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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.11.2021, RV/5101315/2019

In Österreich ansässiger, wesentlich beteiligter Verwaltungsrat einer Schweizer AG

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/15/0021. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***3***, ***1***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes ***4*** (jetzt Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2017, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am
zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Im Zuge Veranlagung der Einkommensteuer des Jahres 2017 wandte sich das Finanzamt an den Beschwerdeführer (in der Folge: BF) bezüglich der Frage der steuerlichen Qualifizierung der von der ***Z_AG*** erhaltenen monatlichen Zahlungen.
Im E-Mail des BF vom an das Finanzamt, beschrieb dieser seine Tätigkeit wie folgt:
"Ich erhalte die Zahlungen dafür, dass ich meine Funktion als Präsident des Verwaltungsrates der ***Z_AG*** ausübe, so wie es das Schweizer Recht und die Satzungen der ***Z_AG*** vorsehen. Dies beinhaltet insbesondere die Planung, Anordnung, Leitung und Überwachung der gesellschaftsrechtlichen, steuerlichen, aufsichtsrechtlichen und wirtschaftlichen Verpflichtungen einer Schweizer Aktiengesellschaft sowie einer Schweizer Vermögensverwaltung, sowie die Planung, Leitung und Überwachung der operativen Betriebsleistung. Weiters die Gestaltung, Verhandlung und Abschluss der Verträge mit Kunden und vertraglichen Dienstleistungslieferanten."

Am erging ein vorläufiger Einkommensteuerbescheid 2017. Das Finanzamt qualifizierte in diesem Bescheid den vom BF in Kennzahl 493 (unter Progressionsvorbehalt steuerbefreite Auslandseinkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) erklärten Betrag von 42.045 Euro als steuerpflichtige nichtselbständige Einkünfte ohne inländischen Lohnsteuerabzug unter Anrechnung der ausländischen Steuer iHv. 12.396 Euro. Dies wurde damit begründet, dass die Vergütungen eines Verwaltungsrates, der nicht mit der Überwachung, sondern mit der Geschäftsführung betraut ist, nicht unter Art. 16 des DBA-Schweiz fallen würden.

2. Am wurde über den steuerlichen Vertreter nach Fristverlängerung Beschwerde erhoben und beantragt, die als Verwaltungsrat bezogenen Einkünfte von 42.045,01 Euro, statt als nichtselbständige Einkünfte im Anrechnungsverfahren, als unter Art. 16 des DBA-Schweiz fallende und damit unter Progressionsvorbehalt steuerfreie selbständige Einkünfte zu berücksichtigen.
Begründend wurde Folgendes ausgeführt:

"Meine organschaftliche Funktion bei der ***Z_AG*** ist die eines Präsidenten des Verwaltungsrates nach schweizerischem Recht. Diese Funktion beinhaltet insbesondere die Planung, Anordnung, Leitung und Überwachung der gesellschaftsrechtlichen, steuerlichen, aufsichtsrechtlichen und wirtschaftlichen Verpflichtungen der Gesellschaft sowie die Planung, Leitung und Überwachung der operativen Betriebsleistung und weiters die Gestaltung, Verhandlung sowie der Abschluss von Verträgen.

Diese Aufgaben eines Präsidenten des Verwaltungsrates werden auch als "Oberleitung" der Gesellschaft bezeichnet. Diese Oberleitung kann der Verwaltungsrat nicht übertragen, es handelt sich um unübertragbare und unentziehbare Aufgaben, die von mir als Präsident des Verwaltungsrats wahrgenommen werden müssen.

Die Ausübung meiner Funktion als Präsident des Verwaltungsrates umfasst daher sämtliche Aufgaben der Oberleitung sowie der Überwachung der ***Z_AG*** und fällt meiner Rechtsauffassung nach zwingend unter Artikel 16 des DBA Österreich/Schweiz.

In der Begründung des bekämpften Einkommensteuerbescheides 2017 führt das Finanzamt an, dass in jenen Fällen, in denen der Verwaltungsrat nicht mit der Überwachung, sondern mit der Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft betraut ist, die Verwaltungsratsvergütungen nicht unter Artikel 16 des DBA Österreich/Schweiz fallen. Diese Feststellung trifft jedoch in Bezug auf meine Position als Präsident des Verwaltungsrates nicht zu, da ich sämtliche gesetzliche Aufgaben - Überwachung, Oberleitung und Geschäftsführung - zu erfüllen habe.

• Ausübung der Geschäftsführung:
Gemäß schweizerischem Aktienrecht ist es nicht zwingend notwendig, dass der Verwaltungsrat eine Geschäftsleitung einsetzt. Der Verwaltungsrat kann diese Aufgaben auch selbst übernehmen. In diesem Zusammenhang habe ich mit der
***Z_AG*** einen Geschäftsführervertrag abgeschlossen, welcher der Behörde bereits vorliegt. Die Tatsache, dass ich neben der geschäftlichen Oberleitung und Überwachung gemäß schweizerischem Recht auch Agenden der Geschäftsführung ausübe, führt nach meiner Rechtsauffassung nicht dazu, dass meine erzielten Einkünfte aus steuerrechtlicher Sicht anders zu qualifizieren sind. Die Ausübung der Geschäftsführung der Gesellschaft erfolgt ergänzend zu meinen Überwachungs- und Leitungsaufgaben als Präsident des Verwaltungsrates.

Meine im Rahmen der Geschäftsführung zu erledigenden Aufgaben habe ich in wesentlichen Bereichen an Frau ***A*** delegiert, die von August 2011 bis Dezember 2018 Einzelprokuristin war. Frau ***A*** war im Jahr 2017 insbesondere für alle Aufgaben des Rechnungswesens wie zum Beispiel die laufende Buchführung, die Erstellung von Monats-, Quartals- und Jahresabschlüssen, die Erstellung von Budgets, die Durchführung von Soll-Ist-Vergleichen, die Erstellung von monatlichen Reports für den Verwaltungsrat, sowie für die grundsätzliche Organisation des Geschäftsbetriebes zuständig.

