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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.08.2021, RV/7400109/2021

Haftung für Wiener Dienstgeberabgabe und Kommunalsteuer - Vorliegen einer Aufgabenteilung, Einschränkung der Geschäftsführerbefugnisse und Nichtvorliegen eines Verschuldens behauptet

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Gernot Schaar, Metternichgasse 10/3, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien Referat Landes- und Gemeindeabgaben, vom , GZ.: ***8***, betreffend Haftung gemäß § 6a KommStG und § 6a Dienstgeberabgabegesetz zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Aus Anlass der Beschwerde wird der Spruch des angefochtenen Haftungsbescheides hinsichtlich der Haftungszeiträume dahingehend berichtigt, dass gemäß § 6a KommStG 1993 die Haftung für Kommunalsteuer Juli bis Dezember 2019 in der Höhe von € 2.839,14 und gemäß § 6a Dienstgeberabgabegesetz die Haftung für Dienstgeberabgabe Juli bis Dezember 2019 in der Höhe von € 470,00 ausgesprochen wird.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Haftungsbescheid vom wurde die nunmehrige Beschwerdeführerin Frau ***Bf1*** (in der Folge kurz Bf. genannt)

I. Gemäß § 6a des Kommunalsteuergesetzes 1993 - KommStG 1993, BGBI. Nr. 819/1993, in der derzeit geltenden Fassung, für den Rückstand an Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen der X-GmbH in der Höhe von 2.839,14 Euro für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2019 haftbar gemacht und aufgefordert, diesen Betrag gemäß § 224 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBI. Nr. 194/1961, in der derzeit geltenden Fassung, binnen einem Monat ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten, widrigenfalls die zwangsweise Einbringung veranlasst werde.

II. Gemäß § 6a des Dienstgeberabgabegesetzes, LGBI. für Wien Nr. 17/1970, in der derzeit geltenden Fassung für den Rückstand an Dienstgeberabgabe samt Nebenansprüchen der X-GmbH in der Höhe von 470,00 Euro für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2019 haftbar gemacht und aufgefordert, diesen Betrag gemäß § 224 Abs. 1 BAO binnen einem Monat ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten, widrigenfalls die zwangsweise Einbringung veranlasst werde.

Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 6a Abs. 1 des zitierten Kommunalsteuergesetzes würden die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit haften, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne, insbesondere im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Nach § 6a Abs. 1 des Dienstgeberabgabegesetzes würden die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit haften, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgaben rechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 BAO gelte sinngemäß.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und seien befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie hätten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet würden.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom zur Zahl ***1*** sei über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Konkursverfahren eröffnet worden. Die bereits vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung sei durch die Eröffnung des Konkursverfahrens jedenfalls erfüllt.

Frau ***Bf1*** (die Bf.) sei seit im Firmenbuch als Geschäftsführerin der oben angeführten Gesellschaft eingetragen und habe weder die Bezahlung veranlasst, noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen.

Sie habe somit die ihr als Geschäftsführerin der im Spruch genannten Gesellschaft auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne.

Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf bestehe, dass der nunmehr aushaltende Betrag bei der Primärschuldnerin überhaupt noch eingebracht werden könnte.

Der Rückstand setze sich laut Abgabenkonto wie folgt zusammen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe/Nebengebühren
Zeitraum
Betrag in Euro
Kommunalsteuer
1-12/2019
2.839,14
Dienstgeberabgabe
1-12/2019
470,00

-----------

Gegen diesen Haftungsbescheid richtet sich die frist- und formgerechte Beschwerde der Bf. vom , in welcher die Bf. wie folgt ausführt:

"Ich Frau Bf1, geboren am ***20*** in ***2***, wohnhaft am ***3***, ehemalige Gesellschafterin und Inhaberin zu 50% der Firma X-GmbH hatte bereits rechtskräftige Unannehmlichkeiten und großen Betrug meiner Mitteilhaberin ***4*** (frühere Name ***5***), geboren am ***6***, wohnhaft in ***7***, die ebenso zu 50% Gesellschafterin frühzeitig gemeldet, möchte hiermit eine Beschwerde gegen den Haftungsbescheid von dem Referat Landes- und Gemeindeabgaben GZ: ***8*** einreichen. Konten ***9***

Seit dem hat mich Frau ***4*** aus der Firma verbannt, sie hat die Schlösser austauschen lassen, mir den Zugriff zu ELDA verweigert, in dem Sie mich aus ELDA hat sperren lassen, als auch die Passwörter vom Geschäfts Computer und der Geschäftsemail verändert und mich auch aus dem online Banking verbannt hat. Vom (Gründung der Firma) bis zum (Zeitpunkt in dem sie mich aus der Firma verbannt hat und ich keinerlei Zugriff mehr auf die Firma hatte) hat sie mich im Glauben gelassen alle zu bezahlenden Beiträge (GKK, Kommunalsteur etc.) bereits immer gezahlt zu haben, da sie unbedingt das finanzielle verwalten wollte und dementsprechend dafür zuständig war.

Das Ziel von Frau ***4*** und ihres Lebensgefährte ***10***, der bis vor dem nicht dort gemeldet war, dennoch dort schwarz seit April 2019 arbeitete, ist - weiterhin das ganze überwiesene Geld der Firmen Aufträge abzuheben, sich für private Zwecke einzustecken (mehrere offene Schulden beim Staat und Mietrückstände zu begleichen) und wie nach zuvor keine Steuer Gelder (Kommunalsteuer etc) weder GKK zu zahlen, um dieses dann als Konkurs anzumelden wie bereits ihr Lebensgefährte Konkurs gemeldet hatte und sie ebenso einmal Privatkonkurs gemeldet hatte. Dies ist alles eingetroffen bis zu dem Tag in dem die Firma Konkurs gehen musste. (Konkurs Datum ***21***). Aus diesem Grund waren sie bisher bekannt als Betrügerpaar und deshalb wollte sich keiner mit denen auf Geschäfte einlassen, leider erfuhr ich das viel zu spät!

