Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.08.2021, RV/7101387/2020

Vertragserrichtungskosten als Teil der Gegenleistung bei einem Erwerb von einem Bauträger

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse Rauhofer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***5***, ***6***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Grunderwerbsteuer , ErfNr ***2*** Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf

Abgabenerklärung vom

Mit Abgabenerklärung vom wurde dem (damaligen) Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich, Dienststelle für Sonderzuständigkeiten, kurz FA) ein am zwischen der Firma ***1*** (kurz Bauträger) als Verkäuferin und Frau ***Bf1*** (die nunmehrige Beschwerdeführerin, kurz Bf.) als Erwerberin abgeschlossener Kauf- und Bauträgervertrag angezeigt. Als Gegenleistung wurde der Kaufpreis iHv € 354.450,00 erklärt.

Vorhalteverfahren

Am und am richtete das FA jeweils einen Vorhalt mit folgendem Inhalt an die Bf.:

"Beim gegenständlichen Vertrag handelt es sich um ein Bauprojekt iSd. BTVG. Gem. § 17 BTVG ist der Bauträger verpflichtet, einen Vertrag iSd. § 3 Abs. 1 oder § 4 Abs. 1 BTVG zu errichten. Es steht daher außer Zweifel, dass der Bauträger den Auftrag zur Vertragserrichtung und zur Abwicklung des Projektes erteilt hat. Die Übernahme der Vertragserrichtungskosten durch den Käufer stellt somit einen Teil der Gegenleistung dar.

Sie werden höflichst ersucht die Höhe der Vertragserrichtungskosten bekanntzugeben."

Am brachte der rechtsfreundliche Vertreter der Bf. (der auch der Vertragserrichter war) beim FA über FinanzOnline einen mit datierten Schriftsatz ein und gab die Vertragserrichtungs- und -abwicklungskosten mit pauschal € 3.600,00 (inklusive Umsatzsteuer) bekannt.

Der Gesetzgeber des BTVG habe keine Verpflichtung des Bauträgers vorgesehen, die Vertragserrichtung und -abwicklung auf eigene Kosten zu veranlassen. Erforderlich nach den zwingenden Bestimmungen des BTVG sei, dass ein schriftlicher Vertrag errichtet wird. Welche der Vertragsparteien (oder beide) oder Dritte den Auftrag zur Vertragserrichtung und -abwicklung einerseits und die Tragung der damit verbundenen Kosten andererseits übernehmen, sei im BTVG nicht zwingend vorgeschrieben und bleibe damit in der freien Disposition der Vertragsparteien.

Im konkreten Fall habe er zum Projektstart den Auftrag seitens des Bauträgers erhalten, für den Vertrieb eine Vorlage für einen Kauf- und Bauträgervertrag zu errichten. Dieser Auftrag sei seinerseits erfüllt worden und sei abgeschlossen. Eine Übernahme von Kosten habe nicht stattgefunden.

Finden sich Käufer für die gegenständlich zu errichtenden Wohnungen, würden diese ihm Auftrag und Vollmacht zur Errichtung und Abwicklung des konkreten Kauf- und Bauträgervertrages erteilen. Auch diese an ihn durch die Käufer direkt erteilten Mandate würde keine Übernahme von Vertragserrichtungskosten durch die Käufer darstellen. Eine solche Übernahme würde rechtlich eine zuvor bestehende Verpflichtung ihm gegenüber voraussetzen. Eine solche sei nicht vorgelegen.

Grunderwerbsteuerbescheid vom

Mit Bescheid vom setzte das FA die Grunderwerbsteuer für den Kauf- und Bauträgervertrag vom gegenüber der Bf. mit € 12.531,75 fest. Dabei ging das FA von einer Gegenleistung iHv € 358.050,00 (Kaufpreis iHv € € 354.450,00 zuzüglich Vertragserrichtungskosten iHv € 3.600,00) aus.

