Nichtanwendbarkeit der 10jährigen Verjährungsfrist
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinIBV in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Ceconi Andreas, Steuerberater, Schiffmanngasse 19, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2012 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Vorhalt vom wendete sich das Finanzamt (kurz: FA) an die Beschwerdeführerin (kurz: Bf):
Aufgrund der Mitteilung der Ärztekammer Salzburg seien an die Bf im Kalenderjahr 2012 Auszahlungen für Hinterbliebenenunterstützung und/oder Bestattungshilfen aus der Wohlfahrtskasse der jeweiligen Ärztekammer getätigt worden. Diese Auszahlungen seien im Todesfall eines Mitgliedes - auf Basis der Bestimmungen in der jeweiligen Satzung der Ärztekammer - an die begünstigt namhaft gemachten Personen erfolgt, um diese finanziell zu unterstützen.
Bei diesen Auszahlungen aus der Wohlfahrtskasse handle es sich um Einkünfte nach § 22 Z 4 iVm § 32 Abs 1 Z 2 EStG 1988, die von den anspruchsberechtigen Personen im jeweiligen Kalenderjahr des Zuflusses (§ 19 Abs 1 EStG 1988 ) zu erklären und somit einer Einkommensbesteuerung zu unterziehen seien.
Anhand der beim FA eingereichten Erklärungen bzw auf Basis der vorliegenden Unterlagen könne die Behörde nicht feststellen, ob bzw in welcher Höhe diese Einkünfte von der Bf erklärt und einer Einkommensbesteuerung unterzogen worden seien. Vielmehr bestehe nach Überprüfung der Aktenlage der Verdacht, dass die Bf diese Einkünfte bisher nicht der Besteuerung unterzogen habe.
Die Bf werde daher ersucht, entsprechende Unterlagen und Nachweise der Behörde vorzulegen bzw darzulegen, ob bzw in welcher Höhe diese Einkünfte von der Bf erklärt worden seien bzw warum die Bf der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht iSd § 119 BAO nicht entsprochen und die Einkünfte bisher nicht erklärt habe.
Dieses Schreiben stelle eine Verfolgungshandlung iSd § 14 Abs 3 FinStrG dar. Eine Selbstanzeige sei daher ausgeschlossen.
Die Bf führte in der Vorhaltsbeantwortung vom durch ihre steuerliche Vertretung aus, die Kontrolle des Bankkontos habe ergeben, dass die beiden erwähnten Beträge tatsächlich im Jahr 2012, jeweils am , zugeflossen seien und zwar 3.000,00 Euro mit der Bezeichnung Bestattungsbeihilfe sowie 12.000,00 Euro mit der Bezeichnung Hinterbliebenenunterstützung. Beide Beträge seien bis dato einer Besteuerung mit folgender Begründung nicht unterzogen worden:
Bestattungsbeihilfe:
Die Bf habe die Kosten der Bestattung von insgesamt 4.830,13 Euro getragen, da diese als Ehegattin des Verstorbenen diese Kosten vorgeschrieben bekommen habe, sich auch rechtlich wie sittlich zu deren Tragung verpflichtet gefühlt habe und diese auch tatsächlich gezahlt habe. Da diese Beihilfe direkt mit den Bestattungskosten zusammenhänge, könnten diese als tatsächlicher (teilweiser) Auslagenersatz zu keiner Besteuerung führen; diese würden zu einer Reduzierung der von der Bf getragen Bestattungskosten führen.
Hinterbliebenenunterstützung:
Die Bf sei davon ausgegangen, dass die Zahlung unter dem Titel Hinterbliebenenunterstützung selbstverständlich eindeutig als Notstandshilfe zweifelsfrei steuerfrei sei.
Unabhängig davon habe die Bf angenommen, ihr Einkommen mit der Hinterbliebenenunterstützung der Ärztekammer müsste so gering sein, dass sowieso keine Einkommensteuer herauskomme, denn sie habe laut ihrer Beschäftigungsdaten im Jahr 2012 fast nichts verdient. Es sei allgemein bekannt, dass bis zu einem Einkommen von rund 11.000,00 Euro keine Einkommensteuer anfalle. Auch wenn die von der steuerlichen Vertretung später erfolgte Einsicht in Finanzonline drei Lohnzettel (Fuschl, AUVA, Pensionsversicherung) aufzeige, habe die Bf berechtigterweise davon ausgehen können, dass die Leistungen der AUVA im Jahr 2013 im Jahreslohnzettel enthalten seien und somit im Jahr 2013 versteuert worden seien, da diese erst am in Höhe von 6.963,95 Euro bezahlt worden sei. Unter Außerachtlassung des Lohnzettels der AUVA und Anrechnung der 3.000,00 Euro Bestattungshilfe auf die wesentlich höheren Bestattungskosten sowie Abzug eines 6%igen Betriebsausgabenpauschales von den 12.000,00 Euro und dann noch des entsprechenden Gewinnfreibetrages ergebe sich keine Einkommensteuernachzahlung, was die Ansicht der Bf voll bestätige.
Im Einkommensteuerbescheid 2012 vom setzte das FA neben den von der Bf bezogenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit an und führte dazu begründend aus:
Bei den Auszahlungen aus der Wohlfahrtskassa handle es sich um Einkünfte nach § 22 Z. 4 iVm § 32 Abs. 1 Z. 2 EStG 1988, die von der anspruchsberechtigten Person im jeweiligen Kalenderjahr des Zuflusses (§ 19 Abs. 1 EStG 1988) zu erklären und somit einer Einkommensbesteuerung zu unterziehen seien. Die Veranlagung sei unter Hinzurechnung des zugeflossenen Betrages in Höhe von 15.000,00 Euro als Einkünfte aus selbständiger Arbeit erfolgt. Die Berücksichtigung eines Betriebsausgabenpauschales bzw. eines Gewinnfreibetrages sei nicht möglich, da die Einkünfte nicht aus dem aktiven Betrieb erwirtschaftet worden seien. Die Geltendmachung der Begräbniskosten als Ausgaben bei der Gewinnermittlung sei zur Gänze nicht möglich, da Begräbniskosten vorrangig aus dem Nachlass zu bezahlen seien und im Falle einer Nichtdeckung als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden könnten.
