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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.09.2021, RV/7101294/2021

Progressionsvorbehalt nach § 3 Abs 2 EStG - Kontrollrechnung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7101294/2021-RS1
Für den Fall, dass der Steuerpflichtige Arbeitslosengeldbezüge nur für einen Teil des Kalenderjahres erhält, sind zwei unterschiedliche Berechnungsmethoden vorgesehen: die „Umrechnungsvariante“ sowie die „Kontrollrechnung“. Bei der Umrechnungsvariante sind die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit für die Ermittlung des Steuersatzes auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Die Besteuerung des Einkommens hat mit dem derart ermittelten höheren Durchschnittssteuersatz (besonderer Progressionsvorbehalt) zu erfolgen. Bei der Kontrollrechnung kommt es zur Besteuerung sämtlicher Bezüge, also auch der Arbeitslosengeldbezüge. Es ist dabei letztendlich jene Berechnungsmethode heranzuziehen, die für den Steuerpflichtigen zu einer günstigeren Besteuerung (niedrigeren Steuerlast) führt (vgl Laudacher in Jakom, EStG14 (2021) § 3 Rz 123).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter MMag. Gerald Erwin Ehgartner in der Beschwerdesache **BF**, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 (nunmehr zuständig: Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 zu Recht:

I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO derart abgeändert, dass für das Jahr 2019 das Einkommen EUR 107.645,39 beträgt und die Einkommensteuer mit EUR 41.790,60 festgesetzt wird.

Die konkrete Berechnung ("Kontrollrechnung nach § 3 Abs 2 EStG") findet sich im Begründungsteil unter Punkt 3.1 und gilt als Bestandteil des Spruchs dieses Erkenntnisses.

II. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

In seiner für das Jahr 2019 eingereichten Arbeitnehmerveranlagung machte der Beschwerdeführer Werbungskosten in Höhe von gesamt EUR 1.235,00 geltend, davon würden EUR 735,00 auf den Rechtsstreit mit seinem ehemaligen Arbeitgeber, **K**, und EUR 500,00 auf Weiterbildungskosten entfallen.

Mit Bescheid vom errechnete die belangte Behörde die Einkommensteuer (unter vollständiger Anerkennung der geltend gemachten Werbungskosten) mit EUR 49.538,60. Es finden sich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iHv EUR 124.221,39 (laufende Gehaltszahlung EUR 12.160.83, eine Karenzentschädigung vom ehemaligen Arbeitgeber **K** iHv EUR 100.000,00 und Arbeitslosenbezüge [aufgrund der Kontrollrechnung nach § 3 Abs 2 EStG anzusetzende Einkünfte] iHv EUR 13.295,56, abzüglich Werbungskosten iHv EUR 1.235,00) angeführt. Begründend findet sich ausgeführt, dass von der belangten Behörde hinsichtlich des vorgesehenen besonderen Progressionsvorbehalts nach § 3 Abs 2 EStG die günstigere Kontrollrechnung herangezogen worden sei.

In seiner Beschwerde vom brachte der Beschwerdeführer seine Ansicht zum Ausdruck, dass seine erhaltenen Arbeitslosengeldbezüge nicht zu besteuern seien. Darüber hinaus beantragte er (ohne nähere Begründung) das Jahressechstel nach § 67 EStG zu berücksichtigen (gemeint ist das Jahressechstel für die Zahlung von **K** in Höhe von EUR 100.000,00). Darüber hinaus machte er im Rahmen der Beschwerde auch erstmalig Sonderausgaben auf Grund von Kreditrückzahlungen für die Schaffung von Wohnraum in Höhe von EUR 14.561,22 geltend.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. In Fällen, in denen in einem Kalenderjahr sowohl Versicherungsleistungen des Arbeitsmarktservice als auch weitere Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt werden, sei der besondere Progressionsvorbehalt anzuwenden. Bei diesem gebe es zwei unterschiedliche Berechnungsmethoden, einerseits die Umrechnungsvariante und andererseits die Kontrollrechnung. Die Kontrollrechnung sei in diesem Fall die steuergünstigere Methode gewesen und daher angewendet worden.

