Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.08.2021, RV/5100363/2021

Ausgaben einer im Sport sehr engagierten Gemeindepolitikerin

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Michael Mandlmayr in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Gerhard Schlesinger Steuerberatungs GmbH, Hausleitnerweg 90, 4020 Linz, über die Beschwerden vom 21. und gegen die Bescheide des Finanzamtes ***FA*** vom und vom betreffend die Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2014, 2015 und 2018 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz Bf) bezog in den streitgegenständlichen Jahren 2014, 2015 und 2018 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nicht nur als Angestellte, sondern auch als Gemeinderätin und Vizebürgermeisterin ihrer Wohnsitzgemeinde.

Bei Überprüfung der Einkommensteuererklärung 2018 stellte das Finanzamt fest, dass Aufwendungen zu Unrecht als Werbungskosten geltend gemacht wurden. Deshalb forderte das Finanzamt mit Vorhalt vom neben Nachweisen für die beantragten Sonderausgaben auch Aufstellungen und Belege betreffend die Werbungskosten und Mitteilung betreffend den beruflichen Aufgabenbereich der Bf und eine Erläuterung des Zusammenhanges mit den geltend gemachten Kosten.

Auf Grund der von Bf am für 2018 und am für 2014 und 2015 vorgelegten Unterlagen anerkannte das Finanzamt von den über FinanzOnline in den Einkommensteuererklärungen geltend gemachten Reisekosten (KZ 721) und sonstigen Werbungskosten (KZ 724) (nach Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Jahre 2014 und 2015) in den bekämpften Einkommensteuerbescheiden nur (noch) folgende Beträge:


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2014
2015
2018
Datum
Werbungskosten
erklärt
Bescheid
erklärt
Bescheid
erklärt
Bescheid
Reisekosten 721
1.116,08
849,20
971,78
847,68
3.713,13
267,54
sonstige WK 724
5.460,99
1.079,62
5.742,22
1.050,00
10.820,30
2.214,82
Summen
6.577,07
1.928,82
6.714,00
1.897,68
14.533,43
2.482,36
Summe Kürzung
4.648,25
4.816,32
12.051,07

In den bekämpften Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2014 und 2015 vom und für das Jahr 2018 vom begründete das Finanzamt diese Kürzungen sinngemäß wie folgt:
Um Aufwendungen als Werbungskosten absetzen zu können, müsse zwischen dem Aufwand und den Einnahmen, zu deren Erzielung der Aufwand notwendig ist, ein unmittelbarer, ursächlicher Zusammenhang bestehen. Aufwendungen, die mit den Einnahmen in keinem oder nur in einem mittelbaren Zusammenhang stehen, seien nicht als Werbungskosten absetzbar.
Bf sei als Vizebürgermeisterin ihrer Wohnsitzgemeinde für Sport- und Kulturangelegenheiten zuständig. Laut Internetrecherche sei Bf auch Trainerin der Kinder- und Jugendgarde der Union, Choreografin der Prinzengarde eines Carneval Clubs sowie Präsidentin des österreichischen ***Verein***. Sämtliche in diesem Zusammenhang geltend gemachten Aufwendungen stünden daher in keinem unmittelbaren, ursächlichen Zusammenhang mit der politischen Funktion der Bf.
Nicht auf Bf lautende und unleserliche Rechnungen könnten ebenfalls nicht berücksichtigt werden.

Mit drei noch am selben Tag zur Post gegebenen Schriftsätzen vom (2014 und 2015) und (2018) erhob Bf gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2014, 2015 und 2018 Beschwerde und beantragte sinngemäß mit folgender Begründung die geltend gemachten Werbungskosten anzuerkennen:
Die Internetrecherche des Finanzamtes sei unrichtig. Bf habe am 28. Feber 2020 ihren Präsidentenvorsitz des ***Verein*** gleichzeitig mit allen anderen Trainertätigkeiten niedergelegt.
Die Funktionsperiode der Bf als Präsidentin habe von Juni 2016 bis Februar 2018 gedauert.
Die Begründung des Finanzamtes sei deshalb unrichtig, weil Bf in den Jahren 2014 und 2015 gar keine Funktion gehabt habe.

