Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten bei einem minderjährigen Kind am Familienwohnsitz
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2021/15/0037. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.
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RV/3100618/2018-RS1 | Aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2016/13/0016 lässt sich nicht schließen, dass allein der Umstand, dass der andere (Ehe)Partner am Familienwohnsitz ein minderjähriges, unterhaltsberechtigtes Kind betreut, das dort einen Kindergarten bzw. eine Pflichtschule besucht und in das dort bestehende soziale Netzwerk eingebunden ist, zu einer Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Arbeitsort des (Ehe)Partners führt. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. A in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerden vom , und gegen die Bescheide des Finanzamtes Innsbruck (nunmehr Finanzamt Österreich) vom , und betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2016 bis 2018 (Steuernummer xx xxx/xxxx) zu Recht erkannt:
Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2017 und 2018 werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2017 und 2018 bleiben unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
1. Verfahrensgang
1. In der am eingereichten elektronischen Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 machte der Beschwerdeführer (kurz: Bf), der seit dem Jahr 2004 in Wien als Dienstnehmer tätig ist und an der oben angegebenen Adresse in Innsbruck gemeinsam mit seiner Ehefrau und einer minderjährigen Tochter von damals sechs Jahren wohnhaft ist, wie in den vergangenen Jahren im Rahmen seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Ausgaben für eine doppelte Haushaltsführung sowie für Familienheimfahrten als Werbungskosten geltend. Für die doppelte Haushaltsführung wies er in seiner Erklärung Ausgaben von 9.117,33 EUR für die für Familienheimfahrten von 1.835,20 EUR aus.
2. In dem am nach Durchführung eines Vorhalteverfahrens erlassenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 erkannte das Finanzamt die geltend gemachten Kosten für die doppelte Haushaltsführung und für die Familienheimfahrten nicht an und begründete dies damit, dass nach dem Vorbringen des Bf seine Ehefrau nur bis 2012 beruflich tätig gewesen sei. Damit würden nur private Gründe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes vorliegen. Bei den geltend gemachten Kosten handle es sich somit um nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung nach § 20 EStG 1988.
3. In der mit Eingabe vom erhobenen Beschwerde führte der Bf aus, abgesehen von seiner beruflichen Tätigkeit in Wien unterhalte er in Innsbruck als verheirateter Steuerpflichtiger mit seiner Ehefrau und der gemeinsamen Tochter einen Hausstand, der seit Jahren den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen bilde. Die Familie sei dort hauptgemeldet. Bei der Wohnung handelt es sich um eine familiengerechte Eigentumswohnung. Die Wohnung steht seit dem Jahr 2010 in seinem Eigentum. Die Familie, insbesondere seine Tochter, sei fest in das soziale Netzwerk in Tirol (Großfamilie, Verwandtschaft; Kindergarten/Volksschule) eingebunden. Die Bewahrung des familiären Umfeldes und die Beibehaltung der Eigentumswohnung seien für ihn und seine Gattin von entscheidender Bedeutung.
Die Tochter habe von Herbst 2014 bis zum Sommer 2017 durchgehend den öffentlichen Kindergarten in Innsbruck/L M besucht. Grundsätzlich sei ihnen wichtig, dass ihre Tochter in einem völlig normalen Umfeld aufwachsen und sich entwickeln könne. Dazu zähle insbesondere die Möglichkeit, sie in ortsübliche, öffentliche Bildungseinrichtungen schicken zu können, welche Werte, Sprache und Kultur vermitteln, die in Tirol allgemein üblich seien. In Innsbruck würden ihnen mit dem Kindergarten und der Volkschule in L M zwei öffentliche Bildungseinrichtungen fußläufig zur Verfügung stehen. Ihre Tochter sei im Kindergarten bestens sozial integriert und sei es nun weiterhin in der Volkschule L M, wobei die Schulklasse großteils ident mit der ehemaligen Kindergartengruppe sei. Ein wichtiger Aspekt sei zudem, dass sich der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund sowohl im Kindergarten als auch in der Volkschule in Grenzen halte.
Einem Bericht des Integrationsfonds zufolge seien bereits im Jahr 2014, also noch lange vor der Flüchtlingsbewegung im Jahr 2015, bereits mehr als 25 Prozent der Kinder in den Kinderbetreuungseinrichtungen aus nicht deutschsprachigen Familien gewesen. Diese Zahlen seien seit 2015 massiv gestiegen, vor allem in Wien, da dort der Zuzug von Migranten naturgemäß am höchsten sei. Würde er mit seiner Familie nach Wien ziehen, müsste er aufgrund der dortigen demografischen Ausgangssituation jedenfalls eine private Bildungseinrichtung in Betracht ziehen, was mit erheblichen Mehrkosten verbunden wäre. Vergleichsweise sei der Kindergarten in Innsbruck grundsätzlich halbtags von 3 bis 6 Jahren kostenlos, was eine wesentliche finanzielle Entlastung bedeutet. Seinen Recherchen im Internet zufolge würden sich die Kosten für einen Privatkindergarten in Wien auf ca. 200 bis 300 EUR im Monat jeweils excl. einmaligen Einschreibegebühren in der Höhe von ca. 300 EUR belaufen. Die Kosten für einen Privatkindergarten würden für ihn jedenfalls eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung darstellen.
Zu seiner beruflichen Situation führte der Bf aus, es sei nicht seine Intention, auf Dauer in Wien zu arbeiten und er versuche seit Jahren in Tirol wieder beruflich Fuß zu fassen. Er lebe in Wien in einer Kleinwohnung in Miete. In Wien eine Eigentumswohnung zu kaufen habe er daher nie in Betracht gezogen. Die Tatsache, dass er in Wien eine Wohnung angemietet habe, untermauere sein Bestreben für eine jederzeitige Rückkehr nach Tirol flexibel sein zu können. Die Wohnung am Dienstort in Wien werde von ihm ausschließlich zu beruflichen Zwecken genutzt. Es handle sich um eine 2-Zimmer-Kleinwohnung mit ca. 55 qm. Diese Wohnung wäre für die ganze Familie jedenfalls ungeeignet. Für diese Wohnung bestehe eine rein berufliche Veranlassung.