Abgesehen davon, dass Frau ***4*** allein im Zeitraum von bis (während ich im Urlaub war) einen Betrag von 19.000,- vom Geschäftskonto behoben hat, ohne diesen für Geschäftszwecke belegen zu können (dieses heißt für Privatzwecke und schwarze Mitarbeiter zu bezahlen), anstatt GKK Beiträge und Steuern einzuzahlen, was sie zu Beginn behauptet hatte alle gemäß einzuzahlen, öffnete sie ohne mein Wissen und Absprache drei weitere Geschäfts Bankkonten (da sie immer wieder gesperrt worden ist, sobald die Banken darüber informiert worden sind, dass sie kein Recht hat ohne Einverständnis von mir alleiniges Geschäftskonto zu eröffnen!!).

Laut ihrem von sich selbst nachträglich geschriebenen Verrechnungskonto hat sie allein nur vom Beginn der Firma bis zum einen Betrag von 95.052,16 EURO BAR behoben!!! Dabei hat sie ständig behauptet, sie würde alle geforderten Beiträge verlässlich einzahlen.

Jede meiner Abhebungen vom Geschäftskonto kann ich schriftlich belegen, sie jedoch nicht. Aus diesem Grund habe ich sofort Anzeige bei der Polizei erstattet, diese wurde zur Kriminalpolizei (AKT Zeichen ***11***) weitergeleitet, alles der GKK gemeldet und Anzeige bei der Finanzpolizei erstattet, da ich solch betrügerischen Machenschaften NICHT unterstütze."

----------

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde der Bf. als unbegründet ab.

Zur Begründung wurde neben zitieren der bezughabenden Gesetzesbestimmungen ausgeführt, zu den im § 80 Abs. 1 BAO genannten Personen würden auch die Geschäftsführer der Gesellschaften mit beschränkter Haftung gehören, die gemäß § 18 Abs. 1 des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RGBL Nr. 58/1906, die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten hätten.

Voraussetzungen für die Haftung seien eine Abgabenforderung gegen die Vertretene, die Stellung als Vertreterin, die erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung der Vertreterin, deren Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringung.

Dass die im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabenforderungen tatsächlich bestünden, stehe nach der Aktenlage fest.

Weiters stehe unbestritten fest, dass die Bf. als Geschäftsführerin der Gesellschaft zu dem im § 80 Abs. 1 BAO angeführten Personenkreis gehöre.

Ferner werde nicht bestritten, dass die angeführten Abgabenrückstände bei der Gesellschaft erschwert einbringlich seien.

Es sei ferner Aufgabe der Vertreterin, nachzuweisen, dass ihr die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei, weil nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfülle, die Gründe darzutun habe, aus denen ihr die Erfüllung unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden könne, dass sie ihrer Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen sei.

In der Beschwerde werde im Wesentlichen vorgebracht, Frau ***4*** habe die Beschwerdeführerin aus der Firma verbannt, die Schlösser austauschen lassen, als auch die Passwörter vom Geschäftscomputer verändert und aus dem Online Banking verbannt. Vom bis zum hätte Frau ***4*** die Beschwerdeführerin im Glauben gelassen, alle zu zahlenden Beträge bereits gezahlt zu haben, da Frau ***4*** für die Finanzen verantwortlich gewesen sei.

Die Beschwerdeführerin werfe Frau ***4*** im Wesentlichen Betrug vor. Es sei von der Beschwerdeführerin Anzeige bei der Polizei erstattet worden.

Dazu werde Folgendes festgestellt:

Mit Parteiengehör vom wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, Nachweise für die Anzeige bei der Polizei zu erbringen sowie mitzuteilen, warum Sie als Geschäftsführerin, trotz Behinderung in der Funktionsausübung ab , weder die ungehinderte Ausübung Ihrer Funktion erzwungen, noch Ihre Funktion niedergelegt habe. Weiters sei die Bf. ersucht worden mitzuteilen, ob sie eine Anklage bei der Staatsanwaltschaft wegen Betruges eingebracht habe.

Auch hiezu sei die Bf. um Vorlage der entsprechenden Nachweise ersucht worden.

Der Verwaltungsgerichtshof habe schon wiederholt ausgesprochen, dass ein Geschäftsführer, der sich in der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Pflichten durch die Gesellschafter oder durch dritte Personen behindert sehe, entweder sofort im Rechtsweg die Möglichkeit der unbehinderten Ausübung seiner Funktion zu erzwingen oder seine Funktion niederzulegen und als Geschäftsführer auszuscheiden habe. Tue er dies nicht, sei ihm ein gemäß § 9 BAO relevantes Verschulden anzulasten (vgl. ).

Dazu sei von der Bf. am eine Stellungnahme abgegeben worden, in der die Bf. vorgebrachte, dass Sie die Möglichkeit ergriffen habe und Rechtswege eingeleitet habe. Es sei alles bei der Polizei zu Protokoll gegeben worden. Es sei ein Anwalt eingeschaltet und vorgeschlagen worden, Lösungen zu vereinbaren, unter anderem der Austritt aus der Firma gegen Rückzahlung des eingebrachten Geldes. Es seien im Wesentlichen Geschäftspartner informiert worden und Anzeigen bei der ÖGK, bei der Finanzpolizei und dem Handelsgericht erfolgt.

Als Nachweis sei von der Bf. ein Schreiben der Staatsanwaltschaft Wien beigelegt worden, eine Strafsache mit der Zahl ***12***.

Dazu werde festgestellt, dass die Bf. in diesem Schreiben der Staatsanwaltschaft als Beschuldigte geführt und der Beschwerdeführerin vorgeworfen werde, im Zeitraum durch private Verwendung von Gesellschaftsgeldern in Höhe von 20.932,00 Euro im Zeitraum von bis der Primärschuldnerin Schaden zugefügt zu haben.

Mit Schreiben vom sei der Bf. mitgeteilt worden, dass sie ihre Funktion als Geschäftsführerin trotz behaupteter Behinderungen in der Funktionsausübung ab nicht niedergelegt habe.

Weiters sei die Bf. mit dem Schreiben der Staatsanwaltschaft, in der sie als Beschuldigte geführt worden sei, konfrontiert worden.

Dazu habe die Bf. keine Stellungnahme abgeben.

Die Bf. habe in ihrer Beschwerde nicht den Nachweis erbracht, dass ihr die Erfüllung ihrer Pflichten unmöglich gewesen sei.

Die Pflichtverletzung der Bf. ergebe sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen. Die Bf. hätte Sorge tragen müssen, dass die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet werde.

Auf Grund dieser Tatsachen sei die Beschwerde als unbegründet abzuweisen gewesen.