Sämtliche Sponsortätigkeiten an Vereine der Wohnsitzgemeinde der Bf hätten ausschließlich mit der politischen Position der Bf als Sport- und Kulturreferentin ihrer Wohnsitzgemeinde und nichts mit der Präsidentschaft des ***Verein*** zu tun. Auch Begleitungen zu Meisterschaften aller Vereine zählten zu den Aufgaben von Bf als Sport- und Kulturreferentin und Vizebürgermeisterin. Als Privatperson würde Bf die Vereine ihrer Wohnsitzgemeinde nicht in dem Ausmaß unterstützen, wie sie es derzeit in ihrer Funktion als Sport- und Kulturreferentin und vor allem als Vizebürgermeisterin tue. Daher stünden diese Aufwendungen sehr wohl in einem unmittelbaren und ursächlichen Zusammenhang und könnten deshalb auch als Werbungskosten abgesetzt werden.
Als ehrenamtliche Trainerin des Carneval Clubs habe Bf nie Werbungskosten in Form von Sponsoring oder ähnlichen Aufwendungen für diesen Verein gemacht. Bf habe nur einmal im Jahr die Buskosten für eine Kulturfahrt der Mindestpensionsbezieher ihrer Wohnsitzgemeinde gesponsert. Da dies aber nur mit der Tätigkeit der Bf als Kulturreferentin zu tun habe, sei auch dieses Argument obsolet.
In diesem Zusammenhang wolle Bf auch auf die gestrichenen Rechnungen eingehen:
Bf bekomme viele Anfragen von Vereinen bezüglich Sponsorings von Preisen für Tombolas, Wettbewerbe und Meisterschaften. Bf komme diesen Anfragen gerne nach. Bf kaufe dazu in den umliegenden Geschäften (Spar, Billa, Merkur etc.) ein und stelle persönliche Geschenkkörbe zusammen. Diese Rechnungen trügen natürlich keinen Namen, seien aber trotzdem von Bf in ihrer politischen Tätigkeit bezahlt worden.

Mit drei Beschwerdevorentscheidungen vom wies das Finanzamt die Beschwerden vom 3. und gegen die Einkommensteuerbescheide 2014, 2015 und 2018 nach Schilderung des Ablaufes des Verfahrens und Zitierung der §§ 16 Abs. 1 und 20 Abs. 1 EStG 1988 sinngemäß im Wesentlichen mit folgender Begründung ab:

Das Einkommensteuergesetz sieht in Hinblick auf Werbungskosten grundsätzlich vor, dass nur Aufwendungen oder Ausgaben, die der Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen dienen, abzugsfähig sind. Das bedeutet, dass Aufwendungen nicht bloß deshalb abzugsfähig sind, weil sie in Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen, sondern dass sie auch geeignet sein müssen, die berufliche Tätigkeit zu fördern.
So können bei Politikern generell auch nur (Bewirtungs-)Aufwendungen anlässlich von konkreten Wahlveranstaltungen, die ein politischer Funktionär einberuft, um politische Angelegenheiten den Bürgern (Wählern) nahe zu bringen, also Veranstaltungen, die der Wahlwerbung dienen, zu steuerlich absetzbaren Aufwendungen führen (; ). Dabei kommt es darauf an, dass der Werbezweck wesentlicher Charakter der Veranstaltung ist ().
Andererseits verbietet § 20 EStG den Abzug von Aufwendungen, die die persönliche Lebensführung betreffen, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Außerdem versagt § 20 EStG den Abzug von Aufwendungen, die es dem Steuerpflichtigen ermöglichen, zu "repräsentieren".
Unmaßgeblich sind dabei die Motive für die Tragung des Aufwandes, die Möglichkeit, sich dem Aufwand entziehen zu können oder das Vorliegen eines ausschließlich beruflichen Interesses (vgl. zB ; ; , , vgl. auch zB Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar § 20 Tz 7.3; Lang, Politikerbesteuerung, 72).
Auch wenn Politiker in besonderem Maße von der Gunst der Bürger abhängig sind und daher (oftmals) Aufwendungen zu tragen haben, die eine Nahebeziehung zur privaten Lebensführung bzw. zur Repräsentation haben, hat der Verwaltungsgerichtshof eindeutig klargestellt, dass auch für politische Funktionäre die für alle anderen Steuerpflichtigen geltenden Grundsätze über die Anerkennung von Werbungskosten anzuwenden sind (vgl. zB ; ).
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 dürfen unter anderem auch freiwillige Zuwendungen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. "Freiwillige Zuwendungen" iSd § 20 Abs. 1 Z 4 EStG sind Zuwendungen an andere als gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen, denen keine wirtschaftlichen Gegenleistungen gegenüberstehen und die ohne zwingende rechtliche Verpflichtung des Gebers getätigt werden (vgl. ); sie gehören idR zu den nichtabzugsfähigen Kosten der Lebensführung und dürfen auch dann nicht abgezogen werden, wenn sie im Einzelfall durch berufliche bzw betriebliche Erwägungen mitveranlasst sind (vgl. Kofler/Wurm in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [Hrsg.], EStG [20. Lfg 2018] § 20 Rz 106 mwN).
Betreffend Sachspenden durch politische Funktionäre hat der VwGH bereits wiederholt eine Subsumtion unter § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 bejaht. So unterliegen etwa Lebensmittelgeschenkkörbe (vgl. ) sowie allgemein Spenden an gemeinnützige und ähnliche Organisationen (vgl. ) auch bei politischen Funktionären dem Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch auf das zur Spende eines Bürgermeisters an einen Fußballverein ergangene Erkenntnis des .