Zur Begründung führte das FA aus, dass es sich beim gegenständlichen Vertrag um ein Bauprojekt iSd BTVG handle. Gemäß § 17 BTVG sei der Bauträger verpflichtet, einen Vertrag iSd § 3 Abs. 1 oder § 4 Abs. 1 BTVG zu errichten. Es stehe daher außer Zweifel, dass der Bauträger den Auftrag zur Vertragserrichtung und zur Abwicklung des Projektes erteilt habe. Die Übernahme der Vertragserrichtungskosten durch den Käufer stelle somit einen Teil der Gegenleistung dar ( u.a.).

Beschwerde

Gegen den Bescheid wurde am zunächst eine nicht unterschriebene Beschwerde eingebracht. Nach telefonischer Rücksprache wurde der Mangel behoben und übersandte der rechtsfreundliche Vertreter der Bf. am eine von ihm unterschriebene Ausfertigung der Beschwerde vom ans FA.

Die Beschwerde richtet sich gegen die Einbeziehung der Vertragserrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage. Beantragt wurde, den angefochtenen Bescheid abzuändern und als Bemessungsgrundlage lediglich den Kaufpreis iHv € 354.450,00 heranzuziehen und die Grunderwerbssteuer mit € 12.405,75 festzusetzen.

Auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wurde ausdrücklich verzichtet.

Die Begründung entspricht den Ausführungen in der Eingabe vom . betont wurde nochmals, dass die Käufer für die gegenständlich zu errichtenden Wohnungen selbständig Auftrag und Vollmacht zur Errichtung und Abwicklung des konkreten Kauf- und Bauträgervertrages erteilen würden. Diese an den Einschreitervertreter durch die Käufer direkt erteilten Mandate würde keine Übernahme von Vertragserrichtungskosten durch die Käufer darstellen.

Vorlage der Beschwerde ans BFG

Mit Vorlagebericht vom legte das FA die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Dabei gab das FA noch eine Stellungnahme (die auch der Bf. übermittelt wurde) mit folgendem Inhalt ab;

"Der Begriff der Gegenleistung iSd §§ 4 und 5 GrEStG ist ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff.

Jede nur denkbare geldwerte Leistung, die für den Erwerb des Grundstückes vom Erwerber versprochen wird, ist Teil der Bemessungsgrundlage. Gegenleistung ist die Summe dessen, was der Käufer an wirtschaftlichen Werten zu leisten verspricht, um das Grundstück zu erhalten.

Der VwGH hat sich wiederholt mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Kosten der Vertragserrichtung zur Gegenleistung gehören.

Die Kosten der Errichtung der Vertragsurkunde zählen nur dann zur Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage, wenn der Veräußerer den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt und der Erwerber sich verpflichtet, diese Kosten zu tragen. Beauftragt nämlich der Veräußerer allein die Verfassung der Vertragsurkunde, dann entstehen nur ihm als Auftraggeber dafür Kosten. Verpflichtet sich der Käufer, diese für den Veräußerer entstandenen Kosten zur Gänze durch Zahlung an den Vertragsverfasser zu übernehmen, dann erbringt er in diesem Umfang eine sonstige Leistung, die er aufwenden musste, um das Grundstück zu erhalten ().

Gem. § 3 BTVG ist ein Vertrag schriftlich zu errichten.

Im § 4 BTVG sind die Mindestinhalte dieses Vertrages vorgegeben.

Sollte der Bauträger es unterlassen, einen den § 3 Abs. 1 oder § 4 Abs. 1 BTVG entsprechenden Vertrag zu errichten, droht ihm gem. § 17 BTVG eine Geldstrafe idHv. € 14.000,--.

Angesichts der drohenden Strafe, scheint es unglaubwürdig, dass nicht der Bauträger den Vertragsinhalt vorgibt und die Ausformulierung einem Vertreter seines Vertrauens übergibt und diesen beauftragt.

