Anteilsvereinigung iSd § 1 Abs. 3 GrEStG iZm einer KG
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/16/0082. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinR in der Beschwerdesache Bf, Bf_Adr, vertreten durch Stb, Adr_Stb, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Grunderwerbsteuer 2021, Steuernummer Bf_StNr, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
1. 2020 wurde der im Weiteren dargestellte Einbringungsvorgang einer Außenprüfung unterzogen.
Die vom Prüfer an den befassten Notar zur Ermittlung des Grundstückwertes als Bemessungsgrundlage gerichtete Anfrage blieb mit der Begründung unbeantwortet, dass gegenständlich eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2a mangels Vorliegen eines "neuen Gesellschafters" nicht in Betracht komme, und § 1 Abs. 3 ausschließlich auf Kapitalgesellschaften mit inländischen Kapitalgesellschaften zur Anwendung gelange. Aus diesen Gründen sei unter Pt. 6. des Einbringungsvertrages vom Dat_2020 festgehalten worden, dass der hier in Rede stehende Einbringungsvertrag grunderwerbsteuerfrei sei. Die Vorlage des Grundstückswertes an die Finanzbehörde sei somit entbehrlich.
Erst nachdem dem Notar die gegenläufige Rechtsansicht der Abgabenbehörde nochmals explizit dargelegt wurde, erfolgte die Bekanntgabe des Grundstückswertes.
2. Mit Bescheid vom wurde gegenüber der Beschwerdeführerin (Bf) Bf (damals noch: Bf_alt GmbH) iZm dem mit A X am Dat_2020 geschlossenen Einbringungsvertrag über deren Gesellschaftsanteil an der X_KG (nunmehr: X_GmbH_Co_KG) Grunderwerbsteuer iHv € 21.883,26 festgesetzt.
3. In der Beschwerde vom wurde beantragt, die Beschwerde gem. § 262 Abs. 2 lit. a BAO ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung direkt dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.
Begründend wurde zunächst zum Sachverhalt ausgeführt, dass Frau A X aufgrund des notariellen Einbringungsvertrages vom Dat_2020 ihre 20%ige Beteiligung an der X_KG mit dem Sitz in S in die Bf_alt GmbH mit Sitz in S eingebracht habe. Die GmbH sei seit dem Jahr 2009 zu 80 % an der KG als Kommanditistin beteiligt und daher als Altgesellschafterin iSd § 1 Abs. 2a GrEStG zu qualifizieren. Die GmbH halte selbst keine inländischen Grundstücke in ihrem Vermögen. Das Hotel Hotel_X befinde sich im zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum der KG.
Die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer sei ohne gesetzliche Deckung erfolgt. Eine Grunderwerbsteuerpflicht nach § 1 Abs. 2a GrEStG scheide aus, da die Bf bereits länger als fünf Jahre Gesellschafterin der KG sei.
Eine Anwendung des § 1 Abs. 3 GrEStG auf Personengesellschaften sei ausdrücklich ausgeschlossen. Die beschwerdeführende GmbH halte seit der Einbringung durch A X 100 % am Vermögen der KG, habe aber in ihrem Vermögen keine inländischen Grundstücke. Die Bf sei zwar Kommanditistin der KG, bilde mit dieser jedoch keine Unternehmensgruppe. Eine Grunderwerbsteuer werde somit durch die Einbringung nicht ausgelöst.
Es sei so, dass § 1 Abs. 2a und § 1 Abs. 3 GrEStG bewusst und gewollt unterschiedliche Umgehungssperren für Personengesellschaften in Abs. 2a leg. cit. und für Kapitalgesellschaften in Abs. 3 leg. cit. verankern. Beide Bestimmungen erfassten nur Anteilsvereinigungen an Gesellschaften mit Grundbesitz, jedoch nicht bloß mittelbare Anteilsvereinigungen über den Erwerb von Anteilen an anderen Gesellschaften mit inländischen Grundstücken. Die einzige Ausnahme einer mittelbaren Anteilsvereinigung bestehe im Sonderfall einer Unternehmensgruppe nach § 1 Abs. 3 Z. 1 GrEStG iVm § 9 KStG. Eine solche Ausnahme liege im Beschwerdefall nicht vor.