Bf sei It. eigenen Angaben als Gemeinderätin und Vizebürgermeisterin ihrer Wohnsitzgemeinde für Sport- und Kulturangelegenheiten zuständig. Lt. der Gemeindezeitung vom Juli 2018 und 2019 sei Bf jedenfalls 2018 noch Trainerin der Union ***Gemeinde*** für Rhythmische Sportgymnastik gewesen. Unabhängig davon ergebe sich aus den obigen Ausführungen, dass die Kosten für Reisen in Zusammenhang mit Sport- und Kulturveranstaltungen (div. Meisterschaften und Turniere sowie Reisen für den ***Verein***, Sportseminar etc., die als Sponsoring bezeichnete Finanzierung von Busfahrten des Sportklubs zu diversen Meisterschaften und Turnieren sowie diverse Kostümanschaffungen und Wareneinkäufe für die Zusammenstellung von Geschenkkörben etc. nach Maßgabe des § 20 EStG als Werbungskosten ausscheiden. Die Beschwerde sei daher abzuweisen.

Mit drei noch am selben Tag zur Post gegebenen Schriftsätzen vom 25. Feber 2021, wobei jener für 2015 nicht unterschrieben war, stellte Bf unter Verweis auf die Ausführungen in der Beschwerde Vorlageanträge gegen die abweisenden Beschwerdevorentscheidungen betreffend die Einkommensteuer für die Jahre 2014, 2015 und 2018, weil die Zusammenhänge zwischen politischer Funktion und den damit verbundenen Aufwendungen für diese Tätigkeit nicht berücksichtigt worden seien,

Im Vorlagebericht vom wies das Finanzamt auf die Mangelhaftigkeit des Vorlageantrages betreffend das Jahr 2015 wegen Fehlens der Unterschrift hin und beantragte unter Hinweis auf die Beschwerdevorentscheidungen und die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts betreffend Werbungskosten von Politikern (; , RV/7104119/2017; , RV/7105561/2016) die Abweisung der Beschwerden.

Über Aufforderung des erkennenden Gerichts mit Beschluss vom behob Bf den erwähnten Mangel durch einen unterfertigten Vorlageantrag für das Jahr 2015, der vom Finanzamt noch innerhalb der gesetzten Frist am dem erkennenden Gericht elektronisch übermittelt wurde.

Über Aufforderung des erkennenden Gerichts vom zur schriftlichen Auskunft an den ***Verein***, welche Funktionen Bf in welchen Zeiträumen in diesem Verein ausgeübt hat, teilte dieser mit E-Mail vom übermitteltem Schreiben vom mit,dass Bf vom Juli 2014 bis April 2017 Vizepräsidentin und ab April 2017 bis 2019 Präsidentin gewesen ist.

