Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.09.2021, RV/5100240/2014

Nachversteuerung begünstigt besteuerter Gewinne gemäß § 11a EStG 1988 iZm Entnahmen gemäß § 16 Abs. 5 UmgrStG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***RI*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2009 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Zuge einer beim Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf) für den Zeitraum 2008 bis 2009 durchgeführten Außenprüfung betreffend Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Zusammenfassende Meldung wurde folgende steuerliche Feststellung getroffen:

"Das Einzelunternehmen ***1*** wurde mit Vertrag vom rückwirkend zum Stichtag in die ***2*** eingebracht.

Es wurde eine Passivpost gem. § 16 Abs 5 Z 1 UmgrStG für Barentnahmen iHv € 56.500,00 gebildet. Außerdem wurden Teile des Betriebsvermögens gem § 16 Abs 5 Z 3 UmgrStG iHv € 75.798,21 zurückbehalten. Dies ergibt in Summe Maßnahmen gem § 16 Abs 5 UmgrStG iHv € 132.298,21.

Die anlässlich einer Einbringung nach Art III UmgrStG rückbezogenen Maßnahmen sind sowohl für die Frage der Inanspruchnahme der Begünstigung als auch für die Frage einer Nachversteuerung wegen Absinkens des Eigenkapitals gem § 11a (3) EStG im letzten Wirtschaftsjahr vor der Einbringung als Entnahmen zu berücksichtigen.

Es ist daher im Jahr 2009 ein Betrag iHv € 37.454,08 nachzuversteuern

Begünstigt besteuerter Gewinne

2006: € 5.340 x 15,32% = € 818,09

2007: € 21.229,79 x 14,99% = € 3.181,28

2008: € 10.884,29 x 15,66% = € 1.703,94

Aufgrund dieser Feststellung wurde der Einkommensteuerbescheid 2009 von der belangten Behörde gem § 293b BAO berichtigt (Nachversteuerung § 11a EStG 1988 iHv € 5.703,31).

Mit Beschwerde vom wurde die ersatzlose Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2009 mit folgender Begründung beantragt:

Am erließ die belangte Behörde die abweisende Beschwerdevorentscheidung mit folgender Begründung:

Im Vorlageantrag vom wird begründend ausgeführt, es sei unbillig, Entnahmen gem. § 16 Abs. 5 UmgrStG - welche tatsächlich erst im Jahr 2009 erfolgten - auf den Einbringungsstichtag zurück zu beziehen, obwohl diese Entnahmen im Jahr 2009 gemacht worden seien und in der GmbH im Zeitraum der getätigten Entnahmen ein Gewinn erzielt worden und somit ein Eigenkapitalanstieg gegeben gewesen sei.

Am wurde der Akt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde am zurückgezogen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Mit Einbringungsvertrag vom brachte der Beschwerdeführer ***1*** sein Einzelunternehmen ***1*** eU, **FN*** rückwirkend mit gem Art III UmgrStG in die ***2*** ein.

In den Jahren 2006 bis 2008 hat der Bf für das eingebrachte Einzelunternehmen von der begünstigten Besteuerung nicht entnommener Gewinne gem § 11a EStG 1988 im Gesamtausmaß von € 37.454,08 Gebrauch gemacht.

Für die in der Zeit vom Einbringungsstichtag bis zum Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages getätigten Entnahmen wurde entsprechend Punkt 3 Abs 1a des gegenständlichen Einbringungsvertrages eine Passivpost iSd § 16 Abs 5 Z 1 UmGrStG iHv € 56.500 gebildet. Darüber hinaus wurden gemäß Punkt 4 Abs 4 des Einbringungsvertrages Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens im Gesamtbetrag von € 75.798,21 gem. § 16 Abs 5 Z 3 UmgrStG zurückbehalten.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist nicht strittig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtliche Grundlagen

Gemäß § 11a Abs 1 EStG 1988 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung könnennatürliche Personen, die den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, den Gewinn, ausgenommen Übergangsgewinne (§ 4 Abs. 10) und Veräußerungsgewinne (§ 24), bis zu dem in einem Wirtschaftsjahr eingetretenen Anstieg des Eigenkapitals, höchstens jedoch 100 000 €, mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 Abs. 1 versteuern (begünstigte Besteuerung). Der Höchstbetrag von 100.000 Euro steht jedem Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum nur einmal zu. Der Anstieg des Eigenkapitals ergibt sich aus jenem Betrag, um den der Gewinn, ausgenommen Übergangsgewinne und Veräußerungsgewinne, die Entnahmen (§ 4 Abs. 1) übersteigt. Einlagen (§ 4 Abs. 1) sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie betriebsnotwendig sind.

