Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.09.2021, RV/7500546/2021

Persönlicher Stress steht Verschulden nicht entgegen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Franz Anderl in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Zahl: MA67/nnn, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von € 12,00 zu leisten.

III: Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

IV. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Straferkenntnis vom 21. Juli nnn, Zahl: MA67/nnn, hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als belangte Behörde Herrn ***Bf1*** (in weiterer Folge: Beschwerdeführer) angelastet, er habe die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt in dem er das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am 22. April nnn um 10:26 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1160 Wien, Kirchstetterngasse 2, abgestellt habe ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben.
Dadurch habe der Beschwerdeführer die Rechtsvorschrift des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über den Beschwerdeführer gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.
Ferner habe der Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG einen Betrag von € 10,00 als Mindestbeitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher € 70,00.

Das Straferkenntnis wurde folgendermaßen begründet:

"Aus der Aktenlage ergibt sich folgender Sachverhalt:

Das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug wurde von einem Organ der Landespolizeidirektion Wien mit Organstrafverfügung beanstandet, da es in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war, ohne dass dieses mit einem gültig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder ein elektronischer Parkschein aktiviert war.

In Ihrem Einspruch gegen die an Sie ergangene Strafverfügung brachten Sie Wesentlichen vor, dass Sie am besagten Tag eine Strafzettel bekommen haben, jedoch waren Sie damals am Einrichten einer Wohnung, haben das Auto abgestellt, einen Teil der Möbel in die Wohnung getragen und danach sofort einen Parkschein gelöst, jedoch leider zwischen Verlassen des Parkplatzes und Erreichen der Wohnung die Organstrafverfügung erhalten.

Wie der Transaktionsübersicht zu entnehmen ist, wurde um 10:28 Uhr ein elektronischer 15- Minuten- Gratis-Parkschein gebucht.

Beweis wurde durch Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt erhoben.

Rechtlich ist dieser Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

Nach § 5 Abs 2 Parkometerabgabeverordnung ist (u. a.) der Lenker zur Entrichtung der Abgabe verpflichtet. Jeder Lenker der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.

§ 7 Abs. 1 der Kontrolleinrichtungenverordnung zufolge haben Abgabe pflichtige, die ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, dafür zu sorgen, dass während der Dauer seiner Abstellung ein elektronischer Parkschein aktiviert ist.

Dieser Verpflichtung sind Sie nicht rechtskonform nachgekommen.

Ihr Vorbringen, dass Sie mittels Mobiltelefon einen Parkschein entwertet haben, ist insofern richtig, als dass die Entwertung eines elektronischen Parkscheins um 10:28 Uhr erfolgt ist.

Die Aktivierung eines elektronischen Parkscheines erfolgt durch Übermittlung einer SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) an das elektronische System. Über das Mobiltelefon bzw. das (mobile) Endgerät ist die beabsichtigte Parkdauer sowie das behördliche Kennzeichen des abgestellten mehrspurigen Kraftfahrzeuges einzugeben, sofern das behördliche Kennzeichen nicht bereits im Zuge der Einrichtung des Benutzerkontos im System erfasst wurde (Abstellanmeldung). Danach ist die Rückmeldung des elektronischen Systems durch SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) über die durchgeführte Transaktion abzuwarten (Bestätigung).

Erst mit der Bestätigungs-SMS ist ein gültiger Parkschein vorhanden. Gegenständlich haben Sie die Bestätigungs-SMS um 10:28 Uhr erhalten.

Die Beanstandung erfolgte jedoch bereits um 10:26 Uhr durch den Meldungsleger.

Bemerkt wird hierzu, dass die Zeitangaben des Kontrollorgans schon deshalb glaubwürdig sind, weil den Kontrollorganen elektronische Überwachungsgeräte (sog. PDA's) zur Verfügung stehen, welche die zum Beanstandungszeitpunkt aktuelle Uhrzeit über einen Server beziehen und vorgeben.

Entscheidend ist, ob sich der Lenker von seinem Fahrzeug entfernt, bevor er die Bestätigung der Abstellanmeldung erhält (die Parkometerabgabe nur dann zu entrichten, wenn man ein Parkraumüberwachungsorgan bemerkt, wäre andernfalls nicht ausgeschlossen).