Mit Schreiben vom übermittelte das erkennende Gericht das Auskunftsersuchen und die Antwort des ***Verein*** Bf mit dem Hinweis, dass sich hieraus die Unrichtigkeit ihres Vorbringens in Pkt. III Abs. 5 der Beschwerden vom Dezember 2020 betreffend ihre Funktion in diesem Verein erweise, und forderte Bf zur Stellungnahme oder ggf. Zurücknahme der Beschwerde auf.

Mit E-Mail vom übermittelt Bf hierauf sinngemäß folgende Stellungnahme:

Als ich vor fast 20 Jahren in den Gemeinderat nominiert wurde und kurze Zeit später dann das Amt einer Gemeinde Vorständin für Sport und Kulturangelegenheiten übernommen habe, habe ich mir zum Ziel gesetzt, die Aufwandsentschädigung wieder zurück in den Ort/in die Vereine fließen zu lassen. Dies habe ich jahrelang so praktiziert. Wenn die Vereine etwas gebraucht hatten, konnten sie immer mit meiner Hilfe rechnen. Da ein Kostüm für die Kulturvereine, da eine Unterstützung für Fahrten zu Meisterschaften, Wettkämpfen, Sachpreise für Tombolas und vieles mehr.
Natürlich habe ich sehr großzügig die Kinder und Jugendgarde unterstützt. Diese Gruppe habe ich gegründet und bis zu meinem Schlaganfall auch mittrainiert (der Erfolg gab uns recht - 3. Platz in Europa in Gardetanz mit akrobatischen Elementen/Hebungen). Hier habe ich junge Trainerinnen an die Haupttrainer Funktion herangeführt und ausgebildet. Dies geschah immer ehrenamtlich und ohne Honorar. Nur hat diese kleine Gruppe von Sportlerinnen keinen Dachverband, von dem sie unterstützt werden konnten. So habe ich ihnen Busse, Zuschüsse zu externen Trainern, einzelne Kostüme, Schuhe und Startgelder für Meisterschaften bezahlt und auch teilweise Sponsoring von meinen Kolleglnnen eingefordert.
Auch andere Kultur und Sportvereins haben ähnliche Aufwendungen von mir bekommen. Jedoch alles in meiner Funktion als Kultur- und Sportreferentin. Als Privatperson hätte ich diese Aufwendungen nicht machen können, da diese Kosten ja von meiner Aufwandsentschädigung bezahlt wurden.
Auch war es mir immer ein großes Anliegen meine Vereine bei Veranstaltungen, Wettkämpfen und Meisterschaften zu begleiten und mental zu unterstützen. Wenn ich bei einem Verein mitfahren konnte und die Reisekosten nicht selbst übernehmen musste, habe ich auch keine Spesen abgesetzt; auch keine Diäten, wenn es länger gedauert hat.
Auch unterstütze ich Obdachlose jedes Jahr um ca. 500,00 €. Da dies aber nur sehr weitläufig im Zusammenhang mit meiner politischen Tätigkeit steht, habe ich auch dies noch nie abzusetzen versucht.
Zur Causa
***Verein*** muss ich erwähnen, dass ich bei einer Jahreshauptversammlung des Vereines für die jungen Trainerinnen in Vertretung eingesprungen bin und gemerkt habe, dass die Führung der Versammlung zahlreiche Formalfehler aufwies und somit gegen das bestehende Vereinsgesetz verstoßen hat. Diese Versammlung war ein großes Chaos und am Ende habe ich mich überreden lassen, ihnen als Vizepräsidentin in rechtlichen Fragen über Vereinsführung und Sitzungsordnung zur Seite zu stehen. Leider erkrankte dann der Präsident und ich habe eingewilligt, die Funktion als Präsidentin zu übernehmen, so lange bis sich jemand anderer findet. In dieser Funktion war ich in Österreich nur beratend tätig, das Tagesgeschäft hat die Vizepräsidentin übernommen. Beim Europäischen Verband habe ich an einigen Sitzungen teilgenommen und dort die schlechtere Stellung von Österreich herausverhandelt. Was mir eigentlich bis zu meinem Schlaganfall im Februar 2018 sehr gut gelungen ist. Dann musste ich alle meine Tätigkeiten rund um den Tanz aufgeben. Formell war ich noch Präsidentin, um dem Vorstand Zeit zu geben, sich neu zu formieren. Was leider mangels nötiger Bereitschaft sehr lange gedauert hat. Hätte ich ihnen die Statuten nicht jetzt noch angepasst und neu auf meine Kosten erstellen lassen, wäre es immer noch so geblieben.
Sie bekommen hier hoffentlich einen kleinen Einblick, dass ich nie versucht habe, irgendwelche unrechtmäßigen Kosten in Abzug zu bringen. Jedoch darf ich Ihnen mitteilen, dass ich nun meine politische Tätigkeit auch mit der OÖ Gemeinderatswahl 2021 beenden werde, da ich mich nicht auch noch für mein übermäßiges Engagement bestrafen lassen möchte.
Diese Entscheidung fällt mich sicherlich nicht leicht, da ich mit Herzblut diese zwei Ämter geführt habe. Jedoch kann ich mir weiterhin diesen Stress mit den Behörden aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erlauben.
Daher ersuche ich, die Entscheidung des Finanzamtes zu meinen Ungunsten noch einmal zu überdenken.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz Bf) hat in ihrer Wohnsitzgemeinde eine Kinder- und Jugendgarde gegründet. Mit dieser Garde hat Bf als Trainerin durch akrobatische Elemente und Hebungen bei Europameisterschaften den 3. Platz erreicht.
Bf hat auch junge Trainerinnen an die Funktion als Haupttrainer herangeführt und ausgebildet.
Bf war außerdem Choreografin der Prinzengarde eines Carneval Clubs.
Von Juli 2014 bis April 2017 war Bf Vizepräsidentin des ***Vereinsbezeichnung*** (***Verein***) und ab April 2017 dessen Präsidentin.
All diese Tätigkeiten hat Bf unentgeltlich ausgeübt.
Am 28. Feber 2020 hat Bf diese Funktion und alle anderen Trainertätigkeiten niedergelegt.