Mit Schriftsatz vom brachte die Bf durch ihre steuerliche Vertretung Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 mit nachstehender Begründung ein:
Die Verjährungsfrist betrage gemäß § 207 BAO grundsätzlich fünf Jahre. Gemäß § 208 BAO beginne die Verjährung mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden sei. Der Abgabenanspruch entstehe gemäß § 4 BAO mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen werde; hier also das Jahr 2012. Da eindeutig keine Abgabenhinterziehung vorliege, sei die Festsetzung der Abgabe verjährt. Es werde daher beantragt, den Bescheid ersatzlos aufzuheben.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen und unter Hinweis auf § 207 Abs. 2 BAO zur Verjährung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Im Rahmen der Darstellung des Sachverhaltes wurde festgehalten, dass im Zusammenhang mit den Auszahlungen aus der Wohlfahrtskasse die Berücksichtigung von Betriebsausgaben zB in Form einer Basispauschalierung nach § 17 EStG 1988 oder eines Gewinnfreibetrages gemäß § 10 Abs 1 Z 3 EStG nicht zur Anwendung komme, da im Veranlagungsjahr weder eine aktiv ausgeübte Tätigkeit noch ein entsprechender Betrieb vorliege. Vor Auszahlung dieser Hinterbliebenenunterstützung und Bestattungsbeihilfen seien die anspruchsberechtigten Personen von der jeweiligen Ärztekammer schriftlich informiert worden, dass es sich bei diesen angeführten Leistungen um Einkünfte nach § 22 Z 4 iVm § 32 Abs 1 Z 2 EStG 1988 handle (mit dem Hinweis auf GZ. BMF-010222/0174-VI/7/2007). Der Auszahlungsbetrag werde auf das im Antrag angeführte Konto überwiesen bzw hinsichtlich der Versteuerung wäre dies von den jeweiligen anspruchsberechtigten Personen und Zahlungsempfängern selbständig vorzunehmen.
In der rechtlichen Würdigung wurde zur Verjährung festgehalten, dass der Tatbestand der hinterzogenen Abgaben im Sinne des § 207 Abs 2 BAO nach § 33 FinStrG zu beurteilen sei. Gemäß § 33 Abs 1 FinStrG mache sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirke. Die objektive Tatseite des § 33 Abs 1 iVm Abs 3 lit a FinStrG sei jedenfalls erfüllt. Die Bf habe unter Verletzung der ihr obliegenden abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht iSd § 119 BAO durch das Nichterklären von Einkünften keine Einkommensteuererklärung betreffend das Jahr 2012 abgegeben und dadurch eine Verkürzung von Einkommensteuer für das Jahr 2012 bewirkt.
Für den subjektiven Tatbestand einer Steuerhinterziehung sei es erforderlich , dass der Täter kenne und wisse, dass er unrichtige oder unvollständige bzw keine Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen mache und dadurch der Steueranspruch beeinträchtigt werde. Die Bf habe - trotz schriftlicher Information der Ärztekammer für Salzburg - hinsichtlich der wahrheitswidrigen Nichtangabe der zugeflossenen Hinterbliebenenunterstützung und Bestattungsbeihilfe als Einkünfte nach § 22 Z 4 iVm § 32 Abs 1 Z 2 EStG 1988 zumindest mit Eventualvorsatz gehandelt. Der bedingte Vorsatz, der die Untergrenze des Vorsatzes darstelle, sei dann gegeben, wenn der Täter die Verwirklichung des Unrechtes des Sachverhaltes zwar nicht anstrebe, dies jedoch für möglich halte und einen solchen Erfolg hinzunehmen gewillt sei. Grundsätzlich reiche es nach ständiger Lehre und Rechtsprechung aus, dass dem Täter bedingter Vorsatz zuzurechnen sei. Mit bedingten Vorsatz handle jemand, der sich des möglichen Erfolgs seines Verhaltens bewusst gewesen sei und trotz dieses Bewusstseins die betreffende Handlung auch auf Gefahr hin unternommen habe, dass der mögliche Erfolg auch wirklich eintrete. Die Konstatierung, dass der Täter gewillt gewesen sei, den Deliktserfolg hinzunehmen, genüge den Anforderungen des bedingten Vorsatzes, denn die Wissenskomponente sei im Wollen des Täters denknotwendig mitenthalten.
Nach der Aktenlage und den objektiven Kriterien sei erwiesen, dass der Bf sehr wohl bewusst gewesen sein habe müssen, dass der Zufluss der Hinterbliebenenunterstützung und Bestattungsbeihilfe als Einkünfte nach § 22 Z. 4 iVm § 32 Abs. 1 Z. 2 EStG 1988 zu erklären bzw. offenzulegen gewesen seien. Trotz des Informationsschreibens durch die Ärztekammer Salzburg hinsichtlich einer Steuerpflicht dieser Auszahlungsbeträge habe die Bf eine diesbezügliche Offenlegung der entsprechenden Einkünfte unterlassen. Daraus folgend habe die Bf durch die Nichtangabe der Einkünfte im Jahr 2012 es zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, dass dadurch Steuern hinterzogen würden. Vorsätzlich handle nämlich derjenige, der es nach den Gesamtumständen für möglich gehalten habe, dass er den Tatbestand verwirkliche und dies gebilligt oder doch in Kauf genommen habe.
Ein entschuldbarer Irrtum liege vor, wenn der Täter ohne jedes Verschulden, also auch ohne Verletzung seiner Sorgfaltspflicht, in einer Handlungsweise weder ein Finanzvergehen noch ein darin liegendes Unrecht erkennen habe können. Ein entschuldbarer Rechtsirrtum liege im gegenständlichen Fall keinesfalls vor, weil die Bf bei Anwendung der nach ihren Verhältnissen erforderlichen Sorgfaltspflicht entsprechende Erkundigungen hinsichtlich der Aufnahme der Einkünfte aus den zugeflossenen Hinterbliebenenunterstützung und Bestattungsbeihilfe in einer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2012 einholen hätte müssen. An dieser erforderlichen Sorgfaltspflicht ändere auch der Umstand bzw. die Argumentation nichts, dass die Bf von einem Auslagenersatz und einer steuerfreien Notstandshilfe ausgegangen sei. Gerade der Umstand, dass die Bf schriftlich von der Ärztekammer informiert und ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass diese Auszahlungsbeträge einer Versteuerung zu unterziehen seien, entbehre die Annahme eines entschuldbaren Irrtums.
Der Tatbestand der hinterzogenen Abgabe sei damit erfüllt und führe dies zu der verlängerten Festsetzungsverjährung nach § 207 Abs. 2 BAO.