Bei der Durchführung von Wohnungsverkäufen im Rahmen von der Errichtung von Wohnhausanlagen mit mehreren Wohnungen stellt sich der tatsächliche Geschehensablauf nach der Lebenserfahrung bzw. den Erfahrungen im Wirtschaftsleben so dar, dass im Zuge der Projektentwicklung die Veräußererseite an einen Notar/Rechtsanwalt mit dem Auftrag zur Erstellung eines Mustervertrages herantritt, welcher dann lediglich hinsichtlich des jeweiligen Wohnungsverkaufes, des Miteigentumsanteiles, des Käufers und des Kaufpreises adaptiert wird und dem einzelnen Kaufinteressenten zur Unterfertigung vorgelegt wird. Es kann bei derartigen Projekten ausgeschlossen werden, dass der einzelne Käufer für sich individuell einen Vertragsverfasser mit der Vertragserrichtung beauftragt. Dies würde einen unverhältnismäßigen Zeit- und Kostenmehraufwand für annähernd gleiche Verträge darstellen, welcher auch seitens der Verkäufer wenig erwünscht ist (vgl. u.a.).

Auch in der Beschwerde wird diese Vorgangsweise dadurch bestätigt, indem ausgeführt wird, dass der Einschreitervertreter zum Projektstart den Auftrag seitens des Bauträgers erhalten hat, eine Vorlage für einen Kauf- und Bauträgervertrag zu errichten.

Es ist daher davon auszugehen, dass die Verkäuferin den Treuhänder auch mit der Vertragserrichtung beauftragt hat und war sie daher zivilrechtlich auch verpflichtet, die diesbezüglichen Kosten zu tragen. Es wurden diese Kosten auf die beschwerdeführende Partei überbunden.

Diese Kosten waren daher als sonstige Leistung iSd § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen."

Beweisaufnahme durch das BFG

Von der zuständigen Richterin des BFG wurde zunächst Beweis erhoben durch Einsicht in die vom FA elektronisch vorgelegten Teile des Bemessungsaktes ErfNr. ***2***. Daraus ergibt sich der oben dargestellte Ablauf des Verfahrens vor dem Finanzamt.

Weiters wurde eine Grundbuchsabfrage zu ***3*** samt Einsicht in die Urkundensammlung durchgeführt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die ***1***, FN ***4*** errichtete als Bauträger auf der Liegenschaft ***3*** freifinanzierte Wohnungen, KFZ Abstellplätze in Tiefgarage und im Freien, Garagen mit Nebenräumen und einen Schwimmteich.

Zum Projektstart wurde Herr Rechtsanwalt ***5*** mit der Errichtung einer Vorlage für den Kauf- und Bauträgervertrag vom Bauträger beauftragt.

Mit Kauf- und Bauträgervertrag vom verkaufte der Bauträger 7/3249 und 88/3249 Anteile an dieser Liegenschaft an die Bf. verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung top 4 und dem Abstellplatz KFZ 29 zu einem Kaufpreis von insgesamt € 354.450,00.

In Punkt 1.5. des Vertrages wurde festgehalten, dass die Bestimmungen des Bauträgervertragsgesetztes (BTVG) anzuwenden sind.

In Punkt 4.1 verpflichtete sich die kaufende Peartei den Gesnatkaifpreis von € 354.450,00 auf ein in Punkt 4.3 näher bestimmtes Treuhandkonto zu bezahlen.

In Punkt 4.3. des Vertrages wurde festgehalten, dass die verkaufende Partei den Vertragserrichter Herrn RA ***5*** zum Treuhänder gemäß § 12 BTVG bestellt hat. Die kaufende Partei nimmt ausdrücklich zur Kenntnis, dass der Treuhänder seine im BTVG und diesem Vertrag definierten Pflichten im Rahmen der Abwicklung des Bauvorhabens erfüllen wird, aber weder für die Errichtung des Bauvorhabens noch für eine Mängelbehebung verantwortlich ist und dass es dem Treuhänder aus Standesgründen verboten ist, einen Vertragspartner gegen den anderen zu vertreten oder zu beraten.

In Punkt 7.2 bestätigte die kaufende Partei, vom Vertragsverfasser über die rechtlichen Gegebenenheiten dieses Vertrages und die wesentlichen Vertragspunkte in jeder Hinsicht informiert worden zu sein und nahm zustimmend zur Kenntnis, dass dieser unwiderruflich zum Treuhänder für die weitere Abwicklung bestellt und insbesondere beauftragt wurde, zur Feststellung des Abschlusses des jeweiligen Bauabschnittes gemäß dem im Punkt 5. genannten Kaufpreis-Ratenplan einen Ziviltechniker bei zu ziehen.

