Zurechnung von Einkünften
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri***
in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Kantner Wirtschaftstreuhand und Steuerberatungs GmbH, Mariahilfstraße 27d, 6900 Bregenz,
betreffend den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom hinsichtlich Einkommensteuer 2015, Steuernummer ***BF1StNr1***,
zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
In ihrer Beschwerde legte die steuerlich vertretene Beschwerdeführerin dar, dass die Abgabenbehörde im angefochtenen Bescheid vom Vorliegen von Einkünften aus Kapitalvermögen i.H.v. € 49.244,05 ausgegangen sei. Tatsächlich lägen aber keine Einkünfte aus Kapitalvermögen vor. Die Beschwerdeführerin habe, wie bereits in einer Vorhaltsbeantwortung dargetan, keine Zinsen erhalten. Dies könne durch Steuererklärungen und Kontoauszüge nachgewiesen werden. Unabhängig davon, ob die Beschwerdeführerin eine wirtschaftliche Verfügungsmacht über ein Darlehen an die Schweizer Gesellschaft ***1*** (kurz: ***2***) AG habe oder nicht, könnten keine fiktiven Zinsen als Einkünfte angesetzt werden, wenn sie solche tatsächlich nicht bezogen oder gutgeschrieben erhalten habe.
Es erging eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, in welcher ausgeführt wurde:
Die Abgabenbehörde verweise auf die Ergebnisse der Außenprüfung gemäß § 147 BAO für die Einkommensteuer 2012-2014 sowie auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung vom betreffend Einkommensteuer 2013-2014. Es sei nämlich in der gegenständlichen Beschwerdesache kein neues Vorbringen hinzugetreten. Es ergebe sich daher, dass das in Streit stehende Darlehen an die Schweizer ***2*** AG seit dem Einantwortungsbeschluss zu einem Drittel der Beschwerdeführerin zuzurechnen sei. Dass diese auf die Zinsen zugunsten ihres Sohnes verzichtet habe, weil er sämtliche vermögensrechtlichen Angelegenheiten abwickle, ändere nichts daran, dass die diesbezüglichen Einkünfte weiterhin im Sinne der §§ 21 und 24 BAO der Beschwerdeführerin zuzurechnen seien. Sie habe nämlich die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Darlehen nicht aufgegeben. Der Verzicht auf die Zinsen zugunsten ihres Sohnes stelle lediglich eine (freiwillige) Einkommensverwendung gemäß § 20 Abs. 1 Z. 4 EStG 1998 dar und sei steuerlich nicht beachtlich. Ein Drittel der Zinserträge i.H.v. € 147.732,16 (Anm.: dh, € 49.244,05) sei daher der Beschwerdeführerin als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 1 und 2 EStG 1988 zuzurechnen.
Die Beschwerdeführerin brachte in der Folge durch ihre steuerliche Vertretung einen Antrag auf Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ein und erläuterte:
Sie sei Darlehensgeberin an die Schweizer ***2*** AG und habe für das Darlehen bisher keine Zinsen verrechnet. Trotzdem seien in ihrem Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr seitens der Abgabenbehörde Einkünfte aus Kapitalvermögen in der Höhe von € 49.244,05 für fiktive Zinsen angesetzt worden. Sie sei nicht Gesellschafterin der ***2*** AG und es stehe ihr frei, für Darlehen Zinsen zu verrechnen oder nicht.
Die Beschwerdeführerin und ihr Sohn hätten die Darlehensforderungen an die ***2*** AG im Zuge der Erbschaft nach dem verstorbenen Gatten bzw. Vater übernommen. ***3***, der Sohn, verrechne und erhalte für seinen Teil des Darlehens Zinsen, die er auch ausbezahlt bekomme und laut bereits übermittelten Nachweisen (Steuererklärung) auch versteuere.
