Nicht wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer - Auslegung der Wortfolge "weisungsfrei auf Grund gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmung" iSd § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988
Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/15/0002. Mit Erkenntnis v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/5100672/2023 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Josef Schlager, Freistädter Straße 307, 4040 Linz, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Haftung Lohnsteuer und Festsetzung des Dienstgeberbeitrages, jeweils für die Jahre 2013 bis 2015, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
A. Streitpunkt
Strittig ist, ob nicht wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer, die schuldrechtlich hinsichtlich ihres arbeitsbezogenen Verhaltens weisungsfrei gegenüber ihrer GmbH sind, aufgrund einer gesellschaftsrechtlichen Sonderbestimmung weisungsfrei sind und daher gem. § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 der Lohnsteuer und iVm § 41 FLAG dem Dienstgeberbeitrag unterliegen.
B. Verfahrensablauf
B.1. Bei der Bf., einer Ziviltechniker-GmbH fand eine Gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben für den Zeitraum 2011 bis 2015 statt. Bei dieser Prüfung wurde festgestellt, dass die vier an der GmbH nicht wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer seit im Rahmen eines neuen Geschäftsführervertrages, der sie weisungsfrei stellt, beschäftigt werden und daher ihre Geschäftsführerbezüge ab diesem Zeitpunkt nicht mehr der Lohnsteuer unterworfen und kein Dienstgeberbeitrag abgeführt wurde.
Die Lohnsteuerprüfung vertrat die Ansicht, dass die vier Gesellschafter-Geschäftsführer weiterhin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 beziehen und daher diese der Lohnsteuer und dem Dienstgeberbeitrag unterliegen, weil der Gesellschaftsvertrag eine Sperrminorität für jeden einzelnen Gesellschafter-Geschäftsführer vorsehe.
Gegen diese Ansicht legte die steuerliche Vertretung der Bf. noch vor Abschluss der Prüfung zwei Stellungnahmen der ***2***, unterzeichnet von ***3*** und ***4***, vor. Die erste Stellungnahme vom beschäftigt sich mit der Frage des Steuer- und Sozialversicherungsverhältnisses der Geschäftsführer der Ziviltechniker GmbH aufgrund der mit Wirkung seit abgeschlossenen Geschäftsführerverträge. Diese Stellungnahme kommt zum Ergebnis, dass unter Berücksichtigung der Judikatur des VwGH die vorliegenden Geschäftsführerverträge zu keinem Dienstverhältnis der Geschäftsführer zur GmbH gem. § 47 Abs. 2, 1. und 2. Satz, EStG 1988 führen können, weil in den Geschäftsführerverträgen keine Weisungsbindung der Geschäftsführer hinsichtlich ihres arbeitsbezogenen Verhaltens vereinbart worden sei.
Die zweite Stellungnahme vom beschäftigt sich mit der der Frage, ob der Gesellschaftsvertrag der Ziviltechniker GmbH vom unter Berücksichtigung des Umlaufbeschlusses vom eine "gesellschaftsvertragliche Sonderbestimmung" im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 enthält. Die Stellungnahme verneinte diese Frage, weil jegliche gesellschaftsvertragliche Sonderbestimmung, die sich auf persönliche Weisungen betreffend die Tätigkeit als Geschäftsführer beziehe, fehle.
In einem Rechtsgutachten vom kommt der die ab wirksam gewordenen Geschäftsführerverträge erstellende Rechtsanwalt zum Schluss, dass die in Punkt 9.1. des Gesellschaftsvertrages der GmbH aufgezählten Punkte in keiner Weise die laufende "ordentliche" Geschäftsführung betreffen und daher keine gesellschaftsvertragliche Sonderbestimmung iSd § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 vorliegen könne.
B.2. In der Beilage zur Schlussbesprechung vom wird an der bisherigen Rechtsansicht festgehalten. Entgegen den Stellungnahmen der Bf. sei durch das 90%ige Beschlusserfordernis für den "Abschluss und die Änderung von Anstellungsverträgen mit den Geschäftsführern sowie die Festlegung deren Vergütung" die Weisungsfreistellung aus dem Anstellungsvertrag auch gesellschaftsrechtlich abgesichert, sodass diese ohne die Zustimmung des einzelnen Gesellschafter-Geschäftsführers auch gar nicht mehr entzogen werden könne. Es sei daher eine gesellschaftsrechtliche Sonderbestimmung gegeben, aufgrund derer die Verpflichtung, den Weisungen eines anderen zu folgen, fehle. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH stelle die Bindung des Geschäftsführers an den Gesellschaftsvertrag und die Gesellschafterbeschlüsse bloß eine sachliche Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers her. Könne nun der Gesellschafter aufgrund einer Sperrminorität Gesellschafterbeschlüsse verhindern, so sei dies dem Bereich der sachlichen Weisungsbindung zuzuordnen. Daher könne sich entgegen den Ausführungen in der Stellungnahme vom die gesellschaftsvertraglichen Sonderbestimmungen nicht nur auf die persönliche Weisungsbindung, sondern müssen sich auch auf die sachliche Weisungsbindung beziehen. Es reiche bereits die hypothetische Möglichkeit, aufgrund der Sperrminorität Gesellschafterbeschlüsse verhindern zu können. Darüber hinaus seien die laut Gesellschaftsvertrag mit 90% iger Stimmenmehrheit zu beschließenden Angelegenheiten derart umfassend, dass für die "Auffangregelung" des Punktes 8.6. des Gesellschaftsvertrages, wonach Beschlüsse - soweit das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag nicht zwingend anderes bestimmen - durch Zwei-Drittel-Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden, kaum Anwendungsfälle übrig bleiben. Unter anderem könne der Gesellschaftsvertrag selbst nur durch qualifizierten Beschluss geändert werden. In einer Gesamtbetrachtung könne es daher keinen Unterschied machen, ob eine gänzliche Sperrminorität im Gesellschaftsvertrag vereinbart sei, wonach der Gesellschafter sämtliche Beschlüsse verhindern könne, oder ob - wie im gegenständlichen Fall - zwar keine gänzliche Sperrminorität gegeben sei, aber derart zahleiche Regelungsgegenstände einer qualifizierten Beschlussmehrheit (Sperrminorität) vorbehalten seien, die einer gänzlichen Sperrminorität für sämtliche Beschlüsse nahezu gleich komme.