Punkt 7.5 des Vertrages lautet wie folgt:

"Zur Sicherstellung der Erfüllung dieser im Punkt 8. statuierten Verpflichtung und zur Vermeidung einer etwaigen Verzögerung dieser zukünftigen Wohnungseigentumsbegründung erteilen die Vertragsparteien hiemit dem Vertragsverfasser und Treuhänder RA ***5***, für sich sowie für ihre etwaigen Erben oder sonstigen Rechtsnachfolger im Miteigentum an der gegenständlichen Liegenschaft Spezialvollmacht mit dem einseitig unwiderruflichen Auftrag:

- den zukünftigen Wohnungseigentumsvertrag sowie alle sonstigen zur Wohnungseigentumsbegründung an sämtlichen wohnungseigentumsfähigen Objekten dieser Anlage und zur Herstellung der Grundbuchsordnung ob dieser Liegenschaft etwa noch erforderlichen oder ihnen zweckmäßig erscheinenden Urkunden oder Eingaben zu verfassen, zu fertigen und grundbücherlich durchzuführen; dies alles unter ausdrücklicher Genehmigung des Selbstkontrahierens,

- wie insbesondere die Einholung der endgültigen Nutzwertberechnung und die Vornahme von allfällig darauf basierenden und erforderlichen Anteilsberichtigungen und die Erstellung der hiefür erforderlichen Urkunden

- und grundbücherliche Durchführung derselben;

- sowie alle diesbezüglichen Zustellungen entgegenzunehmen.

- diese Vollmacht auch für alle sonstigen zur Abwicklung des gegenständlichen Wohnbauprojektes erforderlichen oder zweckmäßigen Schritte, wie zur Abwicklung der für die Endfertigstellung erforderlichen Bauverfahren samt Fertigstellungsmeldung und Abwicklung von Finanzierungen;

Sämtliche Vertragsparteien verpflichten sich in diesem Zusammenhang, dem Vertragsverfasser alle zur Durchführung der ihm übertragenen Aufgaben erforderlichen Erklärungen und/oder Originalunterlagen über Aufforderung jeweils ohne Verzug zur Verfügung zu stellen.

Diese Vollmacht endet mit rechtskräftiger Begründung von Wohnungseigentum und rechtskräftiger Einverleibung des Wohnungseigentums der kaufenden Partei, sowie rechtskräftiger Einverleibung allfälliger Pfandrechte und sonstiger Grundbuchseintragungen, für welche der Vertragserrichter/Treuhänder über Auftrag oder im Interesse eines Erwerbers eines Wohnungseigentumsobjektes im Projekt, Verpflichtungen übernommen hat."

In Punkt 14 bestätigte die kaufende Partei durch Unterfertigung des Vertrages, die Baupläne, die Bau- und Ausstattungsbeschreibung sowie den Text des gegenständlichen Vertrages vor mehr als einer Woche vor der Unterfertigung erhalten, geprüft und genehmigt zu haben.

Die Einsicht in die Urkundensammlung des Grundbuches ergab, dass sämtliche Abverkäufe zu diesem Bauprojekt über den gleichen Rechtsanwalt abgewickelt wurden und dass die oben genannten Vertragsbestimmungen auch in allen anderen Kauf- und Bauträgerverträgen enthalten sind.

Die Bf. hatte Vertragserrichtungskosten iHv € 3.600,00 zu tragen.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den eingesehen Unterlagen und durchgeführten Abfragen und werden daher als erwiesen angenommen. Sie stehen auch im Einklang mit dem Vorbringen der Bf. in ihren Schriftsätzen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtslage:

Gemäß § 4 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG), BGBl 1987/309 idgF ist die Steuer grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung (geregelt in § 5 GrEStG), mindestens jedoch vom Grundstückswert zu berechnen.

Gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 ist bei einem Kauf Gegenleistung der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

Das Bauträgervertragsgesetz (kurz BTVG) lautet idgF auszugsweise wie folgt:

§ 3 (1) Der Bauträgervertrag bedarf der Schriftform.

