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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.08.2021, RV/2100413/2020

Dienstgeberbeitrag - wesentlich beteiligter Geschäftsführer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck Leoben Mürzzuschlag (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2011 bis 2014, Steuernummer: ***BFStNr***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit den Abgabenbescheiden vom wurde der Beschwerdeführerin für die Jahre 2011 bis 2014 der Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (Dienstgeberbeitrag) vorgeschrieben. In den jeweiligen Bescheiden wurde unter "Begründung" auf den Bericht über das Ergebnis einer Außenprüfung vom verwiesen. In diesem Bericht wurde ausgeführt:
Sachverhaltsdarstellung:
"Aufgrund einer Betriebsprüfung für die (…) durch das Finanzamt (…) für die Zeiträume 2004 bis 2005 It. Bericht vom wurde festgestellt, dass im Prüfzeitraum ein 12 %iges Betriebsausgabenpauschale verrechnet wurde. Im Zuge der BP wurde der nicht operative Teil des Geschäftsführerbezuges mit 20.000 € und einem Betriebsausgabenpauschale von 6 % festgestellt. Laut Hrn. (…) wurde auch der DB und die Kommunalsteuer nur vom festgestellten nicht operativen Teil abgeführt. Im GPLA-Prüfungszeitraum 2011 bis 2014 erhielt Hr. (…) einen Geschäftsführerbezug von jährlich 60.000,-- € zuzüglich der Privatnutzung der arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuge (2011: 13.140,- €, 2012: 13.140,- €, 2013: 13.140,- €, 2014: 14.340,- €)
Begründung:
Gemäß § 202 iVm 201 Abs 2 Z 3 BAO kann die Festsetzung einer Selbstberechnungsabgabe (L,DB;DZ) erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden. Die Voraussetzungen für eine sinngemäße Anwendung des § 303 BAO liegen vor, weil Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind. Die Tatsachen und Beweismittel, die neu hervorgekommen sind, sind den unten angeführten Sachverhaltsdarstellungen und der Niederschrift zu entnehmen.
Gemäß eines Erkenntnisses des VwGH, ZI 2008/15/0260 vom sind alle Geschäftsführerbezüge gem. § 22 Ziffer 2 Teilstrich 2 ESTG 1988 steuerpflichtig und somit insoweit den Abgaben Dienstgeberbeitrag und Kommunalsteuer auch dann zu unterwerfen, wenn der Geschäfstführer einer GmbH nicht nur Tätigkeiten der (handelsrechtlichen) Geschäftsführung, sondern auch Tätigkeiten im operativen Bereich (hier: Wirtschaftstreuhandstätigkeiten) erbringt. Dies gilt auch dann, wenn die Vergütungen für diese Tätigkeit, würden sie nicht im Rahmen der Gesellschaft erbracht werden, nach anderen Vorschriften als nach § 22 Ziffer 2 Teilstrich 2 ESTG 1988, z.Bsp. § 22 Ziffer 2 Teilstrich 1 ESTG 1988, steuerlich zu erfassen sind.
Der Kommentar von Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn zum § 22 Z 2 ESTG 1988 sagt folgendes aus:
Vertritt ein Rechtsanwalt oder Steuerberater im Rahmen seiner Berufsbefugnis eine Gesellschaft, an der er wesentlich beteiligt ist, dann fällt diese Tätigkeit nicht unter § 22 Z 2 ESTG 1988, sondern unter die freiberufliche Tätigkeit (zB der Rechtsanwalt vertritt eine Getränke-GmbH, an der er wesentlich beteiligt ist).
Erbringt dagegen ein Steuerberater als Geschäftsführer seiner Steuerberatungs-GmbH Steuerberatungsleistungen, dann ist die Beratungsleistung in diesem Fall nicht ihm zuzurechnen, sondern der Gesellschaft; daher bezieht der Steuerberater aus seiner Geschäftsführertätigkeit keine freiberuflichen Einkünfte, sondern Einkünfte nach § 22 Z 2 ESTG 1988.
Sinngemäß sind die Differenzbeträge der Geschäftsführerbezüge inkl. der angesetzten Beträge für die Privatnutzung arbeitgebereigener Kraftfahrzeuge abzüglich der Geschäftsführerbezüge, die bereits dem DB und der Kommunalsteuer unterworfen wurden (jährlich 20.000,- €) dem Dienstgeberbeitrag und der Kommunalsteuer zu unterziehen.
Berechnung:
2011: 73.140 € abzüglich 20.000 € = BMGL 53.140 €. 2012: 73.140 € abzüglich 20.000 € = BMGL 53.140 €. 2013: 73.140 € abzüglich 20.000 € = BMGL 53.140 €. 2014: 73.340 € abzüglich 20.000 € = BMGL 53.340 €."