Das Jahressechstel für den Betrag von EUR 100.000,00 könne gemäß § 67 Abs 2 EStG nicht berücksichtigt werden, da der ehemalige Arbeitgeber, **K**, keine sonstigen Bezüge auf dem Lohnzettel ausgewiesen habe (für die laufenden Bezüge wurde das Jahressechstel ohnehin berücksichtigt). Eine fiktive Herausrechnung von sonstigen Bezügen sei nicht möglich, da es für die Beurteilung als sonstige Bezüge darauf ankomme, dass sich diese sowohl durch den Rechtstitel, auf den sich der Anspruch begründet, als auch durch die tatsächliche Auszahlung deutlich von den laufenden Bezügen unterscheiden.

Betreffend die angesetzten Sonderausgaben für Wohnraumschaffung handle es sich um Topf-Sonderausgaben, die ab einer Einkommenshöhe von EUR 60.000,00 nur mehr mit einem Pauschalbetrag von EUR 60,00 zustünden. Das Einkommen des Beschwerdeführers betrage mehr als EUR 60.000,00 daher können keine, über den bereits im Erstbescheid berücksichtigten Pauschalbetrag hinausgehenden Sonderausgaben gewährt werden.

Am brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde beim Bundesfinanzgericht ein. Darin führte er erneut aus, dass es sich bei seinen vom Arbeitsmarktservice erhaltenen Bezügen um steuerfreie Bezüge nach § 3 Abs 1 Z 5 lit a EStG handle und diese daher der Einkommensteuer nicht zu unterwerfen seien. Außerdem verkenne die belangte Behörde im Zusammenhang mit dem Jahressechstel, dass es sich bei den Zahlungen der **K** um Gehaltszahlungen für das Jahr 2019 handle und daher § 67 Abs 2 EStG zur Anwendung komme. Die Nichtberücksichtigung der Topf-Sonderausgaben werde anerkannt.

Mit richtete die belangte Behörde ein Ergänzungsersuchen an den Beschwerdeführer, in Rahmen dessen um Belege für die angesetzten Werbungskosten in Höhe von EUR 1.235,00 ersucht wurde. Zusätzlich wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, die Zahlung der **K** in Höhe von EUR 100.000,00 im Jahr 2019 zu erklären, sowie näher auszuführen, warum das Jahressechstel seiner Meinung nach anzuwenden sei und entsprechende Nachweise zu übersenden.

Der Beschwerdeführer kam dem Ergänzungsersuchen am nach. Er erläuterte, dass er von der **K** ungerechtfertigt gekündigt worden sei und im November 2018 ein Vergleich zur Gehaltsnachzahlung und Auszahlung einer Vergütung für ein Konkurrenzverbot 2018/19 geschlossen worden sei. Die entsprechende E-Mail Korrespondenz mit seinem Rechtsanwalt in Bezug auf den Vergleich wurde der belangten Behörde vorgelegt. Weiter wurden drei Honorarnoten des Rechtsanwalts in Gesamthöhe von EUR 735,00 als Nachweis für die Werbungskosten vorgelegt.

Da von der gegenständlichen Zahlung des ehemaligen Arbeitgebers in Höhe von EUR 100.000,00 die Monate August 2018 bis Juli 2019 betroffen sind, aber nur das Jahr 2019 beschwerdegegenständlich ist, beantragte die belangte Behörde im Vorlagebericht vom der Beschwerde insofern Folge zu geben, als in die vorzunehmende Hochrechnung nur jene Monate aufzunehmen seien, die das Jahr 2019 (Jänner bis Juli 2019) betreffen. Für den Fall, dass es sich bei dem Betrag von EUR 100.000,00 um eine Vergleichszahlung handle, sei die Begünstigung gemäß § 67 Abs 8 lit a EStG anzuwenden. Von den geltend gemachten Werbungskosten seien, obwohl vom Beschwerdeführer EUR 1.235,00 beantragt wurden, nur EUR 735,00 anzuerkennen, da nur dieser Betrag nachgewiesen worden sei.