Mit Schriftsatz vom wurde die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragt und ergänzend ausgeführt:
Die Bf habe keinen Zweifel gehabt, dass ein Bestattungszuschuss/-Beihilfe nicht zu versteuern sei, wenn sie schon die gesamten wesentlich höheren Bestattungskosten habe tragen müssen. Ihr sei allgemein bekannt, dass Zuschüsse die entsprechenden Kosten kürzen würden und es sei für sie selbstverständlich gewesen, dass dies keine steuerliche Auswirkung haben könnte. Die Bf habe ihren verstorbenen Ehegatten gepflegt. Sie habe 2012 ein Einkommen von lohnsteuerpflichtigen Einkünften in Höhe von nur 86,29 Euro gehabt. Die für 2012 nachbezahlten Pensionen seien erst 2013 genehmigt und bezahlt worden. Die 2012 bezahlte Hinterbliebenenunterstützung sei seitens der Bf aufgrund der Gesamtsituation richtigerweise als steuerfreie Notstandshilfe zweifelsfrei gewertet worden. Ein Informationsschreiben von der Ärztekammer sei der Bf nicht bekannt. Dieses sei der Bf erst nach Vorhalt/Ersuchen um Ergänzung des FA vom und Nachfrage durch die steuerliche Vertretung bei der Ärztekammer durch deren Antwort per eMail vom zur Kenntnis gekommen. Es sei allgemein bekannt, dass immer wieder Poststücke in Verlust geraten würden. Es liege daher eindeutig nicht einmal geringes Verschulden im Sinne einer entschuldbaren Fehlleistung (leichteste Fahrlässigkeit) vor.
Eine Entscheidung durch den Senat und Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird beantragt.
Diesem Vorlageantrag wurde ein eMail der steuerlichen Vertretung vom samt Anhang und ein eMail der Ärztekammer Salzburg vom samt Anhang beigelegt.
Mit Bericht vom legte das FA die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Als Sachverhalt wurde ausgeführt, dass es sich bei den Auszahlungen aus der Wohlfahrtskasse um Einkünfte nach § 22 Z 4 iVm § 32 Abs 1 Z 2 EStG 1988 handle, die von der/den anspruchsberechtigen Person/Personen im jeweiligen Kalenderjahr des Zuflusses (§ 19 Abs 1 EStG 1988) zu erklären und somit einer Einkommensbesteuerung zu unterziehen seien. Die Veranlagung sei unter Hinzurechnung des zugeflossenen Betrages in Höhe von 15.000,00 Euro als Einkünfte aus selbständiger Arbeit erfolgt. Als Beweismittel gab das FA die Beschwerdevorentscheidung und die BAO bekannt. In der Stellungnahme führte das FA ua noch Folgendes aus: Aufgrund des dargestellten Sachverhaltes sei nach Aktenlage und objektiven Kriterien erwiesen, dass der Bf sehr wohl bewusst gewesen sein müsste, dass der Zufluss der Hinterbliebenenunterstützung und Bestattungsbeihilfe als Einkünfte nach § 22 Z 4 EStG zu erklären bzw offenzulegen gewesen seien. Trotz des Informationsschreibens durch die Ärztekammer Salzburg hinsichtlich einer Steuerpflicht dieser Auszahlungsbeträge habe die Bf eine diesbezügliche Offenlegung der entsprechenden Einkünfte unterlassen.
Am zog die steuerliche Vertretung den Antrag auf Entscheidung durch den Senat und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.
DAZU WIRD ERWOGEN:
1 gesetzliche Grundlagen, Sachverhalt und rechtliche Würdigung zu:
Hinterbliebenenunterstützung und Bestattungbeihilfe:
Gemäß § 22 Z 4 EStG 1988 sind Bezüge und Vorteile aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen, soweit sie nicht unter § 25 fallen, Einkünfte aus selbständiger Arbeit.
Gemäß § 32 Abs 1 Z 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs 3 EStG 1988 ua auch Einkünfte aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs 3 Z 1 bis 3 (zB Gewinne aus dem Eingang abgeschriebener Forderungen oder Verluste aus dem Ausfall von Forderungen), und zwar jeweils auch beim Rechtsnachfolger.
Nach dem Tod ihres Ehegatten A wurde der Bf im Kalenderjahr 2012 und zwar am von der Ärztekammer Salzburg eine Bestattungsbeihilfe in Höhe von 3.000,00 Euro sowie die Hinterbliebenenunterstützung in Höhe von 12.000,00 Euro gemäß § 40 der Satzung des Wohlfahrtsfonds überwiesen.
Einem von der Ärztekammer Salzburg am erstellten und an die Bf adressierten Schriftsatz ist dazu Folgendes zu entnehmen:
"Wir dürfen Ihnen mitteilen, daß wir die Bestattungsbeihilfe in Höhe von € 3000,00 sowie die Hinterbliebenenunterstützung in Höhe von € 12.000,00 nach Herrn A gemäß § 40 der Satzung des Wohlfahrtfonds der Ärztekammer Salzburg auf Ihr Konto Nr. 123, BLZ 456 überwiesen haben.
Die Ärztekammer Salzburg erlaubt sich darauf hinzuweisen, daß die oben angeführte Summe brutto ausbezahlt wurde und somit alle notwendigen Schritte im Zusammenhang mit der Versteuerung der Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung von Ihnen gesetzt werden müssen. (Selbständige Einkünfte gem. § 22 Ziffer 4 und § 32 Ziffer 2 EStG 1988 - Einkommensteuererklärung) Die Hinterbliebenenunterstützung zählt nicht zur Verlassenschaft (§ 104 Ärztegesetz)."
Der nach den Vorschriften des Ärztegesetzes 1998, BGBl I 169/1998, Bundesgesetz über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte, in der geltenden Fassung errichtete Wohlfahrtsfonds bildet gemäß § 1 Abs 1 der Satzung des Wohlfahrtsfonds, Stand , (kurz: Satzung) ein zweckgebundenes Sondervermögen der Ärztekammer ohne eigene Rechtspersönlichkeit zur Versorgung und Unterstützung der Kammerangehörigen und deren Hinterbliebenen.
Die Ausbezahlung der Bestattungsbeihilfe und der Hinterbliebenenunterstützung an die Bf durch die Ärztekammer Salzburg stützt sich auf § 40 Abs 1 der Satzung:
Beim Tod eines Kammerangehörigen (Fondsteilnehmers) oder Empfängers einer Alters- oder Invaliditätsversorgung ist 1. die Bestattungsbeihilfe und 2. die Hinterbliebenenunterstützung zu gewähren. Die Bestattungsbeihilfe dient der Abdeckung der mit der Bestattung verbundenen Kosten.