Der Bericht gem. § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom verweist auf die Beilage zur Schlussbesprechung. In ihm werden die Geschäftsführerbezüge in Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit mit Dienstgeberbeitrags- und Lohnsteuerpflicht umqualifiziert. In die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag wurden die Geschäftsführerbezüge sowie die Vorteilsgewährung der Privatnutzung von arbeitgebereigenen KFZ einbezogen. Die Bemessungsgrundlage für die Lohnsteuerhaftung bildete lediglich die Vorteilsgewährung der Privatnutzung von arbeitgebereigenen KFZ, weil für die Geschäftsführerbezüge bereits Einkommensteuer entrichtet wurde.
B.3. Das Finanzamt schloss sich der Auffassung der GPLA-Prüfung an und erließ datiert mit für die Jahre 2013 bis 2015 je einen Haftungsbescheid Lohnsteuer, einen Bescheid über die Festsetzung eines Säumniszuschlages (betreffend Lohnsteuer), einen Bescheid über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und einen Bescheid über die Festsetzung des Säumniszuschlages für den DB. Zur Begründung wurde auf den Bericht und die Niederschrift über die Schlussbesprechung verwiesen.
B.4. Mit Beschwerde vom erhob die steuerliche Vertretung der Bf. Beschwerde gegen die Dienstgeberbeiträge sowie die Säumniszuschläge für den DB für die Jahre 2013 bis 2015 und beantragte, die Bescheide aufzuheben. Im Wesentlichen argumentierte die steuerliche Vertretung, dass die Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund ihrer gleichlautenden Geschäftsführerverträge und der dort vereinbarten Weisungsungebundenheit in keinem Dienstverhältnis gem. § 47 Abs. 2 EStG 1988 zur GmbH stehen und auch diesbezüglich keine Sperrminorität im Gesellschaftsvertrag verankert sei. Die Geschäftsführerbezüge können daher weder zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a noch zu solchen gem. § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 führen.
Mit eigenem Schreiben, ebenfalls datiert mit , wurde Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Haftung Lohnsteuer und die dafür erhobenen Säumniszuschläge für die Jahre 2013 bis 2015 erhoben und beantragt, diese Bescheide aufzuheben. Die Begründung ist ident mit jener der Beschwerde gegen die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages. Zusätzlich wird argumentiert, dass bei richtiger Ausübung des Ermessens gem. § 20 BAO es zu keiner Haftungsinanspruchnahme der GmbH hätte kommen dürfen, sondern es hätten die Geschäftsführer für die auf die Sachbezüge entfallende Einkommensteuer direkt in Anspruch genommen werden müssen.
B.5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden die Beschwerden vom als unbegründet abgewiesen. Zur rechtlichen Würdigung wird auf den Prüfbericht vom bzw. die Niederschrift vom verwiesen. Ergänzend wird ausgeführt, dass zur Frage, ob bestimmte Klauseln im Gesellschaftsvertrag eine "Quasi-Sperrminorität" bewirken und zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 führen, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle. Nach Ansicht des Finanzamtes seien im Gesellschaftsvertrag vom unter Punkt 9.1. zahlreiche Regelungsgegenstände einer qualifizierten Beschlussmehrheit vorbehalten, die einer gänzlichen Sperrminorität für sämtliche Beschlüsse nahezu gleichkomme. Daher sei von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit iSd § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 auszugehen. Im Übrigen wurden noch Ausführungen zum Ermessen gemacht.
B.6. Mit Anbringen vom wurde der Antrag gestellt, die beiden Beschwerden vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Im Vorlageantrag wurde noch detaillierter auf die beiden strittigen Themen - Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit: ja oder nein und Ermessen - eingegangen.
B.7. Die Beschwerden wurden am dem Bundesfinanzgericht zu Entscheidung vorgelegt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1.Entscheidungswesentlicher Sachverhalt:
1.1.
Der Unternehmensgegenstand der Bf., einer Ziviltechniker GmbH, ist die Ausübung des Ziviltechnikerberufes mit der Befugnis eines Ingenieurkonsulenten für das Bauwesen.
Die GmbH wurde durch Gesellschaftsvertrag vom ***5*** gegründet. In die GmbH wurde eine zuvor bestehend KEG eingebracht.
Am Stammkapital der GmbH von € ***6*** waren im Beschwerdezeitraum die Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH wie folgt beteiligt:
- DI ***7*** zu 23,5%
- DI ***8*** zu 23,5%
- DI ***9*** zu 22,5%
- DI ***10*** zu 22,5%
Die restlichen Anteile von insgesamt 8% hielten je zu 4% die Ehefrau von DI ***7*** und die Ehefrau von DI ***8***.
Die drei erstgenannten Hauptgesellschafter waren seit selbständige vertretungsbefugte Geschäftsführer, Herr DI ***10*** seit .
1.2.
Bis bestanden alte Geschäftsführerverträge, nach denen die Gesellschafter-Geschäftsführer Angestellte der GmbH waren und somit Dienstnehmer iSd § 25 EStG 1988. Daher wurden die an sämtliche Geschäftsführer-gewährten Vergütungen und Sachbezüge (Privatnutzung je eines firmeneigenen PKW sowie die Parkplatzkosten) lohnsteuerpflichtig samt den Lohnnebenkosten (DB, und Kommunalsteuer) mittels Lohnverrechnung (inkl. Erstellung der L16) abgerechnet.
Ab kam es zu einer Änderung. Es wurde mit jedem der vier Gesellschafter ein neuer Geschäftsführervertrag abgeschlossen. Alle vier Gesellschafterverträge wiesen den gleichen Inhalt auf.
Der Geschäftsführervertrag mit Herrn Dipl.-Ing. ***7*** hatte folgenden Inhalt:
"Präambel
Herr Dipl.-Ing. ***7*** ist nicht wesentlich beteiligter Gesellschafter der Firma ***Bf1***. Mit Beschluss der Generalversammlung der Gesellschaft vom ***5***, eingetragen im Firmenbuch am , wurde er auf unbestimmte Zeit zum unternehmensrechtlichen Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. Aus Anlass der Änderung des Pensionsversicherungsverhältnisses der Ziviltechniker und deren mit Wirkung vom erfolgten Einbeziehung in die Pflichtversicherung nach dem FSVG (§ 2 Abs. 1 Z 3 FSVG IdFd PF-ÜG, BGBl. I Nr. 123/2012) musste Herr Dipl.-Ing. ***7*** sein Sozialversicherungsverhältnis auf gegenüber den Behörden erforderliche Maßnahmen hin näher ansehen. Dies hat dazu geführt, dass die beiden Vertragspartner auch ihr bestehendes Vertragsverhältnis überprüft und dabei festgestellt haben, dass dieses nicht dem tatsächlichen "Leben" der vertraglichen Beziehung entspricht und auch nicht in allen Vertragspunkten dem Willen der beiden Vertragspartner gerecht wird. Aus diesem Grunde wird das Vertragsverhältnis mit nachstehendem Geschäftsführervertrag mit Wirkung ab den tatsächlichen Verhältnissen angepasst.