Entgegen den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung stelle daher die Nichtverrechnung von Zinsen seitens der Beschwerdeführerin keinen Verzicht auf Zinsen zugunsten ihres Sohnes dar, weshalb es sich auch nicht um eine Einkommensverwendung gemäß § 20 Abs. 1 Z. 4 EStG 1988 handle. Wäre dies so, so müssten der Beschwerdeführerin Zinsen gutgeschrieben werden, die sie sodann ihrem Sohn überließe. Tatsächlich würden ihr aber keinerlei Zinsen gutgeschrieben, sodass sie auch keine ihr gutgeschriebenen Zinsen ihrem Sohn überlassen könne. Der Ansatz von Zinsen als Besteuerungsgrundlage sei daher zu Unrecht erfolgt. Die Beschwerdeführerin beantrage, die Einkünfte aus Kapitalvermögen in der Höhe von € 49.244,05 ersatzlos aus dem angefochtenen Bescheid zu streichen.
In einer Stellungnahme zum Vorlagebericht wurde seitens der Abgabenbehörde ausgeführt, es seien keinerlei Unterlagen dahingehend vorgelegt worden, dass das Darlehen teilweise entgeltlich (für den Anteil des Sohnes) und teilweise unentgeltlich (für den Anteil der Beschwerdeführerin) vergeben worden sei. Somit gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass die verrechneten Zinsen nur auf den Darlehensanteil von ***3*** zurückzuführen seien. Es könne nicht entscheidend sein, auf wessen Konto Zahlungen aufgrund eines internen Rechtsverhältnisses überwiesen würden, maßgebend sei die Frage, wem aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse die Einkünfte zuzurechnen seien. Von Seiten der Abgabenbehörde werde daher die rechtliche Würdigung aufrechterhalten, wonach ein Drittel der auf dem Darlehenskonto "Darlehen ***3***" der ***2*** AG verrechneten Zinsen der Beschwerdeführerin zuzuschreiben seien.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
***4***, der Gatte der Beschwerdeführerin, verstarb am ***5***.
Die Einantwortung hinsichtlich der Aktiva und Passiva des Nachlasses erfolgte zu 1/3 für die Beschwerdeführerin und zu 2/3 für den Sohn ***3***.
Im Nachlass befanden sich unter anderem Darlehensforderungen gegenüber der Schweizer ***2*** AG.
Per wurde der Saldo des Darlehens mit € 7.316.027,59 ausgewiesen.
Ebenfalls am erklärten Mutter und Sohn in einem Schreiben gegenüber der ***2*** AG, dass "per sofort" ***3*** Darlehensgläubiger gegenüber der ***2*** AG sei: "Der Rechtsanspruch bezüglich der für das Geschäftsjahr 2014 gutgeschriebenen Darlehenszinsen steht ***3*** zu".
Das Schreiben, welches zudem allenfalls erforderliche Ausgleichshandlungen zwischen Mutter und Sohn in Aussicht stellte, wurde von beiden unterzeichnet.
Die Feststellungen zum Sachverhalt gründen sich auf unstrittigen Akteninhalt.
Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 21 Abs. 1 BAO ist für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Gemäß § 24 Abs. 1 BAO gelten für die Zurechnung der Wirtschaftsgüter bei der Erhebung von Abgaben, soweit in den Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist, folgende Vorschriften:
a) Wirtschaftsgüter, die zum Zweck der Sicherung übereignet worden sind, werden demjenigen zugerechnet, der die Sicherung einräumt.
b) Wirtschaftsgüter, die zu treuen Handen übereignet worden sind, werden dem Treugeber zugerechnet.
c) Wirtschaftsgüter, die zu treuen Handen für den Treugeber erworben worden sind, werden dem Treugeber zugerechnet.
d) Wirtschaftsgüter, über die jemand die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt, werden diesem zugerechnet….
Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Strittig ist: Sind die seitens der ***2*** AG gutgeschriebenen Zinsen für ein Darlehen zu einem Drittel der Beschwerdeführerin als Einkünfte aus Kapitalvermögen zuzurechnen?
