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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.09.2021, RV/1100277/2017

Keine Berücksichtigung von Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 34 EStG 1988

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (in der Folge abgekürzt Bf.) beantragte in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2016 unter anderem die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen für Begräbniskosten betreffend ihres im Jahr 2015 verstorbenen Ehegatten - konkret die Kosten eines Grabsteines - in Höhe von 5.600,00 €.

Mit dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2016 vom wurden die Begräbniskosten mit der Begründung nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt, dass diese Kosten zu den bevorrechteten Nachlassverbindlichkeiten gehörten und demnach vorrangig aus einem vorhandenen Nachlassvermögen (Aktiva) zu bestreiten seien. Die geltend gemachten Aufwendungen hätten daher mangels Zwangsläufigkeit nicht berücksichtigt werden können.

Gegen diesen Bescheid wurde von der Bf. fristgerecht Beschwerde erhoben. Begründend führte die Bf. aus, sie hätte im Jahr 2015 Beerdigungskosten für ihren verstorbenen Ehemann in Höhe von 7.600,00 € zu bezahlen gehabt. Davon sei die Sterbeversicherung in Höhe von 6.000,00 € abgezogen worden, obwohl im Abhandlungsprotokoll ausdrücklich darauf hingewiesen worden wäre, dass diese Versicherungssumme nicht in den Nachlass falle. Somit hätten diese Kosten nach Abzug des Selbstbehaltes nicht berücksichtigt werden können.

Im Streitjahr 2016 habe sie nun die Kosten für den Grabstein in Höhe von 5.600,00 € geltend machen wollen, was angeblich wiederum nicht möglich sei, da die Kosten aus dem aktiven Nachlassvermögen zu bestreiten wären. Da aber kein aktives Nachlassvermögen, sondern eine Nachlassverschuldung vorliege, bitte sie um Anerkennung dieser für sie sehr außergewöhnlichen Belastung, welche sie aus ihrem persönlichen Ersparten und aus keinem Nachlass bezahlt habe. Aus diesem Nachlass habe sie nämlich noch sehr hohe Wohnungskosten zu bezahlen.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom führte das Finanzamt wiederum aus, dass gemäß § 549 ABGB Begräbniskosten zu den bevorrechteten Nachlassverbindlichkeiten gehörten, welche vorrangig aus dem Nachlassvermögen (Aktiva) zu bestreiten seien. Wenn die Begräbniskosten in den Nachlassaktiva Deckung fänden, komme die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung nicht in Betracht. Insoweit fehle es an der Zwangsläufigkeit. Da laut Verlassenschaftsprotokoll eine Liegenschaft vorhanden sei, fänden die beantragten Kosten Deckung in den Aktiva.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag vom führte die Bf. ergänzend aus, die Liegenschaft sei hoch verschuldet. Die deshalb von ihr zu tragenden sehr hohen Wohnungskosten könnten mit nur einer Pension sehr schwer getilgt werden. Sie frage sich zudem, wo hier die Gerechtigkeit bleibe, zumal ihr verstorbener Mann und sie selbst ein Leben lang mehr als genug in diesen "Topf" einbezahlt hätten, um vielleicht zu irgendeinem Zeitpunkt etwas zurückzubekommen.

Mit Schreiben vom wurde die Bf. vom Finanzamt um Auskunft über die Größe der Eigentumswohnung, die Anzahl der vorhandenen Zimmer sowie den Kaufpreis ersucht.

Im Antwortschreiben vom führte die Bf. unter Vorlage einer Kopie des Kaufvertrages aus, dass es sich um eine 3-Zimmerwohnung handle, die Wohnungsgröße 74,55 m² betrage und sich der Kaufpreis der im Jahr 1993 errichteten Wohnung auf 2.310.000,00 ATS belaufen habe. Zu tilgen sei noch eine Restschuld von ca. 86.000,00,00 €, wobei sie eine monatliche Rückzahlung in Höhe von 372,00 tätige.