Gegen diese Bescheide richtete sich (nach Verlängerung der Beschwerdefrist) die Beschwerde vom . Die Beschwerdeführerin brachte nach Wiedergabe des im Prüfungsbericht dargestellten Sachverhaltes vor, der Prüfer begründe, dass die Voraussetzungen für eine sinngemäße Anwendung des § 303 BAO vorgelegen seien, weil Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen seien, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden seien. Es werde bestritten, dass Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen seien, da sich die Rechtsverhältnisse niemals geändert hätten. Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom betreffend den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sei seitens der Abgabenbehörde normiert worden, dass der Geschäftsführerbezug zwingend in einen operativen Anteil und einen nicht operativen Anteil aufzuteilen sei und der nicht operative Anteil mit jährlich 20.000 Euro festgesetzt werde. Seitens der Abgabenbehörde sei somit eine zwingende Aufteilung der Geschäftsführerbezüge wie folgt erfolgt: 20.000 Euro seien gemäß § 22 Z 2 EStG 1988 zu versteuern, der Restbetrag sei nach § 22 Z 1 EStG 1988 zu versteuern.
Unter dem Grundsatz von Treu und Glauben verstehe man, dass jeder, der am Rechtsleben teilnehme, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen habe und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen dürfe, was er früher vertreten habe und worauf andere vertraut hätten. Dieser Grundsatz sei auch im Abgabenrecht zu beachten.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt:
"Im Zuge der durchgeführten GPLA-Prüfung wurden die an den Gesellschafter zugeflossenen Bezüge in voller Höhe dem Dienstgeberbeitrag sowie der Kommunalsteuer unterworfen.
Bisher wurden lediglich vom "festgestellten" nicht operativen Teil des Geschäftsführerbezuges (20.000,- für die Jahre 2004-2005) DB und Kommst abgeführt.
Dies geschah unter Verweis auf eine im Jahr 2008 durchgeführte Außenprüfung bei dem Geschäftsführer Herrn (…), wonach die Abgabenbehörde in diesem angesprochenen Verfahren eine zwingende Aufteilung des Geschäftsführerbezuges normiert hätte und folglich ein Anteil von EURO 20.000,- dem nicht operativen Teil der Tätigkeit zuzurechnen wäre und somit nur von diesem Teil ein Dienstgeberbeitrag abzuführen gewesen sei.
Die Beschwerdeführende Partei ist nun mehr der Meinung, aus der durchgeführten Außenprüfung bei dem Geschäftsführer eine Bindungswirkung im Sinne von Treu und Glauben ableiten zu können. Zusätzlich seien keine neuen Tatsachen hervorgekommen wonach eine Festsetzung von Selbstbemessungsabgaben gemäß § 201f BAO (DB) in sinngemäße Anwendung des § 303 BAO nicht möglich sei.
Der Grundsatz von Treu und Glauben besteht nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht darin, ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit zu schützen.
Vielmehr müssen besondere Umstände vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Finanzverwaltung unbillig erscheinen lassen, wie dies zum Beispiel der Fall sein kann, wenn ein Abgabepflichtiger von der Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert wird und sich nachträglich die Unrichtigkeit dieser Vorgangsweise herausstellt.
Eine ausdrücklich vorgeschriebene Vorgangsweise ist jedoch dem angesprochenen Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom nicht zu entnehmen. Auch den übrigen Prüfungsunterlagen ist keine ausdrücklich "normierte" Aufteilung zu entnehmen.
Der nicht operative Teil wurde im Zuge der vergangenen abgabenrechtlichen Prüfung bei Herrn (…) lediglich für den Prüfungszeitraum berechnet um anhand dessen eine Aufteilung des Betriebsausgabenpauschales zu ermöglichen. Keinesfalls wurde im Zuge der angesprochenen Betriebsprüfung eine Aufteilung für zukünftige Zeiträume festgelegt.
Der Grundsatz von Treu und Glauben schützt nur das Vertrauen des Abgabepflichtigen, soweit er auf Grund einer formellen Auskunftserteilung im Sinne des Gesetzes durch die zuständige Behörde mit einer entsprechenden Aufforderung Dispositionen getroffen hätte.
Feststellungen im Rahmen einer Betriebsprüfung stellen keine solche die Abgabenbehörde bindende Auskünfte dar, weil es nicht Inhalt eines Prüfungsauftrages ist, Hinweise für ein künftiges Verhalten zu geben.
Ein Anwendungsfall von Treu und Glauben liegt somit in diesem Fall nicht vor.
Gemäß §§ 202 iVm 201 Abs 2 Z 3 BAO kann die Festsetzung einer Selbstberechnungsabgabe (L,DB,DZ) erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden.
Im gegenständlichen Fall konnte aus der Aktenlage vor Beginn der GPLA-Prüfung nicht erkannt werden, dass die Geschäftsführerbezüge nur teilweise dem Dienstgeberbeitrag unterworfen wurden.
Das Hervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln ist nach hA aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen (zB ; , 2006/13/0019; , 2007/15/0045; , 2007/13/0157; , 2009/15/0016; aM Schobesberger, ÖStZ 1988, 310; Wiedermann, Wiederaufnahme, 99 ff; vgl hiezu auch Stoll, BAO, 2935 ff). Daher können zB Kenntnisse des Lohnsteuerprüfers für die Einkommensteuerveranlagung (vgl , 0094) oder für die Erhebung der Kommunalsteuer für die Gemeinde () neu hervorkommen, (vgl Ritz, BA05 § 303 Rz 31).
Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen."