Dies war gegenständlich nach den Feststellungen des Parkraumüberwachungsorgans, gegen deren Richtigkeit im Hinblick darauf, dass dieses zur Wahrheit verpflichtet ist sowie dessen Eingaben in das elektronische Überwachungsgerät zeitgleich in der zentralen Datenbank erfasst werden und damit einer ständigen Kontrolle unterliegen, keine Bedenken bestehen, der Fall.

Dass die Parkscheinaktivierung sechs Minuten nach der Beanstandung erfolgt ist, ändert daher nach den vorliegenden Verhältnissen an der nicht zeitgerechten Aktivierung nichts.

Da die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeugs (also unverzüglich, bevor sich der Lenker vom Fahrzeug entfernt) zu entrichten ist und die Abgabe bei Verwendung elektronischer Parkscheine (erst) als entrichtet gilt, wenn die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt wird, haben Sie den Tatbestand der Abgabenverkürzung nach § 4 Parkometergesetz 2006 verwirklicht, die objektive Tatseite ist daher gegeben (vgl. ).

Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Erkenntnis vom , 96/17/0354, ausführlich dargelegt, dass die Parkometerabgabe unverzüglich nach dem Abstellen des Fahrzeuges zu entrichten ist und dass ein Lenker, der sich, ohne diese Pflicht zu erfüllen, vom abgestellten Fahrzeug entfernt, damit bereits den Tatbestand der Abgabenverkürzung verwirklicht.

Da Sie nicht behauptet haben, das anzeigelegende Organ beim Fahrzeug angetroffen zu haben und selbst angaben, dass Sie sich bereits vom Fahrzeug entfernt haben, kann somit auch keine Rede davon sein, dass die Abgabe unverzüglich nach dem Abstellen entrichtet wurde. Da der mittels "Handyparkscheins" angegebene Abstellbeginn unrichtig war, wurde die Parkometerabgabe verkürzt.

Die ordnungsgemäße Entrichtung der Parkometerabgabe wird durch das Kontrollorgan vor Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt kontrolliert und ist die nachträgliche Entrichtung - wie hier der Fall gewesen - gesetzlich nicht vorgesehen. Damit ist hier Tatbestandsmäßigkeit gegeben.

Nach § 4 Abs 1 Parkometergesetz 2006 genügt zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außeracht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könnte, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht (§ 6 StGB).

Der Akteninhalt und das Einspruchsvorbringen bieten keinen Anhaltspunkt dafür, dass Sie nach Ihren persönlichen Verhältnissen zum Zeitpunkt der Tat nicht fähig gewesen wären, die objektiv gebotene Sorgfalt einzuhalten oder den von Ihnen verursachten Erfolg vorauszusehen, oder dass Ihnen rechtmäßiges Verhalten in der konkreten Situation unzumutbar gewesen wäre. Sie haben daher durch die Verletzung der für Sie bestehenden und Ihnen auch zumutbaren Sorgfaltspflicht, somit fahrlässig, die Abgabe verkürzt.

Somit sind sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Zur Strafbemessung hat die Behörde Folgendes erwogen:

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz).

§ 19 Abs. 1 VStG zufolge ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat konnte im Hinblick auf den festgestellten Sachverhalt nicht bloß als geringfügig angesehen werden, da die der Bestrafung zugrunde liegenden Handlungen schädigten das als sehr bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der ordnungsgemäßen Entrichtung von Abgaben, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Taten an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als geringfügig zu bewerten war.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

Das Verschulden konnte nicht als geringfügig angesehen werden, weil nicht erkennbar ist, dass die Verwirklichung des Tatbestandes bei gehöriger Aufmerksamkeit nur schwer hätte vermieden werden können.

Bei der Strafbemessung wurden ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, soweit diese der Behörde bekannt waren, berücksichtigt. Zudem wurde auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen.

Die Strafe hat sich vor allem auch am Strafzweck zu orientieren. Das Parkometergesetz verfolgt auch das Ziel, den Parkraum zu rationieren und kann dieses Ziel nur erreicht werden, wenn die Strafe durch ihre Höhe geeignet ist, Sie zur Vermeidung von Übertretungen des Parkometergesetzes anzuhalten.

Der Ausspruch über die Kosten ist im § 64 Abs. 2 VStG begründet."