4. Die Vorlage der Beschwerde erfolgte am .
II. Sachverhalt
1.1. Die Bf wurde mit Errichtungserklärung vom Dat_2005 von Frau B X als Alleingesellschafterin unter dem Namen Bf_alt GmbH gegründet.
Unter Pt. 4.3. der Errichtungserklärung ist festgehalten, dass die Stammeinlage von der Gesellschafterin einerseits durch Barzahlung von € 17.500,00 und andererseits durch Einbringung ihres Kommanditanteils mit einer Vermögenseinlage von ATS 510.000,00 an der X_KG nach Maßgabe des Punktes 5 "Sacheinlagevertrag" geleistet werde.
Unter Pt. 5. Ist festgehalten, dass die unter Pt. 4.3. dargestellte Sacheinlage zum Zweck der Fortführung der Kommanditgesellschaft der X_KG erfolge.
1.2. Zum Dat_2020 waren A X mit einer Stammeinlage von € 19.687,50 und CX mit einer Stammeinlage von € 15.312,50 Gesellschafter der beschwerdeführenden GmbH.
2.1. Die 1997 gegründete X_KG (ab Dat_2020: X_GmbH_Co_KG - Anm.) ist seit 1998 grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft KG_S, auf welcher sich das Hotel Hotel_X befindet.
2.2. Die beschwerdeführende GmbH ist seit als Kommanditistin der X_KG im Firmenbuch eingetragen.
2.3. Bis zum Dat_2020 war die Bf Kommanditistin der KG mit einem Anteil von 80 %. Komplementärin war A X mit einem Anteil von 20 %.
Mit Zusammenschlussvertrag vom Dat_2020 trat die C_GmbH als unbeschränkt haftende Gesellschafterin in die KG ein. Dieser Eintritt erfolgte als reine Arbeitsgesellschafterin ohne Beteiligung an Vermögen oder einem allfälligen Liquidationserlös.
Mit Einbringungsvertrag vom selben Datum brachte A X zum Stichtag ihren Anteil an der KG in die beschwerdeführende GmbH ein; die Bf ist somit seit diesem Zeitpunkt Kommanditistin der KG mit einem Anteil von 100 %.
Unter Punkt Erstens (Rechtsverhältnisse) des Einbringungsvertrages ist ua festgehalten:
Mit notariellem Zusammenschlussvertrag vom Dat_2020 haben sich die X_KG mit dem Sitz in S und die C_GmbH mit dem Sitz in O gemäß Artikel IV UmgrStG in der derzeit geltenden Fassung unter Anwendung der abgabenrechtlichen Begünstigung dieses Gesetzes dadurch zusammengeschlossen, indem
a) die X_KG in steuerrechtlicher Hinsicht ihren Betrieb mit allen dazu gehörigen Rechten und Pflichten, Aktiven und Passiven auf der Grundlage der Zusammenschlussbilanz zum und unter Bedachtnahme auf den Umgründungsplan gemäß § 39 UmgrStG vom Dat_2020 in die übernehmende Gesellschaft überträgt (steuerrechtliche Fiktion) und
b) die C_GmbH als reine Arbeitsgesellschafterin ohne jedwede Vermögensbeteiligung der übernehmenden Gesellschaft beitritt,
und zwar ausschließlich gegen Gewährung von Gesellschafterrechten an der übernehmenden Gesellschaft mit der Firma X_KG mit dem Sitz in S, die durch diesen Zusammenschlussvorgang steuerrechtlich neu hervorgeht. Festgehalten wird, dass die zivilrechtliche Identität der X_KG durch diesen Zusammenschlussvorgang unverändert bleibt.
Punkt Zweitens (Einbringung und Rechtsübergang) des Einbringungsvertrages lautet wie folgt:
Die unbeschränkt haftende Gesellschafterin, Frau A X, bringt nunmehr ihre Beteiligung an der X_KG mit dem Sitz in S, wonach Frau A X als Gesellschafterin mit 20 % (zwanzig Prozent) am Gesamtvermögen und einem allfälligen Liquidationserlös der X_KG beteiligt ist, samt den anteiligen Ständen der fixen und variablen Kapitalkonten, als Sacheinlage mit allen Rechten und Pflichten auf der Grundlage der Einbringungsbilanz zum unter Bedachtnahme auf den Umgründungsplan gemäß § 39 UmgrStG vom Dat_2020 mit Wirkung auf den Ablauf dieses Stichtages in die Kommanditistin Bf_alt GmbH mit dem Sitz in S unter Fortführung der steuerlichen Buchwerte gemäß § 16 (1) UmgrStG ein und tritt hiemit die vorgenannte Gesellschaftsbeteiligung anteilsmäßig an die Bf_alt GmbH als Sachübernehmerin ab.