Nicht weiter strittig ist, dass die Beschwerdeführerin neben ihrem Sohn ***6*** in einem Verhältnis 1/3 zu 2/3 Darlehensgeberin an die ***2*** AG ist.
Nach herrschender Lehre sind Einkünfte demjenigen zuzurechnen, dem die Einkunftsquelle zuzurechnen ist. Die Einkunftsquelle kann sich auf das (wirtschaftliche) Eigentum, auf ein Mietrecht (zur Weiter-oder Untervermietung), auf ein Nutzungsrecht oder auf eine bloße Tätigkeit gründen. Zurechnungssubjekt ist derjenige, der aus der Tätigkeit das Unternehmerrisiko trägt, der also die Möglichkeit besitzt, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern. Die rechtliche Gestaltung ist dabei nur insoweit maßgebend, als sich in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nichts anderes ergibt.
Vgl. dazu etwa :
"Nach § 24 Abs. 1 lit. d BAO werden Wirtschaftsgüter, über die jemand die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt, diesem zugerechnet (wirtschaftlicher Eigentümer). Das sogenannte wirtschaftliche Eigentum wird als Ausfluss der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (§ 21 BAO) angesehen (Ritz, BAO6, § 24 Rz 1). Die Zurechnung von Wirtschaftsgütern erfolgt somit nach Maßgabe des wirtschaftlichen Eigentums. Wirtschaftlicher Eigentümer ist in der Regel der zivilrechtliche Eigentümer. Ein vom Zivilrecht abweichendes wirtschaftliches Eigentum ist jedoch nach Lehre und Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind (Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung, Veräußerung), auszuüben in der Lage ist und wenn er zugleich jeden Dritten (auch den zivilrechtlichen Eigentümer) von der Verfügungsgewalt und Nutzung der Sache, auf Dauer, dh auf die Dauer der voraussichtlichen wirtschaftlichen Nutzung, ausschließen kann (vgl. ua Ritz, BAO6, § 24 Tz 3; Doralt, EStG20, § 2 Tz 113 und die dort angeführte Judikatur). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen kann nicht allein schematisch geprüft werden, sondern ist anhand des Gesamtbildes der Verhältnisse des jeweiligen Falles festzustellen ( 2007/15/0248). Hiezu ist die Vertragsgestaltung in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu würdigen ( 2391/71). Für die Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums kommt besonderes Gewicht auch der Frage zu, wem das Risiko der Wertminderung und die Chance der Wertsteigerung aber auch die Gefahrtragung zukommt (zB 2006/15/0123; , 2011/15/0096; , 99/14/0109)".
Sind Verträge zwischen nahen Angehörigen zu beurteilen, so müssen eindeutige Vereinbarungen vorliegen, die eine klare Abgrenzung zwischen Einkommenserzielung und-Verwendung zulassen. Sie werden - selbst bei zivilrechtlicher Gültigkeit - für den Bereich des Steuerrechts nur dann anerkannt, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen (Publizitätswirkung), einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben, und zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (Fremdvergleich).
Für den Streitfall ergibt sich: Die Abgabenbehörde stützt sich bei Beurteilung des Sachverhaltes auf die Ergebnisse der Betriebsprüfung betreffend die Jahre 2012 bis 2014, wonach die Beschwerdeführerin die wirtschaftliche Verfügungsmacht zu einem Drittel über das Darlehen an die ***2*** AG innehat und ihr daher anteilig die Einkünfte aus Kapitalvermögen zuzurechnen sind. In Beantwortung eines Ergänzungsersuchens wurde der Abgabenbehörde betreffend das hier gegenständliche Streitjahr mitgeteilt, dass gegenüber den genannten Prüfungsjahren keine Änderung des Sachverhalts eingetreten sei.