§ 4 (1) Der Bauträgervertrag muss jedenfalls folgende Punkte enthalten:

1. das Gebäude, die Wohnung oder den Geschäftsraum samt Zugehör (eigentlicher Vertragsgegenstand) und die vom Erwerber gewöhnlich nutzbaren Teile der Gesamtanlage, wobei das Ausmaß, die Lage und die Widmung des eigentlichen Vertragsgegenstandes und der Anlage jeweils bestimmt zu bezeichnen und aussagekräftige Pläne, Baubeschreibungen sowie eine Beschreibung der Ausstattung und ihres Zustandes zu Grunde zu legen und zu übergeben sind;

3. den Preis und die vom Erwerber jeweils für Sonder- und Zusatzleistungen zu entrichtenden Beträge (§ 1 Abs. 1), wobei über alle damit verbundenen Abgaben und Steuern sowie die Kosten der Vertragserrichtung und -abwicklung zu informieren ist;

Bestellung eines Treuhänders

§ 12. (1) Der Bauträger ist verpflichtet, spätestens bei der Unterfertigung des Bauträgervertrags einen Treuhänder zu bestellen, dessen Tätigkeit erst mit dem Ende der Sicherungspflicht des Bauträgers (§ 7 Abs. 5) dem jeweiligen Erwerber gegenüber endet. Auf die Bestellung des Treuhänders kann nur verzichtet werden, wenn für alle allfälligen Rückforderungsansprüche des Erwerbers eine schuldrechtliche Sicherung (§ 8) bestellt wird.

(2) Als Treuhänder kann nur ein Rechtsanwalt (eine Rechtsanwalts-Gesellschaft) oder ein Notar bestellt werden.

(3) Der Treuhänder hat außer den Verpflichtungen aus diesem Bundesgesetz, aus anderen Vorschriften oder aus Vertrag insbesondere die Pflicht,

1. den Erwerber über die Natur des Vertrags und die wesentlichen Vertragspunkte in rechtlicher Hinsicht zu belehren, insbesondere

a. über die nach dem Vertrag zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Sicherung (§ 7) einschließlich der jeweiligen Rechtsfolgen für den Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Bauträgers sowie

b. über den Haftrücklass (§ 4 Abs. 4) und seine Rechtsfolgen, und

2. die Erfüllung der Sicherungspflicht des Bauträgers nach diesem Bundesgesetz zu überwachen und

3. dem Erwerber über die von ihm entgegengenommenen Zahlungen entweder laufend, mindestens aber jährlich nach Abschluß des Kalenderjahrs spätestens zum 31. Jänner des Folgejahrs Rechnung zu legen und

4. dafür zu sorgen, dass der Erwerber Zahlungen nur auf Konten entrichtet, über die der Treuhänder verfügungsberechtigt ist und die durch die Abwicklung über ein Kreditinstitut nach § 109a Abs. 5 Notariatsordnung bzw. in einer Treuhandeinrichtung der jeweiligen Rechtsanwaltskammer abgesichert sind.

(4) Bei der grundbücherlichen Sicherstellung (§ 9) hat der Treuhänder die vertraglichen und grundbuchsrechtlichen Voraussetzungen, insbesondere das Vorhandensein von Freistellungsverpflichtungen der Hypothekargläubiger (§ 9 Abs. 3), zu prüfen und den Erwerber bei der Einhaltung des Ratenplans durch Überwachung des Baufortschritts zu unterstützen.

(5) Bei der pfandrechtlichen Sicherung (§ 11) hat der Treuhänder die vertraglichen, die grundbuchsrechtlichen und die wertmäßigen Voraussetzungen für die Deckung allfälliger Rückforderungsansprüche zu prüfen.

