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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 13.10.2021, RV/6100213/2021

Aufhebung und Zurückverweisung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinIBV in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch August Proßegger, Fichtenweg 3 Tür 1, 5122 Hochburg-Ach, betreffend Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 des Finanzamtes Österreich vom beschlossen:

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2019 vom und die diesbezügliche Beschwerdevorentscheidung vom werden gemäß § 278 Abs 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt aufgehoben.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Der Beschwerdeführer (kurz: Bf) ersuchte mit eMail vom das Finanzamt (kurz: FA) um Information, ob seine Annahmen richtig seien:

1) von ***8*** bis ***10*** wohnhaft in Deutschland und Arbeitgeber in Österreich (O) sei in Deutschland versteuert worden, er habe bereits vorausbezahlt
2) von ***11*** bis ***9*** wohnhaft in Österreich und Arbeitgeber in Österreich. (O) ab diesem Datum steuerpflichtig in Österreich, Schließung der O mit Ende Juni und Ausbezahlung der Abfertigung und offener Beträge mit Ende September, steuerpflichtig in Österreich, da wohnhaft und Arbeitgeber in Österreich.
3) Beginn der Beschäftigung in Passau mit ***12*** und wohnhaft in Österreich. Aufgrund der Überschreitung der 30 km Regelung steuerpflichtig in Deutschland.
Werde der Pkt 2 nun wirklich in Österreich versteuert oder sei er in beiden Staaten mit dem sogenannten Progressionsvorbehalt steuerpflichtig? Der wichtigste Punkt für ihn sei die Abfertigung, da in Österreich nur mit 6% steuerpflichtig, ob nun in Deutschland oder Österreich die Steuer zu bezahlen sei.

In der Auskunft vom führte das FA dazu Folgendes aus:

Die grundlegenden Daten seien:
***1*** - ***2***: Hauptwohnsitz in Österreich, abc
***3*** - ***4***: Hauptwohnsitz in Deutschland def
***5*** - dato: Hauptwohnsitz in Österreich, ghi
***6*** - ***7***: Dienstverhältnis bei der O.
Der Bf sei seit dem ***5*** wieder in Österreich mit dem Hauptwohnsitz gemeldet und daher grundsätzlich mit seinem gesamten in- und ausländischen Einkünften gemäß § 1 Abs 2 EStG 1988 unbeschränkt steuerpflichtig. Zwischen dem ***3*** und dem ***4*** sei sein Wohnsitz in Deutschland gewesen, die Besteuerung sei als Grenzgänger erfolgt, daher in Deutschland.
Nach § 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG 1988 würden zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis zählen. Arbeitslohn im Sinne des § 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG 1988 seien alle Bezüge und Vorteile, die ihre Wurzel im Dienstverhältnis hätten und sich im weitesten Sinn als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft erweisen (). Daher seien die von der IEF-GmbH ausbezahlten Bezüge nach innerstaatlichem Recht steuerpflichtig.
Ergebe sich nun aus dem innerstaatlichen Steuerrecht die Steuerpflicht, sei in einem zweiten Schritt zu beurteilen, ob das Besteuerungsrecht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen (kurz: DBA) eingeschränkt werde. Bilaterale Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung hätten den Zweck, den Steuerpflichtigen vor einer mehrfachen Belastung des Einkommens zu schützen.
Zu den offenen Zahlungen und zur Abfertigung über die IEF-GmbH: Die IEF Service GmbH verwalte den IEF-Fonds bzw die entsprechenden Anträge und Zahlungen nach IESG und werde im Rahmen der hoheitlichen Verwaltung tätig. Die Zahlungen selbst würden aus dem IEF-Fonds erfolgen, einem bundesgesetzlich eingerichteten Fonds mit eigener Rechtspersönlichkeit. Die Zahlungen seien daher als Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung zu qualifizieren. Da Österreich mit Deutschland in einer Verständigungsvereinbarung Einigung darüber erzielt habe, dass bei Bezügen aus der gesetzlichen Sozialversicherung das sog. Kassenstaatsprinzip zur Anwendung komme, habe Österreich gemäß Art 18 Abs 2 DBA-Deutschland das Besteuerungsrecht an (allen) von der IEF GmbH ausbezahlten Bezügen. Diese Beurteilung gelte unabhängig davon, ob für das den Bezügen der IEF GmbH zugrundeliegende Dienstverhältnis zeitweise auch Deutschland das Besteuerungsrecht (als Grenzgänger) zugestanden habe.