Seine Jobsituation habe sich wie folgt entwickelt: Nach einer Anstellung in der Privatwirtschaft sei er von 2002 bis 2004 beim AMS gemeldet gewesen und habe aufgrund des geringen Jobangebotes schlussendlich von Tirol nach Wien ausweichen müssen. 2010 habe sich seine familiäre Situation mit der Geburt seiner Tochter nachhaltig verändert. Bis heute versuche er daher, in Tirol beruflich wieder Fuß zu fassen, wobei er aufgrund seiner familiären Verpflichtung und auch aufgrund seines Alters, sein aufrechtes Dienstverhältnis beim Bund grundsätzlich beibehalten möchte, bzw. vorzugsweise an einer Anstellung im öffentlichen bzw. öffentlich-nahen Bereich interessiert sei. Bis dato sei es ihm leider nicht gelungen, eine entsprechende Tätigkeit in Tirol aufzunehmen. Die Hauptgründe lägen insbesondere an der im Vergleich zu Wien grundsätzlich geringen Anzahl von Bundesstellen in Tirol und der damit verbundenen großen Konkurrenz an Bewerbern. Die beigelegten 18 Absagen beträfen repräsentative Bewerbungen seit dem Jahr 2009 und würden seine entsprechenden Bemühungen für eine berufliche Rückkehr nach Tirol dokumentieren. Insbesondere hervorheben möchte er dabei die Absagen für seine Bewerbungen für das BMF im Jahr 2011, für das X-Gericht im Jahr 2013 und für das Y-Gericht/Z Innsbruck im Jahr 2016, welche jeweils mit mehreren Auswahlstufen und Hearings verbunden gewesen seien. Entsprechende Bemühungen bei der Stadt XX (2014 und 2016), der Stadt YY., der ZZkammer (2010, 2012 und 2016), dem BBamt, dem CC Tirol (2011 und 2012), der Tiroler DD (2011 und 2012), beim Tiroler EE, den FF Innsbruck, oder dem GG Tirol seien bislang leider nicht erfolgreich gewesen. Für ihn stelle sein Rückkehrwille daher einen erheblichen Grund dar, seinen Familienwohnsitz in Tirol beizubehalten. Aus diesem Grund sei es für ihn weder sinnvoll noch zumutbar, das Eigenheim in Innsbruck aufzugeben und die Familie nach Wien zu übersiedeln.
Als weiteres Argument für die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Verlegung des Wohnsitzes brachte er vor, nachdem er mit seiner Familie in Innsbruck in einer abgezahlten Eigentumswohnung lebe, habe er insofern eine günstige Unterkunft, als die fortlaufenden Mietkosten wegfallen würden. Aufgrund der beruflichen Veranlassung habe er in Wien eine Kleinwohnung gemietet. Es wäre für ihn weder sinnvoll noch zumutbar, das Eigenheim in Innsbruck aufzugeben und die Familie nach Wien zu übersiedeln, weil er sich in Wien nach einer familienadäquaten Wohnung in einer mit Innsbruck vergleichbaren Lage umsehen müsste, was aufgrund der gestiegenen Immobilien- bzw. Mietpreise mit erheblichen Mehrkosten verbunden wäre, die sich jedenfalls außerhalb seiner finanziellen Möglichkeiten bewegen würden. Die Wohnung in Innsbruck sei 25 Jahre alt und mittlerweile sanierungsbedürftig. Er müsste im Falle eines Verkaufs der Wohnung diese jedenfalls komplett sanieren. Die Sanierung müsste er über einen Kredit vorfinanzieren, weil er über die finanziellen Mittel einer derartigen Investition nicht verfüge. Eine Sanierung wäre aber in jedem Fall notwendig, um überhaupt einen entsprechenden Kaufpreis erzielen zu können.
Würde er sich in Wien um eine familienadäquate Wohnung umsehen, wäre dies aufgrund der seit der Finanzkrise 2008 in Wien massiv gestiegenen Immobilien- bzw. Mietpreise inkl. anfallende Maklergebühren und gesetzliche Nebenkosten mit Mehrkosten verbunden. Dies gelte zwar auch für Innsbruck, dennoch müsste er für eine mit Innsbruck/L M vergleichbare Lage in Wien mit erheblichen Mehrkosten rechnen. Eine entsprechende Internetrecherche über die renommierte Immobilienplattform "Immmobilien.net" habe ergeben, dass sich vergleichbare Wohnungen (inkl. Terrasse) in einem Rahmen von 400.000 EUR aufwärts bewegen würden. Derartige Summen würden sich für ihn jenseits seiner finanziellen Möglichkeiten bewegen.
Zur berufliche Situation seiner Ehefrau führte er aus, seine Ehefrau sei von 1994 bis 2012 als ***1*** (***2***) an der Universitätsklinik für ***3*** tätig gewesen, im speziellen sei sie am Aufbau des ***4*** beteiligt gewesen. Diese hochspezifische Tätigkeit dauerhaft in Teilzeit durchzuführen, wäre aufgrund der Personalstruktur (nur zwei Vollzeitstellen für ***2***) und der ganz eigenen Art des Arbeitsablaufes in einem solchen ***5*** nicht möglich gewesen. Der Versuch, mittels AMS eine Tellzeitstelle als ***2*** in einem anderen ***6*** zu finden, sei aufgrund des mangelnden Vorhandenseins ebensolcher Teilzeitangebote gescheitert.
Der entscheidende Punkt in den beruflichen Überlegungen seiner Ehefrau sei stets die bestmögliche Betreuung der Tochter gewesen, da er aufgrund seiner Ortsabwesenheit die Betreuung nicht einmal zum Teil übernehmen habe können. Daher habe seine Gattin eine berufliche Neuorientierung vorgenommen. Seit Herbst des Jahres 2013 betreibe sie eine eigene Homepage als Künstlerin (http://www.***7***/) und mit Jänner 2014 habe sie ihre Selbstständigkeit in diesem Bereich gestartet. Die künstlerische Tätigkeit umfasse Malerei und schriftstellerische Tätigkeiten. Die erfolgreiche berufliche Etablierung in diesem Bereich sei mit dem Vorhandensein eines effektiven Kontakte-Netzwerks in die Kunst- und Kulturszene verknüpft, welches ihr in Innsbruck jedenfalls zur Verfügung stehe. Daher sei Innsbruck bzw. Tirol als Lebensmittelpunkt für sie unabdingbar. Die künstlerische Tätigkeit seiner Ehefrau sei jedoch nach wie vor im Aufbau begriffen und erfordere die entsprechenden jahresüberschreitenden zeitintensiven Bemühungen (zB. Verlagsuche, Organisation von Vernissagen). Die Vorbereitungen zu den einzelnen Projekten seien jeweils über die Jahre seit 2012 erfolgt. Folgende Projekte (mit Tiroler Künstlern) hätten bereits stattgefunden, weitere seien geplant bzw. bereits zugesagt:
2014: Vernissage ***8*** Innsbruck,
2015: Lesebühne H:
2017: "JJ,
Ausstellung in der Galerie KK
2018: Ausstellung im Gemeindezentrum LL"
4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde hinsichtlich der hier strittigen Werbungskosten ab.
In der gesonderten Begründung wurde neben einer Darstellung des Verfahrensganges und der rechtlichen Grundlagen im Wesentlichen ausgeführt, eine unzumutbare Verlegung des Familienwohnsitzes zum Dienstort liege bei Einkünften der Ehefrau dann vor, wenn es sich dabei um steuerlich relevante Einkünfte handle, die bei der Verlegung des Familienwohnsitzes verloren gingen.