Bf ist in ihrer Wohnsitzgemeinde seit ca. 20 Jahren im Gemeinderat und seit vielen Jahren im Gemeindevorstand für Sport und Kultur zuständig.

Bf bezog in den streitgegenständlichen Jahren 2014, 2015 und 2018 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nicht nur als Angestellte, sondern auch als Gemeinderätin und Vizebürgermeisterin ihrer Wohnsitzgemeinde.

Die steuerpflichtigen Bezüge (KZ 245) betrugen in den Beschwerdejahren:


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2014
2015
2018
Bezüge von der Gemeinde
9.506,76 €
9.668,04 €
14.793,60 €
Bezüge von anderem Arbeitgeber
29.924,19 €
30.543,89 €
34.917,03 €
Summe
39.430,95 €
40.211,93 €
49.710,63 €

Werbungskosten erwuchsen Bf in den Beschwerdejahren nur im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit für die Gemeinde. Diese Werbungskosten betrugen:


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2014
2015
2018
Reisekosten KZ 721
849,20 €
847,68 €
267,54 €
Sonstige Werbungskosten KZ 724
1.079,62 €
1.050,00 €
2.214,82 €
Summe
1.928,82 €
1.897,68 €
2.482,36 €

Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Bf betrugen daher:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte ausnichtselbständiger Arbeit
2014
2015
2018
37.502,13 €
38.314,25 €
47.228,27 €

Beweiswürdigung

Gemäß § 167 Abs. 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde bzw. dem Verwaltungsgericht offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde bzw. das Verwaltungsgericht im übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Das außergewöhnliche Engagement von Bf für den Showtanz ohne jegliches Honorar ist unbestritten und geht nicht nur aus ihren Schriftsätzen im Beschwerdeverfahren, insbesondere der E-Mail vom , sondern auch den aktenkundigen Ergebnissen der Recherchen des Finanzamts im Internet hervor. Die Funktionen von Bf als Vizepräsidentin und anschließend als Präsidentin des ***Verein*** sind durch dessen Beantwortung des Auskunftsersuchens mit Schreiben vom zweifelsfrei belegt.

Das Vorliegen von Bezügen von den beiden Arbeitgebern und deren Höhe sind unbestritten und durch die vorliegenden Ausdrucke der Lohnzettel belegt. Ebenso unbestritten ist, dass Bf Werbungskosten nur im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit für die Gemeinde erwachsen sind. Strittig ist jedoch die Höhe dieser Werbungskosten.

