorbringen des Finanzamtes, dass nur der Informationsstand der Verwaltungsbehörde zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung relevant für die Gewährung oder Nichtgewährung des Vorsteuerabzuges sei sowie dass Nachreichungen im Beschwerdeverfahren bzw. an das BFG irrelevant seien, ist zu entgegnen:

  • Der EuGH spricht in seinen Urteilen zwar teilweise von der Steuerbehörde oder der Steuerverwaltung als beurteilendes und entscheidendes Organ. In seinem Urteil vom , C-516/14 Barlis 06, RNr 34 spricht der EuGH aber vom vorlegenden Gericht als beurteilendem und entscheidendem Organ.

  • Wenn der EuGH von Steuerbehörde oder Steuerverwaltung spricht, bezeichnet er in typisierender Weise (für die Masse der Fälle, welche erstinstanzlich entschieden werden) eine Instanz, welche die volle Kognitionsbefugnis hat und somit direkt materiell über die Gewährung oder Nichtgewährung des Vorsteuerabzuges entscheidet.

  • Welche Instanz die letztinstanzliche volle Kognitionsbefugnis hat und somit direkt über die Gewährung oder Nichtgewährung des Vorsteuerabzuges entscheiden kann, ist von der inneren Organisation des jeweiligen Mitgliedstaates abhängig, welche von EU und EuGH nicht vorherbestimmt wird.

  • Die nunmehrige innerstaatliche österreichische Organisation des Instanzenzuges, welcher (zumindest auf Bundesebene) durch den Übergang von der erstinstanzlichen Verwaltungsbehörde auf das Verwaltungsgericht gekennzeichnet ist, unterscheidet sich von der früheren, bis Ende 2013 vorherrschenden Organisation des Instanzenzuges, welcher von der erstinstanzlichen zur (gegebenenfalls weisungsfreien) zweitinstanzlichen Verwaltungsbehörde gegangen ist.
    Bis Ende 2013 war die den Finanzämtern zugeordnete Rechtsmittelinstanz der damalige Unabhängige Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz, welcher als Steuerbehörde und Teil der Steuerverwaltung einzustufen war.
    Seit Anfang 2014 ist das Bundesfinanzgericht die den Finanzämter zugeordnete Rechtsmittelinstanz, welches als Verwaltungsgericht nach innerstaatlicher österreichischer Begrifflichkeit nicht mehr als Steuerbehörde und Teil der Steuerverwaltung einzustufen ist. Dieser Wechsel der österreichischen innerstaatlichen Organisation zum Jahreswechsel 2013/14 kann aber keinen Einfluss auf die Aussagen des EuGH haben, welche alle Mitgliedsstaaten betreffen.
    Somit wird klar, dass der EuGH mit Steuerbehörde (Steuerverwaltung) jene Instanz(en) bezeichnet, welche die volle Kognitionsbefugnis hat/haben und somit direkt und materiell über die Gewährung oder Nichtgewährung des Vorsteuerabzuges entscheiden kann/können, d.h. im vorliegenden Fall das Bundesfinanzgericht.

  • Schließlich erfolgte die Aufhebung des Erkenntnisses des durch den VwGH wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil die Sachverhaltsannahmen zu den tatsächlich erbrachten Leistungen widersprüchlich waren. Damit ist es die primäre Aufgabe des BFG im fortgesetzten Verfahren, diesen Sachverhalt ohne Widersprüche festzustellen. Einschränkungen in der diesbezüglichen Kognitionsbefugnis des BFG enthält das aufhebende VwGH-Erkenntnis nicht.

G) Zum Verweis des Finanzamtes auf das - Subunternehmer in der Bauwirtschaft betreffende - Erkenntnis des ist anzumerken: Dieses - in Bezug auf die mangelnde Leistungserbringung durch die vermeintlichen Subunternehmer - abweisende Erkenntnis behandelt zwar einen Fall, der dem hier zu entscheidenden Fall, in welchem ein Werkleistungen erbringender Subunternehmer in Gestalt der SubGmbH1vorgebracht wird, ähnlich ist. Jedoch können die Sachverhaltsfeststellungen für den vorliegenden Fall nicht aus jenem Erkenntnis abgeleitet werden. Sie sind vielmehr aus der aktuellen Beweislage abzuleiten bzw. aus den aktuellen Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofes. Im Übrigen haben UFS bzw. BFG zu Subunternehmerfällen sowohl abweisend, stattgebend und teilweise stattgebend entschieden:

  • (vorwiegend) abweisend: GZ. RV/0769-L/08; (nicht in Findok für die Öffentlichkeit, bestätigt durch ); ; ; (nicht in Findok für die Öffentlichkeit, aufgehoben durch ); (nicht in Findok für die Öffentlichkeit, aufgehoben durch ).

  • (teilweise) stattgebend: , nicht in Findok für die Öffentlichkeit); .

Dies zeigt ebenfalls, dass es sich jeweils um eine Entscheidung im Einzelfall handelt, sodass andere, vom BFG entschiedene Fälle keine Anhaltspunkte für den vorliegenden Fall liefern.

H) Abschluss:

Für die Umsatzsteuer 2011 (Veranlagungszeitraum Juni 2010 bis Mai 2011) resultieren aus den vorstehenden Erwägungen keine Vorsteuerkürzungen. Diesbezüglich wird der Beschwerde vollinhaltlich Folge gegeben und die Umsatzsteuer genauso festgesetzt, wie schon mit dem ursprünglichen, vor der Außenprüfung ergangenen Umsatzsteuerbescheid 2011 vom .

Aus den vorstehenden Erwägungen resultieren für die Umsatzsteuer 2010 (Veranlagungszeitraum Juni 2009 bis Mai 2010) und für die Umsatzsteuer 2012 (Veranlagungszeitraum Juni 2011 bis Mai 2012) nur die unter Punkt C der Erwägungen dargestellten Vorsteuerkürzungen gegenüber den ursprünglichen Umsatzsteuerbescheiden 2010 bzw. 2012 vom bzw. . Diesbezüglich wird der Beschwerde folglich teilweise Folge gegeben.

Zur Unzulässigkeit einer (ordentlichen) Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes (BFG) ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das vorliegende Erkenntnis ergeht im fortgesetzten Verfahren nach der Aufhebung durch den VwGH. Hierbei wurde den Vorgaben des VwGH im aufhebenden Erkenntnis , Ro 2019/13/0030 gefolgt und auch sonst die Rechtsprechung des VwGH beachtet. Die vorgenommene Einzelfallbeurteilung, ob konkrete Rechnungen bzw. Rechnungspositionen mit einer geeigneten Leistungsbeschreibung versehen waren, ist nicht revisibel. Sohin ist die (ordentliche) Revision an den VwGH nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
, Dankowski

, Barlis
, Senatex
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102553.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at