In Beantwortung eines vom Bundesfinanzgericht ausgesendeten Vorhalts teilte der Beschwerdeführer am mit, dass er seinen ehemaligen Arbeitgeber (**K**) geklagt habe. Die Klage habe, neben diversen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis, auch ein Feststellungsbegehren über die Höhe der vereinbarten Karenzentschädigung enthalten. Im Rahmen des anhängigen gerichtlichen Verfahrens sei ein Vergleich geschlossen und eine Zahlung von EUR 100.000,00 auf Grund des Konkurrenzverbotes (als Karenzentschädigung) vereinbart worden. Der Beschwerdeführer legte dazu die bei Gericht eingebrachte Klage sowie die Korrespondenz mit dessen Rechtsanwalt zum abgeschlossenen Vergleich vor.

Auf Grund eines weiteren Vorhalts des Bundesfinanzgerichts bezüglich der nicht nachgewiesenen Werbungskosten (EUR 500,00), teilte der Beschwerdeführer am mit, dass er die entsprechenden Rechnungen nicht mehr finden könne und er verzichte daher auf die Geltendmachung dieser Werbungskosten in Höhe von EUR 500,00.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

1. Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

i. Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2019 von - (190 Tage), von - (2 Tage) und von - (52 Tage; somit gesamt 244 Tage) Arbeitslosengeldbezüge in der Höhe von gesamt EUR 13.295,56 erhalten. Von - hat er Gehaltszahlungen von der **G** GmbH in Höhe von EUR 12.160,83 bezogen.

ii. Der Beschwerdeführer war bei der **K** von bis beschäftigt. Er fällt in den Anwendungsbereich der "Abfertigung Neu". Im März 2019 erhielt er von **K** eine Karenzentschädigung (auf Grund eines vereinbarten Konkurrenzverbotes) in Höhe von EUR 100.000,00 ausbezahlt. Das diesbezügliche Konkurrenzverbot wurde für den Zeitraum von 12 Monaten ab Beendigung des Dienstverhältnisses, somit von bis , vereinbart und auf diesen Zeitraum bezieht sich die Entschädigung.

Der Betrag von EUR 100.000,00 beruht auf einem Rechtsstreit des Beschwerdeführers mit der **K**. Der Streitpunkt lag in der Festsetzung der Höhe der Karenzentschädigung, die sich insofern als zweifelhaft erwies. Der Rechtsstreit wurde während des anhängigen gerichtlichen Verfahrens im Rahmen eines außergerichtlichen Vergleichs bereinigt. Man einigte sich unter beidseitigem Nachgeben auf die gegenständliche Karenzentschädigung von EUR 100.000,00. Dieser Betrag wurde in einem Lohnzettel pauschal ohne Ausweis eines Jahressechstel ausgewiesen.

iii. Der Beschwerdeführer machte Werbungskosten in Höhe von EUR 1.235,00 geltend, davon konnte er nur EUR 735,00 belegen. Bei den belegten Werbungskosten handelt es sich um Honorarnoten seines Rechtsanwalts, welche im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit über die Kündigung angefallen sind. Die darüberhinausgehenden Werbungskosten von EUR 500,00 (Weiterbildungskosten) konnten nicht nachgewiesen werden.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers bzw aus den von ihm vorgelegten Dokumenten.

Die Feststellung, wonach es sich bei den im März 2019 ausbezahlten EUR 100.000,00 um eine Vergleichszahlung handelt, beruht auf den vorgelegten Korrespondenzen des Beschwerdeführers mit dessen Rechtsanwalt. Die entsprechende Klage wurde dem Gericht ebenfalls vorgelegt. Weiter wurde ein Lohnzettel vorgelegt, auf dem pauschal der Betrag von EUR 100.000,00 ausgewiesen ist.