Da die Ehefrau des Bf im Beschwerdejahr 2016 (aus ihrer künstlerischen Tätigkeit) einen Verlust erklärt habe, lägen ihre Einkünfte nicht nur unter dem Grenzbetrag von 6.000 EUR, sondern seien im Verhältnis zu den Einkünften aus nichtselbstständigen Arbeit des Bf iHv ******* EUR sowohl steuerlich als auch für das Familieneinkommen nicht relevant. Der Verwaltungsgerichtshof habe dazu judiziert, dass die Einkünfte des am Familienwohnsitz tätigen Partners nachhaltig sein müssten, und nicht bloß von untergeordnetem Ausmaß.
Bezüglich des Aufbaues eines effektiven Kontakte-Netzwerkes der Ehefrau sei noch anzumerken, dass es nicht darauf ankomme, ob sie in Zukunft aufgrund des aufgebauten Netzwerkes in Innsbruck leichter steuerlich relevante Einkünfte mit ihrer selbstständigen Arbeit erzielen könne. Um Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung berücksichtigen zu können, sei entscheidend, ob die Ehefrau des Bf im beschwerdegegenständlichen Veranlagungsjahr 2016 steuerlich relevante Einkünfte erzielt habe. Dies sei nicht der Fall gewesen. Daher sei die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung grundsätzlich zumutbar.
Trotz dieses Umstandes könne die Verlegung des Familienwohnsitzes aus verschiedenen anderen Gründen unzumutbar sein. Zur Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes habe der Beschwerdeführer die soziale Integration der Tochter, der berufliche Wunsch wieder in Tirol Fuß zu fassen und die bereits abbezahlte Eigentumswohnung in Innsbruck aufgezählt.
Die höchstgerichtliche Rechtsprechung zähle den Schulbesuch eines Kindes, wenn die entsprechende Ausbildungsmöglichkeit am Beschäftigungsort gegeben sei, als persönliche Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes (siehe ). Wenn der Schulbesuch des Kindes als nicht berücksichtigungswürdig gehalten werde, dann sei dies bei einer Kindergarteneinrichtung erst recht der Fall.
Bezüglich der Mehrkosten aufgrund einer möglichen privaten Bildungseinrichtung sei anzumerken, dass Kinderbetreuungskosten bis höchstens 2.300 EUR pro Kind und Kalenderjahr als außergewöhnliche Belastung steuerlich absetzbar seien (siehe § 34 Abs. 9 EStG).
Das Hauptargument der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit sehe der Bf darin, dass die bereits abbezahlte Eigentumswohnung mittels Kreditaufnahme zuerst saniert werden müsste, um einen entsprechenden Kaufpreis zu erzielen. Gleichwertige Wohnungen in Wien seien laut einer Internetrecherche nicht finanzierbar.
Abgesehen davon, dass eine Wohnsitzverlegung nicht bedinge, dass die Eigentumswohnung zwingend veräußert werden müsse, sei eine Verlegung des Familienwohnsitzes nicht schon deshalb unzumutbar, weil der Bf am Familienwohnsitz eine Eigentumswohnung besitze. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stelle der Besitz eines Eigenheimes am bisherigen Arbeitsort keinen Grund für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung an den neuen Arbeitsort dar. Der Verwaltungsgerichtshof habe den Umstand, dass es sich beim Familienwohnsitz um ein Eigenheim handle, als einen Moment bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes gesehen (vgl. ). Eine Ausnahme liege vor, wenn der Verkauf des Eigenheims aufgrund der Lage in einem strukturschwachen Gebiet zu erheblichen Vermögenseinbußen führen würde, was in diesem Fall offenkundig nicht der Fall sei.
Es sei festzuhalten, dass die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort dann unzumutbar sei, wenn im gemeinsamen Haushalt Kinder wohnen und eine (Mit)Übersiedelung der gesamten Familie aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar sei. Im gegenständlichen Fall sei nicht ausreichend dargelegt worden, warum eine Übersiedelung von Innsbruck nach Wien aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich wäre. Die Wohnkosten seien in beiden Städten ähnlich hoch, je nachdem in welchem Bezirk in Wien eine Wohnung gekauft bzw. gemietet werde, seien die Wohnkosten sogar günstiger als in Innsbruck. Erhebliche Vermögenseinbußen seien auch bei einem möglichen, aber nicht zwingend notwendig Verkauf der Wohnung aufgrund der erheblichen Nachfrage nicht zu erwarten. Innsbruck liege in keinem strukturschwachen Gebiet. Die Veräußerung einer Wohnung in Tirol dürfte bei der derzeitigen Situation am Immobilienmarkt jedenfalls ohne größeren Wertverlust möglich sein.
Auch der Einwand der Sanierung per Kreditaufnahme sei nicht erfolgreich. Selbst wenn die Wohnung nicht verkauft und der Familienwohnsitz weiterhin erhalten bliebe, müssten zur gegebenen Zeit die erforderlichen Sanierungsarbeiten durchgeführt werden.
Zudem sei die vorgelegte Internetrecherche nicht ausreichend, um darzulegen, dass mit dem Erlös die Anschaffung einer adäquaten Wohnung am Beschäftigungsort unmöglich wäre. Einerseits sei anzumerken, dass der angestellte Vergleich des Bf hinke. Als adäquate Wohnung sehe er Dachterrassenwohnungen und Erstbezugswohnungen an. Laut seinen Angaben sei die Eigentumswohnung in Innsbruck 25 Jahre alt und sanierungsbedürftig. Er müsste Wohnungen in vergleichbaren Lagen und in einem vergleichbaren Zustand in Wien suchen und anschließend den Preis vergleichen. Es sei völlig unstrittig, dass eine sanierungsbedürftige Wohnung nicht mit einer Neubauwohnung zu vergleichen sei.
Andererseits sei die vorgelegte Internetrecherche nicht geeignet die tatsächlichen Wohnungspreise in Wien aufzuzeigen. Aus sieben ausgewählten Wohnungen aus einem einzigen Immobiliensuchportal könne keine aussagekräftige Aussage bezüglich des Marktpreises getroffen werden.
Aufgrund der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iHv ******* EUR bestehe aus Sicht der Abgabenbehörde kein Zweifel an der wirtschaftlichen Zumutbarkeit der Übersiedelung der dreiköpfigen Familie.
Auch wenn es das Ziel des Bf sei, wieder in Tirol beruflich Fuß zu fassen, so sei dem hinzuzufügen, dass der Bf seit dem Jahr 2004 in Wien als Bundes-Vertragsbediensteter arbeite. Allein aufgrund des seit 13 Jahren andauernden Dienstverhältnisses könne das Dienstverhältnis nicht als bloß vorübergehend qualifiziert werden. Es werde auch nicht behauptet, dass die auswärtige Tätigkeit befristet sei oder die Arbeitsstätte ständig gewechselt werden müsse.