1 Vertragsdauer
(1) Das Anstellungsverhältnis wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.
(2) Das Anstellungsverhältnis kann von beiden Teilen unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist zu jedem Monatsletzten aufgekündigt werden, es endet aber jedenfalls mit dem Ausscheiden als Gesellschafter.
(3) Im Falle der Abberufung als Geschäftsführer gilt dies zugleich auch als Ausspruch der Kündigung dieses freien Dienstverhältnisses, sofern nicht ausdrücklich im Abberufungsbeschluss eine andere Beendigung genannt wird.
(4) Die Auflösung aus wichtigem Grund ist in jedem Fall für beide Vertragsteile möglich. Ein wichtiger Grund, der in jedem Fall zur Auflösung des Vertragsverhältnisses berechtigt, ist der Verlust der Befugnis als Ziviltechniker, im Falle einer Suspendierung wird der Geschäftsführer die Geschäftsführung bis zur endgültigen Klärung selbst zurückzulegen.
2 Allgemeine Rechtsstellung des Geschäftsführers
(1) Der Geschäftsführer ist in seiner Tätigkeit eigenverantwortlich, weisungsungebunden und frei von persönlicher Abhängigkeit, die Gesellschaft hat daher ihm gegenüber auch kein arbeitsbezogenes Weisungsrecht.
(2) Der Geschäftsführer ist somit nicht an bestimmte Dienstzeiten gebunden, er ist berechtigt, sich den Ablauf seiner Arbeit selbst einzuteilen und jederzeit zu ändern.
(3) Der Geschäftsführer ist - seiner Weisungsungebundenheit entsprechend -berechtigt, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen. Den tatsächlichen Umfang seiner Tätigkeit für die Gesellschaft bestimmt der Geschäftsführer somit durch die Annahme oder Ablehnung von Aufträgen selbst.
(4) Der Geschäftsführer ist nicht an einen bestimmten Arbeitsort und an die Verwendung bestimmter Arbeitsmittel der Gesellschaft gebunden, die Gesellschaft wird ihm jedoch ermöglichen, ihre Infrastruktur zur Durchführung seiner Tätigkeit zu nutzen.
3 Tätigkeit/Aufgaben
Neben der Erfüllung der gesetzlich vorgesehenen Aufgaben wird der Geschäftsführer für die Gesellschaft überwiegend Leistungen im Rahmen von Kunden-Projekten erbringen, wobei zu seinen Aufgaben insbesondere folgende Tätigkeiten gehören:
Akquisition von neuen Aufträgen
Kaufmännische Abwicklung der von ihm übernommenen Aufträge
Technische Projektleitung
Mitarbeiterführung
Ingenieurmäßige Bearbeitung von Projekten
Baustellenüberwachung
Ersteilen von Gutachten
Beratung von Kunden
Der Geschäftsführer bestätigt, dass er als berufsbefugter Ziviltechniker zur Durchführung dieser Tätigkeiten berechtigt ist.
4 Honorar
(1) Der Geschäftsführer erhält als Entgelt für seine gesamte Tätigkeit einen monatlichen Bruttobezug von € 5.500,00, der zwölf Mal jährlich zu Beginn eines jeden Monats ausbezahlt wird.
(2) Der vorstehende Betrag ist wertgesichert, als Maß zur Berechnung der Wertbeständigkeit dient der von Statistik Austria monatlich verlautbarte Verbraucherpreisindex 2010 oder ein an seine Stelle tretender Index. Als Bezugsgröße für den vorliegenden Vertrag dient die für Juni 2013 errechnete Indexzahl. Die sich aufgrund dieser Berechnung neu ergebenden Beträge sind auf volle Euro aufzurunden.
5 PKW und Reisekosten
(1) Der Geschäftsführer hat das Recht, von der Gesellschaft einen PKW zur Verfügung gestellt zu erhalten, der auch privat genutzt werden darf. Die jeweiligen Anschaffungskosten sind mit dem steuerlich absetzbaren Höchstbetrag für PKW-Anschaffungen (derzeit € 40.000,-) begrenzt. Darüber hinausgehende Anschaffungskosten und die auf diese entfallenden (gem. EStR 2000, Rz 4781 zu kürzenden) Betriebskosten hat der Geschäftsführer selbst zu tragen.
(2) Den von der Gesellschaft als geldwerter Vorteil aus der Privatnutzung ermittelten Wert wird der Geschäftsführer als zusätzliche Betriebseinnahme in seiner Einkommensteuererklärung erfassen.
(3) Bei Beendigung dieses Vertragsverhältnisses, aus welchem Grund immer, hat der Geschäftsführer das Recht, den PKW zum jeweiligen Verkehrswert von der Gesellschaft käuflich zu erwerben. Sollte binnen einer Frist von vier Wochen nach Ausscheiden von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht worden sein, ist die Gesellschaft berechtigt, über den PKW frei zu verfügen. Soweit ein Teil der Anschaffungskosten vom Geschäftsführer selbst getragen wurde, erhält er den entsprechenden aliquoten Anteil vom Verkehrswert bzw. im Falle der Veräußerung vom Veräußerungserlös.
(4) Die Abgeltung der Reisekosten erfolgt im Sinne der EStR 2000, Rz 4109a, nach Vorlage der Belege als Kostenersatz in Höhe der tatsächlich getätigten Ausgaben. Die etwaige Verwendung eines privaten Kfz wird in Höhe des jeweils anzuwendenden Kilometergeld-Satzes vergütet.
6 Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
Der Geschäftsführer verpflichtet sich, sowohl alle Kundenbeziehungen als auch sämtliche Daten und Informationen über die Gesellschaft sowie deren Kunden, die ihm im Rahmen seiner Tätigkeit offengelegt bzw. zugänglich gemacht wurden, geheim zu halten. Eine Offenlegung bzw. Weitergabe solcher Daten und Informationen an Dritte sowie insbesondere eine Nutzung ist nur mit schriftlicher Zustimmung der Gesellschaft zulässig. Diese Verpflichtung besteht auch nach Ende des vorliegenden Vertragsverhältnisses weiter. Gleiches gilt für das Datengeheimnis gem. Datenschutzgesetz.