Meine tatsächlich im Jahr 2017 ausgeübten Geschäftsführungsaufgaben bestanden nur mehr in der Überwachung und Kontrolle der die exekutive Organschaft ausübenden Prokuristin Frau ***A*** und die Durchführung der geschäftspolitischen Oberleitung (siehe vorhergehender Punkt - Funktion als Präsident des Verwaltungsrates).

Zur Frage der steuerlichen Qualifizierung von Verwaltungsratsvergütungen aus der Schweiz stehen auch die EAS-Auskünfte des Bundesministeriums für Finanzen als Auslegungsbehelf zur Verfügung, von denen beispielhaft zwei wie folgt erläutert werden:

EAS 2936 vom :
In dieser EAS-Auskunft ist beinahe wortident wie die Begründung im bekämpften Einkommensteuerbescheid 2017 ausgeführt, dass dann, wenn der Verwaltungsrat nicht mit der Überwachung, sondern mit der Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft betraut ist, die Verwaltungsratsvergütungen nicht unter Artikel 16 des DBA Österreich/Schweiz zu subsummieren sind. Wie oben erläutert trifft dieser Sonderfall in Bezug auf meine Verwaltungsratstätigkeit nicht zu.

EAS 2814 vom :
In dieser EAS-Auskunft wird unter Bezugnahme auf das VwGH-Erkenntnis vom ,
92/13/0172, ausgeführt, dass in jenen Fällen, in denen die Funktion eines Verwaltungsrates im Wesentlichem keine Kontrollaufgaben, sondern Geschäftsleitungsaufgaben zum Inhalt hat, die Vergütungen nicht unter Artikel 16 DBA Österreich/Schweiz fallen.

Hinsichtlich der Wesentlichkeit meiner Kontrollaufgaben als Verwaltungsrat, auch im Verhältnis zu den Geschäftsführungsagenden, ist nochmals darauf hinzuweisen, dass meine Verwaltungsratstätigkeit im weit überwiegenden Ausmaß leitend und kontrollierend ist.
Dies umfasst die laufende Budgetkontrolle, die Leitung der Sitzungen des Verwaltungsrates, die Entgegennahme der Berichte über die Geschäftsführung durch Frau
***A***, die Vorgabe der grundsätzlichen Ausrichtung der Geschäftspolitik etc.
De facto - und im Steuerrecht kommt es auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise an - übe ich als Verwaltungsrat in der Schweiz eine einem österreichischen Aufsichtsrat sehr ähnliche Funktion aus (und wäre damit nach österreichischem Recht von der Geschäftsführung de iure und de facto ausgeschlossen.
Nur dem in der Schweiz herrschenden monistischen System ist es zu verdanken, dass in der Schweiz ein Verwaltungsrat auch Geschäfte führen darf.

Wie oben ausgeführt, mache ich ad personam in der Schweiz von dieser gesetzlichen Ermächtigung keinen Gebrauch, da ich die tatsächliche Geschäftsführung an Frau Prok. ***A*** delegiert habe.
Daher ist meine Tätigkeit als Verwaltungsrat in der Schweiz auch nahezu ausschließlich als leitend, führend und überwachend zu definieren.

• Behandlung der Einkünfte in der Schweiz
Die gegenständlichen Verwaltungsratsvergütungen wurden in der Schweiz der Quellensteuer für Verwaltungsräte unterzögen. Die diesbezüglichen schweizerischen Steuerverfügungen wurden dem Finanzamt vorgelegt.
Der Quellensteuer unterliegen Verwaltungsräte ohne Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz. Sie hat abgeltende Wirkung und beträgt 25% der Bruttoleistungen.
Gesetzliche Grundlage ist die Sonderbestimmung des Artikel 93 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer. Steuerpflichtig sind Tantiemen, Sitzungsgelder, feste Entschädigungen, Mitarbeiterbeteiligungen und ähnliche Vergütungen. Es wird hierbei keine Unterscheidung hinsichtlich allfälliger Geschäftsführungsaufgaben getroffen. Die Quellenbesteuerung betrifft pauschal die gesamten Einkünfte als Verwaltungsrat in Erfüllung seiner gesetzlichen Obliegenheiten.
Diese in der Schweiz vorgenommene Klassifizierung meiner gegenständlichen Einkünfte als quellensteuerpflichtige Einkünfte von Verwaltungsräten gem. Artikel 93 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer spricht meiner Rechtsauffassung nach eindeutig dafür, dass die Schweiz Artikel 16 DBA Österreich/Schweiz anwendet."

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend führte das Finanzamt im Wesentlichen Folgendes aus:

"Während für die Vergütung, die unter Art. 16 DBA-Schweiz fallen, die Befreiungsmethode (mit Progressionsvorbehalt im Ansässigkeitsstaat) vorgesehen ist, kommt für die Einkünfte gemäß Art. 15 die Anrechnungsmethode zur Anwendung.
Bei gegenständlichem Sachverhalt kommt daher zu Recht die in der Beschwerde zitierte Rechtsansicht der
EAS-Auskunft 2936 vom zur Anwendung:
,Bekleidet ein in Österreich ansässiger Steuerpflichtiger an einer schweizerischen Kapitalgesellschaft die Position eines Verwaltungsrates und ist dieser Verwaltungsrat nicht mit der Überwachung, sondern mit der Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft betraut, dann fallen die Verwaltungsratsvergütungen nicht unter
Artikel 16 des DBA-Schweiz.'
Aufgrund der Regelungen im Geschäftsführervertrag (Regelungen über Nebenbeschäftigung, Auslagenersatz, Ferienanspruch, Lohnfortzahlung bei Krankheit und Tod), der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung und der monatlichen Entlohnung ist von einer nichtselbständigen Tätigkeit im Sinne des Art 15 des Doppelbesteuerungsabkommens auszugehen."