Frau A X scheidet zivil- und unternehmensrechtlich im Zuge der Eintragung dieses Einbringungsvorganges im Firmenbuch aus der Gesellschaft aus.
Die Bf_alt GmbH behält ihre Stellung als Kommanditistin der X_KG bei.
Die Bf_alt GmbH übernimmt diese Gesellschaftsbeteiligung der A X in ihr Eigentum.
Unter Punkt Sechstens (Kosten, Abgaben, Gebühren und Steuern) ist ua festgehalten, dass die Vertretung der X_KG und jene der Sacheinlegerin erklären, dass diese Einbringung nicht die Tatbestände der §§ 1 Abs. 2a und Abs. 3 GrEStG verwirkliche, sodass dieser Umgründungsvorgang grunderwerbsteuerfrei sei.
3. Durch die Einbringung des 20%-igen Anteils der Komplementärin A X in die zu 80 % beteiligte Kommanditistin, also die Bf, aufgrund des Vertrages vom Dat_2020, wurde der Tatbestand der Anteilsvereinigung gem. § 1 Abs. 3 Z. 1 GrEStG 1987 idF StRefG 2015/2016, BGBl I 118/2015, verwirklicht.
III. Rechtslage und Erwägungen
1. Der unter Pt. II.1 und II.2. dieses Erkenntnisses dargestellte Sachverhalt ist unstrittig. Zu beurteilen ist im Beschwerdeverfahren ausschließlich, ob dieser Sachverhalt unter einen der Tatbestände des § 1 Abs. 2a oder Abs. 3 GrEStG 1987 idF StRefG 2015/2016, BGBl I 118/2015, zu subsumieren ist.
2. Die genannten Bestimmungen lauten wie folgt:
§ 1 Abs. 2a GrEStG 1987:
Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück, unterliegt der Steuer eine Änderung des Gesellschafterbestandes dergestalt, dass innerhalb von fünf Jahren mindestens 95% der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen. Treuhändig gehaltene Gesellschaftsanteile sind dem Treugeber zuzurechnen. Ein inländisches Grundstück gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft, wenn sie das Grundstück durch einen Rechtsvorgang gemäß Abs. 1 oder Abs. 2 erworben hat.
§ 1 Abs. 3 GrEStG 1987:
Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer, soweit eine Besteuerung nach Abs. 2a nicht in Betracht kommt, außerdem:
1. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile am Gesellschaftsvermögen oder der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung mindestens 95% aller Anteile am Gesellschaftsvermögen oder der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein oder in der Hand einer Unternehmensgruppe gemäß § 9 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 vereinigt werden würden;
2. die Vereinigung von mindestens 95% aller Anteile am Gesellschaftsvermögen oder der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Z 1 vorausgegangen ist;
3. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung von mindestens 95% aller Anteile am Gesellschaftsvermögen oder der Gesellschaft begründet;
4. der Erwerb von mindestens 95% aller Anteile am Gesellschaftsvermögen oder der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Z 3 vorausgegangen ist.
Treuhändig gehaltene Gesellschaftsanteile sind dem Treugeber zuzurechnen. Ein inländisches Grundstück gehört zum Vermögen einer Gesellschaft, wenn sie das Grundstück durch einen Rechtsvorgang gemäß Abs. 1 oder Abs. 2 erworben hat.
3. Eine Grunderwerbsteuerpflicht nach Abs. 2a setzt voraus, dass innerhalb des in der Bestimmung genannten Fünf-Jahres-Zeitraumes (ab Anschaffung des Grundstücks) mindestens 95 % der Gesellschaftsanteile an der Personengesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, auf neue Gesellschafter übergehen. Die Bestimmung, die mit dem StRefG 2015/2016 eingeführt wurde, ist gem. § 18 Abs. 2p GrEStG 1987 mit in Kraft getreten. Gesellschafter, die bereits vor diesem Zeitpunkt Anteile gehalten haben, sind keine "neuen Gesellschafter" im Sinne der Bestimmung (Arnold in Arnold/Bodis [Hrsg], Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz 1987, § 1 GrEStG Rz 344f mwN).