7 Steuern und Abgaben
(1) Der Geschäftsführer wird seine Tätigkeit ordnungsgemäß dem Finanzamt melden und sämtliche mit seinen Einkünften verbundene Steuern, insbesondere Umsatz- und Einkommensteuer, ordnungsgemäß selbst abführen. Dem nachkommend hat der Geschäftsführer der Gesellschaft nachgewiesen, dass er sich sowohl beim zuständigen Finanzamt als auch bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft angemeldet hat und damit seinen Meldepflichten gem. §§ 119ff BAO und § 18 GSVG nachgekommen ist, wobei der Geschäftsführer verbindlich erklärt, diese Anmeldungen für die Dauer der Zusammenarbeit aufgrund des vorliegenden Vertrages aufrechtzuhalten.
(2) Da es sich beim vorliegenden Vertragsverhältnis nach dem Willen der Vertragspartner um einen freien Dienstvertrag handelt, wird der Geschäftsführer auch selbst für seinen aufgrund seiner Berechtigung und Stellung als Gesellschafter-Geschäftsführer verpflichtend eintretenden sozialversicherungsrechtlichen Schutz (einschließlich eines etwaigen freiwilligen Beitrages an die BV-Kasse) Sorge tragen.
8 Sonstiges
(1) Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform, dies gilt auch für die Schriftformklausel.
(2) Sollte eine der Bestimmungen dieses Vertrages nicht wirksam sein oder ungültig werden, so berührt dies die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht, es gilt eine wirksame Bestimmung als vereinbart, welche der unwirksamen oder der ungültigen wirtschaftlich möglichst nahe kommt. Weiters verpflichten sich die Vertragspartner, anstelle der unwirksamen oder ungültigen Bestimmungen unverzüglich solche zu vereinbaren, die dem wirtschaftlichen Zweck der unwirksamen oder ungültigen Bestimmungen und der Zwecksatzung der Parteien an nächsten kommen.
(3) Zwingende Regelungen des ZTG und des ZTKG werden durch diesen Vertrag nicht berührt und gehen dieser Vereinbarung vor.
(4) Da es sich nach dem Willen der Vertragspartner beim vorliegenden Vertragsverhältnis um einen freien Dienstvertrag handelt, finden darauf arbeitsrechtliche Bestimmungen keine Anwendung.
(5) Gerichtsstand ist ***11***."
Der Geschäftsführervertrag wurde von allen vier Geschäftsführern unterzeichnet.
1.3.
Der Gesellschaftsvertrag der Bf. in der ab geltenden Fassung lautet auszugsweise wie folgt:
"7. Geschäftsführung und Vertretung:
7.1 Die Gesellschaft wird durch einen oder mehrere Geschäftsführer, welche von den Gesellschaftern bestellt und abberufen werden, vertreten.
7.2 Jeder Geschäftsführer vertritt selbständig, soweit nichts Abweichendes beschlossen wird. Die Gesellschafterversammlung kann auch beschließen, dass ein Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten kann.
7.3 Die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft ist ausschließlich Gesellschaftern mit ausgeübter Ziviltechnikerbefugnis vorbehalten,
7.4 In Geschäftsfällen, in denen fachverschiedene Befugnisse mehrerer Ziviltechniker erforderlich sind, haben die Geschäftsführer jener betroffenen fachlichen Befugnisse jedenfalls gemeinsam zu handeln.
7.5 Die Geschäftsführer sind verpflichtet, einander wechselseitig über Auftragserteilungen, Absprachen und Vereinbarungen mit Auftraggebern und in allen bedeutenden Angelegenheiten eines Ziviltechnikerbüros zu informieren.
8. Generalversammlung:
8.1 Die nach dem Gesetz und dem Gesellschaftsvertrag den Gesellschaftern vorbehaltenen Beschlüsse werden in Generalversammlungen gefasst. Die schriftliche Beschlussfassung gemäß § 34 GmbHG ist zulässig.
8.2 Die Generalversammlungen finden am Ort des Sitzes der Gesellschaft statt. Eine Generalversammlung hat wenigstens einmal jährlich zur Beschlussfassung über den Jahresabschluss innerhalb von acht Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres stattzufinden.
8.3 Die Einberufung der Generalversammlung erfolgt durch den oder die Geschäftsführer mittels eingeschriebenen Briefes mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen. Dabei sind der Tag der Aufgabe des Briefes zur Post und der Tag der Generalversammlung nicht mitzuzählen. Die Ladung ist gültig zugestellt, wenn sie mangels einer anderen, der Gesellschaft nachgewiesenen Anschrift, an die letzte dem Firmenbuch bekannt gegebene Adresse eines Gesellschafters gerichtet ist. Mit Zustimmung des jeweiligen Gesellschafters kann die Ladung auch durch persönliche Übergabe gegen Empfangsbestätigung erfolgen. Eine Verkürzung der Ladungsfrist ist nur mit Zustimmung des jeweils betroffenen Gesellschafters zulässig.
8.4 Die Vermehrung der den Gesellschaftern nach dem Vertrag obliegenden Leistungen, sowie die Verminderung von im Gesellschaftsvertrag Gesellschaftern eingeräumten Rechten kann nur mit Zustimmung der betroffenen Gesellschafter wirksam beschlossen werden.
8.5 Die Generalversammlung ist beschlussfähig, wenn wenigstens mehr als die Hälfte des Stammkapitals vertreten ist. Im Falle der Beschlussunfähigkeit einer Generalversammlung ist unter Hinweis auf deren Beschlussunfähigkeit eine zweite Versammlung einzuberufen, die auf Behandlung der Gegenstände der ersten einberufenen Generalversammlung beschränkt und ohne Rücksicht auf die Höhe des vertretenen Stammkapitals beschlussfähig ist. Darauf ist in der Einladung hinzuweisen.
8.6 Die Beschlüsse werden - soweit Gesetz oder Gesellschaftsvertrag nicht zwingend etwas anderes bestimmen - durch Zwei-Drittel-Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Je € 100,-- einer übernommenen Stammeinlage (Beträge unter C 100,-- werden nicht gezählt) gewähren eine Stimme, doch muss jedem Gesellschafter mindestens eine Stimme zustehen.