4. Mit Eingabe vom beantragte der steuerliche Vertreter die Vorlage der Beschwerde gem. § 264 Abs. 1 BAO und eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht.

5. Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung aus den in der Beschwerdevorentscheidung angeführten Gründen.

6. Im E-Mail vom an den erkennenden Richter beschrieb der BF den laufenden Geschäftsbetrieb und seine Tätigkeit im gegenständlichen Unternehmen wie folgt:
"Es ist für mich denkunmöglich, dass es dabei nicht auf die tägliche Betriebsleistung ankommt, die erstellt werden muss und die zu den Erlösen des Unternehmens und damit zu dessen Existenzmöglichkeit führt.
Die
***Z_AG*** generiert ,technische Handelssignale' für die Bewirtschaftung von Wertpapiervermögen, die an institutionelle Kunden in Österreich und Deutschland geliefert werden. Darunter sind Kauf- und Verkaufssignale zu verstehen, die ausschließlich aus den vergangenen Kursdaten von Wertpapieren (Aktien, Aktienfonds, Anleihen etc.) unter Anwendung von technischen Indikatoren (basierend auf Algorithmen, wie gleitenden Durchschnitten, Standardabweichung, Intensität der Kursbewegung etc.) erzeugt werden.
Selbstverständlich kann diese Betriebsleistung nur mit entsprechenden IT-Komponenten (Hardware & Software) erbracht werden.
Ich bin weder an der Gestaltung der Hardware, der Software bzw. am täglichen Einsatz dieser (Inbetriebnahme des Programmes, Durchführung der täglichen Kurseinspielung, Starten und Durchlauf des Programmes, Lieferung der Signale etc.) in irgendeiner Form beteiligt und war es auch nie.
Für die Wartung, Inbetriebnahme, Einsatz der Programme und Erstellung dieser Betriebsleistung waren im gegenständlichen Zeitraum die Einzelfirma
***B*** bzw. seine ***C*** GmbH (Outsourcing, Dienstleistungsvertrag), sowie die Verwaltungsräte Herr ***E*** (seit ) und Herr ***D*** (seit ) zuständig, die auch wöchentlich abwechselnd vor Ort sind.
Es darf erwähnt werden, dass die Absicherung der Programme auch auf zwei weiteren Anlagen erfolgt, die ebenfalls in ähnlicher Form organisiert ist.

Selbstverständlich bekomme ich die Information, dass das Programm gearbeitet hat und welches Ergebnis entstand, also ob es Kaufs- oder Verkaufssignale gegeben hat und ob diese an die Kunden geliefert wurden, wenn es welche gab. Für die Umsetzung allfälliger Signale sind sodann die Kunden selbst zuständig.
Dies ist die ausschließliche Betriebsleistung des Unternehmens.

Ein weiterer zentraler Punkt der Verantwortung des Verwaltungsrates ist das Rechnungswesen, die Erstellung der Jahresabschlüsse, die Abgabe der notwendigen Steuererklärungen und Obsorge um die Einhaltung aller rechtlichen und aufsichtsrechtlichen Verpflichtungen.

Das Rechnungswesen und die Jahresabschlüsse werden vom Mutterunternehmen der ***Z_AG***, der ***Y_SE***, durch Frau ***A*** erstellt. Frau ***A*** ist seit Juli geschäftsführende Direktorin der ***Y_SE*** und seit November 2020 auch Verwaltungsrätin der ***Y_SE***. Sie erstellt in Abstimmung mit der Revisionsstellesodann die Steuererklärungen.

Frau ***A*** war von bis einzelvertretungsbefugte Prokuristin und ist seit Verwaltungsrätin der ***Z_AG***.
Bilanzen und Steuererklärungen werden sodann von mir unterschrieben. In aufsichtsrechtlicher Sicht ist das Unternehmen verpflichtend Mitglied einer sogenannten SRO (Selbstregulierungsorganisation), die die Einhaltung von Geldwäscheverpflichtungen und sonstiger organisatorischer fachspezifischer Verpflichtungen überprüft. Für diese war und bin ich der zuständige Ansprechpartner im Unternehmen, seit 3 Jahren aber auch die Verwaltungsräte der
***Z_AG***, Frau ***A*** und Herr ***D***."

7. Mit E-Mail vom 07.06.2021beantwortete der BF ergänzende Fragen des Bundesfinanzgerichts zum Sachverhalt und brachte im Wesentlichen Folgendes vor:
Eine Übertragung der Geschäftsführung nach Maßgabe eines Organisationsreglements liege vor. Die Gesellschaft verfüge über keine Angestellten außer den VerwaltungsrätInnen. Die "Wartung, Inbetriebnahme, Einsatz der Programme und Erstellung der Betriebsleistung" sei in der ***Z_AG*** die einzige für Umsatz, Gewinn und Verlust entscheidende Geschäftsführungsleistung. Die Übertragungsentscheidungen und die Organisationsregelung seien mündlich vereinbart und tatsächlich gelebt worden. Dies sei auch bei den regelmäßigen Sitzungen des Verwaltungsrates besprochen worden.