Da die Bf bereits seit 2006 als Kommanditistin an der X_KG beteiligt ist und somit keine "neue Gesellschafterin" darstellt, scheidet eine Grunderwerbsteuerpflicht nach Abs. 2a jedenfalls aus.
4. Strittig ist im Beschwerdefall jedoch vor allem, ob die durch den Einbringungsvertrag vom Dat_2020 erfolgte Anteilsvereinigung an der KG eine Grunderwerbsteuerpflicht nach Abs. 3 auslöst.
4.1. Nach der Rechtslage vor dem StRefG 2015/2016 trat eine Grunderwerbsteuerpflicht gem. § 1 Abs. 3 GrEStG 1987 nur dann ein, wenn sämtliche folgenden Voraussetzungen erfüllt waren:
a) es mussten Anteile einer Gesellschaft vereinigt oder alle Anteile (nach ihrer Vereinigung) weiterübertragen werden,
b) Gegenstand der Vereinigung bzw. der Weiterübertragung mussten alle Anteile sein,
c) die Anteile mussten in einer Hand vereinigt oder aus dieser Hand weiterübertragen werden; als "eine Hand" galten auch die genannten "mehreren Personen", nämlich Unternehmen iSd § 2 Abs. 2 UStG 1994 (herrschende und abhängige Unternehmen - "Organschaft"),
d) zum Vermögen der Gesellschaft musste ein inländisches Grundstück gehören.
Den Erläuterungen zum StRefG 2015/2016 zufolge erachtete der Gesetzgeber eine Anteilsvereinigung iSd § 1 Abs. 3 GrEStG 1987 zum damaligen Zeitpunkt nur bei Vereinigung aller Anteile "in der Hand" eines Organkreises, also einer Organschaft iSd § 2 Abs. 2 UStG 1994, für denkbar. Daher komme der Tatbestand der Anteilsvereinigung im Allgemeinen nur bei Kapitalgesellschaften zur Anwendung (ErlRV 684 BlgNR XXV. GP, 34).
Vom Verwaltungsgerichtshof wurde ursprünglich die Ansicht vertreten, dass die Übernahme des Unternehmens durch den zuletzt verbleibenden Gesellschafter den Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG in seiner Stammfassung des BGBl I 140/1955 erfüllte. Von dieser Rechtsmeinung ist der Verwaltungsgerichtshof abgegangen, nachdem der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , G 14/64, die Wortfolge "oder in der Hand des Erwerbers und seines Ehegatten oder seiner Kinder" in § 1 Abs. 3 GrEStG 1955 als verfassungswidrig aufgehoben hatte. Es sei nunmehr so, dass § 1 Abs. 3 GrEStG auf Personengesellschaften (abgesehen von den dort bezeichneten Organschaftsverhältnissen) keinen praktischen Anwendungsbereich mehr habe. (Arnold in Arnold/Bodis [Hrsg], Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz 1987, § 1 GrEStG Rz 359 f unter Verweis auf sowie weitere Erkenntnisse zum Thema Anteilsvereinigung bei Personengesellschaften.)
Die genannte Kommentarstelle und die dort zitierte VwGH-Rechtsprechung beziehen sich auf Anteilsvereinigungen bei Personengesellschaften im Sinne von Anwachsungen gem. § 142 UGB. So lag beispielsweise der Entscheidung vom , 2149/75, der Sachverhalt zugrunde, dass nach dem Tod eines der beiden je zur Hälfte beteiligten Gesellschafter (Ehegatten) die Gesellschaft schon nach dem Gesellschaftsvertrag mit dem Tod eines der Gesellschafter aufgelöst sein sollte. Der Verwaltungsgerichtshof hielt dazu Folgendes fest:
Der Verwaltungsgerichtshof ist daher der Auffassung, dass der Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG seit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Zl. G 14/64, heute auf Personengesellschaften - von den dort bezeichneten Organschaftsverhältnissen abgesehen - keinen praktischen Anwendungsbereich hat.