Im Vorlagebericht des Finanzamtes vom , welchem Vorhaltscharakter zukommt, wird unter anderem ausgeführt, in den im Nachlass befindlichen Aktiva von 20.108,72 € sei die der Bf. und ihrem verstorbenen Ehegatten zu jeweils 50 % gehörende Liegenschaft ***1*** in ***2*** mit dem dreifachen (halben) Einheitswert in Höhe von 18.254,09 € (= 3 x 4,545% des Gesamteinheitswertes in Höhe von 133.863,00 €) zum Ansatz gebracht worden. Es handle sich dabei um eine Eigentumswohnung mit einer Fläche von 74,55 m² (170/1870 Anteile der EZ ***3***, KG ***4***), welche laut Kaufvertrag vom um einen Kaufpreis von 2.310.000,00 ATS (167.874,24 € ohne Wertanpassung) erworben worden sei. Da die Wohnung jeweils zur Hälfte im Eigentum des Verstorbenen und zur Hälfte im Eigentum der Bf. gestanden sei, habe der halbe Anschaffungspreis ca. 84.000,00 € betragen. Unter Bedachtnahme darauf, dass die 3-Zimmerwohnung über einen Balkon, ein Kellerabteil und einen Tiefgaragenplatz verfüge, der Wert des Grundanteiles (20%) sich seit 1992 zumindest verdoppelt habe (+ 15.000,00 €) und der Wert des Gebäudeanteiles (80%) um eine Afa-Komponente von etwa 23.000,00 € (23 x 1.007,22 €) zu kürzen sei, könne ohne Berücksichtigung allenfalls sogar getätigter Sanierungsmaßnahmen davon ausgegangen werden, dass der Verkehrswert des geerbten Hälfteanteiles mehr als 60.000,00 € betrage. Somit übersteige der Verkehrswert den dreifachen Einheitswert des geerbten Hälfteanteiles (18.254,00 €) um ca. 42.000,00 €.

Werde weiters berücksichtigt, dass die in den Nachlassverbindlichkeiten enthaltenen Todfallskosten (8.013,00 €) zu einem großen Teil durch jene 6.000,00 € Sterbeversicherung gedeckt gewesen seien, welche im Todesfall des Gatten der Bf. direkt zugeflossen seien, ergebe sich ein positiver Nachlasssaldo von ca. 14.150,00 €. Die Kosten des Grabmals in Höhe von 5.600,00 € würden daher in den Nachlassaktiva Deckung finden, weshalb die Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung nicht in Betracht komme. Es werde daher beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist Alleinerbin nach ihrem am ***5*** verstorbenen Ehegatten. Sie hat hierzu laut Abhandlungsprotokoll vom ***7***, GZ. ***6***, eine bedingte Erbantrittserklärung abgegeben. Die Nachlassüberschuldung wurde im gegenständlichen Abhandlungsprotokoll mit 33.852,05 € festgestellt. Das Nachlasshauptinventar weist Nachlassaktiva im Ausmaß von 20.108,72 € aus, die sich aus Bankguthaben in Höhe von insgesamt 1.854,63 € sowie einem Zahlungsanspruch der ruhenden Verlassenschaft gegen die Bf. auf Zahlung des Übernahmepreises gemäß § 14 (3) WEG hinsichtlich des Hälfteanteiles des Verstorbenen an der gemeinsamen Eigentumswohnung (BLNr.***8*** der EZ ***3***, KG ***4***) im Umfang des dreifachen Einheitswertes in Höhe von 18.254,09 € zusammensetzen. Die im Nachlasshauptinventar ausgewiesenen Nachlasspassiva im Ausmaß von 53.960,77 € setzen sich zusammen aus Hypothekarschulden von 45.947,48 € sowie Todfallskosten (Bestattungskosten, Friedhofsgebühr, Totenmahl, etc.) von 8.013,29 €.

Weiters sind der Bf. aus einer Sterbeversicherung des Verstorbenen 6.000,00 € zugeflossen.

Die Eigentumswohnung (BLNr.***8*** der EZ ***3***, KG ***4***) wurde mit Kaufvertrag vom um einen Kaufpreis von 2.310.000,00 ATS (167.874,24 € ohne Wertanpassung) je zur Hälfte von der Bf. und ihrem verstorbenen Ehegatten erworben. Zum Zeitpunkt des Erbanfalles an die Bf. war der Hälfteanteil des Verstorbenen mit einem Veräußerungsverbot des Landes ***9*** sowie mit Pfandrechten der ***10*** und des Landes ***9*** belastet.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus dem Abhandlungsprotokoll und dem sonstigen Akteninhalt.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Strittig ist die Abzugsfähigkeit der Kosten eines Grabsteines in Höhe von 5.600,00 € als außergewöhnliche Belastung.

Bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein (Abs. 2), zwangsläufig erwachsen (Abs. 3) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Sie darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Primäre Tatbestandsvoraussetzung für § 34 EStG 1988 ist das Vorliegen einer Belastung, also einer Vermögensminderung bei der Bf. Eine außergewöhnliche Belastung liegt nicht vor, soweit ihr eine Bereicherung gegenübersteht () bzw. Aufwendungen deshalb erwachsen, weil dem Steuerpflichtigen zu deren Deckung dienliches Vermögen zugekommen ist (). Von einer Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit kann nicht gesprochen werden, soweit eine Belastung in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einem Erwerb von Todes wegen steht und im Wert der übernommenen Vermögenssubstanz ihre Deckung findet ().