-------

Mit Schriftsatz vom beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte durch ihren steuerlichen Vertreter wie folgt aus:

"I. Sachverhalt

Die Antragstellerin hat am Beschwerde gegen den Haftungsbescheid der MA 6, Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom , GZ: ***13***, erhoben.

Die Beschwerde wurde durch Beschwerdevorentscheidung der MA 6, Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom , GZ.: ***14***, zugestellt am , erledigt.

Gegen diese Beschwerdevorentscheidung richtet sich der nunmehrige Vorlageantrag durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter.

II. Zulässigkeit

Durch die Beschwerdevorentscheidung der MA 6, Referat Landes- und Gemeindeabgaben wurde der Beschwerde der nunmehriger Antragstellerin nicht vollinhaltlich entsprochen. Der Vorlageantrag ist daher zulässig.

Die Beschwerdevorentscheidung der MA 6, Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom , GZ.: ***15***, ist dem Beschwerdeführer am zugegangen, sodass der vorliegende am eingebrachte Vorlageantrag jedenfalls rechtzeitig ist.

III. Begründung

In der nunmehrigen Beschwerdevorentscheidung geht die MA 6, Referat Landes- und Gemeindeabgaben als belangte Behörde zu Unrecht davon aus, dass die Beschwerdeführerin nicht alles ihr Mögliche unternommen habe, um bei der für die Finanzen der ***16*** zuständigen Geschäftsführerin, Frau ***4***, die ordnungsgemäße Abführung der Kommunalsteuer und der Dienstgeberabgabe für 1-12/2019 sicherzustellen.

Dies ist unrichtig.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Gesellschaft erst mit im Firmenbuch eingetragen wurde, sohin eine Abgabepflicht davor nicht bestanden habe und damit auch nicht von der Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin gefordert werden kann. Die Eintragung mit wird von der belangten Behörde zwar festgestellt, aber nicht weiter rechtlich gewürdigt und stellt allein dies einen Verfahrensmangel dar, da die Beschwerdeführerin Anspruch im Bescheid auf einen inhaltlich richtigen Spruch und Feststellungen hat, vor allem wenn diese entscheidungswesentlich sind.

Ungeachtet dessen konnte die Beschwerdeführerin stets zu Recht davon ausgehen, dass die Abführung dieser Abgaben von der für Finanzen zuständigen Geschäftsführerin der Gesellschaft ordnungsgemäß und fristgerecht vorgenommen wurde, vor allem auch deshalb, da die belangte Behörde trotz offenkundiger mehrmonatiger Rückstände keine Mahnungen bzw. Aufforderungen an die Gesellschaft und/oder die Beschwerdeführerin als eine derer Geschäftsführer gerichtet hat, welche es dieser ermöglicht hätten, entsprechend zu reagieren, sondern hat diese die Abgabenforderungen anwachsen lassen und erst danach die Beschwerdeführerin mit Haftungsbescheid vom über diese offenen Forderungen informiert. Die Beschwerdeführerin hätte nach einer von der belangten Behörde erfolgten zeitnahen Mitteilung der diesbezüglichen offenen Abgabenforderungen umgehend die Vornahme dieser Zahlungen, sei es durch die für Finanzen zuständigen Geschäftsführerin der Gesellschaft oder eigenständig, veranlassen bzw. sicherstellen können. Als die Beschwerdeführerin Kenntnis vom Verhalten der für Finanzen zuständigen Geschäftsführerin der Gesellschaft erlangte, hat diese umgehend reagiert und diesbezüglich auch Strafanzeige gegen diese erstattet. Eine Anklage bei der Staatsanwaltschaft wegen Betruges konnte die Beschwerdeführerin nicht vorlegen, da es eine solche nicht gibt. Sie hat aber Strafanzeige bei der Polizei erstattet, welche u.a. zur Einleitung eines Strafverfahrens gegen die für Finanzen zuständige Geschäftsführerin der Gesellschaft geführt hat und welche mit Schreiben vom auch d.a. vorgelegt wurde. Das Strafverfahren ist derzeit noch anhängig.

Dass Frau ***4*** die Beschwerdeführerin im Gegenzug bei der Staatsanwaltschaft gleichfalls angezeigt hat, sodass das Verfahren gegen beide anhängig ist, ändert nichts daran, dass die Beschwerdeführerin unverzüglich reagiert hat.

Weiters hat die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Behinderung in ihrer Funktionsausübung umgehend den Rücktritt als Geschäftsführerin gegenüber der Gesellschaft erklärt. Dass dieser nicht bzw. nicht mehr im Firmenbuch durchgeführt wurde, liegt ausschließlich daran, dass die andere Geschäftsführerin den entsprechenden Antrag nicht beim Firmenbuch eingebracht hat bzw. dass dann bereits das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, sohin per se die Vertretungsbefugnis geändert war.

Die Rücklegung der Geschäftsführung erfolgt grundsätzlich durch einseitige empfangsbedürftige Erklärung der Geschäftsführerin gegenüber der GmbH und wirkt unabhängig von der Eintragung im Firmenbuch. Die Eintragung im Firmenbuch hat rein deklarative Bedeutung, ändern sohin nichts an der Rücklegung der Geschäftsführung zum Zeitpunkt der Erklärung (u.a. , ).

Dass die Beschwerdeführerin alles ihr Mögliche unternommen hat, hätte sich bei einer entsprechenden formellen Einvernahme der Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde ergeben bzw. war dies bereits durch die vorgelegten Unterlagen erwiesen.

Im Zweifel für die Beschwerdeführerin wäre daher im gegenständlichen Abgabeverfahren davon auszugehen gewesen, dass aufgrund des Verhaltens der anderen Geschäftsführerin die Beschuldigte der Gesellschaft mitgeteilt hat, dass sie nicht mehr für die Funktion des Geschäftsführers zur Verfügung steht, sondern diese zurücklegt. Damit wäre aber die Beschwerdeführerin für die Zeiträume Jänner - Dezember 2019 (eigentlich ab 4/2019) nicht für die abgabenrechtlichen Belange der GmbH verantwortlich und haftbar gewesen.

Daher wäre aber der Beschwerde bei richtiger Ermittlung bzw. rechtliche Beurteilung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes stattzugeben, der angefochtene Bescheid vom ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsverfahren einzustellen gewesen, sodass der Bescheid bzw die Beschwerdevorentscheidung jedenfalls an Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften bzw. unrichtiger rechtlicher Beurteilung leidet.