Eine Vereinigung aller Anteile einer Gesellschaft setzt, wie dies bei der Kapitalgesellschaft als juristischer Person der Fall ist, schon begrifflich das Fortbestehen sowohl der Gesellschaft als auch das Fortbestehen der Gesellschaftsanteile voraus. Die liquidationslose Übernahme der OHG durch einen der Gesellschafter bewirkt aber die Beendigung der Gesellschaft und den Untergang der Beteiligung an ihr.
4.2. Vor dem StRefG 2015/2016 setzte eine Anteilsvereinigung voraus, dass tatsächlich sämtliche Anteile an einer Gesellschaft in einer Hand vereinigt wurden. Solange sich jedoch mindestens ein weiterer Anteil an der Personengesellschaft in der Hand eines anderen Gesellschafters befand, auch wenn dieser weitere Anteil nicht mit einer wertmäßigen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen verbunden war, lag keine Anteilsvereinigung iSd § 1 Abs. 3 GrEStG 1987 vor (Sulz, RdW 1996, 136 unter Hinweis auf BFH , II R 68/92; ebenso Kauba in RdW 2005, 585).
Diese strenge Voraussetzung ist mit dem StRefG 2015/2016 gefallen. Nunmehr genügt bekanntlich eine Vereinigung von mindestens 95 % der Anteile an einer Gesellschaft in einer Hand für die Verwirklichung eines der Tatbestände des § 1 Abs. 3 GrEStG 1987.
Nichts Anderes kann gelten, wenn durch ein Rechtsgeschäft 100 % der Anteile (am Gesellschaftsvermögen) in der Hand eines der Gesellschafter vereinigt werden, und der zweite Gesellschafter ein reiner Arbeitsgesellschafter ohne wertmäßige Beteiligung am Gesellschaftsvermögen ist.
Durch die Einbringung des Gesellschaftsanteiles an der KG von A X in die Bf hat somit eine Anteilsvereinigung iSd § 1 Abs. 3 Z. 1 GrEStG 1987 stattgefunden.
5. Unverständlich ist das Beschwerdevorbringen, wonach die Bf selbst in ihrem Vermögen keine inländischen Grundstücke halte, da sie zwar Kommanditistin der X_KG sei, mit dieser aber keine Unternehmensgruppe bilde.
Die Grunderwerbsteuerpflicht des § 1 Abs. 3 GrEStG 1987 wird gegenständlich durch die Vereinigung der Anteile an der X_KG, in deren Vermögen sich ein inländisches Grundstück befindet, in der Hand der Bf ausgelöst. In der Beschwerde heißt es wörtlich: "§ 1 Abs. 2a und § 1 Abs. 3 GrEStG erfassen nur Anteilsvereinigungen an Gesellschaften mit Grundbesitz, jedoch nicht bloß mittelbare (indirekte) Anteilsvereinigungen über den Erwerb von Anteilen an anderen Gesellschaften mit inländischen Grundstücken. Die einzige Ausnahme einer mittelbaren Anteilsvereinigung besteht im Sonderfall einer Unternehmensgruppe nach § 1 Abs. 3 Z. 1 GrEStG in Verbindung mit § 9 KStG."
Das Vorliegen einer Unternehmensgruppe iSd § 9 KStG 1988 wurde zu keinem Zeitpunkt behauptet; eine Anteilsvereinigung betreffend die Bf selbst hat anlässlich der Einbringung aufgrund des Vertrages vom Dat_2020 nicht stattgefunden.
Im Übrigen hätte eine solche Anteilsvereinigung keine Grunderwerbsteuerpflicht ausgelöst, da, und insofern ist der Bf beizupflichten, eine bloß mittelbare Anteilsvereinigung über den Erwerb einer Gesellschaft, die wiederum Eigentümerin einer Gesellschaft mit Liegenschaftsbesitz ist, nicht unter § 1 Abs. 3 GrEStG 1987 fällt (Loser/Urtz, ÖStZ 2018, 405ff).
Tatsächlich hat im Beschwerdefall eine Vereinigung von Anteilen an einer Gesellschaft mit Liegenschaftsbesitz, der X_KG, in der Hand eines der Gesellschafter, nämlich der Bf, stattgefunden und verwirklicht dieser Sachverhalt den Tatbestand des § 1 Abs. 3 (Z. 1) GrEStG 1987.