Bezüglich des Rückkehrwillens sei anzumerken, dass sich die zahlreichen Bewerbungen, die der Bf in den letzten Jahren abgegeben habe, sich lediglich auf einen (kleinen) Teil des Arbeitsmarktes für Juristen beziehen würden. Es lägen keinerlei Bewerbungen für Stellenangebote aus dem privaten Bereich vor. Wenn der Rückkehrwille zum Familienwohnsitz wirklich so groß wäre, wie der Bf behaupte, dann müsse angenommen werden, dass er für jede juristische Stelle, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich in Tirol offen wäre. Dies sei offensichtlich nicht der Fall.
Des Weiteren stelle die soziale Verbundenheit mit Verwandten und Freunden keinen Grund dar, um die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung an den neuen Beschäftigungsort zu bejahen.
Aus der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen würden sich somit für das Streitjahr keine wirtschaftlich bedeutenden Gründe ergeben, die eine Beibehaltung des Familienwohnsitzes rechtfertigen würden. Die Nichtverlegung des Familienwohnsitzes erfolge aus Sicht der Abgabenbehörde aus privaten Gründen, es lägen somit nichtabzugsfähige Aufwendungen für die Lebensführung iSd § 20 EStG 1988 vor.
5. Im Vorlageantrag vom brachte der Bf ergänzend vor, der Arbeitsmarkt für Juristen in Tirol sei grundsätzlich extrem klein und dies seit vielen Jahren. Daher sollte es nachvollziehbar sein, dass er in seinem Alter als Verantwortung tragender Familienvater -seiner Situation entsprechend - abwäge, welchen Job er in Tirol annehme. Es scheine ihm daher legitim zu sein, dass er sich bei seiner Jobsuche, insbesondere wegen seiner langen Zugehörigkeit beim Bund, auf den öffentlichen bzw. öffentlichkeitsnahen Bereich fokussiere, weil es bei den Rahmenbedingungen keine wesentlichen Unterschiede gebe. Überdies sei ihm das Kündigungsrisiko als Familienvater bei bestimmten privaten Juristenjobs mitunter zu groß, als dass er dieses als unbefristet angestellter Vertragsbediensteter beim Bund eingehen möchte. Würde er andererseits bei einem Anwalt anheuern, könnte er sich dies wiederum aus finanziellen Gründen nicht leisten.
Weiters dürfe angemerkt werden, dass bei Juristenjobs im privaten Bereich (Unternehmen) heutzutage die abgelegte Rechtsanwaltsprüfung, über die er nicht verfüge, oft schon zwingende Voraussetzung sei.
Hinsichtlich seiner Wohnung am Familienwohnsitz führte er ergänzend aus, unabhängig davon, ob man aus einem strukturschwachen oder -starken Gebiet stamme, man habe dieselbe Option, nämlich "mieten oder kaufen am Beschäftigungsort zum gleichen Preis". Demjenigen, der aus einem strukturschwachen Gebiet stamme, würde man es nicht zumuten zu verkaufen, demjenigen aus einem strukturstarken Gebiet aber schon.
Dies sei insofern nicht nachvollziehbar, als am Beschäftigungsort die Wohnkosten für beide gleich hoch seien und die Verdienstmöglichkeiten ebenso, also kein Vorteil und Nachteil für beide. Gehe es darum, sich am Beschäftigungsort eine Wohnung zu finanzieren (zu kaufen) habe auf den ersten Blick derjenige aus einem strukturstarken Gebiet einen gewaltigen Vorteil, weil ihm offenbar mehr Geldmittel zur Verfügung stehen würden. Ob es sich beim Verkauf des Eigenheimes für denjenigen aus einem strukturschwachen Gebiet aber tatsächlich um reale erhebliche Vermögenseinbußen handle, erlaube er sich insofern infrage zu stellen, als das entsprechende Eigenheim im strukturschwachen Gebiet auch entsprechend weniger in der Anschaffung gekostet habe bzw. koste. Bei einem Wiederverkauf gebe es daher wahrscheinlich auch keinen realen Verlust, vielmehr würden die Regeln des Marktes gelten.
Auf der anderen Seite sei seiner Ansicht sehr wohl zu berücksichtigen, dass derjenige im strukturstarken Gebiet entsprechend mehr in sein Eigenheim investieren habe müssen. Wenn man dann bedenke, dass beide ihre jeweiligen Eigenheime mit demselben Verdienst finanzieren, sei es nicht logisch, warum derjenige aus einem strukturschwachen Gebiet den großen Vermögensnachteil haben sollte, nur, weil sein Eigenheim vergleichsweise weniger gekostet habe und eben entsprechend viel wert sei.
Den Moment der "persönlichen Vorliebe" für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes, wenn überhaupt, "genieße" nach gültiger Rechtslage nur jemand aus einem strukturschwachen Gebiet. Abgesehen davon, scheine die Anwendung des Terminus "persönliche Vorliebe" im Zusammenhang mit dem Terminus "Eigenheim" nicht passend. Was ein Eigenheim sei, liege in der Natur der Sache und dass man im Eigenheim auch leben wolle, sei eher als Normalfall als eine persönliche Vorliebe zu sehen. Auf den Punkt gebracht, jemandem aus Güssing würde nach geltender Rechtslage die doppelte Haushaltsführung zuerkannt, jemandem aus Innsbruck nicht. Das sei zum einen unlogisch und zum anderen eine Ungleichbehandlung.
Er halte somit seine gesamte Argumentationslinie weiterhin für einen sehr wesentlichen Grund, um die Kosten der doppelten Haushaltsführung und der Familienheimfahrten für das Jahr 2016 anerkannt zu bekommen.
6. Auch die in der Folge für die Jahre 2017 und 2018 vom Bf für die doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten beantragen Werbungskosten von 11.027,80 EUR (2017) und 10.805,85 EUR (2018) erkannte das Finanzamt in den am für das Jahr 2017 und am für das Jahr 2018 erlassenen Einkommensteuerbescheiden nicht an und verwies jeweils auf die oben wiedergegebene ausführliche Begründung zur Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2016.
Auch der Bf verwies seinerseits in den gegen diese Bescheide eingebrachten Beschwerden vom (betreffend Einkommensteuer für 2017) und (betreffend Einkommensteuer für 2018) auf sein bisheriges Vorbringen gegen den Einkommensteuerbescheid für 2016 und beantragte unter Verzicht auf die Erlassung von Beschwerdevorentscheidungen die Direktvorlage an das Bundesfinanzgericht.
7. Das Finanzamt hat die Beschwerden fristgerecht mit Vorlageberichten vom (betreffend Einkommensteuer für 2017) und (betreffend Einkommensteuer für 2018) dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
8. Mit Schreiben vom ist der Bf vom Bundesfinanzgericht ersucht worden, die dort näher angeführten Fragen zu beantworten und die bezugnehmenden Unterlagen vorzulegen. Diesem Ersuchen, ist der Bf mit Eingabe vom hinreichend nachgekommen.