Laut Betriebsprüfungsbericht 2012 - 2014 (Tz. 1 "Privatdarlehen") hat der steuerliche Vertreter in der Schlussbesprechung vom ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin sämtliche Abwicklungen geschäftlicher Natur nach dem Tod ihres Mannes ihrem Sohn überlassen habe. Dazu gehörten auch die Verwaltung diverser Gelder und die Forderungen, die sie aus der ***2*** AG geerbt hätte. Die Beschwerdeführerin habe sowohl den Geldbetrag als auch die daraus resultierenden Zinsen aus den Forderungen gegenüber der ***2*** AG ihrem Sohn überlassen, ihm jedoch nicht die Forderungen schenkungsweise übertragen. Ihr Sohn habe dafür zu sorgen, dass sie monatlich einen entsprechenden Betrag für ihren Lebensunterhalt erhalte, ansonsten stehe es ihm frei, die Gelder zu verwenden.
Weiters ist im Betriebsprüfungsbericht (Tz. 1) verzeichnet, dass der steuerliche Vertreter über Ersuchen der Betriebsprüfung als Nachweis für die steuerliche Erfassung der Zinseinkünfte eine Kopie aus den Steuererklärungen des Sohnes der Beschwerdeführerin vorgelegt hat, aus welcher ersichtlich ist, dass der Sohn für 2014 die Zinsen aus dem Darlehen der ***2*** AG zu 100 % in seine (Anm.: Schweizer) Steuererklärungen aufgenommen und diese auch zu 100 % versteuert hat. Die Zinsgutschriften für das Jahr 2013 wären noch zu einem Drittel (das sind € 48.244) der Beschwerdeführerin zuzurechnen gewesen und aufgrund der tatsächlichen Auszahlung im Jahr 2014 im Einkommensteuerbescheid der Beschwerdeführerin zu korrigieren.
Unter der Überschrift "Zufluss" wird in Tz. 1 des Betriebsprüfungsberichtes festgehalten: "Mit der Gutschrift der "Sollzinsen 2013 Nachlass ***7***" von ***2*** AG i.H.v. € 217.100 auf das Darlehenskonto per erfolgte der Zufluss. Die Gutschrift wurde im Folgejahr storniert und ein Betrag von € 144.733 gutgeschrieben. Frau ***8*** sind demnach im Jahr 2013 € 48.244,33 (1/3 von € 144.733) im Jahr 2014 € 49.798 (1/3 von € 149.394) an bisher nicht deklarierten Kapitalerträgen zugeflossen. Diese Einkünfte aus Privatdarlehen unterliegen gemäß § 27 Abs. 2 EStG der Tarifbesteuerung".
Zum Punkt "Zinsberechnung" findet sich in den Arbeitsunterlagen der Betriebsprüfung der Vermerk, dass ab dem Jahr 2013 fremdübliche Zinsen (2 %) zwischen der ***2*** AG und den Erben vereinbart worden seien. Die solcherart verrechneten Zinsen würden daher für die steuerliche Berechnung herangezogen.
Bei Auswertung dieser Feststellungen der Betriebsprüfung für die Jahre 2012 - 2014 zeigt sich zum einen, dass eine teilweise Zinslosigkeit des (auch hier streitgegenständlichen) Darlehens unter den beiden Gläubigern niemals Gegenstand der Erörterung war. Insofern ist das Vorbringen der steuerlich vertretenen Beschwerdeführerin laut Vorlageantrag, wonach sie für ihren Anteil an der Darlehensforderung keine Zinsen in Rechnung gestellt habe, ihr Sohn jedoch (für seinen Anteil) sehr wohl, nicht glaubwürdig.
Vielmehr erklärt sich diese erst im Vorlageantrag für das Jahr 2015 - d. h. in einem relativ späten Stadium des Verfahrens und nach nicht weiter angefochtener Beschwerdevorentscheidung für die Jahre 2013-2014 - geäußerte Verantwortung offensichtlich als Reaktion auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung, wonach ein Verzicht der Beschwerdeführerin auf Zinsen zugunsten des Sohnes nichts an der steuerlichen Zurechnung ändere, sondern lediglich eine freiwillige Einkommensverwendung im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 darstelle.