In der Beschwerde vom 02. August nnn wurde ausgeführt:

"Ich erhielt letzte Woche ein Straferkenntnis nach Einspruch, da ich am um 10:26 Uhr in der Kirchstetterngasse 2 keinen gültigen Parkschein für die gebührenpflichtige Kurzparkzone hinterlegt hatte. Ich habe bereits ausgeführt, dass ich zwei Minuten, nachdem die Organstrafverfügung ausgestellt wurde, einen gültigen Parkschein hinterlegt habe (10:28 Uhr), dies jedoch nicht direkt beim Verlassen des Fahrzeuges, sondern erst als ich die Wohnung, die ich zu dieser Zeit einrichtete, mit vollen Händen erreicht hatte. Das heißt, dass mein Fahrzeug zwei Minuten lang unrechtmäßig abgestellt war bzw. die Parkscheinaktivierung nicht wie in ihrer Erkenntnis vom angeführt sechs, sondern zwei Minuten nach der Beanstandung erfolgt ist. Meine Beschwerde gegen das Erkenntnis bzw. gegen die ursprüngliche Verfügung stellt auch nicht die Rechtmäßigkeit der Strafe in Frage, sondern sie zielt darauf ab, dass ich mir Kulanz ihrerseits erwarten würde, da es nachvollziehbar sein dürfte, dass das Einrichten einer Wohnung einen vermehrten Stress darstellt, ich die Parkscheinaktivierung sofort nachdem ich die Wohnung erreicht hatte, durchführte und mir in der Vergangenheit noch nie eine Übertretung der Kurzparkzonenregelung ausgelastet werden konnte.
Ich appeliere daher nochmals an ihre Rücksicht, außerdem ist die Begründung des Erkenntnisses wie bereits oben erwähnt, falsch, da zwischen Ausstellung der Organstrafverfügung und Parkscheinaktivierung nicht sechs Minuten sondern lediglich zwei Minuten lagen."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Das kontrollierende Parkraumüberwachungsorgan (Meldungsleger) hat das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen ***1*** am 22. April nnn um 10:26 Uhr in der im 16. Wiener Gemeindebezirk befindlichen, gebührenpflichtigen Kurzparkzone, Kirchstetterngasse 2, ohne Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein beanstandet.

Nicht bestritten werden der Abstellort des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges, der Beanstandungszeitpunkt 12:26 Uhr sowie insbesondere die Tatsache, dass der 15-Minuten-Parkschein mit der Nummer 350158268 zwei Minuten später um 12:28 Uhr und nach dem Verlassen des Fahrzeuges gebucht wurde.

§ 7 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung normiert:

"(1) Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, haben dafür zu sorgen, dass während der Dauer seiner Abstellung ein elektronischer Parkschein aktiviert ist.

(2) Die Aktivierung eines elektronischen Parkscheines erfolgt durch Übermittlung einer SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) an das elektronische System. Über das Mobiltelefon bzw. das (mobile) Endgerät ist die beabsichtigte Parkdauer sowie das behördliche Kennzeichen des abgestellten mehrspurigen Kraftfahrzeuges einzugeben, sofern das behördliche Kennzeichen nicht bereits im Zuge der Einrichtung des Benutzerkontos im System erfasst wurde (Abstellanmeldung). Danach ist die Rückmeldung des elektronischen Systems durch SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) über die durchgeführte Transaktion abzuwarten (Bestätigung).

(3) Wird die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt, gilt die Abgabe als entrichtet oder darf das mehrspurige Kraftfahrzeug für einen fünfzehn Minuten nicht übersteigenden Zeitraum abgestellt werden."

§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"Für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) ist eine Abgabe zu entrichten."

§ 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"(1) Die Abgabe gilt mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

(2) Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken."

Da die Parkometerabgabe zum Zeitpunkt der Abfrage durch den Meldungsleger nicht entrichtet war, wurde der objektive Tatbestand der fahrlässigen Abgabenverkürzung verwirklicht.

§ 5 VStG normiert:

"(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte."

Der Beschwerdeführer brachte keine hinreichenden Gründe vor, um sein mangelndes Verschulden darzutun, und es waren auch aus der Aktenlage keine Umstände ersichtlich, dass ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden träfe, weshalb von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

Somit sind auch die subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit als erwiesen anzusehen.

Hinsichtlich der erwarteten Rücksichtnahme auf Grund der behaupteten Stresssituation ist lediglich darauf hinzuweisen, dass im Wiener Parkometerrecht keine Kulanzregelung vorgesehen ist. Deshalb werden nach gängiger Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes auch Beanstandungen in derselben Minute wie jene der Buchungsbestätigung des Parkscheines geahndet, sofern der Lenker oder die Lenkerin nicht beim Fahrzeug anzutreffen ist.