8. In der mündlichen Verhandlung am brachte der BF ergänzend Folgendes vor:
In grammatikalischer und teleologischer Interpretation fallen die gegenständlichen Verwaltungsratsvergütungen entgegen der Verwaltungsübung in Österreich unter Artikel 16 DBA-Schweiz, da der Begriff weit auszulegen sei. Diese Frage sei vom VwGH bisher nicht ausjudiziert. Die Schweizer Steuerverwaltung subsumiere die Vergütungen unter Art. 16 DBA-Schweiz und schreibe die entsprechende Steuer vor. Es liege daher ein Qualifikationskonflikt vor, der in einem Verständigungsverfahren zu lösen wäre.
Der BF habe nur oberleitende und kontrollierende Tätigkeiten ausgeübt. Die ***Z_AG*** habe als einzigen Geschäftsgegenstand Wertpapierkäufe und -verkäufe verwaltet. Dies erfolgte im Rahmen eines EDV-gesteuerten Trendfolgeprogrammes. Zur Administration dieses Programmes war ein Vertrag mit Herrn ***B*** und seiner ***C*** GmbH abgeschlossen, welcher diesen vollumfänglich in die Verantwortung für die Administration des Programmes gesetzt hat. Nur und ausschließlich Herr ***B*** habe dieses Programm bedient, verwaltet und entwickelt. Direkt diese Geschäftstätigkeit überwachten die Verwaltungsräte ***D*** und ***E***, welche jährliche einige zig Male (20-30 Mal im Jahr) in der Schweiz aufhältig waren.
Der BF war nahezu nie in der Schweiz aufhältig und hat nur die ihm gemäß Artikel 17 der Satzung der ***Z_AG*** vorgesehenen leitenden Aufgaben wahrgenommen. Hinzu trete, dass der BF ad personam außer Stande ist, das geschäftsgenerierende EDV-Trendfolgeprogramm zu bedienen, in dasselbe einzusteigen oder dieses in irgendeiner Form zu gestionieren. Das heißt, Herr **** (BF) sei de facto von einer Geschäftsführung ausgeschlossen. In wirtschaftlicher Würdigung dieses Sachverhaltes habe der BF ausschließlich oberleitende und kontrollierende Funktionen gehabt und daher müsse auch der engen Auslegung der österreichischen Finanzverwaltung folgend Artikel 16 des DBA-Schweiz zur Anwendung kommen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Auf Grund der Beweiswürdigung festgestellter Sachverhalt

1. 1. Der BF ist Präsident des Verwaltungsrates der Fa. ***Z_AG*** in ***Ort1*** in der Schweiz. Laut Handelsregisterauszug ist er mit Einzelunterschrift zeichnungsbefugt, ebenso die drei weiteren Verwaltungsratsmitglieder.
Die ***Z_AG*** ist eine 100%-ige Tochtergesellschaft der ***Y_SE*** mit Sitz in ***Ort2***. Der BF ist auch Verwaltungsratsmitglied und geschäftsführender Direktor dieser Societas Europaea.
Der BF hält laut seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung rund 30% an den Stimmrechten und rund 29 % der Anteile an der ***Y_SE***.

1.2. Die Tätigkeit des BF als Verwaltungsratspräsident der ***Z_AG*** wird von Österreich aus ausgeübt. Die dafür erhaltenen Vergütungen fallen DBA-rechtlich unstrittig unter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß Art. 15 DBA-Schweiz.
Der BF verfügt über einen Wohnsitz in Österreich und laut E-Mail vom auch über einen Wohnsitz und die Niederlassungsbewilligung in der Schweiz. Aufgrund der unstrittig engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen und des gewöhnlichen Aufenthalts in Österreich ist Österreich der Ansässigkeitsstaat im Sinne des Art. 4 DBA-Schweiz.

1.3. Am schloss der BF mit der Fa. ***Z_AG*** einen Geschäftsführervertrag ab, in dem der BF die Führung der Geschäfte der AG nach Maßgabe des Vertrages, des Gesetzes, der Gesellschaftsstatuten und den vom Verwaltungsrat erteilten Weisungen übernahm.
Gemäß § 4 des Geschäftsführervertrages ist der BF verpflichtet dem Vertragspartner seine ganze Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Ausnahmen bedürfen einer Zustimmung des Vertragspartners.
Gemäß § 6 des Geschäftsführervertrages steht für seine Tätigkeit ein fester Monatslohn von 1.600 Euro zu und zusätzlich hat der BF bei gutem Ergebnis der Geschäftsführung einen Anspruch auf einen angemessenen Bonus.
In diesem Vertrag sind außerdem der Auslagenersatz und der jährliche Ferienanspruch von fünf Wochen geregelt.
Von der Fa. ***Z_AG*** wurden im Jahr 2017 monatlich mit Gutschrift die Ansprüche des BF unter Hinweis auf den Geschäftsführervertrag abgerechnet. Insgesamt betragen die Geschäftsführerbezüge 2017 brutto 49.596 Euro.
Nach Abzug von 7.551 Euro (50% Arbeitnehmeranteil Sozialversicherungsbeitrag), die an die oberösterreichische Gesundheitskasse bezahlt wurden, ergibt sich der in der Steuererklärung erklärte Betrag von 42.045 Euro.
Nach Abzug von 12.396 Euro (25% Quellensteuer), die an das kantonale Steueramt abgeführt wurden, betrug die Nettoauszahlung an den BF somit 29.649 Euro.

1.4. Lt. E-Mail des BF vom an das Finanzamt beinhaltet die Tätigkeit des BF als Verwaltungsratspräsident insbesondere die Planung, Anordnung, Leitung und Überwachung der gesellschaftsrechtlichen, steuerlichen, aufsichtsrechtlichen und wirtschaftlichen Verpflichtungen einer Schweizer Aktiengesellschaft sowie einer Schweizer Vermögensverwaltung, sowie die Planung, Leitung und Überwachung der operativen Betriebsleistung. Weiters die Gestaltung, Verhandlung und Abschluss der Verträge mit Kunden und vertraglichen Dienstleistungslieferanten.
In der mündlichen Verhandlung gab der BF an, dass das Vertragsverhältnis mit dem Dienstleister ***B*** von ihm abgeschlossen und auch wieder beendet wurde.
Die ***Z_AG*** hat seit 2003 nur zwei große Kunden: Eine österreichische Kapitalanlagegesellschaft und ein deutsches Finanzdienstleistungsinstitut. Seitdem sind zu den genannten beiden Kunden keine Kunden hinzugekommen.