IV. Antrag

In Hinblick auf die Beschwerdevorentscheidung vom , GZ.: ***14***, zugestellt am , ergeht durch den ausgewiesenen Vertreter in offener Frist der Antrag, die bescheiderlassende Behörde möge die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorlegen bzw möge sodann das Bundesfinanzgericht den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben, in eventu eine mündliche Verhandlung mit vollständiger Beweiswiederholung und Einvernahme der Beschwerdeführerin anberaumen."

--------

Mit Schriftsatz vom stellte die belangte Behörde gegenüber der Bf. die Zeiträume, auf die sich der gegenständliche Haftungsausspruch bezieht, richtig und gab der Bf. die Gelegenheit zu einer Stellungnahme.

Folgende Aufteilung der Haftungsbeträge wurde der Bf. bekannt gegeben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zeitraum
Abgabenbetrag
davon bezahlt
Rückstand Kommunalsteuer
Jänner 2019
€ 0,00
€ 0,00
€ 0,00
Februar 2019
€ 0,00
€ 0,00
€ 0,00
März 2019
€ 0,00
€ 0,00
€ 0,00
April 2019
€ 56,57
€ 56,57
€ 0,00
Mai 2019
€ 96,32
€ 96,32
€ 0,00
Juni 2019
€ 102,18
€ 102,18
€ 0,00
Juli 2019
€ 339,76
€ 246,83
€ 92,93
August 2019
€ 642,99
€ 0,00
€ 642,99
September 2019
€ 755,73
€ 0,00
€ 755,73
Oktober 2019
€ 774,33
€ 0,00
€ 774,33
November 2019
€ 474,68
€ 0,00
€ 474,68
Dezember 2019
€ 98,48
€ 0,00
€ 98,48
Summe:
€ 3.341,04
€ 501,90
€ 2.839,14


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zeitraum
Abgabenbetrag
davon bezahlt
Rückstand Dienstgeberabgabe
Jänner 2019
€ 0,00
€ 0,00
€ 0,00
Februar 2019
€ 0,00
€ 0,00
€ 0,00
März 2019
€ 0,00
€ 0,00
€ 0,00
April 2019
€ 0,00
€ 0,00
€ 0,00
Mai 2019
€ 10,00
€ 10,00
€ 0,00
Juni 2019
€ 26,00
€ 26,00
€ 0,00
Juli 2019
€ 70,00
€ 64,00
€ 6,00
August 2019
€ 94,00
€ 0,00
€ 94,00
September 2019
€ 146,00
€ 0,00
€ 146,00
Oktober 2019
€ 144,00
€ 0,00
€ 144,00
November 2019
€ 50,00
€ 0,00
€ 50,00
Dezember 2019
€ 30,00
€ 0,00
€ 30,00
Summe:
€ 570,00
€ 100,00
€ 470,00

------

Mit Schriftsatz vom brachte die Bf. vor, die belangte Behörde gehe weiterhin zu Unrecht davon aus, dass die Beschwerdeführerin nicht alles ihr Mögliche unternommen habe, um bei der für die Finanzen der Fa. X-GmbH zuständigen Geschäftsführerin, Frau ***4***, die ordnungsgemäße Abführung der Kommunalsteuer und der Dienstgeberabgabe für 4-12/2019 sicherzustellen.

Dies ergebe sich nunmehr auch daraus, dass das gegen die Beschwerdeführerin eingeleitete Strafverfahren, welches die belangte Behörde gleichfalls als Begründung für seine Entscheidung herangezogen und gewürdigt habe, von der Staatsanwaltschaft Wien mit beiliegenden Benachrichtigung vom , GZ: ***12***, nunmehr eingestellt worden sei.

Daher bleiben die mit Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht vom gestellten Anträge vollinhaltlich aufrecht und es werde auf diese zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen bzw. dies auch zum Inhalt der nunmehrigen Äußerung erhoben.

-------

In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht am brachte die Bf. ergänzend vor, im gerichtlichen Strafverfahren zur Zahl ***12*** sei die Bf. vom Verdacht einer strafrechtlichen relevanten Bereicherung im Gutachten des Sachverständigen
***19*** entlastet worden und es werde gegen ***4*** ein Strafverfahren wegen §§ 153, 156, 161 StGB geführt. Dieses Gutachten wurde dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Die Bf. führte auf Befragung aus, zu Beginn der Geschäftsführertätigkeit habe sie mit Frau ***4*** vereinbart, dass diese für die Wahrnehmung der steuerlichen Belange verantwortlich sein solle, weil sie in diesem Bereich keine Erfahrung und kein Wissen gehabt habe. Sie habe nicht einmal gewusst, dass am 15. eines Monats Steuern an ein Finanzamt bzw. den Magistrat zu entrichten seien. Eine schriftliche Vereinbarung über eine Aufgabenteilung habe sie mit Frau ***4*** nicht abgeschlossen, auch habe es diesbezüglich keinen Beschluss der Gesellschafterversammlung gegeben.

Die Bf. sei im Dezember 2018 Mutter geworden und habe deswegen mit Frau ***4*** vereinbart, dass sie im Büro den Schriftverkehr oder den E-Mailverkehr bearbeite und Bewerbungsgespräche durchführe.

Die Lohnverrechnung im Rahmen der GesmbH sei laut Aussage der Bf. durch die Steuerberatung ***17*** erstellt worden, welche dann der Geschäftsführung die zu entrichteten Selbstbemessungsangaben samt Kontoangaben bekannt gegeben habe. Die Buchhaltung sei von Frau ***4*** erstellt worden. Bis Juni 2019 sei gemeinsam besprochen worden, welche Zahlungen geleistet würden.

Auf die Entrichtung der lohnabhängigen Abgaben ab Juli 2019 habe die Bf. keinen Einfluss mehr gehabt, weil sie vom bis auf Heimaturlaub gewesen sei. Nach dem Urlaub habe die Bf. dann gesehen, dass Frau ***4*** Abhebungen vom Geschäftskonto gemacht habe, für welche sie in Höhe von ca. € 7.000,00 keine Gründe bzw. geschäftlichen Zwecke nennen habe können. Sie habe nunmehr geahnt, dass Frau ***4*** "etwas nicht richtig gemacht habe" und sie habe dann auch gesehen - nach näherer Kontrolle - dass Frau ***4*** möglicherweise auch Schwarzarbeiter beschäftigt habe und ihr mitgeteilt, dass sie eine derartige Vorgehensweise ablehne.