Am brachte der Bf die Einkommensteuererklärung 2019 via FinanzOnline ein und machte darin den Familienbonus plus für seine Töchter T und T1 geltend. Er gab dazu bekannt, dass die Töchter in Deutschland wohnhaft seien und er von Juni bis Dezember Anspruch auf den Unterhaltsabsetzbetrag habe. Er bestätigte, seinen Wohnsitz in Österreich zu haben und Grenzgänger zu sein.

Im Einkommensteuerbescheid 2019 vom wurde ein Unterhaltsabsetzbetrag in Höhe von 497,70 Euro angesetzt, der Familienbonus Plus wurde mit folgender Begründung nicht gewährt:

Der Familienbonus Plus stehe gemäß § 33 Abs 3a EStG 1988 nur für ein Kind zu, für das Familienbeihilfe (Ausgleichs-/Differenzzahlung) in Österreich gewährt werde. Bisher sei für das Kind, das im EU-EWR-Raum oder der Schweiz lebe, kein Antrag auf Familienbeihilfe gestellt worden, sodass eine Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe (Ausgleichs- oder Differenzzahlung) in Österreich nicht erfolgen könne. Erst wenn positiv über einen Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichs- oder Differenzzahlung) abgesprochen worden sei, könne der Familienbonus Plus für ein Kind im EU-EWR Raum oder der Schweiz berücksichtigt werden.

Am brachte der Bf Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 ein und begründete diese wie folgt:

Für die Geltendmachung des Familienbonus Plus sei bisher vom FA gefordert worden, dass die Kindesmutter einen Antrag auf Gewährung der Differenzzahlung stelle und dieser Antrag positiv erledigt werde. Das Bundesfinanzgericht (kurz: BFG) habe mit der Entscheidung vom , RV/5101183/2020, in der gleichlautenden Rechtsfrage entschieden, dass kein Antrag auf Differenzzahlung notwendig sei. Es reiche vollkommen, dass der Unterhaltsabsetzbetrag zustehe. Der Unterhaltsabsetzbetrag für beide Kinder sei anerkannt worden und damit stehe auch der Familienbonus Plus zu. Über die Versicherungsnummern der Kinder T und T1 sei gewährleistet, dass es zu keiner doppelten Berücksichtigung des Familienbonus Plus komme.

Das FA wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab und verwies begründend auf das Erkenntnis des .

Der Bf brachte via FinanzOnline am einen Vorlageantrag ein und verwies auf das Erkenntnis des .

DAZU WIRD ERWOGEN:

Der Bf hatte von ***8*** bis ***4*** seinen Wohnsitz in Deutschland, def. Von ***5*** bis ***9*** befand sich sein Wohnsitz in Österreich, ghi. Zwei vom Insolvenz-Entgelt-Fonds ausgestellte Lohnzettel weisen unterschiedliche Bezüge des Bf aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds mit einem Bezugsdatum aus. Laut einem weiteren Lohnzettel der A GmbH bezog der Bf in der Zeit vom bis nichtselbständige Einkünfte von diesem in Deutschland ansässigen Arbeitgeber. Der Bf kehrte täglich von seinem Arbeitsort in Passau zu seinem Wohnort in Oberndorf zurück. Oberndorf in Österreich und Paussau in Deutschland, liegen direkt an der gemeinsamen Staatsgrenze von Österreich und Deutschland.

Dass der Bf ab ***5*** bis ***9*** in Österreich wohnhaft war und von Deutschland zuzog, stützt sich auf die Ausführungen des Bf im eMail vom und deckt sichmit einer vom BFG am durchgeführten Abfrage im Zentralen Melderegister. Die Ansässigkeit der A GmbH in Deutschland und die tägliche Rückkehr des Bf zum Wohnort ergibt sich aus dem dem Lohnausweis/der Lohnbescheinigung (Formular L 17 PDF-2019) und der eingereichten Steuererklärung. Die Tatsache des Bezuges von Insolvenz-Entgelt ergibt sich aus den vom Insolvenz-Entgelt-Fonds ausgestellten Lohnzetteln. Die Lage von Oberndorf und Passau an der Staatsgrenze ist amtsbekannt.