Es ergibt sich daraus, dass ein strittiges Recht vorlag (bei Gericht anhängig) und auf Grund des Nachgebens beider Parteien eine Einigung (EUR 100.000,00) erzielt wurde.

3. Rechtliche Beurteilung

3. 1 Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

i. Gemäß § 3 Abs 1 Z 5 lit a des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG) ist das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld von der Einkommensteuer befreit. Nach § 3 Abs 2 EStG sind, wenn der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge im Sinne des § 3 Abs 1 Z 5 lit a EStG (Arbeitslosengeldbezug) nur für einen Teil des Kalenderjahres erhält, die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden betrieblichen Einkünfte und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes (§ 33 Abs 10 EStG) auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Die Besteuerung des Einkommens hat mit dem derart ermittelten höheren Durchschnittssteuersatz (besonderer Progressionsvorbehalt) zu erfolgen. Bei der Umrechnung der Einkünfte ist das Werbungskostenpauschale noch nicht zu beachten. Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte ergibt. Die festzusetzende Steuer darf nicht höher sein als jene, die sich bei der Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde. Es ist daher mittels Kontrollrechnung zu überprüfen, welche Berechnungsmethode zu einer günstigeren (niedrigeren) Steuerbelastung führt (vgl etwa Laudacher in Jakom, EStG14 [2021] § 3 Rz 123).

Der Beschwerdeführer hat im Kalenderjahr 2019 Leistungen im Sinn des § 3 Abs 1 Z 5 lit a EStG bezogen. Er hat diese Bezüge nur für einen Teil des Kalenderjahres erhalten, sodass eine Hochrechnung der Einkünfte im Sinne des § 3 Abs 2 EStG zu erfolgen hatte. Zusätzlich war eine Kontrollrechnung unter der Annahme der Steuerpflicht des Arbeitslosengeldbezuges vorzunehmen.

ii. Das Jahressechstel nach § 67 Abs 2 EStG ist auf sonstige Bezüge anzuwenden. Dabei handelt es sich um sonstige Bezüge, die der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn erhält, sofern sich die tatsächliche Auszahlung vom laufenden Bezug abhebt. Dazu zählen zum Beispiel der 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen, Prämien, Abfertigungen.

Sonstige Bezüge iSd § 67 Abs 1 EStG liegen nur vor, wenn sie sich sowohl durch den Rechtstitel, aus dem der Arbeitnehmer den Anspruch ableiten kann, als auch durch die tatsächliche Auszahlung deutlich von den laufenden Bezügen unterscheiden (; , 2005/15/0135). Das Jahressechstel gemäß § 67 Abs 2 EStG ist auf Vergleichszahlungen nach der expliziten Anordnung des § 67 Abs 8 lit a EStG nicht anzuwenden.

Gemäß § 67 Abs 8 lit a EStG sind auf gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichen beruhende Vergleichssummen, soweit sie nicht nach Abs 3 (Abfertigung alt) und 6 (freiwillige Abfertigungen und Abfindungen) oder dem letzten Satz mit dem festen Steuersatz zu versteuern sind, gemäß Abs 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist ein Fünftel steuerfrei zu belassen, höchstens jedoch ein Fünftel des Neunfachen der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG (für das Jahr 2019 EUR 5.220,00 pro Monat; davon ein Fünftel des Neunfachen: EUR 9.396,00). Fallen derartige Vergleichssummen bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses an und werden sie für Zeiträume ausbezahlt, für die eine Anwartschaft gegenüber einer BV-Kasse besteht, sind sie bis zu einem Betrag von EUR 7.500,00 mit dem festen Steuersatz von 6% zu versteuern.