Es ist in diesem Zusammenhang auch auf die Stellungnahme der Abgabenbehörde zum Vorlagebericht zu verweisen, die anmerkt: "Im Vorlageantrag wurde nun erstmals vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin hinsichtlich ihres Anteils komplett auf eine Zinsforderung verzichtet, nicht aber deren Sohn. Beweismittel, die diese Behauptung untermauern würden, wurden nicht vorgelegt."
Zu bemerken ist überdies, dass die im Betriebsprüfungsbericht für die Jahre 2012-2014 berechneten und unwidersprochen gelassenen Drittelanteile an den Zinsen, die der Beschwerdeführerin zugerechnet wurden, € 48.244,33 (2013) und € 49.798,00 (2014) betrugen. Es besteht insofern annähernd Übereinstimmung mit dem hier strittigen, der Beschwerdeführerin zugeschriebenen, Anteil von € 49.244,05 (2015). Dem Einwand im Vorlageantrag, wonach für den Darlehensanteil der Beschwerdeführerin keine Zinsen verrechnet worden wären, nur der Sohn erhalte für seinen Teil des Darlehens Zinsen, welche auch in der Schweiz der Besteuerung unterzogen würden, mangelt es daher an Schlüssigkeit (nicht angezweifelt wird seitens des BFG bzw. der Abgabenbehörde, dass der Sohn den Gesamtbetrag an Zinsen in der Schweiz steuerlich deklariert hat).
Soweit - abgesehen von der im Vorlageantrag behaupteten Zinslosigkeit - die Frage zu beurteilen ist, wem die Zinsen als Einkünfte aus der Einkunftsquelle Darlehensforderung zuzurechnen sind, ist auszuführen: Entsprechend dem oben wiedergegebenen Auszug aus dem Betriebsprüfungsbericht 2012 - 2014 hat die Beschwerdeführerin nach dem Tod ihres Gatten "sämtliche Abwicklungen geschäftlicher Natur, wozu auch die Verwaltung diverser Gelder und die Forderungen, die sie aus der S AT AG geerbt hat", ihrem Sohn überlassen …. "sie hat ihm aber nicht die Forderung schenkungsweise übertragen".
Anderes kann auch aus dem formlosen Schreiben vom nicht abgeleitet werden, welches die Beschwerdeführerin und ihr Sohn mit dem Vermerk "Persönlich/Vertraulich" an einen namentlich genannten Vertreter der Schweizer ***2*** AG gerichtet haben und nach welchem der (in der Schweiz ansässige) Sohn der Beschwerdeführerin "per sofort" allein als Darlehensgläubiger gegenüber der (Schweizer) ***2*** AG auftritt und der Rechtsanspruch bezüglich der Darlehenszinsen ihm zusteht. Wie aus der Aktenlage hervorgeht, beruht diese Gestaltung auf dem entsprechenden Wunsch der schuldnerischen Gesellschaft, die damit Abläufe vereinfachen und beschleunigen wollte.
Diesem Schreiben vom kann aber keineswegs die Rechtswirkung zugeschrieben werden, dass der Beschwerdeführerin, die neben ihrem Sohn anteilige Gläubigerin ist, keine Dispositionsbefugnis mehr über ihren 1/3-Anteil an der Forderung zukommt.
Hätte die Beschwerdeführerin ihre anteilige Darlehensforderung rechtsgültig an ihren Sohn übertragen wollen, was grundsätzlich auch mit einem Übergang der daraus resultierenden Einkünfte an ihn verbunden gewesen wäre, so hätte es dazu eines, idealerweise von einer berufsmäßig- rechtskundigen Person formell aufgesetzten, Vertrages bedurft.