Für die Anerkennung von Begräbniskosten einschließlich der Kosten für die Errichtung eines Grabmals genügt es nicht, dass der Reinnachlass, also der Gesamtwert der Nachlassgegenstände abzüglich der Nachlassverbindlichkeiten, überschuldet ist. Denn wie das Finanzamt zutreffend ausgeführt hat, gehören diese Kosten gemäß § 549 ABGB zu den bevorrechteten Verbindlichkeiten des Nachlasses und sind deshalb vorrangig aus vorhandenen Nachlassaktiva zu bestreiten. Zudem sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe dazu ) für die Beurteilung der Frage, ob für den Erben durch Bezahlung der Begräbniskosten sowie der Kosten eines Grabmals eine "Belastung" eingetreten ist, sofern im Nachlass Liegenschaften enthalten sind, deren wirtschaftliche Werte (Verkehrswerte) und nicht die im Verlassenschaftsverfahren maßgeblichen Einheitswerte heranzuziehen.

Nach der unwidersprochen gebliebenen Feststellung des Finanzamtes betrug der Verkehrswert des geerbten Hälfteanteiles zum Zeitpunkt der Inventarerstellung jedenfalls mehr als 60.000,00 €. Da für das BFG kein Umstand erkennbar ist, diese klar nachvollziehbare, obig wiedergegebene Ermittlung des Verkehrswertes in Zweifel zu ziehen, finden die Begräbniskosten in Höhe von 7.600,00 € einschließlich der Kosten für die Errichtung eines Grabmals in Höhe von 5.600,00 € in den Nachlassaktiva von insgesamt zumindest 61.855,00 € (Verkehrwert des geerbten Hälfteanteiles plus Bankguthaben von 1.854,63 €) jedenfalls Deckung.

Hinzu kommt, dass die in den Nachlassverbindlichkeiten enthaltenen Todfallskosten von 8.013,00 € in Höhe von 6.000,00 € durch eine Sterbeversicherung abgedeckt wurden. Auch wenn die Versicherungssumme im Verlassenschaftsverfahren bei Ermittlung der Nachlassaktiva und -passiva nicht zu berücksichtigen war, können die Todfallskosten im Veranlagungsverfahren nur insoweit als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden, als sie weder von der Sterbeversicherung abgedeckt waren (siehe dazu z.B. Jakom/Peyerl EStG, 2019, § 34 Rz 90, Stichwort "Begräbniskosten") noch in den Nachlassaktiva Deckung finden.

Wie obig dargelegt wurde, war der Hälfteanteil des Verstorbenen zum Zeitpunkt des Erbanfalles an die Bf. mit einem Veräußerungsverbot des Landes ***9*** sowie mit Pfandrechten der ***10*** und des Landes ***9*** belastet. Diesem Umstand kommt mangels eines Belastungsverbotes nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe dazu , bezüglich der Anerkennung von Pflegekosten als außergewöhnliche Belastungen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einem Erwerb von Todes wegen) nur dann Relevanz für die Anerkennung der Kosten des Grabmals als außergewöhnliche Belastung zu, wenn der Verkehrswert des geerbten Hälfteanteiles (mindestens 60.000,00 €) einschließlich der sonstigen Nachlassaktiva (Bankguthaben in Höhe von insgesamt 1.854,63 €) geringer ist als die Nachlasspassiva (Hypothekarschulden von 45.947,48 € plus Todfallskosten von 8.013,29 € abzüglich der Versicherungssumme von 6.000,00 € aus der Sterbeversicherung plus Kosten für das Grabmal in Höhe von 5.600,00 € ergibt 53.560,77 €).

Da im Beschwerdefall bei Ansatz von Verkehrswerten die Nachlassaktiva die Nachlasspassiva eindeutig übersteigen, können mangels einer "Belastung" bzw. einer wesentlichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit die Kosten für das Grabmal in Höhe von 5.600,00 € nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden (vgl. , 98/15/0201, mwN, sowie ).

Zu berücksichtigen ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe dazu , sowie ) in diesem Zusammenhang auch, dass bloße Pfandrechte und ein damit verknüpftes Veräußerungsverbot nicht die Möglichkeit einer (weiteren) pfandrechtlichen Belastung des geerbten Hälfteanteiles der Eigentumswohnung zur Finanzierung der Grabsteinkosten hindern.

Dem Beschwerdebegehren konnte somit aus obigen Gründen nicht Folge gegeben werden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Bei der Beurteilung, ob die Kosten eines Grabmals als außergewöhnliche Belastungen Berücksichtigung finden können, folgt das BFG der im Erkenntnis zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG wird durch das vorliegende Erkenntnis somit nicht berührt. Eine (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.

Gesamthaft war somit wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.1100277.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at