Gemäß § 1 Abs 2 EStG 1988 sind unbeschränkt steuerpflichtig jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Gemäß § 1 Abs 3 EStG 1988 sind beschränkt steuerpflichtig jene natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nur auf die im § 98 aufgezählten Einkünfte.

Die Einkommensteuer wird gemäß § 39 Abs 1 EStG 1988 nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraumes) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat. Hat der Steuerpflichtige lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen, so erfolgt eine Veranlagung, wenn die Voraussetzungen des § 42 vorliegen. …

Hat die Steuerpflicht nicht während des vollen Veranlagungszeitraumes bestanden, so wird gemäß § 39 Abs 2 EStG 1988 das während der Dauer der Steuerpflicht bezogene Einkommen zugrunde gelegt. ….

Unter Steuerpflicht im Sinne des § 39 Abs 2 EStG 1988 ist die unbeschränkte Steuerpflicht zu verstehen. Verlegt ein Steuerpflichtiger seinen Wohnsitz während eines Kalenderjahres ins Inland und wird dadurch unbeschränkt steuerpflichtig, so müssen für den Zeitraum der beschränkten Steuerpflicht und für den der unbeschränkten Steuerpflicht zwei getrennte Veranlagungen durchgeführt werden. Der unterjährige Ein- bzw Austritt in die bzw aus der unbeschränkten Steuerpflicht führt also dazu, dass zwei Steuerabschnitte mit getrennten Veranlagungsverfahren vorliegen. (Vgl , Marschner in Jakom, EStG 2021, § 1 Rz 8, EStR 2000 Rz 20)

Im gegenständlichen Fall verfügte der Bf in der Zeit von ***8*** bis ***4*** über keinen Wohnsitz in Österreich, sodass er während dieses Zeitraumes nicht der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen konnte. Erst ab der Verlegung seines Wohnsitzes nach Österreich am ***5*** war er jedenfalls mit seinen von der in Passau, Deutschland, ansässigen A GmbH als Grenzgänger im Sinne des Art 15 Abs 6 DBA Deutschland bezogenen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit unbeschränkt steuerpflichtig in Österreich. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2019 vom , der für das Jahr 2019 ergangen ist, ist somit auf den Jahresabschnitt, in dem der Bf seinen Wohnsitz in Österreich hatte, und auf das während der Dauer der unbeschränkten Steuerpflicht bezogene Einkommen zu beschränken und allenfalls ein getrenntes Veranlagungsverfahren bei Vorliegen der Voraussetzungen der beschränkten Steuerpflicht durchzuführen.

In diesem Zusammenhang ist auch auf die in den vorliegenden Lohnzetteln ausgewiesenen Bezüge aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds vom einzugehen.

Insolvenz-Entgelt, das durch den Insolvenz-Entgelt-Fonds ausgezahlt wird, zählt gemäß § 25 Abs 1 Z 2 lit e EStG 1988 zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn).

Die Bezüge aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds dürften mit einem Dienstverhältnis mit der O zusammenhängen. Ein genauerer, durch geeignete Unterlagen untermauerter Sachverhalt (betreffend die Insolvenz des Arbeitgebers, die Dauer des Dienstverhältnisses und die Zusammensetzung der Bezüge aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds und den Zeitpunkt der Auszahlung des Insolvenz-Entgelts) ist aus dem vorgelegten Akt nicht ersichtlich.

Hinsichtlich der Bezüge aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds ist darauf hinzuweisen, dass laut EStR 2000 Rz 19 Einkünfte, die vor Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht erzielt wurden, nicht zu erfassen sind, außer sie fließen danach zu (). Insoweit kommt das Zuflussprinzip (§ 19 EStG 1988) zum Tragen.