Die Hinterbliebenenunterstützung ist Teil der Hinterbliebenenversorgung und dient den Hinterbliebenen als einmalige finanzielle Sofortversorgung.
Die Höhe der Bestattungsbeihilfe ergibt sich gemäß § 40 Abs 2 der Satzung aufgrund des Kontostandes auf dem Konto Bestattungsbeihilfe beim Tod, beträgt jedoch mindestens 3.000,00 Euro.
Die Höhe der Hinterbliebenenunterstützung ergibt sich gemäß § 40 Abs 3 der Satzung aufgrund des Kontostandes auf dem Konto Hinterbliebenenunterstützung beim Tod, beträgt jedoch ua beim Tod eines Empfängers einer Altersversorgung mindestens 12.000,00 Euro.
Im Rundschreiben 293/2007 der österreichischen Ärztekammer vom wird zur Frage der Besteuerung der Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung (§§ 98 Abs 1 und 104 ÄrzteG) auf eine Mitteilung des BMF-010222/0174-VI//7/2007, hingewiesen, mit der eine Anfrage der Österreichischen Ärztekammer vom beantwortet wurde und der ua Folgendes zu entnehmen ist:
"Die von der Ärztekammer ausbezahlte Hinterbliebenenunterstützung und Bestattungsbeihilfe ist unabhängig von der Gestaltung des jeweiligen Sachverhalts immer nach § 22 Z 4 iVm § 32 Z 2 EStG beim Rechtsnachfolger zu versteuern. Dies gilt sowohl für die Hinterbliebenenunterstützung und Bestattungsbeihilfe nach dem Tod eines aktiven Arztes als auch nach dem Tod des Empfängers einer laufenden Pensionsleistung aus dem Wohlfahrtsfonds.
§ 22 Z 4 EStG 1988 normiert, dass Bezüge und Vorteile aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen zu den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit zählen, soweit sie nicht unter § 25 EStG fallen. Nach § 25 EStG 1988 führen nur folgende Bezüge und Vorteile aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen zu nichtselbständigen Einkünften:
- Bezüge aus einer Unfallversorgung der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen,
- Bezüge aus einer Krankenversorgung der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen, wenn sie auf Grund eines bestehenden oder früheren Dienstverhältnisses zufließen.
- den Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung gleichartige Bezüge aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen.
Da die Hinterbliebenenunterstützung und die Bestattungsbeihilfe nicht unter diese taxative Aufzählung des § 25 EStG 1988 fallen, zählen sie auf Grund des letzten Halbsatzes des § 22 Z 4 EStG 1988 zwingend zu den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit, die gemäß § 32 Z 2 EStG beim Rechtsnachfolger zu versteuern sind. ……"
Die österreichische Ärztekammer hat diese Rechtsmeinung des BMF im Rundschreiben 293/2007 vom zustimmend kommuniziert. Auch in der Rechtsprechung des UFS und BFG ist die Steuerpflicht der Bestattungsbeihilfe und der Hinterbliebenenversorgung nicht bezweifelt worden. (Vgl. mwN, mwN).
Sowohl die Bestattungsbeihilfe von 3.000,00 Euro als auch die Hinterbliebenenunterstützung von 12.000,00 Euro wurden als einmalige Leistungen satzungsmäßig vom Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Salzburg an die Bf als Ehegattin des verstorbenen A gezahlt. Der Wohlfahrtfonds bildet ein zweckgebundenes Sondervermögen der Ärztekammer (§ 96 Abs 1 ÄrzteG 1998) und kann ua eine Bestattungsbeihilfe und eine Hinterbliebenenunterstützung gewähren (§ 98 Abs 1a ÄrzteG 1998). Letztere sind in § 104 ÄrzteG 1998 gesetzlich geregelt, diese gesetzliche Vorgabe wurde in § 40 Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Salzburg umgesetzt. Bei den streitgegenständlichen Zahlungen handelt es sich also um Vorteile aus Versorgungseinrichtungen oder Unterstützungseinrichtungen einer Kammer der selbständig Erwerbstätigen, die einmalig und nicht wie eine Pension laufend ausbezahlt werden. Damit ist der Abgabentatbestand des § 22 Z 4 EStG 1988 erfüllt. (Vgl. , ).
Beide Zahlungen sind bei der Bf gemäß § 22 Z 4 EStG 1988 iVm § 32 Z 2 EStG 1988 grundsätzlich als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu erfassen.
2 gesetzliche Grundlagen, Sachverhalt und rechtliche Würdigung zu:
Entstehen des Abgabenanspruches - Veranlagung - Steuererklärungspflicht
Der Abgabenanspruch entsteht gemäß § 4 Abs 2 lit a Z 2 BAO bei der Einkommensteuer und bei der Körperschaftsteuer für die zu veranlagende Abgabe mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird, soweit nicht der Abgabenanspruch nach Z 1 schon früher entstanden ist, oder wenn die Abgabenpflicht im Laufe eines Veranlagungszeitraumes erlischt mit dem Zeitpunkt des Erlöschens der Abgabepflicht.
Die Abgabenvorschriften bestimmen gemäß § 133 Abs 1 S 1 BAO, wer zur Einreichung einer Abgabenerklärung verpflichtet ist.
Die Abgabenerklärungen für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer, die Umsatzsteuer sowie für die Feststellung der Einkünfte (§ 188) sind gemäß § 134 Abs 1 BAO bis zum Ende des Monates April jeden Folgejahres einzureichen. Diese Abgabenerklärungen sind bis Ende des Monates Juni einzureichen, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt. Diese Fristen können vom Bundesminister für Finanzen allgemein erstreckt werden.
Soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes vorgeschrieben ist, hat die Abgabenbehörde die Abgabe gemäß § 198 Abs 1 BAO durch Abgabenbescheid festzusetzen.
Gemäß § 39 Abs 1 S 1 EStG 1988 wird die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraumes) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat.
Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige gemäß § 41 Abs 1 Z 1 EStG 1988 zu veranlagen, wenn er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt.
Der unbeschränkt Steuerpflichtige hat gemäß § 42 Abs 1 Z 3 EStG 1988 eine Steuererklärung für das abgelaufene Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) abzugeben, wenn das Einkommen, in dem keine lohnsteuerpflichtigen Einkünfte enthalten sind, mehr als 11.000 Euro betragen hat; liegen die Voraussetzungen des § 41 Abs 1 Z 1, 2, 5 6 oder 7 vor, so besteht Erklärungspflicht dann, wenn das zu veranlagende Einkommen mehr als 12.000 Euro betragen hat.