9. Nachdem auch die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2017 und 2018 in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der ursprünglichen Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 stehen und daher nicht losgelöst voneinander zu betrachten sind, wurden diese in einer einzigen Entscheidung einer gemeinsamen Erledigung zugeführt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
II. Sachverhalt
10. Der Bf ist Jurist und seit dem Jahr 2004 als Vertragsbediensteter im Bundesministerium für ***10*** (BM) bzw. den Vorgängerministerien in Wien tätig. Das Dienstverhältnis ist unbefristet. Seit dem Jahr 2017 ist er in Teilzeit im Ausmaß von 80% einer Vollbeschäftigung tätig.
Neben seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit bezieht er seit dem Jahr 2016 aus einer im Jahr 2015 geerbten Liegenschaft in MM Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
11. Der Familienwohnsitz des Bf befindet sich in Innsbruck. Dort wohnt er mit Hauptwohnsitz seit dem Jahr 2000 und seit dem Jahr 2002 gemeinsam mit seiner Ehefrau und mit der im Jahr 2010 geboren Tochter Agnes in der von seinem Vater im Jahr 1992 als Neubauwohnung erworbenen und dem Bf mit Schenkungsvertrag vom xx2009 übertragenen Eigentumswohnung in der L-M-Gasse xxx. Bei der unentgeltlich erworbenen Eigentumswohnung handelt es sich um eine 3-Zimmer-Dachterassen-Wohnung mit einer Wohnfläche von ca. 75 m².
12. An seinem Arbeitsort in Wien wohnt er mit Nebenwohnsitz in der G-gasse 11. Die Wohnung weist eine Nutzfläche von ca. 56 m² auf und besteht aus Vorzimmer, 2 Zimmern, Küche, Badezimmer und WC. Der Mietzins (einschließlich Betriebskostenpauschale von rd. 75 EUR) beträgt 700 EUR/mtl. (inkl. USt). Für die wöchentlichen Familienheimfahrten benützt der Bf die Bahn zu einem ermäßigten Tarif. In den Streitjahren betrugen die Kosten für die doppelte Haushaltsführung wie aus den vorgelegten Belegen unstrittig hervorgeht 9.117,33 EUR (2016), 9.103,77 EUR (2017) 8.872,13 EUR (2018) und für die Familienheimfahrten 1.835,20 EUR (2016), 1.924,03 EUR (2017) und 1.933,72 EUR (2018).
Erstmals für die hier stritten Jahre wurden dem Bf die bereits in den vergangenen Jahren geltend gemachten Kosten für die doppelte Haushaltsführung und für die Familienheimfahrten vom Finanzamt nicht gewährt.
13. Die Tochter des Bf hat von Herbst 2014 bis zum Sommer 2017 den öffentlichen Kindergarten und ab Herbst 2017 die Volksschule in Innsbruck/L M besucht.
14. Die Ehefrau des Bf war bis zur Geburt ihrer Tochter Ende des Jahres 2010 am A.Ö. Landeskrankenhaus Innsbruck als ***1*** (***2***) tätig. Nach Ablauf des Karenzurlaubs nach dem MSchG im Jahr 2012 nahm sie die Tätigkeit am A.Ö. Krankenhaus Innsbruck nicht wieder auf, weil sie ihre Tochter, die als Einzelkind aufwächst, bestmöglich betreuen wollte und der Bf während der Arbeitswoche die Betreuung aufgrund seiner Ortsabwesenheit auch nicht zum Teil übernehmen konnte. Die Ehefrau des Bf hat sich in der Folge beruflich Neuorientiert und betreibt seit Herbst 2013 eine eigene Homepage als Künstlerin. Die künstlerische Tätigkeit umfasst Malerei und schriftstellerische Tätigkeit. In den Jahren 2014 bis 2018 erzielte sie aus dieser selbständigen Tätigkeit insgesamt bei Einnahmen von 2.600 EUR (2014. 900 EUR, 2015 bis 2017: 0 EUR, 2018: 1.700 EUR) und Ausgaben von 4.748,75 EUR (2014: 1.389 EUR, 2015: 245,05 EUR, 2016: 1.214,51 EUR, 2017: 817,13 EUR, 2018: 1.083,06 EUR) einen Verlust von 2.148,75 EUR (2014: -489 EUR, 2015: -245,05 EUR, 2016: -1.214,51 EUR, 2017: -817,13 EUR, 2018: +616,94 EUR).
Anfang September 2018 nahm sie die Tätigkeit am A.Ö. Krankenhaus Innsbruck in Teilzeit wieder auf erzielte daraus im Jahr 2018 Bruttobezüge (KZ 210) von 2.099,33 EUR.
15. Dieser unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus den Angaben des Bf und den von ihm vorgelegten Dokumenten und Belegen, dem Verwaltungsakt des Finanzamtes, aus Abfragen aus dem Grundbuch und Einsicht in deren Dokumentensammlung.
III. Rechtslage und Erwägungen:
16. Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.
17. Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden, was nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit a leg.cit. auch die Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung betrifft, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
18. Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e leg. cit. dürfen Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs)tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d angeführten Betrag übersteigen, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.
19. Die Beurteilung der geltend gemachten Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten bewegt sich somit im Spannungsverhältnis der zitierten Bestimmungen der §§ 16 und 20 EStG 1988.
20. Der VwGH hat in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, dass die Beibehaltung eines Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblich weiter Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen (vgl. uv. , ). Der Grund, warum Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten dennoch als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen solange als durch die Einkünfteerzielung veranlasst gelten, als dem Steuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann (vgl. etwa mwN; Zorn/Engelmann in Doralt et al, EStG19, § 4 Tz 347). Solche Ursachen müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektiven Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (vgl. etwa ). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, ob einem Arbeitnehmer zuzumuten ist, seinen Wohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen, nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (vgl. ). Nach einer gewissen Zeit ist es dem Steuerpflichtigen in aller Regel zumutbar, den Familienwohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen (Jakom/Lenneis EStG, 2021, § 16 Rz 56, Seite 915 f).
21. Die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes ist stets aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. zuletzt , mit Hinweisen auf die Vorjudikatur), ohne Belang ist, ob die Verlegung des Familienwohnsitzes bereits früher zumutbar gewesen ist oder nicht. Die Gründe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes sind daher jährlich von der Abgabenbehörde zu prüfen (Jakom/Lenneis EStG, 2021, § 16 Rz 56, Seite 914 f und die dort angeführte Judikatur).
22. Unstrittig ist, dass dem Bf die tägliche Rückkehr vom Beschäftigungsort an den Familienwohnort nicht zugemutet werden kann und er daher am Arbeitsort einen Wohnsitz begründen musste. Strittig ist lediglich, ob es ihm zugemutet werden konnte, den Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort zu verlegen.
23. Als einen der wesentlichen Gründe warum es dem Bf nicht zumutbar sei seinen Familienwohnsitz nach Wien zu verlegen, wird in der Beschwerdeschrift ausgeführt, dass er aufgrund seiner familiären Situation bis heute versucht habe, in Tirol beruflich wieder Fuß zu fassen, wobei er auf Grund seiner familiären Verpflichtungen und seines Alters sein Dienstverhältnis beim Bund beibehalten möchte bzw. am öffentlich nahen Bereich interessiert sei, es ihm aber bis dato nicht gelungen sei eine solche Anstellung zu bekommen.