Dies bedeutet, dass für die Frage, welches Einkommen während des Zeitraumes der unbeschränkten Steuerpflicht bezogen wurde, Ermittlungen zu den Hintergründen der Bezüge aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds erforderlich sind. So sind insbesondere auch Ermittlungen darüber durchzuführen, wann das Insolvenz-Entgelt jeweils zugeflossen ist.

Hinsichtlich des strittigen Familienbonus Plus wird angemerkt, dass bei beschränkter Steuerpflicht der Familienbonus Plus nicht zusteht. Dementsprechend machte der Bf in der via FinanzOnline eingebrachten Erklärung den Familienbonus Plus für zwei Kinder auch nicht für die Monate Jänner bis Mai 2019 geltend. (Vgl Kanduth-Kristen in Jakom, EStG 2021, § 33 Rz 34).

Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht gemäß § 33 Abs 3a EStG 1988 auf Antrag ein Familienbonus Plus zu.

Der Familienbonus Plus beträgt gemäß § 33 Abs 3a Z 1 lit a EStG 1988 bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 Euro.

Der Familienbonus Plus ist gemäß § 33 Abs 3a Z 3 lit b EStG 1988 in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs 4 Z 3 zusteht, zu berücksichtigen:
- beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.

Darüber hinaus stehen gemäß § 33 Abs 4 EStG 1988 folgende Absetzbeträge zu, wenn sich das Kind ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält:
….
3. Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, steht gemäß § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn
- das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und
- für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.
Leisten sie für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, so steht für das zweite Kind ein Absetzbetrag von 43,80 Euro und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils 58,40 Euro monatlich zu. Erfüllen mehrere Personen in Bezug auf ein Kind die Voraussetzungen für den Unterhaltsabsetzbetrag, so steht der Absetzbetrag nur einmal zu.

Der Bf macht den Familienbonus Plus als Unterhaltszahler für die Monate Juni bis Dezember 2019 geltend.

§ 33 Abs 3a Z 3 lit b EStG 1988 betrifft Kinder, für die ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 zusteht; das sind solche, für die vom nicht im selben Haushalt mit dem Kind lebenden Elternteil ein (Geld-)Unterhalt (Alimente) geleistet wird. Für den Unterhaltsverpflichteten ist die Höhe des Familienbonus Plus von der Leistung des gesetzlichen Unterhalts abhängig. Der Familienbonus Plus ist mit dem Unterhaltsabsetzbetrag verknüpft, sodass für die Anzahl der Monate, für die dem Unterhaltsverpflichteten ein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, auch Anspruch auf den Familienbonus Plus besteht. Der Höhe nach steht der (monatlich bemessene) Unterhaltsabsetzbetrag für die Anzahl der Monate zu, für die der Unterhaltsverpflichtung voll entsprochen wurde. (Vgl Karl-Werner Fellner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, § 33 Rz 24).

Für die Beantwortung der Frage, ob der Familienbonus Plus nach § 33 Abs 3a Z 3 lit a EStG 1988 zu gewähren ist, ist somit jedenfalls für jedes Kind ein Nachweis zu erbringen, dass es nicht dem Haushalt des Antragstellers angehört und wo bzw in wessen Haushalt das Kind lebt. Des Weiteren ist ein Nachweis über das Bestehen einer gesetzlichen Unterhaltspflicht für jedes Kind und ein Nachweis darüber zu erbringen, dass eine vollständige Erfüllung der Unterhaltspflicht für jedes Kind in jedem Monat gegeben ist.

Im gegenständlichen Fall wurde von Seiten des FA ein Nachweis darüber, wessen Haushalt die Kinder angehören und wo sie ansässig sind, und über eine gesetzliche Unterhaltspflicht des Bf sowie die tatsächliche vollständige Zahlung des gesetzlichen Unterhalts durch den Bf nicht eingeholt.

Die Beschwerde ist somit einerseits wegen der Tatsache, dass im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2019 die nicht ganzjährig bestehende unbeschränkte Steuerpflicht nicht beachtet wurde und daher Ermittlungen zu dem während des Zeitraumes der unbeschränkten Steuerpflicht bezogenen Einkommens fehlen, und andererseits wegen der fehlenden Sachgrundlagen betreffend den Familienbonus Plus, nicht entscheidungsreif.

Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes
a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs 2, § 86a Abs 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs 3, § 261) zu erklären,
so kann das Verwaltungsgericht gemäß § 278 Abs 1 BAO mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheide und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellungen des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Wie ausgeführt, hat das FA Ermittlungen, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid erlassen werden könnte, unterlassen.

Das FA wird im Hinblick auf die vorzunehmende Abgrenzung zwischen einer allfälligen beschränkten und der unbeschränkten Steuerpflicht festzustellen haben, welches Einkommen der Bf während des Zeitraumes der unbeschränkten Steuerpflicht bezog, und dabei die in den vorliegenden Lohnzettel ausgewiesenen Bezüge aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds einer näheren sachverhaltsmäßigen Überprüfung, insbesondere auch hinsichtlich ihres Zuflusses, zu unterziehen haben. Des Weiteren wird hinsichtlich des geltend gemachten Familienbonus Plus Wohnsitz und Haushaltszugehörigkeit der Kinder, die gesetzliche Unterhaltspflicht des Bf und die tatsächliche Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht des Bf während des Zeitraumes der unbeschränkten Steuerpflicht zu ermitteln sein.

Im Falle unterlassener Ermittlungen - wie hier gegeben - liegen die Aufhebung und die Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde im Ermessen des Bundesfinanzgerichtes. Ermessensentscheidungen haben gemäß § 20 BAO nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit zu erfolgen.

Bei der Ermessensübung ist zu beachten, dass durch eine wesentliche Verfahrensverlagerung zum BFG der Rechtsschutz und die Kontrollmechanismen eingeschränkt werden. Es ist nicht im Sinne des Gesetzes, wenn das BFG statt seine (umfassenden) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Stelle ist, die - wie im gegenständlichen Fall erforderlich - erstmals das während des Zeitraumes der unbeschränkten Steuerpflicht bezogene Einkommen ermittelt und einer Beurteilung unterzieht. (Vgl Ritz, BAO6, § 278 Rz 5)

Zusätzlich fehlen die Sachgrundlagen zur Beurteilung des Anspruches auf den Familienbonus Plus. Auch hier gilt, dass es nicht Aufgabe des BFG ist anstatt seine Kontrollbefugnis wahrzunehmen, erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt zu ermitteln und einer Beurteilung zu unterziehen.

Auch wenn die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, erweist sich daher die Zurückweisung der Sache an das FA im gegenständlichen Fall im Hinblick auf die für das Kalenderjahr vorzunehmenden Abgrenzung der unbeschränkten von der allenfalls bestehenden beschränkten Steuerpflicht und im Hinblick auf das gänzliche Fehlen der Sachgrundlagen zur Beurteilung des Anspruches auf den Familienbonus Plus nicht nur als billig, sondern auch als zweckmäßig.

So kann das FA in direktem Kontakt mit dem Bf entscheidungsrelevante Sachverhalte samt der notwendigen Beweismittel feststellen, konkret auftauchende Zusatzfragen sofort abklären und sodann einen neuen Sachbescheid, eingegrenzt auf den Zeitraum der unbeschränkten Steuerpflicht, erlassen, in welchem sowohl der Sachverhalt als auch in der Folge eine nachvollziehbare Beweiswürdigung und eine nachvollziehbare rechtliche Würdigung enthalten sind.

Die Durchführung der Ermittlungen durch das BFG wäre mit keiner erheblichen Kosten- und Zeitersparnis verbunden. Im Hinblick auf das kontradiktorische Verfahren vor dem BFG ist zu bedenken, dass Ermittlungsergebnisse und die hierzu abgegebenen Stellungnahmen der jeweils anderen Partei zur Kenntnis gebracht werden müssten, was zu einen deutlich aufwendigeren Verfahren führen würde.

Die Aufhebung unter Zurückverweisung ist somit im gegenständlichen Fall geboten. Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art 133 Abs 9 iVm Art 133 Abs 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da keine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt zu beantworten ist, sondern eine Ermessensentscheidung des Bundesfinanzgerichtes vorliegt.

Salzburg, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100213.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at