Grundsätzlich entsteht der Abgabenanspruch unabhängig von einer behördlichen Tätigkeit, setzt daher keine diesbezügliche Bescheiderlassung voraus. Ist ein gesetzlicher Tatbestand verwirklicht, so entsteht der Abgabeanspruch unabhängig vom Willen und der subjektiven Meinung des Abgabenschuldners und der Abgabenbehörde. Der Zeitpunkt des Entstehens von Abgabenansprüchen (Abgabenschulden) ist insbesondere für den Beginn der Bemessungsverjährung und für die Abgabenfestsetzung von Bedeutung. (Vgl Ritz, BAO6, § 4 Rz 2ff mwN)
Für die - hier interessierende - zu veranlagende Einkommensteuer 2012 (vgl Verfahrensgang) ist der Abgabenanspruch grundsätzlich nach § 4 Abs. 1 lit. a Z 2 BAO mit Ablauf des Kalenderjahres 2012 entstanden.
Die Einkommensteuer wird nach Ende eines Kalenderjahres veranlagt. Die Veranlagung besteht im Festsetzen der Steuer durch die Abgabenbehörde nach Ermittlung des Einkommens; die "Veranlagung" entspricht damit der bescheidmäßigen Festsetzung der Abgabe nach § 198 BAO. Bei lohnsteuerpflichtigen Einkünften erfolgt eine Veranlagung nur, wenn die Voraussetzungen des § 41 EStG 1988 vorliegen. (Vgl Kirchmayr/Sturma in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, Einkommensteuergesetz, § 39 Rz 1 ff, ).
§ 41 Abs 1 Z 1 EStG 1988 enthält eine taxative Aufzählung von Tatbeständen, die zu einer amtswegigen Veranlagung führen (Pflichtveranlagung). So ist der Steuerpflichtige gemäß Z 1 zu veranlagen, wenn neben lohnsteuerpflichtigen Einkünften andere Einkünfte in einem Gesamtbetrag von über 730,00 Euro bezogen werden. Andere Einkünfte sind nicht lohnsteuerpflichtige Einkünfte, sondern Einkünfte aus anderen Einkunftsarten gemäß § 2 Abs 3 EStG 1988. (Vgl. Atzmüller in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuer, § 41 Rz 7 ff).
Grundlage der Veranlagung ist in der Regel die Abgabenerklärung des Abgabepflichtigen. (Vgl. Peyerl in Jakom, EStG 2021, § 39 Rz 8).
Bei lohnsteuerpflichtigen Einkünften besteht eine Erklärungspflicht dann, wenn das zu veranlagende Einkommen mehr als 12.000,00 Euro beträgt und außerdem ua die Voraussetzungen des § 41 Abs 1 Z 1 EStG 1988 vorliegen. (Vgl Kirchmayr/Sturma in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, Einkommensteuergesetz, § 42 Rz 6).
Die Bf erzielte im Kalenderjahr 2012 neben lohnsteuerpflichtigen Einkünften (Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 15.000,00 Euro aufgrund der von der Ärztekammer Salzburg ausbezahlten Bestattungsbeihilfe sowie der ausbezahlten Hinterbliebenenunterstützung (vgl Pkt 1 und Einkommensteuerbescheid 2012 vom samt Lohnzettel)
Die Bf erfüllte damit für das Kalenderjahr 2012 die Voraussetzungen des § 41 Abs 1 Z 1 EStG 1988. Dementsprechend bestand für die Bf gemäß § 42 Abs 1 Z 3 EStG 1988 die Verpflichtung zur Einreichung einer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2012. Das Finanzamt war verpflichtet eine Veranlagung zur Einkommensteuer 2012 durchzuführen und einen Einkommensteuerbescheid für das Kalenderjahr 2012 erlassen. Das der Abgabenbehörde zukommende Recht bzw die sie treffende Pflicht, eine Abgabe festzusetzen, ist allerdings durch die Bemessungs- (Festsetzungs- ) Verjährung befristet (vgl. Ritz, BAO6, § 207 Rz 1).
3 gesetzliche Grundlagen, Sachverhalt und rechtliche Würdigung zu:
Bemessungs-(Festsetzungs-) Verjährung
Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 207 Abs 2 BAO bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17 a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre. Das Recht, einen Verspätungszuschlag, Anspruchszinsen, Säumniszuschläge oder Abgabenerhöhungen festzusetzen, verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgaben.
Die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs 1 lit a BAO in den Fällen des § 207 Abs 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird.
Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist gemäß § 209 Abs 1 BAO um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs 3 FinStrG, § 32 Abs 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen.
Die Verjährungsfrist für die zu veranlagende Einkommensteuer 2012 beträgt fünf Jahre. Das Recht zur Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2012 endet somit grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres 2017.
Wird im Rahmen der noch laufenden Verjährungsfrist eine Maßnahme im Sinne von § 209 Abs. 1 BAO, also nach außen erkennbare Amtshandlungen, unternommen, so ergibt dies die Verlängerung der Frist um ein Jahr. Die Verlängerung gemäß § 209 Abs. 1 zweiter Satz BAO jeweils um ein weiteres Jahr setzt voraus, dass in jenem Jahr, in dem die nach dem ersten Satz um ein Jahr verlängerte Verjährungsfrist endet, eine Amtshandlung erfolgt. Weitere Verlängerungen jeweils um ein Jahr setzen voraus, dass jeweils im (weiteren) verlängerten Jahr die betreffende Amtshandlung vorgenommen wird. (Vgl. Ritz, BAO6, § 209 Rz 1).
Im gegenständlichen Fall stellt der am verfasste Vorhalt des Finanzamtes die erste nach außen erkennbare Amtshandlung zur Geltendmachung des Anspruchs auf die Einkommensteuer 2012 dar (vgl Verfahrensgang). Bis zum Ablauf des Kalenderjahres 2017 sind keine Amtshandlungen zur Geltendmachung des Anspruchs auf die Einkommensteuer 2012 feststellbar. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2012 vom erging somit außerhalb der allgemeinen Verjährungsfrist. (Vgl Verfahrensgang).
Zu prüfen bleibt, ob aufgrund einer Abgabenhinterziehung die Verjährungsfrist von zehn Jahren ab Ende des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, zur Anwendung kommt.
Die Frage, ob Abgaben hinterzogen sind, bildet eine Vorfrage nach § 116 Abs 1 BAO für die Frage, ob die längere Verjährungsfirst des § 207 Abs 2 S 2 BAO anzuwenden ist. Der Tatbestand der hinterzogenen Abgabe im Sinne des § 207 Abs 2 BAO ist nach § 33 FinStrG zu beurteilen. (Vgl Ra/2016/13/0007, , ).