Über Aufforderung des Finanzamtes vom und hat Bf zu den geltend gemachten Werbungskosten Aufstellungen und Belege am für 2018 und am für die Jahre 2014 und 2015 vorgelegt. In den bekämpften Bescheiden vom für 2018 und vom für 2014 und 2015 hat das Finanzamt die von Bf geltend gemachten Werbungskosten anhand der in der Beschwerdevorlage unter OZ 29, 32 und 33 ausgewiesenen Aufstellungen "Werbungskostenkorrektur", die auch als Beilage diesem Erkenntnis angeschlossen sind, nur zum Teil anerkannt.
Das Finanzamt hat dies in den bekämpften Bescheiden auch begründet:

Auf das Argument des Finanzamtes, nicht auf Bf lautende und unleserliche Rechnungen könnten nicht als deren Werbungskosten berücksichtigt werden, ist Bf weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag eingegangen.
Das erkennende Gericht ist ebenfalls der Ansicht, dass diese an die Wohnsitzgemeinde, an den Betrieb des Gatten der Bf und die Prinzengarde gelegten Rechnungen Bf keinen Anspruch auf die Berücksichtigung von Werbungskosten vermitteln. Gleiches gilt für die unleserlichen Rechnungen.

Im Wesentlichen bestreitet das Finanzamt in den bekämpften Bescheiden, dass die geltend gemachten Kosten in keinem unmittelbaren, ursächlichen Zusammenhang mit der politischen Funktion von Bf als Gemeinderätin und für Sport und Kultur zuständiges Mitglied des Gemeindevorstandes stehen.

Bf hat in ihrer Stellungnahme mit E-Mail vom freimütig bekannt, ihre Tätigkeit im Bereich des Showtanzes (Kinder und Jugendgarde, Trainerin, Prinzengarde, ***Verein***) immer ehrenamtlich und ohne Honorar ausgeübt und die diesbezüglichen Aufwendungen mit den Aufwandsentschädigungen als Gemeindepolitikerin finanziert zu haben. Sie habe sich nämlich zum Ziel gesetzt, diese Aufwandsentschädigungen zurück in den Ort und in die Vereine fließen zu lassen.

Das erkennende Gericht ist deshalb wie das Finanzamt der Ansicht, dass die versagten Aufwendungen primär auf das anerkennenswerte besondere Engagement von Bf für und im Bereich des Showtanzes zurückzuführen sind.

Dass die übrigen Aufwendungen anlässlich konkreter Wahlveranstaltungen angefallen wären, die Bf als politische Funktionärin einberufen hat, um den wahlberechtigten Bürgern politische Angelegenheiten näher zu bringen und für sich Wahlwerbung zu machen, wurde von Bf nicht einmal behauptet. Da den diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdevorentscheidungen Vorhaltscharakter zukommt (vgl. ; unter Hinweis auf ; und , RV/7104275/2017), besteht kein Anlass für eine andere Beweiswürdigung.

Im Übrigen handelt es sich nach eigenen Angaben der Bf um Geschenkkörbe und sonstige Sachspenden für Tombolas und Vereine.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtslage

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 Einkommensteuergesetz 1988, BGBl 1988/400 (EStG 1988) Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 bis Z 4 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden:

  • Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.

  • a) Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die
    wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich
    bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des
    Steuerpflichtigen erfolgen.

3. Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben.

4. Freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen an unterhaltsberechtigte Personen, auch wenn die Zuwendungen auf einer verpflichtenden Vereinbarung beruhen. …

Erwägungen

Das Finanzamt hat bereits in den Beschwerdevorentscheidungen zutreffend begründet, warum die in den bekämpften Bescheiden versagten Ausgaben und Aufwendungen nicht als Werbungskosten abzugsfähig sind:

Nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind nur Aufwendungen oder Ausgaben, die der Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen dienen, als Werbungskosten abzugsfähig.
Es reicht daher nicht, dass Aufwendungen in Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen, sondern sie müssen auch geeignet sein, die berufliche Tätigkeit zu fördern.