Die ELDA-Anmeldungen seien durch Frau ***4*** durchgeführt worden und Ende August 2019 und sei die Bf. dann darauf gekommen, dass der Lebensgefährte von Frau ***4***, Herr ***10***, nicht angemeldet gewesen sei. Sie habe in der Folge einen Rechtsanwalt kontaktiert, um sich zu erkundigen, was in einer solchen Situation zu tun sei. Dieser habe sie dahingehend beraten, eine Vereinbarung über einen Ausstieg aus der GmbH zu treffen. Diesbezügliche Termine mit dem Rechtsanwalt habe Frau ***4*** mehrmals verschoben und am sei der Bf. dann der alleinige Zugang zur Firma verwehrt worden. Sie habe die Firma nur mehr betreten können, wenn Frau ***4*** anwesend gewesen sei.

Beweismittel dahingehend, dass sie an der Ausübung meiner Geschäftsführertätigkeit gehindert gewesen sei, könne die Bf. nicht vorlegen. E-Mails bzw. Anwaltsschreiben in diese Richtung gebe es nicht.

Die Bf. brachte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht weiters vor, sie habe Anzeigen in Bezug auf die Verfehlungen der Frau ***4*** ab November 2019 an das Handelsgericht Wien, an die Finanzpolizei und an die Krankenkasse gerichtet.

Die Geschäftsführung habe die Bf. erst im April 2020 formell zurückgelegt.

Die Vertreter der belangten Behörde gaben auf Befragung zu Protokoll, dass auch die weitere Geschäftsführerin ***4*** zur Haftung für die hier gegenständliche Abgabenschuldigkeiten herangezogen worden und dieser Bescheid ist mittlerweile in Rechtskraft erwachsen sei. Zahlungen seien seitens von Frau ***4*** nicht durchgeführt worden.

Laut Bf. seien vor ihrem Urlaub ELDA-Anmeldungen gemeinsam durchgeführt worden. Die Zugangsdaten habe immer Frau ***4*** gehabt. Nach dem Urlaub habe es kein gemeinsames Arbeiten mehr gegeben.

Konkrete Gespräche in Bezug auf die Entrichtung der hier relevanten Selbstbemessungsabgaben habe es laut Bf. nach dem Urlaub nicht mehr gegeben, sondern nur mehr Auseinandersetzungen wegen des Geldes allgemein.

Zu ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Situation brachte die Bf. vor, sie sei derzeit teilzeitbeschäftigt mit eine Nettogehalt von ca. € 1.500,00 monatlich, sorgepflichtig für 3 Kinder, ihr Mann sei arbeitslos und sie habe monatlich € 500,00 an die Masse zu leisten, und zwar für ihre nicht eingezahlte Stammeinlage. Die Entrichtung der Haftungsschuld erscheine ihr aus finanziellen Gründen derzeit nicht möglich.

Sollte der Ausspruch der Haftung im gegenständlichen Verfahren bestätigt werden, werde sich die Bf. mit Frau ***4*** in Bezug auf die Bezahlung der Haftungsschuld in Verbindung setzen, um eine Vereinbarung zu treffen, dass beide Geschäftsführerin die Hälfte bezahlen.

Bis zu ihrem Urlaub habe die Bf. Kenntnis von den durchgeführten Überweisungen gehabt. Ab Mitte Oktober sei dann durch Frau ***4*** ein weiteres Bankkonto eröffnet worden und sie habe keine Kontrolle mehr diesbezüglich gehabt.

Die als Zeugin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht einvernommene weitere Geschäftsführerin ***4*** gab auf Befragung zu Protokoll, im Rahmen der Fa. X-GmbH seien die steuerlichen Belange von Beginn an durch beide Geschäftsführerinnen wahrgenommen worden, am Anfang mehr durch die Zeugin, später auch durch die Bf. Es sei darum gegangen, die Belege und Unterlagen an die Steuerberatungskanzlei ***17*** zu übermitteln. Die Buchhaltung und Lohnverrechnung sei in Folge durch die Steuerberatung erstellt worden. Die Geschäftsführerinnen hätte von der Steuerberatungskanzlei monatlich eine Liste über die entrichtenden bzw. auszahlenden Löhne bzw. auch für Zahlungen an Krankenkasse, Finanzamt und Stadt Wien erhalten. Beide Geschäftsführerinnen hätten Einblick in diese Listen gehabt. Die Überweisungen seien gemeinsam durchgeführt worden.

Aufgrund des Umstandes, dass die Bf. ein Baby gehabt habe, habe diese im Innendienst E-Mails beantwortet, die Stundenlisten an die Steuerberatung gesendet und Telefonate beantwortet. Die steuerlichen Belange seien von an Anfang gemeinsam erledigt wurden. Die Zeugin ***4*** sei eher im Außendienst gegenüber den Mitarbeitern tätig gewesen.

Eine schriftliche Vereinbarung bzw. einen Gesellschafterbeschluss in Bezug auf die Vereinbarung einer Geschäftsverteilung habe es laut der Zeugin ***4*** nicht gegeben.

Schon vor dem Urlaub sei die Bf. nicht immer im Büro gewesen und die Zeugin habe den Großteil der Tätigkeit eigenständig erledigen müssen.

Nach dem Urlaub sei ihr dann vorgeworfen worden, sie hätte Abhebungen für persönliche Zwecke verwendet, was sie bestreite und es sei zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden Geschäftsführerinnen gekommen.

Ab Mitte Juli 2019 habe sich die Zeugin ***4*** dann um die steuerlichen Belange alleine kümmern müssen, weil die Bf. kaum mehr anwesend gewesen sei.

Ab Oktober 2019 habe es Liquiditätsprobleme im Rahmen der GmbH gegeben, weil ein Hauptauftraggeber nicht bezahlt habe. Die Zeugin habe nach ihrer Erinnerung Zahlungen bis ca. September/Oktober 2019 geleistet.

