Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 20.10.2021, RV/7103716/2016

Geschäftsraummiete: bestimmte oder unbestimmte Dauer des Bestandvertrages

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die vorsitzende Richterin ***R1***, den Richter ***R2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***R3*** und ***R4*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch WOLF THEISS Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Schubertring 6, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend vorläufige Festsetzung der Rechtsgeschäftsgebühr, ErfNr. ***BfErfNr***, StNr. ***BfStNr*** in Anwesenheit des Schriftführers FOI ***X*** zu Recht erkannt:

I.) Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Der Ausspruch, dass die Festsetzung gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig erfolgt, entfällt.

Die Gebühr für das Rechtsgeschäft wird gemäß § 200 Abs. 2 BAO iVm § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 in Höhe von 1 % der Bemessungsgrundlage von 16,029.874,08 Euro mit 160.298,74 Euro festgesetzt.

II.) Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Am wurde dem Finanzamt ein am zwischen der Vermieterin ***1*** und der Beschwerdeführerin, im Folgenden kurz Bf. genannt, als Mieterin abgeschlossener Bestandvertrag über eine näher bezeichnete Gewerbeimmobilie samt Außenflächen ("Fachmarktzentrum ***2***") angezeigt.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für dieses Rechtsgeschäft eine Gebühr nach § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 von 162.000 € fest. Die Festsetzung erfolgte nach § 200 Abs. 1 BAO vorläufig und wurde wie folgt begründet:
"Da nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Umfang der Abgabenpflicht noch ungewiss ist, erfolgt die Vorschreibung vorläufig. Die Betriebskosten wurden mangels (ausreichender) Angaben gemäß § 184 BAO geschätzt. Da die Bezahlung der Umsatzsteuer beurkundet wurde, ist sie dem Entgelt hinzuzurechnen. Vertragsdauer bis , jedoch laut § 33 TP 5 Abs. 3 GebG wird für die Bemessung das 18-fache Jahresentgelt herangezogen.


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€ 70.000,--
monatliche Mindestmiete inkl. USt
€ 5.000,--
Betriebskosten
€ 75.000.--
mtl. Gesamtentgelt x 216 (Dauer) = € 16,200.000,-- Bemessungsgrundlage"

Gegen diese Entscheidung wurde am Beschwerde erhoben. Bemängelt wurde die Annahme einer bestimmten Vertragsdauer und die geschätzte Höhe der Betriebskosten.

Der gegenständliche Mietvertrag sei zwar der Form nach auf bestimmte Dauer, also für den Zeitraum bis abgeschlossen worden, allerdings sei zu prüfen, ob er dennoch vor Ablauf dieser Zeit von jedem der beiden Vertragspartner oder auch nur von einem von ihnen beliebig aufgelöst werden könne. In diesem Fall läge ein Vertrag von unbestimmter Dauer vor. Wenn im Vertrag alle Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart werden, könne nicht mehr von einem Vertrag von bestimmter Dauer gesprochen werden und wurde auf GebR Rz 705 verwiesen. Eine solche Vereinbarung könne nur dahingehend verstanden werden, dass eine Partei nicht auf eine bestimmte Dauer an den Vertrag gebunden sein will, so dass in diesen Fällen ein Vertrag von unbestimmter Dauer vorliegen würde (vgl. Twardosz, GebG6, § 33 TP 5, Rz 36; ).

Im konkreten Fall hätten die Vertragsparteien vereinbart, dass das Mietverhältnis "unabhängig von der vereinbarten Laufzeit vom Vermieter während der Dauer des Mietverhältnisses jederzeit gemäß § 30 Abs. 2 MRG unter Einhaltung einer 3-monatigen Kündigungsfrist vorzeitig gekündigt werden kann". Der Vermieter sei aufgrund des Vertragsinhaltes nicht an die bestimmte Vertragsdauer gebunden, weshalb der Bestandvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden sei.

Die Betriebskosten würden nicht wie von der Behörde geschätzt € 5.000,-- pro Monat betragen, sondern € 0,48 netto pro Quadratmeter, das wären bei einer Gesamtnutzfläche von rund 7.648 m² € 3.671,23 netto oder € 4.405,48 brutto.

Eine derartige Berechnung der Abgabe ergäbe Folgendes:


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monatliche Miete inkl. USt
70.000,00 €
+ mtl. Betriebskosten inkl. USt
4.405,48 €
= mtl. Gesamtsmietentgelt
74.405,48 €
Jahreswert = mtl. Entgelt x 12
892.865,76 €
Bemessungsgrundlage = 892.865,76 € x 3
2,678.597,28 €
Rechtsgeschäftsgebühr = 2,678.597,28 € x 1%
26.785,97 €

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde hinsichtlich der Höhe der Betriebskosten stattgegeben. Das Begehren auf Beurteilung des Mietvertrages als eine auf unbestimmte Dauer abgeschlossene Vereinbarung wurde abgelehnt und die Gebühr mit 160.715,84 € vorläufig festgesetzt.

Begründet wurde die Entscheidung folgendermaßen:

"Der Mietvertrag wurde auf bestimmte Dauer abgeschlossen. Anwendung finden die Kündigungsbeschränkungen nach § 30 MRG. Auf Grund der Verwendung des Mietgegenstandes (Geschäftszwecke) treffen lediglich einige wenige Gründe des § 30 MRG zu, sodass von keinem schrankenlosen Kündigungsrecht des Vermieters gesprochen werden kann (vgl. ). Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechts einer früheren Kündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt gem. § 33 TP 5 Abs. 3 GebG für die Gebührenermittlung außer Betracht.