8.7 Die Beschlüsse der Gesellschafter sind unverzüglich nach der Beschlussfassung schriftlich niederzulegen und geordnet von den Geschäftsführern aufzubewahren. Jedem Gesellschafter ist ohne Verzug nach Zustandekommen des Beschlusses eine Kopie des gefassten Beschlusses unter Angabe des Tages der Aufnahme in die Niederschrift mittels eingeschriebenen Briefes zuzusenden (§ 40 GmbHG).
9. Qualifizierte Beschlusserfordernisse:
9.1 Folgende Beschlüsse bedürfen einer Mehrheit von 90 % der abgegebenen Stimmen:
- Änderung des Gesellschaftsvertrages einschließlich der Änderung des Unternehmensgegenstandes (a)
- Zustimmung zur Übertragung, Teilung oder Belastung eines Gesellschaftsanteils, Einräumung einer Unterbeteiligung und Eintritt eines stillen Gesellschafters (b)
- Beschlüsse über Fusionen sowie Maßnahmen nach dem Umgründungssteuergesetz und ähnlichen Normen (c)
- Bestellung von Geschäftsführern und Prokuristen (nicht die Abberufung) (d)
- Änderung des Stammkapitals (e)
- Neuaufnahme von Gesellschaftern (f)
- Beschlüsse über die Auflösung der Gesellschaft sowie die Aufgabe des Geschäftsbetriebes oder wesentlicher Teile hiervon und zwar auch durch Bestandgabe (g)
- Beschlüsse über die Veräußerung des gesamten Gesellschaftsvermögens oder wesentliche Teile hiervon (h)
- Beschlüsse über die Vereinbarung eines Konkurrenzverbots oder die Entbindung vom Konkurrenzverbot (i)
- Erwerb oder Veräußerung von anderen Unternehmen oder von Beteiligung von solchen, Errichtung und Auflösung von Zweigniederlassungen (j)
- Versorgungszusagen jeder Art (k)
- Abschluss von Geschäften zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern (l)
- Abschluss und Änderung von Anstellungsverträgen mit den Geschäftsführern sowie die Festlegung deren Vergütung (m)
- Gewährung von Gewinn- oder Umsatzbeteiligungen oder Pensionszusagen. (n)
9.2 Über fachliche Fragen der Berufsausübung der Ziviltechnikergesellschaft entscheiden ausschließlich die Gesellschafter mit ausgeübter Ziviltechnikerbefugnis. Gegen den Willen jener Gesellschafter, die über die für den Gegenstand der Entscheidung fachlich einschlägiger Befugnis verfügen, darf in fachlichen Fragen der Berufsausübung der Ziviltechnikergesellschaft keine Entscheidung getroffen werden."
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen und ist unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Rechtsgrundlagen
3.1.1.
Gem. § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind:
a) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Dazu zählen auch Pensionszusagen, wenn sie ganz oder teilweise anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder der Lohnerhöhungen, auf die jeweils ein Anspruch besteht, gewährt werden, ausgenommen eine lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 sieht dies vor.
b) Bezüge und Vorteile von Personen, die an Kapitalgesellschaften nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 beteiligt sind, auch dann, wenn bei einer sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisenden Beschäftigung die Verpflichtung, den Weisungen eines anderen zu folgen, auf Grund gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmung fehlt.
§ 47 EStG 1988 ordnet an: "(1) Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25) wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer), wenn im Inland eine Betriebsstätte (§ 81) des Arbeitgebers besteht. Arbeitnehmer ist eine natürliche Person, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht. Arbeitgeber ist, wer Arbeitslohn im Sinne des § 25 auszahlt. Die Einkommensteuer für Bezüge und Vorteile von ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes ist durch Abzug vom Arbeitslohn auch dann zu erheben, wenn die ausländische Einrichtung im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes im Inland über keine Betriebsstätte (§ 81) verfügt; für die Erhebung ist das Finanzamt Graz-Stadt zuständig.
(2) Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ein Dienstverhältnis ist weiters dann anzunehmen, wenn bei einer Person, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 beteiligt ist, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b vorliegen. Ein Dienstverhältnis ist weiters bei Personen anzunehmen, die Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 und 5 beziehen."
Gem. § 82 EStG 1988 (Haftung) haftet der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer. Der Umstand, dass die Voraussetzungen des § 83 Abs. 2 Z 1 und 4 oder Abs. 3 vorliegen, steht einer Inanspruchnahme des Arbeitgebers nicht entgegen.
§ 83 EStG 1988 (Steuerschuldner) normiert: "(1) Der Arbeitnehmer ist beim Lohnsteuerabzug Steuerschuldner.
(2) Der Arbeitnehmer wird unmittelbar in Anspruch genommen, wenn
1. die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 vorliegen,
2. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 99/2007)
3. die Voraussetzungen für eine Nachversteuerung gemäß § 18 Abs. 4 vorliegen,
4. eine Veranlagung auf Antrag (§ 41 Abs. 2) durchgeführt wird,
5. eine ausländische Einrichtung im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn (§ 47) nicht erhoben hat.
(3) Der Arbeitnehmer kann unmittelbar in Anspruch genommen werden, wenn er und der Arbeitgeber vorsätzlich zusammenwirken um sich einen gesetzeswidrigen Vorteil zu verschaffen, der eine Verkürzung der vorschriftsmäßig zu berechnenden und abzuführenden Lohnsteuer bewirkt."
3.1.2.
§ 41 FLAG 1967 in der Fassung des Beschwerdezeitraumes lautet:
"(1) Den Dienstgeberbeitrag haben alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen; als im Bundesgebiet beschäftigt gilt ein Dienstnehmer auch dann, wenn er zur Dienstleistung ins Ausland entsendet ist.
(2) Dienstnehmer sind Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen, freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988.
(3) Der Beitrag des Dienstgebers ist von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 und an freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG."
Gem. § 4 Abs. 1 ASVG in der Fassung des Beschwerdezeitraumes sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet: (…). Gem. § 4 Abs. 4 ASVG in der Fassung des Beschwerdezeitraumes stehen den Dienstnehmern im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für
1. einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,
2. eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit)
wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; es sei denn
a) dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG oder § 2 Abs. 1 BSVG oder nach § 2 Abs. 1 und 2 FSVG versichert sind oder
b) dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine (Neben-)Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 Z 1 lit. f B-KUVG handelt oder
c) dass eine selbständige Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründet, ausgeübt wird oder
d) dass es sich um eine Tätigkeit als Kunstschaffender, insbesondere als Künstler im Sinne des § 2 Abs. 1 des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes, handelt.