Auf Vorhalt des steuerlichen Vertreters der Bf., dass die letzte Zahlung an den Magistrat im August 2019 für Juli 2019 erfolgt sei, ab dann habe es keine Zahlung mehr gegeben, antwortete die Zeugin, im August 2019 habe sie von einem Hauptauftraggeber die Nachricht bekommen, dass keine Zahlungen mehr erfolgen würden. Das sei wahrscheinlich der Grund gewesen, warum aufgrund von Liquiditätsschwierigkeiten die Selbstbemessungsabgaben nicht mehr gezahlt worden seien. Die Löhne selbst seien jedoch in Teilbeträgen ausbezahlt worden.

Sowohl die Zeugin ***4*** als auch die Bf. hätten die Berechtigung zur Durchführungen von Überweisungen per Telebanking gehabt. Die Zugangsdaten und Codes seien beiden Geschäftsführerinnen zugänglich gewesen. Eine doppelte Zeichnung sei nicht erforderlich gewesen.

Meinungsverschiedenheiten über durchzuführende Überweisungen habe es zwischen den Geschäftsführerinnen grundsätzlich nicht gegeben. Sie seien sich einig gewesen, dass vorrangig die Mitarbeiter zu bezahlen seien und sich die Geschäftsführerinnen jedes 2. Monat ein Gehalt auszahlen. Anlässlich des Urlaubes habe sich die Bf. zwei Monate hintereinander ein Gehalt ausbezahlt, diesbezüglich sei es zu einer Auseinandersetzung gekommen.

Ab habe die Zeugin ***4*** die Überweisungen der Abgaben eigenständig ohne Rücksprache mit der Bf. durchgeführt; dies habe sie eigentlich schon ab dem Urlaub so gemacht.

Die Bf. sei laut Zeugin bis März 2020 sporadisch, so wie es ihr beliebt habe, im Büro gewesen. Steuerliche Belange seien nach dem Urlaub kein Thema mehr gewesen, es habe nur noch Auseinandersetzung wegen des Geldes gegeben.

Vor Eröffnung des Konkursverfahrens habe es keinen Rücktritt der Bf. als Geschäftsführerin gegeben. Das sei erst im Konkurs formell deswegen geschehen, damit sich die Bf. beim AMS anmelden habe können.

Beide Verfahrensparteien hielten vor dem Bundesfinanzgericht ihre bisherige Antragstellung aufrecht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 6a Abs. 1 KommStG 1993 haften die in den §§ 80 ff der Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 Bundesabgabenordnung gilt sinngemäß.

Gemäß § 6a Abs. 1 Dienstgeberabgabegesetz haften die in den §§ 80 ff Bundesabgabenordnung - BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 Bundesabgabenordnung - BAO gilt sinngemäß.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Laut Firmenbuch war die Bf. vom bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Fa. X-GmbH mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom , Zl. ***1***, wie auch ***4***, deren handelsrechtliche Geschäftsführerin. Sie zählt damit zum Kreis der im § 80 Abs. 1 BAO genannten gesetzlichen Vertreter juristischer Personen und war somit (wie auch ***4***) für die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Pflichten der Primärschuldnerin verantwortlich.

Durch die Eröffnung des des Konkursverfahrens über das Vermögen der Fa. X-GmbH mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom , Zl. ***1*** ist auch eine wesentliche Erschwerung der Einbringlichkeit in Sinne der hier relevanten Haftungsbestimmungen des § 6a Abs. 1 KommStG 1993 sowie des § 6a Abs. 1 Dienstgeberabgabegesetzes gegeben.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Vertreters, darzutun, weshalb er den auferlegten Pflichten nicht entsprochen habe, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf ().

Bei einer Mehrheit von Geschäftsführern vertritt der VwGH zur Frage der Haftung in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass bei Vorliegen einer Geschäftsverteilung die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit denjenigen Geschäftsführer trifft, der mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten betraut ist. Der von den finanziellen, insbesondere steuerlichen Angelegenheiten ausgeschlossene Geschäftsführer ist in der Regel nicht in Anspruch zu nehmen. Dieser haftet jedoch selbst, wenn er eigene Pflichten dadurch grob verletzt, dass er es unterlässt, Abhilfe gegen Unregelmäßigkeiten des zur Wahrnehmung der steuerlichen Angelegenheiten Bestellten zu schaffen. In einem solchen Fall könnte ihn nur entschuldigen, dass ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten aus triftigen Gründen unmöglich gewesen wäre ().

Für eine zwischen den Geschäftsführerinnen vereinbarte Geschäftsverteilung derart, dass ***4*** für die finanziellen und steuerlichen Belange der Fa. X-GmbH allein verantwortlich gewesen wäre, bieten die Verfahrensergebnisse keine Anhaltspunkte. Ganz im Gegenteil gab auch die Bf. in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht zu Protokoll, die Überweisungen aufgrund der von der Steuerberatungskanzlei berechneten Selbstbemessungsabgaben bis zum Antritt ihres Urlaubes am gemeinsam und auch im Einvernehmen mit ***4*** durchgeführt zu haben. Wenn die Bf. im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vorbringt, die weitere Geschäftsführerin ***4*** habe von Beginn an unbedingt die finanziellen Belange der GmbH verwalten wollen und sei dementsprechend dafür zuständig gewesen, kann daraus auf keine Vereinbarung über eine Ressortverteilung, sondern vielmehr auf eine einseitige konsenslose Übernahme der finanziellen Belange der GmbH geschlossen werden, die die Bf. von Anbeginn zu einer erhöhten Sorgfalts- und Überwachungspflicht verpflichtet hätte.

Weiters bringt die Bf. in der gegenständlichen Beschwerde selbst vor, der Lebensgefährte von ***4***, Herr ***10***, sei seit April 2019 bis nicht in der Firma angemeldet gewesen und habe dort schwarz gearbeitet. Sie gesteht damit selbst eine abgabenrechtliche Pflichtverletzung ein, weil es auch ihre Pflicht als Geschäftsführerin gewesen wäre, für eine ordnungsgemäße Anmeldung dieses Arbeitsnehmers und auch für die Selbstberechnung und Abfuhr der lohnabhängigen Abgaben zu sorgen. Jedenfalls hatte sie aufgrund dieses Umstandes, der ihr nach eigenen Angaben Ende August 2019 nach der Rückkehr von ihrem Urlaub bekannt wurde, gravierende Anhaltspunkt für abgabenrechtliche Pflichtverletzungen, die sie als verantwortliche Geschäftsführerin nicht veranlasst haben, ***4*** entsprechend genau in Bezug auf die ordnungsgemäße Meldung und Abfuhr der lohnabhängigen Abgaben zu überwachen bzw. diese eigenständig zu veranlassen.

