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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 18.08.2021, RV/7500288/2021

Zurückweisung einer Beschwerde in einer Parkometersache als verspätet

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Judith Fries-Horn in der Verwaltungsstrafsache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde der Beschuldigten vom gegen den Zurückweisungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: ***1***, mit dem der Einspruch vom gegen die Strafverfügung vom mit derselben Geschäftszahl gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurückgewiesen wurde, den Beschluss gefasst:

  • Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Begründung

Mit Zurückweisungsescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Zahl: ***1***, wurde der Einspruch der Frau ***Bf1*** (in weiterer Folge: Beschwerdeführerin) vom gegen die Strafverfügung vom mit derselben Geschäftszahl gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurückgewiesen.

In der Rechtsmittelbelehrung wurde unter anderem wie folgt ausgeführt:
"... Die Beschwerde ist innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides schriftlich bei uns einzubringen..."

Die Zustellung des angefochtenen Zurückweisungsbescheides wurde von der Behörde auf Grund des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen angeordnet. Weil die Übergabe des Schriftstückes nicht möglich war, wurde es gemäß § 11 Zustellgesetz in Verbindung mit § 180 der deutschen Zivilprozessordnung am in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten (oder eine ähnliche Vorrichtung) eingelegt.

Mit E-Mail vom wurde Beschwerde erhoben.

Mit Verspätungsvorhalt vom hat das Bundesfinanzgericht die Beschwerdeführerin in Kenntnis gesetzt, dass das am mit E-Mail eingebrachte Rechtsmittel nach der Aktenlage verspätet erscheine, da die vierwöchige Rechtsmittelfrist am abgelaufen sei. Der beschwerdegegenständliche Zurückweisungsbescheid sei gemäß § 11 Zustellgesetz in Verbindung mit § 180 der deutschen Zivilprozessordnung am in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten (oder eine ähnliche Vorrichtung) eingelegt worden, weil die Übergabe des Schriftstücks nicht möglich gewesen sei.

Es werde ihr Gelegenheit geboten, diesen Sachverhalt zur Kenntnis zu nehmen und innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine Stellungnahme abzugeben.

Die Beschwerdeführerin gab zum nachweislich am übernommenen Verspätungsvorhalt (Übernahmebestätigung Internationaler Rückschein) keine Stellungnahme ab.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 7 VwGVG normiert:

"(4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit) [...] beträgt vier Wochen. Sie beginnt
1. in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet) dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung."

§ 11 Zustellgesetz normiert:

"(1) Zustellungen im Ausland sind nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen."

Artikel 10 Abs. 1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen normiert:

"(1) Schriftstücke in Verfahren nach Artikel 1 Absatz 1 [Amts- und Rechtshilfe in österreichischen Verwaltungsstrafverfahren] werden unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "Eigenhändig" und "Rückschein" zu versenden. Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstücks nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen. Die Vertragsstaaten teilen einander diese Stellen mit."

§ 180 der deutschen Zivilprozessordnung normiert:

"Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 [Ersatzzustellung in der Wohnung] nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung."

Der ordnungsgemäße Zustellnachweis ist eine öffentliche Urkunde und macht Beweis über die Zustellung; ein Gegenbeweis nach § 292 Abs. 2 ZPO ist möglich (, , vgl. auch Ritz, BAO-Kommentar, Rz. 21 und 22 zu § 17 Zustellgesetz). Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen (vgl. , , , vgl. auch Ritz, BAO Kommentar2, Rz 22 zu § 17 Zustellgesetz).

Nach der im Akt aufliegenden Zustellurkunde (AS 112f.) hat der Postbedienstete den Zurückweisungsbescheid vom , Zahl: ***1***, zu übergeben versucht. Weil die Übergabe des Schriftstücks in der Wohnung nicht möglich war, wurde dieses am in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten (oder eine ähnliche Vorrichtung) eingelegt.

Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wurde die Beschwerdeführerin mit Verspätungsvorhalt vom über das nach der Aktenlage verspätete Rechtsmittel (Beschwerde) in Kenntnis gesetzt, sie wurde aufgefordert schriftlich Stellung zu nehmen und gegebenenfalls eine mangelhafte Zustellung geltend zu machen.

Die Beschwerdeführerin hat zum Verspätungsvorhalt des Bundesfinanzgerichtes keine Stellungnahme abgegeben.

Somit geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung nach § 45 Abs. 2 AVG davon aus, dass der beschwerdegegenständliche Zurückweisungsbescheid mit dessen Einlegung in den Briefkasten am rechtmäßig zugestellt wurde.

Der angefochtene Zurückweisungsbescheid enthielt eine rechtsrichtige Rechtsmittelbelehrung.

Die vierwöchige Frist zur Einbringung der Beschwerde begann daher am und endete am Dienstag den .

Die am und somit nach Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist eingebrachte Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid war daher als verspätet zurückzuweisen.

Voraussetzung für die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet ist allein die Versäumung der Rechtsmittelfrist und nicht auch ein Verschulden der Partei an der Verspätung (vgl. , vgl. auch VGW-241/041/ RP07/7308/2017-3 Wien, ).

Da eine nicht rechtzeitig eingebrachte Beschwerde mit Beschluss zurückzuweisen ist, war es dem Bundesfinanzgericht verwehrt, auf das (materielle) Vorbringen einzugehen und eine Sachentscheidung zu treffen (vgl. , , , , 0003, ).

§ 44 VwGVG normiert:

"(2) Die Verhandlung entfällt, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist."

Es war keine mündliche Verhandlung durchzuführen, da die Beschwerde zurückzuweisen war.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm Art. 133 Abs. 9 B-VG und § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen einen die Angelegenheit abschließenden Beschluss des Bundesfinanzgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die rechtlichen Konsequenzen einer verspätet eingebrachten Beschwerde aus dem Gesetz ergeben, war die ordentliche Revision im gegenständlichen Fall für nicht zulässig zu erklären.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7500288.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at