24. Auch wenn sich der Bf nachweislich, wiederholt über Jahre um eine Stelle im öffentlichen Dienst oder öffentlich nahen Bereich in Tirol bemüht hat - letztmalig hat sich der Bf im Jahr 2016 bei drei Ausschreibungen um eine Stelle im öffentlichen Dienst in Tirol beworben - so reicht allein der Umstand, dass sich der Bf bemühte, einen angemessenen Arbeitsplatz in der Nähe des Familienwohnsitzes zu erlangen, nicht aus, um die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Arbeitsort zu begründen.
25. Ein zeitlich befristetes Dienstverhältnis, bei dem nach den Umständen des Einzelfalles von einer Rückkehr an den Hauptwohnsitz auszugehen und daher nur eine vorübergehende doppelte Haushaltsführung anzunehmen ist, das einen Wechsel des Familienwohnsitzes unzumutbar erscheinen ließe (vgl. ), liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. In diesem Zusammenhang ist überdies auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 90/14/0212 hinzuweisen, in dem er ausgesprochen hat, dass der bloße Wunsch nach einem Arbeitsplatz-/Arbeitsortwechsel bzw. die abstrakte Möglichkeit einer künftigen beruflichen Tätigkeit am Familienwohnsitz, die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Arbeitsort nicht unzumutbar macht.
26. Der Bf ist wie oben ausgeführt, seit dem Jahr 2004 in Wien in einem unbefristeten Dienstverhältnis. Eine Zusage eines potentiellen Arbeitgebers oder sonstige konkrete Umstände, die einen Arbeitsortwechsel im Nahbereich des Familienwohnortes in absehbarer Zeit mit hinreichender Sicherheit erwarten lassen, liegen im gegenständlichen Fall nicht vor. Auch der Bf behauptet nicht, dass ein Wechsel des Arbeitsortes tatsächlich in Aussicht stand, vielmehr betont er, dass es insbesondere aufgrund der im Vergleich zu Wien geringen Anzahl an Bundesstellen in Tirol und der damit verbundenen großen Konkurrenz an Bewerbern schwierig sei eine entsprechende Stelle zu bekommen.
Allein der Wunsch bzw. das Bemühen des Bf um eine Arbeitsstelle in Nahbereich seines Familienwohnsitzes, ohne dass ein Arbeitsortwechsel konkret bevorstand, lassen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den seit 2004 bestehenden Arbeitsort in Wien nicht unzumutbar erscheinen.
27. Einen weiteren Grund für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes erblickt der Bf auch darin, dass der Verkauf seiner Eigentumswohnung in Innsbruck und der Kauf einer familienadäquaten Wohnung zu einer erheblichen Vermögenseinbuße führen würde. Für eine vergleichbare Wohnung (inkl. Terrasse) in vergleichbarer Lage in Wien müsste er mit erheblichen Mehrkosten rechnen, die seine finanziellen Möglichkeiten übersteigen würden.
28. Nach dem vom Fachverband der Immobilen- und Vermögenstreuhänder der Wirtschaftskammer Österreich jährlich veröffentlichen Immobilien-Preisspiegel waren sowohl die Immobilienpreise für Neu- und Gebrauchtwohnungen als auch der Mietzins für Mietwohnungen in sehr guter Wohnlage bzw. mit sehr guten Wohnwert in Innsbruck in allen Beschwerdejahren höher als in Wien. So betrug zB. im Jahr 2016 der Preis in sehr guter Wohnlage für Wohnungen ab 60 m² Wohnnutzfläche in Innsbruck für Neubauwohnungen 5.520 EUR/m² und für gebrauchte Wohnungen 4.146 EUR/m² und in Wien im Durchschnitt aller Bezirke (mit Ausnahme des 1. Bezirkes) für Neubauwohnungen 4.842 EUR/m² und für gebrauchte Wohnungen 3.553 EUR/m². Im 5. Bezirk, in dem sich die Mietwohnung des Bf befindet, war der Preis für gebrauchte Eigentumswohnungen für Wohnungen in sehr guter Wohnlage und mit sehr guten Wohnwert mit durchschnittliche 2.712 EUR/m² sogar erheblich niedriger als in Innsbruck
29. Die Immobilienpreise für Wohnungen waren daher in Wien nicht unerheblich niedriger als in Innsbruck. Abgesehen davon hätte ein Wechsel des Familienwohnsitzes nach Wien - wie das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung zu Recht ausführt - auch nicht bedingt, dass der Bf seine Wohnung in Innsbruck verkaufen hätte müssen. Der Bf hätte in Wien ebenso (wie bereits bisher) eine Wohnung mieten und seine Wohnung in Innsbruck vermieten können. Auch der Mietzins für Wohnungen für welche die Mietzinsbegrenzungen gemäß § 16 Abs. 2 MRG nicht gelten, war in Wien niedriger als in Innsbruck. So betrug nach dem oben angeführten Immobilien-Preisspiegel 2016 der Mietzins für Wohnungen mit sehr guten Wohnwert in Innsbruck 12,10 EUR/m² und in Wien im Durchschnitt aller Bezirke (mit Ausnahme des 1. Bezirkes) 10,42 €, wobei ein Wert von 12,10 EUR/m² wie in Innsbruck nur im 19. Bezirk (Döbling) erreicht wurde.
Die Anmietung einer vergleichbaren Wohnung und die Vermietung der Wohnung in Innsbruck hätte unter den gegebenen Umständen für den Bf sogar einen finanziellen Vorteil gebracht, zumal er nur mehr eine Wohnung in Wien unterhalten hätte müssen.
30. Zum Einwand des Bf, wonach es eine Ungleichbehandlung sei, einem Steuerpflichtigen, der aus einem strukturschwachen Gebiet, wie zB. aus Güssing stamme und dort ein Einfamilienhaus oder einer Wohnung besitze nach geltender Rechtslage die Kosten der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten zuzuerkennen, hingegen jemandem wie ihm, der aus einem strukturstarken Gebiet aus Innsbruck stamme, diese zu verwehren, ist nur der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass es zu der vom Bf erhobene Behauptung weder eine rechtliche Grundlage noch eine höchstgerichtliche Rechtsprechnung gibt. Soweit der Bf einen solchen Schluss allenfalls aus der Rz 345 der Lohnsteuerrichtlinien ableiten sollte, ist dem entgegen zu halten, dass Erlässe oder Richtlinien des Bundesministers für Finanzen keine für das Bundesfinanzgericht maßgebende Rechtsquelle bilden (vgl. ua , mit weiteren Nachweisen).
31. Das einzige Kriterium für die Zuerkennung der Kosten der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten ist, ob dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Arbeitsort zumutbar ist, wobei bei dieser Beurteilung auch auf die durch den Wohnungswechsel allenfalls verursachten Vermögensnachteilte Bedacht zu nehmen ist.