Berechnung:


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70.000,00 €
mtl. Miete inkl. USt
4.405,48 €
Betriebskosten lt. Beschwerdeschreiben
74.405,48 €
Gesamtentgelt x 216 (Dauer) = 16,071.0583,68 Bemessungsgrundlage"

Mit Schriftsatz vom wurde der Vorlageantrag gestellt und eine Entscheidung durch den Senat und Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Bei der Ermittlung der Vertragsdauer sei aufgrund des Vertragsinhaltes von einem Bestandvertrag auf unbestimmte Dauer auszugehen. Unter Vertragspunkt 3.2. und 3.3. hätten die Vertragsparteien vereinbart, dass das Mietverhältnis "unabhängig von der vereinbarten Laufzeit vom Vermieter während der Dauer des Mietverhältnisses jederzeit gemäß § 30 Abs. 2 MRG unter Einhaltung einer 3-monatigen Kündigungsfrist vorzeitig gekündigt werden kann" und dass "das Recht der Parteien, das Mietverhältnis gem. § 1117 und 1118 ABGB vorzeitig aus wichtigem Grund frist- und terminlos zu kündigen" unberührt bleibe. Bislang seien sich Finanzverwaltung, Literatur und Rechtsprechung einig, dass ein Bestandverhältnis, das zwar der Form nach auf eine bestimmte Zeit eingegangen worden sei, aber dennoch vor Ablauf dieser Zeit von jedem der beiden Vertragsteile oder auch nur von einem von ihnen beliebig aufgelöst werden könne, in seiner Vertragsdauer unbestimmt sei (vgl. GebR Rz 711; Twardosz, GebG6, § 33 TP 5, Rz 31; ).

Ein Mietvertrag auf unbestimmte Zeit liege auch dann vor, wenn nur ein Vertragsteil (zB durch Kündigungsverzicht) zeitlich an den Vertrag gebunden sei, während der andere das Mietverhältnis ohne Beschränkung auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Gründe durch Kündigung auflösen könne (vgl. Twardosz, w.o.). Würden in einem Mietvertrag Vereinbarungen einzelner im Vertrag ausdrücklich genannter Kündigungsgründe getroffen, so würden diese Vereinbarungen der Beurteilung eines Vertrages als auf unbestimmte Dauer abgeschlossen, nicht entgegenstehen (vgl. ; ).

Sowohl die Finanzverwaltung als auch Literatur und ständige Rechtsprechung würden miteinander übereinstimmen, dass nicht mehr von einem Vertrag von bestimmter Dauer gesprochen werden könne, wenn im Vertrag alle (denkmöglichen) Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart worden seien (vgl. GebR Rz 705; Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren10, § 33 TP 5, E 259; Twardosz, a.o.a.O Rz 36). Bei Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG sei das Kündigungsrecht nicht ausreichend beschränkt, sodass nicht von einem Vertrag von bestimmter Dauer gesprochen werden könne. Dies bestätige der VwGH erst jüngst wieder in seiner Rechtsprechung (vgl. betreffend die Vermietung einer Hotelanlage): Im genannten Erkenntnis sei der VwGH von einem Vertrag von bestimmter Dauer ausgegangen, weil nur einzelne Kündigungsgründe nach § 30 MRG vereinbart waren. Auch in der zitierten Entscheidung vom , 2011/16/0169 wäre für die Beurteilung eines Vertrages als eines solchen von bestimmter Dauer entscheidend gewesen, dass die Ausübung der vereinbarten Kündigungsrechte erschwert gewesen sei, während die Vereinbarung aller Kündigungsrechte ohne Einschränkung den Vertrag zu einem solchen von unbestimmter Dauer gemacht hätte.

Das der Vermieterin im gegenständlichen Fall eingeräumte Kündigungsrecht umfasse nicht nur die vorzeitige Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 1117 ABGB (Vertragspunkt 3.3), sondern auch sämtliche, im Mietvertrag nicht näher bezeichneten Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG ohne Einschränkung. Die im konkreten Fall getroffene, die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG umfassende Vereinbarung könne nur dahingehend verstanden werden, dass die Vermieterin nicht an die bestimmte Vertragsdauer des Bestandvertrages gebunden sein möchte, und der Mietvertrag somit auf unbestimmte Dauer abgeschlossen worden sei.

Daran ändere auch § 33 TP 5 Abs. 3 zweiter Satz GebG nicht, den die belangte Behörde ins Treffen führe. Die Subsumtion des Sachverhaltes unter § 33 TP 5 Abs. 3 zweiter Satz GebG sei im konkreten Fall nicht richtig. § 33 TP 5 Abs. 3 zweiter Satz GebG besage, dass bei Verträgen mit bestimmter Vertragsdauer, in denen der Vorbehalt eines Rechtes der früheren Kündigung gemacht werde, dieser Vorbehalt bei der Gebührenermittlung außer Betracht bleiben müsse.