Das vorliegende Schreiben stellt keinen Vertrag dar und hat nicht die Übertragung eines Wirtschaftsgutes zum Inhalt. Es ist vielmehr eine formlose, persönliche Mitteilung an einen Vertreter der schuldnerischen Gesellschaft hinsichtlich der Modalitäten der Zinsenzahlungen für das von der Beschwerdeführerin und ihrem Sohn hingegebene Darlehen. Eine Untersuchung unter dem Gesichtspunkt der an Familienverträge anzulegenden, strengen Kriterien ist im Hinblick auf dieses Schreiben, dem nach Form und Inhalt schon per se keine Vertragsqualität zukommt, obsolet.
Einkünfte sind nach herrschender Lehre demjenigen zuzurechnen, dem die Einkunftsquelle zuzurechnen ist. Nach obigen Ausführungen hat die Beschwerdeführerin ihren Anteil an der Darlehensforderung nicht ihrem Sohn übertragen, sie ist also zivilrechtliche Eigentümerin zu einem Drittel an der in Streit stehenden Darlehensforderung geblieben (es steht auch gegenständlich nicht in Streit, dass sie Darlehensgläubigerin zu einem Drittel ist). Zu untersuchen ist daher die Frage, ob sie gleichzeitig wirtschaftliche Eigentümerin geblieben ist, bzw., ob als wirtschaftlicher Eigentümer und damit Zurechnungssubjekt der aus der Einkunftsquelle resultierenden Einkünfte ihr Sohn anzusehen ist.
Die Übertragung "sämtlicher Abwicklungen geschäftlicher Natur" und die Betrauung mit der "Verwaltung diverser Gelder und Forderungen" räumt nach Rechtsüberzeugung des Bundesfinanzgerichtes nicht eine Herrschaft über die Sache ein, die den mit den genannten Aufgaben Betrauten wie einen Eigentümer mit der Sache schalten lässt (vgl. Jakom/Laudacher EStG, 2015, § 2 Rz 31: "Nutzungs- und Verwaltungsrechte begründen in der Regel kein wirtschaftliches Eigentum").
Die uneingeschränkte Herrschaft gleich einem Eigentümer würde einen Gebrauch und Verbrauch, eine Belastung und Veräußerung als positive Befugnisse ebenso erlauben, wie die Berechtigung, jeden Dritten und auch den Eigentümer auf Dauer von der Substanz und den Nutzungen des Wirtschaftsgutes auszuschließen (negative Befugnis).
Nun wurden so weitgehende Befugnisse des Sohnes der Beschwerdeführerin nach Aktenlage nicht behauptet und deutet auch nichts darauf hin, dass er etwa seine Mutter von der Substanz und der Nutzung ihres Drittelanteiles an der Darlehensforderung dauerhaft ausschließen könnte. Auch hat sich die Beschwerdeführerin nicht ihrer positiven Befugnisse an ihrer (anteiligen) Darlehensforderung begeben, hat doch der steuerliche Vertreter im hier erörterten BP-Bericht (Tz. 1, Privatdarlehen) angegeben, "ob die Beschwerdeführerin diesen Vermögensteil (Anm.: anteilige Darlehensforderung) zukünftig ihren Sohn schenke oder vererbe", sei derzeit noch offen.
Die Beschwerdeführerin, die ihrem Sohn formal die geschäftlichen Abwicklungen und die Vermögensverwaltung übertragen hat, bleibt also nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht nur zivilrechtliche, sondern auch wirtschaftliche Eigentümerin. Sie selbst hat die Chance der Wertsteigerung, muss aber auch das Risiko der Wertminderung sowie die Gefahrtragung auf sich nehmen. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen, die aus der Einkunftsquelle Darlehensforderung resultieren, sind daher zu einem Drittel ihr zuzurechnen (vergleichbar etwa auch Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 2 Tz 144: "Bei der Treuhand bleibt die Dispositionsbefugnis in der Regel im Innenverhältnis beim Treugeber; dieser ist daher Zurechnungssubjekt der Einkünfte").