"Wenn sich der Lenker, ohne die Pflicht der Abgabenentrichtung zu erfüllen, vom
"abgestellten" Fahrzeug entfernt, verwirklicht er nach der Rechtsprechung des
Verwaltungsgerichtshofes () bereits den Tatbestand
der Abgabenverkürzung nach § 4 Wiener Parkometergesetz 2006 (vgl. ).

Dass die Parkscheinaktivierung in derselben Minute wie die Beanstandung erfolgt ist, ändert an der nicht zeitgerechten Aktivierung nichts, dies selbst dann, wenn der Lenker die Bestätigungs-SMS noch innerhalb derselben Minute erhält. Die Gültigkeit des elektronischen Parkscheins beginnt nämlich nicht mit der Sekunde 00 der Minute des Einlangens der Bestätigung (vgl. etwa ).

Das Bundesfinanzgericht vertritt in seiner ständigen Rechtsprechung die Auffassung, dass
bei einer Zeitgleichheit der Bestätigungsmeldung und der Beanstandung durch ein
Parkraumüberwachungsorgan eine fahrlässige Abgabenverkürzung vorliegt (vgl.
hierzu die im Internet unter https://findok.bmf.gv.at/
veröffentlichten Erkenntnisse , , , , uvm.)."

§ 4 Wiener Parkometergesetz 2006 normiert:

"(1) Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen."

§ 19 VStG normiert:

"(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen."

Die der Bestrafung zu Grunde liegende Verwaltungsübertretung schädigte in nicht unerheblichem Maße das als sehr bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der Bewirtschaftung des ohnehin knappen innerstädtischen Parkraumes sowie an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Entrichtung der Parkometerabgabe. Der objektive Unrechtsgehalt der fahrlässigen Abgabenverkürzung kann daher, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, keineswegs als gering angesehen werden.

Die nicht im Zuge der Abstellung des Fahrzeuges vorgenommene Buchung eines Parkscheines bzw. der nicht beim Fahrzeug abgewartete Erhalt der Buchungsbestätigung ist kein Einzelfall.
Mit den Ausführungen wegen einer Wohnungseinrichtung unter Stress gestanden zu sein und alle Hände voll gehabt zu haben, weshalb die Buchung erst nach Verlassen des Fahrzeuges und Erreichen der Wohnung erfolgte, zeigt der Bf. eine menschlich verständliche Verhaltensweise auf. Das ändert aber nichts daran, dass das Ausmaß des Verschuldens im beschwerdegegenständlichen Fall in Anbetracht der Außerachtlassung der objektiv gebotenen und dem Beschwerdeführer zumutbaren Sorgfalt nicht als geringfügig zu werten war, da weder hervorgekommen noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen ist, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschriften durch den Beschwerdeführer eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Die ohnehin am unteren Strafrahmen gelegene Strafe ist auch deshalb zu verhängen, um andere Verkehrsteilnehmer von einem solchen Vergehen abzuhalten.

Weil keine rechtskräftigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen nach dem Wiener Parkometergesetz aktenkundig sind, kommt dem Beschwerdeführer der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu Gute. Weitere Milderungsgründe sind nicht hervorgekommen.

Für eine ungünstige Einkommens- und Vermögenssituation des Beschwerdeführers besteht nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt, sodass von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen ist. Sorgepflichten sind ebenfalls nicht bekannt geworden und können daher nicht berücksichtigt werden.

Unter Bedachtnahme auf die angeführten Strafbemessungsgründe sowie aus general- und spezialpräventiven Erwägungen ist die verhängte Geldstrafe in Höhe von € 60,00 als angemessen und nicht überhöht zu betrachten, da sie ohnehin im unteren Bereich des bis zu € 365,00 reichenden Strafrahmens angesetzt wurde.

§ 44 VwGVG normiert:

"(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn
3. im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde […] und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat."

Es konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da eine solche nicht beantragt und im angefochtenen Straferkenntnis eine € 500 nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Kostenentscheidung

Da der Kostenbeitrag des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 VStG mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit € 10,00, zu bemessen ist, wurde er mit € 10,00 korrekt festgesetzt.

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.

Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere € 12,00 als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7500546.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at