Dagegen richtete sich der Vorlageantrag vom ; darin wurde betreffend die Beschwerdegründe auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 323b Abs. 1 BAO treten das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes.

Die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist ein Steuerberatungsunternehmen. Der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer (nachfolgend Geschäftsführer bezeichnet) erhielt in den verfahrensgegenständlichen Jahren einen Bezug von jährlich 60.000 Euro und der Geschäftsführer konnte ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug privat nutzen; hierfür wurde ein Sachbezug von 13.140 Euro bzw. 13.340 Euro (für das Jahr 2014) angesetzt. Der Berechnung des Dienstgeberbeitrages wurde (jährlich) ein Betrag von 20.000 Euro zugrunde gelegt.

Beim Geschäftsführer hat für die Jahre 2004 und 2005 eine Prüfung in Angelegenheiten der Einkommensteuer stattgefunden. Dabei wurde festgestellt, dass für den nicht operativen Anteil des Geschäftsführerbezuges (20.000 Euro) nicht 12%, sondern nur 6% der Umsätze als Betriebsausgaben abgesetzt werden dürften.

Der Sachverhalt stand aufgrund der dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Unterlagen unstrittig fest. Die diesbezüglichen Ausführungen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens decken sich und finden in den Verwaltungsunterlagen ihren Niederschlag.

Den Dienstgeberbeitrag haben gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen. Dienstnehmer sind Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne § 22 Z 2 EStG 1988 (§ 41 Abs. 2 FLAG).

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 und an freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG.

Die in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 genannten Personen sind an einer Kapitalgesellschaft wesentlich Beteiligte hinsichtlich ihrer sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisenden Beschäftigung. Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapitel der Gesellschaft mehr als 25% beträgt. Der Geschäftsführer als alleiniger Gesellschafter der Beschwerdeführerin war somit in den verfahrensgegenständlichen Jahren wesentlich Beteiligter.

Das in § 47 Abs. 2 EStG 1988 normierte Tatbestandsmerkmal der Weisungsgebundenheit wird durch den Ausdruck "sonst" in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 beseitigt. Der Ausdruck "alle" in derselben - auf die gesetzliche Definition des steuerlichen Dienstverhältnisses in § 47 Abs. 2 EStG 1988 verweisenden - Vorschrift bezieht sich damit (primär) nur auf das verbleibende gesetzliche Kriterium der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Betriebes des Arbeitgebers.

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft wird durch jede nach außen hin auf Dauer angelegt erkennbare Tätigkeit hergestellt, mit der der Unternehmenszweck der Gesellschaft, sei es durch ihre Führung, sei es durch operatives Wirken auf ihrem Bestätigungsfeld, verwirklicht wird. Aufgrund des Firmenbuchauszuges stand fest, dass der Geschäftsführer seit der Gründung der Gesellschaft (Beschwerdeführerin) im Jahr 2004 Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter war. Durch die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs das Merkmal der Eingliederung des Gesellschaftergeschäftsführers zweifelsfrei hergestellt (; , 2008/15/0260). Ebenso hat der Geschäftsführer Tätigkeiten im operativen Bereich der Kapitalgesellschaft ausgeübt.

Die Bestimmung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 stellt nicht auf die Art der Tätigkeit der an der Kapitalgesellschaft wesentlich Beteiligten ab. Der Geschäftsführer erbrachte die rechtlich vorgesehenen Leistungen der Geschäftsführung und führte daneben Tätigkeiten im operativen Bereich der Beschwerdeführerin aus. Die für seine Tätigkeiten insgesamt erhaltenen Entgelte stellen solche im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 dar, denn diese Spezialbestimmung stellt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf die Art der Tätigkeit ab (; , 2012/12/0052; , Ra 2014/13/0027). Es steht einer Beurteilung der Einkünfte des Geschäftsführers als solche nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nicht entgegen, dass die Art der Tätigkeit, würde sie nicht der Beschwerdeführerin gegenüber erbracht werden, sonst eine andere Qualifikation der daraus erzielten Einkünfte geböte ().