Eine für den Bf erhebliche, nicht vertretbare Vermögenseinbuße, die eine Verlegung seines Familienwohnsitzes nach Wien für nicht zumutbar erscheinen lässt, liegt - wie oben aufgezeigt - im gegenständlichen Fall nicht vor.
32. Der Bf. begründet die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes auch mit der beruflichen Tätigkeit seiner Ehefrau als Künstlerin.
Berufstätigkeit des Ehepartners am Ort des Familienwohnsitzes hat der Verwaltungsgerichtshof mehrfach als Grund für die Unzumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung unter der Bedingung bejaht, dass der Ehepartner des Steuerpflichtigen aus seiner Berufstätigkeit nachhaltig Einkünfte nicht bloß untergeordneten Ausmaßes erzielt. Ist dieser Beitrag im Verhältnis zum Einkommen des Steuerpflichtigen vernachlässigbar, dann stellt die Berufstätigkeit des Ehepartners am Ort des Familienwohnsitzes - aus der Sicht des Steuerpflichtigen - keinen Grund für eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung dar (vgl. ).
33. Entscheidend ist somit das Gewicht des Beitrags der vom Ehepartner am Ort des Familienwohnsitzes erzielten Einkünfte zum Familieneinkommen der Eheleute und ob dieser Beitrag bei einer Verlegung des Familienwohnsitzes verloren ginge (Jakom/Lenneis EStG, 2021, § 16 Rz 56, Seite 917).
34. Wie der Bf in der Beschwerdeschrift ausführt, hat sich seine Ehefrau seit der Geburt der gemeinsamen Tochter beruflich umorientiert und versucht sich als Schriftstellerin und Malerin zu etablieren. Aufgrund der ihr in Innsbruck zur Verfügung stehenden Kontakte und Netzwerke in die Kunst- und Kulturszene, sei es für sie unabdingbar, den Lebensmittelpunkt in Innsbruck bzw. in Tirol beizubehalten.
35. Die Tätigkeit eines Künstlers ist in aller Regel nicht ortsgebunden. Es müssten daher besondere Gründe aufgezeigt und erwiesen werden, warum der Wohnsitz in Innsbruck für die künstlerische Tätigkeit der Ehefrau der Bf unabdingbar sein soll. Solche besonderen Gründe wurden vom Bf nicht aufgezeigt.
36. Wien als eine Kulturmetropole mit einer breiten, vielfältigen, lebendigen, innovative und unabhängige Kunst- und Kulturszene, bietet gerade für eine Künstlerin, die sich - wie der Bf ausführt - erst im Aufbau befindet, weit mehr Möglichkeiten Kontakte in diesem Bereich zu knüpfen als in Innsbruck. Tatsächlich dürfte die Bf auch Kontakte zur Wiener Kunst- und Kulturszene geknüpft habe, zumal sie in einem Schreiben an den Fischer Verlag in Frankfurt vom ausführt, wonach eine Vernissage in Wien im Jahr 2018 bereits in Planung sei und ergänzt: "Dabei kommt mir auch der Umstand zugute, durch die berufliche Tätigkeit meines Mannes in Wien, dort zusätzlich zu Innsbruck einen zweiten Fixstandort zu besitzen". Auch die Verlagsanfragen auf Veröffentlichung ihrer Manuskripte beziehen sich mit Ausnahme einer Anfrage alle auf Verlage mit Sitz außerhalb von Tirol. Das lässt nicht darauf schließen, dass ihre künstlerische Tätigkeit ortsgebunden ist.
Der Bf hat keinen überzeugenden Grund dafür vorgebracht, dass seine Ehefrau ihrer künstlerischen Tätigkeit nicht auch in Wien nachgehen könnte.
37. Aber selbst wenn, was hier nicht erwiesen worden ist, der Wohnsitz in Innsbruck für die künstlerische Tätigkeit der Ehefrau unabdingbar wäre, ist für den Bf nichts gewonnen. Für die Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung ist entscheidend, inwieweit die (ortsgebundenen) Einkünfte der Ehefrau des Bf am Familienwohnsitz für das Familieneinkommen von wirtschaftlicher Bedeutung sind.
38. Wie oben ausgeführt, hat die Ehefrau des Bf aus ihrer künstlerischen Tätigkeit in den Beschwerdejahren 2016 und 2017 nur Ausgaben erklärt. Lediglich im Jahr 2018 hat sie bei Einnahmen von 1.700 EUR positive Einkünfte aus selbständiger Arbeit von 616,94 EUR ausgewiesen. Der Beitrag der Ehegattin aus ihrer künstlerischen Tätigkeit zum Familieneinkommen ist daher vernachlässigbar.
39. Nachdem sich die Ehefrau des Bf seit Ende des Jahres 2010 vorwiegend der Betreuung ihrer minderjährigen Tochter gewidmet hat, hat sie im September 2018 ihre Tätigkeit aus nichtselbständiger Arbeit am A.Ö. Krankenhaus in Innsbruck in Teilzeit zwar wieder aufgenommen, dabei aber nur einen Jahresbruttobezug von 2.099,33 EUR bezogen.
40. Wie bereits oben ausgeführt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes und damit auch die Einkünfte des Ehepartners, stets aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen.
Die Gesamteinkünfte der Ehefrau des Bf waren in den Jahren 2016 und 2017 bei 0 EUR Einnahmen negativ und im Jahr 2018 betrugen sie (vor Abzug des Veranlagungsfreibetrages) nicht einmal 2.000 EUR. Sie erreichten damit in keinem der Beschwerdejahre eine steuerlich relevante Höhe. Ihr Beitrag zum Familieneinkommen lässt daher die Verlegung des Familienwohnsitzes nach Wien aus wirtschaftlicher Sicht nicht als unzumutbar erscheinen.
41. Als weiteren Grund für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes führt der Bf die Einbindung seiner von seiner Ehefrau betreuten Tochter in das soziale Netzwerk in Tirol (Kindergarten/Volksschule aber auch Verwandtschaft) an.
42. Der Umstand, dass die Tochter, die bis zum Sommer 2017 den Kindergarten und seit Herbst 2017 die Volksschule besucht, bei einer Verlegung des Familienwohnsitzes nach Wien auch den Kindergarten bzw. die Volksschule wechseln hätte müssen, macht die Wohnsitzverlegung nach Ansicht des Gerichtes nicht unzumutbar. Würde man aus diesem Grund eine Verlegung des Familienwohnsitzes für unzumutbar erachten, wäre selbst der Umzug innerhalb einer Stadt aufgrund von Bindungen in sozialen Netzwerken meist unzumutbar, zumal auch dort ein Wohnungswechsel für minderjährige Kinder meist auch einen Wechsel des Kindergartens oder der Schule mit sich bringt.