Gemäß Rechtsprechung und Literatur sei das in § 33 TP 5 Abs. 3 zweiter Satz GebG enthaltene Recht einer früheren Aufkündigung allerdings zweifellos nur ein solches Recht, das auf bestimmte konkrete Kündigungsgründe oder Kündigungstermine beschränkt sei (vgl. und zur Vereinbarung von Sonderkündigungsrechten; Arnold, Rechtsgebühren9, § 33 TP 5, Rz 27b).

Wenn alle Kündigungsgründe vereinbart seien, liege nicht mehr ein Vertrag von bestimmter Dauer vor, weshalb § 33 TP 5 Abs. 3 zweiter Satz GebG schon dem Wortlaut nicht mehr zur Anwendung komme. § 33 TP 5 Abs. 3 zweiter Satz GebG komme nach seinem klaren Wortlaut nur bei Verträgen von bestimmter Dauer zur Anwendung.

Wenn die Auslegung der belangten Behörde zutreffend wäre, wonach generell bei allen Bestandverträgen der Vorbehalt aller Kündigungsgründe des MRG unbeachtlich sei, dann wäre die ständige Rechtsprechung des VwGH unzutreffend, wonach die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten darstelle (vgl. ; , 2011/16/0169; , 90/15/0035 mwN). Tatsächlich lege aber auch der VwGH § 33 TP 5 Abs. 3 zweiter Satz GebG so aus, dass er nur bei Verträgen zur Anwendung komme, die ihrem Inhalt nach solche von bestimmter Dauer seien. Ein Vertrag von bestimmter Dauer werde daher nicht durch Vereinbarung einzelner Kündigungsgründe zu einem Vertrag von unbestimmter Dauer. Ein Vertrag wie im vorliegenden Fall, bei dem alle denkmöglichen Kündigungsgründe vereinbart worden seien, bleibe daher ein solcher von unbestimmter Dauer.

Auch das in der Beschwerdevorentscheidung angeführte Erkenntnis des erweise sich nicht als tragfähig. So stelle das BFG in der zitierten Entscheidung eindeutig fest, dass nur "die Kündigungsgründe der Ziffern 1 (Mietrückstand), 3 (erheblich nachteiliger Gebrauch) und 7 (Leerstand)" zur Anwendung kämen (Seite 9), weshalb nicht alle Kündigungsgründe des MRG vereinbart seien. Im konkreten Fall kämen hingegen alle Kündigungsgründe, die bei einer Geschäftsraummiete überhaupt denkbar seien, zur Anwendung.

Dass sich die Realisierung der Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG nach der Art der Mietobjekte unterscheide, würde auf alle Bestandverträge zutreffen und habe nichts mit der Geschäftsraummiete im Besonderen zu tun. Ungeachtet dessen habe der VwGH noch nie die Meinung vertreten, dass die Realisierung sämtlicher Kündigungsgründe theoretisch möglich sein müsse, damit von einem Vertrag von unbestimmter Dauer gesprochen werden könne. Vielmehr sei ständige Judikatur, dass die Vereinbarung aller Kündigungsgründe den Vertrag zu einem solchen von unbestimmter Dauer mache. Die würde auch dem Urkundenprinzip des Gebührenrechts (§ 17 Abs. 1 GebG) entsprechen, wonach der Inhalt der Urkunde für die Festsetzung der Gebühr maßgebend sei. Außerhalb der Urkunde liegende Umstände hätten bei der Bemessung der Gebühr außer Acht zu bleiben (vgl. weiterführend Twardosz, a.o.a.O., § 17, Rz 7 mwN).

Wenn der VwGH der Meinung wäre, dass bei der Geschäftsraummiete die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des MRG mangels Realisationswahrscheinlichkeit aller Gründe nicht ausreichend sei, dann hätte er nicht im Falle der Hotelmiete betont, dass nur die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des MRG einen Vertrag zu einem solchen von unbestimmter Dauer mache ().

Im Erkenntnis des BFG werde weiter ausgeführt, dass die der Bestandgeberin verbliebenen Kündigungsgründe ein vertragswidriges (Fehl)verhalten voraussetzen und somit dem Einfluss der Bestandgeberin entzogen seien. Das BFG meint, dass der Bestandvertrag deshalb keinesfalls aus freien Stücken einseitig durch die Bestandgeberin beendet werden könne.

Ob diese Rechtsansicht zutreffe, könne dahingestellt bleiben, weil im vorliegenden Fall alle Kündigungsgründe vereinbart worden seien und nicht alle vereinbarten Kündigungsgründe lediglich bei einem Fehlverhalten des Mieters eintreten würden.

Im Übrigen spiele es aber keine Rolle, ob es wahrscheinlich sei, dass der Kündigungsgrund vom Mieter herbeigeführt werde oder nicht. Es liege in der Natur der Sache, dass der Vermieter keinen Einfluss darauf habe, ob wichtige Gründe des § 30 Abs. 2 MRG eintreten würden oder nicht. Von jeher genügte dem VwGH die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG ohne dass im Einzelfall geprüft werden musste, ob bzw. wie stark es im Einfluss des Mieters oder des Vermieters stehe, einen der Gründe herbeizuführen.