Für die verfahrensgegenständlichen Geschäftsführerbezüge waren Dienstgeberbeiträge zu leisten. Dass die gegenständlichen Geschäftsführerbezüge grundsätzlich dem Dienstgeberbeitrag unterliegen, wurde mit der Beschwerde auch nicht bekämpft.

Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann gemäß § 201 Abs. 1 BAO nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO kann die Festsetzung von Amts wegen erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden.

Im vorliegenden Beschwerdefall stützen sich die bekämpften Bescheide auf § 201 Abs. 2 Z 3 in Verbindung mit § 303 Abs. 1 lit. b BAO, wonach die Voraussetzungen einer Wiederaufnahme dann erfüllt sind, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Aufgabe des Bundesfinanzgerichtes bei Entscheidungen über ein Rechtsmittel gegen einen Bescheid nach § 201 Abs. 2 Z 3 BAO ist, zu prüfen, ob dieses Verfahren aus den von der Abgabenbehörde gebrauchten Gründen "wieder aufgenommen werden durfte", nicht jedoch, ob die Wiederaufnahme bzw. sinngemäß die amtswegige Festsetzung der Abgaben auch aus anderen Gründen zulässig gewesen wäre ().

Die den angefochtenen Bescheiden zugrunde gelegten Prüfungsfeststellungen, wonach die Beschwerdeführerin den Dienstgeberbeitrag nicht von den gesamten Geschäftsführerbezügen, sondern nur von einem Teil der Geschäftsführerbezüge entrichtet habe, sind Tatsachen im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO.

Die Beschwerdeführerin bestreitet jedoch, dass diese Tatsachen neu hervorgekommen seien, weil bei einer Prüfung beim Geschäftsführer für die (hier nicht verfahrensgegenständlichen) Jahre 2004 und 2005 normiert worden sei, den Geschäftsführerbezug in einen operativen und einen nicht operativen Anteil aufzuteilen und somit die zwingende Aufteilung erfolgt sei, 20.000 Euro gemäß § 22 Z 2 EStG 1988 und den Restbetrag gemäß § 22 Z 1 EStG 1988 zu versteuern. Dazu ist zum einen festzuhalten, dass im Zuge dieser beim Geschäftsführer und nicht bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Prüfung, deren Gegenstand die Einkommensteuer und nicht der Dienstgeberbeitrag war, lediglich festgestellt worden ist, dass der Abzug eines 12%igen Betriebsausgabenpauschales beim nicht operativen Anteil des Geschäftsführerbezuges nicht zulässig sei, jedoch nicht dezidiert festgestellt worden ist, dass es sich beim operativen Anteil um Einkünfte gemäß § 22 Z 1 EStG 1988 handelt. Zum anderen ist entscheidungswesentlich, dass das Hervorkommen von Tatsachen und Beweismittel aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen ist. Es kommt also darauf an, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der im wiederaufgenommen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Dass die Prüfungsabteilung in einem ein anderes Prüfungsjahr betreffenden Prüfungsverfahren oder im Abgabenverfahren eines anderen Steuerpflichtigen von den maßgeblichen Tatsachen Kenntnis hatte, steht der Wiederaufnehme nicht entgegen ().

Die im Einkommensteuerverfahren des Geschäftsführers für die Jahre 2004 und 2005 getroffenen Feststellungen standen also der Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für die Jahre 2011 bis 2014 gegenüber der Beschwerdeführerin nicht entgegen. In den Angelegenheiten des Dienstgeberbeitrages für die verfahrensgegenständlichen Jahre ist die Tatsache, nicht von den gesamten Geschäftsführerbezügen den Dienstgeberbeitrag entrichtet zu haben, neu hervorgekommen.

Der Beschwerdeführerin ist zwar zuzustimmen, dass der Grundsatz von Treu und Glauben auch im Abgabenrecht zu beachten ist. Es lässt sich jedoch weder aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin, noch aus den dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Unterlagen irgendein Hinweis dafür entnehmen, dass der Beschwerdeführerin zu erkennen gegeben worden wäre, für den operativen Anteil keinen Dienstgeberbeitrag entrichten zu müssen. Darüber hinaus kann eine, bei einer beim Geschäftsführer durchgeführten Prüfung getroffene Feststellung kein Vertrauen bei einem anderen Steuersubjekt, nämlich bei der Beschwerdeführerin, auslösen. Dass der Beschwerdeführerin gegenüber eine Aussage getätigt oder eine Feststellung getroffen worden wäre, wurde nie behauptet, noch lassen sich dafür Anhaltspunkte entnehmen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen. Im Gegenteil, die Entscheidung stützt sich auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und auf die einschlägigen Bestimmungen. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind somit keine Rechtsfragen aufgeworfen worden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, eine Revision ist nicht zulässig.

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 22 Z 2 TS 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100413.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at