Auch das Beschwerdevorbringen, Frau ***4*** habe allein im Zeitraum von bis (während des Urlaubs de Bf.) einen Betrag von € 19.000,00 vom Geschäftskonto behoben, ohne diesen für Geschäftszwecke belegen zu können (für private Zwecke und um schwarze Mitarbeiter zu bezahlen), anstatt GKK Beiträge und Steuern einzuzahlen, weist darauf hin, dass die Bf. gravierende Anhaltspunkte betreffend die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten hatte, was sie veranlassen hätte müssen, selbst als verantwortliche Geschäftsführerin für die Meldung und Entrichtung der hier in Rede stehenden lohnabhängigen Abgaben zu sorgen.

Weiters bringt die Bf. in ihrer Beschwerde eine Einschränkung ihrer Geschäftsführerbefugnisse dahingehend vor, ab dem von Frau ***4*** aus der Firma verbannt worden zu sein, sie habe die Schlösser austauschen lassen, ihr den Zugriff zu ELDA sperren lassen und auch die Passwörter vom Geschäfts-Computer und der Geschäfts-Email verändert und sie auch aus dem online Banking verbannt.

Wird ein Vertreter an der Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten gehindert, so hat er die Behinderung der Ausübung seiner Funktion abzustellen und - wenn sich dies als erfolglos erweist - seine Funktion niederzulegen. Tut er dies nicht, so ist ihm ein relevantes Verschulden anzulasten. Dies gilt auch dann, wenn sich der Vertreter schon bei der Übernahme der Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnis einverstanden erklärt und dabei in Kauf genommen hat, dass ihm die Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen unmöglich gemacht wird (zB ; ; , ).

Dazu bringt die Bf. vor, sie habe ab November 2019 gegen ***4*** bei verschiedenen Stellen (Handelsgericht Wien, Finanzpolizei, Krankenkasse) Anzeigen erstattet. Derartige Anzeigen waren nicht dazu geeignet, die - im Übrigen nicht nachgewiesene - Behinderung der Ausübung der Geschäftsführerfunktion zu beseitigen. Beweismittel (Schriftverkehr, E-Mails, gerichtliche Schritte zur Abhilfe etc.) für die Einschränkung bzw. dauerhafte Behinderung ihrer Geschäftsführerpflichten konnten von der Bf. nicht vorgelegt werden. Im Gegenteil haben die vom Bundesfinanzgericht durchgeführten ergänzenden Beweisaufnahmen ergeben, dass die Bf. auch noch nach dem Zutritt zur Firmenräumlichkeiten hatte und auch noch sporadisch in der Firma anwesend war. Dass sie an der Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten zur Meldung und Entrichtung der hier gegenständlichen Kommunalsteuern und Dienstgeberangaben gehindert gewesen wären, dafür bieten die Verfahrensergebnisse keinerlei Anhaltspunkte. Selbst wenn jedoch von einer derartigen Behinderung durch die weitere Geschäftsführerin ***4*** ausgehen würde, wäre eine schuldhafte Pflichtverletzung darin zu sehen, dass sie keine geeigneten Maßnahmen gesetzt hat, um in einem angemessenen Zeitraum von einigen Monaten eine eventuelle Behinderung in der Ausübung ihrer Geschäftsführerinnenfunktion durch geeignete rechtliche Schritte zu beseitigen oder als Geschäftsführerin zurückzutreten. Die von der Bf. ins Treffen geführten Anzeigen der weiteren Geschäftsführerin ***4***, zu deren strafrechtlicher bzw. verwaltungsbehördlicher Verfolgung waren dazu jedenfalls nicht geeignet. Die Bf. hat - nach ihren eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung - ihre Geschäftsführerfunktion erst im März 2020 nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Primärschuldnerin zurückgelegt.

Nach den im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnen Beweisergebnissen stand ab der Rückkehr der Bf. aus dem Urlaub Ende August 2019 () nur mehr die "Auseinandersetzung ums Geld" im Vordergrund. Beide Geschäftsführerinnen beschuldigten sich nach der Aktenlage und dem von der Bf. vorgelegten Gutachten des Sachverständigen ***19*** wechselseitig, Gelder der Gesellschaft für private Zwecke entnommen zu haben. Dazu kam es, aufgrund der Zahlungseinstellung eines Hauptkunden (Fa. ***18***) im August 2019, ab Herbst 2019 zu Liquiditätsschwierigkeiten im Rahmen der Fa. X-GmbH.

Zum ergänzenden Beschwerdevorbringen der Bf., sie sei im gerichtlichen Strafverfahren zur Zahl ***12*** die Bf. vom Verdacht einer strafrechtlichen relevanten Bereicherung im Gutachten des genannten Sachverständigen entlastet worden und gegen ***4*** werde ein Strafverfahren wegen §§ 153, 156, 161 StGB geführt, ist auszuführen, dass Gegenstand des beim Bundesfinanzgericht anhängigen Beschwerdeverfahrens ausschließlich die Beurteilung der Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten ist und die Beseitigung einer Verdachtslage in einem gerichtlichen Strafverfahren wegen §§ 153, 156 StGB die Bf. nicht vom Vorwurf abgabenrechtlicher Pflichtverletzungen entlasten kann. Haftungsrelevant ist somit nur die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten (vgl. zB , 91/13/0038), somit die Verletzung von durch Abgabenvorschriften begründeten Pflichten (, 109). Die Verletzung anderer Pflichten ist nicht haftungsrelevant. Somit kann der Umstand, dass die strafrechtlichen Ermittlungen (wegen §§ 153 ff StGB) gegenüber der Bf. mittlerweile eingestellt wurden, sie nicht vom Vorwurf der nicht zeitgerechten Entrichtung der haftungsgegenständlichen lohnabhängigen Abgaben befreien, weil diese nicht Gegenstand der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft waren.

Zu Recht hat die Bf. im Rahmen des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens vorgebracht, erst ab April 2019 als Geschäftsführerin tätig gewesen zu sein, sodass der Haftungszeitraum
1-12/2019 nicht zutreffen könne. Mit Schriftsatz vom stellte die belangte Behörde gegenüber der Bf. die Zeiträume, auf die sich der gegenständliche Haftungsausspruch bezieht, richtig und gab der Bf. die Gelegenheit zu einer Stellungnahme, welche unterblieb.