1.5. Für die Wartung, Inbetriebnahme, Einsatz der Programme und Erstellung dieser Betriebsleistung waren im gegenständlichen Zeitraum die Einzelfirma ***B*** bzw. seine ***C*** GmbH (Outsourcing durch Dienstleistungsvertrag), sowie die Verwaltungsräte Herr ***E*** (seit ) und Herr ***D*** (seit ) zuständig, die auch wöchentlich abwechselnd vor Ort waren.
Der BF selbst bekommt die Information, dass das Programm gearbeitet hat und welches Ergebnis entstand, also ob es Kaufs- oder Verkaufssignale gegeben hat und ob diese an die Kunden geliefert wurden. Er kann somit die tägliche Betriebsleistung überwachen.

Laut Geschäftsführerverträgen zwischen der ***Z_AG*** und Herrn ***E*** bzw. ***D*** stehen diesen Verwaltungsräten Bezüge in Form eines festen Monatslohnes von 900 Euro bzw. 550,67 Euro zu und zusätzlich haben sie bei gutem Ergebnis der Geschäftsführung einen Anspruch auf einen angemessenen Bonus.
Gemäß Provisionsvertrag vom erhält die ***C*** GmbH für ihre Leistungen 40.000 Euro jährlich und eine im Vertrag näher bestimmte Erfolgsbeteiligung. Im Jahr 2017 wurden insgesamt 102.000 Euro an die ***C*** GmbH und ***B*** bezahlt.
Die Leistungen bestehen beispielsweise in der Programmierung und Entwicklung von Handelssystemen, der Aufbereitung von Kursdaten, Research und Konkurrenzbeobachtung, Risikomanagement, Erstellung von Präsentationen für Vermittler und den Verwaltungsrat.

Die tatsächlich an den Verwaltungsrat ***D*** ausbezahlten Bezüge im Jahr 2017 betrugen 6.463,92 Euro zuzüglich Reisekostenersätze für 27 Reisen an die Betriebsstätte der ***Z_AG***. Verwaltungsrat ***E*** erhielt 2017 keine Bezüge, sondern nur Reisekostenersätze für 26 Reisen zur Betriebsstätte in ***Ort1***.

1.6. Artikel 17 der Statuten der ***Z_AG***, welcher dem Art. 716a Abs. 1 OR (Schweizerisches Obligationenrecht) entspricht, lautet:
"Der Verwaltungsrat kann in allen Angelegenheiten Beschluss fassen, die nicht nach dem Gesetz oder Statuten der Generalversammlung zugeteilt sind. Er führt die Geschäfte der Gesellschaft, soweit er die Geschäftsführung nicht übertragen hat.
Der Verwaltungsrat hat folgende unübertragbare und unentziehbare Aufgaben:
1) die Oberleitung der Gesellschaft und die Erteilung der nötigen Weisungen;
2) die Festlegung der Organisation
3) die Ausgestaltung des Rechnungswesens, der Finanzkontrolle sowie der Finanzplanung, sofern diese für die Führung der Gesellschaft notwendig ist;
4) die Ernennung und Abberufung der mit der Geschäftsführung und der Vertretung betrauten Personen;
5) die Oberaufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen, namentlich im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Statuten, Reglemente und Weisungen;
6) die Erstellung des Geschäftsberichtes sowie die Vorbereitung der Generalversammlung und die Ausführung ihrer Beschlüsse;
7) die Benachrichtigung des Richters im Falle der Überschuldung.
Der Verwaltungsrat kann die Vorbereitung und die Ausführung seiner Beschlüsse oder die Überwachung von Geschäften Ausschüssen oder einzelnen Mitgliedern zuweisen. Er hat für eine angemessene Berichterstattung an seine Mitglieder zu sorgen."

1.7. Artikel 18 der Statuten der ***Z_AG*** lautet auszugsweise:
"Der Verwaltungsrat kann die Geschäftsführung nach Maßgabe eines Organisationsreglementes ganz oder zum Teil an einzelne Mitglieder oder an Dritte übertragen. Dieses Reglement ordnet die Geschäftsführung, bestimmt die hierfür erforderlichen Stellen, umschreibt deren Aufgaben und regelt insbesondere die Berichterstattung. Soweit die Geschäftsführung nicht übertragen worden ist, steht sie allen Mitgliedern des Verwaltungsrates gesamthaft zu. Der Verwaltungsrat kann die Vertretung einem oder mehreren Mitgliedern (Delegierte) oder Dritten (Direktoren) übertragen."

1.8. Im E-Mail vom bringt der BF vor, dass eine Übertragung der Geschäftsführung mündlich vereinbart und tatsächlich gelebt worden sei. Dies sei auch bei den regelmäßigen Sitzungen des Verwaltungsrates besprochen worden.
Ein schriftliches, vom Verwaltungsrat erlassenes Organisationsreglement liegt bei der ***Z_AG*** allerdings nicht vor und auch kein schriftliches Protokoll eines Verwaltungsratsbeschlusses, das die Geschäftsführung der Gesellschaft festlegt.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Strittig ist, ob die aus der Schweiz erhaltenen Vergütungen des BF unter Art. 16 DBA-Schweiz fallen und damit die Schweiz als Sitzstaat der Gesellschaft das Besteuerungsrecht hat oder Österreich als Ansässigkeitsstaat des BF.