Die Verlängerung der Verjährungsfrist nach § 207 Abs 2 S 2 BAO setzt eine Hinterziehung von Abgaben voraus, die Hinterziehung verlangt nach § 33 Abs 1 FinStrG Vorsatz. Eine (allenfalls auch grob) fahrlässige Abgabenverkürzung (§ 34 FinStrG) bewirkt keine Verlängerung der Verjährungsfrist. (Vgl ).
4 Hinterziehung
4.1 gesetzliche Grundlagen
Der Abgabenhinterziehung macht sich nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.
Eine Abgabenverkürzung nach Abs 1 oder Abs 2 ist gemäß § 33 Abs 3 lit a FinStrG bewirkt, mit Bekanntgabe des Bescheides oder Erkenntnisses, mit dem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.
Gemäß § 8 Abs 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.
Dem Täter wird gemäß § 9 FinStrG weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zugerechnet, wenn ihm bei einer Tat ein entschuldbarer Irrtum unterlief, der ihn das Vergehen oder das darin liegende Unrecht nicht erkennen ließ; ist der Irrtum unentschuldbar, so ist dem Täter grobe Fahrlässigkeit zuzurechnen. Dem Täter wird Fahrlässigkeit auch dann nicht zugerechnet, wenn ihm bei der Tat eine entschuldbare Fehlleistung unterlief.
Nach § 98 Abs 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.
Die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände sind gemäß § 119 Abs 1 BAO vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.
Der Offenlegung dienen gemäß § 119 Abs 2 BAO insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben.
4.2. Der - der Beweiswürdigung zu unterziehende - Sachverhalt
Nach dem Tod ihres Ehegatten A am 12/12 wurde der Bf im Kalenderjahr 2012 und zwar am von der Ärztekammer Salzburg eine Bestattungsbeihilfe in Höhe von 3.000,00 Euro sowie die Hinterbliebenenunterstützung in Höhe von 12.000,00 Euro gemäß § 40 der Satzung überwiesen (vgl auch Pkt 1).
Die Bf bezahlte im Dezember 2012 einen Betrag von insgesamt 4.830,13 Euro an Bestattungskosten.
In einer an die Bf adressierten Mitteilung der Salzburger Ärztekammer vom ist zu dieser Überweisung - wie auch unter Pkt 1 festgehalten - Folgendes ausgeführt worden:
"Die Ärztekammer Salzburg erlaubt sich darauf hinzuweisen, dass die oben angeführte Summe brutto ausbezahlt wurde und somit alle notwendigen Schritte im Zusammenhang mit der Versteuerung der Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung von Ihnen gesetzt werden müssen. (Selbständige Einkünfte gem. § 22 Ziffer 4 und § 32 Ziffer 2 EStG 1988 - Einkommensteuererklärung) Die Hinterbliebenenunterstützung zählt nicht zur Verlassenschaft (§ 104 Ärztegesetz)".
Über dem Adressfeld findet sich der Vermerk: "Österreichische Post AG, Briefsendung Bar freigemacht" und zusätzlich keine weiteren Angaben.
Laut dem an die Bf adressierten Bescheid der Ärztekammer Salzburg vom wurde der Bf mit Wirkung ab die Witwenversorgung in Höhe von 1.058,23 brutto gemäß §§ 35, 37 und 38 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Salzburg zuerkannt.
Dieser Bescheid der Ärztekammer Salzburg enthält über dem Adressfeld zusätzlich zum Vermerk: "Österreichische Post AG, Briefsendung Bar freigemacht2 den unterstrichenen Hinweis "Einschreiben".
Eine Nachforschung, ob der Brief bzw das Paket ordnungsgemäß zugestellt wurde, kann vom Absender /von der Absenderin innerhalb von sechs Monaten ab dem Aufgabedatum verlangt werden. Bei einer bescheinigten Sendung (Paketen und eingeschriebenen Briefen) kann man auch im Internet mitverfolgen, wann sie an eine Empfängerin oder einen Empfänger übergeben wurden. Dazu muss die Sendungsnummer auf der Website der Österreichischen Post AG in der Rubrik "Sendungsverfolgung" eingeben. (https://www.post.at/p/a/nachforschung).
In der Folge reichte die Bf keine Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2012 ein.
Die Bf bezog im Kalenderjahr neben der Bestattungsbeihilfe und der Hinterbliebenenunterstützung im Kalenderjahr 2012 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit:
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Bezugsauszahlende Stelle | Bezugszeitraum | Steuerpflichtige Bezüge |
Pensionsversicherungsanstalt | bis | 1.338,96 |
AUVA Ldst C | bis | 6.796,11 |
B GmbH | bis | 86,29 |
Pauschbetrag WK | -132,00 | |
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit | 8.089,36 |
Die Pension der AUVA in Höhe von 6.963,95 Euro wurde erstmals am ausbezahlt.
Die Bf bezog in den letzten Jahren vor dem Tod ihres Ehegatten keine Einkünfte. Lediglich im Kalenderjahr 2012 und zuvor im Kalenderjahr 2010 erzielte sie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, wobei im Kalenderjahr 2010 in Summe 876,33 Euro erzielt wurden.
4.3 rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung
Hinsichtlich zu veranlagender Abgaben wird nach ständiger Rechtsprechung - bezogen auf ein Steuersubjekt - mit Abgabe einer unrichtigen Jahressteuererklärung je Steuerart (unabhängig von der Höhe des Hinterziehungsbetrags) ein Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG begründet. Solcherart bildet insoweit die Jahressteuererklärung - allenfalls als Bündel mehrerer steuerlich trennbarer Einzelaspekte - das kleinste (nicht mehr teilbare) Element des Sachverhalts also eine selbständige Tat im materiellen Sinn. Entsprechendes gilt für das Unterlassen der Abgabe einer Jahressteuererklärung: Selbständige Tat ist die Nichtabgabe (bis) zum gesetzlich vorgesehenen Endzeitpunkt. (Vgl 40/14b, , )
Gemäß § 33 Abs 3 lit a zweiter Fall FinStrG ist eine Abgabenverkürzung nach § 33 Abs 1 FinStrG bewirkt, wenn Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruchs mit Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist nicht festgesetzt werden konnten. Diese Frist endet gemäß § 134 Abs 1 S 1 BAO (soweit hier von Interesse) für die Einkommensteuer Ende April, bei elektronischer Übermittlung Ende Juni des jeweiligen Folgejahres. Vorsätzliche Abgabenhinterziehung durch Unterlassen der Abgabe der Jahressteuererklärung ist daher am 30. Juni des betreffenden Folgejahres vollendet, wenn die Behörde die in Rede stehende Steuer bis zu diesem Zeitpunkt infolge Unkenntnis von der Anspruchsentstehung nicht festsetzen kann. (Vgl , Pkt 2).