Der Spruch des angefochtenen Haftungsbescheides war daher hinsichtlich der Haftungszeiträume dahingehend zu berichtigen, dass gemäß § 6a KommStG 1993 die Haftung für Kommunalsteuer Juli bis Dezember 2019 in der Höhe von € 2.839,14 und gemäß § 6a des Dienstgeberabgabegesetzes die Haftung für Dienstgeberabgabe Juli bis Dezember 2019 in der Höhe von € 470,00 ausgesprochen wird.

Zusammengefasst ist eine Verletzung der abgabenrechtlichen Pflichten der Bf. darin zu sehen, dass sie im zweiten Halbjahr 2019 die ihr als verantwortliche Geschäftsführerin auferlegten Pflichten zur Meldung und Entrichtung der hier gegenständlichen Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben dadurch verletzt hat, dass sie weder eigenständig diese Pflichten wahrgenommen noch darauf hingewirkt hat, dass diese seitens der anderen Geschäftsführerin ***4*** erfüllt werden. Nach dem Urlaub der Bf. stand nach den Verfahrensergebnissen der Streit zwischen den Geschäftsführerinnen betreffend ungerechtfertigte Privatentnahmen der jeweils anderen im Vordergrund und die steuerlichen Belange traten offensichtlich in den Hintergrund und wurden vernachlässigt. Sollte die Bf. in der Ausübung ihrer Geschäftsführerfunktion tatsächlich eingeschränkt gewesen sein - was sie durch geeignete Beweismittel nicht glaubhaft machen konnte - hat sie keine rechtlichen Schritte gesetzt, diese Behinderung bis zu beseitigen oder zeitnah als Geschäftsführerin zurückzutreten. Sie hat es auch unterlassen, die weitere Geschäftsführerin ***4*** in Bezug auf die Erfüllung der hier relevanten abgabenrechtlichen Pflichten zur Meldung und Entrichtung der Kommunalsteuer und der Dienstgeberabgabe zu überwachen bzw. selbst darauf hinzuwirken.

Eine schuldhafte Pflichtverletzung der Bf. liegt daher zweifelsfrei vor.

Die Inanspruchnahme zur Haftung setzt weiters voraus, dass die schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten kausal für die erschwerte Einbringlichkeit ist.

Bei schuldhafter Pflichtverletzung darf die Abgabenbehörde mangels dagegen sprechender Umstände annehmen, dass die Pflichtverletzung Ursache der Uneinbringlichkeit ist (zB ; ; , 0178).

Die Heranziehung zur Haftung ist in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist ().

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zwar die Geltendmachung der Haftung und somit auch die Heranziehung eines von mehreren Haftungspflichtigen in das Ermessen der Behörde gestellt. Ermessensentscheidungen der Abgabenbehörde haben sich aber innerhalb der Grenzen zu halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Interesse an der Einbringung der Abgabe" beizumessen (Hinweis E , 2003/17/0132). Kommen mehrere Haftungspflichtige in Betracht, so ist die Ermessensentscheidung, wer von ihnen in Anspruch genommen wird, entsprechend zu begründen (Hinweis E , 92/17/0186; E , 91/17/0047). Hiebei ist die Sachlage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Berufungsbehörde maßgeblich ().

Kommen mehrere Vertreter als Haftungspflichtige in Betracht, so ist die Ermessensentscheidung, wer von ihnen - allenfalls auch in welchem Ausmaß - in Anspruch genommen wird, im Haftungsbescheid entsprechend zu begründen (zB ; ).

Die Vermögens- und Arbeitslosigkeit der Haftenden steht - auch im Zusammenhang mit der Ermessensübung - in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung, zumal es eine allfällige (zur Zeit der Erlassung des Haftungsbescheides bestehende) Uneinbringlichkeit beim Haftenden nicht ausschließt, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben führen können (vgl. ; , 2009/16/0085, mwN). Der Grad des Verschuldens des Vertreters ist eines der Kriterien, die bei Ausübung des Ermessens berücksichtigt werden können (; ).

Im Lichte dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt dem Vorbringen der Bf., sie könne aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation die Haftungsschuld derzeit nicht bezahlen, keine Bedeutung im Rahmen der Ermessensübung zu.

Die weitere Geschäftsführerin ***4*** wurde bereits rechtskräftig für die gegenständlichen Abgabenschuldigkeiten im vollen Umfang zur Haftung herangezogen, hat diese jedoch bislang nicht bezahlt. Da der Bf. ein gleichwertiger Grad des Verschuldens anzulasten ist, erscheint im Sinne der Gleichbehandlung beider Haftungspflichtiger nur billig und zweckmäßig, auch die Bf. im vollen Umfang der aushaftenden Abgabenschuldigkeiten zur Haftung heranzuziehen. Dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass vordergründiger Zweck einer Haftungsnorm die vollständige Einbringung der Abgabenschuld ist und auch die Einbringung bei der weiteren Geschäftsführerin ***4*** aufgrund des Umstandes, dass sie bisher nicht bezahlt wurde, jedenfalls sehr fraglich ist.

Beide Geschäftsführer haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht ihre Bereitschaft dahingehend signalisiert, jeweils die Hälfte der Haftungsschuld aufzubringen und zu entrichten. Unter dem Gesichtspunkt, dass beide Geschäftsführerin nunmehr als Gesamtschuldnerinnen jeweils für die gesamte Haftungsschuld herangezogen werden können, erschien auch zur Besicherung des Abgabenanspruches der öffentlichen Hand durch die Inanspruchnahme der Bf. als Haftungspflichtige im vollen Umfang der Haftungsschuld zweckmäßig, zumal - nach Ansicht des Finanzgerichtes - auch das Verschulden beider Geschäftsführerinnen in Bezug auf die hier relevanten abgabenrechtlichen Pflichtverletzungen vom Grad her als gleichwertig anzusehen ist.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis beruht auf der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und hatte die Beurteilung der Haftungsvoraussetzungen im Einzelfall und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6a KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 6a Wiener Dienstgeberabgabe, LGBl. Nr. 17/1970
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7400109.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at