2.1.1. Rechtslage

Artikel 15 Abs 1 und 2 und Artikel 16 des Abkommens vom zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. 64/1975 (im folgenden DBA), lauten:

Artikel 15
"Abs 1. Vorbehaltlich der Artikel 16, 18 und 19 dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, sei denn, daß die Arbeit in dem anderen Vertragstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden.
Abs. 2. Ungeachtet des Absatzes 1 dürfen Vergütungen, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person für eine in dem anderen Vertragstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur in dem erstgenannten Staat besteuert werden, wenn
a) der Empfänger sich in dem anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Steuerjahres aufhält,
b) Die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht in dem anderen Staat ansässig ist, und
c) die Vergütungen nicht von einer Betriebstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber in dem anderen Staat hat."

In einem mit der Schweiz geführten Verständigungsverfahren wurde bilateral vereinbart, dass Vergütungen von Dienstnehmern von Kapitalgesellschaften, ungeachtet einer allfälligen wesentlichen Beteiligung des Geschäftsführers an der Gesellschaft, unter Art 15 zu subsumieren sind (BMF-Erlass v , AÖF 1992/153, EAS 1604; EAS 1729). Und zwar deshalb, weil zum Zeitpunkt des Abschlusses des DBA mit der Schweiz am (BGBl 1975/64) auch im österreichischen Steuerrecht die Einkünfte wesentlich beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 EStG) zugeordnet worden sind. Die Regelung in § 22 EStG trat erst mit in Kraft. Denn anders als das OECD-MA, das in der Lex-fori-Klausel iSe dynamischen Verweises auf das "[…] im Anwendungs¬zeitraum […]" geltende Recht verweist (EAS 2006), stellt Art 3 Abs 2 DBA-CH iSe statischen Verweises auf innerstaatliches Recht zum Zeitpunkt des DBA-Abschlusses ab.

Artikel 16
"Aufsichtsrats- oder Verwaltungsratsvergütungen und ähnliche Zahlungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Aufsichts- und Verwaltungsrates einer Gesellschaft bezieht, die in dem anderen Vertragsstaat ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, dürfen in dem anderen Staat besteuert werden."

Die Begriffe "Aufsichtsrat" und "Verwaltungsrat" werden weder im OECD-Musterabkommen noch im OECD-Musterkommentar definiert; sie sind aber abkommensautonom auszulegen und funktionsbezogen zu verstehen (; dazu Lang, SWI 1996, 427 ff), sodass auch kein automatischer Rückgriff auf das Verständnis dieser Begriffe im nationalen Steuerrecht (Art 3 Abs 2) stattfindet (Urtz, SWI 1999, 431; Stefaner, SWI 2004, 71; Gruber, SWI 2010, 355).
Die österreichische Rechtsprechung und Verwaltungspraxis vertreten insgesamt eine enge, funktionsbezogene Auslegung des Art 16: Dieser beziehe sich in seiner Gesamtheit lediglich auf die Überwachung der Geschäftsführung, nicht hingegen auf Vergütungen an die mit der Geschäftsführung selbst befassten Organe (zB ; EAS 1989; EAS 2785; EAS 2814; EAS 2936; EAS 3355).
Diese den Art 16 auf Überwachungsfunktionen einschränkende Auslegung wird auch von der deutschen Rechtsprechung und Verwaltungspraxis geteilt und auch in weiten Teilen des deutschsprachigen Schrifttums vertreten.
Diese enge Auslegung entspricht am Ausgangspunkt dem dualistischen System der Gesellschaftsführung im österreichischen und deutschen Gesellschaftsrecht, bei dem Geschäftsführungs- und Aufsichtstätigkeiten getrennt sind.
Demnach fallen unter Art 16 jener österreichischer DBA, deren deutsche Sprachfassung ausschlaggebend ist, nur Vergütungen für die Überwachung der Geschäftsführung.
Diese Auffassung haben sowohl der VwGH als auch die österreichische Finanzverwaltung jüngst bestätigt (; , zum DBA Russland; EAS 3431, zum DBA Slowakei).

Der Aufsichtsrat ist zur Überwachung der Geschäftsführung bestimmt (zB §§ 86 ff AktG, §§ 29 ff GmbHG; §§ 24 ff GenG; § 22 PSG).
Verwaltungsräte finden sich hingegen in der österreichischen und deutschen Rechtsordnung allenfalls als Überwachungsorgane von öffentlichen Unternehmen und teilausgegliederten Behörden, bei Sparkassen und bei verschiedenen öffentlichen Einrichtungen.
Der Begriff des "Verwaltungsrates" hat aber auch im deutschsprachigen Raum eine weitergehende Bedeutung: So kommen dem Verwaltungsrat in der Schweiz grundsätzlich auch Geschäftsführungsfunktionen zu (Art 716, 716a und 718 Schweizer Obligationenrecht).
(Kofler in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA-Kommentar, 2. Aufl. 2019, Art. 16, Rz 11-13).

Speziell im Hinblick auf eidgenössische Verwaltungsräte vertreten die österreichische Rechtsprechung () und Verwaltungspraxis ( EAS 1420; EAS 2785; EAS 2814; EAS 2936) eine auf Überwachungstätigkeiten einschränkende Auslegung: Art 16 DBA Schweiz sei nur anwendbar, wenn sich die Aufgaben eines Verwaltungsratsmitglieds auf die Überwachung der Geschäftsleitung beschränken ("kontrollierender Verwaltungsrat"), also die Geschäftsführungsbefugnis nach Art 716b, 718 Schweizer Obligationenrecht an eine dritte Person delegiert worden ist (ebenso die deutsche Rechtsprechung zB BFH , I R 15/09; BFH , I R 23/10).

Die Auslegung der Begriffe "geschäftsleitend" und "überwachend" erfolgt entsprechend dem dualistischen System der Gesellschaftsführung im österreichischen und deutschen Gesellschaftsrecht, bei dem Geschäftsführungs- und Aufsichtstätigkeiten getrennt sind.