Dies gilt auch für politische Funktionäre. Auch wenn Politiker in besonderem Maße von der Gunst der Bürger abhängig sind und daher oft Aufwendungen zu tragen haben, die eine Nahebeziehung zur privaten Lebensführung bzw. zur Repräsentation haben, hat nämlich der Verwaltungsgerichtshof unzweifelhaft erkannt, dass auch für politische Funktionäre die für alle anderen Steuerpflichtigen geltenden Grundsätze über die Anerkennung von Werbungskosten anzuwenden sind ( 87/13/0052; 99/14/0253).

Daher können auch Gemeinderäte und Mitglieder des Gemeindevorstandes nur Aufwendungen anlässlich konkreter Wahlveranstaltungen, die sie als politischer Funktionär einberufen, um ihren potentiellen Wählern politische Angelegenheiten näher zu bringen und für sich Wahlwerbung zu machen, als Werbungskosten steuermindernd absetzen ( 95/13/0245; RV/2145-W/07). Es kommt nämlich darauf an, dass der Werbezweck wesentlicher Charakter der Veranstaltung ist ( 95/15/0040).

§ 20 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 verbietet im Einklang damit den Abzug von Aufwendungen, die die persönliche Lebensführung betreffen, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

§ 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988untersagtaußerdem den Abzug von Aufwendungen, die es dem Steuerpflichtigen ermöglichen, zu "repräsentieren".

Die Motive für die Tragung des Aufwandes und die Möglichkeit, sich dem Aufwand entziehen zu können sind daher nicht maßgeblich ( 84/14/0035; 87/13/0052; 86/13/0002, 87/13/0046, Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar § 20 Tz 7.3; Lang, Politikerbesteuerung, 72).

Die Zahlung der strittigen Aufwendungen für den Showtanz und andere Bereiche aus den Bezügen von Bf für ihre Tätigkeiten als politische Funktionärin in ihrer Wohnsitzgemeinde stellen deshalb Einkommensverwendung und keine Werbungskosten dar.

Freiwillige Zuwendungen dürfen gemäß § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 bei den einzelnen Einkünften und daher auch bei den gegenständlichen nichtselbständigen Einkünften nicht abgezogen werden.
"Freiwillige Zuwendungen" iSd genannten Gesetzesbestimmung sind Zuwendungen an andere als gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen, denen keine wirtschaftlichen Gegenleistungen gegenüberstehen und die ohne zwingende rechtliche Verpflichtung des Gebers getätigt werden ( 90/14/0093); sie gehören idR zu den nichtabzugsfähigen Kosten der Lebensführung und dürfen auch dann nicht abgezogen werden, wenn sie im Einzelfall durch berufliche bzw betriebliche Erwägungen mitveranlasst sind (Kofler/Wurm in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [Hrsg.], EStG [20. Lfg 2018] § 20 Rz 106 mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind auch Sachspenden gemäß § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 nicht abzugsfähig. Ausgaben für Lebensmittelgeschenkkörbe ( 97/13/0145) sowie allgemein Spenden an gemeinnützige und ähnliche Organisationen ( 99/14/0253) stellen deshalb auch bei politischen Funktionären keine Werbungskosten dar ( 2005/13/0049, zur Spende eines Bürgermeisters an einen Fußballverein, RV/7104119/2017, ua zu Sachspenden einer Gemeinderätin an einen Sportverein).

Das Finanzamt hat demnach im Einklang mit den zitierten Bestimmungen des EStG 1988 und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Kosten für Reisen in Zusammenhang mit Sport- und Kulturveranstaltungen (div. Meisterschaften und Turniere sowie Reisen für den ***Verein***, Sportseminar etc., die als Sponsoring bezeichnete Finanzierung von Busfahrten des Sportklubs zu diversen Meisterschaften und Turnieren sowie diverse Kostümanschaffungen und Wareneinkäufe in den bekämpften Bescheiden nicht als Werbungskosten anerkannt.

Die Beschwerden sind deshalb nicht berechtigt und daher abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Auf Grund der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt hier keine derartige Rechtsfrage mehr vor. Die Entscheidung war deshalb im Wege der Beweiswürdigung zu treffen. Deshalb ist keine Revision zulässig.

Linz, am

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