Für eine richtige Vergebührung müsste dann zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits erkennbar sein, mit welcher Wahrscheinlichkeit es zum Eintritt einer der Kündigungsrechtes kommen könnte. Anstatt auf die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Kündigungsgrundes abzustellen, sei im Hinblick auf das Urkundenprinzip des § 17 Abs. 1 GebG lediglich auf die Vereinbarung der Kündigungsgründe abzustellen und die Wahrscheinlichkeit, dass bei Eintritt eines solchen Grundes vom Recht gebraucht gemacht wird, nach dem Vertragsinhalt zu beurteilen (vgl. Twardosz, SWK 2015/29, 1347).

Da im konkreten Fall alle Kündigungsgründe vereinbart worden seien und vertraglich darüber hinaus nichts vereinbart sei, was die Ausübung der Kündigungsrechte nach § 30 Abs. 2 MRG erschwere oder einschränke, sei der Vertrag im Sinne der VwGH-Judikatur als solcher von unbestimmter Dauer anzusehen.

Richtigerweise sei die Rechtsgeschäftsgebühr wie folgt zu berechnen:


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mtl. Miete inkl. USt
70.000,00 €
+ mtl. Betriebskosten inkl. USt
4.405,48 €
= mtl. Gesamtmietentgelt
74.405,48 €
Jahreswert = mtl. Entgelt x 12
892.865,76 €
Bemessungsgrundlage = 892.868,16 x 3 =
2,678.597,28 €
Rechtsgeschäftsgebühr 1%
26.785,97 €

Im Vorlagebericht des Finanzamtes vom , der auch der Bf. zugegangen ist, führte das Finanzamt ua. aus, dass zu bedenken sei, dass die Kündigungsbestimmungen des MRG primär auf die Wohnraummiete abstellen würden und auch bei einer bloß sinngemäßen Auslegung gewisse Kündigungsmöglichkeiten auf den vorliegenden Fall einer Geschäftsraummiete gar nicht anwendbar seien. So würden sich § 30 Abs. 2 Z 5, 6, 8 und 16 MRG auf Wohnungen beziehen und kämen gegenständlich nicht zur Anwendung. Z 2, 10, 11, 14, 15 würden ebenso ausscheiden und die verbleibenden Gründe würden eine Kündigung durch den Vermieter nur ermöglichen, wenn ein Fehlverhalten des Mieters vorliege. Sei die Geltendmachung des Kündigungsgrundes von einem schuldhaften Verhalten des anderen Vertragspartners abhängig, könne keine Rede davon sein, dass die Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses gewährleistet sei (). Die Kündigungsmöglichkeiten der Vermieterin seien sohin nicht von so umfassender Natur, dass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Aufkündigung gegeben sei. Einzelne, bestimmt bezeichnete Kündigungsgründe wie jene nach §§ 1117 und 1118 ABGB blieben unberücksichtigt (§ 33 TP 5 Abs. 3 zweiter Satz GebG).

Mit Schreiben vom erging seitens des Finanzamtes ein Ergänzungsvorhalt an die Bf. bzgl. der detaillierten Aufschlüsselung des tatsächlich bezahlten Mietentgeltes inkl. USt und wurde um Bekanntgabe der Nebenkosten ersucht.

Mit Schreiben vom gab die Bf. bekannt, dass das Mietverhältnis mit begann, und wurden die Miet- und Betriebskosten für den Zeitraum bis aufgegliedert.

Das Finanzamt ermittelte daraufhin eine endgültige Bemessungsgrundlage, wobei es im Durchschnitt der Jahre den Ansatz der Mindestmiete als gerechtfertigt ansah:


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mtl. Mindestmiete inkl. USt
70.000,00 €
Betriebs- u. Werbekosten inkl. USt
4.212,38 €
= mtl. Gesamtmietentgelt
74.212,38 €
Dauer 74.212,38 € x 216 = Bemessungsgrundlage
16,029.874,08 €
1% der Bemessungsgrundlage
160.298,74 €

Mit Schreiben des wurde diese Berechnung der Bf. zur Kenntnis gebracht und wurde ihr Gelegenheit zu einer Stellungnahme geboten.

Gleichzeitig wurde auch angemerkt, dass die Thematik der bestimmten/unbestimmten Dauer von Bestandverträgen, die die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG enthalten, in den letzten Jahren mehrfach vom BFG und VwGH behandelt worden sei (zB ; ; ), wobei BFG dabei Bestandverträge als auf bestimmte Zeit abgeschlossen beurteilte, wenn nach einer Prüfung des konkreten Bestandvertrages nur einzelne der in § 30 Abs. 2 MRG aufgezählten Kündigungsgründe überhaupt in Betracht kommen konnten. Diese Rechtsansicht sei einerseits vom VwGH gestützt (siehe das oben zitierte Erkenntnis) worden und seien andererseits bereits zahlreiche Beschlüsse mit Zurückweisungen von eingebrachten Revisionen ergangen.

Mit Schriftsatz vom wurde die Berechnung des Jahreswertes von der Bf. als richtig anerkannt. An der Rechtsansicht bzgl. der Vertragsdauer wurde festgehalten, der Antrag auf mündliche Verhandlung wurde zurückgezogen, der Antrag auf Senatsentscheidung wurde aufrechterhalten.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Am 21.10./ schlossen die Trägerin einer Baurechtseinlage als Vermieterin und die Beschwerdeführerin als Mieterin einen Mietvertrag über eine näher bezeichnete Gewerbeimmobilie ("Fachmarktzentrum ***2***"), bestehend aus einem Gebäude und Außenflächen, ab. Die Gesamtnutzfläche des Mietobjektes beträgt nach Angaben der Bf. rund 7.648 m².