Nach § 95 Aktiengesetz hat der Aufsichtsrat die Geschäftsführung zu überwachen, Maßnahmen der Geschäftsführung können dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden.
Die Überwachungspflicht des Aufsichtsrates erstreckt sich nicht auf das Tagesgeschäft, sondern nur auf die nicht delegierbare unternehmensleitende Tätigkeit des Vorstands. Darunter fallen die übergeordneten Fragen der Unternehmenspolitik im Sinne einer Festlegung und Kontrolle der generellen Zielsetzungen und Grundsätze der Führung des Unternehmens, aber auch Entscheidungen des Vorstands, die wegen ihrer Art und/oder ihres Umfangs für das Unternehmen von großer Bedeutung sind (Eckert/Schopper in Artmann/Karollus, AktG II, 6. Auflage, § 95, Rz 5).

Dies ist ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal der vom dualistischen System geprägten österreichischen Aktiengesellschaft im Vergleich zum Verwaltungsrat einer Gesellschaft mit einer monistischen Verfassung.

2.1.2. Rechtliche Beurteilung

Entscheidend für die Frage, ob die gegenständlichen Vergütungen unter Art. 16 DBA-Schweiz zu subsumieren sind, ist somit, ob sich die Tätigkeiten des BF für die ***Z_AG*** im Jahr 2017 auf die Überwachung der Geschäftsleitung beschränkten.

Diese Frage ist zu verneinen, da für das Bundesfinanzgericht unzweifelhaft feststeht, dass die Tätigkeiten des BF auch unmittelbare Leitungs- oder Mitwirkungsaufgaben umfassten.

Die vom BF genannten Aufgaben (Gestaltung, Verhandlung und Abschluss der Verträge mit Dienstleistungslieferanten und Kunden) sind typische Maßnahmen der Geschäftsführung, die nach § 95 AktG einem Aufsichtsrat nicht übertragen werden können.

Der BF ist im Handelsregister seit Mai 2012 mit der Funktion Präsident des Verwaltungsrates und der Zeichnungsart "Einzelunterschrift" eingetragen.

Der BF ist mit "Geschäftsführervertrag" vom ab mit der Führung der Geschäfte der Schweizer AG nach Maßgabe dieses Vertrages, des Gesetzes, der Gesellschaftsstatuten und den vom Verwaltungsrat erteilten Weisungen betraut.

Eine nach Art. 716b OR (Schweizerisches Obligationenrecht) und Artikel 18 der Gesellschaftsstatuten der ***Z_AG*** mögliche Übertragung der Geschäftsführung nach Maßgabe eines Organisationsreglementes an einzelne Verwaltungsratsmitglieder oder an Dritte wurde nicht vorgenommen.
Das Erfordernis eines Organisationsreglements zur gültigen Übertragung der Geschäftsführung mit einem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestinhalt setzt voraus, dass eine Delegation auch in formeller Hinsicht gewisse Mindestanforderungen erfüllt.
Damit von einer befugten Delegation gemäß Art. 754 Abs. 2 OR ausgegangen werden kann, ist der Erlass eines Organisationsreglements nach Art. 716b Abs. 1 OR zwingend vorgeschrieben. Von einem "Organisationsreglement" kann nicht gesprochen werden, wenn - wie vorliegend - nicht einmal ein protokollierter Mehrheitsbeschluss des Verwaltungsrats vorliegt, der die nach Art. 716b Abs. 2 OR vorgesehenen Elemente der Organisation der Geschäftsführung regelt. Ein Beschluss, der die Delegation nur implizit vornimmt, genügt nicht (siehe Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom , GZ. 4A_501/2007).
Somit führt der Verwaltungsrat durch alle Mitglieder gesamthaft die Geschäfte der Gesellschaft und kann sich nicht auf die Haftungsbeschränkung gemäß Art. 754 Abs. 2 OR berufen.

Gegen die Annahme einer sich auf die Überwachung der Geschäftsleitung beschränkenden Tätigkeit spricht einerseits die Höhe der Vergütungen an den BF, welche Aufsichtsratsvergütungen bei großen Konzernen in Österreich nahekommen und andererseits der Vergleich mit der Höhe der Vergütungen an diejenigen Personen, die nach Vorbringen des BF die Geschäfte leiten.
Im Corporate Governance Monitor 2019 (ein Forschungsprojekt der JKU Linz, https://www.jku.at/fileadmin/gruppen/127/Downloads/Coroporate-Governance-Monitor_online.pdf) wurde das Vergütungsverhältnis zwischen Aufsichtsrats- und Vorstandsvergütung analysiert, da dies in gewissem Maße Rückschlüsse auf den Umfang der Aufsichtsratstätigkeit und den Stellenwert, der dem Aufsichtsrat im Vergleich zum Vorstand zukommt, erlaubt.
Nach Ansicht des Forschungsteams, sollte die Gesamtvergütung für den Aufsichtsrat bei der durchschnittlichen Vergütung eines Vorstandsmitglieds liegen. Dies würde nämlich bedeuten, dass dem Aufsichtsrat als Gesamtorgan ungefähr die Verantwortlichkeit eines Vorstandsmitglieds zukommt.
Ein Vergleich der Durchschnittsvergütung eines Aufsichtsrates mit jener eines Vorstandes zeigte, dass in Deutschland die durchschnittliche Vorstandsvergütung 18-mal höher ist, als jene des Aufsichtsrats. Demgegenüber beträgt dieser Faktor in Österreich rund 26 bzw. 24.

Im gegenständlichen Fall übersteigen die an den BF geflossenen Vergütungen bei weitem die Vergütungen, die an die anderen Mitglieder des Verwaltungsrates bezahlt wurden.
Dies spricht gegen eine rein überwachende Tätigkeit des BF.
Die Höhe seiner Vergütungen ist nur vor dem Hintergrund der höheren Verantwortlichkeit seiner Geschäftsführungstätigkeit verständlich.
Die Höhe der an den BF geflossenen Vergütung lässt auch nicht vermuten, dass es sich hierbei lediglich um Sitzungsgelder für die Teilnahme an Zusammenkünften des Verwaltungsrates handelt.