3.2. Beurteilung im konkreten Beschwerdefall
3.2.1. Die vier Gesellschafter-Geschäftsführer weisen alle eine Beteiligung von weniger als 25% am Stammkapital der GmbH auf. Sie sind daher nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 beteiligt. Ihre Geschäftsführerbezüge könnten gem. § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a oder lit. b EStG 1988 zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führen. Dies hängt zunächst davon ab, ob sie in einem Dienstverhältnis gem. § 47 Abs. 2 erster und zweiter Satz EStG 1988 zur GmbH stehen.
Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. sind zwei Kriterien für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses zu entnehmen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. Weiteren Abgrenzungskriterien, wie etwa dem Fehlen eines Unternehmerrisikos, kommt nur dann Bedeutung zu, wenn die im Gesetz festgeschriebenen Kriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Betriebs des Arbeitgebers noch keine klare Abgrenzung ermöglichen (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2012/13/0088, mwN).
3.2.2. Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft istnach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits durch jede nach außen hin als auf Dauer angelegt erkennbare Tätigkeit hergestellt, mit welcher der Unternehmenszweck der Gesellschaft verwirklicht wird ( Zl. 2018/15/0090, und vom , Zl. 2007/15/0095, jeweils unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des verstärkten Senates vom , Zl. 2003/13/0018), wobei es unerheblich ist, ob der Geschäftsführer im operativen Bereich (wie hier als Ziviltechniker) der Gesellschaft oder im Bereich der Geschäftsführung tätig ist ( Zl. 2007/15/0181).
Die Geschäftsführer waren für das Unternehmen der Bf. als Ziviltechniker (Akquirierung und Abwicklung von Projekten) und Geschäftsführer (Mitarbeiterführung, kaufmännische Agenden) im Beschwerdezeitraum bereits seit Jahren tätig. Dadurch liegt das Merkmal der Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Bf. im Sinne der dargestellten Rechtsprechung vor.
3.2.3. Maßgeblich für die Beurteilung der Weisungsgebundenheit von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 ist nicht die sachliche, sondern die davon zu unterscheidende persönliche Weisungsgebundenheit (vgl. die zu nicht beteiligten Geschäftsführern ergangenen Erkenntnisse vom , 2013/13/0046, vom , 2008/15/0090, vom , 2012/13/0088, und vom , 2013/15/0202). Die Bindung eines Geschäftsführers an den Gesellschaftsvertrag und die Gesellschafterbeschlüsse stellt bloß eine sachliche Weisungsgebundenheit her (vgl. das Erkenntnis vom , 97/13/0169, sowie idS auch das Erkenntnis vom , 2010/08/0240).
Ob die Gesellschafter-Geschäftsführer der beschwerdeführenden GmbH im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 "ihre Arbeitskraft schulden", ist aufgrund der zwischen den Geschäftsführern und der GmbH bestehenden schuldrechtlichen Verhältnisse zu beurteilen (vgl. , und vom ). Weisungsunterworfenheit im hier maßgeblichen Sinn bedeutet, dass der Arbeitgeber durch individuell-konkrete Anordnungen das Tätigwerden des Dienstnehmers beeinflussen kann (). Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzliche) persönliche Arbeitspflicht charakteristisch (, allerdings zum Sozialversicherungsrecht).
Nach den Geschäftsführerverträgen hat die GmbH gegenüber den Gesellschafter-Geschäftsführern keine arbeitsbezogene persönliche Weisungsbefugnis. Die Gesellschafter-Geschäftsführer waren somit, auch nach den Geschäftsführerverträgen, an keine bestimmten Dienstzeiten oder Arbeitsorte gebunden. Jeder Gesellschafter-Geschäftsführer bestimmte den Umfang seiner Arbeitsleistung selbst.
Dass die tatsächlichen Verhältnisse von dieser vertraglichen Vereinbarung abweichen würden, hat die belangten Behörde nicht festgestellt.
Es liegt daher keine Weisungsgebundenheit der Gesellschafter-Geschäftsführer, damit kein Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iSd § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 vor. Eine Heranziehung zur Lohnsteuer und Festsetzung des Dienstgeberbeitrages kann daher aus diesem Grund nicht vorliegen.
3.2.4. Im zweiten Schritt ist zu prüfen, ob die Gesellschafter-Geschäftsführer nicht aufgrund einer Sonderbestimmung im Gesellschaftsvertrag weisungsfrei gestellt sind und daher Einkünfte aus unselbständiger Arbeit gem. § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 vorliegen. Eine Weisungsfreistellung im Anstellungsvertrag wirkt nach hA nur schuldrechtlich, weshalb eine gesellschaftsrechtlich verbindliche Weisung jedenfalls einzuhalten ist (N. Arnold/Pampel in Gruber/Harrer (Hrsg, GmbHG2 (2018), § 20 Rz 32).
3.2.4.1. Bei der Einführung der Regelung war an Sperrminoritäten gedacht (Doralt, EStG12, § 25 Tz 35). So führte der VwGH () in einem seiner jüngsten Erkenntnisse zu diesem Thema aus, dass "§ 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 auf die im Wesentlichen wortgleiche Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z 1 zweiter Satz EStG 1972 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes (AbgÄG) 1981 zurückgeht. Laut den Erläuterungen zum AbgÄG 1981 wurde die Regelung in Reaktion auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Gesellschafter-Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung getroffen, der bei Sperrminoritäten oder bei Beteiligungen am Stammkapital von mindestens 50% mangels Weisungsunterworfenheit ein Dienstverhältnis nicht anerkannt hat. Zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten soll in den Fällen gesellschaftsvertraglicher Sonderrechte eines nicht wesentlich beteiligten Gesellschafters erreicht werden, dass dieser aus seinen Tätigkeitsvergütungen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht (850 BlgNR 15. GP 18).
Tatbestandsmerkmal des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 ist daher nach dem zitierten VwGH-Erkenntnis, dass im Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Regelung getroffen wird, mit der von der dispositiven Regelung des GmbHG abgewichen wird und Sonderrechte eingeräumt werden. Dies ist etwa der Fall, wenn die Generalversammlung Beschlüsse nur mit einer qualifizierten Mehrheit von z.B. 80% fassen kann, was dazu führt, dass ein mit 20% (Sperrminorität) am Stammkapital beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer Beschlüsse unddamit allenfalls auch Weisungen (§ 20 Abs. 1 GmbHG) an ihn verhindern kann. Das Fehlen der Weisungsgebundenheit aus einem anderen Grund steht der Anwendbarkeit des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 entgegen (vgl. z.B. Zorn, Besteuerung der Geschäftsführung, 19 f; sowie Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG12, § 25 Tz 28, jeweils mwN)."