Ein Vergleich setzt voraus, dass damit streitige oder zweifelhafte Rechte unter beiderseitigem Nachgeben neu festgelegt werden. Zweifelhaft ist ein Recht dann, wenn sich die Parteien nicht einig sind, ob oder in welchem Umfang es entstanden ist oder noch besteht. Es reicht, wenn bloß die Höhe des Anspruchs zweifelhaft ist. Ein Vergleich bedarf zu seiner Gültigkeit keiner bestimmten Form und kann daher auch schlüssig zustande kommen (Lenneis in Jakom, EStG14 [2021] § 67 Rz 29).

Entsprechend obiger Feststellungen wurden die EUR 100.000,00 im Rahmen eines Vergleiches ausbezahlt. Bei einer Karenzentschädigung handelt es sich weder um eine gesetzliche (§ 67 Abs 3 EStG), noch um eine freiwillige Abfertigung (§ 67 Abs 6 EStG). Die Kriterien für einen Vergleich sind gegeben, da sich sowohl der Beschwerdeführer als auch die **K** unter beiderseitigem Nachgeben auf den Betrag von EUR 100.000,00 geeinigt haben.

Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vorgenommene Kontrollrechnung entspricht zwar den Vorgaben des § 3 Abs 2 EStG, dabei wurden allerdings die gesamten EUR 100.000,00 als laufende Bezüge behandelt. Diese stellen nach Auffassung des Gerichts aber eine Vergleichszahlung nach § 67 Abs 8 lit a EStG dar. Es ist die dementsprechende Steuerbegünstigung zur Anwendung zu bringen. Da es zur Vergleichszahlung im Rahmen der Beendigung des Dienstverhältnisses kam und sich der Beschwerdeführer in der "Abfertigung Neu" befand, sind EUR 7.500,00 mit einem festen Steuersatz von 6% zu besteuern und der darüberhinausgehende Betrag ist bis zu einem Fünftel, höchstens jedoch bis zu einem Fünftel des Neunfachen der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage (EUR 9.396,00), steuerfrei zu belassen. Es sind somit nur EUR 83.104,00 als laufende Bezüge zu besteuern.

iii. Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen (§ 16 Abs 1 EStG). Einem aktiven Arbeitnehmer steht ohne besonderen Nachweis ein Werbungskostenpauschbetrag von EUR 132,00 jährlich zu (vgl § 16 Abs 3 EStG). Wenn ein Steuerpflichtiger einen höheren Betrag an Werbungskosten geltend machen will, dann sind sämtliche Werbungskosten nachzuweisen (vgl ).

Die Werbungskosten umfassen auch Prozesskosten (Rechtsanwaltskosten), welche im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit anfallen. Dies wäre zum Beispiel der Fall bei Streitigkeiten über die Höhe des Arbeitslohns, die Kündigungsentschädigung, bei Schadenersatzforderungen aus dem Dienstverhältnis oder bei der Anfechtung einer Entlassung (vgl Lenneis in Jakom, EStG14 [2021] § 16 Rz 56 Prozesskosten).

Für den vorliegenden Fall bedeutet das, dass, entsprechend den Feststellungen, die im Rahmen des Rechtsstreits nachgewiesenen Kosten für den Rechtsanwalt Werbungskosten nach § 16 EStG darstellen.

Einkommensteuerberechnung nach § 3 Abs 2 EStG:


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Bruttobetrag Vergleich **K**
100.000,00 €
abzüglich 7.500,00 fester Steuersatz 6%
- 7.500,00 €
abzüglich 1/5 Abschlag = 18.500max. 1/5 vom 9-fachen der mtl. HBGL (für 2019 = 5.220,00 x9 /5 = 9.396,00
- 9.396,00 €
stpfl. Bezüge **K**
83.104,00 €
stpfl. Bezüge **G** GmbH
12.160,83 €
abzüglich vom AG nicht berücksichtigte WK
- 735,00 €
Gesamtbetrag der Einkünfte
94.529,83 €
abzüglich Pauschbetrag für Sonderausgaben
- 60,00 €
abzüglich Zuwendungen gem. § 18 (1) Z 7 EStG
- 120,00 €
Einkommen
94.349,83 €
Umrechnungsbasis
94.529,83 €
Umrechnungszuschlag (94.529,83) x 365 / (365 - 244) - 94.529,83(244 Tage Arbeitslosenbezug)
190.622,14 €
BMGL für den Durchschnittssteuersatz(190.622,14 + 94.349,83)
284.971,97 €
0% für die ersten 11.000,00
0,00 €
25% für die weiteren 7.000,00
1.750,00 €
35% für die weiteren 13.000,00
4.550,00 €
42% für die weiteren 29.000,00
12.180,00 €
48% für die weiteren 30.000,00
14.400,00 €
50% für die restlichen 194.971,97
97.485,99 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
130.365,98 €
abzüglich Verkehrsabsetzbetrag
- 400,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
129.965,98 €
Durchschnittssteuersatz (129.965,98/ 284.971,97 x 100)
45,61%
Anwendung des Durchschnittssteuersatzes auf das Einkommen (94.349,83 x 45,61%)
43.032,96 €
Steuer für sonstige Bezüge wie z.B. 13. Und 14. Bezug (220) unter Berücksichtigung der Einschleifregelung
37,90 €
Steuer für sonstige Bezüge (6%)
450,00 €
Einkommensteuer
43.520,86 €
abzüglich anrechenbare Lohnsteuer
- 52.598,93 €
Rundung gem. § 39 Abs 3 EStG
0,07 €
Gutschrift
9.078,00 €

Kontrollrechnung nach § 3 Abs 2 EStG:


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Bruttobetrag Vergleich **K**
100.000,00 €
abzüglich 7.500,00 € fester Steuersatz 6%
- 7.500,00 €
abzüglich 1/5 Abschlag = 18.500 €max. 1/5 vom 9-fachen der mtl. HBGL (für 2019 = 5.220,00 € x9 /5 = 9.396,00 €
- 9.396,00 €
stpfl. Bezüge **K**
83.104,00 €
stpfl. Bezüge **G** GmbH
12.160,83 €
Versicherungsleistung des Arbeitsmarktservice
13.295,56 €
abzüglich vom AG nicht berücksichtigte WK
- 735,00 €
Gesamtbetrag der Einkünfte
107.825,39 €
abzüglich Pauschbetrag für Sonderausgaben
- 60,00 €
abzüglich Zuwendungen gem. § 18 (1) Z 7 EStG
- 120,00 €
Einkommen
107.645,39 €
0% für die ersten 11.000,00
0,00 €
25% für die weiteren 7.000,00
1.750,00 €
35% für die weiteren 13.000,00
4.550,00 €
42% für die weiteren 29.000,00
12.180,00 €
48% für die weiteren 30.000,00
14.400,00 €
50% für die restlichen 17.645,39
8.822,70 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
41.702,70 €
abzüglich Verkehrsabsetzbetrag
- 400,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
41.302,70 €
Steuer für sonstige Bezüge wie z.B. 13. Und 14. Bezug (220) unter Berücksichtigung der Einschleifregelung
37,90 €
Steuer für sonstige Bezüge (6%)
450,00 €
Einkommensteuer
41.790,60 €
abzüglich anrechenbare Lohnsteuer
- 52.598,93 €
Rundung gem. § 39 Abs 3 EStG
0,33 €
Gutschrift
10.808,00 €

Die Besteuerung nach der Kontrollrechnung führt zu einer günstigeren Steuerlast für den Beschwerdeführer und ist daher für die Berechnung der Einkommensteuer heranzuziehen. Die Einkommensteuer für das Jahr 2019 beträgt somit EUR 41.790,60.

3.2 Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

In der Beschwerde werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101294.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at