Im gegenständlichen Fall kam die Bf - trotz einer eingetretenen Verpflichtung zur Einreichung der Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2012 (vgl Pkt 2) - ihrer Erklärungspflicht hinsichtlich der zu veranlagenden Einkommensteuer 2012 und damit der in § 119 BAO verankerten Offenlegungspflicht nicht nach. Sie erfüllte dadurch das objektive Tatbild der Abgabenverkürzung im Sinne des § 33 Abs 1 FinStrG.
Eine Abgabenhinterziehung liegt jedoch nicht schon bei einer objektiven Abgabenverkürzung vor, sondern erfordert Vorsatz. Eine Abgabenhinterziehung im Sinne des § 33 FinStrG kann somit erst als erwiesen gelten, wenn - in nachprüfbarer Weise - auch Vorsatz feststeht. (Vgl , , , ).
Wie bei § 8 Abs 1 FinStrG ausgeführt ist, ist im Wesentlichen zwischen drei Formen des Vorsatzes, der Absicht, der Wissentlichkeit (dolus principalis, dolus directus) und dem bedingten (dolus eventualis) zu unterscheiden. Der Hinterziehungstatbestand nach § 33 Abs 1 FinStrG kann mit jeder der drei Formen des Vorsatzes begangen werden. Es genügt daher für die Herstellung des subjektiven Tatbildes dolus eventualis. (Vgl Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, § 33 Rz 29)
Der bedingte Vorsatz liegt dann vor, wenn der Täter die Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet. Der Täter muss einerseits den Eintritt des verpönten Erfolges als naheliegend ansehen und andererseits bereit sein, diesen Erfolgseintritt in Kauf zu nehmen. (Vgl ).
Ein Irrtum steht der Annahme von Vorsatz entgegen. Ob der Irrtum der betreffenden Person vorgeworfen werden kann oder ob er ihn hätte verhindern können, ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung. Selbst der vorwerfbare, nicht entschuldbare Irrtum schließt den Vorsatz aus. (, , )
Ob Handlungen oder Unterlassungen mit dem Ziel erfolgen, Abgaben zu verkürzen, beruht meist auf einem nach außen erkennbaren Willensvorgang, auf den - bei einem den Vorsatz verneinenden Täter - nur nach dessen nach außen tretendem Verhalten geschlossen werden kann. Die Ermittlung des nach außen nicht erkennbaren Willensvorganges stellt einen Akt der Beweiswürdigung dar. (Vgl , , ).
Die in § 98 Abs 3 FinStrG normierte Beweiswürdigung hat nach allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen und den Gesetzen logischen Denkens zu erfolgen. (Vgl Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, § 98 Rz 14, ).
Dabei sind an die zum Beweis einer Tatsache erforderliche Wahrscheinlichkeit hohe Anforderungen zu stellen. Der Grad der Wahrscheinlichkeit, der erreicht sein muss, um eine Tatsache als wahr (feststehend) anzusehen bzw den (bedingten) Vorsatz als erwiesen anzusehen, ist im Strafverfahren höher als im Steuerverfahren. So genügt im BAO-Verfahren die größte Wahrscheinlichkeit, also ein Überzeugungsgrad von knapp über 50%, während es für Zwecke des FinStrG der vollen Überzeugung des Richters bedarf, also eines Überzeugungsgrades, bei dem "nur wenige Promille zur Hundertprozentgrenze" fehlen (Vgl. Kotschnigg/Pohnert in Tannert/Kotschnigg/Twardosz, FinstrG, § 98 Rz 5 und Rz 58, ).
Nach dem zweiten Halbsatz des § 98 Abs 3 FinStrG darf, wenn Zweifel bestehen bleiben, die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden. Damit wurde die in Art 6 Abs 2 EMRK festgelegte Unschuldsvermutung auch als Beweisregel in das FinStrG übernommen. Nach der Beweiswürdigung verbleibende Zweifel müssen zu Gunsten des Beschuldigten wirken. (Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, § 98 Rz 23, , ).
Auch mit dem Vorbringen eines Irrtums hat sich die Abgabenbehörde und in der Folge das Bundesfinanzgericht auseinanderzusetzen und den Schuldvorwurf einwandfrei zu begründen. Allenfalls verbleibende Zweifel müssen hierbei ebenfalls in Ansehung des Rechtsgrundsatzes "in dubio pro reo" zugunsten des Beschuldigten wirken. (Vgl )
Für die Beurteilung der "hinterzogenen Abgabe" gilt also die Unschuldsvermutung und wegen der die Abgabenbehörde treffenden Beweislast für die Hinterziehung auch der Zweifelsgrundsatz als verfahrensrechtliche Richtschnur. (Vgl , ).
Im gegenständlichen Fall ist die subjektive Tatseite unter Beachtung der vorstehenden Rechtsausführungen wie folgt zu beurteilen:
Die Bf war im Zeitpunkt des Zuflusses der Bestattungsbeihilfe und der Hinterbliebenenunterstützung im Dezember 2012 und im Zeitraum bis zum gesetzlich vorgesehenen Endzeitpunkt für die Abgabe der Einkommensteuererklärung 2012 am steuerlich nicht vertreten. Dennoch kann nach allgemeiner Lebenserfahrung vorausgesetzt werden, dass der Bf, auch als einer des Steuerrechts unkundigen Person, das grundsätzliche Bestehen der Einkommensteuerpflicht ab einem Einkommen von (zumindest) 11.000,00 Euro bekannt war. In der Vorhaltsbeantwortung vom wurde dieses allgemein vorhandene Wissen auch bestätigt.
Die im Dezember 2012 ausbezahlte Bestattungsbeihilfe (3.000,00 Euro) und die Hinterbliebenenunterstützung (12.000,00 Euro) ergaben in Summe 15.000,00 Euro. Dieser Betrag liegt (unabhängig von den anderen im Streitjahr 2012 erzielten Einkünften) über den angesprochenen 11.000,00 Euro.