6. In der Beschwerde kommt die Rechtsansicht zum Ausdruck, dass § 1 Abs. 2a GrEStG 1987 ausschließlich für Personengesellschaften, und Abs. 3 leg. cit ausschließlich für Kapitalgesellschaften zur Anwendung gelangen könne.
Richtig ist, dass Abs. 2a schon seinem Wortlaut nach ausschließlich auf Personengesellschaften abstellt.
In Abs. 3 heißt es: "Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer, soweit eine Besteuerung nach Abs. 2a nicht in Betracht kommt, außerdem: (…)
In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum StRefG 2015/2016 (ErlRV 684 BlgNR XXV. GP, 34) wurde Folgendes festgehalten:
"Derzeit werden Personengesellschaften - ebenso wie Treuhänderkonstruktionen bei Kapitalgesellschaften - eingesetzt, um die Grunderwerbsteuerpflicht zu vermeiden, indem anstelle von Grundstücken (Substanz-)Anteile an der grundstücksbesitzenden Personengesellschaft steuerfrei übertragen werden.
Es soll ein neuer Erwerbstatbestand aufgenommen werden, der dann zum Tragen kommt, wenn sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterstand einer Personengesellschaft dahingehend ändert, dass mindestens 95 % der unmittelbar gehaltenen Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen oder dem Treugeber treuhändig gehaltene Anteile zuzurechnen sind. Die Einführung der 95%-Grenze soll weiters bewirken, dass künftig Anteilsvereinigungen gem. § 1 Abs. 3 auch bei Personengesellschaften denkbar sein sollen. Damit soll ein Gleichklang mit den Tatbeständen bei Kapitalgesellschaften geschaffen werden. Wird durch einen Rechtsvorgang sowohl der Tatbestand des § 1 Abs. 2a als auch jener des § 1 Abs. 3 erfüllt, dann soll klargestellt werden, dass vorrangig der Tatbestand des § 1 Abs. 2a zum Tragen kommt."
Dem folgend: "Bei Personengesellschaften kann die Übertragung von Anteilen grundsätzlich sowohl den Tatbestand des § 1 Abs 2a als auch jenen des § 1 Abs 3 GrEStG idF StRefG 2015/2016 erfüllen" (Arnold in Arnold/Bodis [Hrsg], Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz 1987, § 1 GrEStG Rz 349b).
Somit ist die in der Beschwerde vertretene Rechtsansicht nicht nur nicht dem Wortlaut des Gesetzestextes zu entnehmen, sondern hat der Gesetzgeber in den zitierten Erläuterungen unmissverständlich einerseits zum Ausdruck gebracht, dass § 1 Abs. 3 GrEStG 1987 sowohl für Personen- als auch Kapitalgesellschaften anwendbar ist, und andererseits im Falle einer Konkurrenz (lediglich) den Vorrang des Abs. 2a normiert.
7. Gemäß § 9 Z. 3. lit. b GrEStG 1987 ist bei der Vereinigung von mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen oder einer Gesellschaft in der Hand des Erwerbers derjenige Steuerschuldner der Grunderwerbsteuer, in dessen Hand die Anteile vereinigt werden.
Der Bf war daher im Beschwerdefall die Grunderwerbsteuer als Steuerschuldnerin vorzuschreiben.
8. Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Grunderwerbsteuer bei Vorgängen gemäß § 1 Abs. 2a und 3, sowie ua bei Vorgängen nach dem Umgründungssteuergesetz immer vom Grundstückswert zu berechnen. Sie beträgt in solchen Fällen gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 lit. c GrEStG 1987 0,5 % der Bemessungsgrundlage.
Der Grundstückswert als Bemessungsgrundlage wurde im Beschwerdeverfahren durch den mit dem Vertragswerk (siehe Pt. II. dieses Erkenntnisses) befassten Notar zur Verfügung gestellt. Dass die Bemessungsgrundlage allenfalls unrichtig sein könnte, wurde in der Beschwerde nicht eingewendet. Es besteht nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes kein Anlass, den vom Notar ermittelten Grundstückswert anzuzweifeln.
Unzulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage war im Beschwerdefall nicht zu lösen. Die Rechtsfolge des hier verwirklichten Sachverhaltes ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 Abs. 3 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 18 Abs. 2p GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 142 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897 § 1 Abs. 3 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 1 Abs. 2a GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Hirschler/Sulz/Oberkleiner in SWK 28/2021, 1277 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100233.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at