Die über den Bestandvertrag errichtete Urkunde hat auszugsweise folgenden Inhalt:

"…

3. Vertragsdauer

3.1. Das Mietverhältnis beginnt mit Vertragsabschluss und wird bis zum fest abgeschlossen. Nach Ablauf dieser Frist tritt der Mietvertrag automatisch außer Kraft, ohne dass es einer gesonderten Auflösungserklärung der Parteien bedarf.

3.2. Unabhängig von der vereinbarten Laufzeit des Mietverhältnisses

a.) ist der Vermieter berechtigt, den Mietvertrag während der Dauer des Mietverhältnisses jederzeit gemäß § 30 Abs. 2 MRG unter Einhaltung einer 3-monatigen Kündigungsfrist vorzeitig zu kündigen; und

b.) ist der Mieter berechtigt, den Mietvertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von jeweils 6 Monaten schriftlich mit Wirkung zum , mit Wirkung zum , mit Wirkung zum oder mit Wirkung zum zu kündigen.

3.3. Das Recht der Parteien, das Mietverhältnis gem. §§ 1117 und 1118 ABGB vorzeitig aus wichtigem Grund frist- und terminlos zu kündigen, bleibt unberührt.

4. Mietzins

4.1. Der vereinbarte Mietzins beträgt 6,15% des jährlichen Nettoumsatzes, den der Mieter im Gartencenter (einschließlich marktüblicher Nebentätigkeiten) erzielt, mindestens aber monatlich EUR 58.333,33 (Mindestmietzins). Soweit der vereinbarte Umsatzmietzins für den Zeitraum von einem Kalenderjahr höher ist, als der Mindestmietzins für den gleichen Zeitraum, ist der Differenzbetrag zusätzlich zum Mindestmietzins zu bezahlen. Der Mietzins versteht sich zuzüglich Umsatzsteuer.

4.2. … "

Das Mietverhältnis begann mit . Tatsächlich wurden für den Zeitraum bis folgende Bruttomieten bezahlt: Im Jahr 2015 139.999,99 €, 2016 und 2017 je 839.999,95 €, 2018 850.594,56 €, 2019 726.486,48 €. An Betriebs- und Werbekosten inkl. USt wurden innerhalb dieser 48 Monate 202.194,38 € bezahlt, woraus sich ein mtl. Durchschnitt von 4.212,38 € ergibt.

Diese Sachverhaltsfeststellungen sind unstrittig und ergeben sich aus den vorgelegten Aktenteilen inklusive der Aufstellung der Bf. vom über die geleisteten Zahlungen.

Beweiswürdigung

Diese Sachverhaltsfeststellungen sind unstrittig und ergeben sich aus den vorgelegten Aktenteilen inklusive der Aufstellung der Bf. vom über die geleisteten Zahlungen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

3.1.1. Zur Bemessungsgrundlage:

Nach § 17 Abs. 1 GebG 1957 ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Es ist daher auf den erklärten Vertragswillen abzustellen (vgl. auch ).

Nach § 17 Abs. 3 BewG 1955 ist bei Nutzungen oder Leistungen, die in ihrem Betrag ungewiss sind oder schwanken, als Jahreswert der Betrag zu Grunde zu legen, der in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt werden wird. Dabei können auch Umstände zugrunde gelegt werden, die nach der Entstehung der Steuerschuld sichtbar werden (zB tatsächliche Geschäftsergebnisse), dies allerdings unter der Voraussetzung, dass diese Umstände im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld voraussehbar waren (vgl. dazu ).

Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, im allgemeinen einer Gebühr von 1 v.H. nach dem Wert.

Abs. 3 leg. cit. in der gegenständlich anzuwendenden Fassung besagt: "Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht. Abweichend vom ersten Satz sind bei Bestandverträgen über Gebäude oder Gebäudeteile, die überwiegend Wohnzwecken dienen, einschließlich sonstiger selbständiger Räume und anderer Teile der Liegenschaft (wie Keller- und Dachbodenräume, Abstellplätze und Hausgärten, die typischerweise Wohnräumen zugeordnet sind) die wiederkehrenden Leistungen höchstens mit dem Dreifachen des Jahreswertes anzusetzen."

§ 30 Mietrechtsgesetz (MRG) bestimmt unter dem Titel "Kündigungsbeschränkungen" Folgendes:

"(1) Der Vermieter kann nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen.

(2) Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn

1. der Mieter trotz einer nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Bezahlung des Mietzinses über die übliche oder ihm bisher zugestandene Frist hinaus, mindestens aber acht Tage im Rückstand ist;

2. der Mieter, dessen vereinbarter Mietzins ganz oder teilweise in eigenen Dienstleistungen besteht, die bedungenen Dienste vertragswidrig verweigert;

3. der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt oder durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet oder sich gegenüber dem Vermieter oder einer im Haus wohnenden Person einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit schuldig macht, sofern es sich nicht um Fälle handelt, die nach den Umständen als geringfügig zu bezeichnen sind; dem Verhalten des Mieters steht, soweit er es unterließ, die ihm mögliche Abhilfe zu schaffen, das Verhalten seines Ehegatten und der anderen mit ihm zusammenwohnenden Familienangehörigen sowie der von ihm sonst in die gemieteten Räume aufgenommenen Personen gleich;