Soweit die Beschwerdeführerin durch ihre steuerliche Vertretung im Vorlageantrag vorgebracht hat, es seien ihr keinerlei Zinsen gutgeschrieben worden, sodass sie auch keine derartigen Zinsen ihrem Sohn hätte überlassen können (ad. Einkommensverwendung), ist auszuführen:
Nach herrschender Lehre ist eine Einnahme dann zugeflossen, wenn der Empfänger über sie rechtlich und wirtschaftlich verfügen kann, sobald er also die volle Verfügungsmacht über sie erhält. Einnahmen sind daher dem Steuerpflichtigen zugeflossen, wenn sie auf sein Bankkonto gutgeschrieben oder von seinem Bevollmächtigten in Empfang genommen worden sind. Das Entgelt für eine Leistung ist steuerlich auch dann dem Leistungserbringer zuzurechnen, wenn es mit Zustimmung oder auf seinen Wunsch einem Dritten, insbesondere auch nahen Angehörigen ausbezahlt wird (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18, § 19 Tz 8).
Umgelegt auf den Streitfall ist daraus abzuleiten: Aus der schriftlichen Erklärung, die die Beschwerdeführerin und ihr Sohn als Darlehensgläubiger gegenüber der ***2*** AG abgegeben haben, ist das Einverständnis der Beschwerdeführerin zu einer Abwicklung dahingehend ersichtlich, dass ihr Sohn gegenüber der Schuldnergesellschaft als alleiniger Gläubiger auftreten und die gesamten Darlehenszinsen erhalten soll. Ihr Anteil an den Zinsen wird also mit ihrer Zustimmung an ihren Sohn, der ihr naher Angehöriger ist, ausbezahlt, bzw., sie bevollmächtigt ihn zum Empfang ihres Anteils. Im Sinne der oben zitierten herrschenden Lehre erfolgt damit aber der Zufluss an sie.
Soweit sie - unabhängig von der Art des Zuflusses - ihren Zinsenanteil ihrem Sohn überlassen hat, ändert das nichts daran, dass der Anteil weiterhin ihr als Einkünfte zuzurechnen ist. Sie hat - wie schon in der Beschwerdevorentscheidung dargetan - die wirtschaftliche Verfügungsmacht über ihren Anteil an der Darlehensforderung nicht aufgegeben. Der Verzicht bzw. die Abtretung hinsichtlich der Zinsen stellt lediglich eine Einkommensverwendung gemäß § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 dar, die steuerlich nicht beachtlich ist (vgl. mit Hinweis auf die Fachliteratur).
Wenn die Beschwerdeführerin durch ihre steuerliche Vertretung im Vorlageantrag anmerkt, der Ansatz "fiktiver" Zinsen sei abzulehnen, setzt sie den gegenständlich zu beurteilenden Sachverhalt offenbar in unzutreffender Weise mit jenem gleich, den das Bundesfinanzgericht unter der Geschäftszahl RV/1100628/2016, , zu beurteilen hatte : Gegenständlich war jedoch nicht die Bewertung von ins Ausland überführten Wirtschaftsgütern gemäß § 6 Z. 6 lit. a EStG 1988 Streitgegenstand, sondern die Frage, wem - unstrittig tatsächlich gutgeschriebene und daher keineswegs "fiktive"- Kapitaleinkünfte zuzurechnen sind.
Insgesamt war wie im Spruch zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zu den Fragen des wirtschaftlichen Eigentums und der Zurechnung von Einkünften existiert eine gefestigte höchstgerichtliche Rechtsprechung. Soweit darüber hinaus Sachverhaltsfragen zu beurteilen waren, sind diese über den Einzelfall hinaus nicht von Interesse und einer Revision nicht zugänglich.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 24 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 27 Abs. 1 und 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 21 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.1100244.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at