§ 17 Ein Bauträger, der

1. es unterlässt, einen den § 3 Abs. 1 oder § 4 Abs. 1 entsprechenden Vertrag zu errichten,

2. Zahlungen entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes vereinbart, fordert oder entgegennimmt oder

3. es entgegen dem § 12 unterlässt, von der Vertragsschließung bis zum Ende der Sicherungspflicht (§ 7 Abs. 5) einen Treuhänder beizuziehen,

begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt - eine Verwaltungsübertretung und ist im Fall der Z 1 mit einer Geldstrafe bis zu 14 000 Euro, in den Fällen der Z 2 und 3 mit einer solchen bis zu 28 000 Euro zu bestrafen.

Erwägungen

Der Begriff der Gegenleistung im Sinne der §§ 4 und 5 GrEStG ist ein dem Grunderwerbsteuerrechteigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht (vgl. ).

Der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuergesetz ist im wirtschaftlichen Sinn (§ 21 BAO) zu verstehen. Für die Beurteilung der Gegenleistung kommt es nicht auf die äußere Form der Verträge, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt an, der nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu ermitteln ist. Unter einer Gegenleistung ist daher jede geldwerteentgeltliche Leistung zu verstehen, die für den Erwerb des Grundstückes - in den Fällender Abs. 2 und 3 des § 5 GrEStG auch nur mittelbar - zu zahlen ist (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Rz 5 zu § 5, samt angeführter Rechtsprechung).

Gegenleistung im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG ist die Summe dessen, was der Verkäufer an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, dass er das Grundstück erhält; oder mit anderen Worten alles, was der Käufer einsetzen muss, um das Grundstück zu erhalten (vgl. Fellner, aaO, Rz 6 zu § 5, samt angeführter Rechtsprechung).

Steht die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen oder "inneren" Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes steht, dann ist sie als Gegenleistung im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes anzusehen (Fellner, aaO, Rz 9 zu § 5, samt angeführter Rechtsprechung).

Leistungen des Erwerbers an einen Dritten sind insbesondere dann in den Bereich der Gegenleistung einzubeziehen, wenn sie den Veräußerer von einer ihn treffenden Verpflichtung befreien (vgl. ). Zur Gegenleistung gehören grundsätzlich auch Leistungen an Dritte, die dem Veräußerer - sei es aufgrund des Gesetzes, sei es aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung - obliegen, aber aufgrund der Parteienabrede vom Erwerber getragen werden müssen, die sich also im Vermögen des Veräußerers zu dessen Gunsten auswirken, zur Gegenleistung (vgl. ua ).

Für die Einbeziehung in die Bemessungsgrundlage ist es weder erforderlich, dass die übernommene "sonstige Leistung" dem Veräußerer selbst zufließt, noch dass die Verpflichtung dazu vorher in der Person des Verkäufers - sei es im Innenverhältnis zum Käufer, sei es im Verhältnis zu einem Dritten - entstanden ist und der Käufer sich anschließend verpflichtet, diese Verbindlichkeit zu tragen. Es genügt, dass die Verbindlichkeiten erst in der Person des Käufers entstehen. Eine dem Verkäufer gegenüber eingegangene Verpflichtung, in einen gegenseitigen Vertrag einzutreten oder einen Vertrag mit einem Dritten abzuschließen, kann dem Grunde nach als sonstige Leistung zur Gegenleistung gehören (vgl. Fellner, a.a.O., Rz 66 unter Hinweis auf BFH , II R 258/85, BStBl II 898 sowie BFH , II R 115/86, BStBl II 1990, 440).

Der VwGH hat sich wiederholt (vgl die Erkenntnisse vom , 84/16/0228; , 84/16/0205; , 91/16/0031) mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Kosten der Errichtung der Vertragsurkunde zur Gegenleistung gehören und dargetan, dass in jenen Fällen, in denen z.B. beide Vertragsteile einen Rechtsanwalt oder Notar mit der Abfassung einer Vertragsurkunde betrauen und somit gemäß §§ 896, 1004, 1014 ABGB zu deren anteilsmäßiger Entlohnung verpflichtet sind, die (anteilsmäßig) auf den Verkäufer entfallende Hälfte der Kosten dann eine sonstige von ihm übernommene Leistung darstellt, wenn der Käufer sich verpflichtet, die gesamten Kosten der Vertragserrichtung zu tragen. In einem solchen Fall bestehen laut VwGH keine Bedenken, derartige Leistungen unter die im § 5 Abs.1 Z 1 GrEStG angeführten "sonstigen Leistungen" zu subsumieren, da diesfalls eine Vertragspartei eine Leistung übernimmt, die nach dem Gesetz die andere Partei zu erbringen hätte.