Von Seiten der Bf wird dazu allerdings eingewendet, dass der Bestattungsbeihilfe in Höhe von 3.000,00 Euro tatsächliche Kosten für die Bestattung ihres Ehemanns in Höhe von 4.830,13 Euro gegenüberstanden und dass sie daher der Meinung war, die Bestattungsbeihilfe sei als Kostenersatz keiner Besteuerung zu unterziehen. (Pauschalierte) Auslagenersätze unterliegen grundsätzlich nicht der Einkommensteuer (vgl Laudacher in Jakom, EStG 2021 § 2 Rz 16), was jedenfalls (logisch gedacht) auch für einen steuerrechtlichen Laien naheliegend sein wird. Betrachtet man das Wort "Bestattungsbeihilfe" so wird unter dem Begriff "Beihilfe" landläufig eine Unterstützung in Form von Geld verstanden und in der Verbindung mit dem Wort "Bestattung" eine Zweckbindung an Bestattungskosten erkannt werden, sodass die Bestattungsbeihilfe tatsächlich nach einem allgemeinen Verständnis als ein Auslagenersatz für Bestattungskosten gesehen werden kann. Für das Bundesfinanzgericht ist daher allein aufgrund der Bezeichnung "Bestattungsbeihilfe" die von Seiten der Bf erfolgte Darlegung durchaus nachvollziehen. Wenn sie ausführt, subjektiv der Meinung gewesen zu sein, es handle sich bei der Bestattungsbeihilfe um einen von Seiten des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Salzburg gewährten Ersatz für (tatsächlich im Dezember 2012 auch angefallene) Bestattungskosten, der keiner Besteuerung zu unterziehen sei, so erscheint dies glaubhaft. Das Vorliegen eines Irrtums betreffend die Besteuerung der Bestattungsbeihilfe lässt sich somit nicht zweifelsfrei ausschließen.
Die von der Bf angestellten Überlegungen bzw deren Meinung, dass die von der Ärztekammer Salzburg ausbezahlte Hinterbliebenenunterstützung mit steuerbefreiten, aus sozialen Überlegungen gewährten Transferleistungen wie der Notstandshilfe vergleichbar sei, erscheint ebenfalls nicht gänzlich abwägig. Tatsächlich sah § 3 Z 3 EStG 1972 bis zum 3. Abänderungsgesetz 1987, BGBl 606/1987, vor, dass Sterbegelder und gleichartige Leistungen aus den Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen von der Einkommensteuer befreit waren (vgl RV 1201 Blg NR 13. GP). Auch diesbezüglich kann somit ein Irrtum der Bf nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden.
Jedenfalls bedarf es detaillierter steuerlicher Kenntnisse, um erkennen zu können, dass Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung als selbständige Einkünfte einer Besteuerung zu unterziehen sind; nicht umsonst richtete die Österreichische Ärztekammer am eine Anfrage betreffend die Besteuerung der Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung an das Bundesministerium für Finanzen (vgl Pkt 1). Auf derartig detaillierte steuerlichen Kenntnisse der Bf gibt es keine Hinweise, tatsächlich bezog sie in den Jahren vor dem Streitjahr 2012 kein steuerpflichtiges Einkommen, war somit nicht berufstätig und musste keine Steuererklärungen einreichen bzw musste sich nicht mit steuerrechtlichen Fragen befassen, was ebenfalls das Vorliegen eines Irrtums nahelegt.
Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Bf das Informationsschreiben der Ärztekammer vom zugestellt wurde und ihr dadurch zur Kenntnis gelangte, dass die Bestattungsbeihilfe sowie die Hinterbliebenenunterstützung als Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 22 Z 1 iVm § 32 Z 2 EStG zu versteuern sind und daher eine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt einzureichen ist. Die Verantwortung, der Bf sei das Informationsschreiben der Ärztekammer Salzburg vom erst aufgrund der Nachfrage ihrer steuerlichen Vertretung durch das eMail der Ärztekammer Salzburg vom bekannt geworden und es sei diesbezüglich allgemein bekannt, dass immer wieder Poststücke in Verlust geraten, wurde von Seiten der Abgabenbehörde nicht widerlegt. Ein Hinweis darauf, dass diese Briefsendung der Ärztekammer Salzburg mit Zustellnachweis erfolgte, ist der dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Kopie der Mitteilung vom nicht zu entnehmen; es fehlt vielmehr (im Gegensatz zu dem an die Bf adressierten Bescheid der Ärztekammer Salzburg vom ) ein ausdrücklicher Vermerk Einschreiben. Eine Sendungsverfolgung bzw Nachforschungen zur ordnungsgemäßen Zustellung sind nicht (mehr) möglich. Es entspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Poststücke immer wieder in Verlust geraten und Postsendungen niemals bei ihrem Adressaten ankommen. Es lässt sich daher letztlich nicht mit erforderlicher Sicherheit ausschließen, dass die Bf von dem Informationsschreiben der Ärztekammer Salzburg vom tatsächlich erst im Jahr 2019 Kenntnis erlangte. Dementsprechend kann nicht zweifelsfrei davon ausgegangen werden, dass die Bf die im Informationsschreiben der Ärztekammer Salzburg zum Ausdruck kommende Meinung der Finanzverwaltung bereits Ende 2012 bzw im Jahr 2013 kannte.
Es könnte der Bf lediglich der Vorwurf gemacht werden, keinen fachkundigen Rat eingeholt zu habe, doch auch der nicht entschuldbare Irrtum schließt den Vorsatz aus. (Vgl nochmals ).
Bedingter Vorsatz liegt nur dann vor, wenn der Täter die Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet. Aus der im gegenständlichen Fall gegebenen Sachlage lässt sich nicht zwingend ableiten, dass die Bf eine grundsätzliche Steuerpflicht der Bestattungsbeihilfe und der Hinterbliebenenunterstützung und damit eine Abgabenhinterziehung für möglich hielt und sich damit abgefunden hätte. Es lässt sich vielmehr nicht zweifelsfrei ausschließen, dass sich die Bf in einem Irrtum über die Steuerpflicht der ihr zugeflossenen Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung befand. Ein Irrtum steht der Annahme von Vorsatz entgegen.
Es fehlt somit an der Verwirklichung des subjektiven Tatbildes der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG. Dementsprechend kommt die verlängerte Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs 2 BAO gegenständlich nicht zur Anwendung.
Der Beschwerde ist dementsprechend stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
5 Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. (Art 133 Abs 4 B-VG).
Im gegenständlichen Fall waren Fragen der Beweiswürdigung, welche im Einklang mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorgenommen wurde, entscheidungswesentlich. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu lösen. Die Revision ist daher nicht zulässig.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 8 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 22 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 9 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100030.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at