3.2.4.2. Die Zuständigkeit zur Geschäftsführung ist nach dem GmbHG zwischen den Gesellschaftern und den Geschäftsführern aufgeteilt (Reich-Rohrwig, GmbH-Recht I2 (1997) Rz2/252). Die laufende (=gewöhnliche oder ordentliche) Geschäftsführung obliegt den Geschäftsführern. Dazu gehören alle Geschäftsführungsmaßnahmen, die der Betrieb des Gesellschaftsunternehmens laufend und routinemäßig mit sich bringt (Arnold/Pampel in Gruber/Harrer (Hrsg), GmbHG2 (2018), § 20 Rz 8). In der Regel (wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt ist) müssen sie dafür keine Zustimmung der Gesellschafter einholen. Die Festlegung der Grundsätze der Unternehmenspolitik und das Abgehen davon fällt ebenso wie außergewöhnliche Maßnahmen und Maßnahmen außerhalb des gesellschaftsvertraglichen Unternehmensgegenstandes in die Zuständigkeit der Gesellschafter (Reich-Rohrwig, aaO, Rz 2/251 und 2/253).
Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnisse sind auf viele Arten möglich. Zwei davon sind die Einräumung eines Zustimmungsrechtes für bestimmte Arten von Geschäften durch Vorbehalt der Zustimmung durch Gesellschafterbeschluss oder durch die Erteilung von Weisungen durch Gesellschafterbeschluss.
Werden die Angelegenheiten, die ein Beschlusserfordernis von 90% der abgegebenen Gesellschafterstimmen erfordern, näher betrachtet, so betreffen sie, wie bereits das Rechtsgutachten des Rechtsanwalts der Bf. vom detailliert darlegt, alle nicht die laufende Geschäftsführung. Von einer Quasi-Sperrminorität kann daher nicht gesprochen werden. Es handelt sich um Angelegenheiten, die
das Verhältnis der Gesellschafter untereinander (a, b, c, e, f, g, h, i, j)
das Verhältnis der Gesellschaft zum Geschäftsführer (d, i, k, m, n)
als außerordentlich anzusehen sind (b,c, g, h), unter anderem deshalb, weil bei Bestehen eines Aufsichtsrates dieser den Geschäften zustimmen sollte (j, k, m, n).
Allein die Möglichkeit, dass ein Gesellschafter-Geschäftsführer durch seine Stimmabgabe künftige Verträge zwischen ihm und der Gesellschaft beeinflussen kann, kann eine in den Streitjahren bestehende Weisungsungebundenheit nicht begründen (). Es ist nicht über einen hypothetischen, sondern einen für die Streitjahre gegebenen Sachverhalt zu entscheiden ( 1666,2223, 224/79).
Über alle anderen Angelegenheiten, also auch die laufende Geschäftsführung, kann die Generalversammlung Beschlüsse mit 2/3 Mehrheit fassen. Da alle vier Gesellschafter-Geschäftsführer nicht wesentlich beteiligt sind, hat jeder einzelne mit seiner Stimmabgabe keine Möglichkeit, Beschlussfassungen der anderen drei Gesellschafter-Geschäftsführer ihm gegenüber zu verhindern. Das heißt, jeder Gesellschafter-Geschäftsführer ist der Generalversammlung gegenüber in Angelegenheiten der ordentlichen Geschäftsführung weisungsgebunden. Es liegt daher keine gesellschaftsvertragliche Sonderbestimmung vor, auf Grund derer die Verpflichtung, den Weisungen eines anderen zu folgen, fehlt.
3.2.4.3. Im Übrigen teilt das BFG die noch engere Ansicht der Bf., die auf die Argumentation in der Stellungnahme der ***2*** vom zurückgreift, dass unter der Wortfolge "die Verpflichtung, den Weisungen eines anderen zu folgen" nur solche Weisungen auf Grund gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmung verstanden werden können, die auf das persönliche arbeitsbezogene Tätigwerden des Geschäftsführers abzielen. Alle Angelegenheiten im Gesellschaftsvertrag mit einem Stimmerfordernis von 90% für die Beschlussfassung sind aber jedenfalls nicht solche, die persönliche, auf das arbeitsbezogene Verhalten des Geschäftsführers gerichtete Weisungen ermöglichen.
Die vom BFG vertretene Auslegung ergibt sich aus der Gesetzessystematik. Es müssen für die Beschäftigung des nicht wesentlich beteiligten Gesellschafters bzw. Gesellschafter-Geschäftsführers sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 vorliegen, mit Ausnahme der Verpflichtung, Weisungen eines anderen zu folgen. Die Weisungsgebundenheit iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 ist aber, wie unter Punkt 3.2.3. dargelegt, eine persönliche Weisungsgebundenheit. Persönliche Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und greifen in die für die persönliche Abhängigkeit maßgebenden Belange ein.
Diese Auslegung scheint nach dem Verständnis des BFG auch die bisherige VwGH-Rechtsprechung zu § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 zu vertreten.
So wird beispielsweise in zu den mit 23,5% am Stammkapital beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern ausgeführt: "Ist ein Gesellschafter einer GmbH nicht als Geschäftsführer, sondern in der GmbH in einer anderen Funktion tätig, so kann seine persönliche Abhängigkeit - unter dem Aspekt seiner rechtlichen Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsführung der GmbH aufgrund seiner Beteiligungsrechte - erst dann verneint werden, wenn er kraft dieser Beteiligung die Ausübung der dem Geschäftsführer als Vertreter der GmbH ihm als Beschäftigtem der GmbH gegenüber zukommenden Weisungsmacht bestimmen oder verhindern kann. Dazu reicht aber eine Beteiligung an der GmbH, kraft derer er nur eine Beschlussfassung der Gesellschafter verhindern aber nicht bestimmen kann, nicht aus, weil ihm dadurch nicht die Rechtsmacht eingeräumt wird, über Weisungen an den Geschäftsführer gemäß § 20 Abs. 1 GmbHG durch Beschlussfassung der Gesellschafter wirksam die Wahrnehmung der für die persönliche Abhängigkeit maßgeblichen Belange seitens des Geschäftsführers zu beeinflussen (vgl. insoweit , VwSlg 12325/A)."