Wenn aber der Veräußerer den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt und der Erwerber sich verpflichtet, diese Kosten zu tragen, dann zählen die Kosten der Errichtung der Vertragsurkunde zur Gänze zur Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage. Hat der Verkäufer den Auftrag zur Abfassung der Urkunde gegeben und übernimmt der Käufer die Bezahlung des Honorars, so erbringt er eine sonstige Leistung iSd § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG (siehe AnwBl. 1985, S. 585; Fellner aaO, Rzn. 79 - 79b zu § 5; vgl. Arnold/ Bodis, Kommentar zum GrEStG 1987, Bd. I, Rz. 127 zu § 5).

Im Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt wie folgt:

"Beauftragt nämlich der Veräußerer allein die Verfassung der Vertragsurkunde, dann entstehen nur ihm als Auftraggeber dafür Kosten. Verpflichtet sich der Käufer diese für den Veräußerer entstandenen Kosten zur Gänze durch Zahlung an den Vertragsverfasser zu übernehmen, dann erbringt er in diesem Umfang eine sonstige Leistung, die er aufwenden musste, um das Grundstück zu erhalten. Unterzeichnete die Käuferin mit der Unterfertigung des Vertrages den Kaufvertrag und die darin enthaltenen Bevollmächtigungen gleichzeitig, so entstand erst mit der Unterzeichnung des Vertrages auch eine vorher nicht bestandene Vertragsbeziehung zwischen dem Vertragsverfasser und der Käuferin. Hätte die Käuferin nicht unterschrieben, dann wäre kein Vertrag mit der Verkäuferin, aber auch keine Bevollmächtigung des Vertragsverfassers zustande gekommen und das Kostenrisiko für die Erstellung des Vertragsentwurfes hätte nur die Verkäuferin und nicht auch die Käuferin treffen können. Diese Umstände sprechen für eine ausschließlich von der Verkäuferin in Auftrag gegebene Vertragsverfassung, weshalb die vertraglich übernommene Bezahlung der 2%igen Vertragsverfassungsgebühr als sonstige Leistung nach § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG in die Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage einzubeziehen war."

In jüngster Zeit hat der Verwaltungsgerichtshof mehrfach Revisionen zurückgewiesen, bei denen die Einbeziehung von Vertragserrichtungskosten bei Erwerben von Bauträgern strittig war.

Im wurde ua. ausgeführt wie folgt:

"Damit sind im Revisionsfall gemäß § 41 VwGG die vom Gericht getroffenen Tatsachenannahmen zugrunde zu legen, dass sich der Vertragsverfasser gegenüber der Verkäuferin ausbedungen habe, von sämtlichen Wohnungskäufern des Projektes mit der Errichtung des Kaufvertrages und insgesamt der Abwicklung des Liegenschaftskaufes beauftragt zu werden. Der Revisionswerber habe sodann den von der Verkäuferin mit der Erstellung eines Mustervertrages beauftragten Rechtsanwalt mit der Vertragserrichtung und weiteren Abwicklung betrauen müssen, so er denn die Wohnung haben wollte. Hätte er den Kaufvertrag mit der Verkäuferin nichtgeschlossen, wäre es zu keiner Beauftragung des Vertragsverfassers durch den Revisionswerber gekommen."

Im wie folgt:

"Entscheidend tritt in den vorliegenden Revisionsfällen hinzu, dass das Verwaltungsgericht letztlich in seiner Gesamtschau der tatsächlichen Gegebenheiten annahm, dass der von der Verkäuferin gemäß § 12 BTVG bestellte Treuhänder offenkundig alleine von der Verkäuferin auch mit der Erstellung des gegenständlichen Kauf- und Bauträgervertrages als Mustervertrag für sämtliche Abverkäufe beauftragt worden sei. Diesen fallbezogenen Annahmen tritt die Revision auch nicht damit entgegen, dass diese eine (verfahrensrechtliche) Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen würden.
Ausgehend davon stehen die angefochtenen Erkenntnisse im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Fällen der Übernahme der gesamten Vertragserrichtungskosten durch den Käufer (vgl. etwa und 0310/51, , 1528/57 oder - jünger - , 2001/16/0353; vgl. jüngst ).