Nach § 11a Abs 3 EStG 1988 ist insoweit eine Nachversteuerung unter Anwendung des Steuersatzes nach § 37 Abs 1 vorzunehmen, als in einem folgenden Wirtschaftsjahr in sinngemäßer Anwendung des Abs. 1 unter Außerachtlassung eines Verlustes das Eigenkapital sinkt. Nachzuversteuern ist höchstens jener Betrag, der in den vorangegangenen sieben Wirtschaftsjahren nach Abs. 1 begünstigt besteuert worden ist. Die Nachversteuerung ist zunächst für den begünstigten Betrag des zeitlich am weitest zurückliegenden Wirtschaftsjahres vorzunehmen.

Nach § 11a Abs 5 EStG 1988 ist im Falle der Übertragung eines Betriebes die Nachversteuerung insoweit beim Rechtsnachfolger vorzunehmen, als es zu einer Buchwertfortführung kommt.

Gemäß § 4 Abs 1 EStG 1988 sind Entnahmen alle nicht betrieblich veranlassten Abgänge von Werten (zB von Bargeld, Waren, Erzeugnissen und anderen Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens, von Leistungen, von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens oder von Nutzungen solcher Wirtschaftsgüter).

Grundsätzlich sind die Einkünfte des Einbringenden gemäß § 14 Abs 2 UmgrStG so zu ermitteln, als ob der Vermögensübergang mit Ablauf des Einbringungsstichtages erfolgt wäre. Vorgänge nach dem Stichtag sind bereits der übernehmenden Gesellschaft zuzurechnen. Ausgenommen davon sind Korrekturen nach § 16 Abs 5 UmgrStG.

§ 16 Abs 5 UmgrStG idF 2009 normiert dazu:

"Abweichend von § 14 Abs. 2 kann bei der Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen das nach § 14 Abs. 1 anzusetzende Vermögen, sofern die Voraussetzungen des § 12 gewahrt bleiben, in folgender Weise verändert werden:

  • Entnahmen und Einlagen, die in der Zeit zwischen dem Einbringungsstichtag und dem Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages getätigt werden, können an Stelle der Erfassung als Verrechnungsforderung oder -verbindlichkeit gegenüber der übernehmenden Körperschaft zurückbezogen werden. Diese Vorgänge gelten als mit Ablauf des Einbringungsstichtages getätigt, wenn sie in der Einbringungsbilanz durch den Ansatz einer Passivpost für Entnahmen oder einer Aktivpost für Einlagen berücksichtigt werden.

  • Neben der in Z 1 genannten Passivpost kann eine weitere Passivpost für vorbehaltene Entnahmen in folgender Weise gebildet werden:

  • Auszugehen ist vom positiven Verkehrswert am Einbringungsstichtag (§ 12 Abs. 1).

  • Sämtliche Veränderungen auf Grund der Inanspruchnahme der Z 1, Z 3 und Z 4 und der nicht nach Z 1 rückbezogenen Entnahmen sind zu berücksichtigen, sofern diese Veränderungen insgesamt zu einer Verminderung des Verkehrswertes führen.

  • Der sich danach ergebende Betrag ist höchstens in Höhe von 50% anzusetzen.

  • Bis zum Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages können vorhandene Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens einschließlich mit ihnen unmittelbar zusammenhängendes Fremdkapital und vorhandene Verbindlichkeiten zurückbehalten werden. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Wirtschaftsgütern und Fremdkapital ist jedenfalls nicht mehr gegeben, wenn die Wirtschaftsgüter am Einbringungsstichtag bereits länger als sieben Wirtschaftjahre durchgehend dem Anlagevermögen zuzuordnen waren. Das Zurückbehalten gilt durch die Nichtaufnahme in die Einbringungsbilanz als eine mit Ablauf des Einbringungsstichtages getätigte Entnahme beziehungsweise Einlage, sofern der Vorgang nicht unter Z 4 fällt.