In hat der VwGH zur DB-Pflicht von nicht wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern an einer Rechtsanwalts-GmbH unter anderem ausgesprochen, dass "ein unwesentlich beteiligter Geschäftsführer, dessen fehlende Bindung an persönliche Weisungen nicht auf einer gesellschaftsvertraglichen Sonderbestimmung, sondern auf seinem Anstellungsvertrag beruht, wird von der Sondervorschrift des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 hingegen nicht erfasst (vgl. in diesem Sinn etwa schon ausdrücklich das Erkenntnis vom , 2010/08/0240). Er gleicht insoweit einem Fremdgeschäftsführer (vgl. zur Beurteilung der Weisungsgebundenheit bei einem solchen zuletzt die Erkenntnisse vom , 2012/13/0088, und vom , 2013/15/0202)."
Bereits in zur Versicherungspflicht eines nicht wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers hielt der VwGH fest: "(…) Für die Beurteilung der rechtlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit eines geschäftsführenden Gesellschafters einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung von der Gesellschaft ist zunächst zu prüfen, ob und inwieweit er auf Grund der getroffenen Vereinbarungen einen beherrschenden Einfluß auf die GesmbH. hat. Ein solcher ist z.B. auch dann anzunehmen, wenn ein geschäftsführender Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag eine Beschlußfassung der Generalversammlung auf Grund einer sogenannten Sperrminorität verhindern kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 1706/77 = ZfVB 1980/3/918, eines verstärkten Senates vom , Slg. N.F. Nr. 12.325/A, vom , Zl. 81/08/0125 = ZfVB 1987/3/1281, und vom , Zl. 90/08/0092).
Der Beschwerdeführer konnte als Gesellschafter-Geschäftsführer unbestritten allein wegen des Anteiles von nur 24,93 vH am Stammkapital der GesmbH keinen beherrschenden Einfluss auf diese Gesellschaft ausüben.
Die belangte Behörde verwendet den Begriff der Sperrminorität aber auch noch in einem anderen Sinn. Im angefochtenen Bescheid führt sie nämlich aus, dass der Beschwerdeführer Beschlüsse der Generalversammlung, die einer qualifizierten Mehrheit von vier Fünftel des Stammkapitals bedürften, kraft seines Stimmenanteiles verhindern könne. Diese Rechtsstellung wird von der belangten Behörde ebenfalls als Sperrminorität bezeichnet. Wegen dieser fehle es "im Durchgriff auf die wahren Rechtsverhältnisse" an der für die persönliche Abhängigkeit wesentlichen Möglichkeit der Fremdbestimmbarkeit.
Diese Argumentation ist verfehlt. Es ist für die Frage der persönlichen Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG unerheblich, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer in der Lage ist, Beschlüsse der Generalversammlung über die Abänderung des Gesellschaftsvertrages, die Beteiligung an anderen Unternehmen, die Auflösung der Gesellschaft oder an den anderen im § 9 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages taxativ aufgezählten Geschäftsvorfällen zu verhindern. Entscheidend ist vielmehr, ob es dem Beschwerdeführer möglich war zu verhindern, dass ihm in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer Weisungen über die Ausübung dieser Beschäftigung, also hinsichtlich des Arbeitsortes, der Arbeitszeit und des arbeitsbezogenen Verhaltens, erteilt werden. Dies war im Beschwerdefall nach den getroffenen Feststellungen der belangten Behörde nicht möglich. Der Beschwerdeführer war nämlich mit seinem Stimmenanteil nicht in der Lage, die mit einfacher Mehrheit in diesen Angelegenheiten zu fassenden Beschlüsse der Generalversammlung zu verhindern."
3.2.4.4.
Aus den angeführten Gründen unterliegen die Geschäftsführerbezüge im Beschwerdefall auch nicht § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988.
3.3. Aufhebung
3.3.1. Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des § 201 Abs. 2 BAO und muss nach Maßgabe des § 201 Abs. 3 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist (§ 201 Abs. 1 BAO).
Nach § 201 Abs. 2 Z 3 zweiter Fall BAO kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden.
Gemäß § 202 Abs. 1 BAO gilt § 201 BAO sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Hierbei sind Nachforderungen mittels Haftungsbescheides geltend zu machen.
3.3.2. Nach Ansicht des BFG stehen die Gesellschafter-Geschäftsführer in keinem Dienstverhältnis nach § 47 Abs. 2 EStG 1988. Ihre Bezüge führen daher weder nach § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a noch nach § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 zu Einkünften aus unselbständiger Arbeit und unterliegen nicht der Lohnsteuer.
Die Geschäftsführerverträge sind als freie Dienstverträge zu qualifizieren. Die Gesellschafter-Geschäftsführer stellen jedoch keine freien Dienstnehmer iSd § 4 Abs. 4 ASVG dar, weil sie als Ziviltechniker Mitglieder der Kammer der Architekten- und Ingenieurkonsulentenkammer sind und als solche nach § 2 Abs. 1 Z 3 FSVG in die Pensionsversicherung fallen und sie nicht der Teilpflichtversicherung in der Kranken- und Unfallversicherung gem. § 7 Z 1 lit. g ASVG unterliegen, sondern Krankenversicherungspflicht im Rahmen des Opting Out gem. § 5 GSVG besteht. Mangels Dienstnehmereigenschaft iSd § 41 Abs. 2 FLAG 1967 unterliegen die Geschäftsführer daher auch nicht dem Dienstgeberbeitrag.
Die GmbH hat im Beschwerdezeitraum bereits für andere Dienstnehmer Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag abgeführt. Deren Selbstberechnung wurde nicht beanstandet.
Es liegen daher die Voraussetzungen - die bekanntgegebene Selbstberechnung hat sich nicht als unrichtig erwiesen - gem. § 201 Abs. 3 BAO für die Erlassung der Festsetzungsbescheide betreffend Dienstgeberbeitrag und gem. § 202 Abs. 1 BAO für die Erlassung der Haftungsbescheide Lohnsteuer nicht vor. Diese sind aufzuheben. Auf den weiteren Streitpunkt, ob im Rahmen des Ermessens eine Haftungsinanspruchnahme der GmbH für die Lohnsteuer zulässig war, ist daher nicht mehr einzugehen.
4. Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall ist strittig, welche Weisungen der Generalversammlung von einer "gesellschaftsvertraglichen Sonderbestimmung" erfasst sein müssen, um bei nicht wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern lohnsteuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b. EStG auszulösen. Diese Streitfrage hat das BFG unter Heranziehung der zitierten VwGH-Judikatur gelöst. Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 47 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 4 Abs. 4 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955 § 82 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 83 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 41 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100376.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at