Bei der Durchführung von Wohnungsverkäufen im Rahmen der Errichtung von Wohnhausanlagen mit mehreren Wohnungen stellt sich der tatsächliche Geschehensablauf nach der Lebenserfahrung bzw. den Erfahrungen im Wirtschaftsleben (nahezu) ausschließlich so dar, dass im Zuge der Projektentwicklung die Veräußererseite an einen Notar bzw. Rechtsanwalt mit dem Auftrag zur Erstellung eines Mustervertrages herantritt, welcher dann lediglich hinsichtlich des jeweiligen Wohnungsverkaufes, des Miteigentumsanteiles, des Käufers und des Kaufpreises adaptiert wird und dem einzelnen Kaufinteressenten zur Unterfertigung vorgelegt wird, worin sich sohin bezüglich der Vertragserstellung die von den Käufern zu entfaltende Aktivität erschöpft. Insbesondere in Zusammenhang mit der Errichtung von solchen Projekten mit mehreren Wohnungen bzw. Appartements kann ausgeschlossen werden, dass jeder einzelne Käufer für sich individuell einen Vertragsverfasser auswählt und mit der Vertragserrichtung für sich beauftragt, was wohl einen unverhältnismäßigen Zeit- und Kostenmehraufwand für annähernd gleiche Verträge darstellen würde, der auch seitens der Verkäufer wenig erwünscht ist (vgl ua. ).

Unstrittig ist, dass der nunmehrige Vertreter der Bf. bei Projektbeginn über Auftrag des Bauträgers eine "Vorlage" des Kauf- und Bauträgervertrages errichtet hat (siehe dazu den Schriftsatz vom ) und dass diese "Vorlage" die Grundlage für den gegenständlichen, mit der Bf. am abgeschlossenen Kauf- und Bauträgervertrag war. Ebenso ist unstrittig, dass die Beauftragung des Vertragserrichters als Treuhänder durch den Bauträger erfolgte (siehe Punkt 4.3. des Vertrages). Wie sich aus Punkt 14 des gegenständlichen Vertrages ergibt, hat die Bf mit ihrer Unterschrift bestätigt, dass sie die Baupläne, die Bau- und Ausstattungsbeschreibung sowie den Text des gegenständlichen Vertrages "vor mehr als einer Woche vor der heutigen Unterfertigung erhalten, geprüft und genehmigt" hat.

Wie eine Einsicht in die in der Urkundensammlung des Grundbuches gezeigt hat, haben alle Käufer den selben Rechtsanwalt mit der Durchführung des Kaufvertrages beauftragt. Dies spricht alles dafür, dass die Erstellung der konkreten Vertragsurkunde - ebenso wie die anderen, das Bauprojekt betreffenden Unterlagen - vom Bauträger in Auftrag gegeben wurde. Auch, wenn die Käufer dem Vertragserrichter letztendlich alle "selbstständig" einen Auftrag und Vollmacht zur Errichtung und Abwicklung des konkreten Kauf- und Bauträgervertrages erteilen, so ändert dies nichts daran, dass ohne die Beauftragung des Rechtsanwaltes - auch für die weitere Abwicklung des Kaufvertrages - und die Übernahme der daraus erwachsenden Kosten - hier iHv € 3.600,00 - der Bf. der Erwerb der gegenständlichen Liegenschaftsanteile nicht möglich gewesen wäre.

Die Kosten der Vertragserrichtung sind daher vom FA zu Recht als sonstige Leistung iSd § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 in die Bemessungsgrundlage einbezogen worden.

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständliche Entscheidung konnte sich auf die obgenannte VwGH-Judikatur stützen. Der zugrundeliegenden Rechtsfrage kommt demnach keine grundsätzliche Bedeutung zu.

Wien, am

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ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101387.2020

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