……..

Rechtliche Erwägungen

Rückbezogene Entnahmen nach § 16 Abs 5 Z 1 bis 3 UmgrStG stellen nach ständiger Rechtsprechung Entnahmen nach § 11a EStG 1988 dar, die zu einer eigenkapitalabfall-bedingten Nachversteuerung führen können (Jakom 10/ Kanduth-Kristen § 11a Rz 37 mwN). Sie vermindern das Eigenkapital zum Einbringungsstichtag und gelten mit Ablauf dieses Stichtages als entnommen; sie sind daher bei der Berechnung des Eigenkapitalabfalles jenes Wirtschaftsjahres, das mit dem Einbringungsstichtag endet, zu berücksichtigen und zu diesem Zeitpunkt dem Einbringenden zuzurechnen (; ; -F/09; ).

Dies hat auch der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2011/15/0029, betreffend unbare Entnahmen gemäß § 16 Abs. 5 Z 2 UmgrStG idF vor Inkrafttreten des Abgabenänderungsgesetzes 2005, BGBl I 161/2005, bestätigt.

Im gegenständlichen Fall hatte der Bf im Zusammenhang mit den Gewinnen der Jahre 2006 bis 2008 eine begünstigte Besteuerung gemäß § 11a EStG im Ausmaß von insgesamt € 37. 454,08 geltend gemacht.

In der Einbringungsbilanz zum wurde eine Passivpost für Entnahmen gemäß § 16 Abs 5 Z 1 UmgrStG in Höhe von € 56.500,00 ausgewiesen. Darüber hinaus wurden ehemals betrieblich genutzte Liegenschaftsteile und Vermögensgegenstände im Wert von € 75.798,21 gem. § 16 Abs 5 Z 3 UmgrStG zurückbehalten.

Einbringungsstichtag war nach dem Vertragswortlaut des Einbringungsvertrages vom unbestrittenermaßen der .

Gemäß § 14 Abs. 2 UmgrStG erfolgt der Vermögensübergang mit Ablauf des Einbringungs-stichtages.

Auch in Punkt 4. des Einbringungsvertrages vom wird explizit darauf hingewiesen, dass die Vermögensgegenstände durch die Nichtaufnahme in die Einbringungsbilanz als mit Ablauf des Einbringungsstichtages als entnommen gelten.

Das Absinken des Kapitalkontos durch die Entnahmen gemäß § 16 Abs. 5 UmgrStG bzw. der Vermögensübergang wurden sohin mit Ablauf des (=Einbringungsstichtag) bewirkt.

Dem Beschwerdevorbringen, dass die tatsächlichen Vorgänge gem § 16 Abs 5 UmgrStG zeitlich im Jahr 2009 und somit zur Gänze im buchhalterischen Bereich der GmbH lägen, welche von der Anwendung des § 11a EStG ausgeschlossen sei, kann nicht gefolgt werden. § 16 Abs 5 Z 1 und 3 normieren ausdrücklich, dass "Vorgänge als mit Ablauf des Einbringungsstichtages als getätigt gelten, wenn sie in der Einbringungsbilanz durch den Ansatz einer Passivpost für Entnahmen oder einer Aktivpost für Einlagen berücksichtigt werden" bzw. dass, "das Zurückbehalten durch die Nichtaufnahme in die Einbringungsbilanz als eine mit Ablauf des Einbringungsstichtages getätigte Entnahme gilt."

Der Betrieb wurde zwar in die GmbH eingebracht, der Bf bleibt jedoch als eigenständiges Steuersubjekt bestehen und sind bei diesem, Entnahmen im Zuge der Einbringung nach Art III UmgrStG gemäß § 11a Abs 3 EStG nachzuversteuern.

Aufgrund obiger Ausführungen kann in der Nachversteuerung der begünstigt besteuerten Gewinne aus den Vorjahren gemäß § 11a EStG 1988 beim Einbringenden unter Anwendung des begünstigten Steuersatzes keine Rechtswidrigkeit erblickt werden.

Das Beschwerdebegehren war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist im gegenständlichen Fall nicht zulässig, weil zur beschwerdegegenständlichen Problematik eine einheitliche BFG-Entscheidungspraxis vorliegt (-F/09; -G/09), die auch bereits vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt wurde ().

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100240.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at