43. Dem Vorbringen, es sei ihm wichtig, dass seine Tochter in einem völlig normalen Umfeld aufwachse und sich entwickeln könne, wozu insbesondere die Möglichkeit zähle, sie in ortsübliche, öffentliche Bildungseinrichtungen schicken zu können, die Werte, Sprache und Kultur vermitteln, die in Tirol allgemein üblich seien, ist entgegen zu halten, dass auch in Wien gleichartige und gleichwertige Bildungseinrichtungen wie in Innsbruck bestehen. Warum seine Tochter nicht auch in Wien in einem normalen Umfeld aufwachsen und sich entwickeln kann, erschließt sich dem Gericht nicht. Ebenso wenig gibt es Anhaltspunkte dafür, wonach sich die an Wiener Kindergärten und Volkschulen vermittelten Werte, Sprache und Kultur von den in Tirol in einer Weise unterscheiden, die einen Umzug nach Wien unzumutbar machen.
44. Auch mit dem Hinweis, wonach in Wien seit der Flüchtlingsbewegung im Jahr 2015 der Anteil der Kinder in den Kinderbetreuungseinrichtungen aus nicht deutschsprachigen Familien massiv gestiegen sei, wo hingegen in dem von seiner Tochter besuchten öffentlichen Kindergarten bzw. Volksschule in Innsbruck sich der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund in Grenzen halte und er daher bei einem Umzug nach Wien jedenfalls eine private Bildungseinrichtung in Betracht ziehen würde, was mit erheblichen Mehrkosten verbunden wäre, ist für die Beschwerde nichts gewonnen.
45. Der Besuch eines öffentlichen/städtischen Kindergartens ist in Wien ebenso wie in Innsbruck beitragsfrei. Dass es seiner Tochter nicht zumutbar gewesen wäre in Wien einen städtischen Kindergarten zu besuchen, wird selbst vom Bf nicht behauptet. Zudem wäre es dem Bf freigestanden in Wien für seine Tochter den seinen Vorstellungen und Ansprüchen entsprechenden Kindergarten oder die passende Volkschule zu wählen. Selbst wenn der Bf für seine Tochter eine private Bildungseinrichtung in Betracht gezogen hätte, so gibt es gerade in Wien eine Vielzahlt von verschiedensten Einrichtungen und Organisationen geführte private Kindergärten, bei denen der Beitrag der Eltern durch Zuschüsse der Stadt Wien an die Trägerorganisationen oder einen Direktzuschuss zum Elternbeitrag gering gehalten wird, sodass sich auch beim Besuch eines privaten Kindergartens seiner Tochter, die finanzielle Mehrbelastung des Bf in vertretbaren Grenzen gehalten hätte. (vgl. www.wien.gv.at/bildung/kindergarten/).
46. Auch wenn sich - wie der Bf ausführt (vgl. Vorhaltsbeantwortung vom , ad Pkt. 7) - für seine Tochter im näheren Umfeld des Familienwohnsitzes bereits Freundschaften ergeben haben und er den Kontakt seiner Tochter, die als Einzelkind aufwächst, zu Cousins und Großeltern forciert und dieser intensive Kontakte nach einem Umzug nach Wien nicht mehr in diesem Ausmaß möglich wäre, macht das die Verlegung des Familienwohnsitzes nicht unzumutbar.
47. Für das Gericht ist es durchaus einsichtig, wonach der Bf darauf bedacht ist, dass seine Tochter ihre Kontakte zu Freundinnen und Freunden und zu den Verwandten weiterhin im gleichen Ausmaß aufrecht erhalten kann und sie in ihrem bisherigen gewöhnten sozialen Umfeld aufwächst. Umstände von erheblich objektiven Gewicht für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung werden damit aber nicht aufgezeigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass der Verlust des "sozialen Umfeldes" keine steuerlich beachtenswerten Gründe für die Beibehaltung des Wohnsitzes begründet (vgl. , ).
48. Wie der Verwaltungsgerichtshof in einem jüngeren Erkenntnis () zu Aufwendungen für Familienheimfahrten unter Hinweis auf seine Rechtsprechung zur Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen dezidiert hervorgestrichen hat, hätte das Bundesfinanzgericht dem Umstand, wonach die Ehefrau des Steuerpflichtigen am Familienwohnsitz in Polen drei minderjährige Kinder (ein Kleinkind sowie zwei Kinder im Kindergarten- bzw. Schulalter) betreut, nicht von vornherein keine Bedeutung beimessen dürfen.
49. Daraus ist aber nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht zu schließen, dass immer dann, wenn ein minderjähriges Kind am Familienwohnsitz einen Kindergarten oder eine Schule besucht, von einer "Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes" gesprochen werden kann (vgl. ).
Dies kann zwar als Indiz gewertet werden, es müssen aber, da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sämtliche Umstände des Einzelfalles zu beachten sind, auch weitere, insbesondere wirtschaftliche Gründe für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes hinzutreten. Da dies nach den vorstehenden Ausführungen im gegenständlichen aber nicht der Fall ist, sind im Ergebnis die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung in den Beschwerdejahren 2016 bis 2018 nicht gegeben.
50. Entsprechend sind auch die geltend gemachten Aufwendungen für Familienheimfahrten nicht als beruflich veranlasst anzusehen, zumal Aufwendungen für Familienheimfahrten des Arbeitnehmers von dem am Arbeitsort gelegenen Wohnsitz zum Familienwohnsitz unter jenen Voraussetzungen Werbungskosten sind, unter denen eine doppelte Haushaltsführung als beruflich veranlasst gilt (vgl. ).
51. Hinsichtlich der vom Finanzamt nach einem Vorhalteverfahren für Aufwendungen für Personenversicherungen gewährten Sonderausgaben, wird auf die Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2016 vom und der dazu ergangenen Begründung verwiesen. Insoweit war der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 teilweise Folge zu geben.
IV. Zulässigkeit einer Revision
52. Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
53. Die hier letztlich entscheidende Rechtsfrage, ob allein der Umstand, dass der andere (Ehe)Partner am Familienwohnsitz ein minderjähriges, unterhaltsberechtigtes Kind betreut, das dort einen Kindergarten bzw. eine Pflichtschule besucht und in das dort bestehende soziale Netzwerk eingebunden ist, zu einer Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes führt, ist bisher nicht an den Verwaltungsgerichtshof herangetragen worden. Dieser Rechtsfrage kommt über den Einzelfall hinaus Bedeutung zu, zumal in den Lohnsteuerrichtlinien, die zwar für das erkennende Gericht keine verbindliche Rechtsquelle bilden, aber für die Verwaltungspraxis von nicht unerheblicher Bedeutung sind, in Rz 345, fünfter Punkt, unter Verweis auf das oben angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2016/13/0016 dahingehend geändert worden sind, als nach Ansicht des Finanzministeriums die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort immer dann unzumutbar ist, wenn im gemeinsamen Haushalt minderjährige, unterhaltsberechtigte Kinder wohnen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100618.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
HAAAC-28720