Nach Ansicht des VwGH bezieht sich Art. 16 DBA-Schweiz in seiner Gesamtheit lediglich auf die Überwachung der Geschäftsführung, nicht hingegen auf Vergütungen an die mit der Geschäftsführung selbst befassten Organe.
Der BF bringt dazu vor, die im Jahr 2017 ausgeübten Geschäftsführungsaufgaben hätten nur mehr in der Überwachung und Kontrolle der die exekutive Organschaft ausübenden Prokuristin und die Durchführung der geschäftspolitischen Oberleitung bestanden.
Nach Ansicht des BF sei es denkunmöglich, dass es für die Qualifizierung seiner Tätigkeit als "überwachend" oder "geschäftsleitend" nicht auf die tägliche Betriebsleistung ankommt, die erstellt werden muss und die zu den Erlösen des Unternehmens und damit zu dessen Existenzmöglichkeit führt.
Die tägliche Betriebsleistung werde laut BF von den Verwaltungsräten Hr. ***E*** und Hr. ***D*** sowie einem externen Dienstleister erbracht und wird wie folgt beschrieben:
"Wartung der Software und Hardware, Inbetriebnahme des Programmes, Durchführung der täglichen Kurseinspielung, Starten und Durchlauf des Programmes und Lieferung der Signale".

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes mag es zutreffen, dass das operative Geschäft weitgehend selbständig lief und der BF nicht täglich eingreifen musste, dennoch beschränkte sich seine Tätigkeit nicht auf die Überwachung der Geschäftsleitung.
Zumindest überwachte der BF auch die tägliche Betriebsleistung und nicht nur die übergeordneten Fragen der Unternehmenspolitik im Sinne einer Festlegung und Kontrolle der generellen Zielsetzungen und Grundsätze der Führung des Unternehmens.
Laut seinen Angaben bekommt er "die Information, dass das Programm gearbeitet hat und welches Ergebnis entstand, also ob es Kaufs- oder Verkaufssignale gegeben hat und ob diese an die Kunden geliefert wurden".
Jedenfalls sind die vom BF beschriebenen Tätigkeiten wie die Gestaltung, Verhandlung und Abschluss der Verträge mit Dienstleistungslieferanten und Kunden als "geschäftsleitend" zu qualifizieren.

Nimmt ein Schweizer Verwaltungsrat sowohl geschäftsführende als auch überwachende Aufgaben wahr, so ist fraglich, ob eine Aufteilung der Vergütung (zB in Geschäftsführerbezüge nach Art 15 und Aufsichtsratsbezüge nach Art 16) in Frage kommt. Die österreichische Verwaltungspraxis bejaht eine Aufteilbarkeit zunächst dann, wenn sich die Vergütung aufgrund des Anstellungsvertrages eindeutig den verschiedenen Funktionen zuordnen lässt (EAS 2414).
Auch nach der deutschen Rechtsprechung ist Art 16 DBA-Schweiz auf eine Zusatzvergütung anwendbar, die speziell auf die Überwachungstätigkeit entfällt (BFH , I B 114/99, BFH/NV 2001, 6; BFH , I R 46/03, BStBl 2005 II 547; BFH , I R 23/10, BFHE 233, 385) (Kofler in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA-Kommentar, 2. Aufl., Art. 16, Rz 17).

Im gegenständlichen Fall beruht die Vergütung allerdings allein auf dem Vertrag, mit dem der BF die Geschäftsführung der Gesellschaft übernommen hat. Diese Vergütung lässt sich nicht nach objektiven Abgrenzungskriterien den verschiedenen Funktionen zuordnen.
Bei der mündlichen Verhandlung gab der BF an, dass neben den Vergütungen laut Geschäftsführervertrag keine Sitzungsgelder beschlossen wurden.
Wenn der Verwaltungsrat der Gesellschaft im Blick auf die Verwaltungsratstätigkeit keine gesonderte Vergütung (Sitzungsgelder) beschließt, bleibt diese (überwachende) Tätigkeit ohne Vergütung.

Die Vergütungen für die Tätigkeit des BF als Verwaltungsratspräsident der ***Z_AG*** fallen daher nicht unter Art. 16 DBA-Schweiz.
Gemäß Art. 15 DBA-Schweiz kommt das Besteuerungsrecht diesbezüglich somit Österreich als Ansässigkeitsstaat des BF zu.

Da der BF an der ***Y_SE*** zu über 25% beteiligt ist und die ***Z_AG*** deren 100%-ige Tochtergesellschaft ist, besteht mittelbar eine wesentliche Beteiligung des BF.
Gemäß § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 sind die gegenständlichen Vergütungen an den BF daher innerstaatlich als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu qualifizieren.

Gemäß Art 23 DBA-Schweiz kommt die Befreiungsmethode zu Anwendung. Die Schweiz hat die gegenständlichen Einkünfte zu befreien, ein Recht auf Quellenbesteuerung der gegenständlichen Vergütungen findet sich nicht im DBA-Schweiz.
Eine Anrechnungsverpflichtung der Schweizer Abzugssteuer von 25% in Österreich -wie im bekämpften Bescheid vom Finanzamt angenommen- kommt daher nicht in Betracht.

Die Beschwerde ist daher abzuweisen und der Bescheid entsprechend dem angefügten Berechnungsblatt abzuändern.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht folgt in der gegenständlichen Rechtsfrage der zitierten und einheitlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (). Eine ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 15 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
§ 22 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 16 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Verweise



BFH , I B 114/99
BFH , I R 46/03
BFH , I R 23/10
EAS 2414
EAS 2936
EAS 2814
EAS 1604
EAS 1729
EAS 2006
EAS 3355
EAS 3431
EAS 1420
EAS 2785
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101315.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at