4. der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) dringend benötigt oder, wenngleich auch nur teilweise, durch Überlassung an einen Dritten gegen eine im Vergleich zu dem von ihm zu entrichtenden Mietzins und etwaigen eigenen Leistungen an den Dritten unverhältnismäßig hohe Gegenleistung verwertet. Die teilweise Weitergabe einer Wohnung kommt einer gänzlichen Weitergabe gleich, wenn die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet werden;

5. die vermieteten Wohnräume nach dem Tod des bisherigen Mieters nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen (§ 14 Abs. 3) dienen;

6. die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) regelmäßig verwendet wird, es sei denn, daß der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist;

7. die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden, es sei denn, daß der Mieter nur vorübergehend wegen Urlaubs, Krankheit oder Kuraufenthalts abwesend ist;

8. der Vermieter die gemieteten Wohnräume für sich selbst oder für Verwandte in absteigender Linie dringend benötigt und ihm oder der Person, für die der Mietgegenstand benötigt wird, aus der Aufrechterhaltung des Mietvertrags ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse als dem Mieter aus der Kündigung; die Abwägung der beiderseitigen Interessen entfällt, wenn es sich um eine vom Wohnungseigentümer nach Wohnungseigentumsbegründung vermietete Eigentumswohnung handelt;

9. der Vermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für Verwandte in gerader Linie dringend benötigt und dem Mieter Ersatz beschaffen wird;

10. der Vermieter den Mietgegenstand, der schon vor der Kündigung zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des eigenen Betriebes bestimmt war, für diesen Zweck dringend benötigt;

11. ein dem Bund, einem Bundesland oder einer Gemeinde gehöriger Mietgegenstand auf eine Art verwendet werden soll, die in höherem Maß den Interessen der Verwaltung dient als die gegenwärtige Verwendung, und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

12. bei Untermietverhältnissen durch die Fortsetzung der Untermiete wichtige Interessen des Untervermieters verletzt würden, namentlich wenn der Untervermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für nahe Angehörige dringend benötigt oder wenn ihm nach den Umständen die Aufrechterhaltung der Wohnungsgemeinschaft mit dem Untermieter billigerweise nicht zugemutet werden kann;

13. ein im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der in bezug auf die Kündigung oder die Auflösung des Mietverhältnisses für den Vermieter (Untervermieter), für seine nahen Angehörigen (§ 14 Abs. 3) oder für das Unternehmen, für das der Vermieter (Untervermieter) allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen vertretungsbefugt ist, als wichtig und bedeutsam anzusehen ist;

14. die ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses, in dem sich der Mietgegenstand befindet, aus den Hauptmietzinsen einschließlich der zur Deckung eines erhöhten Erhaltungsaufwandes zulässigen erhöhten Hauptmietzinse weder derzeit, noch auf Dauer sichergestellt werden kann, die baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt worden ist und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

15. ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, daß selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

16. der Hauptmieter einer Wohnung der Ausstattungskategorie ,D' weder bereit ist, eine vom Vermieter im Sinn des § 4 Abs. 4 angebotene Standardverbesserung zuzulassen, noch die angebotene Standardverbesserung selbst durchzuführen, und dem Mieter Ersatz beschafft wird."

§ 1117 ABGB lautet: "Der Bestandnehmer ist berechtigt, auch vor Verlauf der bedungenen Zeit von dem Vertrag ohne Kündigung abzustehen, wenn das Bestandstück in einem Zustand übergeben oder ohne seine Schuld in einen Zustand geraten ist, der es zu dem bedungenen Gebrauch untauglich macht, oder wenn ein beträchtlicher Teil durch Zufall auf eine längere Zeit entzogen oder unbrauchbar wird. Aus dem Grunde der Gesundheitsschädlichkeit gemieteter Wohnräume steht dieses Recht dem Mieter auch dann zu, wenn er im Vertrage darauf verzichtet oder die Beschaffenheit der Räume beim Vertragsabschluss gekannt hat."

§ 1118 ABGB lautet: "Der Bestandgeber kann seinerseits die frühere Aufhebung des Vertrages fordern, wenn der Bestandnehmer der Sache einen erheblich nachteiligen Gebrauch davon macht; wenn er nach geschehener Einmahnung mit der Bezahlung des Zinses dergestalt säumig ist, dass er mit Ablauf des Termines den rückständigen Bestandzins nicht vollständig entrichtet hat; oder, wenn ein vermietetes Gebäude neu aufgeführt werden muss. Eine nützlichere Bauführung ist der Mieter zu seinem Nachteile zuzulassen nicht schuldig, wohl aber notwendige Ausbesserungen."

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen auf bestimmte Zeit und auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nach dem zweiten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht im Wege steht (vgl. ).

Ausnahmsweise bestehende Kündigungsmöglichkeiten vermögen die grundsätzliche Bindung einer Vertragspartei an ein nach dem Vertragsinhalt auf bestimmte Dauer abgeschlossenes Bestandverhältnis nicht aufzuheben (vgl. ).

Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichneten Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (vgl. ; ; und 0112 mwN).

Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (vgl. ; bis 0112; ; ).

Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird somit nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrages beurteilt und hängt einerseits davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind, andererseits aber auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann (). Die Anführung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG in einem Vertrag bedeutet somit nicht, dass in allen Fällen unkritisch von einer unbestimmten Vertragsdauer auszugehen ist.

So ist der gesamte Vertragsinhalt einer Einzelfallprüfung zu unterziehen, die ergeben kann, dass von den Vertragsparteien eine zeitlich konkret begrenzte Bestanddauer gewollt ist, die bei vertragsgetreuem Verhalten aller Wahrscheinlichkeit nach auch erreicht wird.

Im gegenständlichen Fall wird eine Geschäftsfläche in einem Fachmarktzentrum in Bestand gegeben und ein Endtermin (), zu dem das Mietverhältnis "automatisch" ohne weitere Auflösungserklärung abläuft, vereinbart. Der Vermieter ist unabhängig von der vereinbarten Laufzeit des Mietverhältnisses berechtigt, den Mietvertrag während der Dauer des Mietverhältnisses jederzeit gemäß § 30 Abs. 2 MRG unter Einhaltung einer 3-monatigen Kündigungsfrist vorzeitig zu kündigen. Der Mieter ist berechtigt, den Mietvertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von jeweils 6 Monaten vorzeitig nach 121 Monaten und dann 3 mal nach jeweils 5 Jahren zu kündigen.

Betrachtet man die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG, so ergibt sich, dass die in Z 5, 6, 8 und 16 eingeräumten Kündigungsgründe im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung gelangen können, da diese Ziffern auf die Vermietung von Wohnraum abstellen. Z 2 kommt nicht in Betracht, weil der vereinbarte Mietzins nicht in einer Dienstleistung besteht. Z 4 kommt nur sehr eingeschränkt in Betracht, da eine Untervermietung und Weitergabe im Punkt 6.1 des Vertrages als zulässig erklärt wurde. Z 10 eignet sich nicht als Kündigungsgrund, weil das Bestandsobjekt ein Geschäftslokal ist und nicht zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten dient. Z 11 (öffentliches Interesse), Z 12 (Untermietverhältnis), Z 14 und Z 15 (beziehen sich auf ein Mietshaus) sind aufgrund des anderen Sachverhaltes ebenfalls nicht anwendbar. Z 13 ist kein eigener Kündigungsgrund, sondern sieht vielmehr die Möglichkeit vor, weitere Umstände als Kündigungsgründe zu vereinbaren, was gegenständlich nicht erfolgte.

Eine Kündigung wegen Eigenbedarf nach § 30 Abs. 2 Z 9 MRG würde nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes voraussetzen, dass die Bestandgeberin die von ihr verpachteten Räumlichkeiten zur Erfüllung ihres Zweckes, also für ihren Betrieb, dringend benötigt (vgl. mit Judikaturhinweisen). Der gegenständliche Bestandvertrag hat eine Geschäftsfläche in einem Einkaufszentrum zum Gegenstand und handelt es sich bei der Bestandgeberin um eine Personengesellschaft, deren Geschäftszweig der Erwerb, Verwaltung und Verwertung von Liegenschaften (***FN Nr***) ist. Dies bedeutet, dass Z 9 (Eigenbedarf) bei einer Besitz- und Verwertungs-Gesellschaft, die ein Einkaufszentrum betreibt, nicht vorstellbar ist.

Damit verbleiben der Bestandgeberin lediglich die Kündigungsgründe der Ziffern 1 (rückständiger Mietzins), 3 (erheblich nachteiliger Gebrauch des Mietgegenstandes), 4 (unverhältnismäßig hohe Gegenleistung bei Untervermietung) und 7 (keine regelmäßige Verwendung zur vereinbarten geschäftlichen Betätigung). Es kommen also nur diese vier einzelnen Kündigungsgründe in Betracht, die zudem nur geltend gemacht werden können, wenn ein Fehlverhalten der Bestandnehmerin vorliegt. Die Bestandgeberin kann diese Kündigungsgründe nicht beeinflussen und steht ihr bei vertragskonformen Verhalten der Bf. kein Kündigungsrecht zu. Es besteht für sie keine Möglichkeit einer Vertragsauflösung aufgrund freier Entscheidung.

Die vereinbarten Kündigungsgründe lassen damit nur sehr eingeschränkt eine vorzeitige Kündigung zu und ist eine frühzeitige Auflösung des nach dem Willen der Vertragsparteien auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandvertrages als nicht wahrscheinlich einzustufen.

Es ist daher nach dem Vertragsinhalt davon auszugehen, dass bei beiden Vertragsparteien der Wille bestand, das Vertragsverhältnis bis zu dem mit bestimmten Termin aufrechtzuerhalten.

Die Tatbestände der §§ 1117 und 1118 ABGB sind solche, die es dem einen oder anderen Teile gestatten, das Vertragsverhältnis ohne Kündigung vorzeitig zu beenden. Es handelt sich hier um Fälle von Vertragsverletzungen oder von zufälligen Ereignissen, die von außen her den Gegenstand des Bestandvertrags treffen (). Dem Umstand, dass die Auflösung des Mietvertrages wegen der in den §§ 1117 und 1118 ABGB normierten Gründen nicht ausgeschlossen wurde, kommt kein Gewicht in der Frage der Bindung der Vertragsparteien auf bestimmte Zeit zu (vgl. ).

Das Bundesfinanzgericht hat sich in den letzten Jahren mehrfach mit Bestandverträgen beschäftigt, in denen die Vertragsparteien zwar die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart haben, sich aus dem Gegenstand des konkreten Bestandvertrages ergibt, dass von den in § 30 Abs. 2 MRG genannten Kündigungsgründen nur einzelne Kündigungsgründe überhaupt in Betracht kommen können und wurden Verträge, bei denen nur einzelne der in § 30 Abs. 2 MRG aufgezählten Kündigungsgründe anwendbar blieben, als Bestandverträge auf bestimmte Zeit beurteilt; so zB zuletzt auch in , , , , , , , , , , .

Die gegen die Entscheidungen , , , , sowie eingebrachten außerordentlichen Revisionen wurden vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss zurückgewiesen (siehe , , , , und ) wie die gegen eingebrachte ordentliche Revision (siehe ).

Auch der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen die Entscheidung eingebrachten Beschwerde abgelehnt (vgl. und E 1740/2017).

Im Fall , hatte das BFG bei einer Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG ebenfalls eine Einzelfallprüfung durchgeführt und kam zum Ergebnis, dass nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit der Realisierung der vereinbarten Kündigungsgründe von einer bestimmten Vertragsdauer auszugehen sei. Der Verwaltungsgerichtshof stützte diese Rechtsansicht mit einem Hinweis auf zwei andere Beschlüsse folgendermaßen: "Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen."

Zusammengefasst ergibt sich, dass eine vorzeitige Kündigung des Bestandvertrages bloß eingeschränkt möglich ist und die der Vermieterin zustehenden Kündigungsgründe nicht in ihrem Belieben stehen, sondern von einem Fehlverhalten der Bf. abhängig sind. Die Wahrscheinlichkeit einer vorzeitigen Auflösung des bis zum fixierten Bestandverhältnisses stellt sich als gering dar.

Da einzelne Kündigungsrechte nach § 33 TP 5 Abs. 3 zweiter Satz GebG nicht dazu führen, dass ein ausdrücklich auf eine bestimmte Zeit eingegangenes Bestandverhältnis gebührenrechtlich als eines von unbestimmter Dauer zu qualifizieren ist, ist der Beschwerde nicht zu folgen.

In Hinsicht auf die Höhe der geschätzten monatlichen Betriebskosten ist dem Beschwerdevorbringen - wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung erfolgt - stattzugeben, wobei die von der Bf. dem Finanzamt vorgelegte Aufstellung über die erbrachten Leistungen als Grundlage für die Abgabenberechnung herangezogen wurde.

3.1.2. Zur endgültigen Abgabenfestsetzung:

Die Abgabe wurde nach § 200 Abs. 1 BAO vom Finanzamt vorläufig festgesetzt, weil die Höhe des umsatzabhängigen Bestandzinses inklusive aller Nebenkosten noch ungewiss war. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist die vorläufige Abgabenfestsetzung durch eine endgültige zu ersetzen. Gibt die Beseitigung der Ungewissheit zu einer Berichtigung der vorläufigen Festsetzung keinen Anlass, so ist ein Bescheid zu erlassen, der den vorläufigen zum endgültigen Abgabenbescheid erklärt (§ 200 Abs. 2 BAO).

Nach § 269 Abs. 1 BAO haben die Verwaltungsgerichte im Beschwerdeverfahren die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind.

Das Bundesfinanzgericht hat - außer in bestimmten Fällen - immer in der Sache selbst zu entscheiden und ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen. Es kann den Bescheid nach jeder Richtung abändern, aufheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abweisen (§ 279 Abs. 1 BAO).

Das Finanzamt hat mit Ergänzungsersuchen vom Ermittlungen hinsichtlich des Umsatzmietzinses und der Betriebskosten aufgenommen und wurden die Ergebnisse mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom der Bf. zur Kenntnis gebracht und von ihr nicht beeinsprucht. Da nach der Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens der Umfang der Abgabepflicht hinsichtlich der Miete (Umsatz- oder Mindestmiete) und der Betriebskosten nicht mehr ungewiss ist, ist die Abgabenfestsetzung nicht mehr vorläufig vorzunehmen.

Für die vereinbarte Bestanddauer von 361 Monaten ist höchstens das Achtzehnfache des Jahreswertes (§ 33 TP 5 Abs. 3 GebG 1957) bei der Berechnung der Abgabe zugrunde zu legen:

mtl. Mindestmiete inkl. USt 70.000,00 €

Betriebskosten inkl. USt 4.212,38 €

= mtl. Gesamtmietentgelt 74.212,38 €

Dauer 74.212,38 € x 216 = Bemessungsgrundlage = 16,029.874,08 €

1% der Bemessungsgrundlage = 160.298,74 €

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Frage, ob der gegenständliche Bestandvertrag in seiner Gesamtgestaltung als Vertrag auf bestimmte Dauer oder auf unbestimmte Dauer zu beurteilen ist, kommt keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, weshalb eine Revision nicht zugelassen wurde. Der VwGH hat in jüngster Zeit bereits mehrfach Revisionen in ähnlichen Fällen mittels Beschluss zurückgewiesen (zB , Ra 2017/16/0111; , Ra 2018/16/0040; , Ro 2018/16/0004).

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 TP 5 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7103716.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at